WIRTSCHAFTLICHKEIT EINER MILCHVIEHHALTUNG MIT WENIG BZW. OHNE KRAFTFUTTER - DR. KARIN JÜRGENS PROF. DR. ONNO POPPINGA URS SPERLING - BFN
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Wirtschaftlichkeit einer Milchviehhaltung mit wenig bzw. ohne Kraftfutter Dr. Karin Jürgens Prof. Dr. Onno Poppinga Urs Sperling
Ausgangspunkte zur Untersuchung Praxis: Gute Erfahrung mit kraftfutterarmer Wirtschaftsweise Forschungslücke zur Wirtschaftlichkeit dieses Produktionssystems Kritik an intensiven Kraftfuttereinsatz: Kraftfutterformel 1:2, wiederkäuergerechte Fütterung/ Verdauung der Kuh
Grenzleistung je kg Kraftfutter bei steigenden Kraftfuttergaben/ Grundfutterverdrängung Quelle: Köppl, F. (2002) Kraftfuttereinsatz in der Milchviehfütterung – stimmt die 2:1 Theorie? In: arbeitsergebnisse Heft 54/2002
Wirtschaftlichkeit des Produktionszweiges Milch - Ergebnis eines Systemvergleichs Einkommen (Gewinn + Personalaufwand) in Euro je Vergleichsgruppe Kuh Kg Milch Arbeitskraft 52 Untersuchungs- betriebe ( WJ 11/12 u. 1.064 0,21 24.502 + 35% 12/13, > 50 Milcherlöse, ÖKO) Milchviehbetriebe in Deutschland (INLB 663 0,09 21.381 2011/12) ÖKO-Futterbau, (Testbetriebe BMEL, WJ 932 0,16 21.964 12/13)
Was für Betriebe stehen hinter den Ergebnissen? Obergrenze: nicht mehr als 5 dt Kraftfutter pro Kuh und Jahr (Mischfutter, hofeigenes Getreide, Soja und Grascobs) 16 Betriebe ohne KF-Einsatz 52 ÖKO - Milchviehbetriebe, 2/3 der Betriebe aus Süden, 1/3 aus Norden Unterschiedlichste Betriebsstandorte (Höhenlage, Jahresniederschlag), keineswegs nur Extremstandorte 5
Was für Betriebe stehen hinter den Ergebnissen? Vergleichsgruppe LF in ha Milch- Milch- Rinder AK kühe leistung GVE / (Fremd - (kg) ha AK) Untersuchungs- 67,2 39 5.442 0,87 2,23 (17-217) (11-150) (0,41) betriebe (n=52) Milchviehbetriebe 69,5 54,1 7.523 1,33 1,96 INLB Deutschland, (0,53) 2011 u. 12 Futterbaubetriebe 75,8 31,6 5.909 0,96 1,80 Öko, Testbetriebs- (0,30) netz, WJ 12/ 13 6
Besonderheiten kraftfutterarm arbeitender Betriebe (Auswertung ihrer MLP-Daten) Vergleichsweise geringe Milchleistung (Einzeltierleistung unwichtig) Nutzungsdauer (48 Monate) ist um mindestens 8 Monate länger als in MLP-Betrieben MLP-Betriebe: 40 Monate bei Braunvieh, 32 bei Fleckvieh, 35 Monate bei Deutschen Holsteins hohe Lebensleistung bei den Abgangstieren Untersuchungsbetriebe bei 23.189 kg, MLP-Betriebe BY u. BW liegen um 22.000 kg Ergänzungsbedarf an Jungrindern ist gering Quellen für Vergleich: LKV Bayern u. Baden-Württemberg 2013, Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Rinderzucht in Bayern 2013. 7
Besonderheiten kraftfutterarm arbeitender Betriebe - Milchviehhaltung allgemein Kraftfutterarme Wirtschaftsweise mit Haupt-Milchviehrassen (Deutsche - Holstein, Braunvieh, Fleckvieh, alte Zweitnutzungsrassen) aber System erfordert züchterische Anpassung: „Kühe, die viel Gras aufnehmen können“ 2/3 der Betriebe mit Deckbullen, ¼ nur Deckbullen, 20 Betriebe mit Rassenkombinationen Jungviehaufzucht (gute Grundfutteraufnahme) 8
