Nahaufnahmen Naturvielfalt in der Gemeinde - Nachlese Nummer 4 - Bunt und artenreich

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Nahaufnahmen Naturvielfalt in der Gemeinde - Nachlese Nummer 4 - Bunt und artenreich
Nahaufnahmen
Naturvielfalt in der Gemeinde – Nachlese Nummer 4
Nahaufnahmen Naturvielfalt in der Gemeinde - Nachlese Nummer 4 - Bunt und artenreich
01
                                                                                                                                         Vorwort

                                                                                                                                                                                              03
                                                                                                                                                                                              Gesellschaft
          © A. Serra
                                                                                                                                                                                              05   Wer braucht schon Naturvielfalt?
                                                                                                                                                                                              07   Wieviel Natur brauchen Kinder?
                                                                                                                                                                                              09   Naturschutz kann jede und jeder!
                                                                                                                                                                                              11   Brücken bauen für eine artenreiche Landwirtschaft

                       Jede und jeder Einzelne
                       kann mithelfen                                                                                                    15
                       Naturvielfalt in der Gemeinde
                                                                                                                                         Artenvielfalt
                       Natur- und Lebensraumvielfalt ist eine Existenzgrund-    Das Programm „Naturvielfalt in der Gemeinde“ zeigt       17   Langjähriges Engagement lässt Moore aufleben
                       lage und geht uns alle an. Das Programm „Naturvielfalt   auch auf, dass jede und jeder Einzelne mithelfen kann,   19   Im Revier des Neuntöters
                       in der Gemeinde“ unterstützt Gemeinden darin, ihre       eine ökologisch wertvolle Landschaft in der direkten     21   Feldforschung vom Alten Rhein bis zum Staufen

                                                                                                                                                                                              25
                       Arten-, Lebensraum- und Landschaftsvielfalt auch für     Umgebung der Gemeinde zu bewahren oder zu schaf-         23   Renaissance „alter“ Naturwerte
                       künftige Generationen zu erhalten, Natur als Lebens-     fen. Denn das Programm lebt von den Menschen, die
                       und Erholungsraum zu schützen sowie zu entwickeln        sich in den Gemeinden für ihre Naturwerte einsetzen.
                       und folglich eine hohe Lebensqualität zu bewahren.       In Dialogen und Kooperationen mit Akteurinnen und
                                                                                Akteuren aus verschiedenen Bereichen der Gesell-                                                              Siedlungsraum
                       Der vierte Bericht Nahaufnahmen, eine Nachlese zu        schaft werden gute Beispiele entwickelt und gemein-
                       den Tätigkeiten 2014-2016 von Gemeinden und Land         sam umgesetzt. Beratungen, Bildungsangebote, Exkur-
                                                                                                                                                                                              27   Charakterstarke Ruhepole und Schattenspender
                       im Rahmen des Programms, liegt nun vor und zeigt         sionen, Vernetzungs- und Erfahrungsaustauschtreffen
                                                                                                                                                                                              29   Naturoasen auf dem Betriebsgebiet
                       einen bunten „Blumenstrauß“ an Umsetzungen und           unterstützen die Menschen in ihrem Engagement.
                                                                                                                                                                                              31   Baum in der Planung
                       Projekten in den Gemeinden und auch auf Landesebe-

                                                                                                                                                                                                                                                            Inhaltsangabe
                                                                                                                                                                                              33   Wenn Naturvielfalt die Klassenzimmer erobert
                       ne auf.                                                  Christiane Machold (Abteilung Umwelt- und Klima-
                                                                                                                                                                                              37   Von bauökologischen Weltwundern
Vorwort

                                                                                schutz) und Katrin Löning (Österreichisches Ökolo-
                                                                                                                                                                                                   und Dächern wie Kunstobjekten
                       Mich beeindruckt die Kraft und Ausdauer, mit der         gie-Institut) haben gemeinsam mit den selbständigen
                                                                                                                                                                                              39   Öffentliche Grünflächen: „natürlich bunt & artenreich“
                       sich viele Gemeinden engagieren. Unter der Rubrik        Beraterinnen und Beratern, den engagierten Menschen
                                                                                                                                                                                              41   Naturnahes Gärtnern als Ausdruck
                       Artenvielfalt können Sie viele konkrete Projekte der     in den Naturvielfalt-Gemeinden und vielen weite-
1                                                                                                                                                                                                  ökologischen Denkens und Handelns                         2
                       Arten- und Lebensraumvielfalt nachlesen: Beispiele       ren Partnerinnen und Partnern das Programm stetig
                                                                                                                                                                                              43   Friedhöfe als lebendige Inseln der Ruhe

                                                                                                                                         47
                       wie die Gemeinden Nenzing und Frastanz, die sich         weiterentwickelt. Dafür wurden die beiden 2015 mit
                                                                                                                                                                                              45   Es geht auch ohne Herbizide: Praxiskurse vermitteln
                       für schattenseitige Magerwiesen einsetzen oder die       einem Binding-Preis ausgezeichnet, „Naturvielfalt in
                                                                                                                                                                                                   neues Verständnis von „Unkraut“
                       Marktgemeinde Götzis, die nicht müde wird, ihre Moo-     der Gemeinde“ bekam damit auch eine internationale
                       re zu renaturieren.                                      Anerkennung.
                                                                                                                                         Programm
                       Erstaunlich ist auch die Vielfalt an Aktivitäten und
                       Ideen in den Gemeinden zur Schaffung von Biotopen
                                                                                                                                         47 Ausgezeichnet:
                       inmitten ihres Siedlungsraums: Vom Erhalt alt-ehr-
                                                                                                                                            „Naturvielfalt in der Gemeinde“
                       würdiger Bäume, dem ersten naturnah entwickelten
                                                                                                                                         50 Veranstaltungen im Überblick
                       Betriebsgebiet in Vorarlberg, dem Lebensraum Dach
                                                                                                                                         53 Literaturverzeichnis und
                       und auch von Friedhöfen als Naturoasen ist in diesen
                                                                                                                                         		 weiterführende Informationen
                       Nahaufnahmen zu lesen. Es gibt schon einige Umset-       Johannes Rauch
                       zungen, die sich sehen lassen können.                    Landesrat
Nahaufnahmen Naturvielfalt in der Gemeinde - Nachlese Nummer 4 - Bunt und artenreich
A                      GESELLSCHAFT

3                                               4

    Waldwichtel Hohenems © Andrea Mathis-Máté
Nahaufnahmen Naturvielfalt in der Gemeinde - Nachlese Nummer 4 - Bunt und artenreich
Angebote für                                             Chaos-m²                 Zwölf Teilnehmende der Veranstaltung
                                                                                                                                      Eltern-Kind                                          in Vorarlberger             „ZwischenZeit nehmen“ 2015 haben
                                                                                                                                                                                                                       eigene Projekte oder Themen zur Weiter-
                                                                                                                                   Naturerfahrungen                                            Gärten                  entwicklung eingebracht. Manche davon
                                                                                                                                                                                                                       konnten schon umgesetzt werden
                                                                                                                                  Im Naturpark Nagelfluhkette                                Bringen Sie Ihren
                                                                                                                                                                                                                       (dunkelgrün) bzw. sind in Planung. Stand
               Programm 2020 – Naturvielfalt in Gemeinde & Gesellschaft                                                            wurden Eltern in die Junior-                              Igel zum Fliegen
                                                                                                                                                                                                                       Oktober 2016.
                                                                                                                                Rangerausbildung miteinbezogen

               Wer braucht schon Naturvielfalt?                                                                                     www.nagelfluhkette.info/
                                                                                                                                         junior-ranger
                                                                                                                                                                                                                                       Mit der
               Wir merken es daran, dass in Wiesen und an Wegen nur noch selten bunte Blumensträuße gepflückt werden können.                                                                                                      Natur Beispiele für
                                                                                                                                                                       Lehrgang für
               Wir erkennen es daran, dass wir im eigenen Garten nur mehr wenige Schmetterlingsarten beobachten oder aber nur
               noch wenige Hochstammobstbäume und Flurgehölze rund um unsere Siedlungen entdecken können: Die Artenvielfalt                                       Multiplikatorinnen und                                     Belebungen (halb-)
               geht zurück!                                                                                                                                           Multiplikatoren                                        öffentlicher Flächen
                                                                                                                                                                  „Blühende Landschaft“
                                                                                                                                                                                                                                   zur Förderung
               Die Sicherung der Biodiversität zählt neben dem          Kraftquelle und Wohlbefinden                                                                 25 Teilnehmerinnen und                                      von Integration und
               Klima- und Ressourcenschutz weltweit zu den großen                                                                                                    Teilnehmer haben diesen                                       Nachbarschaft
               Herausforderungen. Doch ist das allen bewusst? Nur       Die Teilnehmenden orten insbesondere in der kon-                                              Kurs 2016 besucht, ein                                          schaffen.
               allzu häufig hören wir, dass der Naturschutz und die     sum- und wirtschaftsorientierten Haltung, in zu wenig                                           weiterer folgt 2017.
               Sicherung der Biodiversität schon gut und recht sind,    zielführenden Förderungen, im Konkurrenz- und                                               www.bodenseeakademie.at
               sich aber im Alltag andere Aufgaben stellen. Und so      Ressortdenken sowie in der menschlichen Bequem-
               schlimm sei die Situation in Vorarlberg auch nicht.      lichkeit die größten Hemmschuhe, um sich diesen
               Der Blick auf die „Roten Listen der gefährdeten Arten“   Herausforderungen zu stellen. Dabei steht die Natur
               verrät: Die Zahl der bedrohten Tier- und Pflanzenar-     den Teilnehmenden zufolge für Regeneration, Kraft-
               ten ist in den letzten Jahrzehnten auch in Vorarlberg    quelle und Wohlbefinden. Die Natur bietet Schönheit,                Die Gemeinde                                                                   Abenteuer Natur –
               deutlich gestiegen.                                      Einfachheit, Geduld und Entschleunigung – in einer                   als Landwirt                               Plattform                           ein Netzwerk von
                                                                        effizienten und aufgeräumten Welt selten gewor-                                                                Naturvielfalt
                                                                        dene Güter. Junge Menschen sind bereit, abgeholt                 Landwirtschaftserhaltung                                                           Naturvermittlern
               Naturvielfalt geht uns alle an                           zu werden. Viele Trends sprechen dafür wie „Urban                   durch Kommunen
                                                                                                                                                                                    leben in Feldkirch
                                                                                                                                                                                                                     Der Verein für Obst- und Gartenkultur
                                                                        Gardening“, Gemeinschaftsgärten und die spürbare
                                                                                                                                                                                        www.feldkirch.at            Vorarlberg hat 2016 mit zehn Gemeinden
               Wie aber kommen wir aus dem Kreis der üblichen           Sehnsucht, selbst wirksam zu werden.
                                                                                                                                                                                         /naturvielfalt                ein Kinderprogramm in der Natur
               Aktivistinnen und Aktivisten hinaus? Im Jahre 2014
                                                                                                                                                                                                                      gestartet, 2017 sind weitere geplant.
               starteten wir im Rahmen des Programms „Naturviel-        Wenn wir die Natur als Grundbedürfnis aller Menschen
               falt in der Gemeinde“ einen Prozess, diskutierten mit    verstehen und somit diese Lebensgrundlage erhalten
                                                                                                                                                                                                                                  www.ogv.at
               Raumplanenden, Architektinnen und Architekten, Wirt-     wollen, müssen – allen voran für Kinder – Möglichkei-
               schaftstreibenden und Gemeindeverwaltungen über          ten geschaffen werden, die Natur neu zu entdecken,
               Biodiversität und Herausforderungen im Alltag. Am 8.     Menschen mehr auf der emotionalen Ebene angespro-
               Oktober 2015, beim dritten „ZwischenZeit nehmen“,        chen und begeistert sowie die Kraft des gemeinsamen
               dem Dialogforum des Programms, gingen 60 geladene        Tuns genutzt werden – so der Tenor in der Gruppe.
               Gäste aus unterschiedlichen Disziplinen und Aufgaben-                                                                                                                                 Naturschutz &
               bereichen gemeinsam der Frage nach: „Wer braucht                                                                                                                                     Hochwasserschutz
               schon Naturvielfalt?“                                    Gemeinsame Projekte                                                                                                           im Einklang
                                                                                                                                                     Glyphosat-Verbot
               Ziel der Veranstaltung war es, Chancen und Herausfor-    Dialoge und Kooperationen über eigene Handlungs-
               derungen im Erhalt der Natur- und Lebensraumvielfalt     bereiche hinaus sind wesentliche Werkzeuge des
                                                                                                                                                   auf gemeindeeigenen
Gesellschaft

