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Forum EMERA-HES-SO 16. Mai 2019, Siders Meine Kultur - Deine Kultur Unsere Kultur Pressemappe Inhaltsverzeichnis Kontext und Ziele /2 Forum EMERA-HES-SO Valais-Wallis 2019 /3 Zusammenfassungen der Beiträge / 5 Präsentation der eingeladenen Künstler und Künstlerinnen / 9 Präsentation der Organisatoren / 10 Medienkontakt: Natacha Aymon, 027 329 24 86, natacha.aymon@emera.ch
2 KONTEXT UND ZIELE Warum ein Forum über die Rechte von Menschen mit Behinderungen? Das 2016 von der Stiftung Emera und dem Studiengang Soziale Arbeit der HES-SO Valais-Wallis ins Leben gerufene Forum hat mehrere Ziele: Sensibilisierung der Politik und der öffentlichen Meinung, um die Rechte von Menschen mit Behinderun- gen besser in die Walliser Gesellschaft zu integrieren Information und Befähigung von Menschen mit Behinderungen betreffend ihre Rechte Erfahrungsaustausch und praktische Lösungen, die die betroffenen Akteure inspirieren Jedes Jahr entwickelt das Forum diese Ziele zu einem bestimmten Thema, das auf der UNO-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen basiert. Das Forum 2019 konzentriert sich auf Artikel 30 der Konvention, das Recht auf Kultur. Im Jahr 2018 war es die freie Wahl des Wohnortes, die Aufmerksamkeit erregte. Freier Eintritt und zugängliche Veranstaltung Das Forum begrüsst durchschnittlich 340 Personen pro Jahr. Es ist kostenlos und offen für alle. Die Öffentlich- keit setzt sich in der Regel aus Menschen mit Behinderungen und ihren Familien, Fachleuten oder Freiwilligen, die sie im Rahmen von Institutionen oder Selbsthilfeorganisationen begleiten, Professoren und Studenten der HES-SO Wallis und verschiedenen vom Thema betroffenen Interessengruppen zusammen. Das Forum soll so zugänglich wie möglich sein und bietet seinen Teilnehmern: zweisprachige Moderation und Simultanübersetzung der Interventionen ins Französische und Deutsche eine Übersetzung der Interventionen in die Gebärdensprache (Procom) ein Headset mit Induktionsschleife ein Parkplatz in der Nähe für Menschen mit eingeschränkter Mobilität organisierte Hilfe für Menschen mit Unterstützungsbedarf (auf Anfrage) Die UNO-Konvention als Richtlinie Die UNO-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist am 15. Mai 2014 in der Schweiz in Kraft getreten. Gemäss dieser Konvention, dürfen Menschen mit einer Beeinträchtigung keine Barrieren für eine Teilhabe an der Gesellschaft oder Verstösse gegen ihre Menschenrechte antreffen. Um dieses Ziel zu erreichen, formuliert die Konvention detaillierte Richtlinien und verlangt von den teilnehmenden Staaten, an- gemessene Massnahmen in allen Lebensbereichen einzuleiten. Sie enthält bürgerliche, politische, wirtschaft- liche, soziale und kulturelle Rechte. Meine Kultur - Deine Kultur - Unsere Kultur Donnerstag, 16. Mai 2019 | Siders - Aula der HES-SO Valais-Wallis
3 FORUM EMERA-HES-SO VALAIS-WALLIS 2019 Meine Kultur, Deine Kultur, Unsere Kultur: Artikel 30 im Detail Das Forum 2019 wird sich spezifisch mit den ersten beiden Absätzen des Artikels 30 „Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport“ der UNO-Konvention auseinandersetzen. Diese haben zum Ziel, Diskriminierung zu beseitigen und die uneingeschränkte Teilhabe von Menschen mit einer Behinderung an der Kultur zu fördern, sowohl in Bezug auf den Zugang zu kulturellen Veranstaltungen, als auch auf ihre akti- ve Beteiligung als Kulturschaffende. Art. 30 Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport 1. Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilzunehmen, und treffen alle geeigneten Massnahmen, um sicher- zustellen, dass Menschen mit Behinderungen: a) Zugang zu kulturellem Material in zugänglichen Formaten haben; b) Zugang zu Fernsehprogrammen, Filmen, Theatervorstellungen und anderen kulturellen Akti- vitäten in zugänglichen Formaten haben; c) Zugang zu Orten kultureller Darbietungen oder Dienstleistungen, wie Theatern, Museen, Kinos, Bibliotheken und Tourismusdiensten, sowie, so weit wie möglich, zu Denkmälern und Stätten von nationaler kultureller Bedeutung haben. 2. Die Vertragsstaaten treffen geeignete Massnahmen, um Menschen mit Behinderungen die Möglich- keit zu geben, ihr kreatives, künstlerisches und intellektuelles Potenzial zu entfalten und zu nutzen, nicht nur für sich selbst, sondern auch zur Bereicherung der Gesellschaft. Zugang zur Kultur: Welche Hindernisse und Handlungsansätze gibt es im Wallis? Beim Kulturkonsum haben die verschiedenen Organisationen des Dachverbandes Forum Handicap Valais- Wallis viele Hindernisse im Wallis festgestellt: finanzielles Hindernis: Selbst bei einer IV-Reduktion bleiben die Kosten für Aufführungen und Transporte bis zum Zielort problematisch, insbesondere für IV-Begünstigte mit Ergänzungsleistungen. physische Hindernisse auf dem Weg zum Kulturprodukt: ww Öffentliche Verkehrsmittel nicht / nur schwer zugänglich (Busse, Bahnhöfe) oder mit unzureichendem Zugang. ww im Rollstuhl: keine Behindertenparkplätze in der Nähe oder schlecht ausgeschildert (Festivals). Hinder- nisse im städtischen Umfeld (Pflastersteine, Hänge, Gehwege usw.) und am Eingang zum Kulturort (Stufen, schwere manuelle Tür usw.). Innerhalb der Gebäude: unzugängliche oder unzureichende Toiletten, Stufen, unzugänglicher Zugang zu historischen Gebäuden (z. B. kantonale Museen in Sitten). Hindernisse im Zusammenhang mit dem Kulturprodukt: ww eim Rollstuhl: Begrenzte Anzahl von zugänglichen Stellen, oft nicht zentral mit schlechter Sicht auf die Bühne. ww Sehbehinderung: Bedarf an mehr audiobeschriebenen Produkten (Kino, Aufführungen) oder mehr in Blindenschrift übersetzten Texten, taktilen Trägern (z.B. ein als Modell reproduziertes Gemälde, wie im kantonalen Kunstmuseum in Sitten) oder kultureller Vermittlung (Museen). Blindenhunde werden nicht immer gut akzeptiert. Meine Kultur - Deine Kultur - Unsere Kultur Donnerstag, 16. Mai 2019 | Siders - Aula der HES-SO Valais-Wallis
4 ww Hörbehinderung: Induktionsschleifen (die eine Tonverstärkung direkt im Hörgerät ermöglichen) für hörgeschädigte Personen sind in Theatern (Kino, Aufführungen, Konferenzen) noch selten. Filme und Fernsehsendungen sollten systematisch untertitelt und häufiger in die Gebärdensprache übersetzt werden. Tabletts oder Videoterminals (ein gutes Beispiel ist das Museum des Grossen Sankt Bern- hard) mit schriftlichen Texten oder Erklärungen in Gebärdensprache sind in Museen willkommen. Weitere Aufführungen und Konferenzen sollten in die Gebärdensprache übersetzt werden. ww geistige Behinderung: Notwendigkeit einer einfacheren und klareren Beschilderung, um eine bessere Orientierung zu ermöglichen (Museen, Festivals usw.). Notwendigkeit einer kulturellen Vermittlung, um den Inhalt einer Ausstellung oder eines Museums in vereinfachter Sprache zu erklären. Schriftli- ches Material sollte auch in die leichte Sprache übersetzt werden. ww psychische Behinderung: Das Haupthindernis liegt eher in der sozialen Sichtweise, die mit dem