Mobile Dienste - Sozial- und Gesundheitssprengel - Landesrechnungshof - Land Tirol

 
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Mobile Dienste - Sozial- und Gesundheitssprengel - Landesrechnungshof - Land Tirol
Landesrechnungshof

        Mobile Dienste -
        Sozial- und Gesundheitssprengel
Mobile Dienste - Sozial- und Gesundheitssprengel - Landesrechnungshof - Land Tirol
Impressum

Landesrechnungshof Tirol
Eduard-Wallnöfer-Platz 3
6020 Innsbruck
Telefon: +43 512 508 3032
Email: lrh@tirol.gv.at
www.tirol.gv.at/lrh
Herausgegeben: LR-0560/89, 12.4.2021
Abkürzungsverzeichnis

B-VG        Bundes-Verfassungsgesetz
BEP         Bedarfs- und Entwicklungspläne
BGBl. Nr.   Bundesgesetzblatt Nummer
BVerG       Bundesvergabegesetz
BPGG        Bundespflegegeldgesetz
DGKP        Diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen
F-VG        Finanz-Verfassungsgesetz
FAG         Finanzausgleichsgesetz
GuKG        Gesundheits- und Krankenpflegegesetz
idF         in der Fassung
LGBl. Nr.   Landesgesetzblatt Nummer
LRH         Landesrechnungshof
PFG         Pflegefondsgesetz
SGS         Sozial- und Gesundheitssprengel
TirLRHG     Tiroler Landesrechnungshofgesetz
TMSG        Tiroler Mindestsicherungsgesetz
TSBBG       Tiroler Sozialbetreuungsberufegesetz
Inhaltsverzeichnis

1.          Einleitung .................................................................................................................................................................. 1
2.          Rahmenbedingungen ............................................................................................................................................ 3
     2.1.       Pflegekette ........................................................................................................................................................... 3
     2.2.       Gesetzliche Rahmenbedingungen und Richtlinien .................................................................................. 5
       2.2.1.        Gesetzliche Rahmenbedingen ................................................................................................................... 5
       2.2.2.        Richtlinien ....................................................................................................................................................... 9
     2.3.       Vertragliche Rahmenbedingungen ............................................................................................................. 11
     2.4.       Gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen........................................................................ 14
     2.5.       Personelle Rahmenbedingungen ................................................................................................................ 15
3.          Bedarfs- und Entwicklungspläne ..................................................................................................................... 16
     3.1.       Erstellung ........................................................................................................................................................... 16
     3.2.       Evaluierung ........................................................................................................................................................ 17
4.          Ausgaben und Finanzierung............................................................................................................................. 20
     4.1.       Gesamtausgaben ............................................................................................................................................ 20
     4.2.       Finanzierung..................................................................................................................................................... 20
       4.2.1.        Mittel der KlientInnen ................................................................................................................................ 21
       4.2.2.        Nettoausgaben des Landes Tirol ............................................................................................................22
     4.3.       Refinanzierung durch den Pflegefonds .....................................................................................................23
5.          Investitionen ......................................................................................................................................................... 24
6.          Leistungen ............................................................................................................................................................. 28
     6.1.       Leistungskatalog ..............................................................................................................................................28
     6.2.       Leistungsanbieter ............................................................................................................................................32
       6.2.1.        Sozial- und Gesundheitssprengel...........................................................................................................33
       6.2.2.        Sonstige Anbieter........................................................................................................................................33
     6.3.       Leistungsentgelt...............................................................................................................................................34
       6.3.1.        Einführung des Normkostenmodells.....................................................................................................34
       6.3.2.        Evaluierung des Normkostenmodells ...................................................................................................35
     6.4.       Dokumentations- und Berichtspflichten ..................................................................................................38
     6.5.       Leistungsentwicklung .....................................................................................................................................42
7.          Qualitätssicherung .............................................................................................................................................. 45
8.          Wirkung ...................................................................................................................................................................47
9.          Aufsicht ................................................................................................................................................................... 51
10.         Zusammenfassende Feststellungen ............................................................................................................... 53
Stellungnahme der Regierung
1. Einleitung
    Prüfungsauftrag                                            Gemäß § 3 Abs. 1 des Tiroler Landesrechnungshofgesetzes1 i.V.m. der Geschäfts­
                                                               ordnung des Landesrechnungshofes ordnete der Landesrechnungshofdirektor am
                                                               8.4.2020 eine Prüfung des Themas „Mobile Dienste – Sozial- und Gesundheits-
                                                               sprengel“ an.

    Ausgangslage                                               Die demografischen Entwicklungen mit einer stets älter werdenden Bevölkerung
                                                               haben in den vergangenen Jahren zu einer verstärkten Nachfrage nach öffentlichen
                                                               Pflegeleistungen geführt.
                                                               Diese verstärkte Nachfrage führte zu einem Anstieg des Bedarfs an Mobilen Diens­
                                                               ten in den Sozial- und Gesundheitssprengeln (SGS) sowie auch an Pflegeheimplät­
                                                               zen. Bei den Leistungen, die die Pflegeeinrichtungen für die betreuten Personen in
                                                               ihrer gewohnten Umgebung erbringen (Mobile Dienste), war eine Erhöhung von
                                                               rd. 450.000 Pflege- und Betreuungsstunden im Jahr 2000 auf rd. 715.000 Stunden
                                                               im Jahr 2019 festzustellen.
                                                               Diese Bedarfsentwicklung wird gemäß dem Evaluierungsbericht aus dem Jahr 2017
                                                               über den „Strukturplan Pflege 2012 - 2022“ auch zukünftig anhalten, was zusätz-
                                                               liche Ressourcen (Personal, Sach- und Finanzmittel) seitens des Landes Tirol erfor­
                                                               dern wird.

    Mobile Dienste                                             Die Mobilen Dienste beinhalten grundsätzlich die ambulante Pflege und Betreu­
                                                               ungsleistungen, wie beispielsweise Hauskrankenpflege und Hilfe zur Weiterführung
                                                               des Haushalts (Heimhilfe). Das Ziel ist, dass die betreuten Personen mit diesen Leis­
                                                               tungen so lange als möglich in ihrer gewohnten Umgebung ein selbstbestimmtes
                                                               Leben führen können.

    SGS                                                        Die flächendeckende Versorgung mit Mobilen Diensten erfolgt im Land Tirol durch
                                                               rd. 70 Pflege- und Betreuungsorganisationen, wovon rd. 60 als SGS organisiert wa­
                                                               ren. Die SGS sollten eine flächendeckende, koordinierte und am Bedarf orientierte
                                                               mobile Betreuung der pflegebedürftigen Menschen in ihrer häuslichen Umgebung
                                                               gewährleisten.

    Landesmittel                                               Die Mobilen Dienste fallen in die Kompetenz der Länder. In der Art. 15a B-VG Ver­
                                                               einbarung „Pflegebedürftige Personen“ verpflichteten sich die Länder Sorge zu tra­
                                                               gen, dass u.a. die Mobilen Dienste dezentral und flächendeckend anzubieten sind.
                                                               Das Land Tirol stellte für die Mobilen Dienste im Zeitraum 2014 bis 2019 insgesamt
                                                               den Betrag iHv rd. 130,0 Mio. € zur Verfügung.

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1
    Gesetz vom 12. Dezember 2002 über den Tiroler Landesrechnungshof (Tiroler Landesrechnungshofgesetz),
    LGBl. Nr. 18/2003 zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 144/2018.

                                                                                                                                                       1
Landesrechnungshof Tirol
Mobile Dienste – Sozial- und Gesundheitssprengel

           Prüfungsziele                                              Ziel dieser Initiativprüfung des LRH war es, in Form einer Allgemeinen Prüfung2,
                                                                      Angebot und Steuerung der Mobilen Dienste zu beurteilen. Weiters galt es festzu­
                                                                      stellen, wie die Versorgungsstrukturen ausgeprägt waren und ob es Optimierungs­
                                                                      potenziale bei der Auslastung, den Verträgen sowie den Tarifen gab.
                                                                      Weiters stellt der LRH die Verwendung der Mittel, die das Land Tirol für die Mobilen
                                                                      Dienste im Rahmen der SGS bereitstellte, dar.

