Nano- und materialtechnologische Lösungen für Oberflächen - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung ...

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Nano- und materialtechnologische Lösungen für Oberflächen - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung ...
Hessisches Ministerium für Wirtschaft,
Energie, Verkehr und Landesentwicklung

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Nano- und materialtechnologische
Lösungen für Oberflächen
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 ano- und materialtechnologische
N
Lösungen für Oberflächen

 Band 27 der Schriftenreihe
 der Technologielinie Hessen-Nanotech
Nano- und materialtechnologische Lösungen für Oberflächen - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung ...
Impressum

     Nano- und materialtechnologische Lösungen für Oberflächen

     Band 27 der Schriftenreihe der Technologielinie Hessen-Nanotech
     des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung

     Erstellt von
     VDI Technologiezentrum GmbH
     Autoren: Dr. Wolfgang Luther, Dr. Heinz Eickenbusch, Dr. Gerd Bachmann
     Innovationsbegleitung und Innovationsberatung
     VDI-Platz 1
     40468 Düsseldorf

     Redaktion
     Sebastian Hummel (Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr
     und Landesentwicklung)
     Dr. David Eckensberger (Hessen Trade & Invest GmbH, Hessen-Nanotech)

     Herausgeber
     Hessen Trade & Invest GmbH
     Konradinerallee 9
     65189 Wiesbaden
     Telefon 0611 95017-8326
     Telefax 0611 95017-8620
     www.htai.de

     Der Herausgeber übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, die Genauigkeit und die
     Vollständigkeit der Angaben sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter. Die in der
     Veröffentlichung geäußerten Ansichten und Meinungen müssen nicht mit der Meinung
     des Herausgebers übereinstimmen.

     © Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
     Kaiser-Friedrich-Ring 75
     65185 Wiesbaden
     www.wirtschaft.hessen.de

     Vervielfältigung und Nachdruck – auch auszugsweise – nur nach vorheriger
     schriftlicher Genehmigung.

     Titelbild: Rittal
     Lektorat: Gabriele Kopf
     Gestaltung: Piva & Piva, Darmstadt
     Druck: A&M Service GmbH, Elz

     www.hessen-nanotech.de

     Dezember 2015

		   NANO- UND MATERIALTECHNOLOGISCHE LÖSUNGEN FÜR OBERFLÄCHEN
Nano- und materialtechnologische Lösungen für Oberflächen - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung ...
Inhalt

          Vorwort		                                                                                    1

     1.   Einführung                                                                                  2

     2.   Technologien und Verfahren zur Modifikation von Oberflächen                                 4

          2.1   Physikalische Gasphasenabscheidung                                                     6
          2.2   Chemische Gasphasenabscheidung                                                         9
          2.3   Spritz-, Spray- und Tauchverfahren                                                    11
          2.4   Elektro- und thermochemische Verfahren                                                14

     3.   Oberflächenfunktionalisierungen                                                             15
          3.1   Optische Beschichtungen                                                               15
          3.2   Mechanische Schutz- und Hartstoffschichten                                            18
          3.3   Elektrisch leitfähige und dielektrische Schichten                                     20
          3.4   Chemisch funktionalisierte Beschichtungen                                             21
          3.5   Biologisch aktive Beschichtungen                                                      26

     4.   Industrielle Anwendungsfelder                                                               27

          4.1   Fahrzeugtechnik                                                                       28
          4.2   Energie- und Umwelttechnik                                                            30
          4.3   Maschinen- und Werkzeugbau                                                            32
          4.4   Optik und Elektronik                                                                  34
          4.5   Medizintechnik                                                                        36

     5.   Praxisbeispiele aus Hessen                                                                  38

          5.1   PVA Industrial Vacuum Systems: Verschleißschutz für Stahloberflächen                  38
          5.2   Dr.-Ing. Meywald: Innovative Verfahren für edle Metalloberflächen                     40
          5.3   EPG Engineered nanoProducts Germany: Dekorative Schutzbeschichtungen auf Edelstahl    42
          5.4   REWITEC: Mehr Performance für Motoren, Getriebe und Lager                             44
          5.5   MarkWehner-Protect: Schutzbeschichtungen für Baustoffe                                46
          5.6   Ruhl & Co: Neue Beschichtungslösungen für höchste Anforderungen im Korrosionsschutz   48
          5.7   Rittal: Nanobeschichtungen für konstant hohe Kühlleistungen                           50

     6.   Kompetenzen und Adressen hessischer Unternehmen                                             52

     7.   Literatur | Links                                                                           55

                                       NANO- UND MATERIALTECHNOLOGISCHE LÖSUNGEN FÜR OBERFLÄCHEN
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Vorwort
		 0. Headline

      Wer kennt das nicht: Schon wieder Fingerabdrücke auf        Einen Überblick über die Verfahren und Technologien
      dem Smartphone-Display, und die Kratzer im Glas stören      in diesem gleichermaßen etablierten wie innovativen
      sowieso schon lange? Ein alltägliches, fast schon banales   Arbeitsgebiet sowie Anwendungsbeispiele und Kon-
      Beispiel für ein ergiebiges Forschungsfeld. Oberflächen     taktadressen finden Sie in der vorliegenden Broschüre.
      sind als Schnittstellen zwischen Produkten und ihrer        Es wird deutlich, dass nano- und materialtechnologische
      Umgebung vielfältigsten Kräften und Einwirkungen            Innovationen zahlreiche Produkte verbessern können.
      ausgesetzt – ob es sich nun um das Handy in der Ho-         Wir hoffen, dass die folgenden Seiten Ihnen Impulse für
      sentasche, die Frontscheibe eines Pkw oder den Motor        Ihre Entwicklungen und Produkte geben.
      einer Windkraftanlage hoch über der Nordsee handelt.

      Hessische Unternehmen haben dafür zahlreiche Inno-
      vationen entwickelt, die den Energieverbrauch senken
      und die Lebensdauer der Produkte erhöhen. So stellt die
      Firma Rewitec aus Lahnau nanotechnologische Additive        Tarek Al-Wazir
      für Motoren und Getriebe her, unter anderem für Offsho-     Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie,
      re-Windkraftanlagen. Sie verringern Reibung, Abnutzung      Verkehr und Landesentwicklung
      und Verschleiß und verlängern so die Laufzeiten der
      Anlagen. Die Energieausbeute wächst, die aufwendigen
      und kostenintensiven Wartungsarbeiten auf offener See
      reduzieren sich. Auch Auto- und Flugzeugteile benöti-
      gen widerstandsfähige Oberflächen: Hier bieten unter
      anderem die Wettberger Firma PVA Industrial Systems
      und das Wetzlarer Unternehmen Ruhl & Co Lösungen an.

                                                                                                                 VORWORT    1
Nano- und materialtechnologische Lösungen für Oberflächen - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung ...
1. Einführung

