BERUFSBILDUNGSMAGAZIN - OBWALDNER - Gewerbeverband Obwalden

 
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OBWALDNER

BERUFSBILDUNGSMAGAZIN

                                     FLEXIBILITÄT

                                     Buchhandlung: Von der
                                     persönlichen Betreuung zur
                                     kontaktlosen Abholung
                                     und Lieferung.

                                     SEITE 24

      MEDIZIN UND TECHNIK            AUSWANDERUNG

      Die Gesundheitsbranche ist     Neues Land, neues Leben.
      wichtiger denn je.             Ingrid Ledezma erzählt.

      SEITE 38                       SEITE 33

                                   Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021   1
BERUFSBILDUNGSMAGAZIN - OBWALDNER - Gewerbeverband Obwalden
Liebe Leser*innen

    In herausfordernden Zeiten, wie wir diese gegenwärtig erleben, sind An-
    passungsfähigkeit, Beweglichkeit, Innovation und der Glaube an die Zu-
    kunft gefragte und wichtige Eigenschaften. Genau diesen Themen wid-
    met sich die diesjährige Ausgabe des Berufsbildungsmagazins.

    Die Covid-Pandemie beschäftigt uns nun seit mehr als einem Jahr. Gera-
    de im Bildungswesen sind wir stark mit der Thematik tangiert. Die Schu-
    len sind immer wieder mit Fragen beschäftigt wie Fernunterricht oder
    Präsenzunterricht, Maskenpflicht ja oder nein usw. Dabei entscheiden die
    Verantwortlichen stets nach bestem Wissen und Gewissen und schluss­
    endlich zum Wohle aller Lernenden und Lehrpersonen. Aber nicht nur
    die Schulleitungen und die Bildungsfachleute sind gefordert. Nicht we-
    niger herausfordernd ist die Situation für die Lernenden. Viele von ih-
    nen mussten im letzten Jahr zu einem grossen Teil den Unterricht von zu
    Hause aus wahrnehmen, und der für das Lernen so wichtige Austausch           Impressum
    mit den Kolleg*innen war zusätzlich erschwert. Hinzu kam, dass auch im       Agentur Nunyola GmbH
    privaten Leben die Möglichkeiten, sich zu treffen, teilweise stark einge-    Bahnhofstrasse 14
    schränkt waren. Alles in allem eine nicht einfache Situation für alle Be-    6130 Willisau
    troffenen. Meinerseits habe ich vor den Leistungen der Lernenden sowie       ­
    der Lehrpersonen und Bildungsverantwortlichen grossen Respekt und            Herausgeber
    Hochachtung.                                                                 Gewerbeverband Obwalden
                                                                                 Sarnen
    Die diesjährige elfte Ausgabe des Berufsbildungsmagazins zeigt auf, wie      gewerbeverband-ow.ch
    Lernende, Lehrpersonen und Berufsbildner*innen das vergangene Jahr
    mit positivem Geist, viel Anpassungsfähigkeit und Flexibilität gemeistert    Amt für Berufsbildung
    haben. So zeigt uns eine Gastronomin aus Engelberg, wie sie mit neu-         des Kantons Obwalden
    en Ideen neue Geschäftsfelder erschlossen hat. Eindrücklich lesen wir        Sarnen
    in einem Interview mit den Verantwortlichen der Sportmittelschule En-        beruf.ow.ch
    gelberg, was Covid für Spitzensportler*innen bedeutet. Der frisch diplo-
    mierte Maschinenbauingenieur Manuel Omlin aus Sarnen schildert uns           Redaktionsleiterin
    eindrücklich, wie er sein letztes Studienjahr als Maschinenbau-Student       Anja Glover
    an der Fachhochschule Zentralschweiz in Horw erlebt hat, und Eva Maria
    Amstutz von der Höheren Fachschule Medizintechnik in Sarnen spricht          Gestalterin
    über die Herausforderungen als Verantwortliche und als Lehrperson einer      Rosa Künzler
    Höheren Fachschule.
    Alles beeindruckende Geschichten und Porträts, die aufzeigen, wie He-        Korrektorin
    rausforderungen in nicht immer einfachen Zeiten angepackt werden             Julia Schwegler-Wieland
    können. Ich bin überzeugt, dass es noch viel mehr solche positiven Ge-       korrigiert.ch
    schichten bei uns in Obwalden gibt. Sie alle sind Zeichen des Glaubens an
    die Zukunft und an die eigene Kraft, das Leben zu meistern – alles positi-   Druck
    ve Beispiele für die Bewältigung von herausfordernden Zeiten!                Abächerli Media AG, Sarnen

    Ich danke dem Gewerbeverband Obwalden und dem Amt für Berufsbil-             Auflage
    dung für die Veröffentlichung dieses wiederum spannenden Magazins.           19 000 Exemplare
    Ich wünsche Ihnen, liebe Leser*innen, eine anregende Lektüre.
                                                                                 Titelbild
    Christian Schäli                                                             Janmaat Fotografie
    Bildungs- und Kulturdirektor

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INHALTSVERZEICHNIS

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           FLEXIBILITÄT IN SCHWIERIGEN SITUATIONEN			               4

           Verantwortung übernehmen			 7
           Beraten für die Zukunft			 12
           Flexibilität in der Gastrobranche			 14

           UMSTELLUNG			                                           19

           Kommunikation als Schlüsselelement			                  19
           Flexibilität bedeutet, mit der Zeit zu gehen			        24
           Der Online-Student			                                  28
           Auswandern als Lebensentscheidung			                   33
           Mit viel Geduld und digitalem Wissen			                38
           Holz ist der Bau- und Werkstoff der Zukunft		          42

           ANLÄSSE			 46

           Erster Online-Berufsinfo-Anlass bei Leister			 46
           Bildungsangebote digital kennenlernen			 48

                                                   Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021   3
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F LEXI B I LITÄT I N
    SCHWI E R IGE N
    SITUATION E N
    Im vergangenen Jahr verlangte die Berufswelt          inzwischen kaum mehr aus der Arbeitswelt weg-
    vor allem nach einem: der Fähigkeit, in speziel-      zudenken: flexible Arbeitszeiten und Homeoffice.
    len Situationen flexibel und anpassungsfähig zu       Natürlich sind das zwei Aspekte, die nicht für
    sein. Die Krise brachte viele Arbeitgeber*innen       ganz alle Branchen gleich umsetzbar sind, aber
    und Arbeitnehmer*innen in eine Situation, die         in der Covid-19-Krise waren alle dazu gezwun-
    nicht immer ganz einfach war und die unter an-        gen, Alternativen zu finden. Spätestens seit 2020
    derem auch viel Kreativität forderte. Für das dies-   hat sich auch die Digitalisierung am Arbeitsplatz
    jährige Magazin haben wir mit Menschen aus            weitgehend durchgesetzt. Sie trägt dazu bei, dass
    der Berufswelt gesprochen, die vor speziell gros-     berufliche Tätigkeit immer flexibler wird und auf
    sen Herausforderungen standen und sie mithilfe        das Individuum und die Bedürfnisse der Arbeit-
    guter Kommunikation, mit viel Einsatz und vor         gebenden zugeschnitten werden kann.
    allem einer grossen Flexibilität gemeistert haben.
    Die Welt ist im ständigen Wandel, niemand weiss       Für den Einstieg in die zweite Hälfte des Jahres
    genau, was auf die Arbeitswelt zukommt, aber ei-      wünschen wir Ihnen nicht nur viel Flexibilität
    nes scheint sehr gewiss: Wer flexibel bleibt, kann    fürs Berufsleben, sondern auch für Ihren Körper.
    besser mit Veränderungen umgehen.                     Ob Homeoffice oder nicht, wir haben vier Tipps
                                                          zusammengestellt, mit deren Hilfe Sie erfolg-
    Flexibles Arbeiten                                    reich durch die Arbeitswoche kommen. Bevor
    Ein Aspekt der Umstellung war das flexible Ar-        wir zu den Tipps kommen, haben wir aber noch
    beiten. Was vor ein paar Jahren für viele Un-         ein Quiz für Sie:
    ternehmen noch ein absolutes No-Go war, ist

    Q U I Z: WA S I ST H I E R PA S S I E RT?
    Vater und Sohn fahren im Auto. Sie haben einen
    Unfall, bei dem beide verletzt werden. Sie wer-
    den in ein Krankenhaus gebracht, in dem ein
    bekannter Chirurg arbeitet. Die Operation des
    Jungen wird vorbereitet, alles ist fertig. Als der
    Chirurg erscheint, wird er blass und sagt: «Ich
    kann nicht operieren, das ist mein Sohn!»