           Prüfungs-                                                  Die Bewertungen im Rahmen dieser Prüfung bezogen sich im Wesentlichen auf die
           gegenstand                                                 Darstellung von rechtlichen, personellen, finanziellen und organisatorischen Rah­
                                                                      menbedingungen. Weiters erfolgt eine Analyse der
                                                                          •   Bedarfsplanungen,
                                                                          •   ambulanten und stationären Leistungsangebote inklusive deren Wirkung,
                                                                          •   Organisation (Standards, Qualitätsmanagement, Flächendeckung) sowie
                                                                          •   Finanzierung durch das Land Tirol inklusive der Förderungsabwicklung.

           Zuständigkeiten                                            Gemäß der Geschäftsverteilung der Tiroler Landesregierung3 ist Landesrat Dr. Bern­
                                                                      hard Tilg u.a. für Angelegenheiten der mobilen Pflege- und Betreuungseinrichtun­
                                                                      gen (Gesundheits- und Sozialsprengel, Wohn- und Pflegeheime) zuständig.
                                                                      Die Finanzierung der baulichen Investitionen in Einrichtungen der mobilen Pflege-
                                                                      und Betreuungseinrichtungen erfolgt im Rahmen der Zuständigkeit von Landes­
                                                                      hauptmann Günther Platter4.
                                                                      Gemäß der Geschäftseinteilung des Amtes der Tiroler Landesregierung5 ist die Ab­
                                                                      teilung Soziales u.a. für die Förderung sozialer Einrichtungen, das Qualitätsmanage­
                                                                      ment, Wirtschaft und Controlling, die Ambulanten Dienste sowie die SGS zuständig.

           Prüfungsgrenzen                                            Die SGS haben als Träger Vereine, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder
                                                                      Gemeindeverbände. Der LRH verfügt über keine Prüfungskompetenz bei diesen
                                                                      Trägern. Deshalb prüfte der LRH die Zahlungsabwicklung mit den Trägern Mobiler
                                                                      Dienste nur auf Seiten des Landes Tirol.

           Unterlagen                                                 Die Erhebungen des LRH fanden überwiegend in der Abteilung Soziales, Fachbe­
                                                                      reich Mobile Dienste, statt. Die Prüfer erhielten Einsicht in die relevanten elektro­
                                                                      nischen Akten sowie in sonstige Unterlagen, Auswertungen und Statistiken. Der
                                                                      LRH erhielt alle für die Durchführung der Prüfung notwendigen Informationen.

       ____________________________________________________________

       2
         Allgemeine Prüfungen zielen auf einen aussagefähigen Überblick über die gesamte Tätigkeit einer Stelle.
       3
         Verordnung der Landesregierung vom 30. März 1999 über die Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung, LGBl. Nr. 14/1999 zuletzt
         geändert durch LGBl. Nr. 47/2020.
       4
         Die Zuständigkeit des Landeshauptmannes für die gegenständlichen Maßnahmen ergibt sich aus der Generalklausel gemäß Verord­
         nung der Landesregierung vom 30. März 1999 über die Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung, LGBl. Nr. 14/1999 idF LGBl.
         Nr. 47/2020.
       5
         Verordnung des Landeshauptmannes vom 25. Juni 2019 über die Geschäftseinteilung des Amtes der Tiroler Landesregierung LGBl.
         Nr. 78/2019 zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 23/2020.

2
Überprüfter            Der überprüfte Zeitraum umfasst die Jahre 2014 bis 2019. Die Initiativprüfung des
     Zeitraum und           LRH erfolgte durch zwei Prüfer des LRH in der Zeit von Mai 2020 bis Jänner 2021.
     Durchführung

Tab. 1: Kenndaten (Quelle: Land Tirol, LRH)

Kenndaten                                              2014       2015       2016      2017      2018       2019
Anzahl der betreuten Personen                          10.605     11.134     11.568    12.151    12.811     13.453
Anzahl der MitarbeiterInnen                             1.063        921       936       980        882          924
Leistungsstunden                                      875.447    922.735    948.560   693.413   704.999    714.855
Gesamtausgaben für Mobile Dienste in Mio. €              39,7       42,8       44,9      46,7      48,8          51,9
KlientInnenselbstbehalte in Mio. €                         9,6      10,4       11,2      11,9       12,1         12,4
Ersätze der Sozialversicherungen in Mio. €                 0,7       0,8        0,9       0,9        1,0          1,0
Landesmittel (Nettoausgaben) in Mio. €                    19,1      20,5       21,3      22,0       23,2         25,0
Gemeindebeiträge in Mio. €                                10,3       11,1      11,5      11,9       12,5         13,5

                            2. Rahmenbedingungen

                            2.1. Pflegekette
                            Die Leistungen, die im Rahmen der Mobilen Dienste erbracht werden, sind grund­
                            sätzlich ein Glied der sogenannten „Pflegekette“. Die Pflegekette ist das Ineinan­
                            dergreifen von Pflege- und Betreuungsformen, die vom selbstständigen Leben zu
                            Hause mit familiärer bzw. professioneller Unterstützung über Heimaufenthalte bis
                            zur Unterbringung in spezialisierten Langzeitpflegeinrichtungen (Landespflegekli­
                            nik oder Hospiz- oder Palliativbetreuungen) die persönlichen Bedürfnisse der be­
                            treuungs- oder pflegebedürftigen Personen abdecken.

                                                                                                                        3
Landesrechnungshof Tirol
Mobile Dienste – Sozial- und Gesundheitssprengel

                           Zusammengefasst stellen sich die einzelnen Glieder der „Pflegekette“ wie folgt dar:

                                      Diagr. 1: Mobile Dienste als Glied der Pflegekette (Darstellung LRH)

                           Die Leistungsangebote der Pflegekette stehen für unterschiedliche Stufen der Hilfs­
                           bedürftigkeit vom selbstständigen Aufenthalt in den eigenen vier Wänden bis zur
                           stationären Unterbringung in einem Pflegeheim zur Verfügung. Die zwischen die­
                           sen beiden Endpunkten der Pflegekette angesiedelten „Kettenglieder“ können
                           ohne zwingende Reihenfolge und auch nur in „einzelnen Zwischenstufen“ in An­
                           spruch genommen werden. Bei rapider Verschlechterung kann ein direkter Über­
                           gang vom Wohnen im privaten Umfeld in ein Pflegeheim erforderlich sein.
                           Durch Stärkung verschiedener Glieder der Pflegekette entsteht eine Entlastung für
                           angrenzende Glieder. So bietet ein Ausbau der Mobilen Dienste die Möglichkeit, die
                           stationären Einrichtungen zu entlasten und überwiegend für höhere Pflegegeld­
                           stufen zu nutzen.
                           Bevölkerungszuwächse, Altersentwicklungen, gesellschaftliche Veränderungen
                           und auch Änderungen bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen (z.B. der Wegfall
                           des Pflegeregresses) beeinflussen die Inanspruchnahme der jeweiligen Glieder der
                           Pflegekette.

4
2.2. Gesetzliche Rahmenbedingungen und Richtlinien

                                                               2.2.1. Gesetzliche Rahmenbedingen
    Zuständigkeiten                                            Gemäß dem Bundes–Verfassungsgesetz (B–VG)6 ist das Pflegegeldwesen Angele­
                                                               genheit des Bundes (Art. 10 Abs. 1 Z. 11 B–VG). Nach Art. 15 B–VG fallen die übrigen
                                                               Angelegenheiten der Pflege in den allgemeinen Kompetenztatbestand der Länder.

