MOOCs or POOCs Ornament oder Fundament der Hochschulentwicklung? - Mittwoch, 26. Februar 2014 - Baden ...
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MOOCs or POOCs Ornament oder Fundament der Hochschulentwicklung? Mittwoch, 26. Februar 2014 Liederhalle Stuttgart Schiller-Saal dokumentation
inhalt Vorwort des ministeriums für wissenschaft, forschung und kunst 4 Vorwort der landesrektorenkonferenz 5 programm 6 Eröffnung Ministerialdirigent Michael Kleiner 8 Prof. Dr.-Ing. Wolfram Ressel 12 PROJEKTDEMONSTRATIONEN PD Dr. Bernhard Hirt 18 Prof. Dr. Christian Spannagel 22 Prof. Dr. Nils Högsdal 26 Effizienz meets Effektivität Prof. Dr. Michael Jäckel 30 Dipl.-Inf. Hans Pongratz 36 Prof. Dr. Andrea Back 44 Podiumsdiskussion 50 TECHNIK MEETS WISSEN Prof. Dr. Gerhard Schneider 56 Podiumsdiskussion 60 Abschlussdiskussion Strategische Konsequenzen für die Hochschulen 66 resümee 70 viten 72 teilnehmer 80 Impressionen 84 impressum 86
4 Vorwort des ministeriums für wissenschaft, forschung und kunst Ein erster Schritt war die Fachtagung „MOOCs or POOCs – Ornament oder Fundament der Hochschulentwicklung?“ am 26. Februar 2014, auf der sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer untereinander und mit den eingeladenen Ex- perten austauschen konnten. Sind MOOCs, POOCs oder SPOCs für die baden-württembergischen Hochschulen überhaupt sinnvoll? Gehört E-Learning im Bildungsbe- reich als Fundament dazu oder bleibt es ein Ornament einzelner Hochschulen, die sich dieses Angebot für ihr Portfolio leisten möchten oder müssen? Welche Gruppen sollen angesprochen werden – die eigenen Studierenden, die Studierenden anderer Hochschulen oder die breite Öf- fentlichkeit, die sich in aktuellen Fragen weiterbilden will? Welche Angebote müssen die Hochschulen bereit halten – Brückenkurse, Grundlagenveranstaltungen, Spezialvorle- sungen oder ein digitales Studium generale? Welche Rolle Das Phänomen „MOOCs or POOCs“ ist der vorläufige spielen MOOCs hinsichtlich Branding, Marketing, Re- Höhepunkt einer langen Entwicklung. Sie begann in den cruiting? Wohin wollen sich die Hochschulen entwickeln? 1990er-Jahren, im Zuge der Verbreitung von digitalen und Diese und andere Fragen wurden auf der Veranstaltung Online-Medien, und wurde von den Hochschulen intensiv diskutiert. vorangetrieben. Im Kern geht es dabei um die Rolle von E-Learning und E-Teaching-Aktivitäten in den Hochschu- Dabei sollte deutlich werden, welchen Stellenwert die len, um Rahmenbedingungen und Studienqualität. Hochschulen dem Thema Digitalisierung der Lehre stra- tegisch und konzeptionell in den kommenden Jahren bei- Bei den MOOCs (Massive Open Online Courses) beobach- messen. An dieser Stelle möchte ich der Landesrektoren- ten wir zwei Entwicklungen: Die Teilnehmerzahlen wach- konferenz Baden-Württemberg ausdrücklich danken, die sen (xMOOCs – das x steht für extension) und die Ange- als Mitveranstalter der Fachtagung zum Ausdruck gebracht bote werden zunehmend anwenderorientiert (cMOOCs – hat, dass das Thema bei der Mehrheit der Hochschullei- das c steht für connectivism). Von den MOOCs wiederum tungen längst auf der Agenda steht und vielerorts großer unterscheiden sich die sogenannten POOCs (Personalized Handlungsbedarf gesehen wird. Open Online Courses), die auf eine Personalisierung der Lernsituation und der Bildung setzen. Die Fachtagung mit ihren fast 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war ein großer Erfolg. Ich danke den Refe- In Baden-Württemberg haben sich mittlerweile – auch renten für die eindrucksvollen Projektdemonstrationen über die Master-Online Studiengänge – Lehrformen her- und spannenden Impulsreferate, den Diskutanten für ihre ausgebildet, die dem Ideal der SPOCs (Small Private On- engagierten Podiumsbeiträge, dem Publikum für das große line Courses) entsprechen, also Kurse für kleinere Stu- Interesse und die konstruktiven Wortmeldungen, Herrn dierendenzahlen mit Tutorien und virtuellen Lern- und Professor Ferdinand für die umsichtige Moderation und Arbeitscommunities. Dabei steht „Master Online“ stell- den Organisatoren für die Gestaltung und den reibungslo- vertretend für die vielen Initiativen und Programme, die sen Ablauf der Fachtagung. im Laufe der Jahre entwickelt und vom Wissenschaftsmi- nisterium gefördert wurden, um Aus- und Weiterbildung Die vorliegende Dokumentation gibt die Erkenntnisse der flexibler zu gestalten. Tagung wieder. Sie soll zum Informationsaustausch beitra- gen und Grundlage für die weitere Diskussion sein, die Zahlreiche innovative Konzepte für den Einsatz digitaler das Wissenschaftsministerium konstruktiv begleiten wird. Medien und Kommunikationstechnologien in der Lehre sind an den Hochschulen entstanden. Der bei der Erpro- Ich wünsche Ihnen eine ertragreiche Lektüre. bung neuer Formate angehäufte Erfahrungsschatz schlum- mert allerdings noch vielfach im Verborgenen. Es ist mir daher ein wichtiges Anliegen, dieses Know-how zum Nutzen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, der Studierenden und der an Weiterbildung Interessierten transparent und zugänglich zu machen. Ich möchte den Theresia Bauer MdL Erfahrungsaustausch, die gegenseitige Nutzung von Lern- Ministerin für Wissenschaft, Forschung inhalten und weiterführende Kooperationen anregen und und Kunst Baden-Württemberg ermöglichen, um nachhaltige Qualitätsverbesserungen in der Lehre zu erzielen.