    Was ist hier passiert?

    Die Auflösung finden Sie auf der nächsten Seite.
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Für mehr (körperliche)
                           Flexibilität im Alltag.

TI PPS
Tipp 1: Nicht nur sitzen – stehen oder gehen          Tipp 3: Regelmässig lüften
Sie und ändern Sie die Sitzposition                   Lüften Sie regelmässig. Die frische Luft wird
Versuchen Sie Aufgaben, die Sie nicht unbedingt       möglicherweise auftretende Müdigkeit bekämp-
im Sitzen erledigen müssen, im Stehen oder im         fen und zu einer Steigerung Ihrer Konzentration
Gehen auszuführen. Achten Sie darauf, Ihre Sitz-      beitragen.
position häufig zu wechseln. Dies entlastet ange-
spannte Körperpartien und beugt Verspannun-           Tipp 4: Feste Zeiten einplanen
gen im Rücken vor.                                    Gerade im Homeoffice: Planen Sie sich Ihre Ar-
                                                      beitszeit und Ihre Pausen fest ein, damit Sie sich
Tipp 2: Übungen einbauen                              wirklich auch daran halten. Hier ist es wichtig,
Bauen Sie kleine Übungen zur Dehnung und              dass Sie unbedingt auch Pausen (fern vom Com-
Mobilisation in Ihren Arbeitsalltag ein.              puter) machen und beispielsweise die Mittags-
                                                      pause etwa für einen Spaziergang nutzen.

AU F LÖSU N G Q U I Z
Verwirrt? Der Chirurg in der Geschichte ist eine      deshalb für eine inklusive Sprache entschieden.
Chirurgin. Wenn zum ersten Mal das Wort «Chi­         Wir verwenden das Gendersternchen. Das Gen-
rurg» fällt, denken die meisten aber erst einmal      dersternchen (*) hinter einem Wort dient als Ver-
an einen Mann im weissen Kittel. (Natürlich           weis auf den Konstruktionscharakter von «Ge-
könnte der Junge in der Geschichte auch zwei          schlecht». «Frauen*» beispielsweise bezieht sich
Väter haben.) Dieses und andere Beispiele zei-        auf alle Personen, die sich unter der Bezeichnung
gen: Sprache hat einen Einfluss darauf, was           «Frau» definieren, definiert werden und/oder sich
wir uns vorstellen, und damit auch darauf,            sichtbar gemacht sehen. Vielleicht verlangen wir
was wir uns vorstellen können und was wir             damit von einigen Lesenden etwas Flexibilität,
für normal halten. Ursprünglich waren Frauen          aber darum geht es ja bei dieser Ausgabe.
in der männlichen Form auch gar nicht mitge-
meint. Die kommt nämlich aus einer Zeit, in der       Berufsbezeichnungen sind aktuell noch klar
Frauen viele Berufe nicht ergreifen durften, in der   binär definiert und unterliegen dem Bundes-
es also tatsächlich keine Chirurginnen gab. Das       recht, weshalb wir die Schrägstrich-Variante im
hat sich geändert – nur unsere Sprache sendet         Magazin bei Berufsbezeichnungen beibehalten.
noch immer die alten Signale. In diesem Magazin
möchten wir ein Zeichen setzen und haben uns
                                                                       Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021   5
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GESUNDHEITSBRANCHE

VERANTWORTUNG
ÜBERNEHMEN
Gesundheitsberufe standen während der Co-           ist das die Bestätigung, auf dem richtigen Weg
ronakrise besonders unter Druck. Rebecca            zu sein.
Nufer aus Sarnen erzählt im Interview, wie sie
in einer Langzeitinstitution mit den Herausfor-     Trotz – oder vielleicht auch wegen – der beson-
derungen der Coronapandemie umgegangen              deren Umstände wuchs der Zusammenhalt in
ist und wie ihre Ausbildung ihren Blick aufs        Rebeccas Team. «Wir als Team waren gezwun-
Leben verändert hat.                                gen, noch besser als sonst zu kommunizieren,
                                                    damit alles reibungslos funktioniert. Das hat uns
Als das Coronavirus in Obwalden ankommt, ist        zusammengeschweisst. Auch in der Freizeit un-
Rebecca Nufer im ersten Ausbildungsjahr. Zwar       ternehme ich viel mit meinen Kolleg*innen»,
ist die 18-Jährige als Lernende zur Fachange-       sagt die Lernende.
stellten Gesundheit im Pflege- und Altersheim
Residenz Am Schärme es bereits gewohnt, Ver-        Aufgrund von Corona waren andere Lernen-
antwortung zu übernehmen und flexibel auf die       de (aus anderen Kantonen) gezwungen, ihren
Geschehnisse in der Klinik zu reagieren. Doch       Lehrbetrieb zu wechseln oder ihre Lehre sogar
eine weltweite Pandemie, die besonders für ältere   abzubrechen. Rebecca Nufer hatte das Glück, die
Menschen bedrohlich ist, war neu für sie und ih-
re Kolleg*innen: «Die Coronapandemie war und
ist eine aussergewöhnliche Situation für uns.
Anfangs war alles neu. Ich hatte grossen Respekt
gegenüber dem Virus.» Insbesondere zu Beginn
der Pandemie lastete daher ein hoher Druck auf
der Lernenden. «Die Vorsichtsmassnahmen im
Lehrbetrieb waren extrem hoch und der Druck
war permanent präsent. Ich war sehr vorsichtig.
Schliesslich wollte ich kein Risiko eingehen und
die Bewohner*innen auf keinen Fall anstecken»,
erinnert sich die 18-Jährige.

Bezugsperson in der Krise
Glücklicherweise gab es auf Rebeccas Abteilung
fast keine Covid-Patient*innen. Im Altersheim
wurden die Mitarbeitenden regelmässig getestet,
der Kontakt zu den Bewohner*innen musste al-
lerdings auf das Mindeste heruntergefahren wer-
den. «Unsere Bewohner*innen hatten durch die
Corona-Regelungen kaum Besuch. Wir haben
mit ihnen geredet, ihnen zugehört und waren da.
Wir waren ihre Bezugspersonen», sagt sie. Für sie   Rebecca Nufer (18) ist dankbar für ihren Beruf.

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Ausbildung wie geplant durchziehen zu können.                          Natürlich gebe es auch Schattenseiten in ihrem
    Sie sagt: «Auch wenn es keine einfache Zeit war,                       Beruf. Aber diese halten sich in Grenzen: «Es gibt
    war ich sehr froh darüber, dass ich weiterarbeiten                     wenig, das ich nicht gern mache in meinem Job»,
    konnte.»                                                               berichtet Rebecca. Zum Beispiel Reinigungsar-
                                                                           beiten. «Aber auch diese Aufgaben gehören nun
    Mehr als ein Beruf                                                     mal zum Job dazu», betont sie.
    Für den Beruf als Fachfrau Gesundheit EFZ hat
    sie sich unter anderem aufgrund ihrer Tanten                           Das nächste Ziel fest im Blick
    entschieden. «Zwei meiner Tanten arbeiten auch                         Ihr Ziel für ihren Abschluss nächstes Jahr hat
    in der Pflege, und wir haben uns oft über ihre                         Rebecca: «Ich möchte sehr gerne mit Ehrenmel-
    Tätigkeiten ausgetauscht. Ich fand das so span-                        dung abschliessen», sagt sie lachend. «Ich be-
    nend, dass ich es selbst ausprobieren wollte», sagt                    komme häufig zu hören, wie viel Potenzial ich
    Rebecca. In verschiedenen Altersheimen ging sie                        für diesen Beruf habe. Darum habe ich meine
    schnuppern. Nach einigen Praktika stand für sie                        Ziele so hoch gesetzt.»
    fest, dass auch sie in die Pflege gehen will. Auf-
    grund des Angebots in der Residenz Am Schär-                           Auch die nächste Etappe hat Rebecca schon fest
    me entschied sie sich dazu, dort ihre Ausbildung                       im Auge. Trotz Corona will sie nach ihrer Aus-
    zu absolvieren.                                                        bildung unbedingt in der Pflege weitermachen:
                                                                           «Für mich ist klar, dass ich bleibe. Ich werde
    Rebecca Nufer ist überzeugt davon, dass sie den                        gleich eine Weiterbildung zur Pflegefachfrau HF
    richtigen Beruf gewählt hat. «Während der Pan-                         machen.» Vorher gönnt sich die begeisterte Win-
    demie ist der Gesundheitsberuf in der Öffent-                          tersportlerin aber noch eine kleine Verschnauf-
    lichkeit mehr in den Fokus gerückt. Ich habe                           pause. Sie erzählt: «Wenn ich die Ausbildung
    viel Zuspruch von meinem Umfeld bekommen.»                             abgeschlossen habe, würde ich gerne eine ein-
    Besonders an ihrem Beruf liebt sie den sozia-                          oder zweimonatige Pause einlegen und reisen
    len Aspekt und dass man so viel in Kontakt mit                         gehen. Ich hoffe, dass das bis dahin wieder mög-
    älteren Menschen ist. Sie betont, dass sich ihr                        lich ist.»
    Blick auf ihr Leben geändert habe, seitdem sie
    mit älteren Menschen zusammenarbeitet. «Ich                            Jungen Menschen, die vor der Berufswahl ste-
    schätze das Leben, denn ich weiss um seine Ver-                        hen, rät Rebecca, auf sich selbst zu hören und
    gänglichkeit», sagt sie. Von den Bewohner*innen                        sich auszuprobieren.
    kann die 18-Jährige noch so einiges lernen.