Unverständnis der Bevölkerung zusammenhängt («Sollte er nicht lieber zur Arbeit gehen?»; «Hast du diesen Kerl gesehen, was für ein Blick!»), was manche Leute oft dazu bringt, lieber zu Hause zu blei- ben... Im Anschluss an diese Beobachtungen schlägt das Forum Handicap Valais-Wallis dem Kanton Wallis meh- rere Möglichkeiten zur Verbesserung vor. Festlegung einer kantonalen Strategie für die schrittweise Zugänglichkeit von Kulturprodukten im Wallis unter Berücksichtigung aller Arten von Behinderungen. Systematische Berücksichtigung der Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit Behinderungen, bei Vergabe von Subventionen der Dienststelle für Kultur an verschiedene Kulturpartner. Werbung für das Label « Kultur Inklusiv» (Pro Infirmis) bei den kulturellen Institutionen des Kantons. Verbesserte finanzielle Hilfeleistungen für IV-Begünstigte, um die Preise von Kulturprodukten zugänglicher zu machen. Unterstützung bei der Entwicklung individueller Unterstützungsangebote für Menschen mit Behinderun- gen, um ihnen den Zugang zu den kulturellen Inhalten des Kantons zu erleichtern. Anerkennung des künstlerischen Schaffens von Menschen mit Behinderungen in gleicher Weise wie ande- re künstlerische Schöpfungen. Ablauf des Forums Von 13:30 Uhr bis 17:30 Uhr werden in der Aula der HES-SO Valais-Wallis in Siders Referentinnen und Refe- renten aus der Forschung und der Praxis ihre Ansichten zum Thema teilen. Jede Präsentation dauert ca. 20 Minuten. Am Ende der Präsentation sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingeladen, ihre Fragen zu stellen. Die zweisprachige Moderation des Forums übernimmt Myriam Holzner. Das Programm wird durch vier künstlerische Zwischenspiele unterbrochen, die von Kunstschaffenden mit Behinderungen getragen werden. Das Atelier für künstlerische Gestaltung der FOVAHM stellt ihre Werke in der Eingangshalle des HES-SO-Gebäudes aus. Meine Kultur - Deine Kultur - Unsere Kultur Donnerstag, 16. Mai 2019 | Siders - Aula der HES-SO Valais-Wallis
5 ZUSAMMENFASSUNGEN DER BEITRÄGE Präsentation von Artikel 30 der UNO-Konvention „Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport“ Pierre Margot-Cattin, Professor Hochschule für Soziale Arbeit, HES-SO Valais-Wallis (F) In Artikel 30 der UN-BRK ist ein unveräusserliches Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben verankert. Dieser Artikel verpflichtet die Staaten, Massnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu kulturellen Produkten zu gewährleisten, auch durch den Einsatz verschiedener Kompensationsmedien (taktile, visuelle, audio-de- skriptive, einfache Sprache, kulturelle Vermittlung usw.). Sie erfordert auch den Zugang zu elektronischen Medien, einschliesslich Radio und Fernsehen. Schliesslich zwingt sie die Staaten, die verschiedenen kul- turellen Infrastrukturen (kulturelle Dienstleistungen, Kino, Theater, Konzertsaal usw.) für alle zugänglich zu machen. Dazu gehören architektonische Zugänglichkeitsmassnahmen (Rampe, Lift, Rollstuhlplatz usw.), Museografie und angepasste Szenografie (Leseautor, Reflexionen, Audioguide usw.), aber auch mögliche menschliche Massnahmen zur Begleitung und zum Zugang zu kulturellen Aktivitäten. In Artikel 30 wird auch das Recht auf Anerkennung der Rolle hervorgehoben, die Menschen mit Behinde- rungen bei der Errichtung des Kulturerbes spielen können, indem sie ihre Möglichkeiten zur Entwicklung und Realisierung ihres kreativen, künstlerischen und intellektuellen Potenzials nicht nur im eigenen