                                                                                                                                                                                                                                                                  Gesellschaft
               für die Gesellschaft, die Gemeinden und den persönli-    Gelingens. Gute Beispiele, die Emotionen wecken,                                 Flächen
               chen Alltag aus verschiedenen Perspektiven zu beleuch-   können Widerständen entgegenwirken. Diese Erkennt-
               ten und gemeinsame Lösungsansätze zu entwickeln.         nisse und die Ergebnisse der vielen Gespräche und des
                                                                        Workshops sind in Folge in das Programm 2020 „Na-
               Der zuständige Landesrat Johannes Rauch eröffnete        turvielfalt in Gemeinde & Gesellschaft“ eingeflossen,
 5             den gemeinsamen Workshop, indem er von seinen per-       sind aber auch Anknüpfungspunkte für viele weitere                                                                                                                                         6
               sönlichen Erfahrungen im Zuge der Natura-2000-Nach-      Dialoge und gemeinsame Projekte.
               nominierungen erzählte, den damit einhergehenden
               Gesprächen in den Regionen und Gemeinden, von
               Ängsten, Einsprüchen aber auch Möglichkeiten. Unsere     Christiane Machold und Katrin Löning                                                                   Biotop-Inwertsetzung
               Wertehaltung gegenüber der Natur- und Lebensraum-        Programmleitung und Koordination                                                                        in Partnerschaft mit
               vielfalt beeinflusst viele unterschiedliche Lebensbe-                                                                                                         Jugendlichen und Schulen
               reiche. Sich dessen bewusst zu werden und daraus
               gemeinsame Bedürfnisse und Handlungsoptionen                                                                            Plattform für                           Die Mittelschule Götzis hilft mit,
               abzuleiten, ist gleichzeitig Herausforderung als auch                                                                   Naturvielfalt                            Moorlebensräume zu erhalten.                Interessentengruppe
               Chance.                                                          www.vorarlberg.at/naturvielfalt                                                                    www.moordetektive.at
                                                                                                                                       Ein Think Tank mit                                                                      Biodiversität &
                                                                                                                                   interessierten Handelnden                                                                 Auskommen in der
                                                                                                                                       aus allen Bereichen                                                                     Landwirtschaft
                                                                                                                                        der Gesellschaft.
Nahaufnahmen Naturvielfalt in der Gemeinde - Nachlese Nummer 4 - Bunt und artenreich
„Es gibt also Hoffnung für ein glückliches                     Es braucht viel Mut
                                                                                                                                                              Verwildern unserer Kinder. Ein perfektes                       Kinder brauchen die Natur und setzen sich auch gerne
                                                                                                                                                              Biotop ist dafür nicht vonnöten. Ein Stück                     für sie ein. Aber wieviel Natur braucht ein Kind? Die
                                                                                                                                                                                                                             Naturvielfalt-Teams sind sich einig, dass es in jeder
                                                                                                                                                              Brachland um die Ecke reicht.“                                 Gemeinde möglich ist, Zugänge zur Natur zu erhalten
                                                                                                                                                                                                                             und neue zu schaffen. Erwachsene brauchen Mut,
                                                                                                                                                                                        Dr. phil. Andreas Weber, 2010        Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen zu lassen.
               Naturvermittlung von Kindern für Kinder in Hard © Heidi Krischke-Blum
                                                                                                                                                                                                Philosoph und Biologe

                                                                                                                                                              Botschafter für die Naturschätze
                                     Naturvielfalt trifft Jugend
                                                                                                                                                              Die Kinder formulieren ihr Grundbedürfnis aber auch

                                     Wieviel Natur brauchen Kinder?                                                                                           gerne selbst. Auf einem Kinderrechtsseminar in der
                                                                                                                                                              Marktgemeinde Hard im Winter 2015 identifizierten
                                                                                                                                                              die rund 70 Teilnehmenden den größten Handlungsbe-
                                                                                                                                                                                                                                INFO
                                     Erlebnisse mit und in der Natur sind wichtige Eckpfeiler in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Die Grund-     darf im Bereich Umwelt, Tier- und Naturschutz. Einige             Naturräume für Kinder
                                     voraussetzungen sind die Etablierung und Erhaltung von Naturräumen und etwas Mut, Kinder ihre eigenen Erfahrun-          Kinder gründeten daraufhin eine Aktivisten-Gruppe                                                                         tionen,
                                                                                                                                                                                                                                 Grenzräume wie Flussufer, Waldränder, Brückensitua
                                     gen machen zu lassen.                                                                                                    namens „Salamander“ und setzen sich seitdem für                                                                            o Bio-
                                                                                                                                                                                                                                 aber auch Hohl- und Fußwege sind nicht nur in punct
                                                                                                                                                              verschiedene Lebensräume in ihrer Gemeinde ein. „Die                                                                     sprech en
                                                                                                                                                                                                                                 diversität ein Hotspot der (Arten-) Vielfalt, sondern
                                                                                                                                                              Kinder haben ihr Ziele demokratisch abgestimmt und
                                                                                                                                                                                                                                 Kinder und Jugendliche gleichermaßen an.
                                     Wenn wir uns an die eigenen Kindheitserfahrungen            Natur für die kindliche Entwicklung                          sich in Folge besonders intensiv mit Bienenlebens-
                                                                                                                                                                                                                                                                                       wie
                                     mit der Natur zurückerinnern, wie wir auf Bäume                                                                          räumen auseinandergesetzt“, erklärt die Begleiterin                Inselräume sind ebenso spannend: Naturnahe Räume
                                     geklettert sind, Tiere gefangen, uns in Wald, Wiesen,       Einen besonderen Weg geht hier die Stadt Hohenems,           Heidi Krischke-Blum. Die jungen Schülerinnen und                                                 Naturg ärten  eignen sich
                                                                                                                                                                                                                                 Waldkuppen, Feldgehölze oder
                                                                                                                                                                                                                                                                                      en,
                                     Bächen und Tümpeln wie Zuhause gefühlt und die Zeit         die Naturerfahrung als ein wertvolles Kapital betrach-       Schüler besuchten den von der Naturvielfalt-Gruppe                 Kinder und Jugendliche gerne an. Diese sollten erhalt
                                     vergessen haben: Das waren regelrechte Abenteuer.           tet und allen Volksschulklassen mindestens einmal im         umgesetzten Naturerfahrungs- und Bienengarten                      eingeplant oder entwickelt werden.
                                     Ob der Aufenthalt in der Natur den Menschen sensi-          Jahr einen Walderlebnistag ermöglicht. Basis dafür           Hard, lernten diesen lieben und fingen an, die Texte der
                                                                                                                                                                                                                                                                                    Rodel-
                                     bler im Umgang mit derselben macht, sei dahinge-            ist ein von Stadträtin Patricia Tschallener erarbeite-       dort aufgestellten Tafeln kindgerecht zu übersetzen.               Brachen, temporäre Spielräume: Winterbrachen wie
                                                                                                                                                                                                                                                                                  lätze
                                     stellt. Fakt ist: Der Aufenthalt in der Natur ist gesund,   tes, integratives Waldpädagogikkonzept (Tschallener          Inzwischen sind die Salamander-Kinder begeisterte                  hügel, abgebrochene Gebäude, Ruinen oder Lagerp
                                                                                                                                                                                                                                                                                      t.
                                     baut Stress ab, fördert die körperliche Fitness und         2015). Dabei geht es nicht rein um die Vermittlung           Bienenbotschafter, die seit 2016 auch anderen Kindern              werden von Kindern, aber auch von Tieren gern erober
                                     schult die motorischen Fähigkeiten.                         von Sachwissen, sondern vor allem um die Förde-              ihre Naturschätze näherbringen.
                                                                                                 rung von Gesundheit, einer authentisch ökologischen
                                                                                                 Lebenseinstellung und Stärkung der Persönlichkeit.
                                     Wissen – Spüren – Staunen                                   Ein eigener Waldkindergarten rundet das Angebot der
                                                                                                 Stadt ab: „Jeder Regentag ist willkommen, denn erst
                                     Kindern und Jugendlichen einen Zugang zur Natur             dann können die Kinder spüren, wie sich die Erde bei
                                     zu belassen mit all ihren Reichtümern und Gefahren,         unterschiedlichen Witterungen verändert“, erzählt
                                     scheint eine Herausforderung in einer Zeit der gere-        Pädagogin Andrea Mathis-Máté. Die Stadt fördert
                                     gelten Freizeit und überbordender Sicherheitsvorgaben       dadurch die motorische, sensitive und psychische
                                     unserer Gesellschaft zu sein. Seit Jahren begleitet die     Entwicklung ihrer Kinder.
                                     Landschaftsplanerin Maria-Anna Schneider-Moos-
                                     brugger Gemeinden bei der Entwicklung ihrer Spiel-
Gesellschaft