           Ausbildung, die richtig Spass
           macht – und dich genau dorthin
           bringt, wo du sein willst!                                                             G’wundrig?
                                                                                                 Dann schau bei
                                                                                                  uns auf der
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           verarbeiter/-in kennen zu lernen und um eine freie Lehrstelle
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                          TITEL
                          Untertitel

                                       Abächerli Media AG, Sarnen                                           www.abaecherli.ch

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BERUFSBILDUNGSMAGAZIN - OBWALDNER - Gewerbeverband Obwalden
Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021   9
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Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021   11
JUBILÄUM

     BERATEN FÜR DIE ZUKUNFT

     Die Leiterin der Berufs- und Weiterbildungs-                                          Ausserdem müssen Schüler*innen heute oft be-
     beratung Obwalden, Andrea Egli, begleitet seit                                        reits für Schnupperlehren ein vollständiges Be-
     gut zwanzig Jahren Jugendliche und Erwach-                                            werbungsdossier einreichen, ein Telefon alleine
     sene in Berufs- und Laufbahnfragen.                                                   genügt nicht mehr.

                                                                                           Eine der grössten Veränderungen ist die höhere
                                                                                           Anzahl von Beratungen für Erwachsene. Einige
                                                                                           junge Erwachsene möchten nach der Berufs-
                                                                                           lehre nicht mehr auf ihrem Beruf weiterarbeiten
                                                                                           oder haben den Wunsch, eine Berufsmatura zu
                                                                                           absolvieren. Ausserdem sind Weiterbildungen
                                                                                           aus dem angestammten Beruf wichtiger gewor-
                                                                                           den. Erwachsene wechseln eher die Firma und
                                                                                           suchen eine neue Stelle. Berufsabschlüsse für
                                                                                           Erwachsene bieten Optionen, auch nach einigen
                                                                                           Praxisjahren zu einem Lehrabschluss zu gelan-
                                                                                           gen. Im Vergleich zu früher sind bei uns in der
                                                                                           Beratung vermehrt auch gesundheitliche Aspek-
                                                                                           te ein Thema. Seit Kurzem arbeiten wir zudem
                                                                                           mit Institutionen zusammen, die Flüchtlinge 1
                                                                                           und vorläufig Aufgenommene begleiten.
     Andrea Egli (58).
                                                                                           Gibt es Aspekte, die in der Berufs- und Weiter-
                                                                                           bildungsfindung gleich bleiben?
     Frau Egli, was hat sich in dieser Zeit in der Be-
     rufs- und Arbeitswelt verändert? Haben sich                                           Es ist viel im Wandel. Die berufliche Orientierung
     die Jugendlichen und Erwachsenen selber                                               in der Schule nimmt weiterhin einen hohen Stel-
     verändert?                                                                            lenwert ein, die Lehrpersonen engagieren sich
                                                                                           sehr dafür. Und die Lehrbetriebe haben immer
     Es gab tatsächlich Veränderungen, einerseits                                          noch ein sehr hohes Interesse daran, Jugendli-
     werden einige Berufslehren inzwischen anders                                          che auszubilden. Eltern begleiten und unterstüt-
     bezeichnet: Bäcker/-in-Konditor/-in-Confiseur/-                                       zen ihren Sohn oder ihre Tochter und sind sehr
     in EBA, Gärtner/-in EFZ und Schreiner/-in                                             froh, wenn alles klappt.
     EFZ sind bekannt. Systemgastronomiefach-                                              Die Erwartungen der Personen, die zu uns kom-
     mann/-frau EFZ, Interactive Media Designer EFZ                                        men, sind dieselben: Alle möchten eine Arbeitstä-
     und auch Raumausstatter/-in EFZ hingegen we-                                          tigkeit ausführen, die ihnen gefällt, die sie erfüllt
     niger. Auch bei Stelleninseraten für Erwachsene                                       und bei der sie ihre Kompetenzen und Interessen
     werden Funktionen und Berufsbezeichnungen                                             einbringen können. Wir alle möchten Wertschät-
     verwendet, die es früher noch nicht gab.                                              zung für unser Tun erfahren. Wir bieten Unter-

12   1
         Die Schreibweise wurde explizit so gewünscht. Man verwendet heute auch oft den Begriff «geflüchtete Personen».
stützung an, die Entscheidung und Umsetzung         Sie tragen als Leiterin Berufs- und Weiter-
liegt danach bei den Beteiligten selber.            bildungsberatung Obwalden nicht nur die
                                                    Verantwortung für die personelle, organisa-
Frau Egli, im Jahr 2020 feierte das Bildungs-In-    torische und administrative Führung der Ab-
formations-Zentrum BIZ sein 30-jähriges Ju-         teilung. Sie sind auch verantwortlich für die
biläum. Was haben Sie vor 30 Jahren in das          strategische Ausrichtung und die Weiterent-
Angebot aufgenommen?                                wicklung der Dienstleistungen. Hat sich die
                                                    Strategie mit der Pandemie verändert?
Das BIZ ist unsere Infothek. Damals wurden in
einer Lese-Ecke und später in einem Büro ver-       Nein. Die Pandemie hat jedoch verschiedene
schiedene Medien über Ausbildungen aufgelegt        Diskussionen zu Online-Beratungen und ande-
und ausgeliehen. 1995 und nochmals 2011 konn-       ren Online-Dienstleistungen vorangetrieben. Es
te das BIZ vergrössert werden. Es wurde mit ei-     war bereits vor der Pandemie ein Strategieziel,
ner Arena für Klassenveranstaltungen bestückt.      neben Berufs- und Laufbahnberatungen bei uns
Zudem wurden nun verschiedene Unterlagen zu         vor Ort auch Online-Beratungen anzubieten. Wir
Aus- und Weiterbildungen für Erwachsene auf-        gehen davon aus, dass wir damit weitere Perso-
gelegt. Auch Videos, vor allem über Berufslehren,   nen für Berufs- und Laufbahnberatungen an-
konnten angeschaut werden. Von Beginn weg           sprechen können. Wir haben zudem letztes Jahr
stand eine Fachperson für Auskünfte zur Verfü-      eine Infoveranstaltung über Zwischenjahre auf
gung und das BIZ war immer ohne Anmeldung           Video aufgezeichnet oder Anfang Jahr einen
während einiger Zeit pro Woche zugänglich.          Elternabend zum Übertritt online aufgearbeitet.
In den letzten Jahren veränderte sich die natio-    Wir werden uns in nächster Zeit Überlegungen
nale Plattform www.berufsberatung.ch sehr und       über weitere Angebote machen.
immer mehr Informationen wurden auch online
zugänglich. Bei uns im BIZ sind weiterhin auch      Die Zukunft ist für alle etwas ungewiss: für
Printmedien vorhanden, was viele schätzen. Seit     junge Menschen, die sich gerade erst für einen
2019 arbeiten wir im Bereich der Erstausbildun-     Berufsweg entschieden haben, wie auch für
gen mit Grundberufskarten und Tablets. Schü-        Erwachsene, die sich weiterbilden oder neu
ler*innen können damit erste Schritte in der Be-    orientieren möchten. Was geben Sie ihnen mit
rufs- und Ausbildungswahl erarbeiten.               auf den Weg?

