Nachwuchs-leistuNgssport- koNzept 2020 - Unser Ziel: Dein Start für Deutschland - DOSB
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Vorwort Das vorliegende Konzept zum Nachwuchsleistungssport soll dazu beitragen, die Zielstellung, die Position Deutsch- lands im olympischen und nicht-olympischen Spitzensport zu festigen und auszubauen, nachhaltig abzusichern. Es beschreibt den sportlichen und persönlichen Karriereverlauf eines/einer Nachwuchssportlers/in. Dies schließt wesentliche Etappen der sportlichen Ausbildung wie die Abschnitte der schulisch-beruflichen Ausbildung und die Rolle der Nachwuchstrainer/innen ein. Daraus leitet sich die Zielstellung ab, die Förderung der Athleten/innen in Abhängigkeit von ihrem Trainingsalter und Leistungsniveau auf regionaler, Landes- und Bundesebene durch die Sportverbände und -bünde aufeinan- der abzustimmen. Mit diesem Konzept werden Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten verbindlich geregelt, deren Einhaltung regelmäßig in Verantwortung des DOSB überprüft wird. Das Nachwuchsleistungssportkonzept beschreibt übergreifende Gemeinsamkeiten der Strukturen und Förderung und bildet als gemeinsam erarbeitete Vereinbarung die einheitliche Handlungsgrundlage der Akteure im Nachwuchsleistungssport. Hierbei gilt es, die vorhandenen Ressourcen strategisch so auszurichten, dass Nachwuchsförderung sportartübergreifend und sport- artspezifisch nach allgemein gültigen Prinzipien gelingen kann. Das Nachwuchsleistungssportkonzept des DOSB ist Bestandteil des DOSB-Steuerungsmodells für den Leistungs- sport und richtet sich primär an die Entscheidungs- und Verantwortungsträger/innen in den Mitgliedsverbänden und -organisationen des DOSB. Es dient ergänzend als Orientierungshilfe und Handlungsgrundlage für alle an der Förderung beteiligten Partner/innen im Bund und in den Bundesländern, wie das Bundesministerium des Innern (BMI), die Sportministerkonferenz der Länder (SMK), die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK), die Stiftung Deutsche Sporthilfe und die regionalen Sporthilfen. Die Inhalte beziehen sich auf die olympischen und die nicht-olympischen Sportarten, die im DOSB organisiert sind. Für die paralympischen Sportler/innen existieren spezielle Konzepte beim Deutschen Behindertensportverband. Die Aktivitäten des DOSB im Nachwuchsleistungssport folgen grundsätzlich dem Gedanken von Inklusion. Das Konzept wurde in einer zweijährigen Arbeitsphase seit November 2011 in einer Arbeitsgruppe und vier the- menspezifischen Expertengruppen entwickelt. In diesen Gruppen waren Vertreter/innen der Spitzenverbände, der Landessportbünde, der Olympiastützpunkte, des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT), von universitären Einrichtungen und der KMK beteiligt. Die Zwischenergebnisse des Arbeitsprozesses wurden vom 6. bis 8. Mai 2013 im Rahmen des Symposiums Nachwuchsleistungssport mit rund 300 Teilnehmer/innen diskutiert. Die Leipziger Positionen 2013 des IAT zum Nachwuchsleistungssport mündeten in das vorliegende Konzept. 3
Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 A. Ausgangssituation und Veränderungen in Gesellschaft und Sport 6 B. Ziele des Nachwuchsleistungssports 8 9 C. Talent – Training – Wettkampf 9 1. Sportmotorische Basis entwickeln 9 2. Talente suchen und finden 9 2.1 Sportartübergreifende Bewegungs-Checks 9 2.2 Sportartspezifische Talenttests 9 3. Talente trainieren 10 3.1 Ausbildungsetappen 10 3.2 Orientierungen für das Nachwuchstraining 10 3.2.1 Motorische Orientierungen 10 3.2.2 Pädagogische Orientierungen 12 3.3 Talente transferieren und später rekrutieren 12 4. Wettkämpfe im Nachwuchsleistungssport 13 D. Trainer/in als wichtigste Wegbegleiter/in 14 1. Trainer/in im Nachwuchsleistungssport 14 1.1 Sozial-kommunikative Kompetenz 14 1.2 Fachkompetenz 14 1.3 Methodenkompetenz 14 1.4 Strategische Kompetenz 14 2. Aufgaben- und Stellenprofile 14 2.1 Sichtungstrainer/in 14 2.2 Nachwuchstrainer/in im Aufbautraining 15 2.3. Nachwuchstrainer/in im Anschlusstraining 15 3. Personal in den Verbänden entwickeln 15 3.1 Trainer/innen finden 15 3.2 Trainer/innen qualifizieren 16 3.3 Trainer/innen langfristig binden und führen 16 E. Duale Karriere 17 1. Talente und Eltern beraten 17 2. Laufbahnberater/in fragen 18 3. Leistungssport und Schule vereinbaren 18 3.1 Eliteschulen des Sports besuchen 18 3.2 Im Internat leben 19 4. Berufsorientierung und Schulpraktika absolvieren 19 5. Bundesfreiwilligendienst und Freiwilliges Soziales Jahr leisten 19 6. Sportförderung bei Bundeswehr, Polizei, Feuerwehr und Zoll nutzen 19 7. Trainieren und einen Beruf erlernen 20 8. Trainieren und studieren 20 F. Nachwuchsleistungssport wissenschaftlich unterstützen und erforschen 21 1. Wissenschaftliche und technologische Unterstützung im Nachwuchsleistungssport 21 1.1 Nachwuchstraining begleiten 21 1.2 Nachwuchstraining beschreiben, analysieren und auswerten 21 2. Forschung für den Nachwuchsleistungssport 22 2.1 Entwicklung und Leistungsentwicklung von Kindern und Jugendlichen beforschen 22 2.2 Belastbarkeit ergründen 22 2.3 Fördersysteme und Rahmenbedingungen untersuchen 22 4
G. Eltern, Verein, Verband und Sportbund 23 1. Eltern 23 2. Verein 23 3. Verband und Sportbund 23 3.1 Landessportbund 25 3.2 Landesfachverband 25 3.3 Spitzenverband 26 3.4 Olympiastützpunkt 27 3.5 Stiftung Deutsche Sporthilfe und regionale Sportstiftungen 27 3.6 Deutscher Olympischer Sportbund 27 Anlage 1 29 Auswahlliteratur 29 Anlage 2 30 Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Nachwuchsleistungssport 30 Anlage 3 35 Handlungsempfehlungen zur Talentsuche 35 Anlage 4 36 Leitlinien zur Gestaltung des Nachwuchstrainings 36 Anlage 5 38 Handlungsempfehlungen für die Erstellung einer Rahmentrainingskonzeption (RTK) 38 Anlage 6 40 Verfahren zur Anerkennung von BSP-N, BSP und Schwerpunktsportarten 40 5
