Medikationsmanagement Beispiele für interprofessionelle Zusammenarbeit

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Medikationsmanagement Beispiele für interprofessionelle Zusammenarbeit
Medikationsmanagement
Beispiele für interprofessionelle Zusammenarbeit

Doctor of Pharmacy (UF USA) Isabel Waltering, Apothekerin, geriatrische Pharmazie, Infektiologie
AMTS-Koordinatorin Westfälische Wilhelms-Universität

                                                                 Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie
                                                                 - Klinische Pharmazie - Prof. Georg Hempel
Medikationsmanagement Beispiele für interprofessionelle Zusammenarbeit
Interessenskonflikte

Vortragshonorare:
  - MSD
  - Boehringer Ingelheim
  - Medac
  - HRA – Pharma

Keine weiteren Interessenskonflikte

I. Waltering, PharmD                  2
Medikationsmanagement Beispiele für interprofessionelle Zusammenarbeit
Hintergrund

• Medikationsanalysen (MA) in öffentlichen Apotheken sind eine sinnvolle Maßnahme zur Verbesserung
  der Arzneimitteltherapiesicherheit, besonders bei multi-morbiden Patienten
• „Medikationsmanagement“ ist seit 2012 in der Apothekenbetriebsordnung als eine pharmazeutische
  Tätigkeit definiert (ApBetrO §1a, Abs. 6)
• Verschiedene Programme, wie „Apo-AMTS“, zur Implementierung dieser Tätigkeit wurden entwickelt
   • Typ 2A Medication Review (PCNE)
   • 2014 BAK-Leitlinie „Medikationsanalyse“
                                                                     Koeberlein-Neu J. et.al. Dtsch Aerztebl Int 2016;113(44):741-8
                                                                     Seidling HM et. al. Res Social Adm Pharm 2016, Epub ahead
                                                                     Jokanovic N et. al. Res Social Adm Pharm 2016;12(3):354-418
                                                                     Smith SM et.al. Cochrane Database Syst Rev. 2012(4):CD006560
                                                                     Waltering I, Hempel G. PZ 2013;158(43):22-3
                                                                     http://www.pcne.org/upload/files/150_20160504_PCNE_
                                                                     MedRevtypes.pdf. Assessed 11.05.2017
                                                                     https://www.abda.de/fileadmin/assets/Praktische_Hilfen/Leitlinien/
                                                                     Medikationsanalyse/LL_MedAnalyse.pdf. Assessed 11.12.2017

I. Waltering, PharmD                                                                                                                 3
Medikationsmanagement Beispiele für interprofessionelle Zusammenarbeit
Drei Stufen des Medikationsmanagements

                                                             Quelle: Prof.Dr.K.Hersberger UNI BS

         Einfaches MM   Intermediäres MM                 „Klinisches“ MM
                               Grundsatzpapier zur Medikationsanalyse und zum Medikationsmanagement. Verfügbar unter
                               http://www.abda.de/uploads/media/Grundsatzpapier.pdf. Abgerufen am: 15.01.2018
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Vorgeschichte

Herr Konrad R., 78 Jahre, besucht innerhalb eines Monats zwei mal die Apotheke, weil er seinen
Mediplan nicht lesen kann und bittet um Vergrößerung.
Nach einiger Zeit kommt er zurück mit der Frage, wofür die einzelnen Medikamente verwendet werden.
Dem Patient wird angeboten, alle Medikamente mitzubringen, um sie mit ihm durchzusprechen.
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Medikamente für den nächsten Tag

Herr R. bringt neben einer großen Tüte mit Medikamenten auch seine Dosierbox mit:
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Was befindet sich in der Dosierbox?
                       Ramipril Hexal Plus Amlodipin
                       10/5 mg
                       Osteotriol 0,5 µg
                       L-Thyroxin 125 µg (3x !)
                       Xelevia 100 mg
                       ASS Al 100 TAH
                       Ramipril Hexal Plus Amlodipin
                       10/5 mg
                       Osteotriol 0,5 µg
                       L-Thyroxin 125 µg (3x !)
                       Simvastatin 30 mg
                       ½ Simvastatin 30 mg
                       Simvastatin 30 mg
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Auskünfte des Patienten