Vorwort der Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg 5 Baden-Württemberg verfügt über ein hervorragendes und Diese Leitfragen haben wir bei unserer Tagung mit einer differenziertes Hochschulsystem, das für inländische und Reihe nationaler und internationaler Experten sowie mit internationale Studierende gleichermaßen kostenfrei ist. vielen Hochschulvertreterinnen und -vertretern im Pub- Warum, so haben wir in der Tagung „MOOCs or POOCs likum diskutiert. Dabei haben wir interessante und anregen- – Ornament oder Fundament der Hochschulentwicklung?“ de Fallbeispiele und verschiedene Herangehensweisen an provokativ gefragt, sollte man in einer solchen Situation, in das Thema „MOOCs“ diskutiert. Die Ergebnisse wollen wir der es so viele Studierende wie nie zuvor gibt, knappe Res- Ihnen mit dem vorliegenden Tagungsband vorstellen, um sourcen für den Aufbau von MOOCs zur Verfügung stellen? nicht nur den interessierten Fachbereichen, sondern vor Noch dazu, wenn Sebastian Thrun, der Gründer der Online- allem auch den Hochschulleitungen die dringend benötig- Akademie „Udacity“, jüngst in einem Interview mit der ten Informationen für ihre künftige strategische Ausrichtung „Zeit“ einräumt, die MOOCs seien mit Erfolgsquoten von im Bereich des E-Learning an die Hand zu geben. durchschnittlich drei bis zehn Prozent noch nicht gut genug, um auch die breite Masse zum Erfolg zu bringen. Denn trotz aller Kontroversen um die Thematik steht für uns fest, dass die Universitäten mit ihrer Spitzenforschung Der Stifterverband wiederum hat eigens ein Förder- wesentlich dazu beitragen, dass Baden-Württemberg die programm zu MOOCs aufgelegt und will damit das be- europäische Hochtechnologieregion mit der höchsten For- rufsbegleitende und lebenslange Lernen fördern. Er sieht schungsintensität ist – und hierzu zählen auch die Bereiche MOOCs als wichtigen Bestandteil der „quartären Bildung“. E-Science und E-Learning, bei denen Universitäten und Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) sieht sie gar Hochschulen konkurrenzfähig aufgestellt sein müssen, um als Vorbote für einen „digitalen Tsunami“ und die Vorberei- den Wirtschafts-, Kultur- und Wissenschaftsstandort inter- tung darauf als strategische Aufgabe der Hochschulen. national noch stärker sichtbar zu machen. Ich hoffe, dass die vorliegende Dokumentation hierzu einen wichtigen Teil Sind MOOCs für die baden-württembergischen Universitä- beitragen kann und wird. ten also sinnvoll oder sind sie nur ein cleveres Marketing- instrument amerikanischer Spitzenuniversitäten, die damit Im Namen der Landesrektorenkonferenz möchte ich ab- Kunden für ihre zahlungspflichtigen Angebote gewinnen schließend allen beteiligten Referentinnen und Referen- wollen? ten, Herrn Kollegen Ferdinand für seine Moderation und nicht zuletzt dem Wissenschaftsministerium und dem zu- Wohin werden sich die Hochschulen im E-Learning-Bereich ständigen Fachreferat für die hervorragende Organisation entwickeln? Werden sich die bestehenden Angebote flä- der Tagung sehr herzlich danken. chendeckend und erfolgreich durchsetzen und werden diese weiterentwickelt werden? Hans-Jochen Schiewer Rektor der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg
programm 7 10.00 Eröffnung der Tagung 12.30 Mittagspause Ministerialdirigent Michael Kleiner, Ministerium für Wissenschaft, Forschung 13.30 Technik meets Wissen und Kunst Baden-Württemberg Impulsreferenten Prof. Dr.-Ing. Wolfram Ressel, Prof. Dr. Gerhard Schneider, Rektor der Universität Stuttgart, Chief Information Officer und Direktor des Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg Rechenzentrums der Universität Freiburg 10.30 Projektdemonstrationen Prof. Dr. Dr. Friedrich W. Hesse, PD Dr. Bernhard Hirt, Direktor des Leibniz-Instituts für Wissens- Universität Tübingen medien, Tübingen, Vizepräsident der Leibniz-Gemeinschaft Prof. Dr. Christian Spannagel, Pädagogische Hochschule Heidelberg Gisbert Löcher, Studierender des Studiengangs „MASTER:ONLINE Integrierte Gerontologie“ Prof. Dr. Nils Högsdal, der Universität Stuttgart Hochschule der Medien Stuttgart Podiumsdiskussion 11.00 Effizienz meets Effektivität Prof. Dr. Dr. Friedrich W. Hesse Impulsreferenten PD Dr. Bernhard Hirt Prof. Dr. Michael Jäckel, Präsident der Universität Trier und Mitglied Gisbert Löcher der HRK-Kommission „Neue Medien und Wissenstransfer“ Prof. Dr. Gerhard Schmitt, ETH Zürich Dipl.-Inf. Hans Pongratz, Prof. Dr. Gerhard Schneider Geschäftsführender Vizepräsident IT-Systeme & Dienstleistungen, Prof. Dr. Christian Spannagel Chief Information Officer (CIO), TU München 15.00 Kaffeepause Prof. Dr. Andrea Back, Universität St. Gallen 15.30 Abschlussdiskussion unter der Fragestellung: Podiumsdiskussion Strategische Konsequenzen für die Hochschu- Prof. Dr. Andrea Back len – was nehmen wir mit/wie setzen wir es um? Prof. Dr. Ulrike Cress, Prof. Dr.-Ing. Wolfram Ressel stellvertretende Direktorin des Leibniz-Instituts für Wissensmedien, Tübingen Prof. Dr. Dr. Friedrich W. Hesse Prof. Dr. Andreas Geiger, Prof. Dr. Achim Bubenzer, Rektor der Hochschule Magdeburg-Stendal Rektor der Hochschule Ulm Prof. Dr. Gerd Gidion, Prof. Dr. Christine Bescherer, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Prorektorin für Forschung, Nachwuchs- förderung und IT-Management der Prof. Dr. Michael Jäckel Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg Dipl.-Inf. Hans Pongratz Prof. Dr. Ulf-Daniel Ehlers, Vizepräsident DHBW w Moderation der tagung 16.45 Resümee Ministerialdirigent Michael Kleiner Prof. Stephan Ferdinand Hochschule der Medien Stuttgart Prof. Dr.-Ing. Wolfram Ressel
ERÖFFNUNG 9 Nicht nur die digitale Welt hält Überraschungen bereit, Medienentwicklungsplanung ist also Chefsache und auch sondern auch die reale. Leider kann Frau Ministerialdirek- für uns Chefsache. Aktionsfelder sind Personalentwicklung, torin Dr. Schwanitz heute nicht da sein, weil sie erkrankt Organisationsentwicklung, Schaffung von Infrastrukturen. ist. Sie hat mich deshalb vor wenigen Minuten sozusagen Die Hochschulen müssen im Rahmen ihrer Struktur- und gebeten, sie zu vertreten und hier die Fachtagung zu eröff- Entwicklungsplanung die medialen Kompetenzen und Res- nen. Sie lässt Ihnen ihre ganz herzlichen Grüße ausrichten sourcen bündeln. Hier ist auch schon einiges geschehen. In und wünscht Ihnen und uns gemeinsam heute einen ho- den letzten Jahren haben sich an den Hochschulen Medien- hen Wirkungsgrad für diese Tagung. zentren und E-Learning-Servicestellen etabliert. Sie unter- stützen den Einsatz neuer Medien im Studienangebot und Magnifizenzen, sehr geehrter Herr Professor Ressel, sehr treiben auch die strategische Weiterentwicklung der Hoch- geehrte Mitglieder des Fach- oder Programmbeirats Mas- schulen in diesen Bereichen voran. Auf Landesebene wurden ter Online, sehr geehrte Referentinnen und Referenten im Rahmen des Bündnisses für Lehre das Hochschuldidak- und sehr geehrte Gäste aus den Hochschulen, aus den tikzentrum der Universitäten und das Kompetenzzentrum Forschungseinrichtungen und möglicherweise auch von Medizindidaktik eingerichtet. Ein Schwerpunkt ist hier die außerhalb. Zunächst einmal bin ich als Vertreter des Mi- Integration von E-Learning in die Lehre. nisteriums, und ich darf wahrscheinlich auch für die LRK sprechen, begeistert über die große Resonanz dieser heu- Im zweiten großen Förderprogramm von 2006 bis heute tigen Tagung. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich. hat das Land rund 12,8 Millionen Euro in die Einrich- Zumindest ich, Herr Professor Ferdinand, habe noch das tung vollständiger Master-Online-Studiengänge investiert. Glück vor einem vollen Plenum zu sprechen. Wie das dann Diese verbinden nach dem Prinzip des Blended Learning nach der Einführung aussieht, werden wir weiter sehen. Online-Lehre mit regelmäßigen Präsenzphasen. Nach der Erfahrung aus den elf Studiengängen sind Präsenzphasen Massive Open Online Courses, die sogenannten MOOCs für die Studierenden unerlässlich, um soziale Kontakte und ihre Unterarten, die POOCs und SPOCs, sind in den aufzubauen, um in die fachliche Kommunikation zu kom- letzten Jahren ein Hypethema im Bereich E-Learning und men und um motiviert zu werden, überhaupt einen Studi- E-Teaching geworden. Die Rede ist gar von einem „digita- engang auch tatsächlich abzuschließen und durchzuhalten. len Tsunami“, der die Hochschulen zu überrollen droht. Im Vergleich zur reinen Präsenzlehre verlangt das Blended Angeblich steht im Bereich der Hochschulen eine digitale Learning neue methodisch-didaktische Konzeptionen und Revolution bevor. Dabei geht es in der Sache um den Ein- eine intensive Betreuung durch Tutoren, die die Online- satz digitaler Medien in der Lehre, um digitale Wissensver- Seminare und Diskussionsforen moderieren und für indi- mittlung also. viduelle Fragen der Studierenden zur Verfügung stehen. Mit den inzwischen erfolgreich implementierten Master- Unsere Hochschulen haben das Potenzial digitalisierter Online-Studiengängen wurde das didaktische Konzept der Bildungsformate schon früh erkannt und genutzt und lan- aufkommenden SPOCs, also Kurse für kleinere Studieren- ge bevor 2001 der Bund 200 Millionen Euro in das Pro- denzahlen mit Tutorien und virtuellen Lern- und Arbeits- gramm neue Medien in der Bildung investierte, ist Baden- communities, bereits realisiert – Jahre, bevor dieses neue Württemberg schon auf eine Reise in diese terra incognita Akronym für diese Lehrform erfunden wurde. virtualis aufgebrochen. Es herrschte der Glaube an unge- ahnte Möglichkeiten. Niemand hatte allerdings das Aus- Seit zehn Jahren betreibt das Leibniz-Institut für Wissens- maß der Anstrengungen geahnt, die notwendig sind, um medien in Tübingen das mit erheblichen Mitteln diverser hier überhaupt Erfolge zu erzielen. Geldgeber geförderte und preisgekrönte Internetportal e-teaching.org. Das war im Jahr 2003 ein sehr weitsichtiger In der ersten großen Fördermaßnahme von 1998 bis 2003 hat Ansatz, aus dem sich eine echte Erfolgsgeschichte entwi- das Land rund 25 Millionen Euro in das Programm Virtuelle ckelt hat. Ursprünglich wurden vor allem Internetseiten Hochschule Baden-Württemberg investiert. In Verbundpro- geschrieben und wissenschaftliche Artikel zur Verfügung jekten sollten die an E-Learning interessierten Lehrenden gestellt. Aktuell geht es vornehmlich um Hochschulpro- didaktische Methoden weiterentwickeln, strukturelle Rah- jekte, bei denen Podcasts, Blogs, Twitter, Webseminare, menbedingungen und vor allem digitalen Content schaffen. E-Assessments oder Apps zum Einsatz kommen. Das Portal Alle Hochschularten sollten integriert und möglichst viele dient Experten als Impulsgeber beim Einsatz digitaler Me- Fächer und Disziplinen berücksichtigt werden. Allerdings dien an Hochschulen. Einsteigern bietet es Orientierung hat man auch gesehen, dass der Content relativ schnell ver- in der Welt der Online-Lehre. Die Nachfrage ist groß, die altet – in fachlicher, technischer und auch in didaktischer Zahl der Blogeinträge und Seitenaufrufe, wohl 1,6 Millio- Sicht. Und es zeigte sich, dass Projektförderung allein kaum nen pro Monat, entsprechend hoch und 70 offizielle Part- ausreicht und in der Lage ist, Strukturen zu schaffen, zu ver- nerhochschulen sind bundesweit dabei. ändern und auch für Nachhaltigkeit zu sorgen. Dies gelingt nur, wenn diese Projekte auch mit einer strategischen Me- Die Arbeit an den Hochschulen werden wir vom Ministeri- dienentwicklungsplanung hinterlegt sind. um weiter begleiten und unterstützen. Dies gilt sowohl für
10 ERÖFFNUNG die Projektförderungen im Rahmen unserer finanziellen geringen Fördervolumens wurden 250 Bewerbungen aus Möglichkeiten, aber auch für die kontinuierliche Verbesse- 20 Ländern abgegeben und zu den Gewinnern des Wettbe- rung der Rahmenbedingungen. So planen wir zum Beispiel werbs gehören auch zwei baden-württembergische Hoch- mit einer Änderung der Lehrverpflichtungsverordnung die schulen: die Uni Tübingen und die PH in Heidelberg. Die Möglichkeiten zu erweitern, den erhöhten Aufwand für Professoren Hirt und Spannagel werden uns nachher ihre die Entwicklung von multimedial gestützter Lehre auf das preisgekrönten MOOCs demonstrieren. Deputat anzurechnen. Der Stifterverband bereitet für das Frühjahr eine zweite Aus- Das Aufkommen der MOOCs in den USA hat Diskussionen schreibung vor. Ein Betrag von 1,8 Millionen Euro soll die um die Potenziale der Online-Lehre zumindest in den Medien Hochschulen darin unterstützen, ihre Digitalisierungsstrate- neuen Schub gegeben. Die aktuelle Entwicklung wird durch gien weiterzuentwickeln. Zudem starten ebenfalls im Früh- die Kombination zweier Faktoren befeuert. Einerseits die Po- jahr Stifterverband, CHE, HRK und BMBF das auf drei Jahre pularität erfolgreicher MOOC-Stars wie Sebastian Thrun, an- angelegte Nationale Forum „Digitalisierung und Hochschul- dererseits die wachsende Zahl interaktiver Lehrplattformen, bildung“. Experten aus Hochschulen, Politik und Wirtschaft allen voran Coursera oder edX. Im Sommer 2013 konnten sollen sich mit aktuellen Fragen, Herausforderungen, Best- Frau Ministerialdirektorin Dr. Schwanitz und Herr Rektor Practice-Methoden, Modellen und Pilotinitiativen auseinan- Ressel mit Vertretern von Keyplayers in