Nationaler Aktionsplan Integration - Bericht Phase II - Erstintegration: Ankommen erleichtern - Werte vermitteln
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Nationaler Aktionsplan Integration Bericht Phase II – Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln 1 2 3 4 5
Nationaler Aktionsplan Integration Bericht Phase II – Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Inhalt Vorwort von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel 6 Vorwort von Staatsministerin Annette Widmann-Mauz 8 Erklärung des Bundes zum Nationalen Aktionsplan Integration 10 Erklärung der Länder zum Nationalen Aktionsplan Integration 14 Erklärung der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände zum Nationalen Aktionsplan Integration 16 Berichte der Themenforen 1. Sprachförderung 20 2. Beratungsangebote 32 3. Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen als Einstieg in den Arbeitsmarkt 41 4. Bildung und Ausbildung als Grundlage gelingender Integration und Teilhabe 52 Abkürzungsverzeichnis 64 Impressum 71
Vorwort von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel Liebe Bürgerinnen und Bürger, gelungene Integration ist entscheidend für gesellschaft- lichen Zusammenhalt. Die Corona-Pandemie stellt diesen Zusammenhalt auf eine harte Probe. Ihre Folgen spüren wir im sozialen Miteinander genauso wie bei der wirt- schaftlichen Entwicklung. Nicht zuletzt wirkt sich die Pandemie auf unsere Integrationsarbeit aus. Staatliche Integrationsangebote wie Sprachkurse oder Migrations- beratung konnten vorübergehend nicht im Präsenzformat stattfinden, die Anerkennung ausländischer Berufs- und Bildungsabschlüsse verzögert sich, Bildung und Ausbil- dung erfolgen nicht in gewohntem Umfang. Diese Beeinträchtigungen sind schmerzhaft. Denn die Phase unmittelbar nach der Ankunft ist für die Integration von entscheidender Bedeutung. Je früher Einwanderinnen und Einwanderer die deutsche Sprache lernen, Zugang zu Bildung und Ausbildung finden und mit unseren grund- legenden Werten vertraut werden, umso größer sind auch die Chancen für eine gelungene Integration. Genau aus diesem Grund legt die Bundesregierung einen besonderen Schwerpunkt auf Angebote der Erstintegration. Mit dem Nationalen Aktionsplan Integration bauen wir Die Corona-Pandemie hat uns einmal mehr, wenn auch auf bereits gemachten Erfahrungen auf und entwickeln besonders deutlich vor Augen geführt, wie wichtig es ist, Kernvorhaben – und zwar gemeinsam mit den Ländern die Digitalisierung in unserem Land weiter voranzutreiben. und Kommunen, mit der Zivilgesellschaft und natürlich Das gilt auch mit Blick auf Integrationsangebote. Die auch den Organisationen der Migrantinnen und Migranten. Bundesregierung leitet daher eine Digitaloffensive bei Ich danke allen von Herzen, die an diesem Aktionsplan Integrations- und Berufssprachkursen ein. Neu ankom- mitgearbeitet haben und ihn mit Leben erfüllen. mende Einwanderinnen und Einwanderer sollen auch Phase II: 6 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
ohne Präsenzunterricht so schnell wie möglich Deutsch Anfang an. Diesen Weg wird die Bundesregierung auch lernen können. Digitale Angebote sollen auch in der Mi weiter beschreiten. Ich danke allen, die uns dabei unter- grationsberatung und bei der Anerkennung ausländischer stützen. Berufs- und Bildungsabschlüsse zur Regel werden. Zudem unterstützt die Bundesregierung die Länder bei der Digita- lisierung der Schulen. Zusammenleben und Zusammenhalt in unserer Gesell- schaft hängen von verschiedensten Fragen ab. Wie zügig Dr. Angela Merkel und erfolgreich Integration gelingt, zählt zweifellos dazu. Deshalb fördern wir Integration konsequent und von Bundeskanzlerin Phase II: 7 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Vorwort von Staatsministerin Annette Widmann-Mauz Liebe Bürgerinnen und Bürger, ein selbstbestimmtes Leben in Frieden und Sicherheit, das Beste für die Familie und die Kinder, eine gute Arbeit, ein Stück Heimat – das wünschen sich die meisten in unserem Land, ob hier geboren oder eingewandert. Das muss eine gute Integrationspolitik unterstützen. Sie muss dafür sorgen, dass alle ihre Potenziale einbringen können und alle