Der Patient bestätigt, dass er die Dosierbox selbst nach Mediplan befüllt hat.
Die verordneten Zuckertabletten nimmt er aber nicht, da er – laut seinem Zuckermessgerät – keinen
Zucker habe.
Herr R. sagt, dass er alle Medikamente mitgebracht hat und keine mehr zu Hause liegen.
Ramipril als     „Zuckertabletten
2 verschiedene     Mono- und        nehme ich
Stärken L-Thyrox   Kombi-Präparat   nicht!“

                   falsche Stärke Simvastatin
Mediplan
Mediplan
Ramipril 10 mg      •   Ramipril Plus
                                             Amlodipin 5 mg          Amlodipin 10/5 mg
                                                                 •   Ramipril Plus

       AM pro Tag laut Mediplan des Arztes
                                                                     Amlodipin 10/5 mg
                                                                 •   Osteotriol 0,5 µg

Soll                                                                                        Ist
                                             Osteotriol 0,5 µg
                                                                 •   Osteotriol 0,5 µg
                                                                 •   ASS 100 mg
                                             ASS 100 mg          •   L-Thyroxin 125 µg
                                             L-Thyroxin 125 µg   •   L-Thyroxin 125 µg
                                                                 •   L-Thyroxin 125 µg
                                                                 •
                                                                 •
                                                                     L-Thyroxin 125 µg
                                                                     L-Thyroxin 125 µg
                                                                                         11 AM zu viel
                                                                 •   L-Thyroxin 125 µg
                                             Metformin 500 mg    •   Xelevia 100 mg
                                             Metformin 500 mg
                                                                                         4 AM fehlen
                                                                 •   Simvastatin 20 mg
                                             Simvastatin 20 mg
                                                                 •   Simvastatin 20 mg
                                                                 •   Simvastatin 20 mg
                                             Calcium 500 mg          (1/2 Tbl.)
                                             Furosemid 40 mg
Was ist passiert?

Dem Patienten wurden bis kurz zuvor die Medikamente von der Diakonie gestellt.
Herr R. hat die Dame kurzerhand vor die Tür gesetzt, weil es ihm lästig war, immer auf sie warten zu
müssen.
Er hat alle Medikamente von der Diakonie zurückgefordert, aber scheinbar nicht alle bekommen oder
vielleicht verlegt.
Dafür hat er noch Medikamente aus „alten Zeiten“ gehortet, welche z.T. andere Stärken haben oder
schon abgesetzt wurden.
Wie ging es weiter?

Dosierbox + Tüte mit AM einbehalten
Kontakt zum Arzt aufgenommen  dieser ist erzürnt über das Verhalten des Patienten und verweigert ab
sofort die Behandlung
Nach Rücksprache alte/falsche Medikamente entsorgt
Mit dem Patienten zusammen für den nächsten Tag (zumindest die vorhandenen) AM in die Dosierbox
gefüllt
Appell an den Patienten, wieder die Hilfe eines Pflegedienstes anzunehmen
Patient berichtet nach Tagen, dass er sich bei der Diakonie-Dame entschuldigt habe und sie nun wieder
kommt
Der Kollege aus der Gemeinschaftspraxis übernimmt den Patienten
Wo sind die Antidiabetika?