      Nano- und materialtechnische Lösungen für Oberflächen        Randschichten-Härten, Nitrieren oder Verchromen nicht
      können auf vielfältige Weise zur Verbesserung und zum        nur dazu, das Reibungs- und Verschleißverhalten des
      Werterhalt von Produkten im industriellen und privaten       beschichteten Grundwerkstoffes zu verbessern, sondern
      Anwenderbereich beitragen. Die gezielte Werkstoffaus-        ein weiterer wichtiger positiver Effekt ist eine deutlich
      wahl und eine darauf abgestimmte Funktionalisierung von      verbesserte Oxidationsbeständigkeit. Die Oberfläche kann
      Produktoberflächen durch Beschichtungstechnologien           nachträglich mit Hilfe der Beschichtungstechnologie auf
      spielen hier eine entscheidende Rolle. Beschichtungen        ein bestimmtes Anforderungsprofil hin optimiert werden.
      schützen vor Verschmutzungen, Korrosion und Verschleiß,      Ziel der verschiedenen Oberflächenbehandlungsverfahren
      verhindern unerwünschtes Anhaften, erhöhen die Abrieb-       ist es, definierte Produktfunktionalitäten zu erzielen, wie
      und Kratzfestigkeit oder verbessern sonstige Funktionen      beispielsweise:
      wie die Gleiteigenschaften. Dabei können Oberflä-
      chenmodifikationen für Produkte eine Notwendigkeit           •	Mechanischen Schutz vor Verschleiß, eine erhöhte
      darstellen, bisweilen sind sie aber auch nur optional, um       Kratzfestigkeit oder besseren Schutz vor Reibungs-
      zusätzliche Funktionalitäten zu implementieren. Höhere          schäden bieten
      Kundenanforderungen in Bezug auf die Qualität und
      Funktionalität von Produkten führen zu einer wachsenden      • Barrierefunktionen wie Schmutzabweisung,
      Nachfrage nach definierten und individualisierbaren Be-        Korrosionsbeständigkeit, Durchlässigkeit für
      schichtungslösungen. Beschichtungen dienen aber nicht        	bestimmte Strahlung oder chemische Stoffe,
      nur der Optimierung bestehender Produkte. Sie können           Brandschutz oder Wärmeisolation durch das
      auch dazu beitragen, neue Märkte für ein Unternehmen           Produkt ermöglichen
      zu erschließen und seine Position in der Wertschöpfungs-
      kette zu stärken und zu verbessern.                          •	Grenzflächenwechselwirkung optimieren oder
                                                                      gewährleisten, wie etwa Haftung beziehungsweise
      Die Anwendung der Oberflächen- und Schichttechno-               Antihaftung, Benetzbarkeit, Lackierbarkeit oder
      logie sowie insbesondere der Nanotechnologie bietet             Biokompatibilität
      die Möglichkeit, Produkte zu „veredeln“ und somit für
      den jeweiligen Einsatzzweck zu optimieren. Dies kann         •	Optische und haptische Funktionen verbessern, so
      durch die Modifikation der Oberfläche des Werkstoffes           zum Beispiel das Reflexionsverhalten, die Absorp-
      selbst erfolgen, das heißt ohne separaten Schichtauftrag        tion oder Transparenz gegenüber Licht oder auch
      (zum Beispiel durch Nitrieren, Randschicht-Härten oder          um rein dekorative Effekte zu erreichen
      Ionenimplantieren). Alternativ wird eine neue Schicht
      auf das Substrat aufgebracht, wie beispielsweise beim        Die Fülle der aktuellen Entwicklungen und Ergebnisse
      thermischen Spritzen, der physikalischen und chemischen      der Materialforschung und Oberflächentechnologie
      Gasphasenabscheidung oder dem Sol-Gel-Verfahren.             sind insbesondere für kleine und mittelständische Un-
      Durch die Modifikation der Oberflächenrandbereiche           ternehmen nahezu unüberschaubar. Die vorliegende
      oder das Auftragen von Schichten erhalten die Grund-         Broschüre soll Unternehmen unterstützen, Ideen für
      werkstoffe neue chemische oder physikalische Eigen-          Produktverbesserungen auf Basis nano- und material-
      schaften, wie beispielsweise tribologische – das heißt       technischer Lösungen zu entwickeln sowie geeignete
      die Reibungseigenschaften betreffende – Funktionen.          Kompetenzträger zu identifizieren, die auf den jeweiligen
      Der Grundwerkstoff dient dann oftmals nur noch als           Anwendungsfall zugeschnittene Beschichtungslösungen
      „Trägermaterial“ für die Oberflächenschicht. Der daraus      anbieten können.
      resultierende Verbundwerkstoff vereinigt in nahezu idealer
      Weise alle Vorzüge der Einzelkomponenten. Welches
      Beschichtungsverfahren und -material verwendet wird,
      hängt von den spezifischen Anforderungen an die Ober-
      fläche des jeweiligen Grundwerkstoffes ab. So dient das

  2   NANO- UND MATERIALTECHNOLOGISCHE LÖSUNGEN FÜR OBERFLÄCHEN
Nano- und materialtechnologische Lösungen für Oberflächen - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung ...
Oberflächenfunktionalisierung     Einsetzbare Verfahren            Beispiele für Materiallösungen        Bei welchen Produkten anwendbar?

  Farbeffekte                       Sprüh-/Tauchverfahren,           Interferenzpigmente auf               Architektur, Fahrzeugtechnik,
                                    PVD-Verfahren                    Basis von nanobeschichteten           ­Alltagsgenstände: Lacke mit irisierenden
                                                                     Metall­oxid-Substrat-Interferenz­      und Farbwechsel-Effekten
                                                                     beschichtungen                         Optik: Optische Filter

  Antireflexion                     Sol-Gel-Beschichtungen,          Strukturierte Polymerschichten,       Optik: zum Beispiel entspiegelte Linsen,
                                    ­PVD-Beschichtungen              Magnesiumfluoridschichten             Objektive, Okulare, Displays, Brillengläser,
                                                                     ­Mehrfach-Schichten aus Metall­       Sichtfenster und ­Solarmodule
                                                                      oxiden

  Schaltbare Lichtdurchlässigkeit   PVD-Verfahren, Sputtern,         Elektrochrome Schichten auf           Architektur/Fahrzeugtechnik: ­Adaptive
                                    Sol-Gel-Verfahren                Basis von Metalloxiden (Molybdän-     Verscheibungen,
                                                                     bzw. Wolframoxide oder leitfähi-      Konsumgüter: Brillengläser
                                                                     ge Polymeren, farbstoff­dotierte
                                                                     Flüssigkristallmischungen)
                                                                     Photochrome Beschichtungen auf
                                                                     Basis von Silberhalogeniden

  UV-/IR-Schutz                     PVD-Verfahren, Sol-Gel-Verfah-   Titandioxid/Zinkoxid-Nanoparti-       Bautechnik/Fahrzeugtechnik:
                                    ren, Sprüh-/Tauchverfahren       kel dotierte Klarlacke (UV-Schutz)    UV-Schutz für Autolacke, Baukunststoffe

  Verschleißschutz/­                PVD-Verfahren,                   Hartstoffschichten aus Kohlen-        Fahrzeugtechnik: Verschleißfeste Antriebs-
  Reibungsminderung                 ­Sol-Gel-­Verfahren, ­           ­stoff, Hartmetallen und Keramiken    komponenten (Motoren, Getriebe)
                                     Sprüh-/Tauchverfahren            Schmierstoffzusätze, Nanopartikel-   Maschinenbau: Werkzeuge,
                                                                      verstärkte Gleitlacke                ­Maschinenkomponenten, Förder­bänder etc.

  Kratzfestigkeit                   PVD-Verfahren, Sol-Gel-Verfah-   Nanopartikel-verstärkte kratzfeste    Kunststofftechnik: Transparente bzw.
                                    ren, Sprüh-/Tauchverfahren       Klarlacke, Nanoglasbeschich-          ­glänzende Kunststoffoberflächen
                                                                     tungen                                 zum Beispiel für Automobilinterior
                                                                                                            Konsumgüter: Displays, Unterhaltungs­
                                                                                                            elektronik, Brillen
                                                                                                            Bau: Parkettböden, lackierte Oberflächen

  Elektrisch leitfähige Schichten   Sprüh-/Tauchverfahren,           Nanopartikel (CNT/Graphen)-­          Konsumgüter: Displays für Smart­phones,
                                    Sol-Gel-Verfahren, Atmo-         dotierte Kunststoffe/Lacke,           Fernseher etc.
                                    sphärendruck-CVD-Verfahren,      ­dotierte Metalloxide (Zinn,          Energietechnik: Solarzellen
                                    ­PVD-Verfahren                    ­Indium, Antimon)                    Fahrzeugtechnik/Textil: Beheizbare
                                                                                                           Scheiben, Sitze, Kleidung

  Dielektrische Schichten           PVD-Verfahren                    Einfach- und Mehrfachschichten        Optik: hoch präzise optische Komponenten
                                                                     aus Metalloxiden und -nitriden        mit definierter Transmisson/Reflektion
                                                                                                           Elektronik: Dielektrika für Schalt­kreise,
                                                                                                           Kabel, Kondensatoren

  Hydrophobie/ Antihaftschich-      Sol-Gel-Beschichtungen,          Beschichtungen mit Silizium­          Bau/Textil/Konsumgüter: Schmutz/-was-
  ten                               Sprüh-/Tauchverfahren,           dioxidnanopartikeln, organische-­     serabweisende Ober­f­lächen, Anstriche,
                                    Laserstrukturierung,             anorganische Hybridpolymere,          schmutzabweisende Kleidung, Markisen-
                                    Plasmaätzverfahren,              Lacke mit umweltschonenden            stoffe, Antigraffiti-Beschichtungen
                                    PVD-Verfahren                    kurzkettigen Fluortensiden            Medizin-/Analysetechnik: Kanülen, restent-
                                                                                                           leerbare Behälter, funktionelle Oberflächen
                                                                                                           für Fluidik und Sensorik