mitmachen. Das stärkt das Miteinander, das macht Deutschland zukunftsfest. Die Bundesregierung hat deshalb 2018 den Nationalen Aktionsplan Integration gestartet. Dort beraten wir neue Vorschläge für mehr Integration. Wir – das sind über 300 Partnerinnen und Partner: Bundesministerien, Bundesländer, Städte und Gemeinden, Migrantenorga nisationen, Wirtschaft und Gewerkschaften, Stiftungen und Wissenschaft, Wohlfahrtsverbände oder der organi- sierte Sport. Beim Aktionsplan bringen wir die gesamte Integrationsexpertise und -erfahrung unseres Landes ein. Als Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration steure ich diesen Prozess. Natürlich stellt die Integration an jede und jeden von uns tion, Eingliederung, Zusammenwachsen, Zusammenhalt. individuelle Anforderungen: Viele wohnen in Städten und Das sind die fünf Phasen des Aktionsplans, in jeder Metropolregionen, andere im ländlichen Raum. Manche beschließen wir Kernvorhaben für die beste Integration. sind mit Planung und zeitlichem Vorlauf eingewandert, andere mussten über Nacht vor Krieg und Verfolgung Nachdem wir die Ergebnisse für die erste Phase im März flüchten. Und alle, die hier geboren sind, sollen ab dem 2020 verabschiedet haben (siehe www.nationaler-aktions Kreißsaal mit fairen Chancen aufwachsen. Integration – plan-integration.de), legen wir jetzt die Ergebnisse für das ist eben eine sehr persönliche Sache. Darum richten Phase II vor. Hier geht es um die Erstintegration. Wir wir den Nationalen Aktionsplan Integration an fünf Pha- möchten dafür sorgen, dass alle ab Tag Eins die Weichen sen der Zuwanderung und des Zusammenlebens aus. Fünf auf Integration stellen können: Mit 16 Kernvorhaben, die Phasen, die idealtypisch und individuell den Integrations- bei der Sprachförderung, der Beratung vor Ort, der An- weg eines Menschen und eine mögliche Einwanderungs- erkennung mitgebrachter Berufs- und Bildungsabschlüsse geschichte abbilden: Vor der Zuwanderung, Erstintegra- sowie der Bildung und Ausbildung ansetzen. Phase II: 8 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Besonders wichtig ist uns eine Digitaloffensive. Gerade die Berufsbildung finden. Alle jungen Menschen sollen einmal Corona-Pandemie zeigt, dass wir viel stärker auf digitale selbstbestimmt ihren Weg gehen können, egal in welchem Angebote setzen müssen. Denn nicht nur Schulen, Kitas Stadtteil sie wohnen oder aus welchem Elternhaus sie oder Arbeitsstätten waren geschlossen, sondern auch kommen. Das macht eine faire Gesellschaft aus, das stärkt Präsenzangebote wie die Integrationskurse zum Deutsch- unseren Zusammenhalt. lernen oder die Migrationsberatung vor Ort fielen aus. Wir wollen, dass niemand wertvolle Zeit bei der Integra- Ich danke allen Beteiligten für ihr Mitwirken, ihre Ideen tion verliert und Integrationserfolge durch die Pandemie und ihre Vorschläge für den Nationalen Aktionsplan In- zurückgeworfen werden. Darum müssen unsere Vorhaben tegration. Von den Kernvorhaben profitiert nicht nur jede auch digital zum Erfolg führen. und jeder Einzelne. Das macht uns auch künftig zu einem lebenswerten und wettbewerbsfähigen Land. Bei der Erstintegration ist das Lernen der deutschen Sprache elementar wichtig. Dafür sorgen die Integrations- Ich wünsche allen eine interessante Lektüre! kurse, die seit 2005 über 2,3 Millionen Menschen besucht haben. Hier und auch bei den Berufssprachkursen werden wir das digitale Lernen ausweiten. Ebenso möchten wir mit Beratung vor Ort jede und jeden erreichen, auch im Schulterschluss mit den Migrantenorganisationen: Wo kann ich Deutsch lernen? Wie finde ich eine Ausbildung Annette Widmann-Mauz oder Arbeit? Wo gibt es ein Betreuungsangebot für meine Kinder? Diese Fragen wird die Migrationsberatung für Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin Erwachsene und Jugendliche künftig noch stärker in den Beauftragte der Bundesregierung für Migration, sozialen Medien beantworten. Flüchtlinge und Integration Diskutiert und beraten haben wir auch, wie wir im Bil- dungswesen bessere Chancen für alle Kinder und Jugend- lichen schaffen und wie sie später gute Übergänge in die Phase II: 9 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Erklärung des