                                     raumkonzepte und begibt sich dort auch in die Welt
                                     von Kindern und Jugendlichen: Welche Bedürfnisse
                                     und Interessen haben sie? Welchen Freiraum in der
                                     Natur eignen sie sich besonders gerne an? Im Rahmen
 7                                   eines Erfahrungsaustausches mit Teams aus den Na-                                                                                                                                                                                                             8
                                     turvielfalt-Gemeinden fasst sie wichtige Erkenntnisse
                                     daraus zusammen (siehe Infobox). „Oftmals sind es
                                     Rand- und Kleinstrukturen, kleine Wildnisräume und
                                     Aussichtsbereiche, die erobert und entdeckt werden
                                     wollen“, so die Expertin. Sie plädiert dafür, Wildnis-
                                     räume zu erhalten, die Inbesitznahme zuzulassen und
                                     Selbsterfahrungen junger Menschen zu kultivieren.

                PROJEKT
                AUS DER
               GEMEINDE

                                                                                                           Waldwichtel Hohenems © Andrea Mathis-Máté        Moordetektive aus Alberschwende führen die Workshop-Teilnehmenden © Katrin Löning
Nahaufnahmen Naturvielfalt in der Gemeinde - Nachlese Nummer 4 - Bunt und artenreich
Naturvielfalt leben in Feldkirch
                                                                                                                                                                           l t l e be n“ i n Feldkir ch
                                                                                                                                                               tur viel fa
                          Naturschutz kann jede und jeder!                                                                                       Ein Jahr „ Na
                                                                                                                                                                                                                             au f Nat ur-
                                                                                                                                                                                                  lt u ng en  m ache n Lust
                          Wie kann man Vögel im Garten fördern? Wie entstehen Nist- und Nahrungsplätze für Wildbienen? Wie funktioniert                                                 Veransta                        ssbere ich. Hi
                                                                                                                                                                                                                                       er :
                                                                                                                                                                                                        ge ne n Ein flu
                          ein Gemeinschaftsgarten? 120 Bürgerinnen und Bürger tauschten sich in Feldkirch auf dem „Marktplatz der Natur-                                                schu tz im ei                   inhard W  it t m it Tipps
                                                                                                                                                                                                        nfac hm an n Re
                          vielfalt“ mit Umweltvereinen und städtischen Partnern aus.                                                                                                     Nat urg ar te
                                                                                                                                                                                               en  ei ge ne n Gar te n.
                                                                                                                                                                                         für d

                          Der „Marktplatz der Naturvielfalt“ markierte den           der Stadt eine Internet-Plattform, auf der gute Ideen
                          Schlusspunkt des Feldkircher Schwerpunktjahres             und Praktiken aus dem Alltag vorgestellt werden und
                          „Naturvielfalt leben“ und fand im Alten Hallenbad in       zur Nachahmung animieren. Regelmäßig werden im
                                                                                                                                                                                                                  “
                                                                                                                                                                                                    tur vielfa lt
                          Feldkirch das richtige Ambiente vor. Rund zehn Veran-      Stadtmagazin „Feldkirch aktuell“ Geschichten von
                                                                                                                                                                             rk tp la  tz der Na
                                                                                                                                                          Au f dem „M
                                                                                                                                                                           a                              eltvereine
                          staltungen und zahlreiche Natura-2000-Spaziergänge         Menschen und ihrem Engagement für die Natur prä-
                                                                                                                                                                              P  r iv a tper sone n, Um w
                                                                                                                                                                         te n                                 ern
                          verdeutlichten im Laufe des Jahres, wie Natur- und         sentiert. Und: ein digitaler Newsletter der Stadt trägt              pr ä se nt ier                           en Besu ch
                                                                                                                                                                       S  ta d t  Fe ldkir ch d
                          Artenschutz im eigenen Einflussbereich gelingen kann.      zum Austausch von Informationen und zur aktiven                       und die
                                                                                                                                                                           den Allt ag.
                                                                                                                                                           Idee n für
                          Ob im Garten oder auf dem Balkon, gemeinsam im             Vernetzung bei.
                          Gemeinschafts- oder Schulgarten, im Rahmen von                                                                                                                                                                          satz
                                                                                                                                                                                                                                       ihre m Ein
                          Pflegeeinsätzen im Natura-2000-Gebiet Bangs-Mat-                                                                                                                                       vo n M ensche n und               in th
                                                                                                                                                                                                 Geschicht  en                           u terla r
                                                                                                                                                                                                                                                by
                          schels oder bei der Unterstützung der frühjährlichen
                                                                                     „Der Spaß am Engagement für die Natur                                                                                      tu  r. Hi er : Da s Kr ä
                                                                                                                                                                                                              a
                          Krötenrettung: Die Möglichkeiten sind schier unbe-                                                                                                                     für die N                  en.
                                                                                     vor der Haustür ist spürbar.“                                                                                      ldki r ch- Gising
                          grenzt.                                                                                                                                                                 in Fe

                                                                                                                   Mag. Claudia Hämmerle
                                                                                                        Leiterin Umweltamt, Stadt Feldkirch
                          Menschen für den Artenschutz
                          begeistern
                                                                                     Vorbild Stadt
                          Weltweit ist ein Rückgang der biologischen Vielfalt zu
                                                                                                                                                                                                            teres-
                          beobachten. Der Verlust von Tier- und Pflanzenarten        Auch das Rathaus macht mit: Stadtgärtner Manfred                                                         ik ze ig t in
                                                                                                                                                                      er  M  a nf red Brezn                    nge
                          wie auch der Gen- und Lebensraumvielfalt gefährdet         Breznik sammelt schon seit Jahren Erfahrungen zur                    Stadtg är tn                             rn eine ju
                                                                                                                                                                           r in ne n  und Bürge
                          nachhaltig die Lebens- und Gesundheitsgrundlage            Anlage und Pflege von naturnahen Blumenwiesen auf
                                                                                                                                                          sier ten Bü
                                                                                                                                                                      r ge                              Wildbie-
                          von Menschen. Aus diesem Grund haben die Vereinten         städtischem Grund und verbessert damit das Nah-                                        ne   Fu  tt er quelle für
                                                                                                                                                                      e, ei
                                                                                                                                                          Blühfläch                        n.
                          Nationen die Jahre 2011 bis 2020 zur UN-Dekade der         rungsangebot von Wildbienen und anderen Insekten.                              a nd ere Insekte
                                                                                                                                                           nen und
                          biologischen Vielfalt erklärt. Das Ziel: Die Weltöffent-   Auch im Hochbauamt wird vermehrt über Möglich-                                                                                                              selbst
                                                                                                                                                                                                                                      haffen mit
                          lichkeit soll zum Handeln angestoßen werden und sich       keiten des Artenschutzes am Bau nachgedacht. „Wir                                                                           nd J u ge ndliche sc                cke
                                                                                                                                                                                                        Kinder u                           llungsstü
                          aktiv für den Erhalt der Artenvielfalt einsetzen. Das      werden dem Thema Dachbegrünung in Zukunft mehr                                                                                N a tu r fa rben Ausste
                                                                                                                                                                                                        gemachten
Gesellschaft

                          Naturvielfalt-Team in Feldkirch hat diesen Ansatz auf-     Aufmerksamkeit schenken“, so der Leiter der Hochbau-                                                                          arkt.
                          gegriffen und sich zum Ziel gesetzt, möglichst viele       abteilung, DI (FH) Jürgen Hafner. Der Einsatz für die                                                               für den M
                          Bürgerinnen und Bürger genauso wie städtische Mit-         biologische Vielfalt lässt die Stadt auch 2017 nicht los:
                          arbeitende für das Thema zu gewinnen. Vorbildliches        Zahlreiche Veranstaltungen, Exkursionen und Dialoge
                          Engagement und wegweisende Ideen sollen gestärkt,          bieten die Möglichkeit, Ideen auszutauschen, Unter-
 9                        vernetzt und unterstützt werden.                           stützung zu holen oder sich zu vernetzen. Das Netz an                                                                                                                                10

                                                                                                                                                                                                                                                           ld kirc h
                                                                                     begeisterten und engagierten Menschen wächst.

