Aktuell DEUTSCHLAND & EUROPA - Zeitschrift für Gemeinschaftskunde, Geschichte, und Wirtschaft - Zeitschrift DEUTSCHLAND & EUROPA

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Zeitschrift für Gemeinschaftskunde,            ISSN 1864-2942

Geschichte, und Wirtschaft

DEUTSCHLAND & EUROPA
                                             aktuell

                   Europawahlen 2014
                   Informationen zur Wahl am 25. Mai 2014
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EUROPAWAHLEN 2014 – EINE BESONDERE WAHL
    1. »Europäische Fragen«: 2014–2019
    D    ie Europawahlen 2014 sind eine beson-
         dere Wahl. Der Präsident des Euro-
    päischen Parlaments, Martin Schulz, hält
    es im Moment sogar für möglich, dass
    »dem Projekt Europa« ein deutlicher Rück-
    schlag, wenn nicht gar das Scheitern drohe.
    Wirtschaftliche und politische Probleme in
    vielen Mitgliedstaaten stellen die Europäi-
    sche Union vor enorme Herausforderun-
    gen. Dabei ist das Europäische Parlament
    in Straßburg mit so viel Kompetenzen aus-
    gestattet wie nie zuvor. Mit der Wahl des
    Europäischen Parlaments am 25. Mai 2014
    entscheiden die europäischen Bürgerinnen
    und Bürger direkt über die politische Aus-
    richtung der Europäischen Union für die
    kommenden fünf Jahre. In allen 28 Mit-
    gliedstaaten der Europäischen Union sind
    rund 400 Millionen Menschen aufgerufen,
    ihre Stimme abzugeben. Folgende Themen
    und Fragen bestimmen wesentlich die Aus-
                                                               Abb. 2 »Kleiner Getriebeschaden«                                      © Gerhard Mester, 2013
    einandersetzungen:

    (1) Massive Jugendarbeitslosigkeit in vielen, ja in den meisten                  (3) Arbeitnehmerfreizügigkeit: Zu den Errungenschaften der
        Mitgliedstaaten der EU: Derzeit haben rund 24 Prozent der                        Europäischen Union gehört der freie Binnenmarkt mit den
        jungen Menschen in Europa keine Arbeit. In Griechenland und                      vier Grundfreiheiten. Insbesondere die exportorientierte
        Spanien sind es gar weit über 50 % der jungen Menschen, die                      deutsche Wirtschaft hat davon in den letzten Jahrzehnten
        Arbeit suchen. Diskutiert wird, welche Beschäftigungsinitiati-                   enorm profitiert. Dazu gehören der freie Warenhandel ohne
        ven von der europäischen Ebene ausgehen sollen und wie wir-                      Zölle, der freie Kapitalverkehr, der es ermöglicht, europaweit
        kungsvoll sie sein können. Zudem werden Maßnahmen für                            Gelder in zukunftsträchtige Wirtschaftszweige zu investieren,
        eine »Ausbildungs- bzw. Jugendgarantie« erörtert, die die Eu-                    der freie Dienstleistungsverkehr sowie die Arbeitnehmer-
2       ropäische Kommission verkündet hat. Nichts wäre schlimmer                        freizügigkeit. Seit 2014 gilt diese auch für Bulgarien und Ru-
        für die EU, als wenn eine ganze Generation ihre Zukunftshoff-                    mänien. Manche Medien und Politiker befürchten aktuell al-
        nungen verlöre. Schon sprechen Beobachter von einer »verlo-                      lerdings eine »Armutswanderung« bzw. »Einwanderung in die
        renen Generation«, einer »lost generation«.                                      deutschen Sozialsysteme« und schüren damit Ängste bei
                                                                                         manchen Bürgerinnen und Bürgern. Diese gilt es Ernst zu neh-
    (2) Bankenkontrolle und »Bankenunion«: An den Folgen der                             men, auch wenn statistische Erhebungen zeigen, dass es bis-
        weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrisen leiden noch heute                       lang vor allem qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
        die meisten EU-Mitgliedstaaten. Staatliche Banken- und Ret-                      nehmer sowie Personen sind, die einer geregelten Arbeit im
        tungsprogramme haben viele Staaten Milliarden gekostet und                       Niedriglohnsektor nachgehen, sich in Deutschland niederlas-
        zu einer noch höheren Staatsverschuldung geführt. Wie kann                       sen. Dazu kommt, das für die Aufenthaltsgenehmigungen die
        das in Zukunft verhindert werden? Die EU braucht eine ein-                       Mitgliedstaaten zuständig sind. Die Niederlassungsfreiheit
        heitliche und wirkungsvolle Bankenaufsicht, die sicher stellt,                   für Menschen ohne Arbeit ist außerdem, was viele nicht wis-
                                                 dass die Banken selbst                  sen, auch bislang schon eingeschränkt und an Bedinungen
                                                 rechtzeitig Rücklagen                   geknüpft, für deren Durchführung ebenfalls die Mitgliedstaa-
                                                 bilden. Hier ist die EU                 ten verantwortlich sind. Trotzdem wird die Problematik häufig
                                                 in den letzten Mona-                    ursächlich mit der EU verbunden. In einem gemeinsamen Auf-
                                                 ten weit voran gekom-                   ruf warnen bereits die deutschen Arbeitgeberverbände
                                                 men. Das Europäische                    ebenso wie die Gewerkschaften vor einer »Panikmache« und
                                                 Parlament hat dabei                     Ausländerfeindlichkeit.
                                                 eine wichtige Rolle ge-
                                                 spielt, es hat wesentli-            (4) Klima- und Energiepolitik: Umweltverschmutzung macht an
                                                 chen Einfluss auf die                   den Grenzen nicht Halt. Bei der Bekämpfung der globalen Er-
                                                 Ausgestaltung       der                 wärmung hat sich die Europäische Union bisher stets als Vor-
                                                 »Bankenunion«. Wie                      reiter verstanden, auch um »grüne« Technologien zu entwi-
                                                 es weiter geht, wird                    ckeln, die sich weltweit zum Exportschlager entwickeln
                                                 nicht zuletzt auch von                  könnten. Dabei machen in der Europäischen Union nicht nur
                                                 der      Zusammenset-                   die Umweltaktivisten auf sich aufmerksam, auch die Interes-
                                                 zung des neuen Euro-                    senvertreter von fossilen Energien wie Kohle und Gas versu-
                                                 paparlaments abhän-                     chen ihre – legitimen – Interessen durchzusetzen. In Deutsch-
                                                 gen.      Wie     kann                  land meldet sich z. B. eine starke Automobillobby zu Wort.
                                                 verhindert      werden,                 Schließlich stehen auch Arbeitsplätze auf dem Spiel. Öffent-
                                                 dass erneut die Steu-                   lich werden diese Konflikte aber vor allem dann, wenn das Eu-
                                                 erzahler die Kosten                     ropaparlament ins Spiel kommt. Dann wird auch in den Me-
    Abb. 1 »Der König? – Das bin ich!«
                          © Gerhard Mester, 2008
                                                 übernehmen?                             dien darüber diskutiert. Ein vom Europaparlament gefordertes

    » E u r o p ä i s c h e F r a g e n « : 2 0 1 4 – 2 0 19                                                              D&E      Heft aktuell · 2014
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»Transparenzregister« soll hier für mehr Offenheit sorgen.
   Und trotz aller halbherzigen Schritte und Kompromisse sind
   unterm Strich die Fortschritte im europäischen Klimaschutz,
   etwa beim Ausbau regenerativer Energien, weltweit vorbild-
   lich.

(5) Verbraucherschutz: Der EU-Binnenmarkt bietet mehr als 500
    Millionen Verbrauchern deutliche Vorteile. Die zunehmende
    Globalisierung mit offenen Weltmärkten und der unaufhalt-
    same Aufstieg digitaler Medien bergen aber auch enorme Ri-
    siken. Dabei geht es ebenso um den Schutz der eigenen Daten
    wie die Sicherung einer gesunden Ernährung, also z. B. die
    Lebensmittelsicherheit, die Lebensmittelkennzeichnung und
    z. B. auch der Tierschutz. Vertreter des Europäischen Parla-
    ments haben hier in den letzten Jahren nicht nur bei Ver-
    handlungen mitgewirkt, sondern auch bereits von anderen
    EU-Institutionen beschlossene Vereinbarungen gegen Pro-
    duktpiraterie mit den USA (ACTA) verhindert, da sie daten-
    rechtliche und wettbewerbsverzerrende Reglungen darin nur
    ungenügend berücksichtigt fanden. Gerade bei den anste-
    henden Verhandlungen mit den USA und anderen Ländern um
    ein Freihandelsabkommen entscheidet das Europäische Par-
    lament wesentlich mit, in welche Richtung es gehen soll. Ein
    starkes Europaparlament bringt die Themen an die Öffent-
    lichkeit. Außerdem können europaweite Regelungen länderü-
    bergreifende Kosten innerhalb der EU weiter senken, nicht nur
    bei den Handygebühren im Ausland, den sog. »Roamingge-
    bühren«, auch z. B. bei Regelungen von Freizeit- und Ge-                                                                                      3
    schäftsreisen.

(6) Migrations- und Flüchtlingspolitik: Wie soll sich die Europäi-
    sche Union an seinen Außengrenzen verhalten? Wie wird zu-
    künftig die Asylpolitik aussehen? Wie viele Flüchtlinge neh-
    men die Mitgliedstaaten auf? Erschreckende Bilder von den
    Außengrenzen der EU schrecken zurecht eine kritische Öffent-
    lichkeit auf. Auch bei der Frage, ob es eine »Festung Europa«
    geben solle, wirkt das Europaparlament entscheidend mit.

