ADHS im Erwachsenenalter: Charite Campus Mitte Diagnostik, Behandlung, Prognose

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ADHS im Erwachsenenalter: Charite Campus Mitte Diagnostik, Behandlung, Prognose
ADHS im
Erwachsenenalter:
      Diagnostik, Behandlung, Prognose

Roman Snihurowych
Klinik für Psychiatrie u. Psychotherapie
Charite Campus Mitte
ADHS im Erwachsenenalter: Charite Campus Mitte Diagnostik, Behandlung, Prognose
Fragen
   Warum sehen wir Patienten, die sich erst im
    Erwachsenenalter mit ADHS Symptomen
    vorstellen? Wie ist das möglich?
   Was für Patienten (z.B. mit welchem
    Krankheitsmuster) sehen wir?
   Wie können wir ADHS Symptome von anderen
    Symptomen differenzieren, die auch
    Aufmerksamkeit u. Konz. Problematik
    verursachen (z.B. Depression, Angst)?
ADHS im Erwachsenenalter: Charite Campus Mitte Diagnostik, Behandlung, Prognose
Fragen
 Behandeln wir nur Symptome, oder ist
  ADHS wirklich eine Krankheit?
 Fragestellung: Wie behandeln wir ADHS
  Symptome am besten?
ADHS im Erwachsenenalter: Charite Campus Mitte Diagnostik, Behandlung, Prognose
Diagnostische u. Behandlungs
„Issues“
 ADHS vs. ADD?
 Kinder ADHS vs. im Erwachsenleben?
 Echt oder Simuliert?
 ADHS Medikamente nur as
  „Performance“-Kraft?
 Überbehandelt oder Unterbehandelt?
 Korrekt behandelt?
Patient Vorstellung #1
   45 jähriger Mann
     mit Konzentrationsproblematik und
      Aufmerksamkeitsdefiziten bei der Arbeit
     Arbeitet in der Buchhaltung
     Denke dass er “vielleicht eine ADHS” habe.
     Befund: Oft abgelenkt, Konz. reduziert. Blickkontakt
      reduziert. Psychomotor leicht unruhig (Beine, bewegt
      sich im Stuhl). Affekt. leicht reizbar/erhoben, leicht
      sprunghaft.
Patient Vorstellung #2
   36 jährige Patientin mit vielen Konzentrations- u.
    Aufmerksamkeitsproblemen “seit Jahren.”
    auch mit gedrückter Laune, Antriebslösigkeit,
    Ein- u. Durchschlafstörung, “Kraft” u. “Energie”
    Problemen seit mehreren Monaten “oder
    Jahren.”
   Keine Vorbehandlung
   Befund: psychomotorisch ruhig/verlangsamt.
    Affekt: leicht flach.Antrieb reduziert. Blickkontakt
    reduziert.
Patient Vorstellung #3
   24 jähriger Mann, Univ. Student,
   Konz. u. Aufmerksamkeitsprobleme seit Beginn
    des Studiums (3. Semester). Schlechte Noten.
    “kann sein” dass er auch früher im Leben
    (Grundschule) Problematik habe.
   Auch oft “abgelenkt.” Schwierigkeiten beim
    Lesen oder Vorbereitung (z.B.
    Klausur/Prüfungen).
Patient Vorstellung #3
 Gedankenkreis, oft “nervös,” Einschlafst.
  wg. “Kopfkino.”
 Befund: leicht agitiert, psychomotorisch
  unruhig. Bewegt sich die Beine
 Wie können wir diese 3 Patienten
  differenzieren?
 Wer hat eine ADHS, wer keine?
 Wie können diese Patienten behandelt
  werden?
Pat. #1
 Viele Alltagsorganisationsprobleme
  (Vergesslichkeit, Unpünktlichkeit).
 Oft sexuell Impusliv, auch beim Essen und
  Trinken
Pat #1
 Wie können wir besser bestimmen, ob er
  wirklich eine ADHS hat?
 Welche Fragen sollen wir stellen, und
  welche Tests und Diagnostik sollen
  folgen?
Fragen: Pat #1
   A.In welchen anderen Bereichen hat er
    Probleme?
   B. Fragen zur Depressionsausschleissung /diff.
    Diagnose
   C. Drogen/Alkohol Konsum
   D. Schlafrhythmus
   E. Seit wann bestehende?
Pat. #1
   A: Sachen zu organizieren, Schluessel und
    andere Sachen oft verloren, Freizeit zu
    strukturieren. Kann aber Hobbies. Aber oft
    desorganisiert, unpünktlich, viele Arbeitsfehler,
    Problematik bei Mehrfähigkeit.
   B: Leicht gedrückte Verstimmung, Schlaf
    meistens regelmässig, keine Depression in der
    Vorgeschichte.
   C: Alkohol: Am Wochenende, 4 bis 10 Biere,
    Drogen verneint.
Pat. #1
 D: Manchmal mit Einschlafproblemen,
  “Kopfkino” beim Einschlafen.
 E: Berichtet über seit der Kindheit
  bestehenden Dauer, aber “kann mich nicht
  richtig erinnern.” “Relativ gute” Noten in
  der Grundschule. Abitur abgeschlossen.
Hat dieser Pat. ADHS?
ADHS im Erwachsenenalter/DE
Diagnostische Vorausstetzungen
   Arztbesuch /Diagnose
   klinisches Testing – zumindest:
      WURS (Wender Utah Rating Scale), oder
      CAARS (ADHS-Bewertungsskala für Erwachsene nach Conners), auch
      WHO autorisierter Fragenkatalog zur Erfassung der ADHS im
       Erwachsenenalter (Adult-ADHD-Self-Report-Scale, ASRS)