Bundes zum Nationalen Aktionsplan Integration Die Phase unmittelbar nach der Ankunft in Deutschland derinnen und Einwanderer profitiert. Seit 2012 wurden ist von entscheidender Bedeutung für die Integration aller rund 200.000 Anträge auf Anerkennung von Berufs- und neu ankommenden Einwanderinnen und Einwanderer, Bildungsabschlüssen bearbeitet. deren Aufenthalt nicht nur vorübergehend ist. Sie haben sich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden, müssen Auch bei der Bildungsintegration konnten in den vergan- die deutsche Sprache lernen, brauchen Orientierung und genen Jahren Erfolge erzielt werden. So ist der Anteil der Unterstützung beim Ankommen. Hierfür benötigen sie Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an Beratungsangebote, Unterstützung beim Spracherwerb Hauptschulen von 2007 bis 2017 von 46,6 auf 25,7 Prozent und bei der Anerkennung ihrer Berufs- und Bildungs- gesunken. Im gleichen Zeitraum hat sich der Anteil der abschlüsse sowie beim Zugang zum deutschen Bildungs- Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, und Ausbildungssystem. Sie müssen aber auch mit den die die Schule mit der Fachholschulreife oder dem Abitur Werten vertraut werden, die das Zusammenleben in verlassen, von 7,8 auf 19,4 Prozent mehr als verdoppelt. Deutschland prägen. Die Bundesregierung verfolgt gemeinsam mit den Län- dern sehr aufmerksam, inwiefern die Auswirkungen der Die Bundesregierung legt bei der Integrationsförderung seit Corona-Pandemie die erzielten Erfolge bedrohen und sich vielen Jahren erfolgreich einen Schwerpunkt auf Angebote Unterschiede bei den Bildungserfolgen wieder verstärken. der Erstintegration. Zentrale Säulen sind dabei die Integra Sie wird gemeinsam mit den Ländern zielgerichtet die tions- und Berufssprachkurse. An den Integrationskursen notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Integration haben seit ihrer Einführung im Jahr 2005 deutlich über zwei durch Bildung zu stärken. Millionen Einwanderinnen und Einwanderer teilgenommen. Die Migrationsberatung – insbesondere die Migrationsbe- In der vorliegenden Erklärung werden die Kernvorhaben ratung für erwachsene Zuwanderer (MBE) und die Jugend der Bundesregierung in der Phase II „Erstintegration: migrationsdienste (JMD) – flankiert die Integrationskurse Ankommen erleichtern – Werte vermitteln“ des Nationa- und trägt so zum Kurserfolg bei. len Aktionsplans Integration (NAP-I) präsentiert. In dieser Phase gilt es, möglichst nahtlos an die Vorintegrations-, Viele Einwanderinnen und Einwanderer waren früher Informations- und Aufklärungsangebote anzuknüpfen, nach ihrer Ankunft in Deutschland weit unter ihrer Quali- die bereits im Herkunftsland durchgeführt werden. Diese fikation beschäftigt. Damit sie in ihren erlernten Berufen wurden in der Phase I „Vor der Zuwanderung: Orientie- arbeiten können, hat die Bundesregierung im Jahr 2012 rung geben – Erwartungen steuern“ des NAP-I ausführlich das Anerkennungsgesetz verabschiedet. Davon haben behandelt. insbesondere auch viele bereits im Land lebende Einwan- Phase II: 10 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Themenforum „Sprachförderung“ Themenforum „Beratungsangebote“ Sprache ist der Schlüssel für die gesellschaftliche und be- Neben der Sprachförderung und der Wertevermittlung rufliche Integration. Möglichst gute und frühzeitig erwor- im Orientierungskurs sind die Migrationsberatung und bene Sprachkenntnisse sind eine zentrale Voraussetzung soziale Begleitung von jungen und erwachsenen Zuwan- für die gesellschaftliche Teilhabe von Zuwanderinnen und derinnen und Zuwanderern wichtige Grundpfeiler der Zuwanderern in Deutschland. Sie sind nicht nur Voraus- Integrationsförderung. Sie vermitteln insbesondere in der setzung für die Bewältigung des Alltags und den Aufbau Phase der Erstintegration grundlegende Orientierung. Sie sozialer Beziehungen, sondern insbesondere auch für eine eröffnen durch die Begleitung in den Ausbildungs- und erfolgreiche Teilhabe am Arbeitsmarkt. Arbeitsmarkt Perspektiven zur Integration, setzen Impulse für interkulturelle Begegnungen von Menschen aus unter- Das Gesamtprogramm Sprache – bestehend aus dem schiedlichen Kulturkreisen und