(7) Gleichstellungspolitik: Bereits in der Vergangenheit gingen
    vom Europaparlament zahlreiche Initiativen zu einer gerech-
    teren Gleichstellungspolitik der Geschlechter aus, nicht nur
    auf dem Arbeitsmarkt und in den Aufsichtsräten von Großkon-
    zernen. Wie es weitergeht, entscheidet nicht zuletzt das Euro-
    paparlament.

(8) Demokratiedefizit: Nicht alles muss europaweit geregelt
    werden. Manche Regelungswut der bislang immer noch 28
    EU-Kommissarinnen und Kommissare mutet vielen befremd-
    lich an. Vor allem das Europaparlament kontrolliert, wählt und
    zügelt gegebenenfalls die EU-Komission. Über das Europapar-
    lament werden die Diskussionen der Staats- und Regierungs-
    chef im Europäischen Rat sowie im Ministerrat öffentlich und
    damit auch kritisierbar. Eine starke Wahlbeteiligung stärkt
    insgesamt das einzige direkt gewählte Organ der Europäi-
    schen Union. In welche Richtung sich die EU weiterentwickeln
    soll, im Europaparlament wird es diskutiert und beschlossen.
    Fundamentale EU-Gegner im Parlament schwächen dagegen,
    so ihre Kritiker, seinen Einfluss insgesamt.

                                                                     Abb. 3 Die Europawahlen 2014                © Europäische Kommission, 2014

 D&E     Heft aktuell · 2014                                                        » E u r o p ä i s c h e F r a g e n « : 2 0 1 4 – 2 0 19
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EUROPAWAHLEN 2014 – EINE BESONDERE WAHL
    2. Die Parteien im Europaparlament
    D    ie gewählten Parteivertreter des Euro-
         paparlaments schließen sich für ihre
    Arbeit zu Fraktionen zusammen. Bereits
                                                                                          S&D
                                                                                           184                                  davon Grüne/
                                                        davon SPD                                                                Bündnis 90
    jetzt gibt es rund 120 Parteien im Europäi-                     23                                                     14
    schen Parlament. Generell gilt für die Euro-                                                                                  55 Greens/EFA
    pawahlen das Verhältniswahlecht. Ende                                                                                                davon
    Februar 2014 hob das Bundesverfassungs-                                                                                           12 FDP
    gericht für Deutschland zudem die vom
    Bundestag beschlossene 3%-Hürde für Eu-                                                                                                84 ALDE
    ropawahlen auf, nachdem es bereits 2011
    die für Bundes- und Landtagswahlen gül-                 265                                                                        8   davon
    tige 5-%-Hürde als verfassungswidrig er-           EPP                                                                        35     Die Linke
    klärt hatte. Beobachter gehen nunmehr                                                                                              GUE/NGL
                                                                                                                     54
    davon aus, dass rund 0,5% der Stimmen in                                          42       27           32            ECR
    Deutschland genügen werden, um mit                                                                        EFD
                                                                            davon CDU/CSU      NA
    einem Mandat ins Europaparlament einzu-
                                                       Sitze im Europäischen Parlament: 736
    ziehen. Das BVerfG argumentierte, dass                Abgeordnete aus Deutschland: 99
    die Stimme jeden Wählers grundsätzlich
    den gleichen Einfluss auf das Wahlergeb-
                                                 Abb. 4 Sitzverteilung im Europaparlament 2009–2014                         © nach: Europäisches Parlament
    nis haben müsse. Kritiker argumentierten
    dagegen, es drohe nunmehr eine weitere
    Zersplitterung und Aufwertung radikaler Gruppierungen. Mit          (4)                                 Die Europäische Grüne Partei ist eine
    der Entscheidung des BVerfg haben nunmehr 13 von 28 Mit-                                                »politische Kraft, die durch ihr Enga-
    gliedstaaten keine Sperrklausel.                                                                        gement für ökologische Verantwor-
                                                                                                            tung, die Freiheit des Individuums,
    (1)                             Europäische Volkspartei: EVP, engl.                                     eine integrative Demokratie, Vielfalt,
                                    EPP, ist die europäische politische                                     die Gleichstellung der Geschlechter,
                                    Familie der rechten Mitte. »Sie                                         eine weltweite nachhaltige Entwick-
                                    strebt nach einem Europa der                                            lung und Gewaltfreiheit klar erkenn-
                                    Werte, das den Menschen nahe-                  bar ist. Unsere Mitglieder stammen aus den grünen Parteien
          steht und auf Demokratie, Transparenz und Verantwortlich-                europäischer Länder, die nicht notwendigerweise sämtlich
4         keit beruht, und nach Wohlstand durch die Förderung einer                Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind. Unser Engage-
          sozialen Marktwirtschaft. Als politische Erben der Gründervä-            ment für ein stärker partizipatorisch gestaltetes Europa äu-
          ter der EU umfasst die EVP 74 Parteien aus 39 Ländern. Sie bil-          ßert sich darin, dass wir die erste europäische Partei sind, die
          det im Moment die größte Fraktion im Europäischen Parla-                 offene Vorwahlen, die ›Grünen Vorwahlen‹, abhält, in denen
          ment und stellt mehr Staats- und Regierungschefs im Rat                  unsere Spitzenkandidaten für die Europawahl bestimmt wer-
          sowie Mitglieder der Kommission als irgendeine andere politi-            den«.
          sche Familie.«
                                                                             (5)                       Die Partei Europäische Linke vereinigt
    (2)                  Die Partei der Europäischen Sozialisten                                       »demokratische Parteien der alternativen
                         (PES), deutsch: Sozialdemokratische Partei                                    und progressiven Linken auf dem europä-
                         Europas (SPE), vereinigt 53 sozialistische, sozi-                             ischen Kontinent, die nach einer umfas-
                         aldemokratische und Arbeiterparteien in                                       senden Umgestaltung der gegenwärti-
                         Europa. Diese wissen sich insbesondere den                                    gen sozialen Beziehungen hin zu einer
                         gemeinsamen Werten der Demokratie, Solida-                                    friedlichen und sozial gerechten Gesell-
                         rität und sozialen Gerechtigkeit verpflichtet.            schaft auf der Grundlage der Vielfalt unserer verschiedenen
          Die Fraktion der PES/SPE, der noch weitere Parteien angehö-              Umstände, unserer unterschiedlichen Geschichte und unserer
          ren, trägt den Namen »Fraktion der Progressiven Allianz der              gemeinsamen Werte streben. Gegründet am 9. Mai 2004 in
          Sozialdemokraten im Europäischen Parlament« (S&D) und                    Rom, besteht die Partei Europäische Linke (EL) aus 26 Mit-
          umfasst insgesamt 184 Mitglieder. Sie setzte sich früh für ei-           glieds- und 7 Beobachterparteien aus ganz Europa. Wir sind
          nen gemeinsamen Spitzenkandidaten ein, der, sollte die S&D               Seite an Seite mit der Stiftung ›transform!europe‹, sozialen
          stärkste Fraktion werden, Kommissionpräsident werden soll.               Bewegungen und Gewerkschaften tätig.«

    (3)                        Europäische Allianz der Liberalen und         Weitere Fraktionen im EP (ohne Parlamentarier aus Deutschland)
                               Demokraten für Europa (ALDE) ist die
                               »Partei der liberalen demokratischen          (6) »Alliance of European Conservatives and Reformists« (AECR),
                               Werte in Europa. Mit mehr als 55 libera-          (7) »Bewegung für ein Europa der Freiheit und der Demo-
                               len Mitgliedsparteien auf dem gesamten            kratie«, (8) »Europäische Demokratische Partei«, (9) »Freie
                               Kontinent stellt sie sich den Herausfor-          Europäische Allianz«, (10) »Europäische Allianz für Freiheit«,
                               derungen liberaler Politik: Chancen für           (11) »Allianz der Europäischen Nationalen Bewegungen«,
          jeden einzelnen Menschen und eine Freiheitsordnung für die             (12) »Europäische Christliche Politische Bewegung«, (13) »EU-
          Bürgergesellschaft zu gestalten. Gegründet im Jahre 1976 vor           Demokraten«
          der ersten Wahl zum Europäischen Parlament, wurde sie 1993
                                                                             Weitere Informationen zu den Parteien und Verweise auf die Par-
          zur ersten transnationalen politischen Partei«.
                                                                             teiprogramme:       www.elections2014.eu/de/european-political-parties

    D ie Pa r t eie n im Euro pa pa rl a me n t                                                                      D&E          Heft aktuell · 2014
Aktuell DEUTSCHLAND & EUROPA - Zeitschrift für Gemeinschaftskunde, Geschichte, und Wirtschaft - Zeitschrift DEUTSCHLAND & EUROPA
EUROPAWAHLEN 2014 – EINE BESONDERE WAHL
3. Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der
   Europäischen Parteien
                         Jean-Claude Juncker                                                 Martin Schulz, MdEP
                         (EPP/EVP, CSVP), Luxemburg                                          (PES, S&D, SPD), Präsident des Euro-
                                                                                             päischen Parlaments, Deutschland
                         geb. am 9. Dezember 1954 in Redin-
                         gen, Luxemburg. Mitglied der Christ-                                Geb. am 20. Dezember 1955 in Hehl-
                         lich Sozialen Volkspartei Luxemburgs.                               rath im Landkreis Aachen. Schulz war
                         Von 1995 bis Dezember 2013 war Jun-                                 vor seiner Wahl zum Präsidenten des
                         cker Premierminister seines Heimat-                                 Europäischen Parlaments von 2004–
                         landes. Von 2005 bis 2013 war er zu-                                2012 Vorsitzender der Fraktion der So-
                         dem Vorsitzender der Euro-Gruppe,                                   zialdemokratischen Partei Europas im
                         einer Organisation der EU-Mitglied-                                 Europaparlament. Von 1987–1998 war
                         staaten, die den Euro eingeführt ha-                                er Bürgermeister von Würselen, Nord-
ben. Junckers Positionen gelten als gemäßigt konservativ-            rhein-Westfalen. Schulz setzt sich vehement für die Stärkung
marktwirtschaftlich und christdemokratisch, wobei ihm die            der Rechte des Europäischen Parlaments ein und forderte stets
Sozialpolitik sehr wichtig ist. Juncker steht dem Europäischen       den Abbau des »Demokratiedefizits der EU«. Zudem vertrat
Föderalismus nahe und unterstützte nachhaltig den Vertrag            Schulz wiederholt die Position, die finanzstärkeren Mitglied-
von Lissabon. Zudem bemängelte er, dass die soziale Frage in         staaten müssten die europäischen Krisenstaaten stärker un-
der EU unbeachtet geblieben sei. (Offiziell wird der Spitzenkandi-   terstützen. Bei der Bankenaufsicht forderte er eine wirkungs-
dat der EVP erst Anfang März 2014 gewählt)                           vollere Kontrolle.

