Mit dem Smartphone gegen Viren
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Coronaperspektiven 23. September 2020 Mit dem Smartphone gegen Viren Verfassungsrechtliche Betrachtung der Corona-Apps in fünf Regionen der Welt Pavel Usvatov, Hartmut Rank, Stanislav Splavnic, Gisela Elsner, Aishwarya Natarajan, Marie-Christine Fuchs, Magdalena Schaffler, Malte Gaier, Anja Finke, Arne Wulff Mithilfe der Corona-App sollen Covid-19-Infektionswege nachvollziehbar werden. Länder auf der ganzen Welt haben diese Apps eingeführt. Wir schauen nach Südosteuropa, Asien, Lateinamerika, Nahost sowie Nordafrika und nach Subsahara-Afrika. Wie steht es um die rechtlichen Rahmenbe- dingungen vor Ort? Wie steht es um die praktische Umsetzung? Welche Probleme sind aufgetreten?
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 2 Inhaltsverzeichnis Mit dem Smartphone gegen Viren 1 I. Südosteuropa .................................................................................................................................................. 4 Rechtliche Rahmenbedingungen ................................................................................................................. 4 Praktische Umsetzung ................................................................................................................................... 5 Rechtliche Probleme ...................................................................................................................................... 7 Schlussfolgerung und Perspektiven ............................................................................................................ 7 II. Asien ................................................................................................................................................................ 7 Rechtliche Rahmenbedingungen ................................................................................................................. 7 Praktische Umsetzung ................................................................................................................................... 8 Rechtliche Probleme ...................................................................................................................................... 9 Schlussfolgerung und Perspektiven .......................................................................................................... 10 III. Lateinamerika .............................................................................................................................................. 10 Rechtliche Rahmenbedingungen ............................................................................................................... 10 Praktische Umsetzung ................................................................................................................................. 11 Rechtliche Probleme .................................................................................................................................... 11 Schlussfolgerungen und Perspektiven ...................................................................................................... 12 IV. Nahost und Nordafrika .............................................................................................................................. 12 Rechtliche Rahmenbedingungen ............................................................................................................... 12 Praktische Umsetzung ................................................................................................................................. 13 Rechtliche Probleme .................................................................................................................................... 16 Schlussfolgerungen und Perspektiven ...................................................................................................... 16 V. Subsahara-Afrika.......................................................................................................................................... 16 Praktische Umsetzung ................................................................................................................................. 17 Rechtliche Probleme .................................................................................................................................... 18 Schlussfolgerungen und Perspektiven ...................................................................................................... 18 VI. Zusammenfassung ..................................................................................................................................... 18 Impressum 24
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 3 Einleitung Pavel Usvatov Seit dem 16. Juni 2020 kann in Deutschland die im Auftrag der Bundesregierung von SAP und T-Systems (Telekom) entwickelte „Corona-Warn-App“ heruntergeladen und auf einem Smartphone installiert werden. Sie solle zum „Begleiter und Beschützer“ werden und helfen, 1 Infektionsketten zu unterbrechen. Mittels einer Bluetooth-Verbindung können Smart- phones, auf denen die App installiert ist, sich gegenseitig erkennen, und bei einem Aufent- halt von mehr als 15 Minuten in einem Abstand von unter zwei Metern werden die Daten (anonyme ID, Zeitpunkt, Dauer und Signalstärke) auf den Geräten lokal gespeichert. Im Falle einer Infektion entscheidet die Person selbst, ob sie über die App die Kontaktpersonen (und nur diese) warnen möchte; das setzt allerdings die Bestätigung der Infektion durch ein Corona-Test-Labor mittels eines QR-Codes oder einer TAN voraus. Bis Ende Juli verzeichnete 2 die App bereits über 16 Millionen Downloads. 3 Die Einführung der Tracing -App wurde hierzulande von einer anhaltenden Debatte über die Rechtmäßigkeit ihres Einsatzes begleitet, die insbesondere von Datenschützern angezweifelt 4 wurde. Die Entwickler und die Bundesregierung betonen, dass die Daten durch den dezen- tralen Speicheransatz und den öffentlich zugänglichen Quellcode der App sicher vor Miss- brauch geschützt seien. Die IT-Experten der TU Darmstadt und der Universitäten Marburg und Würzburg konnten indessen nachweisen, „dass externe Angreifer detaillierte Bewe- gungsprofile von Corona-Infizierten erstellen und gegebenenfalls die betroffenen Personen 5 identifizieren können. Auch Kontaktinformationen könnten manipuliert […] werden.