Interes- se, sondern auch zur allgemeinen Bereicherung der Gesellschaft unterstützen. In diesem Sinne müssen die Staaten insbesondere die Rechtsvorschriften über das geistige Eigentum so anpassen, dass sie kein unangemessenes oder diskriminierendes Hindernis für den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu kulturellen Produkten darstellen. Schliesslich erkennt und schützt dieser Artikel das Recht von Menschen mit Behinderungen, insbesonde- re gehörlosen Menschen, auf Entwicklung einer spezifischen kulturellen und sprachlichen Identität, ein- schliesslich Gebärdensprache, Blindenschrift und anderer Schriftsysteme. Ausgehend von einer einfachen Prämisse, dem unveräusserlichen Recht auf Zugang zum kulturellen Leben, entwickelt dieser Artikel Verpflichtungen und die Notwendigkeit von Massnahmen in verschiedenen Be- reichen. Es ist ein gutes Beispiel für die systemische Komplexität des globalen Zugangs zur Kultur für Menschen mit Behinderungen im Alltag. Pierre Margot-Cattin hat Jura und Ethnologie studiert. Er arbeitet als Professor an der Hochschule für Soziale Arbeit, HES-SO Valais-Wallis. Er interessiert sich für die Auswirkung des Erscheinungsbildes der Behinderung im sozialen Umfeld, für die Anpassung der Umgebung und für die Ausbildung Tourisme Pour Tous. Als Globetrotter und Referent in zahlreichen internationalen Konferenzen, schätz er das Entdecken neuer Horizonte. Am 15. April 2014 überreichten Pierre Margot-Cattin und Christian Lohr in New York die Beitrittsurkunde zur UNO-Behin- dertenrechtskonvention. Diese wurde vom Bundesrat am 9. April 2014 unterzeichnet. Meine Kultur - Deine Kultur - Unsere Kultur Donnerstag, 16. Mai 2019 | Siders - Aula der HES-SO Valais-Wallis
6 Kulturelle Teilhabe beschleunigen – mit dem Label Kultur inklusiv Nicole Grieve, Fachstelle Kultur inklusiv von Pro Infirmis (D) Das Label « Kultur inklusiv » von Pro Infirmis wird an Kulturinstitutionen aller Kantone vergeben, die sich dazu verpflichten, in einer Zeitspanne von vier Jahren die Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen. Diese Massnahmen werden von Partnern mit einer Behinderung mitgestaltet, und sie sind inklusiv. Das heisst, dass sie sich an alle interessierte Publika wenden. Die Kulturinstitutionen entwickeln ihre Massnahmen in fünf obligatorischen Handlungsfeldern, nämlich das kulturelle Angebot, der inhaltliche Zugang, der bauliche Zugang, die Arbeitsangebote und die Kommunikation. Die Fachstelle Kultur inklusiv von Pro Infirmis vergibt, kommuniziert und evaluiert die Labelprozesse. Sie berät und vernetzt ihre Partner. Kultur inklusiv hat bereits 48 Labels in der deutschen Schweiz, 9 Labels in der Romandie und 2 Labels im Tessin vergeben. In ihrem Referat hebt Nicole Grieve drei Projekte mit Bezug zum Wallis hervor. Erstens das Pionierprojekt „Berühren Sehen“ des Walliser Kunstmuseums, zweitens den Labelprozess an der Me- diathek Wallis, Standort Brig, schliesslich sowie welsche Projekt für Audiodeskription im Theater des Vereins Ecoute Voir, welches jedes Jahr an Walliser Theatern zu Gast ist. Für jedes Projekt stellt die Referentin die Entwicklungen, Hindernisse und Herausforderungen hervor. Nicole Grieve ist spezialisiert auf kulturelle Teilhabe und Netzwerkentwicklung. Sie war insbesondere als Kulturberaterin an der Dienststelle für Kultur des Kantons Wallis tätig. In diesem Rahmen leitete Nicole Grieve das Schule-und-Kultur Programm, und entwickelte die Unterstützung von Projekten, welche darauf