  Selbstreinigende Beschich-        Sol-Gel-Beschichtungen,          photokatalytische Beschichtun-        Bau: Glas, Beton, Metall,
  tungen                            Sprüh-/Tauchverfahren            gen auf Basis von Titandioxid-        mit Einschränkungen: Kunststoffe, Textilien
                                                                     und Zinkoxid-Nanopartikeln

  Korrosionsschutz/                 Elektrochemische Beschichtun-    Organisch anorganische Hybrid-        Leichtbau, Flugzeug und Automobil-
  Verzunderungsschutz               gen, Sol-Gel-Verfahren,          materialien/-schichten mit integ-     bau, Architektur: Metallober­flächen Stahl,
                                    Sprüh-/Tauchverfahren,           rierten Metalloxid-Nanopartikeln,     Aluminium, Magnesium, ­Messing, Kunst-
                                    PVD-Verfahren                    wasserbasierte und lösemittel-        stoffe, Glas, Beton
                                                                     basierte Zink-/Magnesium­
                                                                     beschichtungslösungen

  Brandschutz                       Sol-Gel-Verfahren,               Sol-Gel-basierte Brandschutzbe-       Bau/Textil: Kunststoffteile, Glas, T
                                                                                                                                              ­ extilien,
                                    Sprüh-/Tauchverfahren            schichtungen                          Holz, Naturfasern

  Biokompatibiltät,                 PVD-Verfahren,                   Hydrophile, amphiphile und            Medizin: Stents, Katheter,
  Bioaktivität                      Sprüh-/Tauchverfahren,           thermoresponsive Polymere,            Implantate, Membranen, Zellkultur­gefäße,
                                                                     keramische Beschichtungen für         Spritzen
                                                                     Titanimplantate

  Antibakteriell                    PVD-Verfahren,                   Nanosilberbeschichtungen,             Medizin: Stents, Katheter,
                                    ­Sol-Gel-Verfahren,              Titandioxid- und Zinkoxid-Nano-       Operationsbesteck
                                     Sprüh-/Tauchverfahren           partikel für photoaktive Beschich-    Konsumgüter: Antibakterielle Oberflächen
                                                                     tungen                                für Haushaltsoberflächen

Überblick zu nano-/materialtechnischen Lösungen für Oberflächenfunktionalisierungen und deren technische Anwendungen (Quelle: VDI TZ).

                                                                                                                                    EINFÜHRUNG              3
Nano- und materialtechnologische Lösungen für Oberflächen - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung ...
2. Technologien und Verfahren zur
			 Modifikation von Oberflächen

         Verfahren               Target / Schichtmaterial   Substrat                 Bauteilgeometrie       Temperatur         Schichtdicken

         PHYSIKALISCHE GASPHASENABSCHEIDUNG

         Thermische              leicht verdampfbare        Festkörper               kleine Flächen         niedrig            dünn – dick
         ­Verdampfung            Festkörper                                          ­bevorzugt

         Elektronenstrahl-­      niedrig- und hoch-         Festkörper               kleine Flächen         niedrig – mittel   dünn - dick
         verdampfen              schmelzende Festkörper                              ­bevorzugt

         Lichtbogen-             leitfähige Festkörper      leitfähige               beliebig / Bohrungen   niedrig – hoch     dünn – dick
         verdampfung                                        Festkörper               problematisch

         Sputtern                Festkörper                 Festkörper               große ebene Flächen    mittel             dünn
                                                                                     bevorzugt

         Ionenplattieren         Festkörper                 Festkörper               beliebig / Bohrungen   mittel – hoch      dünn – mittel
                                                                                     problematisch

         CHEMISCHE GASPHASENABSCHEIDUNG

         Thermisch aktiviert     chemische Precursoren      wärme­resistente         beliebig               hoch               dünn – mittel
                                                            Festkörper

         Plasma-unterstützt      gasförmige Ausgangs-       Festkörper               beliebig / Bohrungen   niedrig – hoch     dünn
                                 materialien                                         problematisch

         SPRAY, SPRITZ- UND TAUCHVERFAHREN

         Thermisches Spritzen    metallischer Draht,        Festkörper               flächiges Substrat     niedrig – mittel   mittel – dick
                                 Pulver                                              bevorzugt

         Elektrostatisches       Fluide, Pulver, Fasern     leitfähige Oberfläche    beliebig               niedrig            mittel – dick
         Sprayen

         Sol-Gel-Verfahren       flüssiger Sol-Zustand      Festkörper               beliebig               niedrig            dünn – mittel

         ELEKTRO- UND THERMOCHEMISCHE VERFAHREN

         Galvanische             leitfähige Festkörper      leitfähige Oberfläche    beliebig / Kanten      niedrig            mittel – dick
         ­Beschichtung                                                               problematisch

         Einsatzhärten und       Kohlenstoff/ Stickstoff    eisenbasierte Bauteile   beliebig               mittel – hoch      dünn
         Nitrieren

        Verfahrensparameter, Anforderungen und Anwendungsbeispiele verschiedener Beschichtungstechnologien (Quelle: VDI TZ).

   4    NANO- UND MATERIALTECHNOLOGISCHE LÖSUNGEN FÜR OBERFLÄCHEN
Oberflächen- und Schichttechnologien dienen der Ei-                sche Gasphasenabscheidung, die Auftragung lösemittel-
              genschaftsverbesserung von Bauteilen und Werkzeugen.               oder pulverbasierter Schichten sowie die Schichtbildung
              Dabei werden sowohl dekorative als auch funktionsbestim-           durch galvanische oder thermochemische Prozesse.
              mende Eigenschaften angestrebt. Für die Beschichtung
              steht eine Vielzahl an Methoden zur Verfügung, bei denen           Die nachfolgende Tabelle fasst die jeweiligen Beschich-
              je nach Art der Erzeugung des Beschichtungsmaterials und           tungsanforderungen und Verfahrensparameter für die
              in Abhängigkeit der Materialaufbringung unterschieden              unterschiedlichen Schichttechnologien zusammen.
              wird. Bei den Verfahren handelt es sich im Wesentlichen
              um die etablierte physikalische beziehungsweise chemi-

Vakuum              Kosten          Vorteile / Nachteile                          Anwendungsbeispiele

Hochvakuum          niedrig         + hohe Auftragsraten möglich                  Al-Beschichtung von Reflektoren;
                                    + keine Umweltbelastung                       Beschichtung von Kunststoffen mit Al, Ag, Au oder Cu
                                    – oftmals Probenrotation nötig

Hochvakuum          mittel          +   qualitativ hochwertige Schichten          metallische und oxidische Beschichtungen;
                                    +   große Schichtvielfalt                     Barriereschichten für Verpackungen
                                    +   hohe Verschleißfestigkeit
                                    +   hohe Auftragsraten möglich
                                    +   keine Umweltbelastung
                                    –   oftmals Probenrotation nötig

Hochvakuum          mittel          +   qualitativ hochwertige Schichten          metallische Verschleißschutzschichten
                                    +   große Schichtvielfalt
                                    +   hohe Verschleißfestigkeit und Haftung
                                    +   beliebige Targetlage
                                    +   keine Umweltbelastung
                                    –   oftmals Probenrotation nötig
                                    –   Droplettemission möglich

Ultrahoch-          mittel          +   gleichmäßige Beschichtung                 Funktionsschichten für Wärmeschutzverglasungen, Displays
vakuum                              +   Beschichtungsfläche einfach skalierbar    und Solarzellen;
                                    +   Targetlage beliebig                       Abscheidung von Legierungs- und Verbindungsschichten
                                    +   gute Schichthaftung
                                    +   keine Umweltbelastung
Ultrahoch-­         mittel          –   dielektrische Beschichtungen              haftfeste industrielle Beschichtungen
vakuum                              –   komplexe Geometrien problematisch

Grobvakuum          mittel – hoch   +   hohe Härte / Verschleißfestigkeit         Hartstoffschichten für Bohr- und Schneidwerkzeuge
                                    +   Schichteigenschaften gut einstellbar
                                    –   reaktive Gase
                                    –   Abgasnachbehandlung nötig
Grobvakuum          mittel – hoch                                                 Schichten für Tribologie, Korrosionsschutz, Optik, Sensorik,
                                                                                  Design, e
                                                                                          ­ lektronische Bau­teile; Beschichtung von Kunststoffen