A. Ausgangssituation und Veränderungen in Gesellschaft und Sport A. Ausgangssituation und Veränderungen in Gesellschaft und Sport Die aktuelle Situation des Nachwuchsleistungssports von Schule bzw. Ausbildung und Leistungssport unter in Deutschland ist durch vielfältige gesellschaftliche Berücksichtigung der Ausdehnung des nationalen und Veränderungen gekennzeichnet. Die demographi- internationalen Wettkampfkalenders zu schaffen. schen Entwicklungen wirken sich massiv auf die Anzahl sporttreibender und talentierter Kinder und Zugleich sind weitere Initiativen zu ergreifen, um Jugendlicher in den Sportvereinen aus. Bereits in einerseits die gesellschaftliche Anerkennung des/r diesem Jahr leben in Deutschland 17 Prozent weniger Trainers/in und Übungsleiters/in deutlich zu stärken Kinder und Jugendliche als noch vor fünf Jahren. Die und andererseits die Rahmenbedingungen für ihre Tä- leistungssportlichen Angebote in den Sportvereinen tigkeit in den Vereinen und Verbänden zu verbessern. konkurrieren mit einer Vielzahl von alternativen Freizeitangeboten. Die leistungssportliche oder Es muss mit der Annahme aufgeräumt werden, dass wettkampforientierte Ausrichtung vieler Sportvereine Deutschland im Juniorenbereich zu den erfolgreichsten ist verloren gegangen. Allein in den letzten beiden Nationen zählt und danach den Anschluss an die Welt- Jahren haben sich die Problemlagen von Trainern/ spitze verliert. Dies ist nur noch in wenigen Sportarten innen und Übungsleitern/innen, von jugendlichen Leis- zutreffend. Deutsche Nachwuchsathleten/innen weisen tungssportlern/innen sowie von Schieds- und Kampf- teilweise bereits in den Etappen des Anschluss- und richtern/innen verschärft. Aufbautrainings erhebliche Rückstände zur Weltspitze auf, die im Hochleistungsbereich schwerlich aufzuholen Die bildungspolitischen Veränderungen mit der sind. Ursachen hierfür sind unter anderem: Einführung des achtjährigen Gymnasiums und der Ganztagsschule üben einen weiteren Einfluss auf die • die fehlende Systematik und sportartübergreifende Situation des Nachwuchsleistungssports aus. Die weit- Koordination der Talentsuche, läufige Einschätzung, dass Ganztagsschule und Leis- tungssport kaum miteinander zu vereinbaren wären, • die fehlende systematische Beschäftigung mit wird von den Sportvereinen differenzierter betrachtet. Fragen der Talentidentifikation und -entwicklung in Sie sehen hierin sowohl Chance als auch Gefahr. bestehenden Konzepten und Strategien, Neben diesen gesellschaftlichen Veränderungen der • der fehlende Transfer relevanter sportwissenschaftli- Voraussetzungen und der Rahmenbedingungen, wan- cher Befunde in die Sportpraxis, deln sich die Leistungsstruktur und die Wettkampfan- forderungen im Sport. Insbesondere die Zunahme der • das Kopieren der Trainings- und Wettkampfprogram- Wettkampfhäufigkeit, die Einführung neuer internati- me aus dem Spitzenbereich, onaler Veranstaltungsformate auch im Jugendbereich und schließlich die Zunahme von Sprintwettbewerben • die Fokussierung auf kurzfristige Erfolge und frühe sowie die Steigerung der Wettkampfhärte wirken sich Spezialisierung statt auf die Ausbildung perspekti- hinsichtlich des langfristigen Leistungsaufbaus, der visch bedeutsamer Leistungsvoraussetzungen und Periodisierung sowie der Belastungsgestaltung mit vielseitiger motorischer Grundausbildung, Blick auf Umfang und Intensität auf den Nachwuchs- leistungssport aus. • die teils zu gering ausgeprägte Belastbarkeit und wenig ausgebildeten Leistungsvoraussetzungen Für den organisierten Sport bedeutet dies, dass die beim Übergang vom Junioren- in den Spitzenbereich, Bemühungen um die systematische Talentsuche und -bindung in enger Zusammenarbeit mit allen Verant- • das Fehlen von qualifizierten hauptberuflichen Trai- wortlichen in Sport und Politik intensiviert werden nern/innen, die langfristige Verträge erhalten, müssen; insbesondere im Bildungsbereich. Damit ein- her geht die Notwendigkeit, für Nachwuchsleistungs- • eine starke Ausrichtung des Fördersystems auf frühe sportler/innen flexible Lösungen für die Verbindung Leistungsauffälligkeiten und Wettkampferfolge, 6
A. Ausgangssituation und Veränderungen in Gesellschaft und Sport • die ausbleibende Berücksichtigung systematischer Talenttransfer-Konzepte und alternativer Förder- möglichkeiten für Spät- oder Quereinsteiger/innen, • die Drop-outs vor dem Übergang in den Spitzenbe- reich durch Hemmnisse bei der Vereinbarkeit von Leistungssport und schulisch-beruflicher Karriere. Schließlich ist festzustellen, dass ungeklärte Auf- gabenprofile und Zuständigkeiten insbesondere im Schnittstellenbereich von Landes- und Bundesförde- rung sich bis dato hemmend für eine effiziente Steue- rung und Umsetzung bereits bestehender Lösungsan- sätze der Nachwuchsförderung auswirken. In dem Konzept für den Nachwuchsleistungssport 2020 sind vor dem Hintergrund dieser Herausforde- rungen Lösungsansätze beschrieben, Zuständigkeiten aufgezeigt und entsprechende Forderungen an die beteiligten Partner im Nachwuchsleistungssport abgeleitet. 7
