BERUFSBILDUNGSMAGAZIN - OBWALDNER - Gewerbeverband Obwalden
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OBWALDNER BERUFSBILDUNGSMAGAZIN FLEXIBILITÄT Buchhandlung: Von der persönlichen Betreuung zur kontaktlosen Abholung und Lieferung. SEITE 24 MEDIZIN UND TECHNIK AUSWANDERUNG Die Gesundheitsbranche ist Neues Land, neues Leben. wichtiger denn je. Ingrid Ledezma erzählt. SEITE 38 SEITE 33 Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021 1
Liebe Leser*innen In herausfordernden Zeiten, wie wir diese gegenwärtig erleben, sind An- passungsfähigkeit, Beweglichkeit, Innovation und der Glaube an die Zu- kunft gefragte und wichtige Eigenschaften. Genau diesen Themen wid- met sich die diesjährige Ausgabe des Berufsbildungsmagazins. Die Covid-Pandemie beschäftigt uns nun seit mehr als einem Jahr. Gera- de im Bildungswesen sind wir stark mit der Thematik tangiert. Die Schu- len sind immer wieder mit Fragen beschäftigt wie Fernunterricht oder Präsenzunterricht, Maskenpflicht ja oder nein usw. Dabei entscheiden die Verantwortlichen stets nach bestem Wissen und Gewissen und schluss endlich zum Wohle aller Lernenden und Lehrpersonen. Aber nicht nur die Schulleitungen und die Bildungsfachleute sind gefordert. Nicht we- niger herausfordernd ist die Situation für die Lernenden. Viele von ih- nen mussten im letzten Jahr zu einem grossen Teil den Unterricht von zu Hause aus wahrnehmen, und der für das Lernen so wichtige Austausch Impressum mit den Kolleg*innen war zusätzlich erschwert. Hinzu kam, dass auch im Agentur Nunyola GmbH privaten Leben die Möglichkeiten, sich zu treffen, teilweise stark einge- Bahnhofstrasse 14 schränkt waren. Alles in allem eine nicht einfache Situation für alle Be- 6130 Willisau troffenen. Meinerseits habe ich vor den Leistungen der Lernenden sowie der Lehrpersonen und Bildungsverantwortlichen grossen Respekt und Herausgeber Hochachtung. Gewerbeverband Obwalden Sarnen Die diesjährige elfte Ausgabe des Berufsbildungsmagazins zeigt auf, wie gewerbeverband-ow.ch Lernende, Lehrpersonen und Berufsbildner*innen das vergangene Jahr mit positivem Geist, viel Anpassungsfähigkeit und Flexibilität gemeistert Amt für Berufsbildung haben. So zeigt uns eine Gastronomin aus Engelberg, wie sie mit neu- des Kantons Obwalden en Ideen neue Geschäftsfelder erschlossen hat. Eindrücklich lesen wir Sarnen in einem Interview mit den Verantwortlichen der Sportmittelschule En- beruf.ow.ch gelberg, was Covid für Spitzensportler*innen bedeutet. Der frisch diplo- mierte Maschinenbauingenieur Manuel Omlin aus Sarnen schildert uns Redaktionsleiterin eindrücklich, wie er sein letztes Studienjahr als Maschinenbau-Student Anja Glover an der Fachhochschule Zentralschweiz in Horw erlebt hat, und Eva Maria Amstutz von der Höheren Fachschule Medizintechnik in Sarnen spricht Gestalterin über die Herausforderungen als Verantwortliche und als Lehrperson einer Rosa Künzler Höheren Fachschule. Alles beeindruckende Geschichten und Porträts, die aufzeigen, wie He- Korrektorin rausforderungen in nicht immer einfachen Zeiten angepackt werden Julia Schwegler-Wieland können. Ich bin überzeugt, dass es noch viel mehr solche positiven Ge- korrigiert.ch schichten bei uns in Obwalden gibt. Sie alle sind Zeichen des Glaubens an die Zukunft und an die eigene Kraft, das Leben zu meistern – alles positi- Druck ve Beispiele für die Bewältigung von herausfordernden Zeiten! Abächerli Media AG, Sarnen Ich danke dem Gewerbeverband Obwalden und dem Amt für Berufsbil- Auflage dung für die Veröffentlichung dieses wiederum spannenden Magazins. 19 000 Exemplare Ich wünsche Ihnen, liebe Leser*innen, eine anregende Lektüre. Titelbild Christian Schäli Janmaat Fotografie Bildungs- und Kulturdirektor 2
INHALTSVERZEICHNIS SEITE 14 SEITE 33 SEITE 48 FLEXIBILITÄT IN SCHWIERIGEN SITUATIONEN 4 Verantwortung übernehmen 7 Beraten für die Zukunft 12 Flexibilität in der Gastrobranche 14 UMSTELLUNG 19 Kommunikation als Schlüsselelement 19 Flexibilität bedeutet, mit der Zeit zu gehen 24 Der Online-Student 28 Auswandern als Lebensentscheidung 33 Mit viel Geduld und digitalem Wissen 38 Holz ist der Bau- und Werkstoff der Zukunft 42 ANLÄSSE 46 Erster Online-Berufsinfo-Anlass bei Leister 46 Bildungsangebote digital kennenlernen 48 Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021 3
F LEXI B I LITÄT I N SCHWI E R IGE N SITUATION E N Im vergangenen Jahr verlangte die Berufswelt inzwischen kaum mehr aus der Arbeitswelt weg- vor allem nach einem: der Fähigkeit, in speziel- zudenken: flexible Arbeitszeiten und Homeoffice. len Situationen flexibel und anpassungsfähig zu Natürlich sind das zwei Aspekte, die nicht für sein. Die Krise brachte viele Arbeitgeber*innen ganz alle Branchen gleich umsetzbar sind, aber und Arbeitnehmer*innen in eine Situation, die in der Covid-19-Krise waren alle dazu gezwun- nicht immer ganz einfach war und die unter an- gen, Alternativen zu finden. Spätestens seit 2020 derem auch viel Kreativität forderte. Für das dies- hat sich auch die Digitalisierung am Arbeitsplatz jährige Magazin haben wir mit Menschen aus weitgehend durchgesetzt. Sie trägt dazu bei, dass der Berufswelt gesprochen, die vor speziell gros- berufliche Tätigkeit immer flexibler wird und auf sen Herausforderungen standen und sie mithilfe das Individuum und die Bedürfnisse der Arbeit- guter Kommunikation, mit viel Einsatz und vor gebenden zugeschnitten werden kann. allem einer grossen Flexibilität gemeistert haben. Die Welt ist im ständigen Wandel, niemand weiss Für den Einstieg in die zweite Hälfte des Jahres genau, was auf die Arbeitswelt zukommt, aber ei- wünschen wir Ihnen nicht nur viel Flexibilität nes scheint sehr gewiss: Wer flexibel bleibt, kann fürs Berufsleben, sondern auch für Ihren Körper. besser mit Veränderungen umgehen. Ob Homeoffice oder nicht, wir haben vier Tipps zusammengestellt, mit deren Hilfe Sie erfolg- Flexibles Arbeiten reich durch die Arbeitswoche kommen. Bevor Ein Aspekt der Umstellung war das flexible Ar- wir zu den Tipps kommen, haben wir aber noch beiten. Was vor ein paar Jahren für viele Un- ein Quiz für Sie: ternehmen noch ein absolutes No-Go war, ist Q U I Z: WA S I ST H I E R PA S S I E RT? Vater und Sohn fahren im Auto. Sie haben einen Unfall, bei dem beide verletzt werden. Sie wer- den in ein Krankenhaus gebracht, in dem ein bekannter Chirurg arbeitet. Die Operation des Jungen wird vorbereitet, alles ist fertig. Als der Chirurg erscheint, wird er blass und sagt: «Ich kann nicht operieren, das ist mein Sohn!» Was ist hier passiert? Die Auflösung finden Sie auf der nächsten Seite. 4