Die Berufs- und Weiterbildungsberatung re-          Für alle gilt, unabhängig von der Pandemie: Die
cherchiert und veröffentlicht auch Zahlen zu        verschiedenen Ideen benötigen Zeit für die Um-
Anschlusslösungen der Schulabgänger*in-             setzung. Es lohnt sich, Verschiedenes abzuklären
nen. War etwas an den Zahlen in den letzten         und Recherchen nicht einseitig zu tätigen. In-
Jahren auffällig?                                   formationen über Medien und das Internet sind
                                                    wichtig – doch ebenso wichtig ist das Erleben.
In Obwalden absolvieren etwa 70 % der Jugend-       Berufe, Aus- und Weiterbildungen sollen mit al-
lichen nach der obligatorischen Schulzeit eine      len Sinnen erfahren werden. Oft benötigt es auch
Berufslehre, etwa 10 % wählen eine Zwischen-        Neugierde und Mut, Unbekannteres zu erkun-
lösung. Alle anderen besuchen eine schulische       den. Dabei können verschiedene Personen und
Ausbildung wie das Gymnasium oder die Fach-         Institutionen Unterstützung bieten. Ich wünsche
mittelschule Luzern. Diese Aufteilung hat sich in   ganz viel Glück dazu!
den letzten Jahren nicht verändert.
Zugenommen haben die immer früheren Lehr-
stellenzusagen bereits während des 8. Schuljahrs.
Einige Schüler*innen kürzen ihre Berufswahl ab      Berufs- und
und entscheiden sich frühzeitig für einen Beruf     Weiterbildungs­beratung Obwalden:
und einen Betrieb. Ab und zu passt es perfekt,
doch es kann dann auch zu Lehrvertragsauflö-        www.berufsberatung-ow.ch
sungen kommen.

                                                                    Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021   13
GASTRONOMIE

     FLEXIBILITÄT IN DER
     GASTROBRANCHE
     Corona hat die Gastronomie-Branche hart ge-          chinnen EFZ und den Restaurantfachmann EFZ
     troffen. Auch die malerische Alpenstadt Engel-       bedeutet das: Zwangspause. Elfi Odermatt be-
     berg in der Zentralschweiz ist nicht verschont       schliesst, selbst die Initiative zu ergreifen: «Ich
     geblieben. Wirtin Elfi Odermatt berichtet, wie       habe mit den Lernenden einmal in der Woche
     sie mit den Herausforderungen des Lock-              ein Probekochen gemacht», erzählt sie. «Meis-
     downs umgegangen ist.                                tens kam die Familie oder jemand der Mitarbei-
                                                          tenden zum Probieren vorbei.» Als der Gasthof
                                                          nach zwei Monaten wieder öffnen durfte, wur-
                                                          de der gesamte Betrieb schlagartig wieder zum
                                                          Normalbetrieb hinaufgefahren. Viel Arbeit, die
                                                          sich ausgezahlt hat: «Der Sommer lief sehr gut,
                                                          da viele Schweizer*innen ihren Urlaub in der
                                                          Schweiz verbracht haben. Besonders aus der Ro-
                                                          mandie waren viele da.»

                                                          «Wir glaubten alle nicht daran,
                                                          dass wir noch einmal schliessen
                                                          müssen.»
     Elfi Odermatt (62).                                  Doch im Herbst kam Lockdown Nummer zwei.
                                                          Elfi Odermatt stellt mit dem Servicelernenden
                                                          einen Take-away-Service auf die Beine und ruft
     Um das Wirtshaus Schweizerhaus in Engelberg          das Probekochen wieder ins Leben.
     ranken sich viele Geschichten. Kein Wunder:
     Seine Wurzeln reichen bis ins Jahr 1744 zurück.      Chancen für die Auszubildenden
     Damals wurde der Grundstein für das «Schwy-          Das Schweizerhaus bildet zwar seit zehn Jahren
     zerhüsli» gelegt. Seitdem ist das Gasthaus Kulisse   aus, doch diese Situation war für alle neu. Aber
     für viele abenteuerliche Geschichten, Märchen        die Herausforderungen und erschwerten Bedin-
     und rauschende Feste. Während der Coronakrise        gungen für die Lernenden boten auch Chancen.
     allerdings muss das Wirtshaus schliessen – eine      «Durch die besonderen Umstände durften die
     nervliche Zerreissprobe für Gasthausbesitzerin       Lernenden sehr viel mehr Verantwortung über-
     Elfi Odermatt und ihr Auszubildenden-Team.           nehmen als sonst. In einer herkömmlichen Leh-
                                                          re ist das nicht ganz so häufig der Fall.» Da sich
     Probekochen im Lockdown                              die Gasthausbesitzerin um die Organisation des
     Beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 ist die        Take-away-Angebots kümmerte, war die Res-
     Wirtschaft gezwungen, komplett ihre Türen zu         taurantassistentin EBA alleine für die Halbpen-
     schliessen. Für die drei Lernenden Köche/Kö-         sion im Nebenhaus verantwortlich.

14
Im Sommer 2020 schien die Normalität im Schweizerhaus zurückgekehrt zu sein.

Zudem hielt Lockdown Nummer zwei Hilfe von                                     dem Schweizerhaus schliesslich das Überleben.
aussen bereit. «Die Berufsverbände boten in Zu-                                Nicht alle hatten dieses Glück. «Die Gastrobran-
sammenarbeit mit dem Bund und den Kantonen                                     che war bis jetzt immer krisensicher. 2020 hat
Kurse für die Lernenden an, das war eine will-                                 sich das geändert», sagt Elfi. «Es gab sehr viele
kommene Abwechslung», sagt Elfi Odermatt.                                      Tätige in der Gastrobranche, die abgesprungen
                                                                               sind. Viele nahmen sich die Zeit im Lockdown,
Drei der Lernenden schlossen ihre Ausbildung                                   um sich neu zu orientieren. Für jene, die arbeiten
im Sommer 2021 ab. Dadurch, dass das hekti-                                    wollten, waren die fünf Monate zu lang. Aktuell
sche Alltagsgeschäft wegfiel, konnten die Ler-                                 gibt es einen Mangel an Mitarbeitenden», so Elfi.
nenden durch die Krise sogar profitieren, betont                               Aber auch das sei eine Herausforderung, die sie
Elfi. «Wir als Ausbildungsbetrieb hatten mehr Zeit                             und ihr Team im Schweizerhaus meistern wer-
für die Lernenden, dadurch konnten wir ihnen                                   den. Flexibilität seien sie schliesslich gewohnt.
viel mehr beibringen.»

Zurück zur Normalität                                                          «In der Gastronomie läuft jeder
Die 62-Jährige hat die Hotelfachschule in Luzern
besucht. Mit ihrem Mann hat sie das Schweizer-
                                                                               Tag anders ab. Man muss so oder
haus gepachtet. Sie ist dankbar dafür, dass das                                so flexibel sein.»
Tagesgeschäft mittlerweile wieder zum Alten
zurückgekehrt ist. Sichtlich erleichtert erzählt Elfi                          Ihr Beruf sei zwar stressig, aber auch sehr schön.
Odermatt: «Das Restaurant und die Terrasse sind                                Insbesondere in den vergangenen Monaten: «Es
nun wieder voll.» Zwar würde der Gasthof das                                   war eine grosse Bereicherung, so viel mit den
Take-away-Angebot weiterführen, jedoch sei die                                 jungen Leuten zusammenzuarbeiten. Ich habe
Nachfrage mittlerweile zurückgegangen.                                         die Zeit sehr genossen.»
«Zu Beginn der Krise wussten wir monatelang
nicht, ob wir finanziell unterstützt werden», sagt
die Wirtin. Eine Zusage für Härtefallgelder rettete

                                                                                                Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021   15
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Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021   17
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      Wir auf dem Bau sind flexibel.
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                    Diese Baubetriebe
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18
SCHULBETRIEB

KOMMUNIKATION ALS
SCHLÜSSELELEMENT
Thomi Heiniger ging es wie vielen anderen           organisatorische Faktoren wie beispielsweise die
auch im Jahr 2020. Ein Jahr, das geprägt von        Betreuung schnellstmöglich anzupassen. Die
vielen Veränderungen Flexibilität und Anpas-        Schule bietet einerseits das Kurzzeitgymnasium,
sungsfähigkeit forderte. Als Schulleiter war        aber auch die Sekundarklassen und die kauf-
er verantwortlich dafür, dass die Schule vom        männische Grundbildung an. «Schon im ‹nor-
einen Tag auf den anderen auf Fernunterricht        malen› Alltag bin ich es gewohnt, verschiedene
umgestellt werden konnte.                           Bälle zu jonglieren. Corona hat dies sicher nicht
                                                    einfacher gemacht», so Heiniger. Er sei allerdings
                                                    sehr froh gewesen, dass die Schule technisch be-
                                                    reits sehr gut aufgestellt war. «Wir hatten bereits
                                                    zuvor eine digitale Lernplattform. Ganz alles liess
                                                    sich mit der Online-Plattform aber nicht bewälti-
                                                    gen, also wurde auf Microsoft Teams umgestellt.»