                         Franziska »Ska« Keller, MdEP                                        Guy Verhofstadt, MdEP
                         (Europäische Grüne, Bündnis 90/                                     (ALDE, Open-VLD), Belgien
                         Die Grünen), Deutschland
                                                                                             geb. am 11. April 1953 in Dender-
                         geb. am 22. November 1981 in der Wil-                               monde, Belgien. Er ist seit 2009 Mit-
                         helm-Pieck-Stadt Guben. Sie war von                                 glied des Europäischen Parlaments,
                         2007 bis 2009 Vorstandssprecherin                                   wo er die liberale Fraktion ALDE leitet.
                         des grünen Landesverbands Branden-                                  Zuvor war er unter anderem von 1999
                         burg. Seit 2009 ist sie Mitglied des Eu-                            bis 2008 Premierminister Belgiens.         5
                         ropäischen Parlaments. Keller wurde                                 Seit 2010 ist Verhofstadt ein führendes
                         im Januar 2014 zur Spitzenkandidatin                                Mitglied der »Spinelli-Gruppe«, die
                         der Europäischen Grünen Partei für                                  sich für den europäischen Föderalis-
die Europawahl durch eine europaweite Onlineabstimmung ge-           mus einsetzt. In Belgien bildete er nach Justizskandalen eine
wählt, an der sich aber nur rund 22.000 Bürgerinnen und Bür-         sogenannte »lila-grüne Koalition«, die aus den liberalen, den
ger beteiligten. Ska Keller studierte Islamwissenschaft, Turko-      sozialistischen sowie den grünen Parteien bestand, später
logie und Judaistik an der Freien Universität Berlin. Kellers        dann Koalitionen aus Christdemokraten, Liberalen und Sozia-
politische Schwerpunkte sind Migration und die Beziehungen           listen. Beobachter bezeichnen ihn als »linksliberal«, weshalb
der EU zur Türkei. Die Spitzenkandidatin der Grünen in               seine Nominierung im eigenen liberalen Lager umstritten war.
Deutschland wurde dagegen Rebecca Harms, MdEP.

Nach dem Lissaboner Vertrag soll sich die Europäische Union                                  Alexis Tsipras
bei der Benennung des EU-Kommissionspräsidenten, der vom                                     (European Left/Linke, Syriza),
Europäischen Rat vorgeschlagen wird, an den Ergebnissen der                                  Griechenland
Europawahl orientierten. Die Parteien stellen deshalb europä-
ische Spitzenkandidaten auf.                                                                 geb. am 28. Juli 1974 in Athen. Tsipras
                                                                                             ist ein griechischer Politiker und Vor-
                                                                                             sitzender des Synaspismos (SYN) und
                                                                                             des linkssozialistischen Parteien-
Teil eines Stimmzettels für die Europawahl in Baden-Würt-                                    bündnisses SYRIZA. Bei der Parla-
temberg (2004)                                                                               mentswahl am 17. Juni 2012 wurde Sy-
                                                                                             riza mit 26,9 Prozent zweitstärkste
                                                                                             Partei im griechischen Parlament. Seit
                                                                     Dezember 2010 ist er Vizepräsident der Europäischen Linken.
                                                                     Im Dezember 2013 nominierte die Europäische Linke Tsipras als
                                                                     Spitzenkandidat für die Europawahl und damit zugleich als
                                                                     Kandidat für das Amt des Präsidenten der EU-Kommission. Tsi-
                                                                     pras gilt als scharfer Kritiker der EU-Sparauflagen für Grie-
                                                                     chenland und fordert einen »EU-Marshall-Plan« für die EU-Kri-
                                                                     sen- bzw. Schuldenstaaten.

D&E     Heft aktuell · 2014       Spit ze nk a nd id at inne n und -k a nd id at e n d er Euro pä is che n Pa r t eie n
Aktuell DEUTSCHLAND & EUROPA - Zeitschrift für Gemeinschaftskunde, Geschichte, und Wirtschaft - Zeitschrift DEUTSCHLAND & EUROPA
EUROPAWAHLEN 2014 – EINE BESONDERE WAHL
    4. Wahlen zum Europäischen Parlament
           Stimmanteile in %                                                                   Zukünftig mehr oder weniger Europa?
     40                                                                                                     (–1)
                                                                                                             64
            30,7
     30
                                                                                                                                                            (±0)
                     20,8                                                                                                                                    31
     20

                                12,1                         11,0          10,8
      10                                 7,2          7,5                                           Mehr gemeinsame Politik                Wieder stärker allein handeln
                                                                                               Frage: Es wird viel über die Zukunft des Euro und der Europäischen Union diskutiert.
                                                                                               Wie ist Ihre generelle Haltung: Sollten die europäischen Länder in den nächsten Jahren
       0                                                                                       enger zusammenrücken und noch mehr gemeinsame Politik machen? Oder sollten sie
                                                                                               wieder stärker allein handeln und weniger gemeinsam Politik machen?
                                                      ke
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                                                                           e
                               ün

                                                                         tig
                                                            FD
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                                                                                                                        © Dimap-Umfrage im Auftrag der ARD, Januar 2014
    Abb. 5 Amtliches Wahlergebnis der Europawahlen 2009 für die Bundes-
    republik Deutschland                       © www.bundeswahlleiter.de, 2014
                                                                                           25. Mai 2014 ist. In Deutschland, Belgien, Luxemburg und Öster-
                                                                                           reich ist die Europawahl am Sonntag, dem 25. Mai 2014. Die Wahl-
       Das Wahlrecht für die Europawahlen 2014                                             ergebnisse aus allen 28 EU-Staaten werden am Sonntagabend
                                                                                           bekanntgegeben, wenn alle Wahllokale geschlossen sind.
    Die europäischen Bürgerinnen und Bürger wählen im Mai 2014 ihr                         Nach der Europawahl 2014 wird das Europäische Parlament 751
    Europäisches Parlament und haben damit die Möglichkeit, den                            Abgeordnete zählen – diese Zahl ist durch den Vertrag von Lissa-
    Kurs der Europäischen Union für die kommenden fünf Jahre mit-                          bon festgelegt. Die Bevölkerungsgröße der einzelnen Mitglied-
    zubestimmen. Gewählt werden 751 Europa-Abgeordnete, die die                            staaten bestimmt die Anzahl der Abgeordneten. Aus den »kleins-
    Interessen der 507 Millionen Europäerinnen und Europäer vertre-                        ten« EU-Staaten kommen sechs Europa-Abgeordnete, die mit
    ten. Der genaue Termin der Europawahl richtet sich nach den je-                        Abstand meisten Europa-Abgeordneten kommen aus Deutsch-
    weiligen Wahl-Traditionen der Mitgliedstaaten: so sind in den                          land, nämlich 96, dem bevölkerungsreichsten EU-Mitgliedsstaat.
6   meisten Ländern Wahlen traditionell am Sonntag, in anderen                             Es gilt bei der Sitzverteilung nach Ländern das Prinzip der »de-
    Ländern jedoch am Donnerstag oder auch am Samstag. Festge-                             gressiven Proportionalität«. Das bedeutet, dass die Bevölkerun-
    legt ist, dass die Europawahl in der Zeit zwischen dem 22. und                         gen der kleineren Mitgliedsstaaten relativ »besser« im EU-Parla-
                                                                                                                ment vertreten sind als die Bevölkerungen
                                                                                                                der größeren Mitgliedsstaaten. Dieses Prin-
                                                                                                                zip ist in einer parlamentarischen Demokra-
                                                                                                                tie nichts Ungewöhnliches: Im deutschen
                                                                                                                Bundesrat beispielsweise sind die kleineren
                                                                                                                Bundesländer auch »relativ besser« vertreten
                                                                                                                als die größeren Bundesländer. Dies wider-
                                                                                                                spricht dennoch der demokratischen Prä-
                                                                                                                misse: »one man one vote«.
                                                                                                                Jeder Wähler hat eine Stimme, mit der er die
                                                                                                                Bundes- bzw. Landesliste einer Partei wählt.
                                                                                                                Die Parteien können selbst bestimmen, ob
                                                                                                                sie mit einer gemeinsamen Liste für alle Bun-
                                                                                                                desländer (Bundesliste) oder mit einzelnen
                                                                                                                Landeslisten antreten.
                                                                                                                Nach einem Urteil des Bundesverfassungs-
                                                                                                                gerichts vom 26. Februar 2014 wird es in
                                                                                                                Deutschland in Zukunft bei Europawahlen
                                                                                                                keine Sperrklausel mehr geben. Für die Funk-
                                                                                                                tionsfähigkeit des Europäischen Parlaments,
                                                                                                                so das BVerfG, sei das nicht nötig. Der Grund-
                                                                                                                satz der Chancengleichheit der Parteien er-
                                                                                                                fordere, dass allen Parteien gleiche Chancen
                                                                                                                zugebilligt werden. Diese Entscheidung stieß
                                                                                                                in Deutschland auf scharfe Kritik. Betonten
                                                                                                                die einen die Gefahr einer weiteren Zersplit-
                                                                                                                terung und Aufwertung radikaler Parteien,
                                                                                                                betonten andere gar, dass dieses Urteil von
                                                                                                                »Respektlosigkeit und Unkenntnis gegen-
                                                                                                                über der Arbeit des EP« geprägt sei.
    Abb. 6 Interesse an der Europäischen Union                           © Eurobarometerbefragung, Herbst 2013
                                                                                                                       © nach: www.Bundeswahlleiter.de sowie Angaben des
                                                                                                                       Europaparlaments