B. Ziele des Nachwuchsleistungssports B. Ziele des Nachwuchsleistungssports Die übergreifende Zielstellung im deutschen Nach- der Grundlage von sportartspezifischen Rahmentrai- wuchsleistungssport besteht darin, internationale ningskonzeptionen, die sich an den Anforderungen des sportliche Erfolge im Hochleistungsalter systematisch Zielwettkampfes orientieren und zugleich die erfor- vorzubereiten, um die Spitzenposition Deutschlands derlichen Auswirkungen auf das Wettkampfsystem im im internationalen Vergleich zu erhalten und den Nachwuchsleistungssport berücksichtigen. Besondere Stellenwert des Leistungssports in der Gesellschaft zu Aufmerksamkeit verlangt der Übergang vom Junio- erhöhen. Die genannte Zielstellung ist untrennbar mit renalter in den Spitzensport. Das bedeutet im lang- dem Anspruch verbunden, dass die sportlichen Leistun- fristigen Leistungsaufbau, dass in Abhängigkeit der gen manipulationsfrei, also ohne Doping und andere sportartspezifischen Trainings- und Wettkampfstruktur betrügerische Aktivitäten, erbracht werden. internationale Konkurrenzfähigkeit im Hochleistungs- alter bereits im Jugend- und Juniorenbereich entwickelt Für das Hochleistungsalter bieten die Zielstellungen für werden muss. die deutschen Olympiamannschaften eine übergeord- nete Orientierung. Für den/die einzelne/n Athleten/in Im Mittelpunkt des Nachwuchsleistungssports steht und den jeweiligen Spitzenverband bedeutet dies eine der Athlet/in, der/die sich freiwillig und mit zuneh- individuelle Zielsetzung, die von der Qualifikation über mender Leistungsbereitschaft und Kreativität Ziele einen Finalplatz bis zum Medaillengewinn reichen kann. steckt und diese anstrebt. Parallel dazu hat er/sie sich den Anforderungen einer nachhaltigen Bildung und Dieser Weg beginnt bei der flächendeckenden Einfüh- Persönlichkeitsentwicklung zu widmen, damit er/sie rung von wirksamen Programmen zur Talentsuche. sowohl während als auch nach Beendigung seiner/ihrer Er wird fortgesetzt in der Planung und Durchführung leistungssportlichen Karriere befähigt ist, eigenverant- des langfristigen Trainings- und Leistungsaufbaus auf wortlich ein sinnerfülltes Leben zu führen. 8
C. Talent – Training – Wettkampf C. Talent – Training – Wettkampf 1. Sportmotorische Basis 2.1 Sportartübergreifende Bewegungs-Checks entwickeln Mit der Einführung von sportartübergreifenden Vielfältige Spiel- und Bewegungserfahrungen sind Bewegungs-Checks wird das Ziel verfolgt, Kinder auf ihr nicht nur für die körperliche, sondern auch für die Bewegungsverhalten und ihre motorische Fähigkeiten geistige, emotionale und soziale Entwicklung von zu überprüfen. So können Kinder in Anbetracht der Kindern unersetzlich. Motorische Grundbedürfnisse wie demographischen Entwicklung gezielt auf Talentförder- laufen, springen, werfen, klettern, mit anderen kämpfen angebote orientiert, in den Vereinssport eingebunden und wetteifern sind für körperliche Erfolgserlebnisse oder zu Bewegungsförderprogrammen geführt werden. unverzichtbar, stärken das Selbstvertrauen der Kinder und bilden eine entscheidende Grundlage für spätere Die Kinder sollen nach der allgemeinen Bewegungser- motorische Fertigkeiten im Alltag und im Sport. ziehung im Grundschulalter regional einen sportart- übergreifenden Bewegungs-Check durchlaufen. Hierbei Deshalb kommen Bewegung, Spiel und Sport als Teil sollen Grundschule, Landessportbund sowie ggf. der Bildung und Erziehung von Kindern eine besondere Stadt- bzw. Kreissportbund und Vereine einen Überblick Bedeutung im Zusammenhang mit dem Nachwuchs- über die sportmotorische Entwicklung der Grund- leistungssport zu und sind dringend zu stärken. Denn schüler erhalten. Hierfür existieren bereits validierte kindliche Bewegungsförderung steht am Anfang jeder sportartübergreifende Testverfahren, u. a. in Form von Spitzensportkarriere. Im Rahmen der allgemeinen Vielseitigkeitswettbewerben. Bewegungserziehung und der ersten vereinssportlichen Angebote sollen die Kinder daher eine breite sportmoto- Um flächendeckende Bewegungs-Checks durchführen rische Ausbildung durchlaufen. Anstelle von sportartspe- zu können, ist der Einsatz von sportartübergrei- zifischen Übungen stehen vielfältige und freudvolle fenden Sichtungstrainern/innen erforderlich. Deren Bewegungsaufgaben zur Verbesserung der Koordination, Aufgabe soll es sein, die Kinder auf der Basis der der Technik und der Schnelligkeit im Vordergrund. Die Testergebnisse auf ein adäquates Sportangebot zu Aufgaben schließen das „Sich-Erproben“ in mehreren orientieren. Für sportmotorisch begabte Kinder sind Sportarten ein und dienen dazu, verschiedenartige sport- dies leistungssportliche Angebote in Vereinen und liche Erfahrungen zu sammeln und Interesse zu wecken. Talentzentren, für sportbegeisterte Kinder sind dies wettkampfsportliche Angebote im Sportverein und für Die Inhalte der allgemeinen Grundausbildung (AGA) bewegungsarme Kinder besondere Vereinsprogramme liefern hierbei die Ausgangsvoraussetzungen für die zur Bewegungsförderung. anschließenden Ausbildungsetappen. Talentsuche ist dann effektiv, wenn sie spätestens in Grundschulen flächendeckend und systematisch durch- 2. Talente suchen und finden geführt, von Fachleuten fundiert ausgewertet sowie objektiv an die Vereine kommuniziert wird. Eine part- Ziel der Talentsuche ist es, viele sportlich talentierte nerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Kommu- Kinder und Jugendliche für ein dauerhaftes wettkampf- nen, Schulen und Vereinen ist daher unabdingbar. und leistungsbezogenes Engagement im Sportverein zu begeistern und zu gewinnen. Voraussetzung für eine effektive Talentsuche sind vielfältige, attraktive 2.2 Sportartspezifische Talenttests und flächendeckende Sport- und Bewegungsange- bote, möglichst für alle Sportarten, in Sportvereinen Jede Sportart stellt andere Anforderungen an Koordi- und im unterrichtlichen wie außerunterrichtlichen nation, Kondition oder Psyche. Kinder und Jugendliche Schulsport. Neben sportmotorischen Komponenten sind unterschiedlich mit Fähigkeiten und körperlichen sind Begeisterungsfähigkeit, Interesse am Sport, Leis- Voraussetzungen ausgestattet. Um sagen zu können, tungsbereitschaft, körperbauliche Voraussetzungen, welches Kind sich für eine bestimmte Sportart beson- Lern- und Leistungsfortschritte, Leistungsfähigkeit und ders eignet, ist es erforderlich, die Anforderungen dieser Bewegungsbegabung für verschiedene oder einzelne Sportart möglichst genau zu kennen. Es liegt in der Ver- Aufgaben wichtige Kriterien. antwortung der Spitzenverbände sportartspezifische 9