Kalifornien, von dersetzen. Und auch das Wissenschaftsministerium ist nicht Stanford über Berkeley bis zur Khan Akademie und Coursera, untätig. Wir haben aktuell ein Programm zum Ausbau der auf der Gain-Jahrestagung Erfahrungen mit MOOCs diskutie- fremdsprachigen Lehrangebote an den Hochschulen ausge- ren. Dabei wurde deutlich, dass MOOCs doch nicht in der schrieben und hier ausdrücklich auch E-Learning-Angebote von manchen erwarteten Geschwindigkeit die Hochschulwelt einbezogen, insbesondere auch MOOCs. Die Anträge kön- verändern würden. Entwicklungen und Durchführung von nen noch bis zum 31. Mai gestellt werden. MOOCs sind sehr teuer und führen bisher nur in Ausnahme- fällen auch zu anerkannten Abschlüssen. Die Mehrbelastung Wir wissen, dass das Thema E-Learning und MOOCs bei der Lehrenden und der Hochschulen ist zudem sehr hoch der Mehrheit der Hochschulleitungen längst auf der Agenda und auch der technische Aufwand ist enorm. Einsparpoten- steht. Schwierig erscheint im Moment, zwischen modischen ziale, wenn das die Hoffnung sein sollte, können wohl kaum Themen und wirklich nachhaltigen Formaten zu unterschei- erwartet werden. Auf der anderen Seite wurde der Nutzen den. Mit der heutigen Veranstaltung wollen wir, das Wissen- der bei den MOOCs entstehenden Interaktionsdaten für das schaftsministerium und die LRK, Ihnen Gelegenheit geben Verständnis von Lernprozessen hervorgehoben. Bei MOOCs sich untereinander und mit Experten aus dem In- und Aus- könnte die Student Experience, also der konkrete Lernverlauf land auszutauschen. Wir wollen und Sie sollten das Thema besser nachvollzogen werden. Aus unserer Sicht müssen al- aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Aus den lerdings stärker noch Fragen der Qualitätssicherung und des Diskussionen könnte idealerweise hervorgehen, welchen Kosten-Nutzen-Verhältnisses im Vordergrund stehen. Ziel Stellenwert die Hochschulen dem Thema Digitalisierung muss es aus unserer Sicht sein, durch lehrbezogene Innovatio- auch strategisch und konzeptionell in den kommenden Jah- nen tatsächlich besseres Lernen zu ermöglichen. ren beimessen. Dabei erwarten wir selbstverständlich heute keine abschließenden Empfehlungen, hoffen aber doch auf Bemerkenswert ist auch die Vielzahl von Motiven für ein neue Impulse, die sich an den Bedürfnissen der Studieren- MOOC-Engagement. Es bestehen wirtschaftliche Inter- den und Lehrenden orientieren und die uns auch ein paar essen, die Hoffnung, neue Kreise von Studierwilligen zu Maßgaben geben können für die künftige Förderpolitik und erschließen oder auch der Wunsch, das Profil der Hoch- für künftige Förderentscheidungen. schule in der Lehre zu schärfen. Auf europäischer und nationaler Ebene werden die Chancen und Risiken von Mir ist bewusst, dass die systematische Entwicklung von MOOCs ebenfalls intensiv diskutiert. Europäische Kom- E-Learning-Angeboten gerade im deutschen Hochschulsys- mission und Bundesrat setzen sich mit der Thematik aus- tem auch zahlreiche rechtliche Hürden hat. Hürden bei der einander. Das Centrum für Hochschulentwicklung hat im Entwicklung und beim Angebot von MOOCs können sich Oktober 2013 ein Arbeitspapier mit dem Titel „Digitale vor allem aus dem Urheber-, aus dem Datenschutzrecht, (R)evolution?“ und im November dann auch zehn The- Beihilfe-, Kapazitäts-, Dienst- und Prüfungsrecht ergeben. sen zur Digitalisierung der Hochschullehre publiziert. Die Hier besteht sicher großer Handlungsbedarf. Eine vertief- HRK-Kommission „Neue Medien“ erarbeitet ein Positi- te Erörterung der komplexen und komplizierten Materie onspapier zum Thema MOOCs an den Hochschulen. Viel würde allerdings den Rahmen der heutigen Veranstaltung Aufsehen haben auch der Stifterverband für die Deutsche vermutlich sprengen und ist auch nicht unsere Intention. Wissenschaft und der kommerzielle Plattformanbieter Uns geht es nicht um die rechtlichen Fragen, sondern um Iversity mit ihrem Wettbewerb zur Förderung von MOOC- die Strategiebildung in den Hochschulen. Plattformen erzeugt. Vergeben wurden zehn Förderungen von jeweils 25.000 Euro für die Content-Entwicklung ei- Die Tagung ist als Auftakt gedacht für einen weiteren Pro- nes MOOCs. Und was überraschend ist, trotz des relativ zess, einen Strategiefindungsprozess, bei dem wir uns vom
ERÖFFNUNG 11 Ministerium gut vorstellen könnten, dass wir gemeinsam könnten wir uns auch für das Thema E-Learning vorstel- mit den Rektorenkonferenzen, vielleicht auch unter Ein- len, gemeinsam mit den Hochschulen hier eine Strategie- beziehung der Hochschuldidaktikzentren in einem wei- bildung auf den Weg zu bringen. Baden-Württemberg hat teren Schritt, den Versuch unternehmen, Empfehlungen in den 1990er-Jahren im Rahmen der Virtuellen Hoch- zu erarbeiten, Empfehlungen an die Hochschulleitungen, schule Baden-Württemberg, wie wir finden, bereits Pi- Empfehlungen an das Ministerium für künftige Förder- oniergeist bewiesen und Neuland betreten. Wir sollten maßnahmen, für die künftige Förderpolitik. Wir könn- heute daran anknüpfen, den Digitalisierungsprozess aktiv ten uns vorstellen, eine Art Fachkonzept E-Learning zu mitgestalten und die sich bietenden Chancen engagiert erarbeiten. Wir haben das in anderen Bereichen schon und mutig nutzen. Deswegen freue ich mich auf eine leb- gemacht, zuletzt mit einem Fachkonzept E-Science, das hafte Diskussion, wünsche Ihnen einen spannenden Tag wir zusammen mit Fachleuten aus den Hochschulen erar- und gebe nun den virtuellen Redestab an den ganz realen beitet haben und nächstens auch der Öffentlichkeit vor- Rektor Wolfram Ressel weiter. stellen wollen. In anderen Bereichen gibt es das ebenfalls, insbesondere im Bereich der HPC-Strategie, bwHPC oder Eine Videoaufzeichnung dieser Rede finden Sie auch bei datenintensiven Diensten, bwData. Ähnliches unter www.uni-stuttgart.de/mooc.
12 grussworte Eröffnung w Prof. Dr.-Ing. Wolfram Ressel