    Wa hl e n z u m Euro pä is che n Pa rl a me n t                                                                                             D&E         Heft aktuell · 2014
Aktuell DEUTSCHLAND & EUROPA - Zeitschrift für Gemeinschaftskunde, Geschichte, und Wirtschaft - Zeitschrift DEUTSCHLAND & EUROPA
EUROPAWAHLEN 2014 – EINE BESONDERE WAHL
5. Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der im EP
   vertretenen Parteien aus Baden-Württemberg
                                 Rainer Wieland, MdEP                                                    Evelyne Gebhardt, MdEP
                                 (CDU/EVP), Platz 1 der CDU-Landes-                                      (SPD/SPE), Platz 6 der Bundesliste der
                                 liste Baden-Württemberg 2014                                            SPD 2014
                          geb. am 19.2.1957 in Stuttgart-Bad                                        geb am 19. Januar 1954 in Paris. Seit
                          Cannstatt, Studium der Rechtswissen-                                      1975 in Deutschland verheiratet,
                          schaften, Rechtsanwalt mit eigener                                        wohnhaft in Mulfingen (Hohenlohe-
                          Kanzlei in Stuttgart, verheiratet,                                        kreis), 1972 Abitur in Paris. 1972 bis
                          2 Kinder, Mitglied des Europäischen                                       1977 sprachwissenschaftliches Stu-
                          Parlaments seit 1997, 2009–2014 Vize-                                     dium unter Einbeziehung von Politik-
                          präsident des Europäischen Parla-                                         und Wirtschaftswissenschaften an
                          ments, Mitglied des Rechtsausschus-                                       den Universitäten Paris VII (Sorbonne
ses des EP, des Petitionsausschusses sowie als stellvertretendes           Nouvelle), Tübingen und Stuttgart. Abschluss: Licence dès Lett-
Mitglied im Ausschuss für konstitutionelle Fragen, Vorsitz der             res in Paris. Ab 1977 freiberufliche Übersetzerin. Seit 1994
Landesgruppe der CDU-Abgeordneten aus Baden-Württem-                       MdEP, derzeit Koordinatorin im Ausschuss für Binnenmarkt und
berg in der EVP-Fraktion. Seit 2011 Präsident der überparteili-            Verbraucherschutz der S&D-Fraktion des EP. Daneben bildet
chen Europa-Union e. V. (EUD), 2006–2011 Landesvorsitzender                die Gleichstellungspolitik ihren zweiten Arbeitsschwerpunkt.
der Europa-Union Baden-Württemberg. Seit 2006 Mitglied im
                                                                           Weitere Informationen: www.evelyne-gebhardt-fuer-europa.de
ZDF-Fernsehrat als Vertreter der Europa-Union.
Weitere Informationen: www.mdep.de/de/Ihr-Abgeordneter/Werdegang
                                                                                                         Maria Heubuch, (Europäische
                                                                                                         Grüne/EFA, Bündnis 90/Die Grünen),
                                 Michael Theurer, MdEP (ALDE, FDP),                                      Platz 11 der Bundesliste der Grünen/
                                 Platz 2 der FDP-Bundesliste 2014                                        Bündnis 90 – 2014
                         geb. am 12. Januar 1967 in Tübingen,                                       geb. im Dezeber 1958 in Ravensburg,
                         Diplomvolkswirt, Oberbürgermeister                                         1980 Übernahme eines Bauernhofes
                         von Horb a. D., Mitglied des Landtags                                      mit ihrem Ehemann. Gemeinsame Be-
                         von Baden-Württemberg a. D., seit                                          wirtschaftung des Milchviehbetriebs                  7
                         2009 MdEP, Vorsitzender des Aus-                                           mit Grünland, Wald, kleine Biogas-
                         schusses für Haushaltskontrolle des                                        anlage, die mit Gülle und Futterresten
                         EP, Stellvertretendes Mitglied im Aus-                                     betrieben wird, Photovoltaik. 1987
                         schuss für Regionale Entwicklung,                 Abschluss »Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft«, 1984 Mit-
                         Stellvertretendes Mitglied in der Dele-           gründerin und Vorstandsmitglied des »Verbands für den Erhalt
gation für die Beziehungen mit China und Indien, Stellvertre-              klein- und mittelbäuerlicher Familienbetriebe e. V.«, 1998 Wahl
tender Vorsitzender der FDP-Delegation im Europäischen Parla-              zur Bundesvorsitzenden der AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerli-
ment, Stellvertretender Vorsitzender des MEP Donau-Forums                  che Landwirtschaft), 2006 Mitgründung »Bündnis gentechnik-
(fraktionsübergreifendes Abgeordnetennetzwerk), Mitglied der               freie Anbauregion Bodensee, Allgäu«.
Europäischen Gruppe für Rohstoffe (fraktionsübergreifendes
                                                                           Weitere Informationen: www.maria-heubcu.de
Abgeordnetennetzwerk).
Weitere Informationen: www.michael-theurer.eu
                                                                              Sonntagsfrage zur Europawahl …
                                 Gotthilf Lorch, (KVEL/NGL,
                                                                          Wenn am nächsten Sonntag Europawahl wäre, …
                                 Die Linke), Bundesliste Platz 16, 2014
                                                                          Umfrage Europawahl in Deutschland, dimap-Institut am 4.2.2014
                         geb. 1961, wohnt in Tübingen und ist             im Auftrag der ARD
                         verheiratet. Lorch ist Dipl.-Sozialar-
                         beiter und seit 2008 bei der Linken en-           40      38
                         gagiert. Mit 16 Jahren wurde er aktiv in          35
                         der Behindertenpolitik, als er in Ra-                             29
                                                                           30
                         vensburg den »AK Behinderte«, einen
                         Verein für Behinderte und Nicht-Be-               25
                         hinderte, gründete. Seit Dezember                 20
                         2009 »Sachkundiger Bürger im Aus-
                                                                           15
schuss für Wirtschaft, Finanzen und Verwaltung« in Tübingen.                                      10
Außerdem Sprecher der LAG Selbstbestimmte Behindertenpo-                   10                             8
                                                                                                                         6     5
litik der Partei DIE LINKE in Baden Württemberg. Sein Haupt-                5                                    3
anliegen ist die konsequente Umsetzung der UN–Behinderten-
                                                                            0                                                      e
rechtskonvention.                                                                                e    e
                                                                                    /CSU SPD Grün Link FD
                                                                                                          P             AFD ander
                                                                                CDU
Weitere Informationen: http://linke-bw.de/lorch/
                                                                          Abb. 8 »Sonntagsfrage zur Europawahl 2014« (Januar 2014)
                                                                                            © www.wahlrecht.de/umfragen/europawahl.htm, dimap-Institut