C. Talent – Training – Wettkampf Talenttests zu entwickeln und flächendeckend in den Das Anschlusstraining ist die Übergangsetappe vom Landesfachverbänden einzuführen. Der Schwerpunkt Nachwuchs- zum Hochleistungstraining. Es gestaltet der Tests liegt auf dem Überprüfen der Koordination, sich sportartspezifisch sehr differenziert. Mit dem der Bewegungstechnik und der Schnelligkeit sowie Ziel, den nahtlosen Übergang vom Junioren- in den relevanter Persönlichkeitseigenschaften. Die Kinder Spitzenbereich zu verbessern, werden im Altersbereich werden nicht nur einmalig, sondern mehrfach gesichtet. U23 hochwertige internationale Wettkampfmöglich- Die Ergebnisse der sportartspezifischen Talenttests sind keiten angeboten und genutzt. Für perspektivreiche über den jeweiligen Spitzenverband zu sammeln und Athleten/innen ist in der Phase des Anschlusstrainings mit wissenschaftlicher Unterstützung auszuwerten. der punktuelle Einsatz z. B. bei bestehenden Europa-, Weltcupveranstaltungen im Sinne internationaler 3. Talente trainieren Aufbauwettkämpfe zu nutzen. Mit dem Hochleistungs- training und der Teilnahme an Europa- und Weltmeis- terschaften bzw. Olympischen Spielen verbunden mit 3.1 Ausbildungsetappen internationalen Spitzenleistungen, erreicht der lang- fristige Trainings- und Leistungsaufbau sein Ziel und Wenn Kinder als Talente erkannt werden und sich ge- seinen Höhepunkt. meinsam mit ihren Eltern für eine leistungssportliche Karriere entscheiden, durchlaufen Nachwuchssportler/ innen mehrere Ausbildungsetappen, die unabhän- 3.2 Orientierungen für das gig von der Sportart als Grundlagentraining (GLT), Nachwuchstraining Aufbautraining (ABT) und Anschlusstraining (AST) bezeichnet sind. 3.2.1 Motorische Orientierungen Sportartspezifisch sind unterschiedliche Wege an die Alle energetischen und neuronalen Systeme sind trai- Spitze möglich. Der langfristige Trainings- und Leis- nierbar, die Anpassungsmechanismen verlaufen jedoch tungsaufbau ist prinzipiell offen, um unterschiedlichen in den jeweiligen Entwicklungsabschnitten effektiver, individuellen Entwicklungsverläufen gerecht zu werden. wenn die Belastung in Umfang, Intensität und Frequenz So können frühzeitige und auch mehrjährige Trainings- individuell angemessen erfolgt. Vor dem Abschluss der und Wettkampferfahrungen in verschiedenen Sportar- Geschlechtsreife sollte der Schwerpunkt auf der Ausbil- ten eine günstige Bedingung für langfristige Erfolge im dung grundlegender sportlicher Bewegungsformen von Spitzensport sein. Somit ist das Talententwicklungsmo- vielseitigen hin zu sportartgerichteten Aufgaben, der dell gleichermaßen offen für Früh- und Späteinsteiger/ Schnelligkeit und Gewandtheit sowie der Kraft zur Siche- innen und –entwickler/innen, Seiteneinsteiger/innen rung der Belastbarkeit liegen. Dabei sind die rechtzeitige und Sportartenwechsler/innen. Beanspruchung der informationsaufnehmenden und -verarbeitenden Systeme zur Ausprägung der koordina- Die Entwicklung während Kindheit und Jugendalter tiven Voraussetzungen, des sporttechnischen Könnens (anatomisch, motorisch, neuronal, hormonell etc.) ver- und eines breit gefächerten technisch-taktischen läuft individuell unterschiedlich und unterliegt Schwan- Repertoires wie auch die frühzeitige Entwicklung der kungen. Das Trainingsalter, die biologische Reife und Schnelligkeitsvoraussetzungen in Verbindung mit der das Geschlecht eignen sich als Indikatoren für Entschei- Koordinationsstruktur sportartgerichteter Handlungs- dungen über Fördermaßnahmen. Talentförderung muss abläufe von besonderer Bedeutung. Mindestens bis zur stärker an der individuellen Entwicklung und weniger Geschlechtsreife muss der Schwerpunkt im Nachwuch- am kalendarischen Alter ausgerichtet werden. straining auf der Beanspruchung der informationsauf- nehmenden und -verarbeitenden Prozesse liegen. Die erste Etappe des langfristigen Trainings- und Leistungsaufbaus ist das Grundlagentraining. Es zielt Schwerpunkt und zentrales Motiv innerhalb der sport- darauf ab, grundlegende und sportartspezifische lichen Ausbildung bildet die Entwicklung, Perfektionie- Leistungsvoraussetzungen und eine hohe vielseitige rung und Stabilisierung bzw. differenzielle Verfügbarkeit Belastbarkeit für künftige Trainingsanforderungen von sportlicher Technik. Sowohl in den technisch kompo- herauszubilden. Das geschieht mit Übungs-, Trainings- sitorischen Sportarten, die im Kern aus der Präsentation und Spielformen der Spezialsportart und anderer perfekter Bewegungen bestehen, als auch in allen Sportarten. anderen Sportartengruppen dominiert die Annahme, dass ein erfolgreicher Anschluss an das angestrebte Die zweite Etappe des Nachwuchstrainings ist das Auf- Leistungsniveau nur auf Grundlage einer hohen sport- bautraining, in dem eine vielseitige, stärker sportart- technischen Ausführungsqualität gelingen kann. Dabei bezogene Ausbildung erfolgt. Ziele sind die Steigerung wird die Sporttechnik sportartübergreifend als zentral des Niveaus allgemeiner und spezieller Leistungsvo- im Fähigkeitskomplex der verschiedenen Wettkampfleis- raussetzungen und die fortgesetzte Absicherung der tungen angesehen und als unmittelbar relevant für die Belastbarkeit für künftige Trainingsanforderungen. Qualität weiterer spezifischer Inhalte erachtet. 10