                                                    Als Schulleiter war für Thomi Heiniger die Fle-
                                                    xibilität der Lehrpersonen, welche die Umstel-
                                                    lungen immer mitgetragen haben, von grosser
                                                    Bedeutung. Er erinnere sich daran, dass Umstel-
                                                    lungen dieser Art immer längere Prozesse waren.
                                                    An seinem neuen Arbeitsplatz in Engelberg je-
                                                    doch gelang das Umstellen innerhalb von zwei
                                                    bis drei Monaten. «Wir hatten natürlich wie al-
                                                    le anderen Schulen auch den entsprechenden
                                                    Druck», so Heiniger.
Thomi Heiniger (55).

                                                    Auf einmal von zu Hause aus
In den Gängen der Sportmittelschule herrsch-        Auch für die Lernenden stellte der plötzliche
te während Monaten Stille. Da, wo sonst ab und      Wechsel auf den Fernunterricht eine grosse Ver-
zu Bälle jongliert oder Witze gemacht werden,       änderung dar. Neben dem Unterricht, dem fort-
passierte während Corona gar nichts. «Das war       an von zu Hause aus zu folgen war, mussten die
für uns sehr seltsam, wir sind ja nicht einfach     Lernenden auch ihre Trainings selbst planen
irgendeine Schule. Fast alle der Schüler*innen      und durchführen. Eine Aufgabe, die den Schü-
übernachten auch hier», erklärt Schulleiter Thomi   ler*innen viel Disziplin und Selbstverantwor-
Heiniger. Zwar seien die Schüler*innen aufgrund     tung abverlangte. Um dem Ganzen auch ein
des externen Trainings und während der Wett-        bisschen Kreativität zu verleihen, wurden die
kampfsaison oft abwesend, aber es sei immer et-     Lernenden mit zu bewältigenden Challenges
was los im Internatsgebäude und in den Schul-       beauftragt. «Bis zum Sommer konnten wir die-
zimmern. Anders war das im Frühjahr 2020: Die       se neue Art des Lernens und Trainierens sehr
Sportmittelschule Engelberg musste aufgrund         gut etablieren. Selbst die schriftlichen Matu-
von Corona auf Fernunterricht umstellen. Es galt,   raprüfungen konnten gut bewältigt werden.»

                                                                     Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021   19
Und zum Zweiten                                                         deren Menschen ist aber extrem wichtig», erklärt
     Als man sich nach den Sommerferien bereits ein                          der Schulleiter. «Wir versuchten so kreativ wie
     bisschen an die Situation gewöhnt hatte, wurde                          möglich zu sein, damit der Austausch trotzdem
     es für Heiniger und sein Team in Engelberg erst                         noch stattfinden konnte, aber für viele Lernen-
     richtig herausfordernd. «In einem kleinen Inter-                        de waren die Einschränkungen im Bereich der
     nat mit 80 Schüler*innen waren die Massnah-                             sozialen Kontakte die grösste Herausforderung.»
     men logischerweise von Anfang an sehr strikt.»
     Die Sicherheit für alle Beteiligten hatte oberste                       Langsam zurück in die Normalität
     Priorität, zumal die Lernenden Sportler*innen                           Aktuell laufe wieder normaler Präsenzunterricht,
     sind und beispielsweise Lungenprobleme gra-                             und dank dem repetitiven Testen an der SSE ha-
     vierende Folgen für ihre künftigen Karrieren ha-                        be man viele Freiheiten wieder zurückgewon-
     ben könnten. Man hat bereits sehr früh Schutz-                          nen. «Corona fordert unser ganzes Team immer
     massnahmen eingeführt, Plexiglasscheiben an                             noch, aber wir sind zuversichtlich. Wie wohl die
     allen Schüler*innenarbeitsplätzen montiert und                          meisten Menschen hoffen wir, dass wir nach
     Umluftentkeimer organisiert. Trotz all dieser Be-                       den Sommerferien in ein ‹normales› Schuljahr
     mühungen gab es aber auch an der Schule eini-                           2021/ 22 starten dürfen.»
     ge positive Fälle. Ende Herbst entschärfte sich die
     Situation wieder, weil viele Schüler*innen auf-                         Als Thomi Heiniger im März 2018 die Stelle an-
     grund von Trainings und Wettkämpfen extern                              trat, stand Covid-19 natürlich nicht im Stellen-
     unterwegs waren.                                                        beschrieb. Was ihm dennoch beim Krisenma-
                                                                             nagement half, war die gute Kommunikation
     Die Herausforderungen, so beschreibt Heiniger,                          innerhalb des Teams und auch nach aussen.
     waren organisatorischer, aber vor allem auch so-                        «Die aktive Kommunikation ist in einer Krise das
     zialer Natur. «Wir mussten strenge Regeln auf-                          Wichtigste.» Die Situation habe viele Ressourcen
     stellen, um die ständige Durchmischung in un-                           gebraucht. Und letztlich zeichneten sich sogar
     serem Schulalltag unter Kontrolle zu halten.» So                        einige Vorteile aus der Krise ab: «Die Digitalisie-
     durften die Schüler*innen sich beispielsweise                           rung kam endlich voran, wir sind heute noch
     nur auf ihrem eigenen Stockwerk aufhalten und                           besser aufgestellt.» Alles in allem seien grosses
     mussten wenn möglich in ihren Zimmern blei-                             Engagement und Flexibilität von allen Beteiligten
     ben. «Der soziale Kontakt, der Umgang mit an-                           sehr hilfreich gewesen.

     In der Sportmittelschule wurde während Corona plötzlich alles anders.