“ Der FIfF e. V. seinerseits verweist auf die trotz großer Fortschritte noch vorhandenen Schwachstellen in der Datenschutzfolgenabwägung (DSFA, gefordert durch den 6 – zwingend umzusetzenden – Art. 35 DSGVO) und bleibt bei seiner kritischen Haltung. Trotz der genannten Beanstandungen darf aber festgehalten werden, dass es sich um Kritik auf einem sehr hohen Niveau handelt: Es geht nicht etwa um die Befürchtung, die Regierung und staatliche Stellen könnten die Daten missbräuchlich nutzen, sondern vielmehr um den Umgang der Wirtschaft mit der App und den Daten. Allen voran werden Apple und Google genannt, die die IT-Schnittstellen einseitig gestalten und damit auch die Kontrolle über die Daten erhalten können (sog. Google-Apple-Protokoll, GAP, das anfällig für die Erstellung von 7 Bewegungsprofilen sein soll); auch besteht beispielsweise die Besorgnis, dass die App in der Privatwirtschaft zu einer Art „Eintrittskarte“ umfunktioniert und damit mittelbar die 8 Freiwilligkeit der Nutzung ausgehebelt werden könnte. In der verfassungsrechtlichen Diskussion in Deutschland und der EU ging und geht es nicht unmittelbar um die vielerorts angebotenen Tracing-Apps selbst, die in der Regel im Zusam- menhang mit der DSGVO diskutiert werden, sondern um die Einschränkungen der Freiheits- 9 rechte und „Notstandsregelungen“ generell, die insbesondere in Süd- und Südosteuropa, aber z. B. auch bei unserem westlichen Nachbar Frankreich mit intensiven Eingriffen in die Grundrechte der Bevölkerung einhergingen und zum Teil mit einer für die jüngere 10 Generation der Europäer eher ungewohnten Kriegsrhetorik garniert wurden. In den folgenden fünf Abschnitten befassen sich die Autoren mit den technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die in großen Teilen bereits erfolgte Einführung von Corona-Apps, neben Tracing- auch Tracking-Apps, in fünf Regionen der Welt:
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 4 In Südosteuropa, in Asien, in Lateinamerika, in der MENA-Region (Nahost und Nordafrika) und in Subsahara-Afrika. Der sechste Abschnitt fasst die Entwicklungen und rechtliche Herausforderungen zusammen. I. Südosteuropa Hartmut Rank, Stanislav Splavnic Viele Länder im Südosten Europas waren zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 zunächst deutlich schwächer von ihr betroffen als süd-, mittel- oder westeuropäische Staaten wie Italien, Spanien, Frankreich und Großbritannien. Trotz geringer Infektionszahlen wurden auf dem Balkan jedoch sehr schnell und in größerem Umfang als in Deutschland Maßnahmen getroffen, welche die Freiheitsrechte der Bürger einschränkten. Dies hatte vor allem zwei Gründe: Zum einen arbeitet ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung aller Staaten Südosteuropas, unabhängig davon, ob sie Mitglied in der EU sind und daher von der Arbeitnehmer- Freizügigkeit profitieren, in anderen EU-Staaten. Diese pendeln regelmäßig zwischen ihrer Heimat und ihrem Arbeitsort, vor allem in den Sommermonaten, aber auch zu religiösen Feiertagen im Frühjahr. Die Befürchtung dieser Staaten, sich aus dem damaligen Hotspot Norditalien viele Infektionsfälle zu „importieren“, schien daher real. Schon die ersten bekannt gewordenen Corona-Fälle im März betrafen beispielsweise in Albanien und Rumänien aus Italien eingereiste Bürger. Zum anderen sind die Gesundheitssysteme südosteuropäischer Staaten insgesamt deutlich weniger leistungsfähig. Dies ist nicht nur eine Frage der Finanzierung der Krankenhäuser (insbesondere bei der Ausstattung), in denen bei Ausbruch der Krise tatsächlich deutlich weniger Kapazitäten zur Behandlung hochansteckender, übertragbarer Atemwegserkran- kungen bestanden. Es ist vor allem auch eine Frage des Mangels an medizinischem Fachpersonal: Die Abwanderung gut ausgebildeter Ärzte und Krankenschwestern vor allem nach Westeuropa in den letzten drei Jahrzehnten hat spürbare Lücken in staatlichen Krankenhäusern hinterlassen. So erklären sich die rigiden Ausgangsbeschränkungen in der Region zu einem hohen Grad mit der Sorge der Behörden wie auch zahlreicher Bürger vor einer raschen Überlastung der desolaten Gesundheitssysteme. Viele Regierungen griffen schnell zu starken Einschnitten wie mehrwöchigen bis mehrmonatigen Ausgangssperren. Einige Länder führten die Pflicht ein, spezielle Passierscheine bei sich zu führen, in Rumänien zum Beispiel eine vom Arbeitgeber unterzeichnete Bescheinigung für den Arbeitsweg. Verstöße waren strafbewährt oder wurden mit hohen Bußgeldern geahndet, wovon u. a. in Rumänien auch intensiv Gebrauch gemacht wurde. Rechtliche Rahmenbedingungen Verfassungen der meisten Länder der Region verfügen über Notstandsklauseln, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Ausbruch der Pandemie ausgelöst wurden. Dabei sind verfassungsrechtlich nur solche Einschränkungen der Bürgerrechte erlaubt, die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Außerdem sind fast alle Staaten Südost- europas (Ausnahme: Kosovo) auch Vertragsstaaten der Europäischen Menschen- 11 rechtskonvention, deren Notstandklausel, Art. 15 EMRK , auch die verhältnismäßige Einschränkung der in der Konvention geregelten Rechte und Freiheiten gestattet.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 5 Einige Staaten haben in den letzten Monaten im Kontext der Corona-Pandemie die EMRK- Notstandklausel genutzt. Andere Länder, in denen es lange Zeit gar keine Infektionsfälle gab (z. B. Montenegro), haben von dieser Möglichkeit bisher keinen Gebrauch gemacht. Obwohl die Beschlussfassung auch in südosteuropäischen Ländern zu einem bestimmten Grad durch Notstandsmittel gekennzeichnet war (Beispiel Rumänien: Verabschiedung „militärischer (Not-)Verordnungen“ durch den Innenminister), blieben die Parlamente einsatzfähig und tätig. So hat sich die Krise der Gesundheits- und Wirtschaftssysteme nicht zu einer parlamentarischen Krise ausgeweitet. Die rechtliche Ausgestaltung des Datenschutzes in Südosteuropa ist unterschiedlich. In vier südosteuropäischen Staaten, die Mitglieder der EU sind (Bulgarien, Rumänien, Kroatien und Slowenien), gilt seit Mai 2018 die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung). Die meisten anderen Staaten der Region, unabhängig davon, ob ihnen bereits ein EU-Beitrittskandi- datenstatus gewährt wurde oder nicht, befinden sich in einem Prozess der schrittweisen Anpassung nationalen Rechts an den acquis communautaire der EU. Ihre nationalen Daten- schutzgesetze sind daher mehrheitlich modern ausgestaltet und an die DSGVO angepasst, wie das im März 2019 in Kraft getretene Data Protection Law im Kosovo. Gleiches gilt in der Republik Moldau: Obwohl kein Beitrittskandidat oder auch nur Beitrittsanwärter, hat sie Ende 2018 die DSGVO in Teilen ins nationale Rechtssystem umgesetzt. Bezüglich