C. Talent – Training – Wettkampf Talentidentifikation Anforderungsanalyse ieren Invest ren Spitzen- lisie HLT a leistung ezi AST Sp en ABT ier ro b lung p s ick w Au GLT ent t n le Ta AGA Begabungen Umfeld & Förderung Abb. 1: Modell der Talentidentifikation und –entwicklung (Hoffmann, 2013) Zusätzlich stellt die Schnelligkeitsorientierung des Nach- Erfolgreiche Nachwuchstrainer/innen stellen die wuchstrainings eine unersetzliche Handlungsmaxime Ausbildung der Spielfähigkeit in den Mittelpunkt des dar. Sowohl die Talentsichtung als auch die sportartspe- Trainings. Dabei gehen sie von sportspielübergreifen- zifische Ausbildung der Nachwuchssportler/innen entfal- den Zielkategorien wie z. B. „Spielfreude“ und „Spielver- tet nur mit einer expliziten Betonung der Schnelligkeits- ständnis“ im Laufe des Ausbildungsprozesses sukzessiv komponenten Wirkung. Die Entwicklung der komplexen zu spezifischen Aspekten wie die der taktischen Integ- Schnelligkeit als Zielkategorie im Hochleistungstraining ration in ein Spielsystem über. geschieht dabei über die Schulung der aufeinander auf- bauenden Koordinations-, Bewegungs- und Handlungs- Speziell in den technisch-kompositorischen Sportarten schnelligkeit innerhalb des Nachwuchstrainings. wird durch eine ästhetische Orientierung der Relevanz gelungener und eindrucksvoller Repräsentation der Um die Qualität des spielerischen Problemlöse- und sportlichen Leistung Rechnung getragen. Beginnend Entscheidungsverhaltens von Nachwuchssportlern/ mit einer auf anthropometrischen Merkmalen basie- innen zu entwickeln, muss der Ausbildungsprozess in renden Selektion, gehören zu einem anspruchsvollen den Spielsportarten einerseits auf einer perspektivisch Nachwuchstraining ergänzende Aspekte und Facetten möglichst fortschrittlichen Spielphilosophie gründen eines Trainings, welches beispielsweise durch eine und andererseits durch eine möglichst effektive Aus- begleitende Schulung des „künstlerischen Ausdrucks“ bildungskonzeption steuerbar, d. h. planbar, praktisch bzw. des Auftretens, der Musikalität, des Tanzes, der durchführbar und kontrollierbar gemacht werden. Akrobatik und des Schauspiels erweitert. 11
C. Talent – Training – Wettkampf Abb. 2: S portpraktische Leitorientierungen Spitzensportlicher Erfolg im Erwachsenenalter Erziehungsorientierung Technikorientierung Teamorientierung Athletische Spielorientierung Orientierung Schnelligkeits- Ästhetische orientierung Orientierung Zusammenfassende Darstellung der Leitidee der Erfolgsorientierung sowie der sich daraus ableitenden sechs sportpraktischen Leitorientierungen des Ausbildungsprozesses 3.2.2 Pädagogische Orientierungen Die Interaktion zwischen Trainer/in und Athlet/in un- terliegt dabei im zeitlichen Verlauf dynamischen und Der Nachwuchsleistungssport stellt neben den moto- entwicklungsbedingten Veränderungen, die innerhalb rischen auch erhebliche psychosoziale Anforderungen. des Spannungsfeldes zwischen Anleitung und Selbstbe- Zur Handlungs- und Leistungsfähigkeit gehören die stimmung des/r Athleten/in angesiedelt sind. Zu den Einschätzung der eigenen Fähigkeiten, dauerhafte Mo- Lernzielen der Persönlichkeitsentwicklung gehören die tivation zum Training, die Verständigung mit Trainern/ Entwicklung eines Selbstbildes und das realistische Ein- innen und Mannschaftskameraden/innen, die Kom- schätzen der eigenen Fähigkeiten, das Bewusstsein und munikation mit Konkurrenten/innen und mit zuneh- die Reflexion über das eigene Handeln, das Kennenler- mendem Trainingsalter und Leistungsentwicklung mit nen, Ausleben und Kontrollieren von Gefühlen. weiteren sozialen Gruppen wie Sportmedizinern/innen, Physiotherapeuten/innen, Laufbahnberatern/innen oder Spezialtrainern/innen. Zur Bewältigung solcher 3.3 Talente transferieren und später Anforderungen benötigt ein/e Sportler/in psychosoziale rekrutieren Ressourcen wie Selbstbewusstsein, Selbständigkeit, Kooperationsfähigkeit oder Teamgeist. Diese sind bei Der Weg des späteren Einstiegs und eines systemati- jedem/r Sportler/in – ähnlich wie motorische Fähigkei- schen Talenttransfers muss ergänzend zum langfristi- ten – unterschiedlich ausgeprägt und können in jeder gen Leistungsaufbau in einer Sportart berücksichtigt Ausbildungsetappe entwickelt werden. Somit haben werden und bedarf einer systematischen Koordinierung Training und Wettkampf immer auch eine pädagogi- und Steuerung. sche Qualität. Sportliche Erfolge im Nachwuchsalter sind in einigen Es ist die Aufgabe der Trainer/innen, die Sportler/innen Sportarten Voraussetzung, um auch im Erwachsenenal- auf die komplexen Anforderungen des Leistungssports, ter erfolgreich zu sein. In anderen Sportarten hingegen hinsichtlich Trainingsbereitschaft, Willens- und Charak- fehlt dieser Zusammenhang. Wiederum andere Sport- terbildung und darüber hinaus zu einer leistungssport- arten profitieren vom Nachwuchstraining in anderen gerechten Lebensführung, die Medikamentenmiss- Sportarten und Verbänden, da sie Sportler/innen auf- brauch und Doping vorbeugt, vorzubereiten. Dabei ist nehmen, die in ihrer vorherigen Sportart Grenzen der allen Formen von Gewalt und Missbrauch vorzubeugen. Leistung erreicht haben. 12