abzielen, das Kulturpublikum zu erweitern. Seit Mitte 2018 arbeitet sie in der Fachstelle Kultur inklusiv von Pro Infirmis für den Vertrieb des Labels in der Westschweiz. La Chaise Rouge, mehr soziale Teilhabe durch Freiwilligenarbeit Stéphane Ballaman, Mitverantwortlicher des Bereichs Sozial- und Freiwilligenarbeit, Rotes Kreuz Waadt Der aktuelle politische Kontext und der rechtliche Rahmen fördern die soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Aber ist das genug? Auf der Grundlage der tatsächlichen und identifizierten Bedürfnisse haben Pro Infirmis Vaud und das Rote Kreuz Waadt im Jahr 2012 einen Freiwilligendienst namens La Chai- se Rouge gegründet. Ziel ist es, Menschen mit Behinderungen, die Möglichkeit zu geben, ein individuelles Projekt im Bereich Kultur und Freizeit durchzuführen. Ein Ausflug zu Orten, die für Menschen mit Behinde- rungen nicht zugänglich sind (Ausstellungen, Aufführungen, Veranstaltungen), ist auch heute noch eine echte Herausforderung und hat oft eine abschreckende Wirkung. Die Freiwilligen helfen bei der Lösung praktischer Probleme und sind eine beruhigende Präsenz. Das vom Roten Kreuz Waadt geschulte und betreute ehrenamtliche Personal fördert die Entwicklung einer wertvollen sozialen Bindung und ermöglicht die Durchführung individueller Projekte. Im Jahr 2018 wurden mehr als 1.200 Ausflüge durchgeführt. Die Bildung eines Tandems (Freiwilliger-Begünstigter) berücksich- tigt viele Parameter, insbesondere technische (Häufigkeit und gewünschte Tage), aber auch relationale (Profile, Erwartungen und gemeinsame Interessen). Stéphane Ballaman ist auf Teammanagement spezialisiert und verfügt über mehrere Berufserfahrungen im Bereich Ge- sundheit und Bildung. Seit fast 15 Jahren ist er im Bereich Soziales und Freiwilligenarbeit des Waadtländer Roten Kreuzes tätig. Er ist auch Mitglied des Ausschusses des Vereins Bénévolat-Vaud. Meine Kultur - Deine Kultur - Unsere Kultur Donnerstag, 16. Mai 2019 | Siders - Aula der HES-SO Valais-Wallis
7 Die Begleitung von Kunstschaffenden mit einer Behinderung: ein ressourcenzentrierter Ansatz Barbara Waldis, Professorin Hochschule für Soziale Arbeit, HES-SO Valais-Wallis Die Präsentation fasst die wichtigsten Resultate einer Forschung über 4 Kunstateliers in der Westschweiz zusammen. Die Kunstateliers fördern Kunstschaffende mit einer Behinderung und verbreiten ihre Werke. Unsere Resultate zeigen, dass die Verantwortlichen der Ateliers für die Begleitung ihre eigenen beruflichen Netzwerke aktivieren. Sie fördern zudem die künstlerischen Fähigkeiten der Kunstschaffenden und fördern ihre soziale Partizipation mit Ausstellungen. Diese Erfahrung wurde in Cyril Bron›s Dokumentarfilm «Beruf: Kunstschaffender» festgehalten, der das Talent und die Professionalität von Kunstschaffenden mit Behinderungen würdigt, indem er sie zu Wort kommen lässt und sie bei ihrer Tätigkeit zeigt. Barbara Waldis, Sozialanthropologin, hat an der Universität Freiburg doktoriert. Sie ist Expertin für das Thema Binationa- le Ehen, Familienbeziehungen und interkulturelle Kommunikation. Barbara Waldis ist Koordinatorin des Wissenschaftsrates der Sozialen Arbeit der HES-SO und Präsidentin der Wissenschaftskommission der Schweizerischen Gesellschaft für Ethnologie. Stand der Umsetzungen und Perspektiven im Wallis Jérémy Gaillard, Mitglied der Jugendkommission, Kanton Wallis Die Jugendkommission des Kantons Wallis hat eine Reflexionsgruppe über die Stellung junger Menschen mit Behinderungen in den von ihr unterstützten Projekten eingerichtet. Diese Gruppe von Fachleuten stellt fest, dass: 1) Junge Menschen mit Behinderungen nur sehr wenig an Projekten teilnehmen, die von jungen Menschen ohne Behinderungen durchgeführt werden. 