des Schutzes der Daten der an COVID-19 erkrankten Menschen wird bisher weder in Moldau noch in Rumänien eine ernsthafte Debatte über systematische Fehlinterpretation bzw. Verletzungen der DSGVO geführt. Die Staaten dürfen dabei nach internem Recht Notmaß- nahmen ergreifen, welche die Kommunikationsmittel weiter regeln (d.h. einschränken), wovon aber nach derzeitigem Kenntnisstand bisher kein Gebrauch gemacht wurde. In Rumänien und der Republik Moldau hat der Gesetzgeber keine besonderen Regeln für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten festgelegt, die speziell für die COVID-19-Pandemie gälten. Gleichzeitig wurde dort jedoch die Pflicht der Arbeitgeber eingeführt, Gesundheits- kontrollen von Mitarbeitern (Temperaturmessung mit Thermometern) durchzuführen. Gleiches gilt beim Betreten eines Supermarkts, was im Lichte der DSGVO nicht proble- matisch zu sein scheint: Dabei handelt es sich nicht um solche Daten, die eine Person identifizierbar machen würden. Gleichzeitig ist es zu früh, um die systemische Wirkung aller neu eingeführten Sonderregeln einschätzen zu können. Praktische Umsetzung Verglichen mit einigen asiatischen Staaten (s.u. II.) kamen in Südosteuropa Corona-Tracing- Apps erst spät zum Einsatz. Den Datenschutzbedenken der Bevölkerung wurde teilweise Raum gegeben, wie wir es auch aus der Debatte um die Art der Datenspeicherung (zentral vs. dezentral) aus Deutschland kennen. Beispielsweise in Polen haben die Behörden vor dem Einsatz der Bluetooth-basierten App „ProteGO“ deren Quellcode veröffentlicht, um Meinungen von IT-Experten einzuholen und Bedenken bei der Bevölkerung auszuräumen. Diese sind, begründet oder unbegründet, in Europa immer noch stark ausgeprägt. So hat beispielsweise eine Umfrage Mitte Juli in Slowenien ergeben, dass nur etwa ein Viertel der Bevölkerung eine Tracing-App freiwillig auf ihren Mobiltelefonen installieren würde. Das slowenische Parlament verabschiedete Anfang Juli ein Gesetz, welches den Einsatz einer App in Slowenien gestattet. Der Ministerpräsident Jansa forderte jedoch eine einheitliche 12 EU-weite App, welche für alle Bürger verpflichtend sein solle. Eine europäische oder zumindest EU-weite einheitliche technische Lösung für den Einsatz von „Corona tracing apps“ (CTA) ist jedoch noch immer nicht in Sicht. Dementsprechend haben neben Ungarn beispielsweise die südosteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten Kroatien
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 6 und Rumänien inzwischen eigene Pläne, eine nationale App zu entwickeln und in Kürze zu starten, wobei solche Apps allerdings noch nicht im Einsatz sind (Stand: Ende Juli 2020). Inzwischen gibt es allerdings in einigen anderen Staaten Südosteuropas nun erste Erfah- rungen mit Tracing Apps. So ist etwa im EU-Mitgliedsstaat Bulgarien schon seit Anfang April 2020 die App „ViruSafe“ im Einsatz. Der Nutzer muss bei Registrierung seine Ausweisdaten 13 eintragen, die Daten werden in einem zentralen Register gespeichert. Ersten Berichten zu Folge wird diese App aber nur von wenigen Bulgaren genutzt. Im EU-Anwärterstaat 14 Nordmazedonien können Bürger seit dem 13. April 2020 die App „StopKorona!“ nutzen. Diese ist Bluetooth-basiert, bei der Programmierung haben sich die Entwickler an der in Singapur verwendeten „TraceTogether App“ orientiert. Daten werden für maximal 14 Tage auf den mobilen Smartphons derer, die die App freiwillig heruntergeladen und installiert haben, gespeichert. Darüber haben mazedonische Anwender die Option, freiwillig Daten an das Gesundheitsministerium zu senden. In Kroatien war der Weg zum Einsatz einer App etwas länger: Zunächst wurde eine Geset- zesänderung des Telekommunikationsgesetzes diskutiert, die den Behörden eine Geoloka- lisierung erlaubt hätte. Ende Juli wurde allerdings doch eine App durch die staatliche Regulie- rungsbehörde genehmigt, welche auf Bluetooth-Basis funktioniert: Die Tracing-App „Stop 15 COVID 19“ setzt auf dezentrale Datenspeicherung und überträgt keine Standortdaten. Es ist zu erwarten, dass auch weitere Staaten der Region in Kürze nachziehen und ähn- liche, auf dezentraler Datenspeicherung beruhende Apps zum Einsatz bringen werden, darunter Serbien, welches sein Datenschutzrecht bereits weitgehend mit EU-Recht 16 harmonisiert hat. Einige südosteuropäische Staaten haben andere – bedenklichere – Wege zur Eindämmung der weiteren Ausbreitung der Pandemie beschritten: Montenegro hatte kurzzeitig eine Liste mit Namen aller Bürger veröffentlicht, welche unter Quarantäne standen. Staatliche Stellen in Bosnien-Herzegowina veröffentlichten Ende März die Namen all derer, die die Selbst- Isolation nicht eingehalten hatten, und das obwohl die bosnischen Datenschutz-Agenturen 17 diese Praxis für nicht rechtmäßig erklärt hatten. In der Republik Moldau wurde während der Pandemie bzw. des gesundheitlichen Not- stands eine App nur für eine kleine Gruppe der an Tuberkulose erkrankten Menschen entwickelt, damit diese als Risikogruppe fernbehandelt werden können. Keine moldauische Regierungsbehörde hat jedoch bisher die Entwicklung einer CTA angekündigt. Auch IT-Experten aus der Privatwirtschaft beschäftigen sich dort bisher nicht damit, sondern eher mit Aspekten der Erleichterung der Behandlung von Corona-Patienten. In Rumänien hat die Regierung erst vergleichsweise spät, nämlich im Juni 2020, mitgeteilt, dass ein militärisches Krankenhaus in Zusammenarbeit mit einem privaten Unternehmen derzeit eine solche App entwickele. Die rumänische CTA werde jedoch erst in einem Jahr einsatzfähig sein, so die zuständige Behörde. Es gibt derzeit keine große Debatte über die Architektur der App. Zum jetzigen Augenblick ist nur bekannt, dass, ähnlich wie in Ländern, die eine solche App schon einsetzen, die CTA die Nutzer benachrichtigen werde, sobald sie sich einem Corona-Hotspot nähern, was ebenfalls durch die Anwendung von Bluetooth erfolgen solle. Darüber hinaus solle diese Anwendung den Gesundheitsbehörden ermöglichen, die Hotspots schneller zu orten und zu handeln. Die Daten werden ver- schlüsselt an eine staatliche Behörde versandt. Wegen der Verschlüsselung werde die Regierung keinen Zugriff auf personalisierte Daten haben. Es bleibt jedoch fragwürdig, ob bei Einsatz erst in einem Jahr eine solche App ihren Zweck noch vernünftig erfüllen kann.