ERÖFFNUNG 13 „Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: dingt geprägt von Neuheiten, aber letztendlich bestand doch keine Bildung.“ Einigkeit darin, dass MOOCs nach wie vor ein beherrschen- des Thema für die Hochschulen sein werden. Die Entwick- Lieber Herr Kleiner, sehr geehrte Referentinnen und Re- lung zu sogenannten cMOOCs oder xMOOCs und auch de- ferenten, liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer ren Ausprägung wie POOCs oder SPOCs zeigt sich deutlich. heutigen Fachtagung, meine sehr geehrten Damen und Die Ausspreizung und Differenzierung dieser Angebote wird Herren, immer höher. Mit der Förderung der Master-Online-Studien- gänge hier in Baden-Württemberg hat unser Wissenschafts- mit diesem Zitat von John F. Kennedy möchte ich Sie heute ministerium schon erfreulichen Weitblick gezeigt, da wir hier ganz herzlich, insbesondere auch im Namen der Landeskon- quasi den „letzten Schrei“ lange vorweggenommen haben. Er ferenz und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung wird jetzt in den USA eigentlich nur fortgesetzt, allerdings und Kunst, zu dieser Fachtagung unter dem Titel „MOOCs dort mit einzelnen Modulen. Aber bevor wir heute in die De- or POOCs – Ornament oder Fundament der Hochschulent- tails einsteigen, lassen Sie mich Ihnen noch ein paar kleine wicklung?“ begrüßen. Zusatzinformationen geben. In der Tat scheint Kennedy – damals natürlich noch unge- Aus der Übersetzung des Akronyms „massive open online wollt – bereits ein Motto für die Diskussion um MOOCs, courses“ geht bereits hervor, dass die Lehrmedien für die Nut- die Massive Open Online Courses und deren kleineren zung durch viele Nutzerinnen und Nutzer aufbereitet werden Schwestern POOCs und SPOCs, vorgegeben zu haben. müssen. Damit stellt sich zunächst einmal ein technisches Bildung, insbesondere auch IT-gestützte Bildung, gibt es Problem, aber auch das wird in den USA bereits in Angriff nämlich nicht ohne erhöhten Einsatz von personellen und genommen und bereits erfolgreich umgesetzt. Ursprüngliches finanziellen Mitteln. Aber noch teurer im Hinblick auf Ziel in den USA war dabei ein ganz anderes. Es sollten vor ein verbessertes und optimiertes Bildungsangebot an den allem die sogenannten Militarys, die Berufssoldaten, an den Hochschulen, aber auch hinsichtlich der Attraktivität der Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung teilhaben. Hun- Standorte wäre es, wenn man sich vorschnell von diesem derttausende von Zeit- und Lebenszeitsoldaten sollten dort Thema verabschieden würde. in die Bildung einbezogen werden. Entsprechend kann man sich vorstellen, welche finanziellen Ressourcen zur Verfügung Einen „digitalen Tsunami“, wie ihn Herr Kleiner gerade an- standen im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. gesprochen hat – er sprach allerdings im Konjunktiv, das muss ich auch sagen –, sehe ich nicht gerade auf uns zurol- Wir an der TU9 – den neun großen technischen Universi- len. Auch für eine Revolution scheint mir ein bisschen die täten in Deutschland – haben uns damit befasst, und wir Wucht zu fehlen, selbst wenn das in den Medien vielleicht wollen ebenfalls ein Studienangebot entwickeln, auf das manchmal etwas anders kommuniziert wird. Als gesichert ich gleich zu sprechen komme. Wir haben geschätzt, dass darf man aber sicherlich annehmen, dass für die strategi- wir im Schnitt etwa 50.000 Euro je MOOC, je Modul, auf- sche Ausrichtung der Hochschulen die Informationstech- wenden müssten. Natürlich gibt es sowohl teure Module nologie zunehmend wichtiger wird, so wie jetzt auch für – wir werden heute eins aus dem OP-Saal sehen – als auch die MOOCs. Dabei wird sorgsam zwischen dem technisch günstigere wie z. B. aus dem Bereich der Mathematik. Tat- Machbaren und dem didaktisch Sinnvollen abzuwägen sein. sache ist jedoch, 50.000 Euro sind kein Pappenstiel, und Technisch machbar ist sehr vieles. Ich werde später nochmals wenn Sie einmal schauen, wie viele Module Sie an Ihrer kurz darauf eingehen. Didaktisch jedoch dürfte nicht alles Hochschule haben und hochrechnen, was es kosten wür- zielführend sein, was im Hinblick auf die MOOCs technisch de, diese alle anzubieten, würden Sie auf viele Millionen machbar wäre. Darin weiß ich mich mit Ihnen, liebe Kolle- Euro kommen. ginnen und Kollegen aus den Hochschulen, einig. Und auch Sebastian Thrun, der die MOOCs erfunden hat, teilt diese Nun, warum ist der Betrag so hoch? Im Wesentlichen liegt es Auffassung. Als Vertreter einer technisch-orientierten Uni- daran, dass Lehrmedien didaktisch aufbereitet werden müs- versität möchte ich aber auch betonen, dass es ohne Impulse sen. Das ist das Entscheidende an den MOOCs. Sie müssen wie zum Beispiel MOOCs keine Fortschritte gäbe, und das didaktische Angebote machen, sprich dem Studierenden, dürfen wir wörtlich als Fortschreiten im Bereich auch in der der vor seinem Rechner sitzt, anhand von Beispielen die Lehre verstehen. Problematik und das Thema erläutern und die Grundlagen spielerisch beibringen. Sie müssen daneben noch Chat- Letzten Sommer – Herr Kleiner hat es angesprochen – habe rooms einführen usw. Sie müssen den Austausch zwischen ich zusammen mit Frau Dr. Schwanitz die GAIN-Konferenz dem Lehrenden und dem Lernenden ermöglichen, und ent- besucht. Dort haben wir die Global Players rund um die sprechendes Personal muss ebenfalls bezahlt werden. MOOCs kennengelernt, die im Wesentlichen dem Standort Stanford und Berkeley entstammen und sich im Bereich der In den USA liegt die Abbrecherquote mit durchschnittlich Massive-Open-Online-Kurse bereits einige Verdienste erwor- 95 Prozent sehr hoch. Das ist die Realität in den USA, und ben haben. Die Diskussion war lebhaft. Sie war nicht unbe- es dürfte uns allen klar sein, das können und wollen wir uns
14 ERÖFFNUNG hier nicht leisten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang Wahlpflichtbereich anzusiedeln. Es gibt allerdings auch auch an die gerade laufenden Verhandlungen zur Nachfol- Universitätspräsidenten und -rektoren, die die ganzen geregelung des Solidarpakts II, bei dem die Landesregierung Grundlagenfächer zu MOOCs umgestalten und damit die erstmals in Erwägung zieht, die Finanzierung auf Absolven- Professuren einsparen möchten. Das ergäbe eine ganz neue tenzahlen zu fokussieren und nicht mehr auf die bisher an- Struktur, die in den Nischenbereichen ansetzen könnte. gewandten Erstsemesterzahlen. Ich bin jedoch nicht der Meinung, dass das zielführend ist. Wie gesagt kann ich mir MOOCs als Ergänzung vorstellen, Würden wir bei einer Abbrecherquote von 95 Prozent liegen, aber nicht als Ersatz. lieber Herr Kleiner, dann hätten Sie Ihr Haushaltsdefizit im Land Baden-Württemberg ganz schnell gelöst. Die Hochschu- Die TU9 als Zusammenschluss der neun großen technischen len würden nämlich keine Finanzierungsmittel mehr bekom- Universitäten plant zum Beispiel einen MOOC „German men. Aber auch das will gut überlegt sein! Tausende, zehn- Engineering“, um eine weltweit bekannte Marke weitläufig tausende Studierende in einem MOOC heißen auch, dass nur zu nutzen. Die Idee ist, den Qualitätsgedanken dieser Marke wenige wirklich einen Abschluss machen in diesem Modul. zu einem MOOC zu machen und anzubieten, denn rund um die Welt ist German Engineering bekannt. Es ist daher zu Noch einmal zurück zu den MOOCs. Wir diskutieren dieses erwarten, dass viele diesen Kurs