C. Talent – Training – Wettkampf Mit dem Erreichen von individuellen Leistungs- 4. Wettkämpfe im grenzen in einer Sportart beginnt potenziell die weitere sportliche Entwicklung eines Talentes in Nachwuchsleistungssport einer anderen Sportart. Ein solcher Talenttransfer kann erfolgreich sein, wenn die Anforderungen an die Die Zielstellungen der Etappen des Nachwuchstrainings Leistungsvoraussetzungen zwischen den Sportarten bestimmen maßgeblich das Wettkampfsystem einer ähnlich sind. Hierzu bieten sich u. a. Disziplinen Sportart. Wettkämpfe bilden für Kinder und Jugendli- (z. B. Wasserspringen, Stabhochsprung, Ski und che Anreiz zum Wetteifern und können zur Trainings- Snowboard Freestyle) an, die von einer turnerisch- und Kontrollfunktion und zur Sichtung genutzt werden. akrobatischen Ausbildung der Sportler/innen (z. Wettkämpfe im Kindes- und Jugendalter besitzen B. Gerätturnen, Trampolin) profitieren. Ähnliche Aufbaufunktion und sollen inhaltlich mit der Aufga- Möglichkeiten bestehen in ausdauerorientierten benstellung des Trainings verbunden sein. Sie können Sportarten (Schwimmen, Rudern). Vergleichbares deshalb noch deutlich von den Wettkampfformen gilt für den Transfer von vorwiegend leichtathletisch und -regeln der Erwachsenen abweichen. Um eigene ausgebildeten Sportler/innen, die sich in anderen Leistungsgrenzen zu erfahren und Erfolgserlebnisse zu Sportarten (z. B. Triathlon, Bob, Spielsportarten) eine ermöglichen, ist es ratsam, Kindern und Jugendlichen neue Perspektive eröffnen können. In anderen Sport- die Gelegenheit zu geben, an Wettkämpfen auf, unter arten besteht die Möglichkeit des verbandsinternen und über ihrem jeweiligen Leistungsniveau teilzuneh- Transfers (z. B. Ski alpin und Skicross, Skilanglauf und men. Wettkampfeinsätze müssen dabei systematisch Biathlon, Bahnradsport, Straßenradsport und MTB, so geplant werden, dass Leistungsentwicklung mit Blick Eisschnelllauf und Shorttrack). Ebenso sind Transfers auf Erfolge im Spitzenbereich im Vordergrund steht. von nichtolympischen zu olympischen Disziplinen (z. B. Wildwasserkanu zu Kanurennsport, Wakeboard zu Die Zunahme internationaler Schüler-, Jugend- und Snowboard) und umgekehrt realistisch. Juniorenwettkämpfe bis hin zum European Youth Olympic Festival (EYOF) und den Youth Olympic Games Dabei ist gezielt nach Sportlern/innen zu suchen, (YOG) verleitet dazu, mit den Trainingsinhalten von der die bereits das Grundlagen- und Aufbautraining in langfristigen Zielstellung abzuweichen. Der Stellenwert einer Sportart durchlaufen haben und somit über dieser Wettkämpfe ist vor dem Hintergrund des lang- Leistungssporterfahrung verfügen. Die Dauer vom fristigen Leistungsaufbaus in der jeweiligen Sportart/ Erstkontakt mit der Sportart bis zu internationalen Disziplin durch den Spitzenverband zu bestimmen. Erfolgen wird durch eine intensive Einführungs- und Hiervon ist abhängig, ob diese Wettbewerbe als Krite- Trainingsphase auf ein bis sechs Jahre verkürzt. In rium der Kaderselektion bzw. Förderentscheidungen diesem Zeitraum absolvieren die Sportler/innen dienen. Wenn Trainingsmaßnahmen ausschließlich überwiegend Trainingsprogramme in Vollzeit, sam- auf frühe Wettkampferfolge zielen, ist die Gefahr einer meln bereits nach kürzester Zeit Wettkampfpraxis verfrühten Spezialisierung groß und der langfristige auf hohem Niveau und erhalten eine bestmögliche Leistungsaufbau in Gefahr. Unterstützung durch den Zugang zu hochqualifi- zierten Trainern/innen, sportwissenschaftlicher und Vom Spitzenverband sind Wettkampfformate und -medizinischer Betreuung sowie materielle und Kaderkriterien zu entwickeln, die dieser Tendenz finanzielle Ausstattung. Auf diese Weise kann es ge- vorbeugen. lingen, die hohen Investitionen bei allen Beteiligten zu ihrem eigenen Vorteil langfristig weiter zu nutzen Wettkampfteilnahmen müssen auf den Entwicklungs- und zum Erfolg zu führen. Die Spitzenverbände sind stand der Sportler/innen und die Ziele der jeweiligen aufgefordert im Sinne eines solchen Talenttransfers Trainingsetappe ausgerichtet werden. Kooperationsmöglichkeiten zu suchen. Junge Menschen trainieren zum Teil auf hohem Niveau außerhalb des organisierten Sports und star- ten bei Wettkämpfen abseits der Sportvereine und Sportverbände. Durch Veränderungen im Wettkampf- programm werden neue Sportarten in das Programm der Olympischen Spiele aufgenommen, wie dies am Beispiel der Ski- und Snowboardwettbewerbe deut- lich wird. Dadurch entsteht für die Spitzenverbände eine neue Aufgabe, talentierte und ausgebildete Sportler/innen aus der „freien Szene“, also des nicht organisierten Sports zu finden und in die Trainings-, Wettkampf- und Fördersysteme des jeweiligen Spit- zenverbandes einzubinden. 13
D. Trainer/in als wichtigste/r Wegbegleiter/in D. Trainer/in als wichtigste/r Wegbegleiter/in Neben Eltern und Lehrern/innen sind die Trainer/ 1.2 Fachkompetenz innen die wichtigsten erwachsenen Bezugspersonen für Kinder und Jugendliche im Nachwuchsleistungs- Trainer/innen müssen Experten/innen in ihrer Sportart sport. Trainern/innen obliegen in dieser Phase weitaus sein. Dies erfordert fundierte Kenntnisse der Technik, der mehr Aufgaben als nur das Erreichen von sportlichen Taktik, der Kondition und der Trainingssteuerung sowie ein Erfolgen mit ihren Sportlern/innen. Die Persönlich- umfangreiches sportartübergreifendes und sportartspezi- keitsentwicklung und die Teamorientierung sind fisches Wissen. Auf einem soliden sportwissenschaftlichen wesentliche Aufgaben der Erziehung und Bildung von Fundament entwickeln die Trainer/innen Trainingsziele Kindern und Jugendlichen. Die ganzheitliche päda- und -pläne, die sie fortlaufend kontrollieren und an den gogische Verantwortung eines/r Trainers/in prägt die erreichten Fortschritt anpassen. Hierzu gehört gleichfalls Trainingsgestaltung in jeder Ausbildungsetappe im die regelmäßige Aktualisierung des eigenen Wissens. Nachwuchsleistungssport. Dabei verändern sich Rollen und Aufgaben zwischen Trainer/in und Athlet/in, die eine hohe Qualifikation der mitwirkenden Trainer/ 1.3 Methodenkompetenz innen erfordern. Trainer/innen arbeiten ähnlich wie Personen anderer Die Qualität und die Anzahl von