    Bundes- und                                                Aufgrund dieser Zuständigkeiten gelten im Zusammenhang mit den Mobilen
    Landesgesetze                                              Diensten in SGS die nachfolgenden bundesgesetzlichen und landesgesetzlichen
                                                               Bestimmungen
                                                                   •   des Bundespflegegeldgesetzes,
                                                                   •   des Pflegefondsgesetzes,
                                                                   •   des Finanzausgleichsgesetzes 2017,
                                                                   •   der Art. 15a B-VG Vereinbarung Pflegebedürftige Personen sowie
                                                                   •   des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes.

                                                               Bundespflegegeldgesetz
    Zweck                                                      Die Grundlage für die Auszahlungen des Pflegegeldes ist das Bundespflegegeldge­
                                                               setz (BPGG)7. Gemäß dem BPGG hat das Pflegegeld den Zweck, pflegebedürftigen
                                                               Personen die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie deren Möglichkeit
                                                               zu verbessern, ein selbstbestimmtes und bedürfnisorientiertes Leben zu führen.

    Höhe                                                       Die Höhe des Pflegegeldes ist abhängig vom Ausmaß des Pflegebedarfs und glie­
                                                               dert sich in 7 Stufen. Anspruchsvoraussetzung ist ein Mindestpflegebedarf von
                                                               mehr als 65 Stunden monatlich (Stufe 1). Weitere Grundvoraussetzungen sind eine
                                                               voraussichtliche Dauer des Pflegebedarfs von mindestens sechs Monaten und ein
                                                               gewöhnlicher Aufenthalt im Inland.
                                                               Das Pflegegeld gebührt zwölfmal jährlich in folgender monatlicher Höhe je Pflege­
                                                               bedarf (und damit je Pflegestufe):

____________________________________________________________

6
  Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 (WV) zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 194/1999 (DFB), zuletzt geändert durch
  BGBl. I Nr. 24/2020.
7
  Bundesgesetz, mit dem ein Pflegegeld eingeführt wird (Bundespflegegeldgesetz - BPGG), BGBl. Nr. 110/1993 zuletzt geändert durch
  BGBl. I Nr. 34/2020.

                                                                                                                                                      5
Landesrechnungshof Tirol
Mobile Dienste – Sozial- und Gesundheitssprengel

                                                                      Tab. 2: Höhe des Pflegegeldes nach Stufen (Quelle: BPGG)

                                                                        Pflegegeldstufe      Pflegebedarf in Stunden             Höhe in €
                                                                                1                         65                        157,30
                                                                                2                         95                        290,00
                                                                                3                         120                       451,80
                                                                                4                         160                       677,60
                                                                                5                         180                       920,30
                                                                                6                         180                      1.285,20
                                                                                7                         180                     1.688,90

                                                                      Bei den Pflegegeldstufen 5, 6 und 7 beträgt der Pflegebedarf zwar jeweils 180 Stun­
                                                                      den, jedoch unterscheiden sich die Pflegegeldstufen nach dem Ausmaß des Pfle­
                                                                      geaufwandes.

                                                                      Pflegefondsgesetz

                                                                      Im Jahr 2011 errichtete der Bund einen Pflegefonds. Die Ziele, die Strategie, die Mit­
                                                                      telbereitstellung, die Widmung und die Abrechnung der Zweckzuschüsse, die Pla­
                                                                      nung und das Berichtswesen sowie die Führung der Pflegedienstleistungsstatistik
                                                                      sind im Pflegefondsgesetz (PFG)8 geregelt.

           Ziele                                                      Mit dem PFG sollte eine österreichweite Harmonisierung der bis dahin unterschied­
                                                                      lichen neun Ländersysteme in der Pflege und Betreuung erfolgen. Mit der Gewäh­
                                                                      rung der Zweckzuschüsse aus dem Pflegefonds unterstützt der Bund die Länder
                                                                      und Gemeinden bei der Finanzierung von Pflege- und Betreuungsleistungen.

           Strategie                                                  Zur Umsetzung dieser Ziele gilt gemäß dem PFG u.a. die Strategie „Mobil vor stati­
                                                                      onär“: Wenn möglich, sollte die Betreuung pflegebedürftiger Personen durch am­
                                                                      bulante Pflege- und Betreuungsangebote erfolgen und die Betreuung in Pflegehei­
                                                                      men vermieden werden.

           Mittel-                                                    Der Pflegefonds hat den Ländern gemäß PFG zur teilweisen Abdeckung der Aus­
           bereitstellung                                             gaben bei Pflegemaßnahmen in den Jahren 2011 bis 2021 einen Zweckzuschuss
                                                                      iHv insgesamt 3,25 Mrd. € zur Verfügung zu stellen. Die Mittel stiegen von
                                                                      100,0 Mio. € im Jahr 2011 auf 417,0 Mio. € im Jahr 2021.

           Widmung der                                                Der Zweckzuschuss wurde für die Sicherung sowie für den Aus- und Aufbau der
           Zweckzuschüsse                                             Betreuungs- und Pflegedienstleistungen der Länder im Bereich der Langzeitpflege
                                                                      zum laufenden Betrieb gewährt und zwar für Angebote
                                                                          •   an stationären Betreuungs- und Pflegediensten,
                                                                          •   an teilstationärer Tagesbetreuung,

       ____________________________________________________________

       8
           Bundesgesetz, mit dem ein Pflegefonds eingerichtet und ein Zweckzuschuss an die Länder zur Sicherung und zum bedarfsgerechten
           Aus- und Aufbau des Betreuungs- und Pflegedienstleistungsangebotes in der Langzeitpflege für die Jahre 2011 bis 2021 gewährt wird
           (Pflegefondsgesetz – PFG), BGBl. I Nr. 57/2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020.

6
•   an Kurzzeitpflege in stationären Einrichtungen,
                                                                   •   eines Case- und Caremanagements,
                                                                   •   an alternativen Wohnformen,
                                                                   •   an mehrstündigen Alltagsbegleitungen und Entlastungsdiensten sowie
                                                                   •   an mobilen Betreuungs- und Pflegediensten (Mobile Dienste).
                                                               Das Angebot der Mobile Dienste beinhaltet gemäß dem PFG
                                                                   •   soziale Betreuung oder
                                                                   •   Pflege oder
                                                                   •   die Unterstützung bei der Haushaltsführung oder
                                                                   •   die Hospiz- und Palliativbetreuung.
                                                               Die Länder haben dafür Sorge zu tragen, dass bei der Vorschreibung der Kosten­
                                                               beiträge an Personen, die mobile Betreuungs- und Pflegedienste in Anspruch neh­
                                                               men, soziale Aspekte berücksichtigt werden.

    Planung und                                                Für die Gewährung des Zweckzuschusses sind die Länder verpflichtet, Planungs­
    Berichtswesen                                              unterlagen dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu­
                                                               mentenschutz zu übermitteln.

    Abrechnung                                                 Die Länder haben die widmungsgemäße Verwendung mittels Erklärung über die
                                                               Nettoausgaben und die sonstigen Ausgaben im Abrechnungszeitraum dem Bund
                                                               zu belegen.

    Pflegedienst-                                              Gemäß den Bestimmungen des PFG haben die Länder Daten an die Statistik Aus­
    leistungsstatistik                                         tria9 zu übermitteln. Diese hat eine Pflegedienstleistungsdatenbank einzurichten.
                                                               Die Regelung über die von den Ländern zu übermittelnden Daten erfolgt in der
                                                               Pflegedienstleistungsstatistik-Verordnung 201210.
                                                               Diese Verordnung verpflichtet die Länder zur Erhebung u.a. der Leistungsstunden
                                                               der Mobilen Dienste in den SGS. Die jährliche Anzahl und die Verteilung der Leis­
                                                               tungsstunden auf die Tiroler Bezirke bildeten eine Grundlage für die Analysen und
                                                               Planungen im „Strukturplan Pflege 2012 - 2022“ (siehe das Kapitel „Bedarfs- und
                                                               Entwicklungspläne“).