Für mehr (körperliche) Flexibilität im Alltag. TI PPS Tipp 1: Nicht nur sitzen – stehen oder gehen Tipp 3: Regelmässig lüften Sie und ändern Sie die Sitzposition Lüften Sie regelmässig. Die frische Luft wird Versuchen Sie Aufgaben, die Sie nicht unbedingt möglicherweise auftretende Müdigkeit bekämp- im Sitzen erledigen müssen, im Stehen oder im fen und zu einer Steigerung Ihrer Konzentration Gehen auszuführen. Achten Sie darauf, Ihre Sitz- beitragen. position häufig zu wechseln. Dies entlastet ange- spannte Körperpartien und beugt Verspannun- Tipp 4: Feste Zeiten einplanen gen im Rücken vor. Gerade im Homeoffice: Planen Sie sich Ihre Ar- beitszeit und Ihre Pausen fest ein, damit Sie sich Tipp 2: Übungen einbauen wirklich auch daran halten. Hier ist es wichtig, Bauen Sie kleine Übungen zur Dehnung und dass Sie unbedingt auch Pausen (fern vom Com- Mobilisation in Ihren Arbeitsalltag ein. puter) machen und beispielsweise die Mittags- pause etwa für einen Spaziergang nutzen. AU F LÖSU N G Q U I Z Verwirrt? Der Chirurg in der Geschichte ist eine deshalb für eine inklusive Sprache entschieden. Chirurgin. Wenn zum ersten Mal das Wort «Chi Wir verwenden das Gendersternchen. Das Gen- rurg» fällt, denken die meisten aber erst einmal dersternchen (*) hinter einem Wort dient als Ver- an einen Mann im weissen Kittel. (Natürlich weis auf den Konstruktionscharakter von «Ge- könnte der Junge in der Geschichte auch zwei schlecht». «Frauen*» beispielsweise bezieht sich Väter haben.) Dieses und andere Beispiele zei- auf alle Personen, die sich unter der Bezeichnung gen: Sprache hat einen Einfluss darauf, was «Frau» definieren, definiert werden und/oder sich wir uns vorstellen, und damit auch darauf, sichtbar gemacht sehen. Vielleicht verlangen wir was wir uns vorstellen können und was wir damit von einigen Lesenden etwas Flexibilität, für normal halten. Ursprünglich waren Frauen aber darum geht es ja bei dieser Ausgabe. in der männlichen Form auch gar nicht mitge- meint. Die kommt nämlich aus einer Zeit, in der Berufsbezeichnungen sind aktuell noch klar Frauen viele Berufe nicht ergreifen durften, in der binär definiert und unterliegen dem Bundes- es also tatsächlich keine Chirurginnen gab. Das recht, weshalb wir die Schrägstrich-Variante im hat sich geändert – nur unsere Sprache sendet Magazin bei Berufsbezeichnungen beibehalten. noch immer die alten Signale. In diesem Magazin möchten wir ein Zeichen setzen und haben uns Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021 5
GESUNDHEITSBRANCHE VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN Gesundheitsberufe standen während der Co- ist das die Bestätigung, auf dem richtigen Weg ronakrise besonders unter Druck. Rebecca zu sein. Nufer aus Sarnen erzählt im Interview, wie sie in einer Langzeitinstitution mit den Herausfor- Trotz – oder vielleicht auch wegen – der beson- derungen der Coronapandemie umgegangen deren Umstände wuchs der Zusammenhalt in ist und wie ihre Ausbildung ihren Blick aufs Rebeccas Team. «Wir als Team waren gezwun- Leben verändert hat. gen, noch besser als sonst zu kommunizieren, damit alles reibungslos funktioniert. Das hat uns Als das Coronavirus in Obwalden ankommt, ist zusammengeschweisst. Auch in der Freizeit un- Rebecca Nufer im ersten Ausbildungsjahr. Zwar ternehme ich viel mit meinen Kolleg*innen», ist die 18-Jährige als Lernende zur Fachange- sagt die Lernende. stellten Gesundheit im Pflege- und Altersheim Residenz Am Schärme es bereits gewohnt, Ver- Aufgrund von Corona waren andere Lernen- antwortung zu übernehmen und flexibel auf die de (aus anderen Kantonen) gezwungen, ihren Geschehnisse in der Klinik zu reagieren. Doch Lehrbetrieb zu wechseln oder ihre Lehre sogar eine weltweite Pandemie, die besonders für ältere abzubrechen. Rebecca Nufer hatte das Glück, die Menschen bedrohlich ist, war neu für sie und ih- re Kolleg*innen: «Die Coronapandemie war und ist eine aussergewöhnliche Situation für uns. Anfangs war alles neu. Ich hatte grossen Respekt gegenüber dem Virus.» Insbesondere zu Beginn der Pandemie lastete daher ein hoher Druck auf der Lernenden. «Die Vorsichtsmassnahmen im Lehrbetrieb waren extrem hoch und der Druck war permanent präsent. Ich war sehr vorsichtig. Schliesslich wollte ich kein Risiko eingehen und die Bewohner*innen auf keinen Fall anstecken», erinnert sich die 18-Jährige. Bezugsperson in der Krise Glücklicherweise gab es auf Rebeccas Abteilung fast keine Covid-Patient*innen. Im Altersheim wurden die Mitarbeitenden regelmässig getestet, der Kontakt zu den Bewohner*innen musste al- lerdings auf das Mindeste heruntergefahren wer- den. «Unsere Bewohner*innen hatten durch die Corona-Regelungen kaum Besuch. Wir haben mit ihnen geredet, ihnen zugehört und waren da. Wir waren ihre Bezugspersonen», sagt sie. Für sie Rebecca Nufer (18) ist dankbar für ihren Beruf. Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021 7
Ausbildung wie geplant durchziehen zu können. Natürlich gebe es auch Schattenseiten in ihrem Sie sagt: «Auch wenn es keine einfache Zeit war, Beruf. Aber diese halten sich in Grenzen: «Es gibt war ich sehr froh darüber, dass ich weiterarbeiten wenig, das ich nicht gern mache in meinem Job», konnte.» berichtet Rebecca. Zum Beispiel Reinigungsar- beiten. «Aber auch diese Aufgaben gehören nun Mehr als ein Beruf mal zum Job dazu», betont sie. Für den Beruf als Fachfrau Gesundheit EFZ hat sie sich unter anderem aufgrund ihrer Tanten Das nächste Ziel fest im Blick entschieden. «Zwei meiner Tanten arbeiten auch Ihr Ziel für ihren Abschluss nächstes Jahr hat in der Pflege, und wir haben uns oft über ihre Rebecca: «Ich möchte sehr gerne mit Ehrenmel- Tätigkeiten ausgetauscht. Ich fand das so span- dung abschliessen», sagt sie lachend. «Ich be- nend, dass ich es selbst ausprobieren wollte», sagt komme häufig zu hören, wie viel Potenzial ich Rebecca. In verschiedenen Altersheimen ging sie für diesen Beruf habe. Darum habe ich meine schnuppern. Nach einigen Praktika stand für sie Ziele so hoch gesetzt.» fest, dass auch sie in die Pflege gehen will. Auf- grund des Angebots in der Residenz Am Schär- Auch die nächste Etappe hat Rebecca schon fest me entschied sie sich dazu, dort ihre Ausbildung im Auge. Trotz Corona will sie nach ihrer Aus- zu absolvieren. bildung unbedingt in der Pflege weitermachen: «Für mich ist klar, dass ich bleibe. Ich werde Rebecca Nufer ist überzeugt davon, dass sie den gleich eine Weiterbildung zur Pflegefachfrau HF richtigen Beruf gewählt hat. «Während der Pan- machen.» Vorher gönnt sich die begeisterte Win- demie ist der Gesundheitsberuf in der Öffent- tersportlerin