   EEG
   EKG
   Schulzeugnisse von 1. und 2. Klassen
   Blutabnahme (Schilddrüse inklusiv)
…weitere anamnestische
Pünkte
   Keine Familiengeschichte von ADHS. Mutter mit
    einer Depression.
   Keine bekannten medizinischen Diagnosen
   Schulzeugnisse aus den 1. und 2. Klasse /
    keine offenbare
    Aufmerksamkeitsproblematik
ADHS vs. ADS
 Aufmerksamkeitsdefizit-
  /Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) oder
  Hyperkinetische Störung (HKS)
 Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom oder -
  störung (ADS)
Oft-betreffende differenziale
Diagnosen
   Auszuschliessen (von BÄK):
      internistische und neurologische Grunderkrankungen (v. a.
       Schilddrüsenerkrankungen, Anfallsleiden, Schädel-Hirntrauma,
       Schlaferkrankungen wie Narkolepsie, Schlafapnoe-Syndrom, Restless-legs-
       Syndrom)
      Medikamentöse Behandlungen, die als Ursache der Beschwerden angesehen
       werden können, z. B. Barbiturate, Antihistaminika, Theophyllin,
       Sympathikomimetika, Steroide, Neuroleptika, andere Psychopharmaka.
      Gebrauch psychotroper Substanzen.

   Oft komorbid betroffen:
        Aspergers Syndrom
        Depression
        Angststörung
        Achse II
ICD-10 Diagnosen / ADD-ADHS
   F90.- Hyperkinetische Störungen
   F90.0 Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung
   F90.1 Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens
   F90.8 Sonstige hyperkinetische Störungen
   F90.9 Hyperkinetische Störung, nicht näher bezeichnet
   F98.- Andere Verhaltens- und emotionale Störungen
    mit Beginn in der Kindheit und Jugend
   F98.8 Sonstige näher bezeichnete Verhaltens- und
    emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und
    Jugend
Allgemeines Symptommuster
   Alltagsorganisation (verbunden mit der Unfähigkeit zu planvollem,
    vorausschauenden Vorgehen, Vergesslichkeit, ungewollte Unpünktlichkeit);
   chaotische, insuffiziente Arbeitsweise (häufige Arbeitsplatzwechsel,
    finanzielle Schwierigkeiten);
   im zwischenmenschlichen Bereich (häufige Scheidungen,
    Unzufriedenheit in der Partnerschaft, Erziehungsprobleme mit eigenen
    Kindern, instabile Freundschaften);
   hinsichtlich Auffälligkeiten im Straßenverkehr (Unfälle,
    Geschwindigkeitsüberschreitungen, Führerscheinentzug) und
   Gesundheitsrisiken (exzessives Verhalten bei Essen, Trinken, Sexualität,
    Rauchen, Sport, Freizeit).