                             15
Ausdruck vom 21.03.17

               x
                                                        überdosiert
Anfrage        X seit Juni 2016
Pflegedienst            Metohexal
am
22.03.2017            L-Thyrox Hexal
                                             1

                        Omeprazol 20mg
               x
                     Ramilich                           überdosiert
                       Amisulprid

                     Torasemid AL
               x    Onglyza
                    Levocetirizin Bluefish

                                                                      16
Hier stimmt was nicht…
                            Wirkstoff      Fertigarzneimittel            Dosierung Patient   Dosierung Arzt

                            L-Thyroxin     Euthyrox 75µg                      1-0-0-0             1-0-0-0
                            Bisoprolol     Bisoprolol Abz 5mg                 ½-0-0-0             ½-0-0-0
80 jährige Patientin mit:
-chronischen Knie- und      Pregabalin     Pregabalin Ratio 25mg              0-0-1-0             0-0-1-0

 Oberschenkelschmerzen,     Mirtazapin     Mirta TAD 30mg                     0-0-1-0             0-0-1-0
                                           Pipamperon-Neurax
-Nackenschmerzen            Pipamperon
                                           4mg/ml
                                                                              0-30-0-0           30-30-30-0
-Hypertonie                 Metamizol      Novaminsulfon 500mg                1-1-1-0             1-1-1-0
-Innere Unruhe              Ramipril       Ramilich 5mg                       1-0-1-0             1-0-1-0
-Wirbelbrüche               Amlodipin      Amlidipin 1A 10mg                  1-0-0-0             1-0-0-0
-Osteoporose
                            Hydromorphon   Hydromorphon dura 4mg ret          1-0-1-0             1-0-1-0
-Depression
-Glaukom                    Zopiclon       Zopiclon ratio 7,5mg               ½-½-0-0             b. Bedarf

-Rez. Stürzen               Duloxetin      Duloxetin beta 30mg                1-0-0-0             1-1-0-0
                            Promethazin    Promethazin neurax 100mg          ¼-¼-½-0                 --
                            Latanoprost    Latanoprost Pfizer Augentr.         0-0-01                --

                                                                                                              17
Warum Apotheker?

Apotheker gehören zu den Heilberufen, die am leichtesten erreichbar sind
Apotheker haben eine klinische Ausbildung
Apotheker verfügen über besondere Expertise in der Verwendung von Arzneimitteln
Hilfsmittel zur Identifizierung und Prävention arzneimittelbezogener Probleme sind
besonders in der Apotheke vorhanden
Förderung der Therapietreue und verbeugende gesundheitliche Maßnahmen werden in
der Apotheke angestoßen

                                                                                     18
Wer profitiert?
       Patient                    Arzt
       Zeit mit dem Apotheker     • Reduzierte Arbeitsbelastung
       Gesteigerte                  durch
                                    Medikationsmanagement
       Behandlungserfolge
                                  • Verbesserte Gesundheit
       Gesichertes                  seiner Patienten
       Patientenwissen über die
                                  • Verbesserte Information, wo
       Medikation                   seine Patienten Probleme mit
       Gelegenheit für die          der Medikation haben
       Patienten über ihre
       Medikamente zu sprechen
Wer profitiert?

Pflege                   Apotheker                           Krankenkasse
• Besseres Wissen über   • Effektiver Einsatz seiner         • Sicherstellung, dass
  die verabreichte         Fähigkeiten                         Patienten ihre verordnete
  Medikation             • Profilierung der Apotheke           Medikation korrekt
• Gesteigerte            • Möglichkeiten der Einbindung in     anwenden
  Behandlungserfolge       die Gesundheitsteams              • Verbesserte Adhärenz
• Sicherer Umgang mit    • Professionelle Beziehung zum      • Mögliche Kostenreduktion
  verschiedenen            Patienten
  Arzneiformen
• Verbesserte
  Therapiebeobachtung
Voraussetzungen

Genaue Definition der Betätigungsfelder
Angemessener Zugang zu Patientendaten
Konsertierter, gegenseitiger Austausch zwischen allen Beteiligten
Kompetenz der Apotheker wahrnehmen
Qualitätssicherung
Unterstützung durch die Aufsichtsbehörden
Evidenzbasierte Forschung

                                                                    21
Wo fangen wir an?

                    Quelle: Ärzteblatt Sachsen-Anhalt

                                                        22
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