tragen damit zum Zusam- Integrationskurs und den Berufssprachkursen – ist das menleben und Zusammenwachsen im Gemeinwesen bei. grundlegende Angebot der Bundesregierung zum Sprach- erwerb, flankiert von studienvorbereitenden Sprachkurs- Zur Weiterentwicklung und Stärkung der Online-Bera- angeboten. tung wird als Kernvorhaben eine Denkwerkstatt im Rahmen des Projektes „Dig.it – digitale Zugangsstruk Als Kernvorhaben sollen im Rahmen der Digitaloffen turen für die Erstintegration“ in Trägerschaft der Bun- sive der Bundesregierung insbesondere Rahmenbe- desarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit dingungen für einen begleitenden Einsatz von digitalen (BAG EJSA e. V.) eingerichtet. Die Denkwerkstatt setzt an Mitteln im Unterricht in Integrationskursen entwickelt der bestehenden Online-Beratung in den Jugendmigra- werden. Die Relevanz digitaler Sprachlernangebote wurde tionsdiensten (JMD) an. insbesondere in der Corona-Pandemie deutlich, durch die es aufgrund des Gesundheitsschutzes nicht möglich Mit dem Kernvorhaben „mbeon – Online-Beratung als war, Präsenzkurse durchzuführen. Der Einsatz digitaler Regelangebot“ führt die Bundesregierung erstmalig ein Sprachlernangebote kann die Erstintegration auch durch digitales Regelangebot im Bereich der Migrationsberatung den frühzeitigen Erwerb digitaler Kompetenzen im Hin- für erwachsene Zuwanderer (MBE) ein. Nicht zuletzt die blick auf deren steigende Bedeutung im weiteren Berufs- Entwicklungen während der Corona-Pandemie haben leben unterstützen. die Erfolge des ursprünglichen Modellprojekts sowie die Notwendigkeit des weiteren Ausbaus der Online-Beratung Eine große Herausforderung für das Integrationskurs- aufgezeigt. system sind Teilnehmende mit besonderen Lernhinder- nissen. Als Kernvorhaben etabliert die Bundesregierung Bundesweit sind Migrantenorganisationen im Bereich im Rahmen des Integrationskurses einen speziell auf die der ehren- und hauptamtlichen Beratung und Begleitung Bedürfnisse dieser Zielgruppe ausgerichteten Kurs mit von Zuwanderinnen und Zuwanderern aktiv. Als Kernvor- langsamerem Lernfortschritt. haben wird die Bundesregierung in einem Modellprojekt mit dem Verband für Interkulturelle Wohlfahrtspflege, Für den Erwerb der deutschen Sprache ist es von zentra- Empowerment und Diversity (VIW) Maßnahmen zur ler Bedeutung, dass viele Möglichkeiten zur Anwendung stärkeren Nutzung der Synergien zwischen den Leistun des in den Kursen Erlernten bestehen. Im Kernvorhaben gen der MBE und den flankierenden Beratungs- und „SwaF (Start with a Friend) Verein(t)“ werden Teilnehme- Begleitungsangeboten der Migrantenorganisationen rinnen und Teilnehmer der Integrationskurse in Vereine erproben. und andere soziale Gemeinschaften vermittelt, um infor- melle Sprachlernmöglichkeiten zu eröffnen. Neben den beiden bundesgeförderten Migrationsbe- ratungsdiensten MBE und JMD existieren zahlreiche Standardisierte Sprachprüfungen sollen sich vorrangig an Beratungsangebote der Länder. Als Kernvorhaben sollen den Lernzielen und den erforderlichen kommunikativen die Beratungsangebote von Bund und Ländern stärker Handlungen sowie – im Bereich der Berufssprachkurse – vernetzt sowie entsprechende Kooperationsmodelle ent- nicht zuletzt auch an der angestrebten beruflichen Hand- wickelt und bestehende gestärkt werden. lungskompetenz orientieren. Als Kernvorhaben wird die Bundesregierung diesen Handlungsbedarf aufgreifen und innovative Zertifikatprüfungen für die Berufssprach kurse einführen. Phase II: 11 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Themenforum „Anerkennung von Ziel, einwanderungsinteressierten Fachkräften im Ausland Berufs- und Bildungsabschlüssen“ zentrale Beratung und Unterstützung bei der Anerken- nung ihrer Abschlüsse in Deutschland anzubieten, um Viele Einwanderinnen und Einwanderer haben bereits in einen Beitrag zur Steigerung der Einheitlichkeit und ihren Herkunftsländern einen Berufsabschluss erworben. Effizienz der Anerkennungsverfahren zu leisten und die Je besser die Möglichkeiten sind, die mitgebrachten beruf- Transparenz für ausländische Fachkräfte und Unterneh- lichen Qualifikationen anerkennen zu lassen, desto besser men zu erhöhen. sind