belegen und ihn nachher Thema zurzeit in der TU9 sehr intensiv und haben eine Ar- entsprechend angerechnet bekommen. Diese Studierenden beitsgruppe dazu eingerichtet. Wir halten die MOOCs nur als können wir vielleicht dadurch für den Standort Deutschland Ergänzung zum Präsenzstudium für sinnvoll, weil wir uns an gewinnen, für Baden-Württemberg zum Beispiel, und hier den Hochschulen anpassen müssen an die Bedürfnisse unse- weiter ausbilden. Das möchten wir fördern, dafür stellen wir rer Studierenden in einer medialisierten und globalisierten mehr Geld bereit. Welt – an die Bedürfnisse der Weiterbildungsinteressierten. Der Faktor Life-long-Learning wird immer wichtiger und zu- Neben diesen Punkten spielt aber auch – ich sagte es an- nehmend nachgefragt, so, wie auch der Gedanke der internati- fangs – die technische Umsetzung eine Rolle. Damit meine onalen Vernetzung. Wir haben attraktive Arbeitsplätze, insbe- ich, dass eine geeignete Plattform für das Angebot gefun- sondere im MINT-Bereich, und diese müssen wir zunehmend den werden muss. T-Systems, die ursprünglich als Partner auch mit internationalen Abgängern füllen. vorgesehen waren, hatte vom Volumen her völlig andere Dimensionen im Sinn, die wir zu neunt (in der TU9) nie Wir müssen also etwas tun, und wir müssen fragen, wo wir hätten umsetzen können. Daher gehen die TU9 nun den es tun. Teilweise verfügen wir bereits über entsprechende Weg über bereits etablierte Plattformen wie Udacity, edX, Angebote, zum Beispiel in unseren Master-Online-Kursen (s. Coursera oder andere. Die strategischen Überlegungen und Master:Online-Akademie der Universität Stuttgart). Wir bie- Verhandlungen mit möglichen Partnern laufen derzeit. Wir ten bisher erst drei Masterstudiengänge an, diese laufen aber legen großen Wert darauf, dass unsere bestehenden Plattfor- mittlerweile recht gut. Weitere werden in den nächsten Jahren men, die die IT-gestützte Lehre unterstützen und darüber folgen. Und auch hier hat der Gesetzgeber Weitsicht bewie- hinaus weitere Leistungen erbringen in diesem Zuge inte- sen. Er hat Kontaktstudien zugelassen, was bedeutet, dass die griert werden. Es muss nicht unbedingt alles neu erfunden Weiterbildung im Rahmen einzelner Module gebucht werden werden, sondern Bestehendes sollte erweitert, ergänzt und kann – gegen Bezahlung. Diese Module werden ebenfalls im entsprechend umgesetzt werden können. Netz bereitgestellt. Hierbei ist es ganz wichtig, dass die Modu- le auch auf ein Masterstudium angerechnet werden können. Ein Beispiel dazu – außerhalb der MOOCs – sind unsere Das heißt, dass die Credit Points, die erworben werden, für Master:Online-Studiengänge. Wir haben diese in einer Aka- ein späteres oder parallel laufendes Studium anerkannt wer- demie zusammengefasst, und dort arbeiten sie hochschul- den. Auch dies müssen wir vorantreiben. übergreifend zusammen. Zusammen mit der Hochschule der Medien (HdM) haben wir zudem eine Förderzusage Ich freue mich sehr, dass wir heute mit Herrn Löcher, der für den Ausbau der Strukturen unserer Master:Online- heute Nachmittag zu uns sprechen wird, einen der Studie- Akademie sowie für den Aufbau eines gemeinsamen neu- renden des Studiengangs Integrierte Gerontologie bei uns en Studiengangs „Innovative Intra- und Entrepreneurship“ haben, der nach seinem eigenen Bekunden lernen möchte, erhalten, der durch die Abteilung Hochschuldidaktik und bis er 100 ist. Auf seinen Beitrag bin ich schon gespannt, das Gründerzentrum der Hochschule der Medien begleitet denn wenn sich alle weiterbilden möchten, bis sie 100 sind, wird. Dies ist etwas Spezielles in der Nische der Wahl- werden wir an den Hochschulen viel zu tun bekommen! pflichtangebote. Somit komme ich auch schon zur nächsten wichtigen Frage: An dieser Stelle mein herzlicher Dank an das Ministerium Wie können wir das Ganze angehen? für Wissenschaft, Forschung und Kunst für die Förderung unserer Vorhaben. Wir sehen dies als Herausforderung an, Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. In der TU9 sind die wir gerne annehmen, und Sie werden heute Nachmittag wir der Auffassung, dass es sinnvoll ist, MOOCs im sehen, was wir darunter verstehen.
ERÖFFNUNG 15 Noch einmal zurück zu den MOOCs. Angedacht ist wei- um Baden-Württemberg ist uns bislang wohl gesonnen und ter, Wahlpflichtfächer in englischer Sprache anzubieten, um hat uns in der Vergangenheit unterstützt. Deswegen sind wir die internationale Attraktivität der Universität Stuttgart zu hier in Stuttgart mit an der Spitze. Wir benötigen jedoch für stärken. Wir möchten den Anteil der englischsprachigen unser Vorhaben dringend eine Anschubfinanzierung. Sicher, Lehrveranstaltungen im Graduiertenbereich damit massiv 50.000 Euro für eine MOOC-Veranstaltung sind nicht wenig. erhöhen, denn es ist eine große Schwäche der deutschen Wenn sich die Angebote jedoch einmal selbst tragen, muss Hochschulen, dass zu wenig Englisch gesprochen wird, ins- und kann die Anschubfinanzierung auslaufen. IT-gestützte besondere in den Graduiertenbereichen. Unser Ziel ist es, Lehre ist teuer und bedarf einer entsprechenden Finanzie- etwa 25 Prozent unseres gesamten Lehrangebotes in den rung. Ich schlage vor, jene Themenschwerpunkte, die gera- Masterbereichen in den nächsten fünf Jahren auf die eng- de im Ministerium mit hoher Priorität anstehen – z. B. die lische Sprache umzustellen. Dual- oder Joint-Degree-Pro- Bioökonomie, das Thema Wasser oder Energie und Nach- grams im Master- oder auch im Doktorandenbereich über haltigkeit – im Rahmen von Wahlpflichtfächern anzubieten Länder- und Kontinentgrenzen hinweg werden damit eben- und durch die englische Sprache international attraktiv zu falls attraktiver, und sie werden vor allem auch operabel gestalten. Hierzu könnten wir entsprechende Programme im Sinne von Studien- und Prüfungsordnungen und deren mit entsprechender didaktischer Aufbereitung erarbeiten. rechtlichen Absicherungen. Lassen Sie uns gemeinsam diesen Weg gehen. In diesem Sin- Dies alles sind weitreichende strategische Überlegungen, ne wünsche ich Ihnen eine angenehme Tagung und bedanke die wir gerne mit Ihnen diskutieren möchten. Lassen Sie uns mich herzlich dafür, dass Sie heute so zahlreich zu uns ge- diese Veranstaltung auch dazu nutzen, Impulse von anderen kommen sind. Das zeigt, das Thema ist virulent. aufzunehmen und wertvolle Kontakte zu knüpfen! Vielen Dank. Abschließend sei mir noch die Bitte an das Wissenschaftsmi- nisterium gestattet, unsere Bemühungen weiterhin politisch Eine Videoaufzeichnung dieser Rede finden und finanziell zu unterstützen. Das Wissenschaftsministeri- Sie unter www.uni-stuttgart.de/mooc.