aber noch eine kleine Verschnauf- lichkeit mehr in den Fokus gerückt. Ich habe pause. Sie erzählt: «Wenn ich die Ausbildung viel Zuspruch von meinem Umfeld bekommen.» abgeschlossen habe, würde ich gerne eine ein- Besonders an ihrem Beruf liebt sie den sozia- oder zweimonatige Pause einlegen und reisen len Aspekt und dass man so viel in Kontakt mit gehen. Ich hoffe, dass das bis dahin wieder mög- älteren Menschen ist. Sie betont, dass sich ihr lich ist.» Blick auf ihr Leben geändert habe, seitdem sie mit älteren Menschen zusammenarbeitet. «Ich Jungen Menschen, die vor der Berufswahl ste- schätze das Leben, denn ich weiss um seine Ver- hen, rät Rebecca, auf sich selbst zu hören und gänglichkeit», sagt sie. Von den Bewohner*innen sich auszuprobieren. kann die 18-Jährige noch so einiges lernen. Ausbildung, die richtig Spass macht – und dich genau dorthin bringt, wo du sein willst! G’wundrig? Dann schau bei uns auf der Das ist bei uns klare Sache! Gemeinsam im Team entwerfen, Website vorbei! produzieren und vermarkten wir Druckprodukte. Melde dich jetzt um unsere Ausbildungsberufe Polygraf/-in, Medientechnologe/-technologin oder Printmedien- verarbeiter/-in kennen zu lernen und um eine freie Lehrstelle im Sommer 2022 zu ergattern! TITEL Untertitel Abächerli Media AG, Sarnen www.abaecherli.ch 8
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JUBILÄUM BERATEN FÜR DIE ZUKUNFT Die Leiterin der Berufs- und Weiterbildungs- Ausserdem müssen Schüler*innen heute oft be- beratung Obwalden, Andrea Egli, begleitet seit reits für Schnupperlehren ein vollständiges Be- gut zwanzig Jahren Jugendliche und Erwach- werbungsdossier einreichen, ein Telefon alleine sene in Berufs- und Laufbahnfragen. genügt nicht mehr. Eine der grössten Veränderungen ist die höhere Anzahl von Beratungen für Erwachsene. Einige junge Erwachsene möchten nach der Berufs- lehre nicht mehr auf ihrem Beruf weiterarbeiten oder haben den Wunsch, eine Berufsmatura zu absolvieren. Ausserdem sind Weiterbildungen aus dem angestammten Beruf wichtiger gewor- den. Erwachsene wechseln eher die Firma und suchen eine neue Stelle. Berufsabschlüsse für Erwachsene bieten Optionen, auch nach einigen Praxisjahren zu einem Lehrabschluss zu gelan- gen. Im Vergleich zu früher sind bei uns in der Beratung vermehrt auch gesundheitliche Aspek- te ein Thema. Seit Kurzem arbeiten wir zudem mit Institutionen zusammen, die Flüchtlinge 1 und vorläufig Aufgenommene begleiten. Andrea Egli (58). Gibt es Aspekte, die in der Berufs- und Weiter- bildungsfindung gleich bleiben? Frau Egli, was hat sich in dieser Zeit in der Be- rufs- und Arbeitswelt verändert? Haben sich Es ist viel im Wandel. Die berufliche Orientierung die Jugendlichen und Erwachsenen selber in der Schule nimmt weiterhin einen hohen Stel- verändert? lenwert ein, die Lehrpersonen engagieren sich sehr dafür. Und die Lehrbetriebe haben immer Es gab tatsächlich Veränderungen, einerseits noch ein sehr hohes Interesse daran, Jugendli- werden einige Berufslehren inzwischen anders che auszubilden. Eltern begleiten und unterstüt- bezeichnet: Bäcker/-in-Konditor/-in-Confiseur/- zen ihren Sohn oder ihre Tochter und sind sehr in EBA, Gärtner/-in EFZ und Schreiner/-in froh, wenn alles klappt. EFZ sind bekannt. Systemgastronomiefach- Die Erwartungen der Personen, die zu uns kom- mann/-frau EFZ, Interactive Media Designer EFZ men, sind dieselben: Alle möchten eine Arbeitstä- und auch Raumausstatter/-in EFZ hingegen we- tigkeit ausführen, die ihnen gefällt, die sie erfüllt niger. Auch bei Stelleninseraten für Erwachsene und bei der sie ihre Kompetenzen und Interessen werden Funktionen und Berufsbezeichnungen einbringen können. Wir alle möchten Wertschät- verwendet, die es früher noch nicht gab. zung für unser Tun erfahren. Wir bieten Unter- 12 1 Die Schreibweise wurde explizit so gewünscht. Man verwendet heute auch oft den Begriff «geflüchtete Personen».
stützung an, die Entscheidung und Umsetzung Sie tragen als Leiterin Berufs- und Weiter- liegt danach bei den Beteiligten selber. bildungsberatung Obwalden nicht nur die Verantwortung für die personelle, organisa- Frau Egli, im Jahr 2020 feierte das Bildungs-In- torische und administrative Führung der Ab- formations-Zentrum BIZ sein 30-jähriges Ju- teilung. Sie sind auch verantwortlich für die biläum. Was haben Sie vor 30 Jahren in das strategische Ausrichtung und die Weiterent- Angebot aufgenommen? wicklung der Dienstleistungen. Hat sich die Strategie mit der Pandemie verändert? Das BIZ ist unsere Infothek. Damals wurden in einer Lese-Ecke und später in einem Büro ver- Nein. Die Pandemie hat jedoch verschiedene schiedene Medien über Ausbildungen aufgelegt Diskussionen zu Online-Beratungen und ande- und ausgeliehen. 1995 und nochmals 2011 konn- ren Online-Dienstleistungen vorangetrieben. Es te das BIZ vergrössert werden. Es wurde mit ei- war bereits vor der Pandemie ein Strategieziel, ner Arena für Klassenveranstaltungen bestückt. neben Berufs- und Laufbahnberatungen bei uns Zudem wurden nun verschiedene Unterlagen zu vor Ort auch Online-Beratungen anzubieten. Wir Aus- und Weiterbildungen für Erwachsene auf- gehen davon aus, dass wir damit weitere Perso- gelegt. Auch Videos, vor allem über Berufslehren, nen für Berufs- und Laufbahnberatungen an- konnten angeschaut werden. Von Beginn weg sprechen können. Wir haben zudem letztes Jahr stand eine Fachperson für Auskünfte zur Verfü- eine Infoveranstaltung über Zwischenjahre auf gung und das BIZ war immer ohne Anmeldung Video aufgezeichnet oder Anfang Jahr einen während einiger Zeit pro Woche zugänglich. Elternabend zum Übertritt online aufgearbeitet. In den letzten Jahren veränderte sich die natio- Wir werden uns in nächster Zeit Überlegungen nale Plattform www.berufsberatung.ch sehr und über weitere Angebote machen. immer mehr Informationen wurden auch online zugänglich. Bei uns im BIZ sind weiterhin auch Die Zukunft ist für alle etwas ungewiss: für Printmedien vorhanden, was viele schätzen. Seit junge Menschen, die sich gerade erst für einen 2019 arbeiten wir im Bereich der Erstausbildun- Berufsweg entschieden haben, wie auch für gen mit Grundberufskarten und Tablets. Schü- Erwachsene, die sich weiterbilden oder neu ler*innen können damit erste Schritte in der Be- orientieren möchten. Was geben Sie ihnen mit rufs- und Ausbildungswahl erarbeiten. auf den Weg? Die Berufs- und Weiterbildungsberatung re- Für alle gilt, unabhängig von der Pandemie: Die cherchiert und veröffentlicht auch Zahlen zu verschiedenen Ideen benötigen Zeit für die Um- Anschlusslösungen der Schulabgänger*in- setzung. Es