D&E        Heft aktuell · 2014                     Spit zenk andidatinnen und -k andidaten aus Baden-Würt temberg
EUROPAWAHLEN 2014
    6. Die Macht des Europäischen Parlaments
    D    ie Europawahl 2014 ist die erste Europawahl nach dem
         Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon im Jahre 2009.
    Dieser Vertrag hat dem Europäischen Parlament deutlich
    mehr Macht und Einfluss gegeben. Es bestimmt seither über
    nahezu alle Gesetze mit, die in den 28 Mitgliedstaaten gelten
    und entscheidet über alle internationalen Abkommen sowie
    über den Haushalt der Europäischen Union. Man könnte daher
    das Europaparlament als demokratischen »Dreh- und Angel-
    punkt für europäische Entscheidungen« bezeichnen, zumal es
    als einziges europäisches Organ durch eine Direktwahl ins
    Amt kommt. Bei der Gesetzgebung und der Festlegung auf
    den EU-Haushalt muss das Europäische Parlament allerdings
    mit dem Ministerrat, eigentlich »Rat der Europäischen
    Union«, dem jeweils Fachminister und Fachministerinnen der
    28 nationalen Regierungen der EU angehören, zusammenar-
    beiten und sich mit diesem einigen. Gerade bei den Haus-
    haltsberatungen für den EU-Rahmenhaushalt 2014–2020
                                                                            Abb. 10 »Straßburger Jäger« (Machtzuwachs des Europäischen Parlaments
    konnte sich die Mehrheit des Europaparlaments erst in zähen             seit dem Lissaboner Vertrag, hier: Ablehnung des EU-Haushaltsentwurfs durch
    Verhandlungen mit dem Europäischen Rat und dem Minister-                das EP in seiner ersten Fassung)                          © Burkhard Mohr, 2013
    rat deutlich Gehör verschaffen. Die EU wird deshalb bereits
    heute häufig als eine Art »Zweikammersystem« bezeichnet.
                                                                            Das Europaparlament und damit auch die Europawahl 2014 wird
                                                                            darüber entscheiden, wer der Nachfolger oder die Nachfolgerin
                                                                            von José Manuel Barroso als Präsident der Europäischen Kommis-
                                                                            sion wird. Die Staats- und Regierungschefs werden zum ersten
                                                                            Mal den Ausgang der Europawahl zu berücksichtigen haben,
                                                                            wenn sie den Kandidaten für dieses Amt bestimmen. Wörtlich
                                                                            heißt es in Artikel 14 des Lissabon Vertrages. »Das Europäische
                                                                            Parlament wählt den Präsidenten der Europäischen Kommis-
                                                                            sion«, allerdings auf Vorschlag des Europäischen Rats, also der 28
                                                                            Staats- und Regierungschefs der EU.
8                                                                           Welchen großen Einfluss die Wählerinnen und Wähler bei den Eu-
                                                                            ropawahlen 2014 haben, zeigt sich auch schon darin, dass alle
                                                                            großen europäischen Parteien, die sich zur Wahl stellen, einen
                                                                            europäischen Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissions-
                                                                            präsidenten aufgestellt haben.
                                                                            Nicht zu übersehen ist allerdings, dass das Ansehen der Europäi-
                                                                            schen Union in den Augen vieler Unionsbürgerinnen und –bürger
                                                                            aktuell in eine schwere Krise geraten ist. Es genügt deshalb für
                                                                            viele nicht mehr, nur die zahlreichen Errungenschaften des euro-
                                                                            päischen Einigungsprojekts bewusst zu machen. So sind bei-
                                                                            spielsweise die Friedens- und Freiheitssicherung, Leistungen, für
                                                                            die die EU den Friedensnobelpreis 2012 erhielt, für viele, vor allem
                                                                            Jüngere gerade schon zur Selbstverständlichkeit geworden. Als
                                                                            Projekt mutiger Eliten nach dem Zweiten Weltkrieg in Westeu-
                                                                            ropa gegründet, vermochten die Vorläuferorganisationen der
                                                                            heutigen Europäischen Union einen großen Teil zum wirtschaftli-
                                                                            chen und politischen Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland
                                                                            beizutragen. Dies fand dann oft erst im Nachhinein große Zustim-
                                                                            mung. Der Wunsch vieler Länder, der EU beizutreten, zeigt auch,
                                                                            wie attraktiv die EU für viele nach wie vor ist.
                                                                            Heute scheint jedoch allen klar zu werden, dass ohne eine breite
                                                                            Zustimmung seiner Unionsbürgerinnen und Unionsbürger eine
                                                                            weitere europäische Integration mit bislang 28 Mitgliedstaaten
                                                                            ebenso wenig weiter gehen kann wie eine mögliche Erweiterung.
                                                                            Der Lissaboner Vertrag hat zudem seit 1.4.2013 eine »Europäische
                                                                            Bürgerinitiative« verankert. Durch diese können die Unionsbür-
                                                                            gerinnen und -bürger bewirken, dass sich die Europäische Kom-
                                                                            mission mit einem bestimmten Thema befasst. Hierfür müssen in
                                                                            zwölf Monaten insgesamt eine Million gültige Unterstützungsbe-
                                                                            kundungen in einem Viertel aller EU-Mitgliedsstaaten gesammelt
                                                                            werden. Schon bislang war jede dritte dieser Initiativen erfolg-
                                                                            reich, insbesondere die Initiative gegen die »Privatisierung der
                                                                            Wasserversorgung« Die EU will sich erklärtermaßen in Zukunft
    Abb. 9 EU-Rahmenhaushalt 2014–2020     © Europäisches Parlament, 2013
                                                                            stärker zu einer »Bürgerunion« entwickeln.

    D ie M a cht d e s Euro pä is che n Pa rl a me n t s                                                                D&E        Heft aktuell · 2014
EUROPAWAHLEN 2014
7. Institutionen der EU und ihre Aufgaben
         Europäische Kommission                                                                              Europäischer Rat
                                                                     Leitlinien /
                                                                    Wahl der Kom-
                                                                      mission
                                                                                                    Rat bzw. Ministerrat der EU

                                                                          Vorschläge
                                                                          Gesetzes-
                                                                          initiativen
                                                                                                             Entscheidungen

      Kontrolle:
   Vertrauens- und
    Misstrauens-
        votum                                                                                                                             Beratungen
      Wahl der
     Kommission

                                                                                                              Entscheidungen /
                                                                                                               Haushaltsrecht

                                                                                                                                                                9

                                                      Europäisches Parlament
                                                 751 Abgeordnete aus den 28 Mitgliedstaaten –
                                                               direkt gewählt

       Europäischer Rechnungshof                                                                      Europäische Zentralbank

                Wirtschafts- und
                                                                                                       Ausschuss der Regionen
                Sozialausschuss

Weiterführende Informationen                                                            www.europainderschule.de/ (Linkliste der LpB Baden-Württemberg zu
                                                                                        den didaktischen Angeboten für einen modernen Europaunterricht)
    www.europawahl-bw.de (Portal der LpB Baden-Württemberg zur Europa-
                                                                                        www.deutschlandundeuropa.de (Website von D&E mit methodisch-didak-
    wahl 2014)
                                                                                        tischen Hinweisen zu dieser Ausgabe sowie den PDF-Ausgaben von D&E)
    www.elections2014.eu/de/ (Informationsseite des Europäischen Parla-                 dort auch:
    ments zu den Europawahlen 2014)                                                     Lucia Hoffmann: »Gemeinsam Europa erkunden. Die Europawahlen 2014 für
                                                                                        Einsteigerinnen und Einsteiger.« (Besonders geeignet für den
                                                                                        Gemeinschaftskundeunterricht in Anfangsklassen in allen Schularten)

 D&E      Heft aktuell · 2014                                                           Ins tit utionen der EU und ihre Auf gaben
EUROPAWAHLEN 2014 – DAS EUROPAPARLAMENT INFORMIERT:
     8. »Ergebnisse der Parlamentsarbeit«
     O     berstes Organ der Europäischen
           Union ist der »Europäische Rat«, die
     Versammlung der 28 Staats-und Regie-
     rungschefs der Mitgliedstaaten. Er trifft
     sich mindestens zweimal im Jahr zu soge-
     nannten »Gipeltreffen« und gibt dort die
     prinzipiellen Weichenstellungen der EU vor.
     Im alltäglichen Gesetzgebungsprozess ist
     er durch den »Rat der EU«, oft auch »Minis-
     terrat der EU« genannt, also dem der jewei-
     ligen Versammlung der 28 Fachminister
     und -ministerinnen, vertreten. Gemeinsam
     mit dem direkt gewählten Europaparla-
     ment entscheidet er über EU-Verordnungen
     und EU-Richtlinien, besitzt also die legis-
     lative Gewalt. Gesetzentwürfe vorschlagen
     kann aber nur die Europäische Kommis-
     sion, deren Vertreter vom Europäischen Rat
     zwar vorgeschlagen, aber auch vom Euro-
     paparlament gewählt werden müssen. Kri-
     tiker dieser Regelung fordern das »Geset-
                                                         Abb. 11 Diskussionen im Europaparlament: Die Fraktionen im Europaparlament bündeln Abgeordnete
     zesinitiativrecht« auch für das Europäische         aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten mit ähnlicher politischer Orientierung.      © Europaparlament, 2013
     Parlament. In einer Kampagne zu den Euro-
     pawahlen 2014 berichtet das EP über seine
     Debatten, Beschlüsse und »Erfolge«. Hier einige Auszüge.                    (3) »Verbraucherrechte im Binnenmarkt: In der vergangenen
                                                                                      Legislaturperiode ist das Europäische Parlament stets für die
     (1) »Wettbewerbsvorteile für europäische Unternehmen und                         Rechte der Verbraucher eingetreten, auch beim Online-Ein-
         Schaffung neuer Arbeitsplätze. Das Parlament hat während                     kauf. Es hat dazu beigetragen, dass sowohl Geschäfts- als
         der gesamten letzten Legislaturperiode daran gearbeitet, Un-                 auch Freizeitreisen in der EU einfacher wurden. Ein großer Er-
         ternehmen und deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer                       folg war, als es mit den EU-Ländern die Roaming-Verordnung
         zu unterstützen. So wurden Mittel aus dem EU-Haushalt ein-                   verabschiedete. Dadurch sind die Preise für das mobile Telefo-
10       gesetzt, damit europäische Unternehmen auf dem Weltmarkt                     nieren und den mobilen Datenverkehr drastisch gesunken.
         bestehen können und um den Aufbau von Beschäftigung zu                       Die Abgeordneten setzten sich für Lebensmittelsicherheit,
         fördern, insbesondere von jungen Menschen. Die Abgeordne-                    Verbraucherinformationen und den Tierschutz ein. (…) ›Neu-
         ten spielten eine wichtige Rolle dabei, 325 Milliarden Euro für              artige Lebensmittel‹, die von geklonten Tieren stammen, wur-
         Investitionen in die regionale Entwicklung zu sichern, um Eu-                den gesetzlich verboten.«
         ropa aus der Krise zu führen. Dazu gehören Projekte zur Aus-
         bildung junger Menschen und entlassener Arbeitskräfte und               (4) »Umwelt- und Klimaschutz. Das Europäische Parlament hat
         zur Förderung kleiner, innovativer Unternehmen, die neue Ge-                 sich stets für eine globale Strategie zur Bekämpfung des Kli-
         schäftsmöglichkeiten suchen. Weiterhin soll die Anbindung                    mawandels eingesetzt. Es hat dazu neue Rechtsvorschriften
         entlegener Regionen an das schnelle Internet sowie die euro-                 erlassen, um zur Senkung der Treibhausgasemissionen beizu-
         päische Forschung unterstützt werden. (…) Die Europäische                    tragen und die Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirt-
         Union will die Beschäftigungsrate unter der arbeitenden Be-                  schaft zu fördern. Die Abhängigkeit Europas von kostspieligen
         völkerung (20–64 Jahre) auf 75 % steigern. Helfen soll dabei                 Importen fossiler Brennstoffe soll drastisch sinken. Die Abge-
         die Jugendgarantie für Arbeit oder Ausbildung. (…)«                          ordneten haben sich intensiv mit der Umgestaltung der Berei-
                                                                                      che Verkehr und Energie befasst, um zu gewährleisten, dass
     (2) »Neue Finanzordnung zur Verhinderung zukünftiger Wirt-                       die EU treibstoff-effizientere Personen- und Lastkraftwagen
         schaftskrisen: Die Finanzkrise, die im Jahr 2007 begonnen                    sowie Motorräder herstellt sowie in alternative Kraftstoffe in-
         hat, und die Krise in Ländern des Eurogebiets seit 2010 wirk-                vestiert, die keine Umweltschäden hervorrufen.«
         ten sich verheerend auf die Volkswirtschaften der EU aus. Klar
         wurde, dass es gravierende systemische Fehler gab und eine              (5) »Schutz der Bürgerrechte. Seit dem Jahr 2009 hat sich das
         unzureichende Regulierung. Es wurde deutlich, dass die Wirt-                 Parlament dafür eingesetzt, dass alle Einwohner der EU die-
         schaftspolitiken der EU-Staaten und die Finanzmärkte umfas-                  selben Grundrechte und dieselben Freiheiten genießen. (…)
         send reformiert werden mussten. Das Europäische Parlament                    Es hat sich für eine umfassende Überarbeitung der Daten-
         hatte eine zentrale Rolle einzunehmen, um die Krise bewälti-                 schutzvorschriften zum Schutz der Privatsphäre eingesetzt,
         gen zu können und den Steuerzahler vor unkalkulierbaren Ri-                  sowie dafür, dass Internetunternehmen ihre Kunden infor-
         siken zu schützen. Zudem wirkte es entscheidend dabei mit,                   mieren müssen, wenn Regierungen aus Drittländern nach de-
         sichere Strukturen für die Finanzmärkte zu schaffen. Der                     ren Daten verlangen. Die Abgeordneten haben ebenfalls eine
         Druck von Interessensverbänden war dabei immens. Zu den                      Untersuchung der Programme zur Überwachung europäi-
         wichtigsten Erfolgen des EU-Parlaments gehören die Durch-                    scher Bürger durch die USA und einige EU-Länder durchge-
         setzung von verbindlichen Obergrenzen für Bonuszahlungen                     setzt.«
         an Banker, eine bessere Kontrolle des Finanzsektors, ein Ver-
                                                                                 © www.europarl.europa.eu/, dort: Höhepunkte der Parlamentsarbeit
         bot hochspekulativer ›Credit Default Swaps‹ (Kreditausfall-
         versicherungen) und die Verankerung klarer Regeln für eine
         verantwortungsbewusstere Wirtschafts- und Finanzpolitik.«