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 7 Rechtliche Probleme Mit Blick auf den Datenschutz muss festgestellt werden, dass trotz der den Anforderungen der DSGVO formal entsprechenden nationalen Regelungen in Südosteuropa der Weg zu einem wirksamen, von allen Akteuren auch verinnerlichten und eingehaltenen Schutz personenbezogener Daten noch weit ist: Die Veröffentlichung von Namenslisten Infizierter in Montenegro (die im Internet veröffentlichten Daten wurden inzwischen gelöscht) und Quarantäne-Verstößen (Bosnien-Herzegowina) sind nur die schwerwiegendsten Verstöße. Einzelfälle solcher Veröffentlichungen gab es auch in anderen südosteuropäischen Staaten, z. B. als der moldauische Staatspräsident den vollen Namen des ersten infizierten moldauischen Bürgers öffentlich bekanntgegeben hatte, was offensichtlich gegen das moldauische Datenschutzrecht verstieß. Schlussfolgerung und Perspektiven Das aus dem in den Verfassungen aller Ländern Südosteuropas verankerten Gewalten- teilungsprinzip hergeleitete Gesetzgebungsmonopol der Parlamente wurde bisher stets beachtet. In einigen Ländern wurden spezielle auf die Pandemie bezogene Regelungen durch einfache Gesetze verabschiedet, wobei der jeweiligen (Notstands-)Behörde ein bestimmter Spielraum bezüglich dessen Konkretisierung überlassen wurde, dazu gehört z. B. die Festlegung einer Liste von „sicheren Herkunftsländern“ bei Einreise in das Staatsgebiet. Für eine abschließende Bewertung von technischen Anwendungen in Südosteuropa zur Nachverfolgung von Corona-Infektionen mittels Smartphones ist es noch zu früh. Viele Staaten der Region haben noch keine App im Einsatz. Datenschutzrechtliche Aspekte werden jedoch vorwiegend beachtet, weswegen in der Praxis Lösungen mit dezentraler Datenspeicherung überwiegen. Gerichtliche Untersuchungen dieser Apps sind noch nicht bekannt. Dass aber Grundrechtserwägungen durch die Gerichte selbst in Zeiten der Corona- Pandemie auch praktisch beachtet werden, haben die Prüfung und Verwerfung bspw. von 18 Ausgangssperren durch Verfassungsgerichte der Region gezeigt. II. Asien Gisela Elsner, Aishwarya Natarajan In Asien werden nach derzeitigem Stand in insgesamt 10 bis 15 Ländern unterschiedliche Technologien zur Kontaktnachverfolgung zwecks Eindämmung und Bekämpfung der Pandemie eingesetzt oder befinden sich in der Entwicklung, größtenteils in Form von Apps, die über Smartphones funktionieren. Dieser Beitrag greift mit Singapur, Südkorea und Indien drei asiatische Länder heraus, um die breiten regionalen Trends bei der Verwendung von Apps zur Ermittlung von Kontaktpersonen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie aufzuzeigen. Rechtliche Rahmenbedingungen Alle drei Länder sind ihren Verfassungstexten nach konstitutionelle Demokratien. Die Verfassungen enthalten jeweils Notstandsbestimmungen, die jedoch nicht zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie herangezogen wurden. Singapur verabschiedete im April 2020 ein spezielles Gesetz, den COVID-19 Temporary Measures Act 2020 (CTMA). Zu Beginn des Ausbruchs stützte sich Singapurs Regierung auf das Gesetz über Infektionskrankheiten (Infectious Diseases Act) und das Einwanderungsgesetz
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 8 (Immigration Act), um auf die Gesundheitskrise zu reagieren. Im Rahmen des CTMA wurde sie mit weitem Ermessensspielraum für die Erteilung von Untersuchungsverfügungen 19 ausgestattet. Die indische Regierung stützte sich auf den National Disaster Management Act (NDMA) als Rechtsgrundlage für die Unterstützung der Regierungsinitiativen zur Bekämpfung der Pandemie. Die Regierung nutzte ihre Befugnis, im Rahmen des NDMA Richtlinien und Anweisungen zu erlassen, um die Einrichtung der Aarogya-Setu-App zu legitimieren und 20 deren Einsatz zu fördern. Anfang Mai erklärte das Innenministerium die Nutzung der Aarogya-Setu-App für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im privaten und öffentlichen Sektor für verbindlich. Außerdem forderte es die lokalen Behörden auf, in den Gebieten mit Zugangs- und Ausgangsbeschränkungen eine hundertprozentige Abdeckung durch die App 21 sicherzustellen. Die Nationalversammlung Südkoreas verabschiedete im Februar 2020 Änderungs- vorschriften zum Gesetz zur Kontrolle und Verhütung von Infektionskrankheiten (Infectious Disease Control and Prevention Act, IDCP), dem Quarantäne-Gesetz (Quarantine Act) und dem Gesetz über den Medizinischen Dienst (Medical Service Act). Das IDCP bildet eine Legitimationsgrundlage für das Vorhalten und die Verarbeitung von persönlichen Daten infizierter Personen und ermöglicht den Behörden den Zugriff auf Aufnahmen von Sicherheitskameras, Kreditkartenaufzeichnungen sowie GPS-Daten von Fahrzeugen und 22 Mobiltelefonen, um die Bewegungspfade von COVID-19-Infizierten zurückzuverfolgen. Praktische Umsetzung Die Regierung Singapurs hat im Frühjahr die Bevölkerung aufgefordert, die TraceTogether- 23 App zu installieren. Diese wurde im März als eine der ersten ihrer Art in der Region eingeführt und funktioniert mittels gegenseitiger Smartphone-Erkennung über Bluetooth, wobei die Kontakte lokal auf dem jeweiligen Gerät gespeichert werden. Im Falle einer Erkrankung entscheidet der Smartphone-Nutzer selbst, ob die Gesundheitsbehörden Zugang zu den gespeicherten Begegnungsdaten erhalten. Die Nutzung dieser App ist derzeit 24 noch freiwillig. Zusätzlich wurde in Singapur auch die SafeEntry-App eingeführt, die als nationales digitales Check-in-System fungiert und an allen Arbeitsplätzen genutzt werden 25 muss. Seit Anfang Juli werden auch tragbare Ortungsgeräte an die Einwohner verteilt, zunächst vor allem an ältere Bürgerinnen und Bürger, die nicht über geeignete Smartphones 26 verfügen, die die Nutzung der TraceTogether-App erlauben würden. In Indien brachte die Regierung die Smartphone-App namens Aarogya Setu auf den Markt, um die Nachverfolgung von Kontakten zu ermöglichen. Die Speicherung der Daten erfolgt auf einem zentralen Server der Regierung nach Zuweisung einer Identifikationsnummer. Der Umfang der gespeicherten Daten, die der Identifizierung des Nutzers dienen sollen, ist weiter als in Singapur: Die App überträgt bei der Registrierung den aktuellen GPS-Standort, vollständigen Namen, Telefonnummer, Alter und Geschlecht, Beruf sowie Informationen über die in den letzten 30 Tagen bereisten Länder an den Server. Im Übrigen funktioniert die Interaktion der Smartphones über Bluetooth und die entsprechenden Daten werden lokal auf den Geräten gespeichert. Die Anwendung speichert fortlaufend (in Intervallen von 15 Minuten) die GPS-Ortungsdaten des Smartphones und sieht die Durchführung regel- mäßiger Selbstuntersuchungen auf Symptome durch die Nutzer vor, deren Ergebnisse einschließlich der Geolokationsdaten dann an den Server übertragen werden, wenn ein Infektionsverdacht besteht. Die entsprechende Nutzungsvereinbarung sichert im Übrigen 27 die Anonymisierung der Daten zu.