hauptberuflichen Lehrberufe. Ein wichtiger Bestandteil der Berufsaus- Trainern/innen im Nachwuchsleistungssport sind von übung liegt im Aufgreifen, Inszenieren und Themati- entscheidender Bedeutung, um auch in Zukunft die sieren von Lernsituationen, die Sportlern/innen und internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Trainern/innen im Wettkampf bzw. im Nachwuchs- Dazu ist es erforderlich, die Attraktivität des Trainer- training begegnen. Somit benötigen Trainer/innen berufes im Nachwuchsleistungssport zu erhöhen. Kenntnisse und Fähigkeiten zur methodischen Gestal- Die Entwicklung eines Berufsbildes für Trainer/innen tung von Trainingsinhalten, die sie entsprechend den im Nachwuchsleistungssport unter Einbeziehung Bedürfnissen der Sportler/innen einsetzen. Hinzu kom- der Trainerakademie, die Einführung eines Bachelor- men die Erfordernisse zur Planung, Durchführung und Studienganges an der Trainerakademie, die Sicherung Auswertung von Vereins- und Verbandsangeboten. und Erhöhung der für die Traineranstellung bereit- gestellten Mittel und die Schaffung von gesicherten Arbeitsplätzen inklusive einer leistungsgerechten und 1.4 Strategische Kompetenz angemessenen Vergütung stellen die zentralen Forde- rungen dar. Strategische Kompetenz beinhaltet das Denken in Netzwerken, das Wissen um die Bedeutung der stra- tegischen Positionierung sportlicher Angebote, die 1. Trainer/in im Nachwuchs- Weiterentwicklung von Sportorganisationen und die Reflexion, wie diese den internen und externen Rah- leistungssport menbedingungen angepasst werden können. 1.1 Sozial-kommunikative Kompetenz Für sämtliche Kompetenzen ist eine qualifizierte dau- erhafte Fort- und Weiterbildung durch die Verbände Trainer/innen müssen sowohl mit großer Eigenverant- sicher zu stellen. wortung als auch mit ebenso großer Verantwortung für die Trainingsgruppe handeln. Sie sind Vorbild für ihre Sportler/innen und übertragen ihre Begeisterung für 2. Aufgaben- und Stellenprofile die Sportart auf die Trainingsgruppe. Die Tätigkeit als Nachwuchstrainer/in erfordert die Kompetenz zur Kom- 2.1 Sichtungstrainer/in munikation, zur Interaktion und zur Konfliktlösung. Das individuelle, altersabhängig emotionale und soziale Die Funktion des/r Sichtungstrainers/in im deutschen Verhalten von jungen Sportlern/innen stellt dabei eine Sport soll entscheidend ausgebaut werden. Sportartüber- besondere Herausforderung dar. greifend soll die Aufgabe bei den Landessportbünden 14
D. Trainer/in als wichtigste/r Wegbegleiter/in angesiedelt sein. Sie sollen Grundsätze zur Förderung • Umsetzung des aktuellen Rahmentrainingskonzeptes sportartübergreifender Sichtungstrainers erarbeiten. Auf des Spitzenverbandes, der Basis eines Bewegungs-Checks im Grundschulalter werden Kinder je nach Eignungsgrad auf passende Ange- • Persönliche und sozial-kommunikative Kompetenz, bote im Sportverein orientiert. • Methodenkompetenz, Sportartspezifisch sollen die Spitzenverbände und ihre Untergliederungen verantwortlich ein Sichtungswesen • Organisationsgeschick, einführen, das mit systematischen Talenttests die Ent- wicklung von Kindern und Jugendlichen verfolgt und • Kenntnis der grundlegenden Konzepte und Förde- eine langfristig ausgerichtete Förderung ermöglicht. rungsrichtlinien des Nachwuchsleistungsports, An diesen Zuständigkeiten orientieren sich gleichfalls die • Erfahrung mit Informations- und Wissensmanage- Beschäftigungsverhältnisse der Sichtungstrainer/innen. ment durch sportartspezifische und -übergreifende Netzwerke und Nutzung von modernen Medien, Konkrete Anforderungen an Sichtungstrainer/innen sind: • Hauptberufliche Trainer/innen mit akademischem Abschluss (vorzugsweise Sportwissenschaft) und • Kenntnisse über die motorische und psycho-soziale sportartspezifischer Lizenz oder Trainer-Diplom der Entwicklung des Menschen, Trainerakademie, • Sportartübergreifendes Verständnis von Talentsich- • Ehrenamtliche/nebenberufliche Trainer/innen; mind. tung und Talententwicklung, B-Trainer-Lizenz „Leistungssport“ in einer Sportart. • Kenntnisse über die Strukturen des deutschen Spitzensports, 2.3. Nachwuchstrainer/in im Anschlusstraining • Kenntnisse über regionales bzw. sportartspezifisches Netzwerk von Verbänden, Vereinen, Schulen und de- Neben der Anstellung bei den Landesfachverbänden ren Mitarbeiter/innen, oder Vereinen können zur Verbesserung der Koordi- nation und der Qualität des Trainingsprozesses im • Übungsleiter-Lizenz „Kinder und Jugendliche“, Nachwuchsleistungssport Trainer/innen an den Olym- piastützpunkten angestellt werden, die insbesondere für • Mind. B-Trainer-Lizenz „Leistungssport“ in einer den Übergang vom Landes- zum Bundeskader (DC- und Sportart. C-Kaderbereich) verantwortlich sind. Diese Beschäfti- gung erfolgt auf der Basis des Leistungssportpersonal- konzeptes des jeweiligen Spitzenverbandes. Die Dienst- 2.2 Nachwuchstrainer/in im aufsicht für die OSP-Trainer/innen liegt beim OSP, die Aufbautraining Fachaufsicht wird auf den Spitzenverband übertragen. Die Aufgaben eines/r Nachwuchstrainers/in richten sich nach den für das Nachwuchstraining geltenden 3. Personal in den Verbänden Leitlinien und Orientierungen sowie nach dem Rah- mentrainingsplan in der jeweiligen Sportart. So werden entwickeln hauptberufliche Nachwuchstrainer/innen vornehmlich in Vereinen und Landesfachverbänden beschäftigt. 3.1 Trainer/innen finden Für diese Trainer/innen können vom Arbeitgeber weitergehende Qualifikationen gefordert werden. Die Um junge, neue Trainer/innen zu finden, ist es sinnvoll, Dienstaufsicht für die Nachwuchstrainer/innen liegt aktive Leistungssportler/innen frühzeitig anzuspre- beim jeweiligen Arbeitgeber, die Fachaufsicht wird auf chen und für eine Trainertätigkeit zu begeistern. In den jeweiligen Spitzenverband übertragen. gleicher Weise können Eliteschüler/innen des Sports und Abiturienten/innen mit dem Leistungsfach Sport Konkrete Anforderungen an eine/n Nachwuchstrai- angesprochen und für zukünftige Aufgaben dem Leis- ner/in lauten: tungssport erhalten bleiben. Beispielsweise können Verbände in Kooperation mit den Schulen den Schüler/ • Fachkompetenz; fundierte sportwissenschaftliche innen eine Trainer-C-„Leistungssport“-Ausbildung in Kenntnisse, ihrer Sportart anbieten. 15