lohnt sich, Verschiedenes abzuklären nen. War etwas an den Zahlen in den letzten und Recherchen nicht einseitig zu tätigen. In- Jahren auffällig? formationen über Medien und das Internet sind wichtig – doch ebenso wichtig ist das Erleben. In Obwalden absolvieren etwa 70 % der Jugend- Berufe, Aus- und Weiterbildungen sollen mit al- lichen nach der obligatorischen Schulzeit eine len Sinnen erfahren werden. Oft benötigt es auch Berufslehre, etwa 10 % wählen eine Zwischen- Neugierde und Mut, Unbekannteres zu erkun- lösung. Alle anderen besuchen eine schulische den. Dabei können verschiedene Personen und Ausbildung wie das Gymnasium oder die Fach- Institutionen Unterstützung bieten. Ich wünsche mittelschule Luzern. Diese Aufteilung hat sich in ganz viel Glück dazu! den letzten Jahren nicht verändert. Zugenommen haben die immer früheren Lehr- stellenzusagen bereits während des 8. Schuljahrs. Einige Schüler*innen kürzen ihre Berufswahl ab Berufs- und und entscheiden sich frühzeitig für einen Beruf Weiterbildungsberatung Obwalden: und einen Betrieb. Ab und zu passt es perfekt, doch es kann dann auch zu Lehrvertragsauflö- www.berufsberatung-ow.ch sungen kommen. Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021 13
GASTRONOMIE FLEXIBILITÄT IN DER GASTROBRANCHE Corona hat die Gastronomie-Branche hart ge- chinnen EFZ und den Restaurantfachmann EFZ troffen. Auch die malerische Alpenstadt Engel- bedeutet das: Zwangspause. Elfi Odermatt be- berg in der Zentralschweiz ist nicht verschont schliesst, selbst die Initiative zu ergreifen: «Ich geblieben. Wirtin Elfi Odermatt berichtet, wie habe mit den Lernenden einmal in der Woche sie mit den Herausforderungen des Lock- ein Probekochen gemacht», erzählt sie. «Meis- downs umgegangen ist. tens kam die Familie oder jemand der Mitarbei- tenden zum Probieren vorbei.» Als der Gasthof nach zwei Monaten wieder öffnen durfte, wur- de der gesamte Betrieb schlagartig wieder zum Normalbetrieb hinaufgefahren. Viel Arbeit, die sich ausgezahlt hat: «Der Sommer lief sehr gut, da viele Schweizer*innen ihren Urlaub in der Schweiz verbracht haben. Besonders aus der Ro- mandie waren viele da.» «Wir glaubten alle nicht daran, dass wir noch einmal schliessen müssen.» Elfi Odermatt (62). Doch im Herbst kam Lockdown Nummer zwei. Elfi Odermatt stellt mit dem Servicelernenden einen Take-away-Service auf die Beine und ruft Um das Wirtshaus Schweizerhaus in Engelberg das Probekochen wieder ins Leben. ranken sich viele Geschichten. Kein Wunder: Seine Wurzeln reichen bis ins Jahr 1744 zurück. Chancen für die Auszubildenden Damals wurde der Grundstein für das «Schwy- Das Schweizerhaus bildet zwar seit zehn Jahren zerhüsli» gelegt. Seitdem ist das Gasthaus Kulisse aus, doch diese Situation war für alle neu. Aber für viele abenteuerliche Geschichten, Märchen die Herausforderungen und erschwerten Bedin- und rauschende Feste. Während der Coronakrise gungen für die Lernenden boten auch Chancen. allerdings muss das Wirtshaus schliessen – eine «Durch die besonderen Umstände durften die nervliche Zerreissprobe für Gasthausbesitzerin Lernenden sehr viel mehr Verantwortung über- Elfi Odermatt und ihr Auszubildenden-Team. nehmen als sonst. In einer herkömmlichen Leh- re ist das nicht ganz so häufig der Fall.» Da sich Probekochen im Lockdown die Gasthausbesitzerin um die Organisation des Beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 ist die Take-away-Angebots kümmerte, war die Res- Wirtschaft gezwungen, komplett ihre Türen zu taurantassistentin EBA alleine für die Halbpen- schliessen. Für die drei Lernenden Köche/Kö- sion im Nebenhaus verantwortlich. 14
Im Sommer 2020 schien die Normalität im Schweizerhaus zurückgekehrt zu sein. Zudem hielt Lockdown Nummer zwei Hilfe von dem Schweizerhaus schliesslich das Überleben. aussen bereit. «Die Berufsverbände boten in Zu- Nicht alle hatten dieses Glück. «Die Gastrobran- sammenarbeit mit dem Bund und den Kantonen che war bis jetzt immer krisensicher. 2020 hat Kurse für die Lernenden an, das war eine will- sich das geändert», sagt Elfi. «Es gab sehr viele kommene Abwechslung», sagt Elfi Odermatt. Tätige in der Gastrobranche, die abgesprungen sind. Viele nahmen sich die Zeit im Lockdown, Drei der Lernenden schlossen ihre Ausbildung um sich neu zu orientieren. Für jene, die arbeiten im Sommer 2021 ab. Dadurch, dass das hekti- wollten, waren die fünf Monate zu lang. Aktuell sche Alltagsgeschäft wegfiel, konnten die Ler- gibt es einen Mangel an Mitarbeitenden», so Elfi. nenden durch die Krise sogar profitieren, betont Aber auch das sei eine Herausforderung, die sie Elfi. «Wir als Ausbildungsbetrieb hatten mehr Zeit und ihr Team im Schweizerhaus meistern wer- für die Lernenden, dadurch konnten wir ihnen den. Flexibilität seien sie schliesslich gewohnt. viel mehr beibringen.» Zurück zur Normalität «In der Gastronomie läuft jeder Die 62-Jährige hat die Hotelfachschule in Luzern besucht. Mit ihrem Mann hat sie das Schweizer- Tag anders ab. Man muss so oder haus gepachtet. Sie ist dankbar dafür, dass das so flexibel sein.» Tagesgeschäft mittlerweile wieder zum Alten zurückgekehrt ist. Sichtlich erleichtert erzählt Elfi Ihr Beruf sei zwar stressig, aber auch sehr schön. Odermatt: «Das Restaurant und die Terrasse sind Insbesondere in den vergangenen Monaten: «Es nun wieder voll.» Zwar würde der Gasthof das war eine grosse Bereicherung, so viel mit den Take-away-Angebot weiterführen, jedoch sei die jungen Leuten zusammenzuarbeiten. Ich habe Nachfrage mittlerweile zurückgegangen. die Zeit sehr genossen.» «Zu Beginn der Krise wussten wir monatelang nicht, ob wir finanziell unterstützt werden», sagt die Wirtin. Eine Zusage für Härtefallgelder rettete Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021 15
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Schnuppern? Wir auf dem Bau sind flexibel. Schau bei uns rein! Diese Baubetriebe bieten Lehrstellen an. Wir führen Schnuppertage durch. 1. QR Code scannen 2. Betrieb auswählen 3. Termin vereinbaren tuhl A8 Tunnelbaustelle Kaisers ufswahl Grundbildung Mittwoch, 15. Sept. 2021, Ber riere auf dem Bau Mittwoch, 22. Sept. 2021, Kar BAUBERUFE.CH PROFESSIONS-CONSTRUCTION.CH PROFESSIONI-CONSTRUZIONE.CH 18