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 9 Im Falle Südkoreas unterscheidet sich der Ansatz im Umgang mit der Pandemie von dem der beiden beschriebenen Länder. Es wurde bisher keine spezifische Anwendung zur Ermittlung von Kontaktpersonen eingeführt. Bereits nach dem Ausbruch des MERS im Jahr 2015 wurden in Südkorea jedoch die Rechtsgrundlagen im Gesundheitssektor angepasst, um effektiver mit öffentlichen Gesundheitskrisen umzugehen, die durch Infektions- 28 krankheiten verursacht werden. Das Land hat neue Gesetze geschaffen, um Ermittlern von Gesundheitsbehörden Zugang zu persönlichen Daten zu ermöglichen. Die entsprechen- den Regelungen lassen Ausnahmen im Rahmen des südkoreanischen Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten (Personal Information Protection Act) zu, wenn ein „öffentliches Interesse“ daran besteht, unter anderem zum Zwecke der Untersuchung der Verbreitung von Infektionskrankheiten. Durch diese Ausnahmen wurden die Behörden ermächtigt, auf detaillierte persönliche Daten zuzugreifen, darunter z. B. Kreditkarten-transaktionen bei den Banken oder Mobiltelefon-Standortdaten bei Telekommunikationsbetreibern. Die Auswertung der Kombination solcher Daten mit dem Videomaterial der Überwachungs- 29 kameras wurde zu einer frühzeitigen Identifizierung von Corona-Fällen genutzt. Während der legislative Ansatz zur Bekämpfung der Pandemie in den drei Ländern unter- schiedlich ist, gibt es tatsächliche Gemeinsamkeiten in der Herangehensweise an den Einsatz von Apps zur Ermittlung von Kontaktpersonen. Sowohl Singapur als auch Indien haben Wege gefunden, Arbeitgeber zum Einsatz von Apps zur Ermittlung von Kontakt- personen zu veranlassen. Die jüngste vom indischen Innenministerium herausgegebene Richtlinie enthält eine Bestimmung, die Arbeitgeber dazu verpflichtet, „sicherzustellen, dass Aarogya Setu von allen Arbeitnehmern mit kompatiblen Mobiltelefonen installiert wird“. Das 30 Mandat ist vom Arbeitgeber „nach besten Kräften“ zu erfüllen. Im Falle Singapurs muss die SafeEntry-App an allen Arbeitsplätzen verwendet werden. Branchenaufsichtsbehörden wie die Monetary Authority of Singapore haben betont, dass die Arbeitgeber in dieser Hinsicht für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich sind. Sowohl Aarogya Setu als auch SafeEntry erfassen sensible persönliche Daten wie Namen, persönliche 31 Identifikationsnummer und Mobiltelefonnummer. Diese Maßnahmen übertragen die Verantwortung für die Nutzung der App auf den Arbeitgeber und machen sie für die meisten Beschäftigten im formellen Sektor zu einer Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Tätigkeit am Arbeitsplatz. Im Falle Südkoreas bietet der invasive Charakter des Verfahrens zur Ermittlung von Kontaktpersonen der Regierung theoretisch reichlich Gelegenheit, auf persönliche Daten von Bürgern zuzugreifen, die nicht im Zusammenhang mit Corona stehen. Rechtliche Probleme Einige Experten in Singapur haben den Ruf nach einer obligatorischen Nutzung der App 32 laut werden lassen - dies zu einer Zeit, in der die Regierung weiterhin versichert, dass die 33 Nutzung der TraceTogether-App nicht obligatorisch gemacht werden soll. Oppositions- parteien haben die Regierung zur Vorsicht in Bezug auf die Privatsphäre der Singapurer 34 aufgerufen. In Indien hat die obligatorische Verwendung der Aarogya-Setu-App scharfe Kritik von Experten wie dem ehemaligen Richter am Obersten Gerichtshof BN Srikrishna hervorgerufen, der festgestellt hat, dass ein solcher Schritt illegal wäre, da es dafür keine 35 gesetzliche Grundlage gebe. Unterdessen hat die indische Justiz prima facie die Ansicht vertreten, dass es in diesen beispiellosen Zeiten möglicherweise nicht angebracht sei, in die 36 Anordnungen der Regierung einzugreifen. Auch im Falle Südkoreas hat die Regierung scharfe Kritik für die Weitergabe von Informationen über infizierte Personen auf sich gezogen, insbesondere bei einem COVID-19-Ausbruch in einem von der LGBTQ-Szene 37 frequentierten Stadtteil.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 10 Schlussfolgerung und Perspektiven Die Entwicklungen in den drei hier beschriebenen Ländern spiegeln den größeren Kontext und auch den Wettlauf um den Einsatz von Apps zur Ermittlung von Kontaktpersonen in der Region und darüber hinaus wider. Dieser Trend wirft natürlich eine Vielzahl von Fragen mit Blick auf den Schutz der Privatsphäre und den Datenschutz auf. Er bietet Regierungen zugleich die Möglichkeit, ihre Legitimität zu erhöhen, wenn sie auch in Zeiten einer Pande- mie Erfordernisse der materiellen Rechtsstaatlichkeit beim Einsatz digitaler Kontaktver- folgungstechnologien berücksichtigen. Jenseits der weltweit bestehenden kulturellen Unter- schiede in Bezug auf den Begriff des Datenschutzes sind im Zuge der Debatte auch die genannten Staaten hinsichtlich ihres Umgangs mit dem Recht ihrer Bürger auf Privatsphäre ins Rampenlicht gerückt. Es ist klargeworden, dass ihr Schutz für die Bürger von zentraler Bedeutung ist, damit sie diesen Apps, modernen Technologien insgesamt und auch ihrer eigenen Staatsführung vertrauen können. III. Lateinamerika Marie-Christine Fuchs, Magdalena Schaffler Lateinamerika befindet sich derzeit auf dem Höhepunkt der ersten Pandemiewelle und stellt das neue weltweite Epizentrum des Coronavirus dar. Es wird erwartet, dass die Fallzahlen bis in den September hinein stetig ansteigen. Da das Virus bisher selbst durch extreme, Frei- heitsrechte einschränkende Maßnahmen nicht aufgehalten werden konnte, begann etwas später als in Asien und Europa auch in Lateinamerika die Diskussion um die Nutzung von Corona-Tracing- und Tracking-Apps. Auch wenn es zahlreiche Anbieter verschiedener Software gibt, hat bisher noch kein einziger Staat in der Region ein obligatorisches Über- wachungssystem für Mobiltelefone eingeführt. Datenschutzrechtliche Erwägungen kamen bisher ebenfalls zu kurz. Rechtliche Rahmenbedingungen Ein mit der DSGVO vergleichbares, vereinheitlichtes Datenschutzrecht gibt es in Latein- amerika nicht. Bereits in den 90er Jahren fanden vereinzelt datenschutzrechtliche 38 Regelungen Einzug in die Verfassungen und nationale Rechtsordnungen, so etwa in Peru. 39 In Chile ist der Schutz personenbezogener Daten seit 1999 geregelt. Die spärliche Recht- 40 sprechung dazu ist jedoch höchst kontrovers. Auch in Kolumbien sehen die geltenden Gesetze zum Schutz personenbezogener Daten bisher kein generelles „Recht auf Vergessen“ 41 (Recht auf Löschung von Daten) oder zur Etablierung von Datenschutzgremien vor. Mexiko hingegen hat mit dem 2010 in Kraft getretenen Bundesgesetz zum Schutz 42 personenbezogener Daten eine der umfassendsten Datenschutzgesetzgebungen in der Region. Neben detaillierten Regelungen zur Erhebung, Nutzung, Übertragung und Speicherung von Daten werden auch Rechte auf Zugang, Berichtigung, Widerspruch und Löschung geregelt. Die mexikanische Datenschutzbehörde, Instituto Nacional de Transparencia, Acceso a la Información y Protección de Datos Personales, genießt den Ruf einer 43 der aktivsten Datenschutzinstitutionen in Lateinamerika. Jedoch auch in den Ländern mit Datenschutzbestimmungen scheiterte ein effektiver Schutz bisher weitgehend an der 44 administrativen Umsetzung. Der Erlass der DSGVO in der EU 2018 hat aber immerhin dazu geführt, dass auch in Latein- amerika eine Reformwelle im Datenschutzrecht stattfand, und viele gesetzlich etablierte Regelungen für den Schutz personenbezogener Daten wurden an die in der EU-Verordnung