Schutzgas           niedrig         +   große Werkstoffvielfalt                   Hitze-, Verschleiß- und Korrosionsschutz; Beschichtung wärme­
                                    +   hohe Auftragsraten                        empfindlicher ­Materialien (Holz, Papier, Kunststoff)
                                    +   flexibel einsetzbar
kein Vakuum         niedrig         –   Restporösität                             Schichten mit Flüssig- und Pulverlack
nötig                               –   sicherheitstechnische Anforderungen

kein Vakuum         niedrig         + einfache Lackiertechnik                     Glas- oder Keramiküberzüge; Beschichtung mit Pulvern, Fasern,
nötig                               + chemisch reine Schichten                    ­Keramikpartikeln; funktionelle Schichten (schmutzabweisend,
                                    – dicke Schichten durch Multilagen             antimikrobiell, hydrophil, hydrophob, photokatalytisch, …)

kein Vakuum         niedrig         +   gute Korrosionsbeständigkeit              dekorative Beschichtungen;
nötig                               +   hohe Beschichtungsraten                   Korrosions- und Verschleißschutz
                                    –   eher weiche Schichten
                                    –   eingeschränkte Materialwahl
                                    –   zum Teil ökologisch bedenklich

kein Vakuum         niedrig         + gute Korrosionsbeständigkeit                Oberflächenhärtung von Eisenmaterialien;
nötig                               – Nachbehandlung nötig                        Standzeitverlängerung von Eisenwerkstoffen

                                                                                                          TECHNOLOGIEN UND VERFAHREN                5
2.1 Physikalische Gasphasen-
        abscheidung
    Bei der physikalischen Gasphasenabscheidung (PVD:                        Flächenemitter, in der Regel ein ionenunterstütztes Verfah-
    physical vapour deposition) wird durch Erhitzen oder                     ren. Bei der Beschichtung mehrerer kleiner Bauteile kann
    durch Beschuss mit energiereichen Teilchen wie Ionen,                    durch eine angepasste Rotation der Substrataufhängung
    Elektronen oder Photonen aus einem als „Target“ be-                      das Problem eines ungleichmäßigen Materialauftrags
    zeichneten Beschichtungsmaterial durch Verdampfen oder                   weitgehend vermieden werden.
    Zerstäuben Material ausgelöst, das sich dann auf einem
    gegenüberliegenden Substrat, also der zu beschichten-                    Dieses Verfahren muss immer im Vakuum durchgeführt
    den Oberfläche, als feste Schicht niederschlägt (Merz                    werden, um unerwünschte Verunreinigungen durch
    und Jehn 2001). Dazwischen können durch geeignete                        Gase zu vermeiden. Auch könnte das aus dem Target
    Verfahrensparameter wie Temperatur, elektrische Felder                   ausgelöste Material auf seinem Weg zum Substrat sonst
    oder Ionisationsbereiche die Teilcheneigenschaften                       mit Gasmolekülen zusammenstoßen und so Bewegungs-
    gezielt zur Erreichung der gewünschten Schichteigen-                     energie verlieren, was ebenfalls die Schichteigenschaften
    schaften, wie beispielsweise Härte, Porosität, Rauheit,                  beeinflussen würde.
    eingestellt werden.
                                                                             Der wesentliche Vorteil des physikalischen Gasphasen-
                                                                             abscheidungsverfahrens liegt in der niedrigen Abschei-
                                                                             detemperatur, wodurch eine Bandbreite an Stoffen, wie
                                                                             beispielsweise Kunststoffe, Keramiken, Gläser, Metalle
                                                                             oder Halbleiter mit einer Vielfalt an Materialien be-
                         Schichtbildung                                      schichtet werden können. Einschränkungen besitzen die
                                                                             physikalischen Gasphasenabscheidungsverfahren bei
                                                                             der Beschichtung stark verformter Oberflächen, denn
                                                                             die ausgelösten Teilchen bewegen sich in der Regel
                       Materialtransport                                     geradlinig vom Target zum Substrat. Die Struktur der
                                                                             Beschichtung kann durch Variation der Auftreffenergie
                                                                             der Teilchen, der Bindungsenergie der Substratober-
                         Materialabtrag                                      fläche und der Beschichtungsrate verändert werden. Beim
                                                                             Abscheidungsprozess können aber auch gezielt weitere
                                                                             Gase wie Sauerstoff, Stickstoff oder Kohlenwasserstoffe
                                                                             und dergleichen zugesetzt und so deren Bestandteile
                                                                             ebenfalls in die Beschichtung eingebaut werden. Auf diese
    Prinzipieller Ablauf einer physikalischen Gasphasenabscheidung           Weise sind Oxid-, Nitrid- und Karbidschichten zugänglich,
    (Quelle: VDI TZ).
                                                                             die für optische Schichten oder harte Randschichten von
                                                                             Bedeutung sind. Auch durch zusätzlichen Beschuss der
    Bei der physikalischen Gasphasenabscheidung unter-                       Substratoberfläche mit energiereichen Ionen lassen sich
    scheidet man für die Schichterzeugung je nach Target-                    die Schichteigenschaften beeinflussen (Schultrich 2010).
    anregung das Aufdampfen und das Aufsputtern oder
    Ionenplattieren. Die Wahl des Verfahrens hängt von der                   Verschiedene physikalische Abscheideverfahren lassen
    Art, Form und Größe des zu beschichtenden Bauteils ab.                   sich kombinieren und je nach Anforderung flexibel in
    Bei großen, flächigen Substraten wählt man eher einen                    wirtschaftlichen Rolle-zu-Rolle-Prozessen einsetzen.

    Produktionsanlage zur Herstellung organischer Solarfolien im Rolle-zu-Rolle-Verfahren mittels Vakuumdeposition
    (Quelle: Heliatek, Fotograf Tim Deussen, Berlin).

6   NANO- UND MATERIALTECHNOLOGISCHE LÖSUNGEN FÜR OBERFLÄCHEN
2.1.1 Thermische Verdampfung                                  2.1.2 Elektronenstrahl-
                                                                    verdampfen
Hierbei wird das Beschichtungsmaterial in einem Tiegel        Unabhängig von der Schmelztemperatur lassen sich feste
oder von einer Wendel verdampft. Dazu wird der Träger         Materialien durch Anregung mit einem hochenergeti-
durch direkten Stromdurchgang, Induktion, Elektronen-         schen Elektronenstrahl verdampfen. Ein leistungsstarker
beschuss oder Laserstrahlung aufgeheizt. Die emittierten      Elektronenstrahl mit Beschleunigungsspannungen im
Teilchen besitzen eine geringe Bewegungsenergie,              Kilovolt-Bereich wird über eine Elektronenoptik auf das
wodurch eine schonende Beschichtung auch von emp-             Target fokussiert und heizt dessen Oberfläche lokal so
findlichen Substraten möglich ist.                            stark auf, dass dort das Targetmaterial in die Gasphase
                                                              übertritt.
Beim Widerstandsverdampfen wird der Tiegel aus hoch-
schmelzendem Material wie beispielsweise Wolfram,
Molybdän, Tantal oder Graphit direkt von elektrischem
Strom durchflossen und dadurch erhitzt. Hinsichtlich                   Substrat
                                                                   Beschichtung
der zu verdampfenden Materialien können dabei nur
                                                                                                                     e-
leicht verdampfbare oder wenig reaktive Materialien
wie Zinn, Zink, Aluminium, Silber, Gold oder Kupfer                        Target
verwendet werden.

                                                              Elektronenstrahlinduzierte Verdampfung (Quelle: VDI TZ).
         Substrat
     Beschichtung                                             Durch Variation der Elektronenenergie und des Be-
                                                              schussstroms lassen sich die Oberflächentemperatur
                                                              und die Verdampfungsrate variieren. Ein großflächiger
            Target
                        –                               +
                                                              Materialabtrag kann durch Rastern des Elektronenstrahls
                                                              erreicht werden. Die gegenüber der Widerstandsheizung
                                                              höheren Anschaffungskosten werden durch geringere
                                                              laufende Kosten und durch die höheren Produktions-
Widerstandsverdampfung durch strominduzierte Tiegelheizung    raten bei v­ ariablerem Materialeinsatz kompensiert. Der
(Quelle: VDI TZ).                                             Elektronenstrahlverdampfer besitzt aber Nachteile bei
                                                              der Beschichtung großer ebener Flächen, wofür dann
Wird die Herstellung besonders dünner Schichten mit           eher flächenförmige Sputterquellen eingesetzt werden.
atomar genau eingestellter Gitterstruktur gewünscht, wie
dies oft in der Halbleiterindustrie für die Herstellung von
Halbleiterlasern oder Hochleistungstransistoren der Fall
ist, so setzt man für das Aufwachsen die Molekularstrahle-
pitaxie (MBE) ein, bei der aus geeignet angeordneten
beheizten Zellen die nötigen Halbleiter gerichtet auf
das Substrat aufgebracht werden. Das thermische Ver-
dampfen ist eine vergleichsweise preiswerte Methode
zur Schichtherstellung und ist eines der im industriellen
Maßstab hauptsächlich angewendeten Verfahren.