SCHULBETRIEB KOMMUNIKATION ALS SCHLÜSSELELEMENT Thomi Heiniger ging es wie vielen anderen organisatorische Faktoren wie beispielsweise die auch im Jahr 2020. Ein Jahr, das geprägt von Betreuung schnellstmöglich anzupassen. Die vielen Veränderungen Flexibilität und Anpas- Schule bietet einerseits das Kurzzeitgymnasium, sungsfähigkeit forderte. Als Schulleiter war aber auch die Sekundarklassen und die kauf- er verantwortlich dafür, dass die Schule vom männische Grundbildung an. «Schon im ‹nor- einen Tag auf den anderen auf Fernunterricht malen› Alltag bin ich es gewohnt, verschiedene umgestellt werden konnte. Bälle zu jonglieren. Corona hat dies sicher nicht einfacher gemacht», so Heiniger. Er sei allerdings sehr froh gewesen, dass die Schule technisch be- reits sehr gut aufgestellt war. «Wir hatten bereits zuvor eine digitale Lernplattform. Ganz alles liess sich mit der Online-Plattform aber nicht bewälti- gen, also wurde auf Microsoft Teams umgestellt.» Als Schulleiter war für Thomi Heiniger die Fle- xibilität der Lehrpersonen, welche die Umstel- lungen immer mitgetragen haben, von grosser Bedeutung. Er erinnere sich daran, dass Umstel- lungen dieser Art immer längere Prozesse waren. An seinem neuen Arbeitsplatz in Engelberg je- doch gelang das Umstellen innerhalb von zwei bis drei Monaten. «Wir hatten natürlich wie al- le anderen Schulen auch den entsprechenden Druck», so Heiniger. Thomi Heiniger (55). Auf einmal von zu Hause aus In den Gängen der Sportmittelschule herrsch- Auch für die Lernenden stellte der plötzliche te während Monaten Stille. Da, wo sonst ab und Wechsel auf den Fernunterricht eine grosse Ver- zu Bälle jongliert oder Witze gemacht werden, änderung dar. Neben dem Unterricht, dem fort- passierte während Corona gar nichts. «Das war an von zu Hause aus zu folgen war, mussten die für uns sehr seltsam, wir sind ja nicht einfach Lernenden auch ihre Trainings selbst planen irgendeine Schule. Fast alle der Schüler*innen und durchführen. Eine Aufgabe, die den Schü- übernachten auch hier», erklärt Schulleiter Thomi ler*innen viel Disziplin und Selbstverantwor- Heiniger. Zwar seien die Schüler*innen aufgrund tung abverlangte. Um dem Ganzen auch ein des externen Trainings und während der Wett- bisschen Kreativität zu verleihen, wurden die kampfsaison oft abwesend, aber es sei immer et- Lernenden mit zu bewältigenden Challenges was los im Internatsgebäude und in den Schul- beauftragt. «Bis zum Sommer konnten wir die- zimmern. Anders war das im Frühjahr 2020: Die se neue Art des Lernens und Trainierens sehr Sportmittelschule Engelberg musste aufgrund gut etablieren. Selbst die schriftlichen Matu- von Corona auf Fernunterricht umstellen. Es galt, raprüfungen konnten gut bewältigt werden.» Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021 19
Und zum Zweiten deren Menschen ist aber extrem wichtig», erklärt Als man sich nach den Sommerferien bereits ein der Schulleiter. «Wir versuchten so kreativ wie bisschen an die Situation gewöhnt hatte, wurde möglich zu sein, damit der Austausch trotzdem es für Heiniger und sein Team in Engelberg erst noch stattfinden konnte, aber für viele Lernen- richtig herausfordernd. «In einem kleinen Inter- de waren die Einschränkungen im Bereich der nat mit 80 Schüler*innen waren die Massnah- sozialen Kontakte die grösste Herausforderung.» men logischerweise von Anfang an sehr strikt.» Die Sicherheit für alle Beteiligten hatte oberste Langsam zurück in die Normalität Priorität, zumal die Lernenden Sportler*innen Aktuell laufe wieder normaler Präsenzunterricht, sind und beispielsweise Lungenprobleme gra- und dank dem repetitiven Testen an der SSE ha- vierende Folgen für ihre künftigen Karrieren ha- be man viele Freiheiten wieder zurückgewon- ben könnten. Man hat bereits sehr früh Schutz- nen. «Corona fordert unser ganzes Team immer massnahmen eingeführt, Plexiglasscheiben an noch, aber wir sind zuversichtlich. Wie wohl die allen Schüler*innenarbeitsplätzen montiert und meisten Menschen hoffen wir, dass wir nach Umluftentkeimer organisiert. Trotz all dieser Be- den Sommerferien in ein ‹normales› Schuljahr mühungen gab es aber auch an der Schule eini- 2021/ 22 starten dürfen.» ge positive Fälle. Ende Herbst entschärfte sich die Situation wieder, weil viele Schüler*innen auf- Als Thomi Heiniger im März 2018 die Stelle an- grund von Trainings und Wettkämpfen extern trat, stand Covid-19 natürlich nicht im Stellen- unterwegs waren. beschrieb. Was ihm dennoch beim Krisenma- nagement half, war die gute Kommunikation Die Herausforderungen, so beschreibt Heiniger, innerhalb des Teams und auch nach aussen. waren organisatorischer, aber vor allem auch so- «Die aktive Kommunikation ist in einer Krise das zialer Natur. «Wir mussten strenge Regeln auf- Wichtigste.» Die Situation habe viele Ressourcen stellen, um die ständige Durchmischung in un- gebraucht. Und letztlich zeichneten sich sogar serem Schulalltag unter Kontrolle zu halten.» So einige Vorteile aus der Krise ab: «Die Digitalisie- durften die Schüler*innen sich beispielsweise rung kam endlich voran, wir sind heute noch nur auf ihrem eigenen Stockwerk aufhalten und besser aufgestellt.» Alles in allem seien grosses mussten wenn möglich in ihren Zimmern blei- Engagement und Flexibilität von allen Beteiligten ben. «Der soziale Kontakt, der Umgang mit an- sehr hilfreich gewesen. In der Sportmittelschule wurde während Corona plötzlich alles anders. 20
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BUCHHANDLUNG FLEXIBILITÄT BEDEUTET, MIT DER ZEIT ZU GEHEN Trotz geschlossenem Geschäft liess Alban Dil- konnten durch die Aktion nicht nur gepflegt, lier seine Kundschaft während der Corona- sondern sogar verbessert werden. pandemie nicht im Stich. In seiner Buchhand- lung im Zentrum von Sarnen wurde flexibel reagiert und kurzerhand umgestellt: von per- «Wir haben heute fast eine engere sönlicher Betreuung auf kontaktlose Abho- Beziehung zu unserer Kundschaft, lung und Lieferung. weil wir eine schwierige Zeit zu- Es ist der erste Tag des Lockdowns im März 2020. sammen durchgestanden haben.» Das Buchgeschäft Dillier in Sarnen war für viele Kund*innen bisher wie ein zweites Wohnzimmer. Jetzt sind die Türen der einzigen Buchhandlung Alban Dillier betont, dass die Lernende Ronja am in Obwalden bis auf Weiteres geschlossen. Ge- Erfolg der Umsetzung des Corona-Projekts mass- schäftsführer Alban Dillier sitzt zu Hause, als ihn geblich beteiligt war. In Windeseile erstellte diese per SMS der Hilferuf einer Kundin erreicht: «Wie nämlich eine Infografik und teilte das neue An- komme ich jetzt an meine Bücher ?» gebot über Instagram, um die Kundschaft über die neuen Bestellmöglichkeiten zu informieren. Der 39-Jährige reagiert umgehend: Virtuell trommelt er sein sechsköpfiges Team zusam- Glück im Unglück sei gewesen, dass keine gros- men und sie überlegen gemeinsam, wie sie ihre sen Mehrkosten in der Krise entstanden seien. Kundschaft auch trotz geschlossenem Geschäft «Das