     » Er ge b ni s s e d e r Pa r l a me n t s a r b e i t«                                                                      D&E       Heft aktuell · 2014
»Die Gesetzgebung in der Europäischen Union«

           Europäische Kommission                                                                                                                                             Europäischer Rat

    Europäisches Parlament                                                                                     Vorschlag der                                                       Rat (der Europäischen Union):
                                                                                                               Kommission
               Direktwahl alle 5 Jahre                                                                                                                                                Der Ministerrat
                                                                                                             Erste Lesung im
                                                                                                                Parlament
                                                                                                             (Stellungnahme)

                                                                                                             Erste Lesung im
                                                                                                               Ministerrat
                                                                                                                (Einigung)

                                                                                                                Eventuell:
                                                                                                             Zweite Lesung im
                                                                                                               Parlamentt

                                                                                                                Eventuell:
                                                                                                             Zweite Lesung im
                                                                                                               Ministerrat

                                                                                                                                                                                                                                                             11
                             Dritte Lesung                                                                  eventuell                                                                                 Dritte Lesung
                             Abstimmung                                                               Vermittlungsausschuss                                                                           Abstimmung

Abb. 12 Gesetzgebung in der Europäischen Union (EU-Verordnungen und EU-Richtlinien)

  ARD-DeutschlandTREND: Januar 2014
                Mitgliedschat Deutschlands
  Bewertung der Mitgliedschaft Deutschlandsininder
                                                derEuropäischen
                                                    EuropäischenUnion
                                                                 Union
                                                 BTW ’05

                                                                                                                                              BTW ’09

                                                                                                                                                                                                                                           BTW ’13

    80

    70

    60
                                                                                                                                   52
    50
                                                                                                                                                                     Halten sich die Waage
                                                                                                                                                                                                                                                        40
    40                                                                                                                                                                                                                                                  39
                                                                                                                                         29                                                               Eher Vorteile
    30

    20                                                                                                                                                                                                                                                  19
                                                                                                                                                                                                      Eher Nachteile
                                                                                                                                   17
    10

       0
           Jun 04

                    Nov 04

                               Apr 05

                                                       Feb 06

                                                                Jul 06

                                                                         Dez 06

                                                                                                                                                                          Feb 11

                                                                                                                                                                                    Jul 11

                                                                                                                                                                                             Dez 11

                                                                                                                                                                                                                         Mrz 13
                                        Sep 05

                                                                                  Mai 07

                                                                                           Okt 07

                                                                                                    Mrz 08

                                                                                                              Aug 08

                                                                                                                       Jan 09

                                                                                                                                Jun 09

                                                                                                                                              Nov 09

                                                                                                                                                        Apr 10

                                                                                                                                                                 Sep 10

                                                                                                                                                                                                       Mai 12

                                                                                                                                                                                                                Okt 12

                                                                                                                                                                                                                                  Aug 13

                                                                                                                                                                                                                                               Jan 14

   Frage: Was meinen Sie: Hat Deutschland insgesamt gesehen von der Mitgliedschaft in der Europäischen Union eher Vorteile, eher Nachteile oder halten sich Vor- und Nachteile die Waage?

Abb. 13 Bewertung der Mitgliedschaft Deutschlands in der Europäischen Union                                                                                                                     © nach: ARD-Deutschlandtrend, dimap, 2014

 D&E          Heft aktuell · 2014                                                                                                                         » Er ge b ni s s e d e r Pa r l a me n t s a r b e i t«
EUROPAWAHLEN 2014 – EINE BESONDERE WAHL
     9. Jugendarbeitslosigkeit in der EU
                                                                                                                      Kontroverse Diskussion zur
                                                                                                                      »Jobgarantie für Jugendliche«
                                                                                                                      in der EU

                                                                                                                  M 1 »EU-Jobgarantie ist hilfloser Aktio-
                                                                                                                      nismus«, EVP (CDU/CSU)