                                                                                      TECHNOLOGIEN UND VERFAHREN          7
2.1.3 Lichtbogenverdampfung                                          2.1.4 	Zerstäubungsabscheidung
                                                                                 (Sputtern)
    Um dichtere Schichten abzuscheiden, reicht die Bewe-                 Bei der Zerstäubung von Targetmaterial (Sputtern) werden
    gungsenergie der thermisch verdampften Teilchen nicht                durch Teilchenbeschuss ausgelöste Atome mit hoher
    aus. Energiereichere und damit reaktionsfreudigere Teil-             kinetischer Energie auf ein Substrat gelenkt und dort
    chen können durch intensive Aktivierung des Dampfes                  deponiert. Der Sputterprozess wird in der Regel durch
    erzeugt werden. Eine Möglichkeit besteht darin, den bei              Beschuss mit Ionen aus einer Ionenstrahlkanone oder aus
    der Elektronenstrahlverdampfung benutzten Elektronen-                einem ionisierten Gasvolumen (Plasma) durchgeführt.
    strahl als Bogenentladung zu gestalten, wobei jedoch die             Zum Sputtern wird an das Target eine negative Spannung
    Anregungsenergie dieses Elektronenstrahls kleiner wird               angelegt, welche die kinetische Energie der Beschuss-
    und dadurch die Beschichtungsrate abnimmt.                           ionen und damit die Sputtereffektivität bestimmt. Dabei
                                                                         kommt es durch den Energieeintrag der Ionen zu einer
    Bei dieser Vakuumlichtbogenabscheidung wird das Be-                  Stoßkaskade im Target, wodurch Oberflächenatome
    schichtungsmaterial auf einem eng begrenzten Brennfleck              ausgelöst werden. In der Regel werden Edelgasionen als
    des Lichtbogens erhitzt und verdampft. Das Target ist                Beschussteilchen verwendet. Die Sputterausbeute hängt
    dabei fest und leitfähig und der Träger der Gasentladung             sowohl von der Art, der Energie und dem Einfallswinkel
    ist der entstehende Dampf selbst. In diesem werden                   der auftreffenden Ionen als auch vom Targetmaterial
    überwiegend Ionen erzeugt, welche durch Anlegen ei-                  selbst ab. Die Bewegungsenergie der emittierten Atome
    ner Spannung mit variabler kinetischer Energie auf das               ist deutlich höher als beim Verdampfungsprozess, wo-
    Substrat gelenkt werden können. Auch durch gepulste                  durch zwar die schonende Beschichtung verloren geht,
    Laserstrahlung lässt sich festes Targetmaterial verdampfen           sich aber dichtere Schichtstrukturen herstellen lassen.
    und bei Zuführung einer hohen Leistungsdichte lokal in
    ein ionisiertes Gas (Plasma) überführen. Die Schichtbil-
    dungsprozesse sind bei beiden Verfahren ähnlich, da in
    beiden Fällen ein hochionisierter Plasmastrahl erzeugt
    wird. Durch Anlegen elektrischer Potenziale kann das
    ionisierte Dampfmaterial gezielt auf Substratoberflächen
    abgeschieden werden. Durch Variation dieses Ionen-                            Substrat
    beschleunigungspotenzials können unterschiedliche                         Beschichtung
                                                                                                                                      Ar+
    Schichteigenschaften eingestellt werden.

                                                                                      Target

            Substrat
                                                                                  Substrat
        Beschichtung                                                          Beschichtung
                             –                                   Laser
                                                                                    Plasma       +          Ar+ Ar+ Ar+ Ar+ Ar+ Ar+
                             +                        + +
                                                     + +
                                                   + ++                                          –
                                                            e-                        Target
                 Target

    Erzeugung eines Lichtbogens für ionenunterstützte                    Ioneninduzierter Materialabtrag für Beschichtungs­prozesse.
    ­Abscheideprozesse (Quelle: VDI TZ).                                 Oben: unter Nutzung einer Argon-Ionenkanone;
                                                                         unten: durch Plasmaionenbeschuss (Quelle: VDI TZ).

8   NANO- UND MATERIALTECHNOLOGISCHE LÖSUNGEN FÜR OBERFLÄCHEN
Eine besondere Form des Plasmaeinsatzes stellt das            Neben der gezielten Erzeugung von Defekten an der
Magnetronsputtern dar. Hierzu wird hinter der als Target      Substratoberfläche, der Änderung der Topografie und
fungierenden Plasmakathode ein Magnetfeld erzeugt,            der Erhöhung der Oberflächentemperatur wird den Be-
welches näherungsweise parallel zur Targetoberfläche          schichtungsmaterialien kinetische Energie übertragen,
verläuft. Dadurch werden die aus dem Target austretenden      sodass diese sich entlang der Oberfläche bewegen
Elektronen so abgelenkt, dass sich ihre Verweilzeit im        können und energetisch günstige Verbindungen mit dem
Plasma verlängert und dadurch ihre Ionisationswirkung         Substrat beziehungsweise der bereits aufgebrachten
verstärkt wird. Durch die Magnetfeldunterstützung sind        Beschichtung eingehen können. Durch Variation der Be-
höhere Strom- und Leistungsdichten möglich und damit          schussstromdichte, der Ionenenergie und des Gasdrucks
auch höhere Abscheideraten. Eine Hauptanwendung               in der Vakuumkammer kann der Schichtaufbau von porös
des Magnetron-Sputterns ist die Großflächenabschei-           bis dicht, von grob- bis feinkörnig und von säulenartig
dung elektrischer und optischer Funktionsschichten,           bis zur geschlossenen Schicht gezielt verändert werden.
beispielsweise für Wärmeschutzverglasungen, Displays          Der zusätzliche Teilchenbeschuss kann auch zuerst zur
und Photovoltaikkomponenten, wobei prinzipiell auch           Reinigung der Substratoberfläche vor der Beschichtung
nichtleitende Targetmaterialien verwendet werden kön-         eingesetzt werden und danach zur Beeinflussung des
nen. Jedoch ist der Langzeitbetrieb durch den inhomo-         Beschichtungsprozesses.
genen Targetabtrag eingeschränkt.
                                                              Das Ionenplattieren hat eine große Bedeutung für die
                                                              industrielle Anwendung beschichteter Substrate, denn
2.1.5 Ionenplattieren                                         die mechanischen, elektrischen und optischen Eigen-
                                                              schaften von Beschichtungen sind abhängig von der
Generell wird unter Ionenplattieren die Erzeugung ei-         Struktur des Schichtaufbaus und seiner Verbindung mit
ner besonders stabilen Beschichtung eines Werkstücks          dem Substrat. Beispielsweise kann die Haftfestigkeit und
verstanden. Dabei wird die Schichtabscheidung unter           Härte aufgedampfter Schichten durch den gleichzeitigen
gleichzeitigem Beschuss mit Ionen hinreichend hoher           Ionenbeschuss stark erhöht werden.
Energie durchgeführt. Somit können die Eigenschaften
der Übergangszone Substrat/Schicht und die der sich
aufbauenden Schicht selbst zusätzlich beeinflusst werden.     2.2 	Chemische Gasphasen­
In den meisten Fällen werden die Ionen aus einem Plasma             abscheidung
heraus auf die Substratoberfläche beschleunigt. Dadurch
lassen sich besonders dichte, extrem fest verankerte und      Der Prozess der chemischen Gasphasenabscheidung
daher hoch verschleißfeste Schutzschichten generieren.        (CVD: chemical vapour deposition) nutzt durch Energie-
                                                              zufuhr gezielt hervorgerufene chemische Reaktionen, um
                                                              erzeugte Teilchen oder chemische Verbindungen auf
                                                              einem Substrat abzuscheiden. Je nach Prozessführung
       Substrat                                               kann dabei die Abscheidung als Schicht oder als Pulver
   Beschichtung        –                                      erfolgen. Die Einleitung der durch ein Prozessgas zuge-
         Plasma        +            Ar+ Ar+ Ar+ Ar+ Ar+ Ar+   führen Beschichtungsmaterialien ist richtungsunabhängig,
                       –                                      so dass auch stark verformte Bauteile beschichtet werden
            Target                                            können. Unterstützt werden kann der Prozess durch
                                                              gerichtete Strömungs- und Diffusionsprozesse, um die
                                                              Abscheiderate zu erhöhen (Pritzlaff und Lautner 1997).