Haus, in dem sich unser Geschäft befindet, mit Lesestoff versorgen können. Die Idee ist, gehört meiner Familie, und wir haben nur we- dass Bücher von nun an kontaktlos bestellt und nige Angestellte», so Dillier. Bisher profitierte die über ein Abholfach besorgt werden können. Die Buchhandlung von einer sehr grossen Stamm- Buchhandlung bietet ausserdem eine kostenlose kundschaft und grossen Firmen, die regelmässig Hauslieferung. Stolz berichtet Dillier: «Innerhalb bei ihnen einkauften. von einem halben Tag haben wir das neue Kon- zept auf die Beine gestellt.» Breit gefächert ausgebildet Aufgrund der Pandemie musste das letzte Lehr- Der Plan geht auf. Über Whatsapp, Instagram, jahr von Ronja vom geplanten Lehrplan ab- E-Mail oder klassisch via Telefon gehen die ers- weichen. Buchhändler Dillier bedauert, dass ten Bestellungen ein. Neben Büchern werden einige Teile der Ausbildung, wie das Austausch- auch Spiele, Rätsel und Blöcke verkauft. programm mit anderen Buchhandlungen, weg- gefallen sind. Nichtsdestotrotz bot die Krise Ronja Werbung über Instagram auch die Chance, ihr Know-how und ihre Kreati- Dem Familienbetrieb war es wichtig, den Kon- vität unter Beweis zu stellen. takt zur Stammkundschaft zu erhalten, damit sie nicht zu Online-Verkäufern wie Amazon oder Ex Libris umsteigen. Die Kundenbeziehungen 24
Ein eingespieltes Team: Bücher Dillier, Sarnen. «Flexibilität bedeutet, dass man spieltes Team. Ronja wird auch dabei helfen, die die jungen Stimmen hört und mit neue Lernende Anna einzuarbeiten.» der Zeit geht,» erklärt Alban Dillier. Gestärkt in die Zukunft Auch wenn in den letzten Monaten vieles anders Ronja schafft es durch Instagram und Mangas, kam als geplant: Alban Dillier schaut positiv in auch die junge Kundschaft wieder mehr an Bord die Zukunft. Die Krise habe ihn und sein Team zu holen und zum Lesen zu animieren. Die Aus- stärker gemacht. bildung innerhalb des Familienbetriebs Dillier ist ein Mix aus Verkauf, Verlagskunde und Litera- tur. Voraussetzung für eine der begehrten Aus- «Mir hat die Krise gezeigt, dass wir bildungsstellen ist es, informiert und auf dem Laufenden zu sein. «Die Stelle erfordert Hinter- flexibel und kreativ sind und Ideen grundwissen. Uns ist es wichtig, dass man offen schnell umsetzen können.» ist und sich für Menschen, Bücher und das Le- ben interessiert. Wer viel liest, bildet sich auto- Er ist überzeugt davon, dass die Bücherbranche matisch weiter.» weiterhin Bestand haben wird – trotz Trend zu E-Books und Online-Journalismus. «2013 war Nach Abschluss ihrer Ausbildung in der Buch- der Höhepunkt der E-Books. Damals ging man handlung Dillier in diesem Jahr stehen Ronja davon aus, dass dies nun das Ende des Buches viele Türen offen. Etwa im Verlagswesen, in der sei.» Diese Prognose bewahrheitete sich aller- Auslieferung oder Buchhaltung. Alban Dillier dings nicht. Dillier ergänzt: «Buch-Liebhaber*in- freut sich, dass Ronja dem Team in Sarnen in den nen gibt es in allen Generationen. Ein schönes kommenden drei Jahren aber erst noch erhalten Buch ist und bleibt unersetzbar.» bleiben wird. «Wir sind mittlerweile ein einge- Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021 25
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STUDIUM DER ONLINE-STUDENT Der Maschinenbaustudent Manuel Omlin be- nen konnten im Nachhinein angeschaut werden suchte die Hochschule in Horw und glaubt und man konnte sich den Weg zur Hochschu- fest daran, dass es im Leben immer so kommt, le ersparen. Zur Abschlussfeier habe er sich im wie es muss. Im Interview berichtet er von kleinen Rahmen mit ein paar Freunden getroffen seinem Leben als Student in einem etwas an- und ein, zwei «Bierli» getrunken. deren Jahr und wie es ihm gelungen ist, trotz Pandemie seinen Träumen nachzugehen. Vom Spitzensportler zum Vollzeitstudenten Zwar wusste Manuel schon früh, dass er Maschi- Schon früh wusste der 25-Jährige, dass er Ma- nenbau studieren möchte, doch gab es eine Zeit, schinenbau studieren möchte, und ging diesem in der er bestrebt war, seine sportlichen Ziele an Traum im Jahr 2017 mit dem Start ins Studium erster Stelle zu setzen. «Als ich jünger war, habe an der Hochschule in Horw nach. «Am Anfang ich Leichtathletik-Spitzensport gemacht.» Da- verlief das Studium wie erwartet», erklärt Manu- mals stand Sport für Manuel im Fokus und das el und lächelt, als er zurückdenkt an die Zeit, in Studium sollte nur nebenbei Platz haben. Auf- der es hiess, dass Corona die Schweiz wohl kaum grund einer Knieverletzung musste er diese Vi- betreffen werde. Seine letzten zwei Semester ver- sion jedoch früher als geplant aufgeben und ent- brachte er dann aber, wie die meisten Studieren- schied sich dazu, sich ganz auf das Studium zu den zu dieser Zeit, im Homeschooling. konzentrieren. Der Leichtathletik blieb er jedoch durch das Mitwirken im Verein als Trainer treu. Schule von zu Hause aus Wie für viele Betroffene war auch für Manuel der Seine berufliche Karriere hat Manuel als Kon Unterricht von zu Hause aus gewöhnungsbedürf- strukteur bei der maxon motor ag begonnen. tig. «Homeschooling war für mich am Anfang Dort wurde er vor allem durch Lernende, die schwierig, weil der Austausch mit den Studieren- schon länger im Betrieb waren, auf das Studium den weggefallen ist.» Telefonate und Zoom-Mee- in Horw aufmerksam. Sie waren es auch, die ihn tings seien gute Alternativen und während des dazu motiviert hatten, die Berufsmatura und im Lockdowns sogar für Pausengespräche sowie Anschluss daran den Bachelor zu absolvieren. zur gegenseitigen Unterstützung und für Lern- stunden eingesetzt worden. Es stelle zumindest Ungewisse, aber spannende Zukunft eine Form des persönlichen Austauschs dar, ver- Der Sarner hat vor ein paar Monaten sein Studi- mag diesen letztlich jedoch nicht komplett zu um abgeschlossen und ist aktuell auf Stellensu- ersetzen, erklärt Manuel. Während sich das ers- che, schweizweit. Oder zumindest fast. Er nehme te Semester geprägt durch viele Schwierigkeiten eine Stunde Fahrt in Kauf, weil es in der Zen und Umgewöhnungen für Manuel als mühsam tralschweiz nur wenige Stellen gäbe und er sich herausstellte, begannen sich im Laufe der Zeit seine Chancen nicht selber nehmen wolle. Als auch immer mehr Vorteile abzuzeichnen. «Man Studienabgänger sei es eine klare Herausforde- hat sich daran gewöhnt und besser organisiert», rung, gleich im Anschluss eine Stelle zu finden, sagt er nachdenklich. Arbeitsaufträge durften zumal die Arbeitgeber Leute mit Berufserfah- beispielsweise selbst eingeteilt werden, Lektio- rung bevorzugen würden. Auch die Coronakrise 28