                     quelle: BÄK
Definition / ADHS/ADD
   Über die Symptome Unaufmerksamkeit, motorische Unruhe und
    Impulsivität wird eine Gruppe von Störungsbildern definiert, die in
    den gebräuchlichen Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM IV als
    Hyperkinetischen Störungen (HKS) bzw. Aufmerksamkeitsdefizit- /
    Hyperaktivitätsstörung (ADHS) detailliert beschrieben und mit
    diagnostischen Kriterien versehen werden. Die Grundmerkmale
    sind:
   Störung der Aufmerksamkeit mit Mangel an Ausdauer bei
    Beschäftigungen und die Tendenz, Tätigkeiten zu wechseln, bevor
    sie zu Ende gebracht wurden.
   Unruhiges Verhalten insbesondere mit Unfähigkeit, stillsitzen zu
    können.
   Impulsivität z. B. mit abrupten motorischen und / oder verbalen
    Aktionen, die nicht in den sozialen Kontext passen.

                                               Quelle: BÄK
DSM-IV Diagnosen
 vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ
 vorwiegend unaufmerksamer Typ (ADS =
  Aufmerksamkeitsdefizit-Störung)
 kombinierter Typ
 ADHS, nicht näher bezeichnet
Allgemeine Hauptsymptome
   Konzentrationsprobleme
   Mehrfähigkeit
   Aufmerksamkeitsdefizite
   Organisatorische Probleme
   Verschieben
   Impulsivät
   Einfach abgelenkt
   Überreden
   Arbeits- und Flüchtigkeitsfehler
Diagnostik
DSM-IV Kriterien
/Unaufmerksamkeit (Kinder)
   A. Entweder Punkt (1) oder Punkt (2) müssen zutreffen:
   A.1 Sechs (oder mehr) der folgenden Symptome von
    Unaufmerksamkeit sind während der letzten sechs Monate
    beständig in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu
    vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß vorhanden
    gewesen:

   beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei
    den Schularbeiten, bei der Arbeit oder bei anderen Tätigkeiten,
   hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei
    Aufgaben oder beim Spielen aufrechtzuerhalten,
   scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn / sie ansprechen,
Unaufmerksamkeit
   führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann
    Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende
    bringen (nicht aufgrund oppositionellen Verhaltens oder von
    Verständnisschwierigkeiten),
   hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren,
   vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig
    nur widerwillig mit Aufgaben, die länger andauernde geistige Anstrengungen
    erfordern wie Mitarbeit im Unterricht oder Hausaufgaben),
   verliert häufig Gegenstände, die er / sie für Aufgaben oder Aktivitäten
    benötigt (z. B. Spielsachen, Hausaufgabenhefte, Stifte, Bücher oder
    Werkzeug),
   lässt sich öfter durch äußere Reize leicht ablenken,
   ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich.
Hyperaktivität / DSM-IV (Kinder)
   A.2 Sechs (oder mehr) der folgenden Symptome der Hyperaktivität und Impulsivität
    sind während der letzten sechs Monate beständig in einem mit dem
    Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen
    Ausmaß vorhanden gewesen.

   zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum,
   steht in der Klasse und anderen Situationen, in denen Sitzen bleiben erwartet wird,
    häufig auf,
   läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist
    (bei Jugendlichen oder Erwachsenen kann dies auf ein subjektives Unruhegefühl
    beschränkt bleiben),
   hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu
    beschäftigen,
   ist häufig "auf Achse" oder handelt oftmals, als wäre er / sie "getrieben",
   redet häufig übermäßig viel (in ICD-10 als Impulsivitätsmerkmal gewertet).
Impulsivität / DSM-IV
 platzt häufig mit den Antworten heraus,
  bevor die Frage zu Ende gestellt ist,
 kann nur schwer warten, bis er / sie an der
  Reihe ist,
 unterbricht und stört andere häufig (platzt
  z. B. in Gespräche oder Spiele anderer
  hinein).
Kinder  Erwachsene
Verlaufstypen
    Drei Verlaufstypen sind bekannt.
     Remission bis zur Adoleszenz
     Fortbestehen des klinischen Vollbildes oder einer residualen ADHS mit Abnahme der
      Hyperaktivität im Entwicklungsverlauf bei Persistenz der Aufmerksamkeitsstörung;
     Fortbestehen der ADHS mit häufigen komorbiden psychiatrischen Störungen wie
      z. B. Depression, Persönlichkeitsstörungen und Abhängigkeitserkrankungen
    Bei einer Prävalenz der ADHS bei Kindern im Schulalter von
     durchschnittlich 1-2% (diagnostiziert nach ICD-10) und 2-7% (diagnostiziert
     nach DSM-IV) ist bei einer Persistenz von bis zu 33% in das
     Erwachsenenalter davon auszugehen, dass 2-3% der Erwachsenen die
     Kriterien einer ADHS erfüllen.
    Dabei scheint die Störung bei männlichen Patienten häufiger als bei
     weiblichen Patienten mit Verhaltens- oder Persönlichkeitsstörungen sowie
     Abhängigkeitserkrankungen assoziiert zu sein.

                                                         BÄK
Bundesärztekammer: Topics zur
Diagnose - Erwachsene
   Erstens sind einzelne Symptome der ADHS im Erwachsenenalter in der
    Bevölkerung weit verbreitet, ohne Krankheitswert zu haben
   Zweitens kommt die ADHS selten allein vor; vielmehr geht sie oft mit
    komorbiden psychiatrischen Störungen einher und wird häufig erst
    diagnostiziert, wenn diese erkannt werden.
   Drittens müssen konventionsgemäß die Symptome zu Beeinträchtigungen
    in mindestens zwei Lebensbereichen führen.
   Viertens wird für die Diagnose der Nachweis des Beginns in der Kindheit
    gefordert, wobei im Einzelfall Hinweise darauf unklar oder unzureichend
    sein können.
   Fünftens gibt es keinen sicheren Nachweis-Test, sodass die Diagnose einer
    ADHS auch im Erwachsenenalter eine "klinische Diagnose" ist, die nur
    aufgrund des Interviews mit dem Patienten und des darin erhobenen
    aktuellen psychopathologischen Befundes, der anamnestisch eruierbaren
    Symptome im Kindesalter und des Verlaufes gestellt werden kann.