Sputterprozess und ionengestützte Material­abscheidung
(Quelle: VDI TZ).
                                                                     Trägergas               Schichtabscheidung
                                                                           und                                           Abgas
                                                                Schichtmaterial

                                                              Durch chemische Reaktionen erzeugte Schichtbildung (Quelle: VDI TZ).

                                                                                      TECHNOLOGIEN UND VERFAHREN                     9
2.2.1 	Thermisch aktivierte
                                                                           ­Gasphasenabscheidung
     Die chemischen Gasphasenabscheidungsverfahren wer-            Im Falle der thermisch aktivierten Gasphasenabscheidung
     den in der industriellen Praxis meist in den Bereichen        werden durch hohe Prozesstemperaturen (in der Regel
     ­Tribologie, Korrosionsschutz, Optik und Design, Sensorik     1.000 Grad Celsius und mehr) die für die Schichtbildung
      und der Herstellung elektronischer Bauteile eingesetzt. In   relevanten chemischen Reaktionen eingeleitet. Daher ist
      der Regel wird mit einem Trägergas und einer gasförmigen     die Substratwahl prinzipiell beschränkt auf Materialien,
      Ausgangsverbindung (Precursor) gearbeitet, die durch         die durch solch hohe Temperaturen nicht geschädigt
      thermische, elektrische oder photonische Anregung zu         werden. Andererseits sind dadurch extrem feste Subs-
      chemischen Reaktionen gebracht werden kann. Dabei            trat-Schicht-Verbindungen möglich, wie sie für Bohr- und
      wird der Anregungsprozess so geführt, dass die Reaktion      Schneidwerkzeuge benötigt werden. Doch erfordert der
      möglichst nur auf der Bauteiloberfläche erfolgt. Neben       große Temperaturunterschied während und nach der
      gasförmigen Beschichtungsmaterialien können auch feste       Prozessierung die Berücksichtigung der unterschiedli-
      oder flüssige Materialien genutzt werden, wenn diese         chen Wärmeausdehnungskoeffizienten von Substrat und
      zuvor verdampft und vom Trägergas mitgenommen oder           Schicht, um mögliche Schichtschädigungen zu vermeiden.
      durch Sprühen der Substratoberfläche zugeführt werden.       Um diese nötigen Oberflächentemperaturen zur Anwen-
      Im Gegensatz zu den physikalischen Gasphasenabschei-         dung zu bringen, gibt es verschiedene Möglichkeiten.
      dungsverfahren, die im Hochvakuum betrieben werden,          Der einfachste Aufbau ist der Heißwandreaktor. Hier
      können chemisch erzeugte Abscheideprozesse auch bei          wird einfach das ganze Gefäß um das Substrat erhitzt,
      höherem Druck ablaufen. Da die Ausgangsmaterialien           Precursorgas eingeleitet und aufgeheizt. Die Abscheidung
      gasförmig zugeführt werden, eignen sich chemische            erfolgt dann auf allen Oberflächen dieses Reaktionsraums.
      Verfahren gut für einen kontinuierlichen Betrieb. Doch       Daher müssen häufig Reinigungszyklen erfolgen und es
      werden an die Precursoren hohe Anforderungen gestellt,       besteht die Gefahr, dass durch Wärme ausgelöste Wand-
      denn sie sollen problemlos handhabbar, weder explosiv        teilchen ebenfalls in die Schicht mit eingebaut werden.
      oder selbstzündend und dabei ungiftig und unkritisch
      entsorgbar sein. Zudem müssen bei großflächigen Be-
      schichtungen auch die Kosten dieser Ausgangssubstanzen
      akzeptabel sein (Schultrich 2010).
                                                                                                   Wandheizung

                                                                          Trägergas              Schichtabscheidung
                                                                                und                                        Abgas
                                                                                                                                      a
                                                                     Schichtmaterial

                                                                                                 Schichtabscheidung
                                                                          Trägergas
                                                                                und                                        Abgas      b
                                                                     Schichtmaterial
                                                                                                  Substratheizung

                                                                                                  Heißdrahtheizung
                                                                          Trägergas
                                                                                und              Schichtabscheidung        Abgas      c
                                                                     Schichtmaterial

                                                                   Thermische Aktivierung chemischer Reaktionen über a) Wandheizung
                                                                   b) direkte Substratheizung oder c) Heißdrahtheizung
                                                                   (Quelle: VDI TZ).

10   NANO- UND MATERIALTECHNOLOGISCHE LÖSUNGEN FÜR OBERFLÄCHEN
Abhilfe bietet hier der Kaltwandreaktor, bei dem nur das   Durch Variation der Frequenz der Plasmaanregung,
Substrat geheizt wird und der Rest des Reaktionsgefäßes    der Energieeinkoppelart (induktiv, kapazitiv) und des
gekühlt wird. Die Heizung kann durch Induktion, direkten   Abscheidepotenzials lassen sich Verfahrensparameter
Stromdurchgang oder durch Infrarotstrahlung erfolgen.      in weiten Bereichen ändern und somit auch die Schicht­
Da die chemische Reaktion auf die Bauteiloberfläche        eigenschaften beeinflussen.
beschränkt bleibt, sind höhere Konzentrationen der
Precursoren möglich und damit höhere Abscheideraten.
Nachteilig können sich jedoch Temperaturgradienten
auswirken, welche die Gasströmung und damit die lokale                                        Plasma
                                                                  Trägergas
                                                                                        Schichtabscheidung
Abscheidung beeinträchtigen.                                            und                                    Abgas
                                                             Schichtmaterial

Eine weitere Möglichkeit stellt die Heißdraht-Abschei
dung dar. Dabei wird ein aus Tantal oder Wolfram be-
stehender Draht durch Stromfluss auf über 2.000 Grad
Celsius erhitzt, wodurch die Precursormaterialien disso-   Plasmaunterstützte chemische Gasphasenabscheidung
ziieren und Radikale bilden. Diese Dissoziationsprodukte   (Quelle: VDI TZ).

werden dann zur Schichtbildung verwendet.
                                                           Da bei Plasmaunterstützung die chemische Reaktion durch
Die Substraterhitzung kann aber auch durch Anregung        ein ionisiertes Gas ausgelöst wird, werden Verfahrenstem-
mit einem Laserstrahl erfolgen. Da in der Regel dieser     peraturen unter 100 Grad Celsius ermöglicht. Somit sind
Laserstrahl fokussiert und geführt werden kann, lassen     auch temperaturempfindliche Substrate beschichtbar, wie
sich auch Strukturen an der Oberfläche abscheiden. Bei     beispielsweise Kunststoffe. Durch geschickte Kontaktie-
Nutzung eines breiten Laserstrahls können alternativ mit   rung und Anordnung der zu beschichtenden Substrate
Hilfe einer Maske Oberflächenmuster erzeugt werden.        und des Plasmas können Bauteile aus leitfähigen oder
                                                           isolierenden Materialien verwendet werden. Auch lässt sich
                                                           der Prozess der Plasmaanregung und der Beschichtung
2.2.2 	Plasmaunterstützte                                 räumlich trennen, sodass eine größere Freiheit bei der
                                                           Wahl der Bauteilgeometrie erreicht wird und auch die
	chemische Gasphasen-­                                    Wartungsintervalle der Beschichtungsapparatur verlän-
        abscheidung                                        gert werden können. Wie beim Ionenplattieren ist auch
                                                           beim plasmaunterstützten chemischen Abscheiden die
Bei der plasmaunterstützten chemischen Gasphasenab-
                                                           Einwirkung auf die Schichtbildung durch zusätzlichen
scheidung (PECVD: plasma enhanced chemical vapour
                                                           Ionenbeschuss möglich.
deposition) wird mit Hilfe eines durch Glimmentladung,
Hochfrequenz- oder Mikrowellenanregung erzeugten
Plasmas die für die chemische Reaktion bei der Beschich-
tung notwendige Energie zugeführt. Die zur Reaktion        2.3 	Spritz-, Spray- und Tauch-­
bestimmten gasförmigen Verbindungen (Precursoren)                verfahren
werden im Plasma in Radikale gespalten oder in angereg-
te Zustände überführt. Sie reagieren somit bei deutlich    Die einfachsten Formen der Beschichtung eines Substra-
niedrigeren Temperaturen mit der Substratoberfläche        tes sind das Spritzen, Sprühen oder Tauchen. Mit diesen
verglichen mit der thermischen Gasphasenabscheidung.       Verfahren können organische, anorganische, metallische
Durch die elektronische Anregung wird eine höhere          und nichtmetallische Lagen, Plättchen oder Flocken aus
chemische Reaktivität der Ausgangsgase bewirkt. Durch      Farbe, Lack, Metall, Kunststoff oder Keramik auf fast jede
Anlegen elektrischer Potenziale zwischen Plasma und        Oberfläche aufgebracht werden. Dabei sind je nach An-
Substrat kann die Bewegungsenergie der abzuschei-          wendung geeignete Materialkombinationen für Substrat
denden Materialien beeinflusst werden, sodass durch        und Beschichtung zu beachten, in der Regel sind vorbe-
kinetischen Energieübertrag dichte Schichten auf der       reitende Maßnahmen nötig (Reinigung, Haftvermittler,
Substratoberfläche hergestellt werden.                     leitfähige Zwischenschichten) und in einigen Fällen wird
                                                           erst durch eine geeignete Nachbehandlung (trocknen,
                                                           tempern, walzen), die angedachte Schichtfunktion erzielt.