2) Junge Menschen mit Behinderungen sehr selten Projekte vor schlagen, oder nur auf Anregung von Fachleuten. Im Anschluss an diese Beobachtungen wurden mehrere Massnahmen ergriffen. Um die Teilnahme junger Menschen mit Behinderungen an Veranstaltungen zu erhöhen, laden wir die Organisatoren ein, die Zu- gänglichkeit ihrer Veranstaltung, aber auch ihre Attraktivität zu berücksichtigen. Dazu bauen wir ein Netz- werk zur Unterstützung der Organisatoren auf. Bei der Gewährung der finanziellen Unterstützung über- prüfen und passen wir unsere Kriterien an, wenn der Antrag von einem Jugendlichen oder einer Gruppe junger Menschen mit Behinderungen gestellt wird. Der kantonale Jugenddelegierte hat auch ein wichtiges Netzwerk aufgebaut, das es ihm ermöglicht, diese Jugendlichen nach ihren Bedürfnissen zu unterstützen und zu begleiten. Schliesslich arbeiten wir eng mit den verschiedenen Institutionen und Verbänden im Kanton zusammen, damit sie Ideen und Projekte von jungen Menschen mit Behinderungen vorbringen können. Jérémy Gaillard ist Student an der HES-SO Valais-Wallis und arbeitet seit vier Jahren für den Verein Cerebral Wallis und die Castalie. Er ist Mitglied der Walliser Jugendkommission. Meine Kultur - Deine Kultur - Unsere Kultur Donnerstag, 16. Mai 2019 | Siders - Aula der HES-SO Valais-Wallis
8 Jacques Cordonnier, Chef der Dienststelle für Kultur, Kanton Wallis Im Rahmen der öffentlichen Politik überlässt der Kulturbereich den Akteuren eine sehr grosse Autonomie, da er auf dem Subsidiaritätsprinzip und einer unverbindlichen Regelung beruht. In diesem Rahmen können die Gemeinden insbesondere ihre Prioritäten und Aktionspläne frei entwickeln. Der Kanton seinerseits handelt über seine eigenen Institutionen und unterstützt die Aktivitäten Dritter. Die Kulturstrategie 2018 des Kantons Wallis betont die Kultur als Faktor der sozialen Integration und des Zusammenhalts. In diesem Zusammenhang wird die Frage des Zugangs und der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen berück- sichtigt. Der Kanton adressiert dieses Thema durch drei sich ergänzende Achsen. Erstens fördert er den Zugang und die Aneignung des kulturellen Angebots seiner Institutionen, nämlich des Archivs, der Media- thek und der Kantonalen Museen. Projekte wie „Toucher voir“ (berühren sehen) des Kunstmuseums in Sitten, welches sehbehinderten Menschen ermöglicht, mit Kunstwerken zu interagieren, geht in diese Richtung. Dies in einer inklusiven Perspektive, was auch ein interessanter Vorschlag für alle Zielgruppen ist, denen eine alternative Form des Zugangs zu Werken angeboten wird. Im Bereich der Museen ist eines der noch nicht gelösten Probleme der physische Zugang von Menschen mit eingeschränkter Mobilität zu historischen Gebäuden, die wenig Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Virtuelle Ausstellungen ermöglichen es, diese Barriere zumindest teilweise zu überwinden. Im Rahmen der Renovierungsarbeiten werden archi- tektonische Lösungen gesucht. Das Naturmuseum wird bei der Wiedereröffnung im Juni somit für alle zu- gänglich sein. Die zweite Achse zielt darauf ab, die Teilhabe und den Schaffensprozess aller zu fördern. Für die Erreichung dieses Ziels ist das Unterstützungsprogramm «Kulturelle Teilhabe» von