    Bewertung                                                  Das PFG regelt somit zusammengefasst
                                                                   •   die Beobachtung der Kosten (über die Pflegedienstleistungsstatistik),
                                                                   •   die Steuerung der Mengenkomponente (über die Regelung eines Versor­
                                                                       gungsgrads) und

____________________________________________________________

9
  Die Statistik Austria ist gemäß dem Bundesstatistikgesetz 2000 eine Bundesanstalt öffentlichen Rechts. Sie besorgt die Aufgaben der
   Erhebung, Sammlung, Analyse und Veröffentlichung amtlicher Statistiken für Österreich.
10
   Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Bestimmungen für die Erstellung von Pflege­
   dienstleistungsstatistiken sowie von weiterführenden statistischen Auswertungen (Pflegedienstleistungsstatistik-Verordnung 2012 –
   PDStV 2012), BGBl. II Nr. 302/2012 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 376/2018.

                                                                                                                                                   7
Landesrechnungshof Tirol
Mobile Dienste – Sozial- und Gesundheitssprengel

                                                                          •   die Preiskomponente (über das Ziel, eine österreichweite Harmonisierung
                                                                              zu erreichen).

                                                                      Finanzausgleichsgesetz 2017
            Mittelaufbringung                                         Die Mittel des Pflegefonds werden durch einen Vorwegabzug vor der Verteilung
                                                                      der gemeinschaftlichen Bundesabgaben gemäß dem Finanzausgleichsgesetz 2017
                                                                      (FAG 2017)11 aufgebracht.

            Kosten-                                                   Im Rahmen des FAG 2017 einigten sich die Vertragsparteien Bund, Länder und Ge­
            dämpfungspfad                                             meinden auf einen Kostendämpfungspfad in der Pflege12. Demnach dürfen Kos­
                                                                      tensteigerungen gegenüber dem Vorjahr jährlich 4,6 % der Bruttoausgaben nicht
                                                                      überschreiten. Eine jährliche Überprüfung der festgelegten Höchstwerte durch das
                                                                      Bundesministerium für Finanzen ist zwar gesetzlich vorgesehen, nicht hingegen
                                                                      Sanktionen im Fall einer Überschreitung. Die Vereinbarung im Rahmen des
                                                                      FAG 2017 sieht lediglich erneute Verhandlungen vor, falls der Kostendämpfungs­
                                                                      pfad nicht eingehalten werden konnte.

                                                                      Art. 15a-B-VG Vereinbarung „Pflegebedürftige Personen“

                                                                      Zur Festlegung von Regelungen im Zusammenhang mit dem Aufbau eines öster­
                                                                      reichweit einheitlich gestalteten Pflegeleistungssystems schlossen der Bund und
                                                                      die Länder im Jahr 1993 eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG ab. Diese Verein­
                                                                      barung „Pflegebedürftige Personen“13 beinhaltet Bestimmungen u.a. über Grund-
                                                                      sätze, Organisation, Standards, Finanzierung, Planung und die Einrichtung eines
                                                                      „Arbeitskreises für Pflegevorsorge“.

            Grundsätze                                                Der Bund und die Länder kamen überein, dass die Pflegeleistungen unabhängig
                                                                      von der Ursache der Pflegebedürftigkeit gewährt werden. Von den Ländern sind
                                                                      bei gleichen Voraussetzungen gleiche Leistungen bereitzustellen.

            Organisation                                              Weiters verpflichteten sich die Länder, dafür Sorge zu tragen, dass die sozialen
                                                                      Dienste aufbauend auf den bestehenden Strukturen dezentral und flächendeckend
                                                                      angeboten werden. Die Länder hatten insbesondere dafür zu sorgen, dass
                                                                          •   alle angebotenen ambulanten, teilstationären und stationären Dienste ko­
                                                                              ordiniert und
                                                                          •   Information und Beratung sichergestellt werden.

            Finanzierung,                                             Die Geldleistungen, insbesondere das Pflegegeld, übernimmt der Bund. Die Länder
            Standards                                                 haben für einen Mindeststandard an ambulanten, teilstationären und stationären
                                                                      Diensten für pflegebedürftige Personen zu sorgen.

       ____________________________________________________________

       11
          Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2017 bis 2021 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestim­
          mungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2017 – FAG 2017), BGBl. I Nr. 116/2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/2019.
       12
          Die Einigung erfolgte in dem zwischen dem Bundesminister für Finanzen, den Bundesländern, dem Österreichischen Gemeindebund
          und dem Österreichischen Städtebund am 7.11.2016 geschlossenem „Paktum über den Finanzausgleich ab dem Jahr 2017“.
       13
          Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen“, BGBl.
          Nr. 866/1993.

8
Planung                                                   Zur langfristigen Sicherung der Mindeststandards verpflichteten sich die Länder,
                                                               Bedarfs- und Entwicklungspläne zu erstellen. Siehe das nachfolgende Kapitel „Be­
                                                               darfs- und Entwicklungspläne“.

     Arbeitskreis für                                          Auf Basis des Art. 15a B-VG Pflegebedürftige Personen richteten das Bundesminis­
     Pflegevorsorge                                            terium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und die Länder
                                                               den „Arbeitskreis für Pflegevorsorge“ ein. Zu den Aufgaben des Arbeitskreises zählt
                                                               u.a. die Erstellung eines Jahresberichtes über die Pflegevorsorge in Österreich. Die­
                                                               sem Arbeitskreis gehören 21 Personen14 an.

                                                               Tiroler Mindestsicherungsgesetz
     Grundlage                                                 Dem Land Tirol obliegt als Träger der Mindestsicherung nach den Bestimmungen
                                                               des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes (TMSG)15 u.a. die Gewährung der Hilfe zur
                                                               Pflege (§ 4 Abs. 3 lit. e TMSG) und der Hilfe zur Betreuung (§ 4 Abs, 3 lit. d TMSG).

     Leistungen                                                Gemäß § 13 lit. b TMSG besteht die Hilfe zur Pflege und die Hilfe zur Betreuung
                                                               insbesondere auch in der mobilen Pflege. Die mobile Pflege umfasst die häusliche
                                                               Betreuung und Pflege durch Pflegedienste und Maßnahmen zur Erhaltung der
                                                               Selbstständigkeit bei altersbedingten Beeinträchtigungen. Sie umfasst weiters die
                                                               teilweise Übernahme der Kosten für Hilfsmittel für die häusliche Betreuung und
                                                               Pflege.

     Leistungs-                                                Das Land Tirol kann gemäß § 41 TMSG mit natürlichen und juristischen Personen,
     erbringung                                                insbesondere mit Trägern der freien Wohlfahrt, zur Sicherstellung ihrer Mitwirkung
     durch Träger                                              bei der Gewährung von Leistungen im Rahmen der Mobilen Dienste Vereinbarun­
                                                               gen abschließen.

     Voraussetzungen                                           Gemäß § 44 TMSG ist die Voraussetzung für die Leistungsgewährung im Rahmen
     der Abrechnung                                            der Mobilen Dienste die Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit und nicht das Vorlie­
     mit den Trägern                                           gen einer Notlage, wie bei den sonstigen Leistungen der Mindestsicherung. Weiters
                                                               hat das Land Tirol mit Leistungserbringern der Mobilen Dienste landesweit einheit­
                                                               liche Stundensätze und Selbstbehalte für die mobile Pflege und Betreuung zu ver­
                                                               einbaren.

                                                               2.2.2. Richtlinien
                                                               Auf Basis der dargestellten Aufteilung der Zuständigkeit zwischen dem Bund und
                                                               den Ländern regelte das Land Tirol die Förderung der Leistungserbringung der Mo­
                                                               bilen Dienste in SGS durch Richtlinien.