MOOCs or POOCs – Dokumentation PROJEKTDEMONSTRATIONEN w PD Dr. Bernhard Hirt w Prof. Dr. Christian Spannagel w Prof. Dr. Nils Högsdal
MOOCs or POOCs – Dokumentation 17
18 projektdemonstrationen w PD Dr. Bernhard Hirt Meine Damen und Herren, vielen Dank. Lassen Sie mich kurz den Weg in Richtung Digitalisierung darstellen, den wir hier in einem Fach aus dem Bereich Medizin gegangen sind – bis hin zu der „Königsdisziplin“, den MOOCs. Zunächst ein paar Worte zu meinem Fach, der Anatomie. Anatomie ist eine sehr zentrale Disziplin im Bereich des medizinischen Studiums. Es hat einen multidisziplinären Überblick, muss aber sehr tro- cken Fachwissen weitergeben und auch wirklich sehr intensiv die Studierenden mit Fachtermini quälen. Das Fach Anatomie ist auch bekannt dafür, dass es als zentrales Unterrichtsformat den Präsenzunterricht hat – den Präparierkurs und den Mik- roskopierkurs – und ich kann Ihnen sagen, dass wir sehr ge- nau wissen, wie wichtig dieser Präsenzunterricht ist. Insbeson- dere die im Fach Medizin so wichtige Persönlichkeitsbildung kann sich nur durch Präsenzunterricht entwickeln. Trotzdem ist es, glaube ich, ganz wichtig, dass wir uns hin in Richtung nen, allerdings ohne interaktive Möglichkeiten; inzwischen Digitalisierung öffnen. sind jedoch 5000 Vorlesungen archiviert und somit fünfmal so viel wie alle amerikanischen Plattformen gemeinsam an Wir haben bereits sehr früh damit begonnen, einzelne Vor- MOOCs-Veranstaltungen. Ich muss allerdings erkennen lesungen auf eine Plattform zu stellen, die vom Zentrum für oder musste erkennen, dass wir mit diesen Möglichkeiten, Datenverarbeitung an der Universität Tübingen angeboten einfach eine Vorlesung aufzuzeichnen und den Studieren- wird. TIMMs heißt diese Plattform. Ich möchte sie als Pio- den anzubieten, unsere Studenten kaum erreicht haben. nier im Bereich der Digitalisierung bezeichnen. Das Zen- Eine Bemerkung, die sehr lax getroffen wurde, lag mir noch trum hat bereits 1997 begonnen, Vorlesungen aufzuzeich- lange in den Ohren: „Herr Hirt“, hatte einer gesagt, „was
projektdemonstrationen 19 Sie da machen, das ist ja voll 80er! Einfach Vorlesungen auf- zeichnen geht gar nicht!“ Wir haben dann 2008, als das The- ma MOOCs noch kein Thema war, angefangen, auch andere Wege zu gehen. Und was wir da begonnen haben, war ein interaktives Live-Broadcasting. Das heißt, wir haben Chirur- gen zu uns in das Anatomische Institut eingeladen, haben an unseren Körperspendern realistische Eingriffe durchführen lassen und der Anatom hat moderiert. Ich selber durfte mo- derieren und die Sprache der Chirurgen übersetzen, sodass das didaktisch für unsere Studenten aufbereitet wurde. Das möchte ich zunächst vorstellen. Anschließend komme ich auf das Thema MOOCs zu sprechen, an dem wir uns auch mit den Möglichkeiten der Medientechnik, die wir jetzt vor Ort haben, versuchen. Insgesamt 80 Live-OP-Übertragungen konnten wir jetzt aufzeichnen und bieten diese auch anschließend in einer Mediathek an. Aber die eigentliche Idee war, eine Live- Online-Veranstaltung zu gestalten. Wir haben eine Inter- netplattform geschaffen, für die sich die Leute registrieren müssen. Wir wollen diese nicht – und das widerspricht der MOOCs-Idee – für alle öffentlich zugänglich machen. Ich will mein Gegenüber in dieser Veranstaltung schon ken- nen und da wir auch mit einem sensiblen Thema arbei- ten – wir lassen ja an Körperspendern operieren und auch Patientengeschichten werden vorgetragen – ist es meiner Meinung nach nicht möglich, dies der breiten Öffentlich- keit zugänglich zu machen. Wir haben inzwischen über 15.000, 16.000 registrierte Zuschauer, die hier mitmachen. Ein paar Bilder dazu. Aber zunächst zu den Möglichkeiten dieses Live-Broadcas- tings. Nummer eins, wir haben eine moderne Medientech- nik bei uns am Institut im Präparationssaal implementiert. Wir haben Studiotechnik und OP-Technik miteinander ver- knüpft. Unten sehen Sie diese Silver-Screen-, Blue-Screen-, Green-Screen-Technologie, wo wir uns mit den Chirurgen und Radiologen, also den klinischen Kollegen, in einem virtuellen Studio treffen können und dann auch hoffentlich sinnvoll einen interdisziplinären Dialog vorleben können. Links oben sehen Sie, wie ein Fallbericht mit dem Neu- rochirurgen der Universität Tübingen vorgestellt wird. Sie sehen Beispiele, OP-Szenen aus dem OP-Saal. Unten rechts sehen Sie, wie durch das Mikroskop am Schädel operiert wird. Und wir können jetzt virtuell dem Anatom Zugang zum Schädel verschaffen, während live operiert wird. Wir können im Operationssitus einzelne Strukturen zeigen und das im Wechsel auch mit anatomischen Abbil- dungen, anhand derer wir dann auf die Grundlagen wieder Das sind die Programmflyer von den letzten beiden Winterse- zurückgreifen. mestern, bei denen wir diese Live-Übertragung gemacht haben.
20 projektdemonstrationen Oder hier aus dem Bereich der Herzklappenchirurgie. Was Hier die Evaluationsdaten von Studierenden unterschied- Sie so überlagert auf der rechten Seitenmitte sehen, ist ein licher Universitäten. Wir haben über 80 Universitäten mit sehr wesentliches Element: das ist der Live-Chat, den wir Studierenden, die bei uns teilnehmen. Über 15 Universitäten dort installiert haben. Während dieser Live-Veranstaltun- haben Hörsäle zugeschaltet und von drei Universitäten oder gen diskutieren die Studierenden und Zuschauer unterei- Hochschulen weiß ich, dass dies auch ins Curriculum der ei- nander. Es wird in Hamburg eine Frage gestellt, aus Wien genen Hochschule aufgenommen wurde, dass Prüfungsfragen antwortet einer, aus Bremen wird dann ein Wikipedia-Link zu dieser Lehrveranstaltung aus Tübingen gestellt werden. eingestellt und wir können Fragen, die nicht geklärt wur- den, aufgreifen und dem Chirurgen oder dem Anatomen in diesem Chat-Studio stellen. Jetzt ganz kurz noch ein paar wenige Worte zu den MOOCs, Massive Open Online Courses, die wir derzeit vorbereiten. Hier sieht man, dass das Scripting, die Vor- Das ist die Verteilung der zugeschalteten Leute. Wir haben bereitung unheimlich aufwendig ist. Ich bin selber sehr also nicht nur Studierende der Human- und Zahnmedizin erschrocken, was man zu machen hat. Das ist nur eines zugelassen, sondern auch medizinnahe Berufe sowie Ärzte. von 40 Kapiteln, die wir hier vorbereitet haben, für wel- Aber wie gesagt, diese müssen bei uns aus dem Feld der ches wir Bilder gesichtet haben, Bilddaten usw. aufsuchen Medizin kommen. Sie sehen, dass wir eine sehr interpro- mussten. Hier eine Darstellung, wie das aussehen kann. fessionelle Situation geschaffen haben. (Video) Ich wollte mir nicht selbst ins Wort fallen, aber die Sache, die Sie eben gesehen haben, ist, dass es doch etwas ande- res ist, wenn man etwas für die breite Masse zugänglich macht. Wir müssen aufpassen, was wir zeigen. Wir haben große Probleme mit den Bilddaten. Hier ist uns der Thie- me-Verlag sehr entgegengekommen und hat uns erlaubt, dass wir für diese Maßnahme auf diese qualitativ hochwer- tigen Bilder zugreifen können. Quizfragen am Schluss und
projektdemonstrationen 21 die eine gewisse Vorbildung haben, unterrichte. Ich habe, wenn ich ganz ehrlich bin, gar kein großes Interesse, für Jedermann zu unterrichten und ich habe die Angst, dass meine Lehre zu einem Volkshochschulkurs verkommt, wenn ich hier versuche, Basiswissen nur noch zu verkau- fen, um eben die breite Öffentlichkeit zu erreichen. Ich habe erkannt, dass man bei der Produktion der MOOCs in dieser Hinsicht sehr aufpassen muss. Dann ganz kon- krete Fragen, ich habe es schon angedeutet: Welches Bild- material darf ich verwenden? Thema Copyright. Welche Inhalte darf ich zeigen? Gibt es ethische Richtlinien? Was geschieht eigentlich mit den Daten der Teilnehmer auf diesen einzelnen Plattformen? Wie sind diese Plattformen eigentlich finanziert? Wie wird die MOOCs-Produktion finanziert? Welche Anreize bieten sich mir denn eigent- Prüfungsfragen sind implementiert und sollen auch helfen, lich selbst? Das wurde ja auch schon angedeutet. Und mit zu strukturieren. eine ganz wichtige Frage, die ich auch gleich beantworten möchte: Stellt die Digitalisierung der Hochschullehre eine Ich möchte an dieser Stelle kein Fazit ziehen. Ich möchte Gefahr für den Präsenzunterricht dar? Ganz klar: nein. Fragen vorstellen, die sich mir selber zum Thema MOOCs Ich sehe hier keine Gefahr. In unserem Fach, in dem der gestellt haben. Nummer eins: Sind MOOCs tatsächlich für Präsenzunterricht so elementar wichtig ist, sind MOOCs alle Fächer geeignet? Ich kann das nicht abschließend be- sicherlich ein sehr wertvolles Ornament, aber ich glaube urteilen. Ich kann nur sagen, es ist tatsächlich sehr schwie- nicht, dass es ein Fundament darstellen kann. rig, das, was wir von anderen Feldern an tollen MOOCs- Beiträgen gesehen haben, auf so ein Lernfach wie zum Vielen Dank. Beispiel Anatomie zu übertragen. Es ist auf jeden Fall nicht ganz trivial. Möchte ich tatsächlich einen Kurs für Jeder- Eine Videoaufzeichnung dieser Projekt- mann/Jederfrau gestalten? Ich habe einen Lehrauftrag, der demonstration sowie die begleitenden Folien besagt, dass ich ein bestimmtes Kontingent an Leuten, finden Sie unter www.uni-stuttgart.de/mooc.