                                                                                                                                                                                                                                                             © Stadt Fe
                          Geschichten aus dem Alltag
                                                                                                                                                                                                                  e in-
                                                                                                                                                                                                        paziergäng
                                                                                                                                                                                    N  a tur a -2000- S                tz-
                          Das Naturvielfalt-Team in Feldkirch geht davon aus,                                                                                          Zahlreiche                          Europa hu
                                                                                                                                                                                                                  sc
                                                                                                                                                                                         lm ä ßig über das
                                                                                                                                                                                   re ge
                                                                                                                                                                       formieren
                          dass die Bereitschaft der Bevölkerung, sich für die
                                                                                                                                                                                                  s.
                          biologische Vielfalt einzusetzen, größer als angenom-                                                                                                B ang s-Matschel
                                                                                                                                                                        gebiet
                          men ist. Was benötigt wird? Gute Ideen für den Alltag
                          und die Möglichkeit mitzumachen. Seit 2016 gibt es in               www.feldkirch.at/naturvielfalt

                PROJEKT
                AUS DER
               GEMEINDE
Nahaufnahmen Naturvielfalt in der Gemeinde - Nachlese Nummer 4 - Bunt und artenreich
PROJEKT
                AUS DER
               GEMEINDE

                          Mit Naturvielfalt wirtschaften                                                                                                                                            Gesellschaft
                          Brücken bauen für eine
                          artenreiche Landwirtschaft                                                                                                                                             Geschlechterrollen
                          Die Landwirtschaft hat im historischen Kontext einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Artenvielfalt geleistet.                                                        Gesundheit
                          Durch eine industriell geprägte Lebensmittelproduktion ist diese Leistung vielerorts verloren gegangen. Gemeinden                                                          Tradition
                          sollten daher eine natur- und ressourcenschonende Landwirtschaft als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachten.                                                            Kultur
                                                                                                                                                                                                     Soziales
                          Die Artenvielfalt und die Diversität unserer Land-          Lebensraumerhaltung auch bei Produktionsfragen
                          schaft verdanken wir zu einem großen Teil der               nicht aus dem Blickfeld geraten. Sie sind überzeugt,
                          Landwirtschaft. Denn historisch haben sich durch            dass Landwirtschaft als Versorgungswirtschaft lang-
                          die menschliche Nutzung von Land und Forst klein-           fristig nur funktioniert, wenn die Landnutzung im                                          Anbau und                              Anerkennung von
                          räumig verschiedenste Lebensräume entwickelt, die           Einklang mit der Natur und den Ressourcen betrieben                                       Vermarktung                             traditioneller und
                          von Natur aus so nicht entstanden wären. Das beste          wird. Als Grundlage dazu dient die Definition der                                         traditioneller                            diversifizierter
                          Beispiel sind Wiesen in Tal- und Hanglagen unterhalb        Multifunktionalität der Landwirtschaft im Weltagrar-                                      Lebensmittel                              Landnutzung
                          der Waldgrenze, die auf einem Quadratmeter Fläche           bericht von 2008. Im Globalen Report heißt es dazu:
                          eine besonders hohe Artenvielfalt aufweisen. Im             „Landwirtschaft ist multifunktional und geht weit
                          Zwischenraum, wo die Wiese in den Wald übergeht,            über die Lebensmittelproduktion hinaus. Wichtige                                                                Lebensmittel
                          liegt der Waldrand. In der historischen Nutzung war         weitere Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung sind                                                               Produktion
                          das ein sanfter Übergang mit Sträuchern und Saum-           Non-Food-Produkte, Umweltdienstleistungen und
                          gesellschaften, besiedelt von Arten der Wiese und des       Umweltschutz, die Förderung von Existenzgrundlagen,
                          Waldes und eben jenen Arten, die genau dazwischen           wirtschaftliche Entwicklung, Schaffung von Arbeits-
                          vorkommen – bei Fettwiesen ein Hotspot der Arten-           plätzen, Lebensmittelsicherheit und -qualität, soziale                                                                                                  Böden
                          vielfalt. Dazu kam eine kleinteilige Ackernutzung, wo       Stabilität, Erhalt von Kultur, Tradition und Identität.“                        Einkommen                     Bewertung von                             Wasser
                          immer es naturräumlich möglich war.                         (Zukunftsstiftung Landwirtschaft 2013).                                        Vermarktung                        Umwelt-                               Klima
                                                                                                                                                                        Handel                      Dienstleistungen                       Biodiversität
                                                                                      Zudem bedeutet fortschreitende Industrialisierung in
                          Einseitiges Wirtschaftsverständnis                          der Landwirtschaft einen Verlust an Arbeitsplätzen,
                                                                                      einen Schwund regionaler wirtschaftlicher Kreisläufe
                          Solche Bereiche gibt es noch immer, aber durch die          und einen Rückgang an Direktvermarktung. Das wirkt
                          moderne Landwirtschaft sind sie rar geworden. Der           sich auf das gesamte ökonomische und soziale Leben
                          derzeitige Rückgang an Artenvielfalt und Lebens-            einer Region aus. Mit dem Rückgang der handwerk-
                          räumen geht weltweit zu einem großen Teil auf das           lichen Verarbeitungsbetriebe und der bäuerlichen
                          Konto der Landnutzung zur Lebensmittelproduktion.           Direktvermarktung schwindet der „soziale Kitt“ des
                          Dieser Form der Landwirtschaft liegt ein industrielles      Dorfes/der Region (Baier et al. 2005).
                                                                                                                                                               Wirtschaft                                                                     Umwelt
                          Vorbild und ein Wirtschaftsverständnis zugrunde,
Gesellschaft

                                                                                                                                                                                                                                                                  Gesellschaft
                          welches einseitig auf Warenproduktion ausgerichtet
                          ist. Da weichen die echten Wiesen dem vielschnittigen       Landwirtschaft zum Wohle aller
                          Grünland, das intensiv genutzte Grasland reicht bis
                          an die Stämme des Waldes heran, Ackerflächen sind           Deshalb ist es umso wichtiger, neben dem gesetz-
                                                                                                                                                 Abbildung: Diese Grafik zeigt das Ineinandergreifen der verschiedenen Bereiche einer
                          zu Monokulturen geworden. Lagen, die nicht inten-           lich festgelegten Natur- und Artenschutz und der
11                        siviert werden können, wachsen mit Gehölzen zu.             finanziellen Abgeltung für Umweltleistungen die            multifunktionalen Landwirtschaft (Zukunftsstiftung Landwirtschaft 2013).                                         12
                          Die Ernteprodukte fallen zu „mager“ aus und können          landwirtschaftliche Produktion, samt Verarbeitung
                          wirtschaftlich nicht in Wert gesetzt werden. Kurz:          und Vermarktung, im Auge zu behalten. Dies kann
                          Die Naturvielfalt ist nicht mehr selbstverständlich ein     nur gelingen, wenn Landwirtschaft als gesamtgesell-
                          Teil bzw. ein Nebenprodukt der Landwirtschaft, wie es       schaftliche Aufgabe betrachtet wird, die dem Wohle
                          traditionell der Fall war.                                  aller dient. Einige Gemeinden orientieren sich bereits
                                                                                      an dieser Idee und entwickeln zusammen mit den Na-
                                                                                      turvielfalt-Teams Konzepte, wie Gemeinden Landwirt-
                          Im Einklang mit Natur und Ressourcen                        schaft in Hinblick auf Naturvielfalt unterstützen und
                                                                                      fördern können. Beim Erfahrungsaustausch im Herbst         Gastautorin: DI Simone König, Bodensee Akademie und Naturvielfalt-Beraterin. Sie ist bei der Bodensee Akademie
                          Den Naturvielfalt-Beraterinnen und -Beratern ist            2016 in Nenzing gab es hierzu verschiedene Arbeits-        im Themenfeld zukunftsfähige Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung in Vorarlberg sowie für das Netzwerk
                          es ein Anliegen, mitzuhelfen, dass Artenvielfalt und        gruppen (siehe Seite 13 und 14).                           blühendes Vorarlberg tätig. www.blühendes-vorarlberg.at
Nahaufnahmen Naturvielfalt in der Gemeinde - Nachlese Nummer 4 - Bunt und artenreich
PROJEKT           Die hier aufgeführten Projekte und Ideen waren Gegenstand der Diskussion beim
      AUS DER
     GEMEINDE           Erfahrungsaustauschtreffen der Naturvielfalt-Teams im November 2016.

                                                                                                                                                                      Sinnvolle Wertschöpfung mit Magerheu
                                                                                                                                                   Die Erhaltung der artenreichen Trespen- und Streuwiesen ist in der heutigen Massenproduktion
                                                                                                                                                   nicht wirtschaftlich. Zu sehr wird auf hohe Milchleistung und damit auf eiweißreiches Futter der
                                                                                                                                                   Fokus gelegt. Da können die extensiven Bergwiesen mit den Intensivwiesen in den Tallagen nicht
                                                                                                                                                   mithalten. Dabei kann dieses Magerheu etwas anderes, bietet viele wertvolle Inhalts- und Wirk-
                                                                                                                                                   stoffe. Diese müssen in Wert gesetzt werden. Direkte und indirekte Produkte aus diesem wertvollen
                                              Fallobst zu eigener Saftmarke verarbeitet                                                            Heu müssen als solches vermarktet werden. Die Montafoner Steinschafe von extensiven, kräuter-
                                                                                                                                                   reichen Bergwiesen beispielsweise bieten eine exklusive Fleisch- und Woll-Qualität, die auch eine
                         „Luschnouar Saft“ ist eine Initiative, die einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der ortsbildprä-
                                                                                                                                                   Marktnische findet. Gemeinden, Bevölkerung und Landwirte könnten zusammenarbeiten, eventuell
                         genden Hochstammbäume leistet. Diese sind als „grüne Lunge“ im Ort und auf den angrenzenden
                                                                                                                                                   eine Genossenschaft gründen und somit gemeinsam in Magerheuprodukte investieren, sich für das
                         Feldern Teil der Lebensqualität. Mit der Idee, eine eigene Saftmarke zu entwickeln und damit die
                                                                                                                                                   Marketing, den Absatz und die Direktvermarktung engagieren.
                         sinnvolle Verwertung des ohnedies anfallenden Obstes zu fördern, erfährt auch das kostbare
                         Landschaftselement Streuobstwiese mehr Wertschätzung. Ergänzend dazu setzt das Gemeinde-
                         projekt „Verwertung von Fallobst“ auf die Unterstützung der Dornbirner Jugendwerkstätte bei der
                         Obstlese. Produziert wird der naturreine Saft in der örtlichen Mosterei Krammel, verwendet wer-
                         den ausschließlich ungespritzte Hochstamm-Äpfel und Birnen. Gefördert wird die Initiative von
                         der Gemeinde, indem sie für das Obst einen Aufpreis von 0,04 Euro pro Kilogramm ergänzend zum
                         Marktpreis bezahlt. Innerhalb von zehn Jahren wurden 88.223 Kilogramm Obst zu rund 61.000
                         Litern Obstsaft verarbeitet.