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 11 festgelegten Standards angepasst. Auch einige Länder, die bis dahin keine eigenen 45 Datenschutzgesetze hatten, so etwa Brasilien, zogen nach. Von einem gleich hohen Schutzniveau wie in der EU kann aber weiterhin nicht gesprochen werden. Praktische Umsetzung Aufgrund eines eher laxen Umgangs mit personenbezogenen Daten und einer in der Bevölkerung weit verbreiteten Akzeptanz bzw. Hinnahme privater wie auch staatlicher Mobil-telefonüberwachung ist es nicht überraschend, dass die Empfehlung der Nutzung von Corona-Tracking-Apps als Hilfsmittel zur Eindämmung der Pandemie in der lateinameri- kanischen Bevölkerung weder Aufsehen noch allzu große Besorgnis erregt. Nur vereinzelt wird die Verwendung solcher Apps von Vertretern der Zivilgesellschaft, NGO und Wissenschaftlern in Frage gestellt und werden rechtliche Grauzonen diskutiert. Kritiker solcher Apps befürchten insbesondere, dass die durch die Installation der Software gesammelten Daten, insbesondere Gesundheitsdaten, von den Regierungen nicht datenschutzkonform verwaltet oder sogar zweckentfremdet verwendet werden könnten, um sie im schlimmsten Fall beispielsweise zu Wahlkampfzwecken oder zur anderweitigen 46 Manipulation der eigenen Bevölkerung zu verwenden. Davon unbeeindruckt priesen die lateinamerikanischen Regierungen besonders im Zeitraum zwischen Mai und Juni 2020 großflächig die Corona-Tracking-Apps als aussichtsreiches digitales Medium gegen die Verbreitung des Coronavirus‘ an. Dies geschah nicht nur im Radio und Fernsehen, sondern in Kolumbien z. B. auch automatisiert durch eine Ansage 47 vor jedem Telefonanruf. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Nutzung von Tracking-Apps in Lateinamerika gibt es nach wie vor nicht, es wird weiterhin auf Freiwilligkeit gesetzt. Neben einigen die ganze Region abdeckenden Apps, wie etwa die von der Interameri- 48 kanischen Entwicklungsbank angebotenen „David19“-App, findet man in den einzelnen Ländern sowohl nationale als auch lokal vergleichbare und oft konkurrierende Applikationen 49 besserer und schlechterer Qualität. Als Anbieter und Betreiber dieser Corona-Tracking- Apps treten dabei durchgehend staatliche Institutionen auf, meist die Gesundheits- ministerien. Inzwischen sind es auch die Arbeitgeber, ob staatlich oder privat, die die Nutzung von diversen Corona-Tracking-Apps oder damit vergleichbare digitale Fragebögen in der lateinamerikanischen Bevölkerung bewerben. Rechtliche Probleme Die Freiwilligkeit der Nutzung von Corona-Tracking-Apps erweckt nach außen hin den Anschein, dass die staatlichen Organe ihre Pflicht, Rechte wie den Schutz personenbezo- gener Daten zu respektieren, ernst nehmen. Wirft man jedoch einen genaueren Blick auf die Datenschutzerklärungen und Nutzungsbestimmungen der einzelnen Software in der Region, so wird schnell klar, dass dies nicht immer der Fall ist. So nimmt sich etwa das Gesundheits- 50 ministerium Mexikos als offizieller Anbieter der mexikanischen COVID-19MX-APP das Recht heraus, jegliche Aktualisierungen von Datenschutzbestimmungen ohne vorherige Ankündigung vorzunehmen und die mit der App gesammelten Daten ohne spezifische Gründe an Dritte weiterzugeben. Sich selbst nimmt sie explizit von der zivil- und straf- 51 rechtlichen Haftung für etwaigen Datenmissbrauch aus. Fragwürdig ist auch Kolumbiens Informationspolitik zum Schutz personenbezogener Daten 52 bei der „CoronApp“. Nach dem kolumbianischen Datenschutzgesetz ist die uneinge- schränkte Weitergabe von personenbezogenen Daten in medizinischen Notfällen auch ohne Genehmigung der betroffenen Person erlaubt. Hierunter fallen nach Ansicht der kolumbia- 53 nischen Regierung auch „sanitäre Notstände“. Zwar wird in den Nutzungsbestimmungen der Corona-App auf die Löschung der Daten nach Abklingen der Pandemie hingewiesen, dies allerdings nur, sofern die gesammelten Daten nicht für historische, wissenschaftliche
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 12 54 oder statistische Zwecke aufbewahrt werden müssen. Diese Öffnungsklausel könnte als Vorwand für eine uneingeschränkte Vorratsdatenspeicherung genutzt werden. Auch die Datenschutzkonformität der chilenischen „CoronApp“ wirft aufgrund unpräziser Ausdrücke bei den Datenschutzbestimmungen zumindest Zweifel hinsichtlich der Recht- mäßigkeit der Verarbeitung und Weiterreichung von gesammelten Daten an Dritte auf. Unklar ist bis jetzt, ob es dazu einer ausdrücklichen Zustimmung der Nutzer bedarf, oder 55 ob dem chilenischen Gesundheitsministerium dabei freie Hand gewährt wird. Es wird versucht, die unbegrenzte Datensammlungsabsicht mittels der App mit den Hinweisen zu legitimieren, dass die Daten für historische, statistische, wissenschaftliche sowie Studien- oder Forschungszwecke verwendet werden können oder die Daten auf unbestimmte Zeit, 56 jedoch mindestens bis zu 15 Jahre gespeichert werden können. Schlussfolgerungen und Perspektiven Trotz eines in der Bevölkerung weit verbreiteten Misstrauens gegenüber staatlichen Institu- tionen werden die angebotenen Apps größtenteils ohne kritisches Hinterfragen installiert und insbesondere in Lateinamerikas Mega-Metropolen auch aktiv verwendet. Ungeachtet kritischer Stimmen hinsichtlich der Gefahr für den Datenschutz sind sich die Latein- amerikaner ihrer Grundrechte auf Schutz personenbezogener Daten dennoch weiterhin nicht allumfassend bewusst. Vielerorts herrscht die Haltung, dass die Freiwilligkeit der Verwendung der Apps die Effektivität dieser digitalen Hilfsmittel zur Eindämmung der 57 Pandemie vermindere. Viele Bürger auf diesem von sozialer Ungleichheit und