                                                                                                                  Eine Jobgarantie für jeden arbeitssuchenden
                                                                                                                  Jugendlichen in Europa – mit diesem Verspre-
                                                                                                                  chen will die Europäische Kommission rund
                                                                                                                  5,5 Millionen jungen Europäern aus der Krise
                                                                                                                  helfen. »Wie, das sagt sie nicht – und umset-
                                                                                                                  zen sollen es noch dazu andere«, so die deut-
                                                                                                                  liche Kritik des sozialpolitischen Sprechers
                                                                                                                  der EVP im Europäischen Parlament, Martin
                                                                                                                  Kastler, an der so genannten »Beschäfti-
                                                                                                                  gungsgarantie für Jugendliche«. Das Europä-
                                                                                                                  ische Parlament hat diese Vorlage mehrheit-
                                                                                                                  lich gebilligt. »Ich wünschte wirklich, alle
                                                                                                                  Jugendlichen in Europa hätten ähnliche Pers-
     Abb. 14 Europäische Konferenz zur Jugendarbeitslosigkeit am 12.11.2013 in Paris. Von links: Martin
     Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments, Herman Van Rompuy, Präsident des Europäischen Rats,
                                                                                                                  pektiven wie die jungen Menschen in
     Dalia Grybauskaite, Präsidentin Litauens, Francois Hollande, Französischer Präsident, Bundeskanzlerin        Deutschland. Bei nahezu Vollbeschäftigung.
     Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Es war das vierte Gipfeltreffen in            Aber ich bin ehrlich: Garantieren kann das
     sechs Monaten. Beschlossen wurde u. a. eine »Jobgarantie« für Jugendliche. Nach wie vor erreicht die         niemand. (…) Für Kastler ist die im Paket ent-
     Jugendarbeitslosigkeit in einigen Mitgliedstaaten jedoch Rekordhöhen.          © Michel Euler, AP Photo /dpa haltene ›Jobgarantie‹ allenfalls Zeichen eines
                                                                                                                  ›hilflosen Aktionismus‹ in der Krise. Wenn
                                                                                                                  dieses Versprechen nun mit weiteren Förder-
                                                                                            mitteln an die Krisenstaaten plötzlich Wunder wirken soll, frage
12                                                                                          ich mich, wo die 55 Milliarden Euro verschwunden sind, die Eu-
                                                                                            ropa seit 2007 über den Europäischen Sozialfond dafür reserviert
                                                                                            hatte.«
      Jugendarbeitslosigkeit in Europa                                                   © www.cdu-csu-ep.de/presse/pressearchiv/8751-martin-kastler-evpcsu--eu-jobgaran-
                                                                                         tie-ist-hilfloser-aktionismus.html, MdEP Martin Kastler, EVP
      Anteil der 15- bis 24-Jährigen ohne
      Arbeit, saisonbereinigt
        unter 15 %
        15 bis 24,9 %                                                                    M 2 »Breite Zustimmung zur Jobgarantie für Jugendliche im
        25 bis 34,9 %                                                                        Europäischen Parlament«, S&D, (SPD)
                                                                FIN
        35 bis 44,9 %
        45 % und mehr                                                                    81 % der Abgeordneten des Europäischen Parlaments unterstütz-
                                              SWE
                                                                                         ten (…) eine Resolution für eine europaweite Jobgarantie von Ju-
                                                                EST                      gendlichen. Darin fordern wir, dass jungen Bürgerinnen und Bür-
                                                                                         gern der EU im Alter von bis zu 25 Jahren und Studienabgängern
                                                                LVA
                              DNK 11,6 %                                                 unter 30 Jahren nach Verlust ihres Arbeitsplatzes oder nach Ab-
                                                             LTU                         schluss ihrer Ausbildung eine Arbeitsstelle von guter Qualität,
                              NLD                                                        eine weiterführende Ausbildung oder ein Ausbildungsplatz ange-
             IRL              10,6                    POL                                boten werden. In Ländern wie Finnland oder Österreich wurde die
                      GBR
                                     DEU 7,6                                             Jobgarantie bereits eingeführt und hat sich bestens bewährt.
                               BEL
                                                CZE                                      »Eine sinnvolle Maßnahme«, stimmte auch Hohenlohes SPD-Eu-
                                LUX               SVK
                                          AUT 8,7
                                                                                         ropaabgeordnete Evelyne Gebhardt der Resolution zu. »Jugendli-
                                                  HUN                                    che sind von der Wirtschaftskrise in der EU besonders stark be-
                            FRA               SVN             ROU
                                                                                         troffen. Durch die Jobgarantie wird ihnen der Einstieg in den
                                                  HRV 52,1                               Arbeitsmarkt entscheidend erleichtert, weil der Gang von der
                                                              BGR
                                                                                         Schulbank dann nicht mehr automatisch zu den Warteschlangen
        PRT        ESP                                                                   der Arbeitsämter Europas führt.« Einschlägige Studien haben au-
                   56,5 %                  ITA 38,5
        42,1                                                                             ßerdem belegt, dass durch die Einführung einer Jobgarantie mit-
                                                       GRC 59,2                          telfristig ganz erhebliche Kosten im Sozialbereich eingespart wer-
                                     MLT 12,1                                            den können. Eine Einschätzung, die (die meisten) Fraktionen des
      Stand: Mai 2013 mit Ausnahme Estland und Ungarn (April), Griechenland,             Europäischen Parlamentes teilten. Ursprünglich auch die CDU,
      Zypern, Lettland, Rumänien, Slowenien, Großbritannien u. Kroatien (März)           die vor der Abstimmung noch vollmundig in der Presse für die Un-
           19354                                                   Quelle: Eurostat      terstützung einer Jobgarantie warb.
                                                                                         © www.evelyne-gebhardt.eu/de/newsdetails-startseite/produkt/cdu-europaabgeord
     Abb. 15 Jugendarbeitslosigkeit in Europa                  © dpa, picture alliance
                                                                                         nete-lassen-arbeitslose-jugend.html, MdEP Evelyne Gebhardt

     Jugendarbeitslosigkeit in der EU                                                                                                  D&E       Heft aktuell · 2014
M 3 »Verbindliche europäische Jobgarantie«, efa (Grüne)

Das Europäische Parlament fordert die Mitgliedstaaten und Sozi-
alpartner auf, die Löhne am Produktivitätsfortschritt auszurich-
ten. Dieser Punkt ist gerade hinsichtlich der Bekämpfung der
volkswirtschaftlichen Ungleichgewichte in der Eurozone ein
wichtiger Schritt zur Lösung der Krise. Außerdem nimmt das Eu-
ropäische Parlament die Kommission bei der Autonomie der Sozi-
alpartner in die Pflicht: Reformen sind insbesondere in den Kri-
senländern notwendig, die führende Rolle der Sozialpartner bei
der Lohnfindung soll die Kommission jedoch berücksichtigen.
Zudem sprechen sich die Abgeordneten für ambitioniertere Maß-
nahmen zur Bekämpfung der negativen Krisenfolgen aus. Im Zen-
trum ihrer Forderungen steht die von der Internationalen Arbeits-
organisation (ILO) vorgeschlagene verbindliche Europäische
Jobgarantie für Jugendliche. Außerdem sollen Kommission und
                                                                                     Abb. 17 EU-Gipfel bekämpft die Jugendarbeitslosigkeit © Klaus Stuttmann, 2013
Mitgliedstaaten das Beschäftigungspotential in grünen Wirt-
schaftsbranchen effektiver nutzen.
                                                                                     gierungschefs eine sogenannte »Jugendgarantie« in Höhe von
© www.greens-efa.eu/europaeisches-semester-8447.html
                                                                                     sechs Milliarden Euro für die Jahre 2014 und 2015 verabschiede-
                                                                                     ten. (…) Bemüht man den Taschenrechner bedeutet dies, dass für
                                                                                     jeden erwerbslosen Jugendlichen unter 35 Jahren durch die Job-
M 4 »Duales Ausbildungssystem statt Jobgarantie«, ALDE,                              garantie 272 Euro pro Jahr zur Verfügung stehen. Insofern kann
    (FDP)                                                                            man durchaus behaupten, dass die sogenannte »Jugendgarantie«
                                                                                     schlichtweg ein Witz – auch angesichts der milliardenschweren
Der stellvertretende Vorsitzende der FDP im Europäischen Parla-                      Rettungshilfen für Banken – ist. (…) Dies bedeutet, dass europa-
ment Michael Theurer (forderte) die Kommission auf, statt wolki-                     weit Lebens- und Arbeitsbedingungen geschaffen werden müs-
gen Erklärungen zur Einführung einer Beschäftigungsgarantie, ei-                     sen, die es jungen Menschen erlauben, den Ort und die Art ihrer
nen Master-Plan zur Einführung des dualen Ausbildungssystems in                      Ausbildung frei zu wählen, ohne Abschottungen der jeweiligen
der ganzen EU vorzulegen. Arbeits- und Ausbildungsplätze könn-                       Regionen oder Nationalstaaten nach außen.
ten nachhaltig eben gerade nicht vom Staat geschaffen werden.
                                                                                  © http://dominic.linkeblogs.de/pv2012/2013/07/01/wagenknecht-verkurzt/
Das Geheimnis liege in der Kombination aus Berufspraxis in Un-
ternehmen und der Nähe zum
Markt. »Das ist die Botschaft                                  Die Lage
der Erfolgsstory des deut-                                         der
schen dualen Ausbildungs-                                       öffent-                                                                                               13
                                             Wirt-                                 Steigende                    Einfluss                   Energie-
                                                     Arbeits-    lichen Einwande-             Krimi-                     Terroris- Klima-
systems«, erklärt Theurer und               schaft-                                  Preise/           Steuern der EU in                   versorg- Umwelt   Renten
                                                     losigkeit Finanzen    rung               nalität                      mus      wandel
warnt davor eine pauschale                liche Lage                                Inflation                   die Welt                    nung
                                                                   der
Jobgarantie einzuführen. Dies                                  Mitglied-
sei ordnungspolitisch ein                                       staaten
                                    EU 28    45 %      36 %      26 %      16 %       12 %      8%       7%       6%        6%        4%     4%       4%      4%
Schritt in die falsche Rich-         BE      48 %      36 %      26 %      21 %       11 %     11 %      6%       7%        7%        4%     4%       3%      7%
tung, der lediglich kurzfristig      BG      53 %      25 %       14 %     27 %        8%      12 %      1%       8%       17 %       4%     3%       4%      1%
zu staatlich geschaffenen und        CZ      43 %      28 %      37 %      13 %       14 %      7%       3%       10 %      8%        2%     5%       5%      5%
steuerfinanzierten Arbeits-          DK      53 %      49 %      22 %      19 %        2%      10 %      0%       6%        6%       12 %    2%      10 %     1%
plätzen führe, erklärt der Vor-      DE      37 %      32 %      43 %      22 %       12 %      9%       3%        5%       4%        7%     7%       3%      4%
                                      EE     43 %      19 %      33 %      22 %       13 %      7%       5%       8%        7%        2%     5%       4%      2%
sitzende des Ausschusses für
                                      IE     55 %      53 %      22 %       8%        16 %      7%      10 %       6%       4%        2%     2%       4%      3%
Haushaltskontrolle. Der Zu-           EL     52 %      46 %      26 %      15 %        8%      11 %      7%       10 %      8%        1%     2%       3%      2%
gang junger Menschen zu An-          ES      58 %      46 %      21 %       8%         9%       5%       8%       5%        2%        2%     1%       1%      4%
geboten der Berufsqualifika-         FR      48 %      33 %      28 %      23 %       12 %      5%       4%       8%        6%        4%     5%      10 %     4%
tion müsse in ganz Europa            HR      48 %      46 %      28 %      10 %       11 %     14 %      2%       4%        4%        5%     2%       2%      1%
verbessert werden, dies sei           IT     44 %      49 %       14 %     16 %       17 %      6%      21 %       4%       4%        1%     1%       2%      3%
                                     CY      57 %      61 %      28 %      12 %        4%      15 %      3%        4%       3%        2%     1%       2%      1%
auch ein wichtiger Schritt hin        LV     42 %      22 %      32 %      20 %       11 %      8%       7%        5%       5%        3%     3%       3%      3%
zu einem europaweiten Ar-             LT     42 %      26 %      20 %      14 %       14 %     13 %     10 %       3%       7%        4%     6%       2%      2%
beitsmarkt.                          LU      41 %      48 %      25 %      18 %       11 %     10 %      6%        6%       6%        6%     2%       3%      4%
                                             HU        44 %   32 %    36 %     10 %       13 %       9%       3%    8%     6%       5%       7%      3%       5%
© www.theurer-for-schultes.de/               MT        43 %   31 %    28 %     40 %        6%       11 %      2%    4%     4%       3%       4%      3%       4%
presse/20130115_PM_Theurer_Duale_            AT        44 %   32 %    48 %     18 %       13 %       6%       5%    8%     3%       5%       5%      5%       4%
Ausbildung_statt_Jobgarantie.pdf.            NL        63 %   39 %    35 %     12 %        5%        7%       2%   11 %    5%       4%       2%      4%       2%
MdEP Michael Theurer                         PL        36 %   32 %    20 %      9%        17 %       5%       5%    5%     8%       4%       3%      4%       4%
                                             PT        53 %   48 %    30 %      3%        13 %       5%       7%    3%     1%       1%       1%      0%       4%
                                             RO        41 %   26 %    18 %     12 %       18 %      19 %      8%    9%     8%       4%       4%       4%      6%
                                             SI        50 %   41 %    33 %     10 %        6%       13 %      5%    5%     2%       3%       2%      2%       2%
                                             SK        46 %   36 %    34 %      8%        17 %       9%       6%    9%     8%       3%       3%      6%       3%
M 4 »Jugendgarantie – ist                    FI        37 %   34 %    48 %     11 %       10 %       8%       3%   11 %    6%      11 %      5%       7%      2%
    schlichtweg ein                          SE        55 %   36 %    28 %     16 %        1%        4%       1%    7%     3%      21 %      6%      18 %     0%
    Witz«, EL, GUE/NGL)                      UK        38 %   27 %    20 %     23 %       11 %       8%       4%    7%     8%       4%       8%      2%       3%
    (Die Linke)                                                              Am häufigsten erwähnte Antwort
                                                                             Am zweithäufigsten erwähnte Antwort
Der EU-Gipfel betrieb (…)                                                    Am dritthäufigsten erwähnte Antwort
wieder einmal Augenwische-
                                          Abb. 16 Was sind Ihrer Meinung nach die beiden wichtigsten Themen, denen sich die EU gegenüber sieht?
rei, als die Minister und Re-                                                                                                         © Eurobarometer, Herbst 2013