                                   http://www.lustenau.at/de/umwelt/

                                                                                                                                                                                                          Ein Leitbild für die Landwirtschaft

                                                                                                                                                                                  Wie können landwirtschaftliche und ökologische Flächen für die Zukunft gesichert werden? Wie
                                                                                                                                                                                  gelingt eine multifunktionale Nutzung im Einklang mit der landwirtschaftlichen Produktion? Und
                                                                                                                                                                                  welcher Zusammenhang besteht zwischen den Ernährungsgewohnheiten und der regionalen Land-
                                                                                                                                                                                  wirtschaft? Fragen wie diese hat die Marktgemeinde Rankweil im Rahmen eines Leitbildprozesses für
                                                                                                                                                                                  die Landwirtschaft beantwortet. In Zusammenarbeit mit Landwirtinnen und Landwirten, Interessierten,
                                                                                                                                                                                  der Politik und dem Naturvielfalt-Team wurde auf Exkursionen und in Workshops ein gemeinsamer
                                                                                                                                                                                  Weg skizziert – und nun tatkräftig an dessen Umsetzung gearbeitet. Mit Erfolg: Eine steigende
                                                                                                                                                                                  Anzahl an Hofbesuchen, Kochkurse für die Bevölkerung, gut besuchte Veranstaltungen zu Themen
                                                                                                                                                                                  wie Fruchtfolge für die Landwirtinnen und Landwirte oder Homöopathie in der Viehzucht, Aufnahme
                                                                                                                                                                                  der Flächensicherung im neuen Räumlichen Entwicklungskonzept oder Auszeichnungen wie der
13                                                      Pachtverträge an ökologische Maßnahmen gekoppelt                                                                          Vorarlberger Tierschutzpreis 2015 sind gelungene Beispiele einer erfolgreichen Umsetzung.             14
                                                                                                                                                                                           Mehr dazu unter www.rankweil.at/umwelt
                                             Unversiegelter, funktionsfähiger Boden ist ein besonders wertvolles und rares Gut. Boden stellt die
                                             Lebensgrundlage für Pflanzen, Tiere und uns Menschen dar und ermöglicht, neben vielen weiteren
                                             Funktionen, lebensnotwendige landwirtschaftliche Produktion. Grundeigentümerinnen und Grundei-
                                             gentümer sowie Bewirtschaftende tragen eine entsprechende Verantwortung, den Boden in seiner
                                             Funktionsfähigkeit zu erhalten. Wie kann eine Gemeinde ihrer Rolle als Grundeigentümerin gerecht
                                             werden? Dieser Frage widmen sich Gemeinden im Rahmen ihrer Naturvielfalt-Aktivitäten. Im Zuge
                                             dessen wurden Empfehlungen für ökologische Maßnahmen bei der Vergabe von kommunalen Pacht-
                                             flächen entwickelt, die nun in der Umsetzbarkeit erprobt werden.

                                             Mehr dazu bei christiane.machold@vorarlberg.at

     Kulturlandschaft und Hägis in Bludesch © Jutta Soraperra
Nahaufnahmen Naturvielfalt in der Gemeinde - Nachlese Nummer 4 - Bunt und artenreich
B                           ARTENVIELFALT

15                                                   16

     Spitzenfleck (Libellula fulva) © Georg Friebe
Nahaufnahmen Naturvielfalt in der Gemeinde - Nachlese Nummer 4 - Bunt und artenreich
PROJEKT
                 AUS DER
                GEMEINDE

                                    Entwicklungskonzepte Götzner Moore

                                    Langjähriges Engagement
                                    lässt Moore aufleben
                                    Die Marktgemeinde Götzis erarbeitete zusammen mit dem Naturschutzbund Vorarlberg Entwicklungskonzepte für
                                    Biotope, um die Naturschönheiten der Kommune für nachfolgende Generationen zu erhalten.

                                    Die Sibirische Schwertlilie und Kiel-Lauch, zarte Schönheiten der Streuwiesen.
                                    Der Rundblättrige Sonnentau, eine faszinierende Moorpflanze mit Appetit auf Insekten.
                                    Die rostrote Kopfbinse, eine besondere Binsenart mit borstigen Blättern.
                                    Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling, ein Schmetterling mit außergewöhnlichem
                                    Lebenszyklus: Seine Raupen ernähren sich zuerst ausschließlich vom Großen Wiesenknopf,
                                                                                                                                                            Moordetektivinnen im Götzner Moos © Felix Kranzl
                                    dann leben sie in Ameisennestern von deren Larven.

                                    All diese Besonderheiten und viele weitere Tier- und      bleibt – sind darauf doch einige seltene Tier- und Pflan-     Weiter mit viel Tatendrang                                  Gastautorin: Mag. Bianca Burtscher ist Geschäftsführe-
                                    Pflanzenarten kommen in den Götzner Biotopen vor.         zenarten angewiesen. Feucht braucht es auch die Schnei-                                                                   rin des Vorarlberger Naturschutzbundes und begleitet die
                                    Manche von ihnen sind so selten, dass sie sogar europa-   de, die in Vorarlberg nur noch im Mösle und im Euro-          Und 2017? Entwicklungskonzepte für den Sonderberg           Moorschutzprojekte in der Gemeinde.
                                    weiten Schutz genießen. Für die Marktgemeinde             paschutzgebiet Bangs-Matschels (Feldkirch) vorkommt.          und den Gasserweiher stehen genauso auf dem Pro-            www.naturschutzbund.at/vorarlberg
                                    Götzis ein Schatz, für dessen Erhalt sie sich gemeinsam   Auch in den Mationswiesen wurden Maßnahmen                    gramm wie die weitere Umsetzung von Maßnahmen in
                                    mit ihren Partnerinnen und Partnern einsetzt.             gesetzt, erstmals seit vielen Jahren wurden im Herbst         den vier bereits aufgearbeiteten Biotopen. Im Mösle wird
                                                                                              2015 einige ehemalige Streuwiesen wieder gemäht.              die Späte Goldrute, ein invasiver Neophyt, durch gezielte     INFO
                                                                                                                                                            Pflegemaßnahmen zurückgedrängt. Die Umsetzung des
                                    Gemeinsames Ziel vor Augen                                Im Götzner Moos konnte durch die erste Hochmoorre-            Entwicklungskonzeptes Schubbas wird vorbereitet.              Durch die Renaturierung von 1,3 Hektar
                                                                                              naturierung Vorarlbergs nicht nur der Lebensraum für                                                                        Hochmoor in Götzis wurden 12,35 Tonnen
                                    Seit 2010 wird an der Erhaltung und Aufwertung der        seltene Moorarten – darunter der Rundblättrige Son-           Den Schülerinnen und Schülern der Mittelschule Götzis         CO2-Äquivalente pro Jahr eingespart.
                                    Biotope und der örtlichen Schutzgebiete gearbeitet.       nentau, das Scheidige Wollgras, die Moosbeere und die         sollen indes, im Rahmen des Projekts Moordetektive,           Diese Menge an Treibhausgas würde ohne
                                                                                                                                                                                                                          Renaturierung durch Torfmineralisierung
                                    Resultat: Entwicklungskonzepte für vier wertvolle         Rosmarinheide – erhalten werden. Wie sich das Götzner         die Götzner Biotope und ihre Lebewelt näher gebracht
                                                                                                                                                                                                                          aus dem entwässerten Hochmoor in die
                                    Lebensräume (Mösle, Götzner Moos, Schubbas und Ma-        Moos nach der Hochmoorrenaturierung entwickelt, ist           werden. Seit Beginn der Zusammenarbeit wird auch die          Atmosphäre entweichen.
                                    tionswiesen). In Zusammenarbeit mit Grundbesitzenden,     derzeit Gegenstand von Untersuchungen. Erfreuliches           Bevölkerung durch Vorträge, Exkursionen und Gemein-
                                    Bewirtschaftenden, dem Pflegetrupp des Naturschutz-       Zwischenergebnis: Trotz der außergewöhnlich trockenen         deblatt-Artikel über die Fauna und Flora der Biotope und      Zum Vergleich: Diese CO2-Menge ent-
                                    bundes und weiteren Freiwilligen, werden diese nun        und heißen Sommer der vergangenen Jahre, lag der Was-         die Maßnahmen informiert.                                     spricht dem Ausstoß eines herkömmlichen
                                    schrittweise umgesetzt. Beispiele?                        serstand in einem Schwankungsbereich, der für intakte                                                                       Pkw, der eineinhalb Mal die Erde umkreist.
Artenvielfalt

                                                                                                                                                                                                                                                                                   Artenvielfalt
                                                                                              Hochmoore typisch ist.
                                    Das Mösle wurde durch Entbuschungen für die lichtlie-
                                    bende Streuwiesenvegetation aufgewertet. Entscheidend
                                    ist auch, dass der hohe Grundwasserspiegel erhalten

17                                                                                                                                                                                                                                                                                 18

                  Iriswiese im Mösle © UMG Umweltbüro Grabher                                                                                             Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling © Bianca Burtscher                        Wildbiene © Bianca Burtscher
Neuntöter Männchen © Shotshop im Bizauer Moos © Marlies Sperandio