Manuel Omlin (25) im Homeschooling. mache es für Manuel nicht einfacher: «Ich habe tik betreiben. Als ich mich entschloss, die Leh- das Gefühl, dass kleinere Firmen weniger Stel- re als Konstrukteur zu absolvieren, war für mich len ausschreiben, weil sie aufgrund der Krise in schon bald klar, diese Richtung zu vertiefen.» Kurzarbeit sind oder zumindest möglichst weni- ge Risiken eingehen wollen.» Neben der Stellen- Es kommt, wie es muss suche arbeitet Manuel momentan als Überbrü- Wenn wir eines aus dem Jahr 2020 mitnehmen, ckung in einer Schreinerei. Ihm gefalle der Job, dann ist es wohl die Flexibilität, die Anpassungs- er habe aber auch sehr gerne studiert. «Mit allem, fähigkeit. Auch Manuel hat bewiesen, dass es was dazugehört», erzählt er lächelnd. Natürlich trotz Stolpersteinen bergauf gehen kann. Jünge- hätte er sein Studium lieber in normalen Zeiten ren Generationen gibt Manuel mit auf den Weg, abgeschlossen. Der soziale Aspekt sei ein wenig sich nicht unterkriegen zu lassen. Es sei von zu kurz gekommen. Jetzt, da er mit dem Studium grosser Bedeutung, Wille zu zeigen und seine fertig sei, habe er mehr Zeit und sei dabei, sich Ziele vor Augen zu halten, auch wenn sich die- ein neues Hobby zu suchen. Begeisterung emp- se ändern können. Am Ende des Tages gewinne findet er fürs Rennvelofahren. nur, wer sich für seine Träume auch einsetzt. Für die nächsten Schritte in seinem Werde- Und nun? gang nimmt Manuel sich vor, Berufserfahrung Das Ende von Corona dürften sich nun alle her- als Maschinenbauer zu sammeln. Den Mas- beisehnen. Doch wie sieht es mit konkreten ter zu machen, schliesst er nicht aus, doch hat Plänen aus, wenn sich das Virus dann wirklich dies momentan keine Priorität für ihn. Im Ma- verzogen hat? «Ganz klar, ich würde reisen ge- schinenbau gibt es ganz viele verschiedene Be- hen!», platzt es aus Manuel heraus. Er fügt an, reiche, die es zu erkunden gibt: «Was mich sehr dass er sich vor allem für nördliche Regionen wie interessiert, ist die Entwicklung von Produk- Kanada oder Norwegen interessiere. «Ich hätte ten.» Hier sieht Manuel auch seinen Traumbe- sehr gerne einen Sprachaufenthalt in Form eines ruf. Etwas Neues zu entwickeln, wie etwa Mo- Austauschsemesters gemacht oder dann gleich toren oder Maschinen. Auch die Automation nach dem Studium. Ich möchte viel sehen und und die industrielle Robotik interessieren ihn noch einiges lernen», erzählt Manuel. Wenn Co- stark. «Ich hatte keinen konkreten Berufswunsch rona morgen vorbei ist, könnte es also sein, dass als Kind, ich wollte immer gerne Leichtathle- er bald in einem Zug sitzt. Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021 29
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NEUES LAND, NEUES LEBEN AUSWANDERN ALS LEBENSENTSCHEIDUNG Ingrid Ledezma wurde zur Hausfrau erzogen. «Von Jung und Alt wurde ich Doch die Kolumbianerin hatte andere Pläne und wanderte in die Schweiz aus. Heute lebt herzlich empfangen. Das hat mir sie mit ihrer Familie in Hergiswil am See und bei der Integration unheimlich arbeitet als Pflegeassistentin. geholfen.» Als Schauspielerin auf den grossen Bühnen die- ser Welt stehen oder als Astronautin durch un- bekannte Galaxien reisen: Schon als kleines Kind hatte Ingrid Ledezma grosse Träume. Zwar sollte sich ihr Traumberuf in den nächsten Jahren noch häufig ändern, eins stand für die Kolumbianerin allerdings fest: Sie will eine eigene Karriere ha- ben. «Das traditionelle Leben in Kolumbien sieht vor, dass Frauen dazu erzogen werden, im Haus zu helfen und ihrem Mann zu dienen. Ich fand das ungerecht», erzählt die heute 29-Jährige. Von Kolumbien nach Nidwalden Ingrid wuchs unter schwierigen Voraussetzun- gen bei ihrer Grossmutter und Taufpatin in Pal- mira nahe Cali auf. Ihren Vater hat sie nie ken- nengelernt und ihre Mutter starb, als sie ein Jahr alt war. Mit 19 Jahren lernte sie ihren kolumbia- nischen Ehemann kennen, der auch die Schwei- zer Staatsbürgerschaft besitzt. Sie bekamen eine Tochter. Einige Monate später steht die junge Fa- milie aufgrund einer finanziellen Krise vor dem Nichts und Ingrids Ehemann beschliesst, Ko- lumbien zu verlassen und in der Schweiz neu anzufangen. Auch wenn Ingrid immer von einer solchen Chance geträumt hatte, musste sie sich erst mal an die neue Umgebung gewöhnen. «Anfangs war alles neu. Ich fühlte mich wurzellos», erzählt Ingrid. Schnell lernt sie die deutsche Sprache und passt sich an ihr neues Umfeld an. Dankbar sei sie für die Unterstützung, die sie von allen Seiten erfuhr. Ingrid Ledezma (29) fühlt sich heute in der Schweiz zu Hause. Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021 33
Trotz den neuen Einflüssen wollte sich Ingrid in Gekommen, um zu bleiben der Schweiz nie verbiegen. Und das musste sie Bereut hat Ingrid ihren Berufsweg nie. Im Ge- auch gar nicht. «Ich konnte meine Prinzipien genteil! und Werte weiterführen und neue integrieren. Ich habe meine Identität behalten», erzählt sie stolz. «Die Coronakrise hat mich in Nach den anfänglichen Startschwierigkeiten meinem Entscheid, in die Pflege fühlt sich Ingrid in ihrer neuen Heimat in Her- zu gehen, bestärkt. Es fühlt sich giswil am See in Nidwalden wohl. «Heute kann gut an, gebraucht zu werden ich sagen: Ich bin angekommen.» und wirklich etwas bewirken zu Traumberuf Pflegefachfrau können.» Die Fähigkeit, flexibel auf neue Herausforderun- gen zu reagieren, sei aber nicht nur Vorausset- zung dafür, um sich in einem fremden Land zu- Die 29-Jährige betont, dass es als junger Mensch rechtzufinden, betont Ingrid. Auch in ihrem Job schwierig sei, in Kolumbien ein würdiges Leben als Pflegerin profitiere sie davon. «Ich versuche zu führen. Im Unterschied zur Schweiz biete das immer, mein Bestes zu geben. Offen zu sein und lateinamerikanische Land keine Perspektiven: Neues lernen zu wollen, ist dafür die beste Basis.» «Die wirtschaftlichen Probleme bestehen schon seit Jahrzehnten. Junge Menschen bekommen Dass sie mal in der Pflege arbeiten würde, hätte nicht die beruflichen Chancen, die sie verdie- sie sich vor ihrem Umzug in die Schweiz niemals nen.» Ingrid erstaunt es daher, dass es auf der vorstellen können. «Ich übe einen Beruf aus, von anderen Seite junge Menschen in der Schweiz dem ich vorher gar nicht wusste, dass es ihn gibt. gibt, die auswandern wollen. Sie könne die Be- Im Gegensatz zur Schweiz kannte ich in Kolum- weggründe nachvollziehen, allerdings sei es Lu- bien keine Altersheime. Wir kümmern uns zu xus, wenn jederzeit die Möglichkeit bestehe, in Hause um ältere Familienmitglieder.» die Schweiz zurückzukehren. Den Beruf als Assistent/-in Gesundheit und