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BUCHHANDLUNG

     FLEXIBILITÄT BEDEUTET,
     MIT DER ZEIT ZU GEHEN
     Trotz geschlossenem Geschäft liess Alban Dil-         konnten durch die Aktion nicht nur gepflegt,
     lier seine Kundschaft während der Corona-             sondern sogar verbessert werden.
     pandemie nicht im Stich. In seiner Buchhand-
     lung im Zentrum von Sarnen wurde flexibel
     reagiert und kurzerhand umgestellt: von per-          «Wir haben heute fast eine engere
     sönlicher Betreuung auf kontaktlose Abho-             Beziehung zu unserer Kundschaft,
     lung und Lieferung.
                                                           weil wir eine schwierige Zeit zu-
     Es ist der erste Tag des Lockdowns im März 2020.      sammen durchgestanden haben.»
     Das Buchgeschäft Dillier in Sarnen war für viele
     Kund*innen bisher wie ein zweites Wohnzimmer.
     Jetzt sind die Türen der einzigen Buchhandlung        Alban Dillier betont, dass die Lernende Ronja am
     in Obwalden bis auf Weiteres geschlossen. Ge-         Erfolg der Umsetzung des Corona-Projekts mass-
     schäftsführer Alban Dillier sitzt zu Hause, als ihn   geblich beteiligt war. In Windeseile erstellte diese
     per SMS der Hilferuf einer Kundin erreicht: «Wie      nämlich eine Infografik und teilte das neue An-
     komme ich jetzt an meine Bücher ?»                    gebot über Instagram, um die Kundschaft über
                                                           die neuen Bestellmöglichkeiten zu informieren.
     Der 39-Jährige reagiert umgehend: Virtuell
     trommelt er sein sechsköpfiges Team zusam-            Glück im Unglück sei gewesen, dass keine gros-
     men und sie überlegen gemeinsam, wie sie ihre         sen Mehrkosten in der Krise entstanden seien.
     Kundschaft auch trotz geschlossenem Geschäft          «Das Haus, in dem sich unser Geschäft befindet,
     mit Lesestoff versorgen können. Die Idee ist,         gehört meiner Familie, und wir haben nur we-
     dass Bücher von nun an kontaktlos bestellt und        nige Angestellte», so Dillier. Bisher profitierte die
     über ein Abholfach besorgt werden können. Die         Buchhandlung von einer sehr grossen Stamm-
     Buchhandlung bietet ausserdem eine kostenlose         kundschaft und grossen Firmen, die regelmässig
     Hauslieferung. Stolz berichtet Dillier: «Innerhalb    bei ihnen einkauften.
     von einem halben Tag haben wir das neue Kon-
     zept auf die Beine gestellt.»                         Breit gefächert ausgebildet
                                                           Aufgrund der Pandemie musste das letzte Lehr-
     Der Plan geht auf. Über Whatsapp, Instagram,          jahr von Ronja vom geplanten Lehrplan ab-
     E-Mail oder klassisch via Telefon gehen die ers-      weichen. Buchhändler Dillier bedauert, dass
     ten Bestellungen ein. Neben Büchern werden            einige Teile der Ausbildung, wie das Austausch-
     auch Spiele, Rätsel und Blöcke verkauft.              programm mit anderen Buchhandlungen, weg-
                                                           gefallen sind. Nichtsdestotrotz bot die Krise Ronja
     Werbung über Instagram                                auch die Chance, ihr Know-how und ihre Kreati-
     Dem Familienbetrieb war es wichtig, den Kon-          vität unter Beweis zu stellen.
     takt zur Stammkundschaft zu erhalten, damit sie
     nicht zu Online-Verkäufern wie Amazon oder
     Ex Libris umsteigen. Die Kundenbeziehungen

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Ein eingespieltes Team: Bücher Dillier, Sarnen.

«Flexibilität bedeutet, dass man                      spieltes Team. Ronja wird auch dabei helfen, die
die jungen Stimmen hört und mit                       neue Lernende Anna einzuarbeiten.»
der Zeit geht,» erklärt Alban Dillier.                Gestärkt in die Zukunft
                                                      Auch wenn in den letzten Monaten vieles anders
Ronja schafft es durch Instagram und Mangas,
                                                      kam als geplant: Alban Dillier schaut positiv in
auch die junge Kundschaft wieder mehr an Bord
                                                      die Zukunft. Die Krise habe ihn und sein Team
zu holen und zum Lesen zu animieren. Die Aus-
                                                      stärker gemacht.
bildung innerhalb des Familienbetriebs Dillier ist
ein Mix aus Verkauf, Verlagskunde und Litera-
tur. Voraussetzung für eine der begehrten Aus-        «Mir hat die Krise gezeigt, dass wir
bildungsstellen ist es, informiert und auf dem
Laufenden zu sein. «Die Stelle erfordert Hinter-      flexibel und kreativ sind und Ideen
grundwissen. Uns ist es wichtig, dass man offen       schnell umsetzen können.»
ist und sich für Menschen, Bücher und das Le-
ben interessiert. Wer viel liest, bildet sich auto-
                                                      Er ist überzeugt davon, dass die Bücherbranche
matisch weiter.»
                                                      weiterhin Bestand haben wird – trotz Trend zu
                                                      E-Books und Online-Journalismus. «2013 war
Nach Abschluss ihrer Ausbildung in der Buch-          der Höhepunkt der E-Books. Damals ging man
handlung Dillier in diesem Jahr stehen Ronja          davon aus, dass dies nun das Ende des Buches
viele Türen offen. Etwa im Verlagswesen, in der       sei.» Diese Prognose bewahrheitete sich aller-
Auslieferung oder Buchhaltung. Alban Dillier          dings nicht. Dillier ergänzt: «Buch-Liebhaber*in-
freut sich, dass Ronja dem Team in Sarnen in den      nen gibt es in allen Generationen. Ein schönes
kommenden drei Jahren aber erst noch erhalten         Buch ist und bleibt unersetzbar.»
bleiben wird. «Wir sind mittlerweile ein einge-

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STUDIUM

     DER ONLINE-STUDENT

     Der Maschinenbaustudent Manuel Omlin be-             nen konnten im Nachhinein angeschaut werden
     suchte die Hochschule in Horw und glaubt             und man konnte sich den Weg zur Hochschu-
     fest daran, dass es im Leben immer so kommt,         le ersparen. Zur Abschlussfeier habe er sich im
     wie es muss. Im Interview berichtet er von           kleinen Rahmen mit ein paar Freunden getroffen
     seinem Leben als Student in einem etwas an-          und ein, zwei «Bierli» getrunken.
     deren Jahr und wie es ihm gelungen ist, trotz
     Pandemie seinen Träumen nachzugehen.                 Vom Spitzensportler zum Vollzeitstudenten
                                                          Zwar wusste Manuel schon früh, dass er Maschi-
     Schon früh wusste der 25-Jährige, dass er Ma-        nenbau studieren möchte, doch gab es eine Zeit,
     schinenbau studieren möchte, und ging diesem         in der er bestrebt war, seine sportlichen Ziele an
     Traum im Jahr 2017 mit dem Start ins Studium         erster Stelle zu setzen. «Als ich jünger war, habe
     an der Hochschule in Horw nach. «Am Anfang           ich Leichtathletik-Spitzensport gemacht.» Da-
     verlief das Studium wie erwartet», erklärt Manu-     mals stand Sport für Manuel im Fokus und das
     el und lächelt, als er zurückdenkt an die Zeit, in   Studium sollte nur nebenbei Platz haben. Auf-
     der es hiess, dass Corona die Schweiz wohl kaum      grund einer Knieverletzung musste er diese Vi-
     betreffen werde. Seine letzten zwei Semester ver-    sion jedoch früher als geplant aufgeben und ent-
     brachte er dann aber, wie die meisten Studieren-     schied sich dazu, sich ganz auf das Studium zu
     den zu dieser Zeit, im Homeschooling.                konzentrieren. Der Leichtathletik blieb er jedoch
                                                          durch das Mitwirken im Verein als Trainer treu.
     Schule von zu Hause aus
     Wie für viele Betroffene war auch für Manuel der     Seine berufliche Karriere hat Manuel als Kon­
     Unterricht von zu Hause aus gewöhnungsbedürf-        strukteur bei der maxon motor ag begonnen.
     tig. «Homeschooling war für mich am Anfang           Dort wurde er vor allem durch Lernende, die
     schwierig, weil der Austausch mit den Studieren-     schon länger im Betrieb waren, auf das Studium
     den weggefallen ist.» Telefonate und Zoom-Mee-       in Horw aufmerksam. Sie waren es auch, die ihn
     tings seien gute Alternativen und während des        dazu motiviert hatten, die Berufsmatura und im
     Lockdowns sogar für Pausengespräche sowie            Anschluss daran den Bachelor zu absolvieren.
     zur gegenseitigen Unterstützung und für Lern-
     stunden eingesetzt worden. Es stelle zumindest       Ungewisse, aber spannende Zukunft
     eine Form des persönlichen Austauschs dar, ver-      Der Sarner hat vor ein paar Monaten sein Studi-
     mag diesen letztlich jedoch nicht komplett zu        um abgeschlossen und ist aktuell auf Stellensu-
     ersetzen, erklärt Manuel. Während sich das ers-      che, schweizweit. Oder zumindest fast. Er nehme
     te Semester geprägt durch viele Schwierigkeiten      eine Stunde Fahrt in Kauf, weil es in der Zen­
     und Umgewöhnungen für Manuel als mühsam              tralschweiz nur wenige Stellen gäbe und er sich
     herausstellte, begannen sich im Laufe der Zeit       seine Chancen nicht selber nehmen wolle. Als
     auch immer mehr Vorteile abzuzeichnen. «Man          Studienabgänger sei es eine klare Herausforde-
     hat sich daran gewöhnt und besser organisiert»,      rung, gleich im Anschluss eine Stelle zu finden,
     sagt er nachdenklich. Arbeitsaufträge durften        zumal die Arbeitgeber Leute mit Berufserfah-
     beispielsweise selbst eingeteilt werden, Lektio-     rung bevorzugen würden. Auch die Coronakrise

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Manuel Omlin (25) im Homeschooling.