                                       Naturvielfalt in Bizau

                                       Im Revier des Neuntöters
                                       In der Bregenzerwälder Gemeinde Bizau erfolgte im sensiblen Naturraum „Unteres Moos“ in den Jahren 2012 bis             irgendeinen landwirtschaftlichen Grund, sondern um          Über den Neuntöter
                                       2016 eine Güterzusammenlegung. Im Rahmen von Untersuchungen wurde eine unerwartete Entdeckung gemacht:                  eine Besonderheit handelt. Jetzt gilt es, sich mit den
                                       So ist in Bizau eines der größten und bedeutendsten Vorkommen des Neuntöters in Vorarlberg beheimatet – ein             Bewirtschaftern auszutauschen und gemeinsam die             Seinen etwas abschreckenden Namen verdankt der
                                       Beweis für eine abwechslungsreiche und artenreiche Kulturlandschaft.                                                    Erhaltung des Lebensraums zu sichern.                       Neuntöter der Tatsache, dass er seine Beutetiere gerne
                                                                                                                                                                                                                           auf Pflanzendornen aufspießt, bevor er sie frisst. Dass
                                       Wie es um den aktuellen Stand des Projekts bestellt ist? Wir haben bei Bürgermeister Josef Bischofberger nachgefragt.                                                               es genau neun an der Zahl sein sollen, ist jedoch ein
                                                                                                                                                               Wo sehen Sie bisherige Erfolge und wel-                     Ammenmärchen. Um seinen Nistplatz- und Nahrungs-
                                                                                                                                                                                                                           ansprüchen gerecht zu werden, braucht es halboffene,
                                       Herr Bischofberger, welchen persön-                          Ich denke, das Bewusstsein für diese Einzigartigkeit       che Schritte sind als nächstes geplant                      abwechslungsreiche Kulturlandschaften mit einem
                                                                                                    ist in der Bevölkerung größtenteils angekommen. Hilf-
                                       lichen Bezug haben Sie zum Projekt                           reich dafür waren zum einen der Fotowettbewerb, den                           Als großen Erfolg würde ich die starke
                                                                                                                                                                                                                           ausreichenden Angebot an Hecken und Sträuchern.
                                                                                                                                                                                                                           Obwohl er mit einem Gesamtbestand von insgesamt
                                       „Unteres Moos“                                               wir im Jahr 2012 bzw. 2013 ausgeschrieben haben –                             Bewusstseinsbildung in der Gemeinde
                                                                                                                                                                                                                           90-180 Brutpaaren hierzulande zwar noch vorhanden
                                                                                                    und zum anderen die Biotop-Exkursionen. Diese wur-                            sehen. Im Rahmen der Begleitung
                                                                                                                                                                                                                           ist, sind die Bestände fast überall deutlich zurückge-
                                                        Als ich 2010 als Quereinsteiger das         den sowohl von Einheimischen als auch von Gästen                              wurden viele Zusammenhänge
                                                                                                                                                                                                                           gangen. Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken,
                                                        Bürgermeisteramt angetreten habe,           gut besucht. Zudem hat die Gemeindevertretung klar                            des großflächigen Moorkomplexes
                                                                                                                                                                                                                           braucht es artenreiche Blumenwiesen, eine räumlich
                                                        wurde mir von meinem Vorgänger die          zum Ausdruck gebracht, dass die Güterzusammenle-           aufgezeigt. Es stellte sich heraus, dass durch die
                                                                                                                                                                                                                           und zeitlich gestaffelte Mahd in der Umgebung von
                                                        herausfordernde Aufgabe der Güter-          gung und Entbuschung nur unter der Voraussetzung           bisherige extensive Bewirtschaftung seltene Pflanzen
                                                                                                                                                                                                                           Brutplätzen und kiesige Feldwege oder andere vegeta-
                                                        zusammenlegung, also die Zusam-             stattfinden soll, dass keine zusätzliche Entwässerung      und Tierarten erhalten werden konnten. Um ihren Le-
                                                                                                                                                                                                                           tionsarme Stellen für die Nahrungssuche.
                                                        menfassung der kleinteiligen Parzel-        und Intensivierung der Nutzungen stattfindet.              bensraum auch zukünftig zu sichern, werden von den
Artenvielfalt

                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Artenvielfalt
                                       lenstruktur zu größeren Einheiten im „Unteren Moos“,         Dabei habe ich das Düngeverbot als sehr hilfreiches        Fachleuten gewisse Maßnahmen wie die Entbuschung,
                                       überlassen. Schon damals habe ich das „Untere Moos“          Mittel empfunden, um einer möglichen Intensivierung        die späte Mahd sowie die regelmäßige aber möglichst                 Amann, G. et al. (2014):
                                       als wertvollen Naturbereich wahrgenommen, jedoch             entgegenzuwirken.                                          extensive Nutzung der Fläche als notwendig erachtet.                Ein echter Spießer. Abteilung Umwelt-
                                       nicht mit der gleichen Aufmerksamkeit, die ihm später                                                                   Jetzt, wo das Zusammenlegungsverfahren offiziell                    und Klimaschutz, Amt der Vorarlberger
                                       zuteilwurde. Als mir parallel dazu das Angebot der                                                                      abgeschlossen ist, wäre auch eine gute Gelegenheit,                 Landesregierung (Hrsg.), Bregenz.
19                                     Umwelt- und Klimaschutzabteilung des Landes für die          Welche Schwierigkeiten sind im                             nochmal zusammenzufassen, welcher Stellenwert der                                                                                 20
                                       Naturvielfaltberatung auf den Schreibtisch flatterte,                                                                   Fläche zuteilwird und welche Rahmenbedingungen
                                       war das der Auslöser, ein Naturvielfalt-Team für diesen
                                                                                                    Laufe des Projektes aufgetreten                            eingehalten werden müssen, damit dieser beibehalten
                                       sensiblen Bereich zu gründen und die Zusammenle-                                                                        werden kann. Für das Frühjahr ist die Aufstellung einer
                                                                                                                       Eine Herausforderung ist sicherlich
                                       gung mit den zuständigen Behörden umzusetzen.                                                                           Informationstafel geplant, die einerseits aufzeigt, was
                                                                                                                       die Sensibilisierung der Bewirt-
                                                                                                                                                               hier passiert ist und andererseits auf die naturräumli-
                                                                                                                       schafter bzw. Eigentümer für die
                                                                                                                                                               chen Besonderheiten hinweist. Das wäre auch für uns
                                                                                                                       Wertigkeit ihrer Flächen. Aus ihrer
                                       Wie schätzen Sie die Bedeutung dieses                                           Sicht steht die rasche Erledigung
                                                                                                                                                               ein Anlass, das Thema wieder stärker unter die Leute
                                                                                                                                                               zu bringen (Bischofberger 2016).
                                       Naturjuwels für die Gemeinde ein                                                der Pflegemaßnahmen zu einem
                                                                                                    günstigen Zeitpunkt mit möglichst wenig Aufwand
                                                          Durch den Bau von Wegen wurde             verständlicherweise im Vordergrund. Hier wäre mein
                                                          das Gebiet für die Bevölkerung            Ziel, dass die Flächen von den Bewirtschaftern nicht
                                                          erlebbar gemacht. Dank der guten          nur in Hinblick auf Mähzeitpunkt und Ertrag gesehen
                                                          Lage hat es sich inzwischen zu einem      werden, sondern auch auf das, was den Flächen in                                                                                                                            PROJEKT
                                                          regelmäßig genutzten, attraktiven         Bezug auf Flora und Fauna wohltut. Den Eigentümern                                                                                                                          AUS DER
                                                          Naherholungsraum entwickelt.              ist mehrheitlich bewusst, dass es sich hier nicht um                                                                                                                       GEMEINDE

                Bizauer Bürgermeister Josef Bischofberger © Land Vorarlberg, A. Serra
PROJEKT
                 AUS DER
                GEMEINDE

                           GEO-Tag der Artenvielfalt in Hohenems

                           Feldforschung vom
                           Alten Rhein bis zum Staufen
                           Welche Naturschätze befinden sich vor der eigenen Haustüre? Der „GEO-Tag der Artenvielfalt“ zeigt versteckte
                           Naturschönheiten und sorgt, wie in Hohenems 2015, gar für Sensationsfunde.                                          Kleine Königslibelle © Paul Amann                                                                       Große Artenvielfalt auf kleinem Raum © Bernhard Schneller

                                                                                                                                                                                                         Geo-Tag der Artenvielfalt
                                                                                                                                                                                                    zum 2. Mal in der Stadt Hohenems (2000, 2015)
                           Hunderte Orte in ganz Europa beteiligen sich Jahr          zugt stehende oder strömungsberuhigte Uferzonen
                           für Jahr am „GEO-Tag der Artenvielfalt“, der größten       und Kleingewässer an Altarmen von Flüssen, See-                                                                                 11 km²
                           Feldforschungsaktion in Mitteleuropa. Darunter auch        ausflüssen, Sumpfgebieten und Moorbächen. Das                                                                              Untersuchungsgebiet
                           die Nibelungenstadt Hohenems, die die Aktion 2015          Vorkommen der Süßwassermoostierchen ist zugleich
                           zusammen mit zahlreichen Expertinnen und Experten          Indiz für eine intakte Süßwasserstruktur. Trotz dieses                                                        Vom Alten Rhein bei 410 m Seehöhe bis
                           sowie interessierten Laien zelebriert hat. Ziel war es,    Sensationsfundes – für Taucher Ladstätter hat der                                                               zum Staufen bei 1456 m Seehöhe
                           innerhalb von 24 Stunden entlang eines Transektes          GEO-Tag der Artenvielfalt eine übergeordnete Be-
                           möglichst viele Arten zu bestimmen. Ein Vorhaben, das      deutung: „Der tiefere Sinn ist es, den Bewohnerinnen                                                                          Gefunden:
                           in Hohenems bereits im Jahre 2000 durchgeführt wur-        und Bewohnern einer Region bewusst zu machen, von                                                                     1480 Arten (852 Pflanzen inkl.
                           de und daher spannende Entwicklungsvergleiche zuließ.      welchen Naturschätzen sie umgeben sind. Nur was                                                                      Pilze und Flechten, 628 Tierarten)
                                                                                      man kennt, das schützt man auch“, fasst der Taucher
                                                                                      zusammen (Ladstätter 2016).                                                                                                         55
                           Zahlreiche Partnerinnen und Partner                                                                                                                                Expertinnen und Experten aus verschiedenen Spezialgebieten