So- ziales EBA hat Ingrid trotzdem ganz bewusst ge- «Für mich war meine Auswan- wählt. «Ich wollte ein Berufsfeld ergreifen, wo Arbeitskräfte fehlen. Die Wahl fiel schnell auf die derung kein Abenteuer, sondern Pflege.» Den Lehrgang als Pflegehelferin SRK eine Lebensentscheidung.» machte Ingrid im Jahr 2017. Die zweijährige Aus- bildung zur Assistentin Gesundheit und Soziales Trotz ihrer Flexibilität kommt es darum für Ing- EBA schloss sie im Anschluss mit Ehrenmeldung rid nicht infrage, irgendwann zurück in ihr Hei- ab. Doch dabei soll es nicht bleiben. Ingrids Ziel matland zu ziehen. «Ich hatte mir immer schon ist es, das Fähigkeitszeugnis zu erlangen. gewünscht, im Ausland zu leben. Mein Leben ist hier in der Schweiz. Ich werde als Besuche- Flexibilität bedeutet für sie aber auch, dass nicht rin nach Kolumbien gehen, aber nicht zurück- alles so schnell geht, wie man sich das vielleicht gehen.» Jungen Ausländer*innen in der Schweiz wünscht. Aufgrund ihrer achtjährigen Tochter empfiehlt sie, auf jeden Fall eine Ausbildung zu will Ingrid den nächsten Schritt auf der Karrie- machen, falls sich die Möglichkeit bietet, und fle- releiter dieses Mal etwas langsamer angehen las- xibel zu bleiben. «Das duale Ausbildungssystem sen: «Man muss sich zwar an die Gegebenheiten bietet die perfekte Grundlage für den Start ins anpassen, sich dabei aber auch treu bleiben kön- Berufsleben. Seinem Traumberuf kommt man so nen.» automatisch ein Stückchen näher.» 34
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INTERVIEW MIT VIEL GEDULD UND DIGITALEM WISSEN Die operative Schulleiterin der Höheren Fach- Schulzeit. Allerdings flachte dieses Hochgefühl schule Medizintechnik Sarnen, Eva Maria relativ schnell ab und wurde durch Ernüchte- Amstutz, erzählt im Interview über die He rung ersetzt. Zu Hause in den Trainerhosen den rausforderungen während der Pandemie und Laptop aufzuklappen und dem Unterricht zu fol- die Wichtigkeit der medizintechnischen Be- gen, ist halt auf Dauer doch nicht ganz so toll. Der rufe. Die 28-jährige Alpnacherin stieg 2020 soziale Austausch und die Eindrücke vor Ort in in den Familienbetrieb ein, wobei ihr erster Sarnen haben gefehlt. Wir sind alle froh, dass in- Arbeitstag auf den Tag fiel, an dem der Lock- zwischen wieder einzelne Klassen den Präsenz down verkündet wurde. unterricht besuchen können. In der Krise brauchte es viel Flexibilität, von der man ausgeht, dass gerade junge Menschen diese haben. Wie haben Sie das wahrgenom- men? Das kann ich bestätigen. Den Studierenden ist die Umstellung auf den Online-Unterricht relativ leichtgefallen. Ich füge jedoch gerne an, dass die Schulleitung und die Lehrpersonen es den Stu- dierenden auch möglichst einfach gemacht ha- ben. Wir alle haben technisch sehr viel dazuge- lernt. Dadurch konnten in den Jahren 2020 und 2021 bis auf ganz wenige Ausnahmen sämtliche Prüfungen und Schulstunden stattfinden. Darauf Eva Maria Amstutz (28). sind wir schon stolz. Genauso wie auf unsere äl- teren Dozent*innen, welche sich mindestens so flexibel gezeigt haben wie die Studierenden und Frau Amstutz, Sie arbeiten sehr nahe mit Stu- fortlaufend den Online-Unterricht perfektionier- dierenden zusammen. Wie wurde die Bot- ten. Uns war es immer auch wichtig, wahrzu- schaft der Schulschliessung im Frühjahr 2020 nehmen, wie es unseren Studierenden gefühls- aufgenommen? mässig geht, und sie situativ zu begleiten. Dies wurde von den Student*innen geschätzt, war für Erst mal entfachte eine gewisse Euphorie. Sowas die Schulleitung jedoch besonders zeitintensiv. gab es schlichtweg noch nie, und für viele gehört die Schulschliessung zu einer Art Wunschfanta- Die Höhere Fachschule Medizintechnik sagt sie. Das kennen wir wohl alle aus unserer eigenen von sich selbst, dass sie Technik, Medizin und 38
Die Höhere Fachschule Medizintechnik zeichnet sich unter anderem durch die familiäre Atmosphäre aus. Menschen vereinigt. Wie konnte das trotzdem Möglichkeiten erweitert, guten, effizienten Un- gewährleistet werden, wo doch gewisse Be- terricht zu bieten. Aktuell prüfen wir, ob On- standteile der Ausbildung entfielen? line-Unterricht ein bleibendes Angebot werden soll. Wir werden nicht komplett auf Online um- Ja, das war tatsächlich eine grosse Herausfor- stellen. Aber wir möchten die Vorteile von beiden derung. Der regelmässige Austausch mit der Systemen – Präsenz und Online – kombinieren Industrie und die Exkursionen in die Spitäler und nutzen. Schliesslich hat uns dieses Ausnah- fehlten. Unsere Schule lebt im Regelbetrieb sehr mejahr als Schule zusammengeschweisst. Jede*r davon, dass wir in diesem Austausch stehen und war auf seine Art und Weise ein Teil davon, hat unsere Partner besuchen gehen oder sie zu uns ihren Beitrag geleistet. Das zu spüren, hat mich einladen. Glücklicherweise waren aber viele un- motiviert, immer weiterzumachen und auch serer Gastreferenten bereit, den Unterricht on- nach der fünften Verordnungsänderung des line abzuhalten. Dabei waren sie teilweise sehr Bundesrates das Schutzkonzept nochmals anzu- kreativ. So kam es beispielsweise zu einer vir- passen, wiederholt alle Betroffenen zu informie- tuellen Führung durch den Betrieb und zu einer ren, die Stundenpläne umzuschreiben usw. Live-Übertragung aus einer Produktionsstätte. Auch diesbezüglich galt: Das Beste aus der Situ- Was bedeutet die Krise in Bezug auf das Be- ation machen. Wir waren dankbar für alles, was rufsfeld der Medizintechnik? stattfinden konnte, und suchten Alternativen für die ausgefallenen Exkursionen. Die Medizintechnikbranche ist eine Wachs- tumsbranche. Insbesondere wird das Bedürfnis Gab es denn auch Vorteile während der Krise? nach Medizininformatik immer grösser. Ge- rade durch die Pandemie hat sich gezeigt, wie Ja, das gab es. Wir haben Studierende aus der wichtig es ist, dass genügend Beatmungsgeräte gesamten Deutschschweiz, aus St. Gallen ge- oder Intensivbetten mit all den benötigten me- nauso wie aus dem Wallis. Für diese Studieren- dizintechnischen Geräten zur Verfügung stehen den entfielen jedes Wochenende vier Stunden und diese auch funktionieren. Unsere Abgän- Reiseweg. Zudem integrierten wir schnell neue ger*innen sind dafür mitverantwortlich, dass Online-Tools, und durch ein externes Coaching die medizintechnischen Geräte in den Spitälern konnte fortlaufend an der Qualität des Unterrichts gewartet werden und stets einsatzbereit sind. gearbeitet werden. Dadurch haben sich unsere Sie sind gefragt auf dem Arbeitsmarkt, und der Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021 39
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