22 projektdemonstrationen w Prof. Dr. Christian Spannagel Der MOOC „Mathematisch denken!“, also es geht um Ma- heißt die Online-Teilnehmer sollten lernen, mathematisch thematik, ist ein MOOC, der einer der zehn Preisträger des zu denken und so zu arbeiten wie Mathematiker. Stifterverbandes gemeinsam mit der Firma Iversity ist. Ich habe hier mal ein paar Beispiele aufgeschrieben, was dazu zählt. Eines der wesentlichen Dinge, die Mathematiker Ich bin nicht allein beteiligt, gemeinsam mit Michael Gieding machen, ist Begriffe zu definieren. Wie definiert man eigent- sind wir die beiden Dozenten, die den MOOC durchgeführt lich richtig exakt einen Begriff, sodass er eindeutig das be- haben. Lutz Berger und Martin Lindner waren beteiligt an zeichnet, was man meint? Oder zu systematisieren, das heißt der Videoproduktion und an der didaktischen Konzeption. in mathematikhaltigen Situationen Muster und Strukturen Das Thema des MOOCs sind mathematische Prozesse. Das zu erkennen und diese zu beschreiben, darzustellen und letzt-
projektdemonstrationen 23 endlich auf eine formale Ebene zu heben. Sätze zu finden, hat stattgefunden in zwei Inhaltsgebieten, nämlich Arithme- also den kreativen Akt einer mathematischen Satzfindung bis tik und Geometrie. Das sind zwei Veranstaltungen im ersten hin zum formal korrekten Beweis. Es ist klar, wenn man das Modul in den Lehramtsstudiengängen und man konnte sich zum Thema hat, dann kann man nicht einfach nur klassisch entscheiden, ob man in der Arithmetik ein Kiebitz und in Vorlesungsvideos präsentieren. Das lernt man nicht nur vom der Geometrie ein Formalisierer ist oder in irgendeiner der Zusehen, sondern das muss man dadurch lernen, dass man anderen Kombinationen. Ich zeige Ihnen jetzt mal ein Video, die Prozesse selbst durchführt und Feedback dazu bekommt. ein sogenanntes Impulsvideo, das bestimmte Fragestellungen Daher haben wir in unserem MOOC auch nicht im Wesentli- aufwirft und dann zur Bearbeitung einer solchen Aufgabe an- chen Erklärvideos, die haben wir natürlich auch, aber auch Vi- regt. Daran wird auch deutlich, man kann nicht einfach Vor- deos, die Impulse geben, die eine mathematikhaltige Situation lesungsvideos abfilmen und das zu einem MOOC machen, zeigen und anschließend auffordern, bestimmte Aufgaben zu sondern man braucht ein gehöriges Maß an Entertainment- lösen, die natürlich auch betreut werden müssen. Ich zeige elementen, die auch dazu motivieren mitzumachen. Man hat Ihnen gleich eines dieser Videos. Es ist auch klar, dass es bei Online-Teilnehmer, die nicht so eingebunden sind in formale so einem MOOC eine ganz heterogene Lerngruppe ist. Das Lernkontexte, das heißt sie müssen auch motiviert werden, sind Menschen mit ganz unterschiedlichen Motiven aus ganz immer wieder dabei zu bleiben und Spaß zu haben, um sich unterschiedlichen Gruppen. Wir haben von Schülern bis zu dann letztendlich auch mit den Aufgaben auseinanderzuset- Rentnern oder von Arbeitslosen bis hin zu Akademikern alles zen. In dem Beispiel geht es darum, wie definiert man eigent- gehabt, also eine ganz breite oder vielfältige Teilnehmerschaft lich Begriffe und das ist ein Impulsvideo dazu. und insofern mussten wir unterschiedliche Möglichkeiten der Teilnahme bieten. Eine Möglichkeit oder ein Mitmach-Level war die des Kie- Es ist natürlich klar, dass das jetzt ein Aufhänger ist für wei- bitzes. Kiebitze sind Leute, die sind ein bisschen interessiert tere Diskussionen. Eigentlich beginnt hier die Diskussion, an dem, was da läuft, die haben kein ernsthaftes Interesse, was es bedeutet, Begriffe korrekt zu definieren. Was ist ein tatsächlich am Ende die anvisierten Lernziele zu erreichen, Cappuccino? Ist es ein Kaffeegetränk oder ein Heißgetränk? sondern die sind interessiert an: was ist denn das so in der Ist das ausreichend? Da werden dann Begriffe diskutiert wie Mathematik in dem Bereich, was wird denn da gemacht, wie „notwendige“ und „hinreichende Bedingung“. Hier wird da- ist das aufbereitet. Oft wird hier von Abbrechern gespro- ran erläutert, was es bedeutet, mathematisch Begriffsbildung chen. Das sind diejenigen, die eben nicht aktiv am Ende zu betreiben. Wenn ich Cappuccino definieren will, muss irgendwelche Tests bestehen. Eigentlich sind es keine Ab- ich zunächst beispielsweise mal Espresso definieren, weil ich brecher, sondern es sind Menschen, die nie ein ernsthaftes ohne diesen Begriff nicht auskomme usw. Es ist klar, dass Interesse hatten, tatsächlich bis zum Ende zu kommen, sozusagen jetzt mit Hilfe eines solchen Videos ein Diskus- sondern die einfach neugierig waren und sich deswegen an- sionsprozess über mathematische Begriffsbildung in Gang gemeldet haben. Dann gibt es die Anpacker, das ist unser gesetzt werden muss. Mitmach-Level für diejenigen, die tatsächlich Aufgaben lö- sen wollen, auch miteinander sprechen wollen, sich austau- Hier sieht man noch ein paar Bildausschnitte. Natürlich ha- schen wollen, aber bitte nicht zu viele Formeln. Die wollen ben wir auch an der Tafel gearbeitet, einem Greenboard, nicht auf die formale Ebene gehen. Und dann gibt es die also kein Whiteboard, sondern Greenboard richtig mit Krei- Formalisierer, die letztlich den letzten Schritt auf die forma- de und Dreck und so, und haben Dinge erläutert, erklärt, le Ebene auch machen. Und unsere eigenen Studierenden anschaulich dargestellt oder auch interaktive Möglichkeiten haben natürlich an diesem MOOC auch teilgenommen und geboten, also eine Vielfalt an Interaktionsmöglichkeiten von denen wurde natürlich erwartet, dass sie Formalisierer geschaffen. Ziel war es, dass die Studierenden tatsächlich und Formalisiererinnen sind. Das heißt, die mussten natür- auch miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsam lich alles bis zur letzten Aufgabe auch lösen. Der MOOC Lösungen entwickeln, also in die mathematischen Prozesse
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