                           unterstützen Aktion                                                                                                                                                                            23
                                                                                                                                                                                                        Kooperationspartnerinnen und -partner
                                                                                                                                               Tauchgang Alter Rhein © Markus Grabher                    und 300 Besucherinnen und Besucher                      Moostierechen Alter Rhein © Reinold Amann
                           55 Expertinnen und Experten unterschiedlichster
                           Spezialgebiete nahmen sich mit Hilfe interessierter
                           Laien das Gebiet zwischen Altem Rhein und Schut-
                           tannen vor und bestimmten die dort aufgefundenen
                           Tier- und Pflanzenarten. Die Aktion wurde von über
                           zwanzig Kooperationspartnerinnen und -partnern
                           fachlich unterstützt und flankiert von Infostationen           INFO
                           mit allerlei Wissenswertem. Hintergrund für die Stadt
                           ist es, die vielfältigen Landschafts- und Naturräume           GEO-Tag der Artenvielfalt
                           mit unterschiedlichen ökologischen Nischen zu erhal-           Der „GEO-Tag der Artenvielfalt“ wird seit 1999
                           ten und als Potenzial für die Entwicklung zu nutzen.           jährlich vom Natur- und Wissensmagazin GEO
                                                                                          veranstaltet. Neben namhaften Expertinnen
                                                                                          und Experten sind auch interessierte Laien zum
                           Neue Moostierchenart nachgewiesen
Artenvielfalt

                                                                                          Aktionstag eingeladen, innerhalb von 24 Stun-
                           Die beiden Taucher Günter Ladstätter und Reinold                den in einem begrenzten Gebiet möglichst viele
                           Amann verbrachten den „GEO-Tag der Artenvielfalt“               verschiedene Pflanzen und Tiere zu entdecken.
                           am Alten Rhein größtenteils unter Wasser, bestimm-              Ziel ist eine Bestandsaufnahme der unmittelba-
                                                                                           ren Umwelt. Alle Informationen unter www.geo.
                                                                                                                                               Frauenschuh © Christian Kuehs                                                                                           Blauflügel-Prachtlibelle © Georg Friebe
21                         ten Fische, Muscheln und versorgten den Wasser-                                                                                                                                                                                                                               22
                           pflanzen-Experten Dietmar Jäger mit Proben aus der              de/artenvielfalt
                           Unterwasserwelt. Mit Erfolg. So konnte Ladstätter im
                           Rahmen der Abschlusspräsentation mit einer regel-
                           rechten Sensation aufwarten. Die beiden Taucher
                           hatten eine bislang in Hohenems nicht nachgewiesene
                           Moostierchen-Art entdeckt.

                           Süßwassermoostierchen sind Bewohner von zumeist
                           stehenden Gewässern und überziehen Steine oder
                           Pflanzen. In Europa sind etwa 20 Arten heimisch. Sie
                           sind ausgesprochen klein und nur als Kolonie gut als                https://www.hohenems.at/de/info/natur-
                           flächige Struktur zu erkennen. Sie bewohnen bevor-                  erleben/tag-der-artenvielfalt/

                                                                                                                                               Eichblatt-Radnetzspinne © Bernhard Schneller                                                                                      Weiße Seerose © Anna Waibel
PROJEKT
      AUS DER
     GEMEINDE

                            Bergheimat Nenzing

                            Renaissance „alter“ Naturwerte
                            Bereits seit Generationen bewirtschaftet die Familie Peßl einen Teil der Magerheuberge am Beschlingerberg in Nen-
                            zing. Seltene Pflanzenarten wie Knabenkräuter, Schwarzwurzel oder Wiesensilge sind dort beheimatet, genauso wie
                            eine Vielzahl von Brutvogelarten. Der Baumpieper beispielsweise ist eine Leitart für intakte Kulturlandschaften.        Austausch zwischen Landwirtschaft und Naturschutz © Katrin Löning                Entbuschungsaktion der Nachbarschaftshilfe © Marktgemeinde Nenzing

                            Sein Schwiegervater hat die Wiesen noch mit der Sense      zehn Minuten ist der Beschlingerberg vom Ortszentrum         Umsetzung als Vorbild                                                            Über den Baumpieper
                            gemäht. Heute ist Markus Peßl mit dem Motormäher           Nenzing erreichbar und gehört daher zu den wichtigen
                            unterwegs. Im Juli werden die Magerheuwiesen gemäht,       Naherholungsräumen der Region.                               Heute ist die Erhaltung der offenen Landschaftsräume                             Der Baumpieper ernährt sich vorwiegend von den
                            im September die Riedflächen – kalkreiche Niedermoo-                                                                    in den Hangzonen von Nenzing ein politisches Ziel,                               hier zahlreich vorkommenden kleinen Bodeninsekten,
                            re, die mosaikartig im Gelände eingesprengt sind. Nach     Sukzessive Umsetzung                                         festgehalten im aktuellen Räumlichen Entwicklungs-                               Würmern und Schnecken sowie von anderen wirbellosen
                            der Mahd wird die Streue in die Ebene zum Trocknen                                                                      konzept (REK 2015). Der Grund: Die Räume werden als                              Tieren. Von Baumspitzen aus startet das Männchen den
                            gebracht. Die ganze Familie hilft mit, auch Freunde sind   Das Projekt Bergheimat wurde im Jahre 2002 von der           „wichtiger Bestandteil der Wohn- und Lebensqualität“ in                          markanten Singflug, bei dem er fallschirmartig seine
                            dabei. 14 Hektar Mager- und Streuwiesen bewirtschaftet     Gemeinde Nenzing initiiert. Der Bestand aller Naturwerte     Nenzing wahrgenommen. Das Entwicklungskonzept und                                Flügel ausbreitet und trillernd abwärts gleitet.
                            die Familie, davon 5,5 Hektar Streue. Letztere haben 35    in Nenzing wurde erhoben und analysiert und Anregungen       die partizipative Umsetzung am Beschlingerberg und
                            Rundballen für das eigene Vieh zum Ergebnis – darunter     zur Erhaltung und Entwicklung der Naturräume gemacht.        in anderen Gebieten des Projektgebietes „Bergheimat“
                            15 Zuchtstiere, 10 Milchkühe und ein paar Kälber. „Die     Der Biologe Georg Amann und sein Planer-Kollege Georg        gelten als Vorbild.
                            Flächen haben ihren eigenen Charakter, aber wenn man       Rauch schufen für den inzwischen verstorbenen Umwel-
                            sie nicht bewirtschaftet, würde uns der Wald ins Wohn-     tausschussobmann Markus Ammann und dessen Team               „Es wäre schade, wenn alles wieder zuwachsen würde
                            zimmer wachsen“, weiß der Landwirt.                        eine parzellenscharfe Maßnahmen-Grundlage, die in den        und die jahrelange Arbeit umsonst gewesen wäre“, ist der
                                                                                       darauffolgenden Jahren sukzessive umgesetzt wurde.           Landwirt überzeugt. Daher haben der neue Umwelt-
                            Landschaft geht verloren                                   Viele Gespräche mit Landwirtinnen und Landwirten und         ausschuss und das Naturvielfalt-Team rund um Elfriede
                                                                                       Grundbesitzenden folgten. Vereine, Schulen und auch          Ribbers das stagnierende Projekt wiederaufgenommen.
                            Ein Blick auf den Luftbildvergleich macht das Ausmaß       Unternehmen beteiligten sich an der Entholzung vorge-        „Wir wollen das Projekt Bergheimat weiterführen und so
                            deutlich. Nur noch ein Bruchteil der parkähnlichen         gebener Bereiche. Mit Unterstützung der „Allianz in den      die schönen, artenreichen Gebiete Nenzings auch für die
                            Landschaft aus den 1950er-Jahren ist heute noch            Alpen“ konnten Fördergelder aus Stiftungen, Land, Bund       Zukunft erhalten“, so die Obfrau des Umweltausschusses.
                            vorhanden. Birken, Fichten und Tannen haben das Gebiet     und EU lukriert werden. „Das Projekt animierte unter-
                            erobert und gefährden den Landschaftsraum und damit        schiedliche Landwirtinnen und Landwirte die Bewirt-
                            den Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere, die      schaftung wiederaufzunehmen. Und das Bewusstsein in
                            auf diese offene Landschaft angewiesen sind. In nur        der Bevölkerung wurde geschärft“, so Peßl (2016).

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     Luftbildvergleich Beschlingerberg 1950 und 2015 © Land Vorarlberg                                                                            Der Baumpieper © Marek Szczepanek in seinem Lebensraum Beschlingerberg © Georg Rauch
C                         SIEDLUNGSRAUM

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     Steinskulptur von Ruedi Mösch, am Kirchplatz vor der Pfarrkirche Altach © Conrad Amber
Baum im urbanen Raum

                Charakterstarke Ruhepole
                und Schattenspender
                Bäume im dicht besiedelten und urbanen Raum sind weit mehr als eine gestalterische Fleißaufgabe: Die grünen
                Riesen verleihen Charakter und sorgen maßgeblich für Erholung und Wohlbefinden.