                                                                                 TECHNOLOGIEN UND VERFAHREN             11
2.3.1 Thermisches Spritzen                                 2.3.2 Elektrostatisches Sprayen
     Beim thermischen Spritzen wird aufgeschmolzenes            Beim elektrostatischen Beschichten werden Fluide, Pulver
     Material mit Hilfe eines Luft- oder Gasstrahls mit ho-     oder Fasern im Bereich eines starken elektrischen Feldes
     her Geschwindigkeit auf ein Substrat beschleunigt.         versprüht und durch gleichzeitige elektrostatische Auf­
     Aufgeschmolzen wird dabei ein Draht oder Pulver mit        ladung von dem geerdeten Werkstück angezogen und
     Hilfe einer Flamme, eines Lichtbogens, eines Plasmas       auf dieses aufgetragen (BGHM 2014). Da dabei mehrere
     oder eines Lasers. Als Spritzwerkstoffe können Metalle,    10 Kilovolt und oftmals entzündbare oder explosions-
     Legierungen, Keramiken oder auch Verbundwerkstoffe         fähige Stoffe eingesetzt werden, sind besondere sicher-
     eingesetzt werden.                                         heitstechnische Anforderungen notwendig.

           Substrat                                                   Substrat
       Beschichtung                                               Beschichtung

                                           Düse                                  Düse                                        –

                               heißes
                       Schichtmaterial
                                             Luft- Gasstrahl
                                                                                              Pulver, Lack, Flock

     Prinzip des thermischen Spritzens (Quelle: VDI TZ).        Schematische Anordnung einer elektrostatischen Sprayanlage
                                                                (Quelle: VDI TZ).

     Mit diesem Verfahren lassen sich hohe Abscheideraten       Beim elektrostatischen Lackieren wird in der Regel durch
     erzielen, wobei der Energieeintrag in die Beschichtung     Druckluft versprühter Flüssiglack vernebelt und die
     vergleichsweise gering ist und die zu beschichtende        Tröpfchen werden dabei in einem Hochspannungsfeld
     Oberfläche nicht angeschmolzen wird (Weißbach 2010).       aufgeladen. Durch die elektrischen Feldkräfte werden
     Die Teilchen haften durch punktförmige Verschweißung,      die Tröpfchen auf dem Bauteil niedergeschlagen und
     Adhäsion und Verklammerung. Wichtig für den Spritzpro-     anschließend wird die Beschichtung getrocknet und
     zess ist die gründliche Säuberung der Oberfläche vor der   gehärtet.
     Beschichtung. Die sich bildende Schichtstruktur hängt
     von der Temperatur und Geschwindigkeit des Schicht-        Im Falle der elektrostatischen Pulverbeschichtung wird
     materials ab und ob der Prozess an Luft, in Schutzgas      Pulver mit Hilfe eines Luftstroms dem Sprühsystem
     oder im Vakuum durchgeführt wird. Nachträglich kann die    zugeführt, durch Hochspannung oder durch die Rei-
     Schicht auch durch Walzen oder Befüllen der vorhande-      bungselektrizität im Strömungskanal der Sprühpistole
     nen ­Poren verändert werden. Hauptanwendungsbereich        aufgeladen und dann durch das elektrische Feld auf
     findet das thermische Spritzen beim Hitze-, Verschleiß-    dem Werkstück aufgebracht.
     und Korrosionsschutz. Da beim thermischen Spritzen
     die Wärmebelastung des Bauteils sehr gering gehalten       Auch kurze Fasern lassen sich so aus einem Vorrats­
     werden kann, lassen sich neben Glas, Metall oder Keramik   behälter und mittels des elektrischen Feldes auf eine mit
     auch Kunststoffe, Holz und Papier beschichten.             Klebstoff beschichtete geerdete Oberfläche aufbringen,
                                                                wobei die Fasern durch das Feld gleichzeitig ausgerich-
                                                                tet werden. Anschließend wird der Klebstoff getrocknet
                                                                und ausgehärtet.

12   NANO- UND MATERIALTECHNOLOGISCHE LÖSUNGEN FÜR OBERFLÄCHEN
2.3.3 Sol-Gel-Verfahren
Das Sol-Gel-Verfahren ist ein nasschemisches Verfah-
ren, bei dem ein flüssiger Sol-Zustand in einen festen
Gel-Zustand überführt wird. Als Sol wird eine Dispersion
bezeichnet, bei der feste Nanopartikeln sich in Wasser
oder organischen Lösemitteln verteilen. Bei der Über-
führung in den Gel-Zustand wird das zu beschichtende
Bauteil mittels Flüssigphasenverfahren wie Tauchen,
Spincoating oder auch Inkjet-Verfahren mit der Sol-Gel-
Lösung beschichtet. Hierfür sind auch wirtschaftliche
                                                                               Benetzung             Trocknung           funktionelle
Rolle-zu-Rolle-Beschichtungsprozesse einsetzbar.                                                    Verdichtung         Beschichtung

Die benetzte Oberfläche wird im nachfolgenden Pro-
zessschritt getrocknet und mittels einer Wärmebehand-                   Arbeitsabläufe bei der Sol-Gel-Beschichtung (Quelle: VDI TZ).
lung oder Ultraviolett-Bestrahlung in eine feste Schicht
überführt. Die Wärmebehandlung entfernt die restlichen                  Mittels des Sol-Gel-Verfahrens können sowohl funktionelle
Lösemittelbestandteile durch Pyrolyse und verdichtet                    Beschichtungen als auch Massivmaterialien hergestellt
dadurch die Partikel zu einer kompakten Beschichtung.                   werden. Das Spektrum reicht dabei von keramischen
Je nach Temperatur und Dispersionswahl werden anor-                     Festköpern bis zu Fasern oder Pulver. Durch den Einsatz
ganisch-organische Vernetzungen, Glaszustände oder                      unterschiedlichster Nanopartikel-Dispersionen können
keramische Überzüge erzeugt.                                            durch Sol-Gel-Abscheidung Beschichtungen mit unter-
                                                                        schiedlichsten Eigenschaften (easy-to-clean, antifinger-
                                                                        print, antimikrobiell, hydrophil, hydrophob etc.) erzeugt
                                                                        werden.

Rolle-zu-Rolle-Beschichtungsanlage für Sol-Gel-basierte elektrochrome Folienbeschichtungen, die unter Reinraumbedingungen aufgebracht werden
(Quelle: Fraunhofer ISC).