mache es für Manuel nicht einfacher: «Ich habe       tik betreiben. Als ich mich entschloss, die Leh-
das Gefühl, dass kleinere Firmen weniger Stel-       re als Konstrukteur zu absolvieren, war für mich
len ausschreiben, weil sie aufgrund der Krise in     schon bald klar, diese Richtung zu vertiefen.»
Kurzarbeit sind oder zumindest möglichst weni-
ge Risiken eingehen wollen.» Neben der Stellen-      Es kommt, wie es muss
suche arbeitet Manuel momentan als Überbrü-          Wenn wir eines aus dem Jahr 2020 mitnehmen,
ckung in einer Schreinerei. Ihm gefalle der Job,     dann ist es wohl die Flexibilität, die Anpassungs-
er habe aber auch sehr gerne studiert. «Mit allem,   fähigkeit. Auch Manuel hat bewiesen, dass es
was dazugehört», erzählt er lächelnd. Natürlich      trotz Stolpersteinen bergauf gehen kann. Jünge-
hätte er sein Studium lieber in normalen Zeiten      ren Generationen gibt Manuel mit auf den Weg,
abgeschlossen. Der soziale Aspekt sei ein wenig      sich nicht unterkriegen zu lassen. Es sei von
zu kurz gekommen. Jetzt, da er mit dem Studium       grosser Bedeutung, Wille zu zeigen und seine
fertig sei, habe er mehr Zeit und sei dabei, sich    Ziele vor Augen zu halten, auch wenn sich die-
ein neues Hobby zu suchen. Begeisterung emp-         se ändern können. Am Ende des Tages gewinne
findet er fürs Rennvelofahren.                       nur, wer sich für seine Träume auch einsetzt.

Für die nächsten Schritte in seinem Werde-           Und nun?
gang nimmt Manuel sich vor, Berufserfahrung          Das Ende von Corona dürften sich nun alle her-
als Maschinenbauer zu sammeln. Den Mas-              beisehnen. Doch wie sieht es mit konkreten
ter zu machen, schliesst er nicht aus, doch hat      Plänen aus, wenn sich das Virus dann wirklich
dies momentan keine Priorität für ihn. Im Ma-        verzogen hat? «Ganz klar, ich würde reisen ge-
schinenbau gibt es ganz viele verschiedene Be-       hen!», platzt es aus Manuel heraus. Er fügt an,
reiche, die es zu erkunden gibt: «Was mich sehr      dass er sich vor allem für nördliche Regionen wie
interessiert, ist die Entwicklung von Produk-        Kanada oder Norwegen interessiere. «Ich hätte
ten.» Hier sieht Manuel auch seinen Traumbe-         sehr gerne einen Sprachaufenthalt in Form eines
ruf. Etwas Neues zu entwickeln, wie etwa Mo-         Austauschsemesters gemacht oder dann gleich
toren oder Maschinen. Auch die Automation            nach dem Studium. Ich möchte viel sehen und
und die industrielle Robotik interessieren ihn       noch einiges lernen», erzählt Manuel. Wenn Co-
stark. «Ich hatte keinen konkreten Berufswunsch      rona morgen vorbei ist, könnte es also sein, dass
als Kind, ich wollte immer gerne Leichtathle-        er bald in einem Zug sitzt.

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NEUES LAND, NEUES LEBEN

AUSWANDERN ALS
LEBENSENTSCHEIDUNG
Ingrid Ledezma wurde zur Hausfrau erzogen.            «Von Jung und Alt wurde ich
Doch die Kolumbianerin hatte andere Pläne
und wanderte in die Schweiz aus. Heute lebt           herzlich empfangen. Das hat mir
sie mit ihrer Familie in Hergiswil am See und         bei der Integration unheimlich
arbeitet als Pflegeassistentin.
                                                      geholfen.»
Als Schauspielerin auf den grossen Bühnen die-
ser Welt stehen oder als Astronautin durch un-
bekannte Galaxien reisen: Schon als kleines Kind
hatte Ingrid Ledezma grosse Träume. Zwar sollte
sich ihr Traumberuf in den nächsten Jahren noch
häufig ändern, eins stand für die Kolum­bianerin
allerdings fest: Sie will eine eigene Karriere ha-
ben. «Das traditionelle Leben in Kolumbien sieht
vor, dass Frauen dazu erzogen werden, im Haus
zu helfen und ihrem Mann zu dienen. Ich fand
das ungerecht», erzählt die heute 29-Jährige.

Von Kolumbien nach Nidwalden
Ingrid wuchs unter schwierigen Voraussetzun-
gen bei ihrer Grossmutter und Taufpatin in Pal-
mira nahe Cali auf. Ihren Vater hat sie nie ken-
nengelernt und ihre Mutter starb, als sie ein Jahr
alt war. Mit 19 Jahren lernte sie ihren kolumbia-
nischen Ehemann kennen, der auch die Schwei-
zer Staatsbürgerschaft besitzt. Sie bekamen eine
Tochter. Einige Monate später steht die junge Fa-
milie aufgrund einer finanziellen Krise vor dem
Nichts und Ingrids Ehemann beschliesst, Ko-
lumbien zu verlassen und in der Schweiz neu
anzufangen.

Auch wenn Ingrid immer von einer solchen
Chance geträumt hatte, musste sie sich erst mal
an die neue Umgebung gewöhnen. «Anfangs
war alles neu. Ich fühlte mich wurzellos», erzählt
Ingrid. Schnell lernt sie die deutsche Sprache und
passt sich an ihr neues Umfeld an. Dankbar sei
sie für die Unterstützung, die sie von allen Seiten
erfuhr.                                               Ingrid Ledezma (29) fühlt sich heute in der Schweiz zu Hause.

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Trotz den neuen Einflüssen wollte sich Ingrid in      Gekommen, um zu bleiben
     der Schweiz nie verbiegen. Und das musste sie         Bereut hat Ingrid ihren Berufsweg nie. Im Ge-
     auch gar nicht. «Ich konnte meine Prinzipien          genteil!
     und Werte weiterführen und neue integrieren.
     Ich habe meine Identität behalten», erzählt sie
     stolz.                                                «Die Coronakrise hat mich in
     Nach den anfänglichen Startschwierigkeiten
                                                           meinem Entscheid, in die Pflege
     fühlt sich Ingrid in ihrer neuen Heimat in Her-       zu gehen, bestärkt. Es fühlt sich
     giswil am See in Nidwalden wohl. «Heute kann          gut an, gebraucht zu werden
     ich sagen: Ich bin angekommen.»
                                                           und wirklich etwas bewirken zu
     Traumberuf Pflegefachfrau                             können.»
     Die Fähigkeit, flexibel auf neue Herausforderun-
     gen zu reagieren, sei aber nicht nur Vorausset-
     zung dafür, um sich in einem fremden Land zu-         Die 29-Jährige betont, dass es als junger Mensch
     rechtzufinden, betont Ingrid. Auch in ihrem Job       schwierig sei, in Kolumbien ein würdiges Leben
     als Pflegerin profitiere sie davon. «Ich versuche     zu führen. Im Unterschied zur Schweiz biete das
     immer, mein Bestes zu geben. Offen zu sein und        lateinamerikanische Land keine Perspektiven:
     Neues lernen zu wollen, ist dafür die beste Basis.»   «Die wirtschaftlichen Probleme bestehen schon
                                                           seit Jahrzehnten. Junge Menschen bekommen
     Dass sie mal in der Pflege arbeiten würde, hätte      nicht die beruflichen Chancen, die sie verdie-
     sie sich vor ihrem Umzug in die Schweiz niemals       nen.» Ingrid erstaunt es daher, dass es auf der
     vorstellen können. «Ich übe einen Beruf aus, von      anderen Seite junge Menschen in der Schweiz
     dem ich vorher gar nicht wusste, dass es ihn gibt.    gibt, die auswandern wollen. Sie könne die Be-
     Im Gegensatz zur Schweiz kannte ich in Kolum-         weggründe nachvollziehen, allerdings sei es Lu-
     bien keine Altersheime. Wir kümmern uns zu            xus, wenn jederzeit die Möglichkeit bestehe, in
     Hause um ältere Familienmitglieder.»                  die Schweiz zurückzukehren.