                                                   Quelle: BÄK
ADHS im Erwachsenenalter
 Symptome sollen vorm 7. Lebensjahr da
  sein.
 Wissenschaftlich fraglich???
 Rolle von Lehrern- Symptome auf
  Zeugnissen wirklich angemessen als
  Auswertung der Symptomatik?
Problematik bei „Age of Onset“
   Fehlende empirische Unterstutzung für
    Age of Onset
Age of Onset
 Von Erwachsenen mit ADHS, nur 50% mit
  klinischen Symptomen von ADHS
  retrospektive Erinnerung an Onset vorm 7.
  Lebensjahr.
 95% vorm 12. Lj.
 99% vorm 16. Lj. (Kessler et al., 2004).
Age of Onset
   Studien wobei Erwachsene ADHS Patienten-
    Fälle mit Late-Onset ADHS untersucht worden:
   Beurteilung: Patienten, die Kriterien vom Onset
    vorm 7. Lj. nicht traffen, sehr ähnlich von den
    mit, mit voller Diagnose nach:
     Neuropsychologischem     Profil,
     Komorbidität,
     Substanzmisbrauch,
     Persönlichkeitsmuster,
     Funktionellen    Einschränkungen.
    (Kieling et al., 2010, cf. Faraone et al., 2006, 2007,
      2009
Prävalenz in
Erwachnenen/Prognose
   6-7% von Kindern wenn von DSM diagnostiziert
    (Willcutt, 2012)
   1-2% von Kindern wenn von ICD-10
    diagnostiziert (Cowen, 2012)
   30-50% von Kindern mit ADHS haben weitere
    ADHS Symptome als Erwachsene (Balint et al.,
    2008)
   2-5% von Erwachsenen mit ADHS (Kooij et al.,
    2010, Europaweit)
Diagnostiches Verfahren
ADHS im Erwachsenenalter/USA
Diagnostische Vorausstetzungen
 Arztbesuch
 Oft Fremdanamnese /
  Bezugsperson/Familie/Angehörige
Über- od. Unterdiagnose durch
Testing?
 „Narrow-Band“ (CAARS, WURS) vs.
  „Breit-Band“ Tests – spezifischere vs.
  breitere Auswahl von Symptomen
 „Narrow-Band“ öfters benutzt aber „Breit-
  Band“ – besseres klinisches Bild von
  Symptomen (Collett et al., 2003)
Testing
 Die meisten sind von DSM-IV-TR
  entwickelt
 Fragliche Spezifität und Sensibilität
  (AACAP Work Group on Quality Issues,
  2007)
Trotz Validität der Tests…
   „ADHD remains a clinical diagnosis.
    Neuropsychiatric tests have value in the
    assessment of learning disabilities and other
    cognitive impairments but, in spite of widespread
    use, have no demonstrated value in the
    diagnosis of ADHD. Other laboratory measures,
    such as computerized tests of attention, EEG,
    SPECT, and positron emission tomography,
    have potential as research tools, but there is no
    evidence to support their routine clinical use. „
     McGough   und Barkeley, 2004
Zur Diagnosestellung der ADHS im
Erwachsenenalter
   das Vorliegen von Punkt 1 und 2 obligatorisch ist (somit wird mit
    diesen Kriterien nur der kombinierte Typ gemäß DSM IV
    diagnostiziert) und mindestens zwei der Punkte 3 - 7 erfüllt sein
    müssen:
   1. Aufmerksamkeitsstörung. Unvermögen, Gesprächen aufmerksam zu folgen,
    erhöhte Ablenkbarkeit (irrelevante Stimuli können nicht herausgefiltert werden),
    Schwierigkeiten, schriftliche Dinge zu erledigen, Vergesslichkeit, häufiges Verlieren
    von Alltagsgegenständen wie Autoschlüssel, Geldbeutel oder Brieftasche.
   2. Motorische Hyperaktivität. Innere Unruhe, "Nervosität" (i. S. eines Unvermögens,
    sich entspannen zu können – nicht antizipatorische Ängstlichkeit), Unfähigkeit,
    sitzende Tätigkeiten durchzuhalten, z. B. am Tisch still zu sitzen, Spielfilme im
    Fernsehen anzusehen, Zeitung zu lesen, stets "auf dem Sprung" sein, dysphorische
    Stimmungslagen bei Inaktivität.
   3. Affektkontrolle. Andauernde Reizbarkeit, auch aus geringem Anlass, verminderte
    Frustrationstoleranz und in der Regel kurzfristige Wutausbrüche häufig mit
    nachteiliger Wirkung auf die Beziehung zu Mitmenschen; typisch ist erhöhte
    Reizbarkeit im Straßenverkehr.

                                                           Quelle: BÄK
   4. Affektlabilität. Gekennzeichnet durch den Wechsel zwischen normaler und
    niedergeschlagener Stimmung sowie leichtgradiger Erregung (mit einer Dauer von
    einigen Minuten bis maximal einigen Tagen, der in der Regel mit klar benennbaren
    Ursachen reaktiv ausgelöst wird; gelegentlich treten die Stimmungswechsel aber
    auch spontan auf. Hat das Verhalten bereits zu ernsthaften oder anhaltenden
    Schwierigkeiten geführt, können sich die Stimmungswechsel ausdehnen). Die
    niedergeschlagene Stimmungslage wird vom Patienten häufig als Unzufriedenheit
    oder Langeweile beschrieben. (Im Gegensatz zur major Depression finden sich kein
    ausgeprägter Interessensverlust oder somatische Begleiterscheinungen).
   5. Desorganisiertes Verhalten. Aktivitäten werden unzureichend geplant und
    organisiert. Gewöhnlich schildern die Patienten diese Desorganisation in
    Zusammenhang mit der Arbeit, der Haushaltsführung oder mit schulischen Aufgaben.
    Aufgaben werden häufig nicht zu Ende gebracht, die Patienten wechseln planlos von
    einer Aufgabe zur nächsten und lassen ein gewisses "Haftenbleiben" vermissen.
    Unsystematische Problemstrategien liegen vor, daneben finden sich Schwierigkeiten
    in der zeitlichen Organisation und Unfähigkeit, Zeitpläne oder Termine einzuhalten.
   6. Impulsivität. Dazwischenreden, Unterbrechen anderer in Gespräch,
    Ungeduld, impulsive Geldausgaben, und das Unvermögen, Handlungen im
    Verlauf zu protrahieren, ohne dabei Unbehagen zu empfinden.
   7. Emotionale Überreagibilität. Überschießende emotionale Reaktionen
    auf alltägliche Stressoren. Die Patienten beschreiben sich selbst häufig als
    schnell "belästigt" oder gestresst.