 D&E       Heft aktuell · 2014                                                                           Jugendarbeitslosigkeit in der EU
EUROPAWAHLEN 2014 – EINE BESONDERE WAHL
     10. Kleine europäische Presseschau
     N    icht selten gingen Wahlbeobachter noch vor einigen
          Jahren davon aus, dass Europawahlen, bei denen die
     Wahlbeteiligung stets geringer war als bei nationalen Parla-
     mentswahlen, von vielen Wählerinnen und Wählern als Pro-
     testwahlen, ja als Denkzettel für nationale Unzufriedenheit
     mit der jeweiligen Regierung genutzt wurden. Spätestens seit
     der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, seit der Euro-
     und Staatschuldenkrise, seit der Banken- und Klimakrise, um
     nur einige Beispiel zu nennen, werden vermehrt Themen in
     den Medien diskutiert, die ganz eindeutig nicht mehr auf nati-
     onaler Ebene entschieden werden. Schätzungsweise zwei
     Drittel der Gesetze, die der deutsche Bundestag beschließt,
     haben ihre Ursprung in EU-Verordnungen oder EU-Richtlinien,
     die aus Brüssel kommen. Und wenn es auch immer noch keine
     gemeinsame »europäische Öffentlichkeit« geben mag, in den
     nationalen Medien spielen europäische Themen längst eine
     zentrale Rolle. Es bleibt zu hoffen, dass tatsächlich europäi-
                                                                             Abb 18 »Kind, bist Du gewachsen!«                      © Jürgen Tomicek, 2013
     sche Themen die Europawahlen und den Wahlkampf beherr-
     schen werden. Hierzu ein Blick in die »europäischen Medien«
     des sogenannten »Qualitätsjournalismus«:                                     3. »Verlorene Jugend ist eine Zeitbombe«
                                                                             Sechs Milliarden Euro sollen bis 2015 in die Bekämpfung der Jugendar-
         1. »Europa vor schicksalhaften Wahlen«                              beitslosigkeit fließen. Das haben die Staats- und Regierungschefs der EU
                                                                             auf ihrem Gipfel beschlossen. Es ist Gefahr im Verzug, mahnt die belgische
     Vom 22. bis 25. Mai 2014 wird das Europaparlament neu gewählt. Der      Tageszeitung »Le Soir«:
     Wahlkampf wird in diesem Jahr aus zwei Gründen ein besonderer, meint    »Die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen ist heute so hoch, dass man
     die dänische Tageszeitung »Politiken«:                                  Aufruhr oder sogar eine Explosion befürchten muss. Eine Jugend
     »Erstens, weil es eine Krisen-Wahl ist. Die letzten Parlamentswah-      ohne Arbeit ist eine verlorene Generation und eine verlorene Gene-
     len fanden 2009 statt, als die Krise noch nicht ernsthaft ausge-        ration ist nicht nur ein furchtbarer Misserfolg für die Demokratie,
     brochen war. Dies wird nun die erste EU-Wahl sein, bei der die          sondern auch eine Zeitbombe für jede Gesellschaft. Die Zeit drängt:
     Wähler auf die Sparprogramme und die markant steigende Ar-              In sozialer Hinsicht, da Demonstrationen und gewalttätige Bewe-
14   beitslosigkeit reagieren können. (…) Viele rechnen deshalb mit          gungen zu einem realen Risiko werden, und in politischer Hinsicht,
     einem historisch guten Ergebnis für die euroskeptischen, popu-          da für die [Europa-]Wahlen im Mai ein massiver Zuspruch für die ex-
     listischen und extremistischen Parteien. Zweitens ist es die erste      tremistischen Parteien befürchtet wird. Die neue europäische
     Wahl gemäß neuer Vertragsregeln, die den Fraktionen des Euro-           Bombe ist zwischen 15 und 29 Jahre alt. Das europäische Sozialmo-
     paparlaments mehr Einfluss auf die Verteilung von Spitzenposten         dell wird nur bestehen bleiben, wenn es gelingt, sie zu entschärfen.«
     geben. (…) 2014 wird das große Wende-Jahr der Union, ein Jahr,
                                                                             © Le Soir – Belgien, 27. Juni 2013
     das uns zeigen wird, wie die Macht in jener europäischen Zusam-
     menarbeit verteilt sein wird, die nach der härtesten Wirtschafts-
     krise seit Generationen nun im Entstehen ist.«
     © Politiken – Dänemark, 30.12.2013
                                                                                  4. »Nutzloser Gipfel gegen Jugendarbeitslosigkeit«
                                                                             Auf Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel haben europäische
                                                                             Spitzenpolitiker in Berlin mögliche Maßnahmen gegen die hohe Jugend-
         2. »EU erklären hilft gegen Rattenfänger«                           arbeitslosigkeit besprochen. Die deutsche Wochenzeitung »Die Zeit« be-
                                                                             zweifelt, dass das Treffen irgendetwas gebracht hat:
     Ein neues rechtes Bündnis gegen die EU ist noch kein Grund zur Panik,   »Nicht die schlechte Ausbildung macht so vielen jungen Leuten in
     doch um die Gefahr einzudämmen, müssen die EU-Befürworter Europa        Italien oder Spanien den Einstieg ins Berufsleben unmöglich – es
     den Menschen näher bringen, findet der deutsche öffentlich-rechtliche   fehlen schlicht die Jobs. Wenn dieser Befund korrekt ist, dann war
     »Deutschlandfunk«:                                                      dieser Gipfel einer der überflüssigsten der Wirtschaftsgeschichte.
     »Alarmiert muss man sein, weil diese Kräfte stärker werden. Das         (…) Wie gelingt es, die Kreditklemme im Süden zu lösen? Was ge-
     macht all die schwächer, die Europa gestalten wollen. (…) Ge-           schieht mit den übermäßigen Schulden? Das sind die Fragen, die
     lassen kann man sein, wenn man sich vor Augen führt, dass es            auf einem Gipfel besprochen werden müssen, der der Jugend Eu-
     letztlich immer ein gerüttelt Maß an übernationalem Interessen-         ropas wirklich helfen würde. (…).«
     ausgleich geben muss, wenn verschiedene Individuen, von ver-
                                                                             © Die Zeit – Deutschland, 4.7.2013
     schiedenen Parteien, aus verschiedenen Ländern [im Europapar-
     lament] eine Fraktion bilden wollen. (…) ›Alarmiert gelassen‹
     sollten sich aber Abgeordnete, Kandidaten, Regierungen, EU-
     Kommissare eines klar machen (…): Wenn es ihnen nicht gelingt,               5. »Im Wahlkampf hetzen Europäer gegen
     die EU und ihr Handeln besser und verständlicher zu erklären,                Europäer«
     wenn sie die Menschen nicht mitnehmen können bei all ihren Ent-
     scheidungen, braucht sich niemand zu wundern, wenn nationalis-          Die britische Regierung will die Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgaren
     tische Rattenfänger in ganz Europa leichtes Spiel bekommen.«            und Rumänen beschränken, die seit dem 1. Januar 2014 an gilt. Mit sol-
                                                                             chen Schritten schießt sich Europa selbst ins Bein, befürchtet die spani-
     © Deutschlandfunk – Deutschland, 14.11.2013
                                                                             sche Tageszeitung »El País«:

     Kleine europäische Presseschau                                                                                    D&E      Heft aktuell · 2014
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