                                                                                                 TECHNOLOGIEN UND VERFAHREN                    13
2.4 	Elektro- und thermo­
           chemische Verfahren
     Bei den elektrochemischen Verfahren werden in der Regel       Bei der galvanischen Beschichtung ist auf die richtige
     Metalle auf einem elektrisch leitenden Grundmaterial          Anordnung von Target und Werkstück zu achten. Da die
     aufgebracht. Das zu beschichtende Bauteil muss dabei          Beschichtungsmaterialien sich entlang der elektrischen
     absolut sauber sein und Kunststoffe müssen vorher             Feldlinien zum Substrat hin bewegen, wird an Spitzen
     über chemische Reaktionswege vormetallisiert werden.          und Kanten mehr Material abgeschieden als in Bohrun-
     Teilflächen, die nicht beschichtet werden sollen, müssen      gen oder Innenecken. Auf rauen Oberflächen lassen sich
     abgeklebt oder lackiert werden (Müller 1995).                 daher kaum glatte Oberflächen erzeugen, und abgerun-
                                                                   dete Formkörper sind einfacher gleichmäßig zu be-
     Bei den thermochemischen Verfahren werden durch               schichten als eckige. Durch Variation der Anordnung
     chemische Reaktionen ausgelöste Veränderungen der             und Form der Elektroden oder mit Hilfe geeigneter
     Randschichten von Fertigteilen, die in der Regel aus          Abdeckungen lassen sich Unregelmäßigkeiten in den
     Eisenwerkstoffen bestehen, erzielt. Zweck der Verfahren       Schichten ausgleichen.
     ist es meistens, die Erhöhung der Härte und damit der
     Dauerfestigkeit von Bauteilen zu verbessern, sozusagen        Die Galvanotechnik wird in der Hauptsache für dekorative
     als zusätzlicher Verschleiß- und Korrosionsschutz. Über die   Beschichtungen und zum Korrosions- und Verschleiß-
     angebotenen Ausgangssubstanzen, die Temperatur- und           schutz eingesetzt.
     Einwirkzeit, das Material des Werkstücks und die Akti-
     vierung (Temperatur, Strahlung, Plasma) lassen sich die
     Schichteigenschaften einstellen. Am häufigsten werden         2.4.2 Einsatzhärten und Nitrieren
     Einsatzhärten und Nitrieren verschiedener Stahlsorten
     angewandt. Dazu werden entweder kohlenstoff- oder             Ursprünglich wurde das Einsatzhärten für eisenbasierte
     stickstoffhaltige Ausgangssubstanzen eingesetzt.              Bauteile mit weichem Kern eingesetzt, um diesen eine
     (Weißbach 2010)                                               verschleißfestere Oberfläche zu geben. Eines der ältesten
                                                                   Beispiele ist das Härten von Schwertklingen. Heute wird
                                                                   das Einsatzhärten auch für die Erhöhung der Dauerfes-
     2.4.1 Galvanische Beschichtungen                              tigkeit eingesetzt.

     Beim galvanischen Beschichtungsvorgang werden das             Beim Einsatzhärten werden in der Regel zwei Arbeits-
     leitfähige Substrat (das zu beschichtende Bauteil) und das    gänge benötigt. Zuerst werden die zu härtenden Stähle
     metallische Target (das Beschichtungsmaterial) als Elek­      in einer kohlenstoffreichen Umgebung auf über 900 Grad
     troden in einem wässrigen Elektrolyten eingesetzt. Durch      Celsius erwärmt, wodurch Kohlenstoff in das Randge-
     Anlegen einer Spannung zwischen diesen Elektroden wird        füge eindiffundiert. Das Kohlenstoffangebot erfolgt meist
     Material aus dem Target ausgelöst und auf dem Substrat        durch Zuleitung kohlenstoffhaltiger Pulver, Salze oder
     aufgetragen. Je nach Spannungshöhe, geschaltetem              Gase. Der Härtevorgang erfolgt danach durch schnelles
     Spannungsverlauf, Temperatur und Konzentration des            Abkühlen der Bauteile. Bei diesem Abschrecken entsteht
     Bades sowie der Dauer des Abscheideprozesses werden           ein als Martensit bezeichneter Zustand in der Randzone,
     unterschiedliche Schichteigenschaften erreicht.               der für die Härtung der Randzone maßgeblich ist. Durch
                                                                   geeignete Variation des Abschreckungsprozesses kön-
                                                                   nen die Eigenschaften der Rand- und Kernzone gezielt
                                                                   eingestellt werden.
                                  +     –
                                                                   Ist weniger die Oberflächenhärte das Ziel des Vergütungs-
                                                                   verfahrens, sondern die Erhöhung der Dauerfestigkeit
                                                                   der Eisenwerkstoffe, so wird eher das Nitrierverfahren
                                                                   angewendet. Hier werden, wie beim Einsatzhärten, durch
                                                                   Aufwärmen in einer stickstoffreichen Umgebung und
                                                                   einer Abkühlphase danach für die jeweilige Anwendung
                                                                   geeignete Materialänderungen vorgenommen. Zum Nit-
                                                                   rieren werden Gase, Salze oder stickstoffhaltige Plasmen
                        Target              Substrat               eingesetzt. Anwendung finden auch Kombinationen aus
                                                                   Nitrieren und Einsatzhärten.
     Anordnung zur galvanischen Beschichtung (Quelle: VDI TZ).

14   NANO- UND MATERIALTECHNOLOGISCHE LÖSUNGEN FÜR OBERFLÄCHEN
3. Oberflächenfunktionalisierungen

       Durch verschiedene und spezielle Oberflächenfunktio-
       nalisierungen von Werkzeugen und Bauteilen können
       ganz neue Eigenschaften erzeugt werden, die höheren
       Anforderungen an industrielle Prozesse und Produkte
       gerecht werden. Insbesondere aus wirtschaftlicher und
       ökologischer Sicht sind innovative Oberflächen von Pro-
       dukten vorteilhaft und vielfach auch notwendig.

       3.1       Optische Beschichtungen
       Durch das Aufbringen von optischen Schichtsystemen
       auf Bauelemente kann deren optische Funktionalität
       hinsichtlich Farbeffekten, Reflexion, Transmission und
       Absorption hergestellt oder verbessert werden. Die
       Schichtabscheidung erfolgt häufig in Vakuumprozessen
       durch thermische Bedampfungs- und Sputter-Verfahren.

                                                                   Farbeffekte wie der Perlglanzeffekt lassen sich durch Metalloxid-

       3.1.1 Farbeffekte                                           Pigmente für innovative Produkte nutzen (Quelle: iStock/aluxum).

       Verschiedene Farbeffekte von Produkten basieren auf         Nanomaterialien sind auch als brillante Leuchtstoffe in
       bestimmten farbgebenden Materialien wie Farb- und           Form von sogenannten Quantenpunkten beziehungs-
       Effektpigmenten beziehungsweise entsprechenden              weise Quantendots bekannt. Es handelt sich dabei um
       Nanomaterialien, die auf Lichtabsorption, -streuung oder    fluoreszierende Nanokristalle aus Halbleitermaterialien wie
       -reflexion zurückzuführen sind. Diese Materialpartikel      Silizium (Si), Cadmiumselenid (CdSe) oder Indiumphos-
       werden je nach Anwendung als Additive in verschiedene       phid/Zinksulfid (InPZnS), die sich aufgrund der Nano-
       Massivwerkstoffe (zum Beispiel Kunststoffe, Keramiken,      strukturdimension durch außergewöhnliche quanten-
       Kosmetika) oder Funktionsschichten (zum Beispiel Lacke,     mechanische Effekte auszeichnen. Diese Quantendots
       Druckfarben, Polymerfolien) eingebettet.                    werden bereits seit einigen Jahren als optische Marker
                                                                   in der Medizin eingesetzt. Zunehmend werden aus
       Bei den Pigmenten, die teilweise auch aus Nanomateria-      Quantenpunkten auch Nanoschichten für technische
       lien bestehen, wird zwischen Weiß-, Bunt- und Schwarz-      Anwendungen, zum Beispiel für Leuchtdioden (LED)
       pigmenten sowie Lumineszenz- und Effektpigmenten            oder für eine verbesserte Farbwiedergabe von Displays,
       (Metallpigmente, Metalloxid/Substrat-Pigmente) unter-       hergestellt.
       schieden. Der bei den Metalloxid-Substrat-Pigmenten
       auftretende besondere Glanz- und Perlmutt-Effekt wird
       durch die Wechselwirkung des Lichtes mit der optisch
       hochbrechenden Metalloxid-Schicht (zum Beispiel Titan-
       dioxid, Eisen(III)oxid) und den optisch niedrigbrechenden
       Substratplättchen (unter anderem Glimmer, Siliziumdioxid,
       Aluminiumoxid) erzeugt. Auch lassen sich mit Effektpig-
       menten Interferenzfarben einstellen, bei denen sich je
       nach Betrachtungswinkel die Farbe ändert (sogenannter
       Flip-Flop-Effekt).

                                                                                    OBERFLÄCHENFUNKTIONALISIERUNGEN                    15
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