prekären Lebensverhältnissen besonders geprägten Kontinent wissen zudem aufgrund der durch die Pandemie ausgelösten bzw. verstärkten Wirtschaftskrise nicht einmal, wie sie morgen noch ihre Familien ernähren sollen. Sorgen um den Datenschutz treten zurück. Bisher sind so in lateinamerikanischen Ländern, wo ein großer Teil der Bevölkerung nicht einmal Zugang zu 58 Trinkwasser, geschweige denn zu Smartphones hat, flächendeckende Erfolge bei der Eindämmung der Pandemie durch den Einsatz von Corona-Apps fraglich. Die strukturellen Grundbedingungen für eine flächendeckende Datenüberwachung und einen damit einhergehenden positiven Effekt zur Eindämmung der Infektionszahlen sind, anders als in hoch entwickelten Ländern in Asien und Europa, nicht flächendeckend gegeben. IV. Nahost und Nordafrika Dr. Malte Gaier, Anja Finke Vergleichsweise früh wurden in den Maghreb- und Golfstaaten erste Corona-Warn-Apps entwickelt. Gerade in diesen Ländern, oftmals geprägt von einer übermächtigen Exekutive und meist unzureichenden Datenschutzbestimmungen, ist die Gefahr jedoch groß, dass ohne eine klare Rechtslage und effektive Kontrollinstanzen Corona-Warn-Apps auch zur staatlichen Überwachung und der Einschränkung individueller Freiheiten eingesetzt werden könnten. Rechtliche Rahmenbedingungen In Saudi-Arabien gibt es derzeit keine spezifischen nationalen Datenschutzgesetze, allerdings sollen Scharia-Prinzipien und andere sektorale Gesetze im Bereich der elektronischen Kommunikation die Privatsphäre und die persönlichen Daten von 59 Einzelpersonen schützen.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 13 In den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt es ebenfalls weder ein nationales Daten- schutzgesetz noch eine nationale Datenschutzbehörde. Allerdings regelt Bundesgesetz Nr. 2 (bekannt als das „Gesundheitsdatengesetz“) den Einsatz von Informationstechnologien im Gesundheitswesen. Dies ist das erste Bundesgesetz, das sich direkt mit den Grundsätzen des Datenschutzes befasst. Zudem verbietet das Bundesgesetz Nr. 5 über die Bekämpfung der Cyberkriminalität die Weitergabe von Informationen, die illegal auf elektronischem Wege erlangt wurden. Es ist jedoch zweifelhaft, inwieweit diese Gesetze in der Praxis auch staatliche Eingriffe regulieren. Das Königreich Bahrain führte 2019 mit dem Gesetz Nr. 30 zum Schutz personenbezogener Daten ein weitreichendes Datenschutzgesetz ein. In Marokko existieren ebenfalls Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten. Zu erwähnen wären unter anderem das Gesetz 69-99 über Archive, das Gesetz 31-13 über das Recht auf Zugang zu Informationen und das Gesetz 09-08 über den Schutz personenbezogener Daten. Tunesien nimmt aus datenschutzrechtlicher Sicht eine Sonderstellung ein: Das Daten- schutzrecht fand dort bereits im Jahr 2014 eine Verankerung in der Verfassung, der Schutz der Privatsphäre wurde an die Spitze der zu garantierenden Rechte und Freiheiten gesetzt. Im März 2018 wurde dem Parlament zudem ein neuer Entwurf des Gesetzes über den Schutz personenbezogener Daten im Einklang mit der neuen EU-Datenschutz-Grund- verordnung vorgelegt, bisher wurde das Gesetz aber nicht verabschiedet. Derweil regelt das Gesetz Nr. 2004-63 vom 27. Juli 2004 den Schutz personenbezogener Daten, welches aber hinsichtlich neuer Technologien als veraltet gilt. In Jordanien ist das Recht auf Schutz der Privatsphäre zwar in der Verfassung verankert, derzeit gibt es aber weder ein spezifisches Datenschutzgesetz noch eine Datenschutz- behörde, welche die Datenverarbeitung durch eine Corona-App regulieren könnte. Im Libanon wurde 2018 ein neues Datenschutzgesetz eingeführt, das aber weit hinter seinen Pendants in der Region und erst Recht den durch die DSGVO gesetzten Standards 60 zurück bleibt und den Schutz personenbezogener Daten nur unzureichend gewährleistet. Praktische Umsetzung In den Golfstaaten wurden in den letzten zehn Jahren enorme Ressourcen für die Digitali- sierung der Infrastruktur bereitgestellt: Neue Partnerschaften mit Big-Tech-Konzernen wurden geschlossen, die Gesetzgebung angepasst und Fachkräfte ausgebildet. Während die historisch niedrigen Ölpreise und die COVID-19-Pandemie die Wirtschaft im Golf erschüt- tern, ist letztere zweifellos auch der bisher größte Härtetest für die langjährigen Digitalisie- rungsmaßnahmen im Gesundheitssektor. Anfang Juni wurde in Saudi-Arabien die App „Tabaud“ („Distanzierung“) veröffentlicht. Die Smartphone-Anwendung wurde vom National Information Center der saudischen Behörde für Daten und künstliche Intelligenz in enger Zusammenarbeit mit dem Gesund- heitsministerium als Warnsystem und zur Ermittlung von Infektionsketten entwickelt. Sie informiert die Anwender der App, wenn sie in den letzten 14 Tagen mit einer nachweislich positiv auf COVID-19 getesteten Person Kontakt hatten. Hierfür erfasst Tabaud, welche Smartphones einander nahegekommen sind, und tauscht via Bluetooth zufällig erzeugte Krypto-Schlüssel aus. Dies hat den Vorteil, dass weder Geo-Daten ausgewertet noch Ortsinformationen übermittelt werden. Die Installation und Nutzung der Anwendung sind kostenlos und freiwillig.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 14 Auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) profitierten beim Ausbruch der Pandemie erheblich von ihrer systematischen Digitalisierungsförderung der letzten Jahre, so dass vor dem Hintergrund der Nationalen Innovationsstrategie, der Strategie für künstliche Intelli- genz und der „Blockchain-Strategie 2021“ der Übergang zur Fernarbeit und zum Fern- unterricht reibungslos und schnell erfolgte. Bereits im April 2020 initiierte das Gesund- heitsministerium der VAE die TraceCovid-App mit dem Ziel, Infektionsketten frühzeitig aufzuspüren und den Benachrichtigungsprozess zu automatisieren und zu beschleunigen. Die mobile Anwendung tauscht mit anderen Geräten, auf denen die App installiert ist, einen verschlüsselten Secure Tracing Identifier (STI) aus. Dieser besteht aus einem anonymisierten Datums- und Zeitstempel, der lokal für drei Wochen auf den Geräten gespeichert wird. Wird ein Nutzer positiv auf das Virus getestet, wird der STI auf einen zentralen Server hochgeladen. Zum selben Zeitpunkt führte das Gesundheitsministerium die Smartphone-Anwendung „Stay-Home“ ein. Die App ermöglicht es dem Ministerium, über den Aufenthaltsort von Personen, die sich in einer obligatorischen häuslichen Quarantäne befinden, informiert zu bleiben. Der Nutzer muss hierfür den Zugriff der App auf Kamera, Standort, Audio und Anfrufe ermöglichen. Ende April wurden diese Funktionen schließlich