Komfortable Fress- und Haltungsbedingungen für gute Grundfutteraufnahme Alle Laufstallbetriebe (> 80% der Betriebe) haben Kuh: Fressplatzverhältnis von mindestens 1:1, bei 50 % davon mehr Fressplätze als Kühe Bei 98 % der Betriebe Weidegang, 194 Tage im Jahr, vor allem Umtriebs- und Kurzrasenweide Zufütterung im Sommer (Trockenheit) Grassilage als Winterfutter, dazu immer Heu, auch Kleegrassilage, 13 Heubetriebe Kaum Mais im Futterbau (Leguminosen) 9
Systembedingt entstehen Unterschiede in der Kosten- und Erlösstruktur der Betriebe Milchvieh, 52 U-Betriebe Öko- Futterbau INLB Milchkühe 39 54 31 Kosten in Euro pro Kuh Betriebs- ausgaben 2.590 3.135 3.450 nur 1/5 bzw. 1/3 Zugekauftes Futter 131 670 450 Saatgut, Dünger, PSM, so. Pflanze 109 255 123 Sonst. Tier 262 273 310
Systembedingte Unterschiede in der Kosten-und Erlösstruktur 52 U- Milchvieh, Öko- Futterbau Andere Investitions- betriebe INLB schwerpunkte Kosten in Euro pro Kuh Lohnarbeit, Maschinenmiete 140 178 170 Abschreibungen 388 499 577 Unterhaltung 370 262 293 Energie 287 284 355 Gemeinkosten 903 715 1.172 Effekt Intensität
Wirtschaftlichkeit: Erlösstruktur Vergleichsgruppe 52 Untersuchungs- Milchvieh, Öko- Futterbau betriebe INLB BMEL Milchkühe 39 54 31 Betriebs- 2.590 3.135 3.450 ausgaben Erlöse Milch 2.662 3.083 3.167 und Rind Beihilfen 743 516 1.047 Betriebs- 3.405 3.599 4.214 einnahmen Gewinn 815 463 770
Gesamtbilanz – Kraftfutterarme Milchviehhaltung kann ein wirtschaftlich tragfähiges System sein erfordert mehr „als auf Kraftfutter zu verzichten: Neubewertung und langfristige Anpassung vieler betrieblicher Leistungskriterien und Ziele ist notwendig Voraussetzungen für Erfolg der Wirtschaftsweise verbinden sich mit vielen Zielen, die im öffentlichen Interesse stehen 13
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 14
Berechnung Wirtschaftlichkeit Produktionszweig Milcherzeugung (nach Schema im EU-Dairy Farms Report) Ermittlung des Einkommens (Gewinn plus Personalaufwand) Erlöse Beihilfen/ Personalaufwand aus der Milch- und Rindererzeugung (anteilig nach Zuteilung 4) abzüglich Kostenpositionen Zuteilung auf Milchproduktion über (Milchkühe + Rinder) • Zugekauftes Futter Raufutterfresser 1. Raufutterfresser • Saatgut, Dünger, Pflanzenschutzmittel Zuteilung 1 × Futterbaufläche • Sonstige spezifische Kosten 2. Gesamtfläche pflanzliche Produktionszweige • Sonstige spezifische Kosten Tierhaltung (Milchkühe + Rinder) (Tierarzt, Besamung etc.) 3. Gesamtvieh • Unterhaltung Gebäude + Maschinen • Energie • Lohnarbeit (Erlöse Milch + Rinder) • Sonstige Gemeinkosten 4. (Gesamterlöse − innerbetriebliche • Steuern und Abgaben Verwendung) • Personalaufwand, Pacht und Zinsen • Abschreibung
Einkommen liegt bei mehr als der Hälfte der Untersuchungsbetriebe über 1000 Euro pro Kuh/Jahr ≤ 2000 4 Gewinn + Personalaufwand (€/ Kuh) 1.750 ≥ 2.000 2 1500 ≥ 1750 6 1250 ≥ 1500 9 1000 ≥ 1250 10 750 ≥ 1000 9 500 ≥ 750 8 < 500 4 0 2 4 6 8 10 12 Anzahl der Betriebe 16