                Die Vorgaben der Stadt Bregenz an das Planungsteam        Salzungen im Winter oder aber Schädlinge und Krank-
                des Kornmarktplatzes waren klar: Die Menschen sollen      heiten. Wenig überraschend also, dass die dynamische
                sich am städtischen Marktplatz wohlfühlen, darauf         Siedlungsentwicklung einer hohen Lebenserwartung
                verweilen können, ein Ort der Begegnung soll ge-          der Bäume im Wege steht.
                schaffen und urbanes Flair versprüht werden. Und dies
                ist durchaus gelungen, nicht nur, aber auch wegen der                                                             Kornmarktplatz Bregenz © Land Vorarlberg, Schulmediencenter, I. Mähr, J. Paterno
                Bäume. Die neuen Grüninseln verleihen Struktur und
                sind Ruhepole, Schattenspender und Rückzugsorte.
                                                                          „Bäume sind unverzichtbare gestalteri-
                Zu gleich setzen sie die Gebäude am Kornmarktplatz        sche Elemente und werten den öffentli-                    Bevölkerung reaktiviert. Ein unschätzbarer Wert für
                in Szene: Kleine Bauminseln, verteilt über den ganzen
                Platz, beherbergen je eine Baumart mit eigenem
                                                                          chen Raum maßgeblich auf.“                                die Kultur und Natur der Stadt Feldkirch.                                        INFO
                Charakter, unterschiedlichen Blütezeiten und Blattver-
                                                                                                                                                                                                                     Die Dialogreihe „Baum im urbanen Raum“
                färbungen. Nimmt die Zeit ihren Lauf, nehmen auch                                  Mag. arch. Marina Hämmerle       „Wenn dicht gebaut werden muss, ist
                Jungbäume inmitten von Marktständen, Kaffeehäu-                                                     Architektin                                                                                      bot die Umwelt- und Klimaschutzab-
                sern, Theatern und Museen den Platz in Anspruch.
                                                                                                                                    es besonders wichtig, mit bestehenden                                            teilung im Rahmen „Naturvielfalt in der
                                                                                                                                    landschaftlichen Elementen behutsam                                              Gemeinde“ gemeinsam mit der Raum-
                Welche Bedeutung hat der Baum im städtischen und          Bäume mit atmosphärischer Wirkung                         umzugehen.“                                                                      planungsabteilung des Landes Vorarlberg,
                dicht besiedelten Raum? Welchen Stellenwert geben                                                                                                                                                    dem Vorarlberger Architektur Institut,
                wir dem Lebewesen und Lebensraum Baum? Mit der            Und trotzdem: Das Bewusstsein für Bäume kehrt                                                                                              dem vorarlberg museum, der Markt-
                Veranstaltungsreihe „Baum im urbanen Raum“ eröff-         zurück. Auf der „Virglar Hoschtat“, einer typischen                             Univ. Prof. Dipl.-Ing. Lilli Licka, 2014                    gemeinde Lustenau, den Städten Bregenz
                nete die Umwelt- und Klimaschutzabteilung des Landes      Obstbaumwiese inmitten von Lustenau, wurde das                                                Landschaftsarchitektin
                                                                                                                                                                                                                      und Feldkirch und dem Österreichischen
                Vorarlberg gemeinsam mit unterschiedlichen Partnerin-     „Feldhotel“ aufgestellt, ein temporär eingerichteter
                                                                                                                                                                                                                     Ökologie-Institut an.
                nen und Partnern einen Dialog mit Architektinnen und      Planungsraum, in welchem interessierte Bürgerinnen
                Architekten, Landschaftsplanenden, Ökologinnen und        und Bürger unter anderem über den Wert von Bäumen
                Ökologen sowie Bürgerinnen und Bürgern.                   debattierten. Fazit der Tour: „Die Obstbaumwiese,
                                                                          Einzelbäume wie auch Baumgruppen im Zentrum
                                                                          sind charaktergebend und werten Straßenzüge und
                Wert alter Bäume unterschätzt?                            Wohnsiedlungen wesentlich auf. Baumreihen wie in
Siedlungsraum

                                                                          der Rathausstraße beim Bauamt oder entlang der
                Bäume im Siedlungsraum vermitteln Geborgenheit,           Kaiser-Franz-Josef-Straße spenden Schatten, bin-
                Schutz sowie Beständigkeit und verleihen jede Menge       den Schadstoffe und sind vor allem atmosphärisch
                Charakter. So sind Dorflinden in vielen Gemeinden         wirksam. Bäume sind unverzichtbare gestalterische
                auch heute noch Mittelpunkt gesellschaftlicher            Elemente und werten den öffentlichen Raum maß-
                Zusammenkünfte. Baumalleen an Straßen wiederum            geblich auf“, so Marina Hämmerle, Architektin und
27              helfen mit, unseren Alltag zu entschleunigen. Stadt-      Projektleiterin des Masterplans in Lustenau.                                                                                                                                                                        28
                bäume ihrerseits filtern Feinstaub und Lärm, bieten
                Schatten und Kühlung, sind Refugien für zahlreiche
                Tier- und Pflanzenarten und Erinnerungsort für uns        Feldkirch reaktiviert historischen Park
                Menschen. Kurzum: Bäume sind aus unseren Siedlun-
                gen nicht wegzudenken. Oder etwa doch?                    Dabei sind Bäume als Gestaltungselemente längst
                Die Sicherung altehrwürdiger Baumriesen oder aber         nicht neu: Im 19. Jahrhundert wurde damit in Villen-
                auch die Pflege junger Bäume im Siedungsraum sind         gegenden und Parkanlagen geradezu Kunst betrieben.
                eine Herausforderung. Den Wurzelraum müssen sich          Mit Bäumen aus aller Welt wurden Räume und Alleen
                Bäume zusehends öfter mit unterirdischen Rohren und       geschaffen, Aussichtsplattformen und Sitzrondelle
                Leitungen teilen, Bodenverdichtungen ermöglichen          kreiert. Sie sorgten für Erholung und Prestige. Die
                nur eine geringe Sauerstoff- und Wasserversorgung         Stadt Feldkirch hat einen solchen historischen Park,
                und Versiegelungen vermindern den Gasaustausch.           den Margarethenkapf, ganz im Bewusstsein über die
                Hinzu kommen der Trockenstress im Sommer, die             Wirkung der Bäume und ihrer Dramaturgie für die

                                                                                                                                  Pavillon am Margarethenkapf Feldkirch © Fotoarchiv Feldkirch                                  Landschaftarchitektonische Führung mit Lilli Licka © R. Steinparzer
Betriebsgebiet Römergrund © Darko Todorovic, Reiner Kühnis, Reinhard Witt, Birgit Werle

                           Blühfläche statt Grauzone

                           Naturoasen auf dem Betriebsgebiet
                           Naturnahe Firmenareale können grüne Inseln im Siedlungsraum sein, Rückzugsräume für eine Vielzahl an Tieren und
                           Pflanzen und attraktiver Freiraum für Mitarbeitende, Kundschaft und Nachbarschaft. Ein Beispiel aus der Marktge-
                           meinde Rankweil.

                           Römergrund, Herbst 2015: Bürgermeister Martin Sum-        Freiflächen und ein nachhaltiges Energiekonzept sind     Österreichisches Ökologie-Institut (2014):
                           mer steht inmitten einer Gruppe von interessierten        gefordert. Rechtlich gesichert wurde dies durch die      Blühfläche statt Grauzone. Planungs- und Ge-    INFO
                           Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmern und macht         Vertragsraumplanung, die die Liegenschaftseigentü-       staltungsgrundsätze für naturnahe Gewerbe-
                           auf die zehn Meter breite Pufferzone zwischen Wohn-       merinnen und -eigentümer an bestimmte Nutzungen          flächen. Broschüre der Abteilung Umwelt- und
                                                                                                                                                                                              Betriebsgebiet Römergrund
                           gebiet und Betriebsgelände Römergrund aufmerksam.         und Ausführungen bindet.                                 Klimaschutz, Amt der Vorarlberger Landesre-
                           Der Wall ist mit regionaltypischen Gebüschen und                                                                   gierung, Bregenz.                               Ort: Rankweil, zwischen der A14 und der L190
                           Wildpflanzen aufgewertet, ein alter Wurzelstock direkt                                                                                                             Größe: 20 Hektar
                                                                                                                                                                                              Betriebsflächen: 34 zwischen 1.000 und 16.000 m
                                                                                                                                                                                                                                                  2
                           an einem kleinen Tümpel rundet das Lebensraumange-        Unternehmen werden beraten                               Witt, R.; Hilgenstock, F. (2013): Grüngestal-
                                                                                                                                                                                                                                                      mit
                                                                                                                                                                                              Im ersten Bauabschnitt werden rund 8.400 m Fläche
                                                                                                                                                                                                                                             2
                           bot für Vögel, Wildbienen und Amphibien ab.                                                                        tungselemente Firmenflächen. Natur & Wirt-
                                                                                                                                                                                                                                                         g
Siedlungsraum

                                                                                                                                                                                                                                                                               Siedlungsraum
                                                                                     Die Betriebe werden ihrerseits aktiv unterstützt. Ein    schaft. Marktgemeinde Rankweil Betriebsge-      heimischen Wildpflanzen begrün    t, was in diesem Umfan
                           Insgesamt wurden von der Gemeinde mehr als zehn           eigens ausgearbeitetes Handbuch für Unternehmerin-       biet A 14.                                                                                  und  Größe  könne n
                                                                                                                                                                                              europaweit einzigartig ist. Je nach Fläche
                           Prozent des neuen, 100.000 Quadratmeter großen            nen und Unternehmer gibt einen Überblick über mög-                                                        mehrere Gestaltungselemente in die Planung des     Außen  -
                           Industriegebietes naturnah gestaltet, Straßenbe-          liche naturnahe Maßnahmen auf dem Firmengelände.                                                                                                              Unter-
                                                                                                                                                                                               geländes aufgenommen werden. Ebenso wird den
                           gleitgrün mit heimischen Bäumen und artenreichen          Zusätzlich übernimmt die Naturvielfaltgemeinde die                                                                                 ehmer  n  ein Maßna  hmenk  atalog
                                                                                                                                                                                               nehmerinnen und Untern
                           Wiesen bestückt, bestehende Randböschungen mit            Kosten eines Beratungsgesprächs. Die Umsetzung                                                                                                      eine Verzah nung
29                                                                                                                                                                                             zur Begrünung vorgelegt. Dadur   ch  wird                                       30
                           heimischen Blühpflanzen angereichert und eine Hecke       muss dann innerhalb von fünf Jahren erfolgen. Doch                                                                                                                   bs-
                                                                                                                                                                                                                                           und den  Betrie
                           sowie Saumgesellschaften auf dem Wall angelegt.           im Mittelpunkt steht, die Unternehmerinnen und                                                            zwischen naturnahem öffentlichem Grün
                           Doch damit nicht genug: Auch die Betriebe, die sich       Unternehmer von der Idee zu begeistern – ähnlich wie                                                      flächen angestrebt.
                           hier niederlassen, technisches und produzierendes Ge-     es der Bürgermeister bei den Seminarteilnehmenden
                           werbe und Handwerk, Industrie- genauso wie Dienst-        bewirkt hat, indem er auf einen Schwarm bunter Dis-
                           leistungsbetriebe, müssen sich dem Konzept der nach-      telfinken in den Wilden Karden aufmerksam machte.
                           haltigen Gestaltung anschließen. Natürlich begrünte

                 PROJEKT
                 AUS DER
                GEMEINDE
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