besonderer Bedeutung, das die Zusammenarbeit zwischen Künstlern und der Walliser Bevölkerung fördert. Vorbildlich ist in dieser Hinsicht das Projekt «Bist du frei» der Compagnie Monochrome, das eine Tänzerin und einen jungen Mann mit Beeinträchtigungen in einer gemeinsamen Kreation zusammenbringt. Schliesslich ent- wickeln kantonale Kultureinrichtungen Partnerschaften, die es Menschen mit Behinderungen oder anderen Schwierigkeiten ermöglichen, zu ihrem Erfolg beizutragen. Das jüngste Projekt in diesem Zusammenhang betrifft die kürzliche Eröffnung des Café Weri in der Mediathek Wallis in Brig, welches von der Stiftung Atelier Manus geleitet wird. Jacques Cordonier ist Chef der Dienststelle für Kultur des Kantons Wallis seit der Gründung der Dienststelle im Jahr 2005. Er leitete die Mediathek Wallis von 1988 bis 2009. Zusammen mit den Kulturdelegierten der Walliser Städte (2010) initi- ierte er die Gründung des Vereins Kultur Wallis. Er ist Mitbegründer des Vereins Dialog der Wissenschaften Wallis, der einen interdisziplinären Ansatz in sozialen Thematiken fördert, und Präsident der Stiftung SAPA, Schweizer Archiv der Darstellenden Künste. Meine Kultur - Deine Kultur - Unsere Kultur Donnerstag, 16. Mai 2019 | Siders - Aula der HES-SO Valais-Wallis
9 PRÄSENTATION DER EINGELADENEN KÜNSTLER UND KÜNSTLERINNEN Florence Fagherazzi und Gaetan Daves, „Castafiore“, Musikgruppe, Compagnie monochrome Tagesstätte „Le Caméléon“ der Castalie Was machen wir mit unserem Leben? Sind wir wirklich Castafiore ist eine Musikgruppe, die 2016 von Musikern frei? Um diese Frage zu veranschaulichen: eine Tän- gegründet wurde, die BAO-PAO im Rahmen des Ate- zerin, Florence Fagherazzi, und ein Tänzer mit Beein- liers zur persönlichen Entwicklung Le Caméléon spie- trächtigungen, Gaetan Daves. Er hat eine zerebrale len. Lähmung. Freiheit und Behinderung sind zwei auf den Das BAO-PAO ist ein angepasstes Musikinstrument, ersten Blick paradox erscheinende Begriffe, die jedoch das mit Bögen, Laserstrahlen und einem Computer der Entstehung ihrer Kreation «Bist du frei?“ zugrunde arbeitet. Um eine Note oder einen Ton abzuspielen, liegen. Das Projekt hat seinen Ursprung in der Philo- kreuzt der Musiker die Bögen mit einem Stab (oder sophie von Sartre. Der Philosoph beschäftigt sich in Hilfsmitteln) und schneidet so den Laserstrahl. Cas- seinen Werken mit der Freiheit und wirft Fragen dar- tafiore hat folgende Ziele: über auf, was dieses zentrale Thema in unserem Le- ben bedeutet. Musikalische Momente in der Castalie anbieten www.ciemonochrome.com / Florence Fagherazzi, 079 784 61 10 Die verschiedenen Fähigkeiten von Musikern sichtbar machen Stéphane Wenger, Songwriter-Interpret, Teilnahme an der Gesellschaft ausserhalb von präsentiert von ihm selbst: der Castalie Ich stiess auf ein Klavier, also spielte ich es. Ich lernte Aufwertung der verschiedenen sozialen Rollen Poesie, also schrieb ich Poesie. Ich habe ein Gitarren- Leben in einer neuen Gruppe mit neuen Peers lager besucht und seitdem habe ich nie aufgehört zu spielen. Aus den ersten drei Akkorden, die ich gelernt Streben nach Inklusion habe, habe ich meine ersten Songs komponiert. Aber www.castalie.ch/cameleon-centre-de-developpement-personnel auf eine sehr, sehr vertrauliche Weise. Ich habe nie Eléonore Morard, 024 473 52 50 versucht, meine Musik in der Öffentlichkeit zu leben. Atelier für künstlerische Gestaltung der FOVAHM Ich mache oft Witze, dass ich seit 35 Jahren an meinem Album arbeite. Aber die