Besonderheiten kraftfutterarm wirtschaftender Betriebe Ergänzungsbedarf an Jungrindern ist gering (Reproduktion) >1 3 weibliche Rinder pro Kuh und Jahr 1 3 0,9 1 0,8 3 0,7 3 0,6 6 0,5 6 0,4 13 0,3 8 0,2 2 0,1 1 0 2 4 6 8 10 12 14 Anzahl der Betriebe 17
Besonderheiten kraftfutterarm arbeitender Betriebe Milchkühe erreichen eine vergleichsweise hohe Lebensleistung Lebensleistung bei den lebenden Tieren Abgangstieren Untersuchungsbetriebe 20.887 kg (n=51) 23.189 kg (n=48) Minimum Maximum Minimum Maximum 11.340 kg 30.059 kg 13.171 kg 46.652 kg MLP Betriebe (alle in 2013) Baden-Württemberg, MLP, Bio- Betriebe 22.603 kg Bayern (alle MLP Betriebe) 21.846 kg Nordrhein-Westfalen, alle MLP Betriebe, ohne Abgang zur Zucht 26.423 kg Quelle der Vergleichsdaten: LKV Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen 2013 18
Besonderheiten kraftfutterarm arbeitender Betrieb Fütterung basiert fast ausschließlich auf Grünland und Gras Zufütterung im Sommer Anzahl Betriebe - Frischgras 14 - Klee-Gras 11 - Luzernegras 2 Gras- oder Kleegrassilage 9 Heu, davon: 25 - nur Heu 11 Wichtigste Winterfutter: • 34 Betriebe verfüttern Grassilage (8 Betriebe dazu auch Kleegrassilage, 5 Betriebe dazu auch Ganzpflanzen - oder Maissilage) • Heu wird in allen Betrieben gefüttert (bei unterschiedlichem Anteil in Ration), 13 Betriebe verfüttern nur Heu • Futterbau: von durchschnittlich 11,4 Hektar sind 9,9 Hektar Gemenge mit Leguminosen (Mais hat sehr geringe Bedeutung!) 19
RICA RAD RAD%RICA LN ha 90 77 -15% LN ha/AKh 46 43 -8% Milchkühe 62 57 -7% GVE/Betrieb 110 84 -23% verkaufte Milch 6 754 5 353 -21% (kg/Kuh) Produzierte Milch 417 993 308 503 -26% Les exploitations du RICA sont plus grandes que celles du RAD et produisent plus de lait, par vache et par exploitation.
Résultats économiques: moins de produits mais plus de résultats pour les systèmes herbagers 140.000 € Résultats Direkter Vergleich RICA mit RAD: économiques 120.000 € 115.660 € Bei einem deutlich niedrigerem -24% Umsatz (PA)(-24%), haben die 100.000 € beim RAD angeschlossene 88.026 € Betriebe ein um 9% besseres 80.000 € PA/UTH Ergebnis (VA) pro Akh und ein Umsatz/AK Betriebsresultat (RC) vor Steuern das 21% höher ist, das alles mit 60.000 € +9% einem reduzierten Aufwand beim 43.935 € VA/UTH 40.336 € Produktionsmitteleinsatz. 40.000 € Ergebnis/AK Diese Resultate zeigen auf: +21% 23.408 € Die Kosten sind geringer in 20.000 € 19.386 € RC/UTHF den Betrieben die der RAD Resultat/AK angehören. 0€ RICA RAD Die Betriebe sind betriebswirtschaftlich gut aufgestellt.
Warum weniger oder ohne Kraftfutter? Vielfältige Motive und Auslöser: Einführung der Milchquote, Umstellung auf den ökologischen Landbau Stallumbau, persönliche Erfahrungen, betriebliche Einschnitte Betriebliche Unabhängigkeit (Sicherheit, was gefüttert wird), ethische und umweltbezogene Motive Gleiche Zielsetzung: Milch aus eigenen betrieblichen Ressourcen (Grundfutter, Grünland) zu produzieren Kostengünstig und arbeitssparend, artgerecht, schonender für Mensch und Tier, „Milch nur aus Gras“ 22
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