in der App „Alhosn“ kombiniert, welche es den Nutzern zusätzlich erlaubt, die Testergebnisse auf dem Smartphone zu erhalten. Die Nutzung der App erfolgt in den meisten Fällen weiterhin auf freiwilliger Basis. Menschen, die in den VAE positiv auf das Corona-Virus getestet wurden, und diejenigen, die mit infizierten Personen in engen Kontakt gekommen sind, müssen jedoch ein elektronisches Armband tragen, das mit der Alhosn-App verbunden ist. Wer das elektronische Armband nicht trägt, riskiert bei wiederholtem Verstoß eine Haftstrafe von sechs Monaten und/oder eine Geldstrafe von bis zu 100.000 Dirham (24.260 Euro). Das Königreich Bahrain wiederum machte kürzlich mit seiner „BeAware Bahrain“ Warn-App Negativschlagzeilen. Laut einem von Amnesty International veröffentlichten Bericht ist die App eine der invasivsten Anwendungen zur Ermittlung von Infektionsketten. Für die Regis- trierung und Nutzung der Anwendung wird eine bahrainische Ausweisnummer benötigt. Die App führt eine Beinahe-Live-Ortung der Standorte der Nutzer durch und lädt die GPS- Koordinaten auf einen zentralen Server hoch. Hierdurch sollen Risikokontakte der letzten 14 Tage identifiziert werden. Zudem war BeAware Bahrain mit einer landesweiten Live- Fernseh-sendung namens „Are You at Home?“ verknüpft, in der Preise an Personen verge- ben wurden, die während des Ramadans zu Hause blieben. Die Teilnahme an der Verlosung war zunächst verpflichtend, wurde dann aber als zusätzliche freiwillige Funktion angeboten. Die bahrainische Warn-App lässt sich ferner mit einem Bluetooth Armband koppeln, um sicher zu gehen, dass Nutzer die Quarantänebestimmungen achten. Hierfür werden alle zehn Minuten die Standortdaten auf einen zentralen Server geladen. Das Tragen des Armbands ist für alle Personen, die für häusliche Quarantäne registriert sind, verpflichtend. Bei Verstoß droht eine Haftstrafe von mindestens drei Monaten und/oder eine Geldstrafe zwischen 1.000 und 10.000 BD (ca. 2.345 EUR – 23.500 EUR). Eine ähnlich frühzeitige Reaktion lässt sich auch in Nordafrika beobachten. Trotz der vergleichsweise geringen Fallzahlen reagierten die Regierungen der Maghreb-Staaten angesichts einer oft unzureichenden Gesundheitsversorgung schon früh und umfassend, um das neuartige Corona-Virus einzudämmen. Neben Reise- und Kontaktverboten sowie strikten Ausgangssperren setzte man auch hier früh auf Warn-Apps.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Mit dem Smartphone gegen Viren 23. September 2020 15 Im Rahmen der nationalen Strategie zur Bekämpfung der Corona-Pandemie entwickelte in Marokko ein multidisziplinäres Team des Gesundheitsministeriums, des Innenministeriums, der Nationalen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und der Agentur für digitale Entwicklung in Zusammenarbeit mit marokkanischen Unternehmen und Start-ups die Smartphone-Anwendung „Wiqaytna“ („Schutz“). Seit dem 1. Juni hat die marokkanische Bevölkerung die Möglichkeit, die App kostenlos herunterzuladen und somit benachrichtigt zu werden, wenn es in den letzten 21 Tagen zu einem Risikokontakt mit anderen Nutzern gekommen ist. Bei jeder Begegnung mit einem anderen Anwender der App wird via Bluetooth ein zufälliger, anonymer und verschlüsselter Code aufgezeichnet und lokal auf den Geräten gespeichert. Nach Ablauf der 21 Tage werden die Informationen automatisch gelöscht. Wird ein Nutzer positiv auf das Virus getestet, wird er aufgefordert, die Begegnungsdaten in eine zentrale Datenbank hochzuladen. Hierbei sollen unter keinen Umständen die Identität der infizierten Person, der Ort der Begegnung oder der Zeitpunkt der Begegnung preisgegeben werden. In Tunesien kann seit dem 19. Mai die Smartphone-Anwendung „E7mi“ („Schützen“) heruntergeladen werden. Die Anwendung wurde vom tunesischen Start-Up Wizzlabs entwickelt. Sobald ein Nutzer der App positiv getestet wurde, benachrichtigt das Emerging Diseases Observatory andere Anwender, die mit dieser Person in den letzten 14 Tagen in Kontakt gekommen sind, und leitet daraufhin die notwendigen Folgemaßnahmen ein. Die App verwendet ebenfalls Bluetooth, um den Kontakt zwischen Nutzern aufzuzeichnen, aber speichert und verarbeitet die verschlüsselten Daten nicht auf dem Gerät, sondern auf einem zentralen Server in Tunesien. Für die Registrierung verlangt die App ausschließlich die Telefonnummer des Nutzers, so dass bei einer nachgewiesenen Infektion weder die Identität der infizierten Person noch der Ort und Zeitpunkt der Begegnung preisgegeben werden. Die Nutzung von E7mi ist zum aktuellen Zeitpunkt freiwillig. Allerdings kündigte das tunesische Gesundheitsministerium an, dass die App in öffentlichen Räumen zur Pflicht werden könnte, falls die Installationsrate zu niedrig bleibe. Die Corona-Warn-App unterliegt der Kontrolle der Nationalen Behörde für den Schutz personenbezogener Daten. In den Ländern Rund um die Ostküste des Mittelmeers scheint sich nach einer ersten langsamen Rückkehr zur Normalität im Laufe des Monats Juli eine zweite Welle des Corona- Virus anzubahnen. Anders als in den Golf- und Maghreb-Staaten ist in der Levante derzeit noch keine eindeutige Tendenz zur Digitalisierung bei der Nachverfolgung von Infektions- ketten zu erkennen. Doch gerade in der von Konflikten und politischer und sozioöko- nomischer Instabilität geprägten Region ist es wichtig, die Pandemie in Schach zu halten, um einer weiteren Destabilisierung vorzubeugen. Bisher hat nur Jordanien am 21. Mai eine freiwillig nutzbare Corona-Warn-App zur Kontakt- verfolgung auf den Weg gebracht. Die Anwendung „Aman“ („Sicherheit“) wurde im Auftrag des jordanischen Gesundheitsministeriums von der „COVID-19 Jotech Community“, einer Gruppe technisch versierter Freiwilliger, entwickelt. Nach Angaben seiner Entwickler wird die Anwendung als „datenschutzbewusste App zur Erkennung der Exposition mit dem Corona- Virus“ beschrieben, die bei einem Risikokontakt automatische Warnmeldungen an Benutzer sendet. In diesem Fall erhalten die Nutzer über die App Anleitungen bezüglich häuslicher Quarantäne und der Kontaktaufnahme mit den zuständigen Behörden. Aman verfolgt einen dezentralen Ansatz der Datenspeicherung, wonach die Daten 14 Tage auf den Geräten der Nutzer gespeichert werden. Im Libanon erfolgt die Erfassung der COVID-19-Fälle bisher analog. Es wurde bereits früh auf weitreichende Kontaktverbote, Ausgangssperren, Grenzschließungen und Maskenpflicht gesetzt. Ein Callcenter der Epidemiologischen Überwachungseinheit des Gesundheitsminis- teriums und des Rafik-Hariri-Universitätskrankenhauses in Beirut setzt sich mit Personen,
Sie können auch lesen