____________________________________________________________

14
   Drei VertreterInnen des Bundes, neun VertreterInnen der Länder, ein Vertreter des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversi­
   cherungsträger, drei VertreterInnen der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, ein Vertreter der Bundeskammer für
   Arbeiter und Angestellte, ein Vertreter der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, ein Vertreter des Österreichischen Gewerk­
   schaftsbundes, ein Vertreter der Vereinigung Österreichischer Industrieller und ein Vertreter der Präsidentenkonferenz der Landwirt­
   schaftskammer Österreichs.
15
   Gesetz vom 17. November 2010, mit dem die Mindestsicherung in Tirol geregelt wird (Tiroler Mindestsicherungsgesetz – TMSG), LGBl.
   Nr. 99/2010 zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 138/2019.

                                                                                                                                                       9
Landesrechnungshof Tirol
Mobile Dienste – Sozial- und Gesundheitssprengel

                           Die Tiroler Landesregierung legte in den
                               •   „Richtlinien des Landes Tirol zur Gewährung von Leistungen der mobilen
                                   Pflege und Betreuung in Tirol“,
                               •   „Richtlinien für das Betreute Wohnen“,
                               •   „Richtlinien des Landes Tirol zur Förderung der Tagespflege für pflege- und
                                   betreuungsbedürftige Personen in Tirol“ sowie
                               •   „Richtlinien des Landes Tirol für die Gewährung von Zuschüssen zu Hilfs­
                                   mitteln und Maßnahmen für die häusliche Betreuung und Pflege sowie für
                                   die Erhaltung der Selbstständigkeit bei altersbedingten Beeinträchtigun­
                                   gen“
                           u.a. die grundsätzlichen Ziele der Mobilen Dienste, die anspruchsberechtigten För­
                           derungswerberInnen und das Förderverfahren fest.

        Ziele              Dieses Leistungsangebot soll den pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen
                           im Rahmen der dargestellten gesetzlichen Rahmenbedingungen einen langen Auf­
                           enthalt in ihrer gewohnten Umgebung ermöglichen.

        Anspruchs-         Die Förderung nach diesen Richtlinien können pflege- und betreuungsbedürftige
        berechtigte För­   Personen bei Vorliegen der nachfolgenden Voraussetzungen gewährt werden:
        derungswerber
                               •   Österreichische Staatsbürgerschaft oder Gleichgestellte,
                               •   Hauptwohnsitz in Tirol,
                               •   Bezug eines Pflegegeldes der Stufen 1 bis 7 nach dem BPGG oder ärztliche
                                   Bestätigung sowie
                               •   Betreuung und Pflege im eigenen Haushalt.

        Förderverfahren    Die Förderverfahren im Rahmen der Richtlinien beinhalten grundsätzlich
                               •   das Vorliegen eines schriftlichen Antrages auf Genehmigung inklusive aller
                                   Angaben und Unterlagen, die für die Beurteilung der Förderungswürdigkeit
                                   einer Maßnahme nach den jeweiligen Richtlinien erforderlich sind,
                               •   eine positive Beurteilung des Bedarfs durch die Abteilung Soziales,
                               •   die Genehmigung durch das Land Tirol sowie
                               •   die schriftliche Leistungsvereinbarung mit dem Land Tirol.
                           Ergänzt werden diese Richtlinien durch den „Leitfaden über die Bemessungsgrund­
                           lage für die KlientInnenselbstbehalte“, den „Leistungskatalog für Mobile Pflege-
                           und Betreuungsdienste“ sowie durch das „Merkblatt für die Mobilen Dienste“, die
                           u.a. die Qualität der zu erbringenden Pflege- und Betreuungsleistungen festlegen.
                           Detaillierte Darstellungen über die Umsetzung der im Leitfaden, Leistungskatalog
                           und Merkblatt festgelegten Bestimmungen erfolgen im Kapitel „Organisation“.

10
Recht auf                                                 Der LRH weist darauf hin, dass das Land Tirol grundsätzlich verpflichtet ist, Ände­
     Stellungnahme                                             rungen der Richtlinie zur Gewährung von Leistungen der Mobilen Dienste acht
                                                               Wochen vor Inkrafttreten der Richtlinie der mobilen Pflege- und Betreuungsorga­
                                                               nisation zur Kenntnis zu bringen. Wird innerhalb dieser Frist von der Organisation
                                                               keine Stellungnahme abgegeben, so ersetzen diese die bestehende Richtlinie und
                                                               werden zum Vertragsbestandteil.

     Bewertung                                                 Der LRH stellt fest, dass das Land Tirol den mobilen Betreuungsorganisationen
                                                               Richtlinienänderungen (Höhe der Normkostensätze, usw.) jeweils fristgerecht zur
                                                               Kenntnis gebracht hat.

                                                               2.3. Vertragliche Rahmenbedingungen
     Ausgangslage                                              Das Land Tirol beauftragte Träger der freien Wohlfahrtspflege mit Leistungen im
                                                               Rahmen der Mobilen Dienste. Jene KlientInnen, die das Leistungsangebot im Zu­
                                                               sammenhang mit Mobilen Diensten benötigen, können aus dem Anbieterkreis frei
                                                               wählen.

     Vertragsarten                                             Die Rechte und Pflichten der KlientInnen, des Landes Tirol, der mobilen Pflege- und
                                                               Betreuungsorganisationen sowie der Sozialversicherungsträger regeln Direktver­
                                                               rechnungsvereinbarungen (inklusive Zusatzvereinbarung) sowie Pflege- und Be­
                                                               treuungsvereinbarungen.

     Keine Ausschrei­                                          Der LRH weist darauf hin, dass bei den durch diese mobilen Pflege- und Betreu­
     bungspflicht                                              ungseinrichtungen erbrachten Leistungen gemäß der gesetzlichen Bestimmungen
                                                               keine Ausschreibungen erforderlich sind, weil das BVergG 201816 für „nichtwirt­
                                                               schaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ einen Ausnahmetatbe­
                                                               stand von der Anwendung des Vergaberechts normiert.17

                                                               Direktverrechnungssvereinbarungen
     Vertragspartner                                           Das Land Tirol schließt grundsätzlich mit den Organisationen, welche mobile
                                                               Pflege- und Betreuungsdienste erbringen und mit dem Land Tirol verrechnen,
                                                               „Direktverrechnungsvereinbarungen“ ab. Diese von der Tiroler Landesregierung
                                                               beschlossenen Vereinbarungen können jedoch grundsätzlich nur zwischen dem
                                                               Land Tirol, einzelnen Gemeinden oder Gemeindeverbänden und Organisationen
                                                               abgeschlossen werden, welche dem Grundsatz der Gemeinnützigkeit und/oder
                                                               Mildtätigkeit entsprechen.

____________________________________________________________

16
   Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl. I Nr. 65/2018 zuletzt geändert durch
   BGBl. II Nr. 91/2019.
17
   Im Hinblick auf die Ausnahme siehe auch die Erläuterungen gemäß § 9 Abs. 1 Z. 18 des Entwurfes des Vergaberechtsreformgesetzes
   2017 zum BVergG und den von der Europäischen Kommission am 29.4.2013 veröffentlichten „Leitfaden zur Anwendung der Vorschrif­
   ten der Europäischen Union über staatliche Beihilfen, öffentliche Aufträge und insbesondere auf Sozialdienstleistungen von allgemei­
   nem Interesse“. Nach Ansicht der Europäischen Kommission gilt es als Indiz für einen öffentlichen Auftrag, wenn die Bedingungen für
   die Leistungserbringung bis in Einzelheiten von der öffentlichen Stelle festgelegt werden.

                                                                                                                                                     11
Landesrechnungshof Tirol
Mobile Dienste – Sozial- und Gesundheitssprengel

        Inhalte            Die Vereinbarungen beinhalteten insbesondere die Verpflichtung der Anbieter zur
                           Leistungserbringung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen, die Beschrei­
                           bung der Leistungen samt Ausbildungserfordernissen und Zielgruppen, den räum­
                           lichen Wirkungsbereich, die Finanzierung, die Abrechnungsmodalitäten, die Doku­
                           mentation der Zeit- und Leistungserfassung sowie die Meldepflicht von (persönli­
                           chen) Daten.