                                                                Quelle: BÄK
Behandlung
Medikamentöse Optionen
 Methylphenidat
 Amphetamin (gemischt, Sälze, andere
  Forme)
 Antidepressive mit
  dopaminergischer/noradren. Wirkung
Methylphenidat
Dopamin-Wiederaufnahmehemmer
 Zugelassen bei Erwachsenen (Kosten
  übernommen von Krakenkassen):
   Methylphenidat  retard
   Unretardiertes Methylphenidat
Amphetamin
Indirekte Sympathomimetika /
Noradrenalin/Dopamin-Freisetzung
 Teils Zugelassen: D,L- Amphetamin Sulfat (Saft
  oder Kapseln)
 Teils/Nicht zugelassen (nur in Kindern oder
  wenn vorm 18. Lebensjahr erst verordnet):
   Dexamphetaminsulfat
   Lisdexammfetamin
Nicht-Stimulant
 Atomoxetin (selektiver Noradrenalin-
  Wiederaufnahmehemmer)
 Neulich auch für Erwachsene zugelassen
Im Ausland…

 Amfetamin Sälze
 Dexmethylphenidat
Antidepressiva
   Noradrenalin/Dopamin
    Wiederaufnahmehemmer:
     Buproprion
     SNRIs:
     Venlafaxin
     Duloxetin
     ??Reboxetin???
Suchtpotenzial
   Keine Evidenz in Kindern, dass Behandlung mit
    Stimulanten das Risiko von Experimentierung,
    Abhängigkeit oder Missbrauch erhöht (Barkley
    et al., 2003)
   Je späterer Anfang mit ADHS Behandlung, desto
    großer die Chance,
    Substanzmissbrauch/Störung (Mannuzza et al.,
    2008)
Prognose
Prognose
   Longitudinal Studies: ADHS als Diagnose bleibt
    von der Kinderzeit ins Erwachsenenleben in
    65% der Fällen (Kieling und Rohde, 2010, cf.
    Barkley et al., 2002; Faraone et al., 2006).
   Diagnose in der Kindheit und Schwere von
    Symptomen in der Kindheit prognostizieren
    Beständigkeit im Erwachsenenalter (Kessler et
    al., 2006).
Arbeitsbedingte Probleme…
   ADHS-Erwachsene Patienten mit
    Arbeitsfähigkeitsproblematik prognostizieren
    schlechteres langfristige Outcome (Kieling und
    Rohde, 2010)
   ADHS Patienten mit:
     Unterperformance  bei Arbeit
     Öfters von Jobs gekündigt
     Schlechterer Ausbildungsaufstieg
          (Barkley und Murphy, 2010; Stein, 2008)
Erwerbsfähigkeit
   Großere Wahrscheinlichkeit:
     arbeitsunfähigzu sein
     Impulsiv Jobs zu kündigen
     Öfters krankgeschrieben
     von Erwerbsminderungsrente: beantragt oder
      frühberentet
     Mehrere chronische Arbeitsprobleme
(Barkley u. Murphy, 2010, cf. De Quirnos u. Kinsbourne, 2001; Halmoy et al.,
   2009; Murphy u. Barkley, 2006)
Arbeitsprofil/Epidemiologisch
Erwachsenen mit ADHS
   Mehere Tagen “ausser Rolle” oder
    unterproduktiv in der Arbeit
   Mehere Arbeitsfehler
   2x Risiko krankgeschrieben
   2x Risiko Arbeitsunfälle
   Erhöhte Kosten pro ADHS Arbeiter: $4,336 US
    pro Jahr (nicht inklusiv Kosten von Unfällen)