D. Trainer/in als wichtigste/r Wegbegleiter/in 3.2 Trainer/innen qualifizieren 3.3 Trainer/innen langfristig binden und führen Die Qualifizierung der Trainer/innen im Nachwuchsleis- tungssport ist eine zentrale Aufgabe der Spitzenver- Die Anerkennung des Trainerberufes in der Gesellschaft bände. Sie führen die Aus- und Fortbildung nach den ist zu verbessern und Formen einer Anerkennungskultur gültigen Rahmenrichtlinien durch. In den Aus- und Fort- sind weiter zu entwickeln. Hierzu können Auszeich- bildungsprogrammen muss auf die spezifischen Anfor- nungen des/der Nachwuchstrainers/in des Jahres im derungen an Trainer/innen im Nachwuchsleistungssport jeweiligen Bundesland bzw. Spitzenverband sowie eingegangen werden. Der Einstieg in die Trainerausbil- Prämierung von langfristigen und perspektivischen dung erfolgt über die Ausbildung zum Trainer-C. Dabei Erfolgen zählen. wird die Ausbildung auf der ersten Lizenzstufe meistens den Landesfachverbänden übertragen. Dadurch können Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Nach- wohnortnahe Qualifizierungsmaßnahmen angeboten wuchstrainern/innen bestehen in zahlreichen Bundes- werden. Werden die Qualifizierungsmaßnahmen dezen- ländern bewährte Modelle zur Vergütung von Trainern/ tral durchgeführt, besteht für die Spitzenverbände die innen. Je mehr Bundesländer sich beispielsweise ein Aufgabe, die regionalen Untergliederungen bei der Um- Drei-Stufen-Modell zur Vergütung bestehend aus setzung der Ausbildungskonzeption zu unterstützen und Grundvergütung, Funktionszulage und gestaffelten die Qualität in den Aus- und Fortbildungen nachzuhal- Ergebniszulagen zu eigen machen, umso mehr Nach- ten. Der Spitzenverband hat – auch wenn die Ausbildung wuchstrainer/innen finden den Weg in ein attrakti- dezentral durchgeführt wird – die Verpflichtung, die ves, leistungsorientiertes und perspektivenreiches Qualität in der Ausbildung zu sichern. Den Landessport- Berufsfeld. bünden kommt dabei eine unterstützende Funktion zu. So können sie sportartübergreifende Teile der Ausbil- Aktuell existieren unterschiedliche Vertragsmodelle mit dung übernehmen, Referentenschulungen zu Methoden- ehrenamtlichen, nebenberuflichen und hauptberufli- und Sozialkompetenz durchführen und Materialien zu chen Beschäftigungen. Insbesondere im Nachwuchs- sportartübergreifenden Themen zur Verfügung stellen. leistungssport sind Vertragslaufzeiten zu bevorzugen, Die Zusammenarbeit der Akteure – Landesfachverband, die langfristig angelegt sind und somit kurzfristigen Landessportbund und Spitzenverband – ist ein Erfolgs- Zielsetzungen entgegenwirken. Im Idealfall wird ein/e faktor für die Trainerqualifizierung. Nachwuchstrainer/in nach einer beruflichen Bewäh- rungsphase langfristig beschäftigt, um im Sinne des Dies gilt ebenfalls für die Ausbildung auf der zweiten langfristigen Trainings- und Leistungsaufbaus das Lizenzstufe, die teilweise an die Landesfachverbän- Training gestalten zu können. de abgegeben wird, von manchen Spitzenverbänden jedoch zentral durchgeführt wird. Dies hängt stark Neben den Fragen der Vertragslaufzeit sind im Arbeits- mit der Struktur und Größe des jeweiligen Verbandes vertrag Zuständigkeiten, die Weisungsbefugnis und die zusammen. Es ist zu empfehlen, mindestens alle zwei Dienstaufsicht eindeutig zu definieren. Gleichzeitig sind Jahre eine zentrale Trainer-B-Ausbildung durch den Fort- und Weiterbildungsverpflichtungen in den Vertrag Spitzenverband durchzuführen, insbesondere wenn aufzunehmen. Ebenso ist der Vertrag um die Ehren- die Landesfachverbände nur unregelmäßig Ausbildun- und Verpflichtungserklärungen zu einem doping-, gen anbieten. Für hauptberufliche Trainer/innen im manipulations-, missbrauchs- und gewaltfreien Sport Nachwuchsleistungssport ist eine jährliche Fortbildung zu ergänzen. durch den Spitzenverband anzubieten. Ein Trainervertrag wird grundsätzlich durch eine Aufga- Die Trainer-A-Ausbildung soll vom Spitzenverband ben- und Tätigkeitsbeschreibung ergänzt. Der jeweilige zentral durchgeführt werden. Ein hoher, vergleichbarer Spitzenverband regelt die Zusammenarbeit und die Qualitätsstandard in der Trainer-A-Ausbildung soll un- Führung in regionalen Trainerteams. Dort werden ter anderem den Anschluss zur Diplom-Trainer-Ausbil- Festlegungen getroffen zu Verantwortlichkeiten in dung an der Trainerakademie des DOSB gewährleisten. der Betreuung der Sportler/innen, Erstellung der Trai- ningspläne, Dokumentation und Analyse des Trainings, Eine weitere Möglichkeit der Trainerqualifizierung Kontrolle und Diagnose des Ausbildungsstandes, Wett- bieten die Kooperationen in den Bundesländern mit kampfplanung, Trainingsempfehlungen, Organisation Hochschulen, die ein sportwissenschaftliches Profil ha- von Training, Schule, Ausbildung bzw. Beruf. ben bzw. Sportlehrer/innen und Sportwissenschaftler/ innen ausbilden. Eine tätigkeitsnahe Fortbildung und Weiterqualifizie- rung der Trainer/innen durch den Spitzen- bzw. Landes- fachverband kann u. a. über eine Erhöhung von Hospita- tionsanteilen und Praxisgesprächen erreicht werden. 16
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