                           Pflege- und Betreuungsvereinbarungen
        Vertragspartner    Die einzelnen KlientInnen (betreuungsbedürftige Personen) haben mit den mobi­
                           len Pflege- und Betreuungsorganisationen (z.B. SGS) eine schriftliche „Pflege- und
                           Betreuungsvereinbarung“ abzuschließen.

        Inhalte            Diese Vereinbarungen regeln insbesondere Leistungsarten, Ausmaß der Leistungs­
                           erbringung sowie Förderung der Stundenfinanzierung durch das Land Tirol (Norm­
                           kosten). Eine detaillierte Darstellung erfolgt im Kapitel „Leistungsangebot“.

        Musterver-         Die Festlegung der Inhalte dieser Vereinbarungen erfolgt durch, von der Tiroler
        einbarungen        Landesregierung beschlossene, „Mustervereinbarungen“. Diese Mustervereinba­
                           rungen legen für alle KlientInnen die gleichen Rechte, Pflichten und Leistungen fest.
                           Die verpflichtende Verwendung dieser Mustervereinbarungen sollte
                               •   eine transparente Leistungserbringung,
                               •   eine den Richtlinien entsprechende Leistungsqualität (Qualitätssicherung)
                                   und
                               •   eine klare Festlegung der Zusammenarbeit mit mobilen Pflege- und Be­
                                   treuungseinrichtungen
                           gewährleisten.
                           Die jeweiligen Leistungsverrechnungen mit dem Land Tirol erfolgen deshalb nur
                           auf Grundlage von Vereinbarungen, deren Inhalte auf diesen Mustervereinbarun­
                           gen basierten.

                           Überblick und rechtliche Zusammenhänge

                           Die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Land Tirol, den KlientInnen und den
                           mobilen Pflege- und Betreuungseinrichtungen stellen sich grafisch wie folgt dar:

12
Diagr. 2: Überblick über rechtliche Zusammenhänge zwischen Land Tirol, KlientInnen und mobile Pflege- und Be­
          treuungseinrichtungen (Quelle: LRH)

                   Für die Erbringung und die Verrechnung von Leistungen, die im Rahmen von Mo­
                   bilen Diensten erbracht werden, müssen
                        •   ein Rechtsanspruch der KlientInnen,
                        •   eine Vereinbarung zwischen dem Land Tirol und den mobilen Pflege- und
                            Betreuungseinrichtungen sowie
                        •   eine Vereinbarung zwischen der mobilen Pflege- und Betreuungseinrich­
                            tung und den KlientInnen
                   vorliegen.
                   Die von der Tiroler Landesregierung beschlossenen Richtlinien und Merkblätter
                   sind dabei verbindliche Vertragsbestandteile im Rahmen der Leistungserbringung
                   durch die jeweiligen mobilen Pflege- und Betreuungseinrichtungen.
                   Zusammengefasst entsteht durch die zwischen der mobilen Pflege- und Betreu­
                   ungseinrichtung (z.B. SGS) und den KlientInnen abgeschlossene Pflege- und Be­
                   treuungsvereinbarung ein Anspruch auf eine Individualförderung.

                                                                                                                13
Landesrechnungshof Tirol
Mobile Dienste – Sozial- und Gesundheitssprengel

                                                                      2.4. Gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen
                                                                      Der Ausbau der Mobilen Dienste in SGS war im Prüfzeitraum 2014 bis 2018 wesent­
                                                                      lich von
                                                                          •   den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie
                                                                          •   den daraus abgeleiteten und im „Regierungsprogramm für Tirol 2018 –
                                                                              2023“ festgelegten politischen Vorgaben
                                                                      abhängig.

                                                                      Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
            Alterszusammen­                                           Laut langfristiger Prognose der Statistik Austria sind bei der österreichischen Be­
            setzung                                                   völkerung wesentliche Veränderungen hinsichtlich ihrer Alterszusammensetzung
                                                                      zu erwarten.
                                                                      Demnach wird der Anteil der Personen ab 80 Jahren an der österreichischen Ge­
                                                                      samtbevölkerung, bei denen Pflegebedarf häufig auftritt, von rd. 5 % im Jahr 2015
                                                                      (rd. 0,43 Mio. Personen) zunächst auf rd. 7 % im Jahr 2030 (rd. 0,63 Mio. Personen)
                                                                      und weiter auf rd. 12 % im Jahr 2060 (rd. 1,10 Mio. Personen) steigen.
                                                                      Im Gegensatz dazu wird das Verhältnis der 50– bis 64–jährigen Personen18, zu den
                                                                      über den 80-jährigen Personen von 4,0 im Jahr 2015 auf 1,6 im Jahr 2060 sinken.

            Wandel in der                                             Neben den dargestellten demografischen Veränderungen werden zukünftig auch
            Bevölkerungs­
                                                                          •   die steigende Frauenerwerbsquote,
            struktur
                                                                          •   die sinkende Fertilitätsrate,
                                                                          •   der Anstieg bei der Anzahl von Single– und Geschiedenenhaushalten,
                                                                          •   die höheren Mobilitätserfordernisse bei der Berufsausübung,
                                                                          •   die Reduzierung der Haushaltsgrößen und
                                                                          •   die Veränderungen im Gesundheitszustand der älteren Bevölkerung
                                                                      eine verstärkte Erhöhung der Nachfrage nach Mobilen Diensten verursachen.

                                                                      Regierungsprogramm für Tirol 2018 - 2023

                                                                      Die demografischen Veränderungen und der dargestellte gesellschaftliche Wandel
                                                                      berücksichtigten die Koalitionspartner Tiroler Volkspartei und Tiroler Grüne in ih­
                                                                      rem „Regierungsprogramm für Tirol 2018 - 2023“. Das Regierungsprogramm bein­
                                                                      haltet u.a.
                                                                          •   eine Evaluierung des „Strukturplanes Pflege 2012 - 2022“.

       ____________________________________________________________

       18
            Die typischerweise informelle (private) Pflegeleistungen erbringen.

14
•   die Evaluierung der Personalsituation im Bereich der Pflege, bei Bedarf Auf­
                            stockung der Ausbildungsplätze und Umsetzung einer Image-Kampagne
                            für die Pflegeberufe (insbesondere im Bereich Langzeitpflege und Mobile
                            Dienste) sowie
                        •   den Ausbau der mobilen Pflege nach dem Grundsatz „Mobil vor stationär“
                            mit den Schwerpunkten in den Bereichen mobile Pflege, SGS, Tagesstruk­
                            turen und Betreutes Wohnen.
                    Im Mittelpunkt stand somit „die nahtlose Fortführung des Modernisierungsschubs
                    im Pflegebereich durch den Ausbau der mobilen Pflege unter dem Leitsatz „Mobil
                    vor stationär“ gemeinsam mit den SGS, die Verwirklichung von generationenüber­
                    greifenden Konzepten, die flächendeckende Umsetzung von Pflegeberatungsstel­
                    len, den Ausbau von Betreutem Wohnen und der Tages- und Kurzzeitpflege sowie
                    die Verbesserung der Ausbildungs- und Arbeitssituation für Pflegekräfte. Besonde­
                    res Augenmerk soll auf der Entlastung und der Unterstützung von pflegenden An­
                    gehörigen als tragende Säule des Systems liegen.“

                    2.5. Personelle Rahmenbedingungen
Personalstand       Für die Abwicklung der Mobilen Dienste ist in der Abteilung Soziales der Fachbe­
                    reich „Mobile Dienste“ zuständig. Im Fachbereich waren zum Stand November
                    2020 drei vollzeitbeschäftigte und fünf teilzeitbeschäftigte Mitarbeiterinnen tätig
                    (zwei Mitarbeiterinnen mit einem Beschäftigungsausmaß von jeweils 50 %, drei
                    Mitarbeiterinnen mit einem Beschäftigungsausmaß von jeweils 60 %, zwei Mitar­
                    beiterinnen und die Fachbereichsleiterin mit einem Beschäftigungsausmaß von
                    100 %).