     Den Beruf als Assistent/-in Gesundheit und So-
     ziales EBA hat Ingrid trotzdem ganz bewusst ge-       «Für mich war meine Auswan-
     wählt. «Ich wollte ein Berufsfeld ergreifen, wo
     Arbeitskräfte fehlen. Die Wahl fiel schnell auf die
                                                           derung kein Abenteuer, sondern
     Pflege.» Den Lehrgang als Pflegehelferin SRK          eine Lebensentscheidung.»
     machte Ingrid im Jahr 2017. Die zweijährige Aus-
     bildung zur Assistentin Gesundheit und Soziales       Trotz ihrer Flexibilität kommt es darum für Ing-
     EBA schloss sie im Anschluss mit Ehrenmeldung         rid nicht infrage, irgendwann zurück in ihr Hei-
     ab. Doch dabei soll es nicht bleiben. Ingrids Ziel    matland zu ziehen. «Ich hatte mir immer schon
     ist es, das Fähigkeitszeugnis zu erlangen.            gewünscht, im Ausland zu leben. Mein Leben
                                                           ist hier in der Schweiz. Ich werde als Besuche-
     Flexibilität bedeutet für sie aber auch, dass nicht   rin nach Kolumbien gehen, aber nicht zurück-
     alles so schnell geht, wie man sich das vielleicht    gehen.» Jungen Ausländer*innen in der Schweiz
     wünscht. Aufgrund ihrer achtjährigen Tochter          empfiehlt sie, auf jeden Fall eine Ausbildung zu
     will Ingrid den nächsten Schritt auf der Karrie-      machen, falls sich die Möglichkeit bietet, und fle-
     releiter dieses Mal etwas langsamer angehen las-      xibel zu bleiben. «Das duale Ausbildungssystem
     sen: «Man muss sich zwar an die Gegebenheiten         bietet die perfekte Grundlage für den Start ins
     anpassen, sich dabei aber auch treu bleiben kön-      Berufsleben. Seinem Traumberuf kommt man so
     nen.»                                                 automatisch ein Stückchen näher.»

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INTERVIEW

     MIT VIEL GEDULD UND
     DIGITALEM WISSEN

     Die operative Schulleiterin der Höheren Fach-       Schulzeit. Allerdings flachte dieses Hochgefühl
     schule Medizintechnik Sarnen, Eva Maria             relativ schnell ab und wurde durch Ernüchte-
     Amstutz, erzählt im Interview über die He­          rung ersetzt. Zu Hause in den Trainerhosen den
     rausforderungen während der Pandemie und            Laptop aufzuklappen und dem Unterricht zu fol-
     die Wichtigkeit der medizintechnischen Be-          gen, ist halt auf Dauer doch nicht ganz so toll. Der
     rufe. Die 28-jährige Alpnacherin stieg 2020         soziale Austausch und die Eindrücke vor Ort in
     in den Familienbetrieb ein, wobei ihr erster        Sarnen haben gefehlt. Wir sind alle froh, dass in-
     Arbeitstag auf den Tag fiel, an dem der Lock-       zwischen wieder einzelne Klassen den Präsenz­
     down verkündet wurde.                               unterricht besuchen können.

                                                         In der Krise brauchte es viel Flexibilität, von
                                                         der man ausgeht, dass gerade junge Menschen
                                                         diese haben. Wie haben Sie das wahrgenom-
                                                         men?

                                                         Das kann ich bestätigen. Den Studierenden ist
                                                         die Umstellung auf den Online-Unterricht relativ
                                                         leichtgefallen. Ich füge jedoch gerne an, dass die
                                                         Schulleitung und die Lehrpersonen es den Stu-
                                                         dierenden auch möglichst einfach gemacht ha-
                                                         ben. Wir alle haben technisch sehr viel dazuge-
                                                         lernt. Dadurch konnten in den Jahren 2020 und
                                                         2021 bis auf ganz wenige Ausnahmen sämtliche
                                                         Prüfungen und Schulstunden stattfinden. Darauf
     Eva Maria Amstutz (28).                             sind wir schon stolz. Genauso wie auf unsere äl-
                                                         teren Dozent*innen, welche sich mindestens so
                                                         flexibel gezeigt haben wie die Studierenden und
     Frau Amstutz, Sie arbeiten sehr nahe mit Stu-       fortlaufend den Online-Unterricht perfektionier-
     dierenden zusammen. Wie wurde die Bot-              ten. Uns war es immer auch wichtig, wahrzu-
     schaft der Schulschliessung im Frühjahr 2020        nehmen, wie es unseren Studierenden gefühls-
     aufgenommen?                                        mässig geht, und sie situativ zu begleiten. Dies
                                                         wurde von den Student*innen geschätzt, war für
     Erst mal entfachte eine gewisse Euphorie. Sowas     die Schulleitung jedoch besonders zeitintensiv.
     gab es schlichtweg noch nie, und für viele gehört
     die Schulschliessung zu einer Art Wunschfanta-      Die Höhere Fachschule Medizintechnik sagt
     sie. Das kennen wir wohl alle aus unserer eigenen   von sich selbst, dass sie Technik, Medizin und

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Die Höhere Fachschule Medizintechnik zeichnet sich unter anderem durch die familiäre Atmosphäre aus.

Menschen vereinigt. Wie konnte das trotzdem                                       Möglichkeiten erweitert, guten, effizienten Un-
gewährleistet werden, wo doch gewisse Be-                                         terricht zu bieten. Aktuell prüfen wir, ob On-
standteile der Ausbildung entfielen?                                              line-Unterricht ein bleibendes Angebot werden
                                                                                  soll. Wir werden nicht komplett auf Online um-
Ja, das war tatsächlich eine grosse Herausfor-                                    stellen. Aber wir möchten die Vorteile von beiden
derung. Der regelmässige Austausch mit der                                        Systemen – Präsenz und Online – kombinieren
Industrie und die Exkursionen in die Spitäler                                     und nutzen. Schliesslich hat uns dieses Ausnah-
fehlten. Unsere Schule lebt im Regelbetrieb sehr                                  mejahr als Schule zusammengeschweisst. Jede*r
davon, dass wir in diesem Austausch stehen und                                    war auf seine Art und Weise ein Teil davon, hat
unsere Partner besuchen gehen oder sie zu uns                                     ihren Beitrag geleistet. Das zu spüren, hat mich
einladen. Glücklicherweise waren aber viele un-                                   motiviert, immer weiterzumachen und auch
serer Gastreferenten bereit, den Unterricht on-                                   nach der fünften Verordnungsänderung des
line abzuhalten. Dabei waren sie teilweise sehr                                   Bundesrates das Schutzkonzept nochmals anzu-
kreativ. So kam es beispielsweise zu einer vir-                                   passen, wiederholt alle Betroffenen zu informie-
tuellen Führung durch den Betrieb und zu einer                                    ren, die Stundenpläne umzuschreiben usw.
Live-Übertragung aus einer Produktionsstätte.
Auch diesbezüglich galt: Das Beste aus der Situ-                                  Was bedeutet die Krise in Bezug auf das Be-
ation machen. Wir waren dankbar für alles, was                                    rufsfeld der Medizintechnik?
stattfinden konnte, und suchten Alternativen für
die ausgefallenen Exkursionen.                                                    Die Medizintechnikbranche ist eine Wachs-
                                                                                  tumsbranche. Insbesondere wird das Bedürfnis
Gab es denn auch Vorteile während der Krise?                                      nach Medizininformatik immer grösser. Ge-
                                                                                  rade durch die Pandemie hat sich gezeigt, wie
Ja, das gab es. Wir haben Studierende aus der                                     wichtig es ist, dass genügend Beatmungsgeräte
gesamten Deutschschweiz, aus St. Gallen ge-                                       oder Intensivbetten mit all den benötigten me-
nauso wie aus dem Wallis. Für diese Studieren-                                    dizintechnischen Geräten zur Verfügung stehen
den entfielen jedes Wochenende vier Stunden                                       und diese auch funktionieren. Unsere Abgän-
Reiseweg. Zudem integrierten wir schnell neue                                     ger*innen sind dafür mitverantwortlich, dass
Online-Tools, und durch ein externes Coaching                                     die medizintechnischen Geräte in den Spitälern
konnte fortlaufend an der Qualität des Unterrichts                                gewartet werden und stets einsatzbereit sind.
gearbeitet werden. Dadurch haben sich unsere                                      Sie sind gefragt auf dem Arbeitsmarkt, und der

                                                                                                       Berufsbildungsmagazin Obwalden September 2021   39
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