Wahrheit ist, ich habe Angst Das Atelier für künstlerische Gestaltung ist ein kreati- und zweifle. Ich war noch als Gitarrist in einer Band ver Raum, in dem die Person als eigenständiger Künst- und habe einige Songs für die Band geschrieben. Ich ler mit ihrer Erfahrung, Sensibilität, Kreativität und habe auch einen Text über die Bise für ein Wetter- ihren technischen Fähigkeiten betrachtet wird. Es ist magazin geschrieben. Mein Leben hat eine falsche auch ein Ort, um künstlerische Techniken und die Richtung eingeschlagen, daher meine Begegnung mit Fähigkeiten der Wahrnehmung, Beobachtung und den Stiftungen Emera und Domus. Dank der ersten Vorstellungskraft zu erlernen. Die Werke der Künstler und mit Hilfe der zweiten sowie der Kunsttherapie- werden in Kunstgalerien präsentiert (u.a. Ausstellun- kurse habe ich auch eine Diashow zum Thema Kultur gen: Fondation Gianadda in Martigny 2010, Galerie mit dem Titel LIBERTURE geschrieben, komponiert Arts & Lettres in Vevey 2012 und Manoir in Martigny und vorbereitet. Vielen Dank an sie. «Es ist kein Zeichen 2013). Jeder Künstler des Ateliers hat eine eigene von psychischer Gesundheit, sich an eine kranke Ge- Webseite, die seinen künstlerischen Ansatz veran- sellschaft anzupassen», ist ein Satz, der mir viel sagt. schaulicht. www.fovahm.ch / Michael Petrig, 024 472 14 40 Meine Kultur - Deine Kultur - Unsere Kultur Donnerstag, 16. Mai 2019 | Siders - Aula der HES-SO Valais-Wallis
10 PRÄSENTATION DER ORGANISATOREN Die Stiftung Emera ist eine der grossen spezialisierten Walliser Institutionen im Bereich der Behinderung und die einzige, welche im gesamten Wallis tätig ist (zwei Sprachregionen). Das Ziel der Stiftung Emera ist es, die Lebensqualität von Menschen, die eine Beeinträchtigung ihrer Gesundheit oder Integrität im körperlichen, intellektuellen und/oder psychischen Bereich aufweisen, zu verbessern und deren Autonomie und Teilnahme am sozialen Leben zu fördern. Um dies zu erreichen, bietet sie Sozialberatung für Menschen mit einer Beein- trächtigung oder deren Angehörige an und verfügt über Wohn- und Beschäftigungsstrukturen im Bereich der psychischen Behinderung. Die Hochschule für Soziale Arbeit der HES-SO Valais-Wallis setzt sich zusammen aus dem Studiengang Soziale Arbeit und dem Forschungsinstitut Soziale Arbeit. Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Soziokulturelle Animation sind die drei Vertiefungsrichtungen des Bachelorstudiengangs Soziale Arbeit, welcher über 450 Studierende in den beiden Unterrichtssprachen Deutsch und Französisch ausbildet. Das Forschungsinstitut Soziale Arbeit koordiniert die Forschung der Dozierenden der Hochschule für Soziale Arbeit. Ziel ist die Aus- bildung von Sozialarbeitenden, welche in der Lage sind, die soziale Integration zu fördern und sicherzustellen, sich am sozialen Wandel zu beteiligen und die notwendigen sozialpolitischen Anpassungen voranzutreiben. Partner der Veranstaltung, Forum Handicap Valais-Wallis (FH-VS) ist der Dachverband der Walliser Hilfs- organisationen im Bereich Behinderung. Mit mehr als 30 Mitgliedern ist FH-VS die Plattform der Vertretung der kollektiven Interessen der Personen mit einer Behinderung im Wallis. Als Projektpartner stellt das Forum Handicap Valais-Wallis Personal- und Materialressourcen im Rahmen seiner Möglichkeiten zur Verfügung. Meine Kultur - Deine Kultur - Unsere Kultur Donnerstag, 16. Mai 2019 | Siders - Aula der HES-SO Valais-Wallis
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