Aufgaben            Diesen Mitarbeiterinnen sind im Rahmen der „Internen Geschäftseinteilung des
gem. interner Ge­   Fachbereiches Mobile Dienste“ folgende Aufgaben zugeteilt:
schäftseinteilung
                        •   Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit mobilen Pflege­
                            diensten,
                        •   Betreuung und Aufsicht über die Sozial-und Gesundheitssprengel (SGS)
                            und andere mobile Pflegedienste,
                        •   Vorgabe und Überprüfung von Standards und Qualität der durch die Mo­
                            bilen Dienste erbrachten Leistungen,
                        •   finanzielle Förderung der mobilen Pflegedienste und Abrechnung der er­
                            brachten Leistungen,
                        •   finanzielle Förderung der Tagespflege und Abrechnung der erbrachten
                            Leistungen sowie
                        •   Projekte, Planungen, Statistiken im Bereich der mobilen Pflegedienste.
                    Zusätzlich zur Aufgabenerledigung beinhaltet diese Geschäftseinteilung organisa­
                    torische Vorgaben im Zusammenhang mit Vertretungsregelungen, allgemeinen

                                                                                                           15
Landesrechnungshof Tirol
Mobile Dienste – Sozial- und Gesundheitssprengel

                           Aufgaben (Telefondienst, Aktenverwaltung, Beschwerdemanagement, Vorgangs­
                           weise bei allgemeinen und politischen Anfragen) sowie Fertigungsbefugnissen.

                           3. Bedarfs- und Entwicklungspläne
        Grundlage          Wie bereits dargestellt verpflichtet die zwischen dem Bund und den Ländern ge­
                           schlossene Vereinbarung nach Art. 15a B-VG „Pflegebedürftige Personen“ das Land
                           Tirol Bedarfs- und Entwicklungspläne (BEP) zu erstellen.

                           3.1. Erstellung
        Auftrag            Zur Umsetzung der Verpflichtung einen BEP zu erstellen, beauftragte die Tiroler
                           Landesregierung die Abteilung Soziales im Frühjahr 2011 mit der Ausarbeitung des
                           „Strukturplanes Pflege 2012 - 2022“. Im Herbst 2012 erfolgte dessen Fertigstellung.
                           Die Tiroler Landesregierung beschloss am 27.11.2012 die Inhalte und die festgeleg­
                           ten Maßnahmen des Strukturplanes.

        Inhalte            Der von der Tiroler Landesregierung beschlossene „Strukturplan Pflege 2012 -
                           2022“ beinhaltet im Wesentlichen wie sich die Anzahl von pflegebedürftigen Per­
                           sonen entwickelt sowie mögliche Planungsstrategien und Planungsgrundsätze für
                           die Errichtung von Betreuungs- und Pflegedienstleistungsangeboten in Tirol.

        Empfehlungen       Der Strukturplan beinhaltet die Empfehlungen an das Land Tirol, den Tiroler Ge­
                           meindeverband und an die Stadt Innsbruck
                               •   mobile Pflege- und Betreuungsleistungen (Mobile Dienste) umfassend
                                   auszubauen,
                               •   ein „Case- und Caremanagement“ kontinuierlich aufzubauen, um dadurch
                                   eine Qualitätsverbesserung der Abläufe bei den Mobilen Diensten zu errei­
                                   chen,
                               •   das Angebot von Tagespflegeplätzen bei den Mobilen Diensten zu erwei­
                                   tern sowie
                               •   die derzeitige Versorgung um eine mobile Hospiz- und Palliativversorgung
                                   zu ergänzen.
                           Die Betreuung und Pflege zu Hause im gewohnten sozialen Umfeld sollte die er­
                           strebenswerteste Form der Versorgung sein. Deshalb sollte die Leitlinie „Mobil vor
                           stationär“ die richtungsweisende Grundlage für das Ausbauprogramm des mobilen
                           Pflege- und Betreuungsangebotes (Mobile Dienste) im „Strukturplan Pflege 2012 –
                           2022“ darstellen.
                           Um diese Ziele zu erreichen, sollten sich die Leistungsstunden der Mobilen Dienste
                           bis zum Jahr 2022 wie folgt auf die Gesundheits- und Sozialsprengel in den Tiroler
                           Bezirken und auf die Einrichtungen der Stadt Innsbruck verteilen.

16
Tab. 3: Planung der Leistungsstundenanzahl bei den Mobilen Diensten bis 2022 (Quelle: Abt. Soziales)

                                                 Bezirk                               Ist 2012       Soll 2017       Soll 2022
                                                 Innsbruck-Stadt                         168.780         199.330         224.890
                                                 Imst                                     46.194          57.375          66.593
                                                 Innsbruck-Land                          127.271         164.983         197.439
                                                 Kitzbühel                                78.153          93.288         106.066
                                                 Kufstein                                106.176         129.362         148.833
                                                 Landeck                                  48.322          58.407          66.263
                                                 Lienz                                   109.933         123.136         133.319
                                                 Reutte                                   16.845          24.683          31.135
                                                 Schwaz                                   68.462          85.740         100.240
                                                 Summe                                   770.136        936.304        1.074.778

                                                               Gemäß dem „Strukturplan Pflege 2012 – 2022“ sollten somit die Träger Mobiler
                                                               Dienste (SGS und sonstige Anbieter)19 ihr Angebot bis zum Jahr 2017 um 165.000
                                                               Leistungsstunden und bis zum Jahr 2022 um weitere 140.000 Leistungsstunden
                                                               ausbauen (insgesamt somit um 305.000 Leistungsstunden).

                                                               3.2. Evaluierung

                                                               Ausgangslage

     Entfall des                                               Im Jahr 2017 griff der Bundesgesetzgeber durch eine Verfassungsbestimmung zur
     Pflegeregresses                                           Abschaffung des Pflegeregresses in die Finanzierung der Sachleistungen ein. Mit
                                                               Wirkung vom 1.1.2018 erfolgte gemäß 330a ASVG20 die österreichweite Abschaf­
                                                               fung des Pflegeregresses21.

     Auftrag                                                   Um durch den Entfall des Pflegeregresses eine Verlagerung auf den stationären
     der Tiroler                                               Sektor der Pflege entgegen zu wirken, beauftragte die Tiroler Landesregierung im
     Landesregierung                                           Frühjahr 2017 die Abteilung Soziales, eine Evaluierung des „Strukturplanes Pflege
                                                               2012 – 2022“ durchzuführen. Bei der Evaluierung sollte der Ausbau von Betreu­
                                                               ungs- und Pflegedienstleistungen, die nicht dem stationären Bereich zuzuordnen
                                                               sind (dazu zählen die Mobilen Dienste und die Tagespflege), vorrangig berücksich­
                                                               tigt werden.

____________________________________________________________

19
   Siehe das Kapitel 6.2. „Leistungsanbieter“.
20
   Bundesgesetz vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG.), BGBl.
   Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 18/1956 zuletzt geändert BGBl. I Nr. 31/2020.
21
   Der Pflegeregress bezeichnete im Fall einer geförderten Langzeitpflege einer Person den Rückgriff (Regress) der Bundesländer auf das
   Privatvermögen des Betroffenen und dessen Angehörigen.

                                                                                                                                                   17
Landesrechnungshof Tirol
Mobile Dienste – Sozial- und Gesundheitssprengel

        Evaluierungsziele     Zielvorgabe der Evaluation war zu überprüfen, ob die Planungsvorgaben eingehal­
                              ten wurden sowie festzustellen, ob die ursprünglich vorgesehenen Ausbaumaß­
                              nahmen aufgrund
                                  •   aktualisierter Daten (z.B. im Zusammenhang mit der Bevölkerungsentwick­
                                      lung in Tirol) und
                                  •   Änderungen bei den Rahmenbedingungen (Entfall des Pflegeregresses)
                              Gültigkeit besitzen oder entsprechend anzupassen sind.

        Umsetzung und         Der von der Abteilung Soziales, Fachbereich Sozialplanung, erstellte Evaluierungs­
        Fertigstellung        bericht lag im April 2019 vor.