(Barkely und Murphy, 2010, cf. de Graaf et al., 2008)
Ausbildung/Universitätsleben
   2 bis 8% von Universitätsstudenten in USA
    (DuPaul et al., 2008) mit ADHS Diagnose
   6,9% Self-Report based on CAARS, UK (Pope
    et al., 2007)
   Studenten US, Italien, Neu Zeeland, DSM-IV
    Kriterien (inattentiv, hyperaktiv-impusliv,
    kombinert, DuPaul et al., 2001):
     USA:   2,9% männl., alle 3 Subtypen, meistens
      hyperaktiv/impulsiv
     Italien: 7,9%
     Neu Zeeland: 8,1%
     Weibliche: 3,9%, 0%, 1.7%
Langzeit-Prognose
   Review von Langzeit-Studien (4 bis 15 Jahren)
    von Kindern mit ADHS ins Erwachsenenleben
    (USA):
     ADHS  Lebenslang
     Impakt auf akademischem Erfolg
     Klassenjahr wiederholen (30%)
     High School nicht abgeschlossen (30%)
     Substanzmissbrauch (50%)
     Gekündigt worden vom Job (50%)
              Steele et al., 2006 (Review).
Remission
   Debate, was Remission bedeutet (s. Steele et
    al., 2006)
   RCTs: 25%-30% Verbessung
   Klinisch: 65%-84% Verbessung der Symptomen
    unter Medis (Methylphenidat)
   RCTs: Remission rates in MPH> Atomoxetin (40-
    66% retard, 38%-56% unretard. vs. 27%-29%
    Atomoxetin).
Komorbidität als Outcome
 10-Jahre prospektive Follow-up Studie,
  Kinder (männliche, 6-18 jährige),
  Reassessment nach 10 Jahren
  (Biederman et al., 2006)
 Signifikant erhöhtes Risiko für Antisoziale-,
  Sucht-, Affektive- und Angststörungen
“Geschellschaftsnormalizierung”
   ?
Geschichte
   1845 Heinrich Hoffman –Erste Beschreibungen, ADHS
    Verhaltensweisen („Hanns Guck-in-die-Luft,“ „Zappfel-Peter“)
   1901 Freud –Handlungen von Aufmerksamkeitsdefiziten
   1932 Kramer/Pollnow – hyperkinetische Erkrankung
   1937 – 1944 erste klinische Experimente mit Amphetamin (Charles
    Bradley)
   1944 Methylphenidat entwickelt
   1954 Methylphenidat auf Markt gebracht (Ciba)
Ätiologie
 Reduzierte Hirnfunktion / Kognitives
  Processing im prefrontalen Kortex,
  Caudate, Cerebellum
 Verlangsamte Maturation des prefrontalen
  Kortexes (Arnsten and Pliszka, 2011)
 Reduziertes Volumen in PFC, Caudate,
  Cerebellum (Shaw et al., 2007)
Neurobiologische Ätiologie
   Dopaminergisch oder Noradrenalergisch
    (Arnsten, 2007; Arnsten, 2010; Pliszka,
    2005)
Figure 1. Integration of the hypoactive and hyperactive catecholamine
              postulates of ADHD: DA (yellow circles) acts on 5 DA receptors
             (labeled as D1-D5) that may be present on postsynaptic neurons
                                       (shown in blue).

Sharma A , and Couture J Ann Pharmacother 2013;48:209-
225
Epidemiologie
 Männer 3 x mehr betroffen : mehr mit
  hyperaktivem oder
  gemischtem/kombiniertem Typus
  (Childress and Berry, 2012)
 Frauen: mehr inattentiv, oft Ess-störungen
  und kognitive Störungen comorbid (DSM-
  IV)
Danke für die Aufmerksamkeit!!
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