                              Ergebnisse
                              Dieser Evaluierungsbericht zum „Strukturplan Pflege 2012 – 2022“ prognostizierte,
                              dass die Bevölkerung in Tirol von 2012 bis 2022 von rd. 715.000 auf 770.000 und
                              damit um rd. 55.000 (+ 7,5 %) steigen wird. Weiters wird sich der Anteil der Ein­
                              wohner, die älter als 75 Lebensjahre sind, von 7,4 % auf 9,5 % erhöhen.
                              Um dieser Bevölkerungsentwicklung und dem Entfall des Pflegeregresses entge­
                              genzuwirken, sollte sich das Leistungsangebot der Mobilen Dienste um rd. 310.000
                              Leistungsstunden und die Kapazität bei Einrichtungen für betreutes Wohnen und
                              Tagespflege um insgesamt rd. 400 Plätze erhöhen.

        Erhöhung der          Bei der Erstellung des „Strukturplanes Pflege 2012 – 2022“ waren für das Jahr 2022
        Leistungsstunden      insgesamt rd. 1,1 Mio. Leistungsstunden für die Mobilen Dienste vorgesehen (Soll
                              2022 alt). Auf Basis der Evaluierungsergebnisse des Strukturplanes erfolgte eine Er­
                              höhung auf insgesamt rd. 1,4 Mio. Leistungsstunden (Soll 2022 neu).
                              Die Anzahl der Leistungsstunden bei den Mobilen Diensten verteilt sich, unter Be­
                              rücksichtigung der 30 %igen Erhöhung (Soll 2022 Neu), wie folgt auf die Tiroler
                              Bezirke und die Stadt Innsbruck:

                    Tab. 4: Veränderungen bei der geplanten Leistungsstundenanzahl aufgrund des Entfalles des Pflege-
                            regresses (Quelle: Abt. Soziales)

                     Bezirk                         Soll 2022 alt      Soll 2022 neu       Erhöhung
                     Innsbruck-Stadt                      224.890              230.000           2%
                     Imst                                   66.593              98.842          48%
                     Innsbruck-Land                        197.439             263.653          34%
                     Kitzbühel                             106.066             137.887          30%
                     Kufstein                              148.833             193.485          30%
                     Landeck                                66.263               87.444         32%
                     Lienz                                 133.319             197.728          48%
                     Reutte                                 31.135               45.531         46%
                     Schwaz                                100.240             132.229          32%
                     Summe                              1.074.778            1.386.799          29%

18
Durch diese Erhöhung der Ausbauobergrenzen bei den Mobilen Diensten in den
                    SGS sollte bis zum Jahr 2022 die aufgrund der Abschaffung des Pflegeregresses be­
                    fürchtete Verlagerung auf den stationären Sektor der Pflege abgefedert werden.
                    Der Ausbau sollte auch zu einer Entlastung der Langzeitpflegeeinrichtungen und
                    der Krankenanstalten führen.

Erhöhung der        Wie das Leistungsangebot im Rahmen der Mobilen Dienste sollten auch das be­
Plätze im betreu­   treute Wohnen und die Tagespflege (verstärkt) dazu beitragen, dass pflegebedürf­
ten Wohnen und      tige Personen länger in der gewohnten häuslichen Umgebung verbleiben können.
Tagespflege
                    Gemäß dem Evaluierungsergebnis sollten die SGS, wie in der nachfolgenden Ta­
                    belle ersichtlich ist, zusätzlich rd. 400 Plätze in Einrichtungen für betreutes Wohnen
                    und in der Tagespflege errichten:

                     Tab. 5: Geplante Plätze beim betreuten Wohnen und in der Tagespflege bis zum Jahr 2022
                             (Quelle: Abt. Soziales)

                     Evaluierungsergebnis         betreutes Wohnen          Tagespflege
                     Soll 2022 alt                         962                   417
                     Soll 2022 neu                        1.251                  542
                     Erhöhung                              289                   125

Reduzierung der     Durch den geplanten Ausbau der Leistungsstunden bei den Mobilen Diensten so­
Pflegeheimplätze    wie durch die ergänzenden Angebote im Rahmen des betreuten Wohnens und der
                    Tagespflege wollte das Land Tirol eine Reduktion der Plätze im stationären Bereich
                    (Alten- und Pflegeheime, Übergangspflege, Kurzzeitpflege) erreichen. Diese (ge­
                    plante) Reduktion iHv insgesamt rd. 300 Plätzen stellt sich gemäß des Evaluie­
                    rungsberichtes wie folgt dar:

        Tab. 6: Geplante Plätze in Alten- und Pflegeheimen, in der Übergangspflege und in der Kurzzeitpflege
                (Quelle: Abt. Soziales)

           Evaluierungsergebnis         Pflegeheime         Übergangspflege         Kurzzeitpflege
           Soll 2022 alt                     6.991                  215                    215
           Soll 2022 neu                     6.794                  106                    215
           Reduktion                         -197                  -109                     0

                    Die geplanten Plätze in den Kurzzeitpflegeeinrichtungen sollten unverändert blei­
                    ben.

                                                                                                               19
Landesrechnungshof Tirol
Mobile Dienste – Sozial- und Gesundheitssprengel

                             4. Ausgaben und Finanzierung

                             4.1. Gesamtausgaben
                             Die Gesamtausgaben für Leistungen im Rahmen der Mobilen Dienste betrugen im
                             Bundesland Tirol zwischen 2014 und 2019 insgesamt rd. 275,0 Mio. €. Die jährliche
                             Verteilung dieser Gesamtausgaben VP 1-411304-7682015 „Hilfe für pflegebedürf­
                             tige Personen“ (Mobile Dienste) stellt sich wie folgt dar:

                  Tab. 7: Gesamtausgaben für die Mobilen Dienste im Zeitraum 2014 bis 2019
                          (Beträge in Mio. €; Quelle: Abt. Soziales, Fachbereich Mobile Dienste)

                   Gesamtausgaben                2014       2015       2016        2017       2018    2019
                   Entwicklung                  39,7        42,8       44,9        46,7        48,8   51,9

                             Damit haben sich diese jährlichen Gesamtausgaben im Zeitraum 2014 bis 2019 um
                             12,2 Mio. € (+ 31 %) erhöht.

                             Wie im nachfolgenden Kapitel dargestellt, erfolgt die Finanzierung dieser Gesamt­
                             ausgaben für Leistungen im Rahmen der Mobilen Dienste durch Mittel
                                  •    der KlientInnen (Selbstbehalte),
                                  •    der Sozialversicherungen (Ersätze) und
                                  •    des Landes Tirol (Nettoausgaben) und der Gemeinden.
                             Die Refinanzierung der Landes- und Gemeindemittel erfolgt (teilweise) durch den
                             Pflegefonds des Bundes.

                             4.2. Finanzierung
        Ausgangslage         Bis zum Jahr 2009 erfolgte die Finanzierung der Mobilen Dienste durch die Gewäh­
                             rung von Förderungen an jene Träger, die Leistungen im Rahmen Mobiler Dienste
                             anboten (Subventionsfinanzierung).
                             Diese Träger (überwiegend SGS) verwendeten diese Subventionen zur Abgangs-
                             deckung. Die Qualität der von den Einrichtungen an die KlientInnen erbrachten
                             mobilen Betreuungs- und Pflegeleistungen bildeten jedoch keine Grundlage für die
                             Finanzierung durch das Land Tirol.

        Änderungen           Am 15.12.2009 beschloss die Tiroler Landesregierung die Subventionsfinanzierung
                             der Mobilen Dienste ab dem 1.1.2010 auf eine Leistungsfinanzierung umzustellen.
                             Bei der Leistungsfinanzierung bildeten die von den Anbietern Mobiler Dienste er­
                             brachten und dokumentierten Leistungsstunden die Verrechnungsgrundlage mit
                             dem Land Tirol.

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