die Chancen für Einwanderinnen und Einwanderer, in ihren erlernten Berufen zu arbeiten. Hiervon profitieren Werden beim Gleichwertigkeitsfeststellungsverfahren auch bereits länger in Deutschland lebende Einwanderin- wesentliche Unterschiede zwischen der ausländischen nen und Einwanderer. Qualifikation und dem deutschen Referenzberuf fest- gestellt, müssen diese für eine vollumfängliche Anerken- Um den Zugang für Fachkräfte zur Anerkennung durch nung ausgeglichen werden. Die Bundesregierung etabliert persönliche Begleitung und finanzielle Förderung zu als weiteres Kernvorhaben im Pflegebereich pilothaft erleichtern, unterstützt die Bundesregierung mit dem eine Prozesskette zur Einwanderung, um die Wege zur Anerkennungszuschuss als Kernvorhaben Personen, die vollen Gleichwertigkeit durch Aufbau einer gebündelten ihre ausländische Berufs- oder Hochschulqualifikation in Servicestruktur für anwerbende Gesundheitseinrichtun- Deutschland anerkennen lassen wollen und dabei nicht gen (Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und auf eine alternative Unterstützung zurückgreifen können. Pflegeberufe GmbH – DeFa) und den Ausbau von Qualifi- zierungsmaßnahmen zu unterstützen und zu beschleuni- Als weiteres Kernvorhaben wird die Bundesregierung gen sowie die Integration der einwandernden Fachkräfte einen Runden Tisch Anerkennung einrichten, um die bei den aufnehmenden Einrichtungen zu fördern. Akteure des Anerkennungsverfahrens zu vernetzen, Wissen zu teilen und die Expertise und Erfahrungen von Durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) gewinnen anerkannten Fachkräften, von Migrantenorganisationen, der Nachweis der Gleichwertigkeit ausländischer Qualifi- Wohlfahrtsverbänden, Sozialpartnern und Beratungsstel- kationen, aber auch die Bereitstellung eines ausreichenden len systematisch einzubeziehen. Qualifizierungsangebots noch weiter an Bedeutung. Die berufliche Anerkennung stärkt für alle Einwanderinnen und Mit dem Kernvorhaben „Zentrale Servicestelle Berufs Einwanderer die Chancen auf eine nachhaltige und der Qua- anerkennung (ZSBA)“ verfolgt die Bundesregierung das lifikation entsprechende Integration in den Arbeitsmarkt. Phase II: 12 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Themenforum „Bildung und Aus- Die Kernvorhaben der Phase II „Erstintegration: Ankom- men erleichtern – Werte vermitteln“ unterstreichen, wel- bildung als Grundlage gelingender che Bedeutung die Bundesregierung der Phase unmittel- Integration und Teilhabe“ bar nach der Ankunft in Deutschland für die Integration beimisst. Die Förderung der Integration sollte bei allen Einwanderinnen und Einwanderern, deren Aufenthalt Bildung und Ausbildung sind wesentliche Voraussetzun- nicht nur vorübergehend ist, so früh wie möglich begin- gen für gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe sowie nen. Diesen Weg hat die Bundesregierung in den letzten sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg. Insgesamt gelingt Jahren konsequent verfolgt. Integration in Bildung und Ausbildung zunehmend besser. Zugleich sind weiterhin erhebliche Integrations- Mit den vielfältigen Kernvorhaben legt die Bundesre- bedarfe gegeben. gierung den Grundstein für gelingende Integration und Das Beherrschen der deutschen Sprache ist der Schlüssel Teilhabe – von der Sprachförderung und Beratung über zu Bildung, Schulerfolg und damit auch zu gesellschaft- die Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen licher Teilhabe. Als Kernvorhaben wird die Bundesregie- bis hin zur Förderung von Bildung und Ausbildung. rung die Ergebnisse aus der ersten Programmphase von „Bildung durch Sprache und Schrift (BiSS)“ in die Fläche Darauf aufbauend wird die Bundesregierung in Phase III tragen und im Rahmen von „BiSS-Transfer“ bis 2025 an „Eingliederung: Teilhabe ermöglichen – Leistung fordern rund 2.700 allgemeinbildenden Schulen, das entspricht und fördern“ und den weiteren Phasen des NAP-I den ca. zehn Prozent aller Grundschulen und Schulen in der Prozess der gesellschaftlichen Eingliederung fortsetzen Sekundarstufe I in Deutschland, umsetzen. und die Weichen so stellen, dass die Gesellschaft zusam- menwachsen (Phase IV) und der gesellschaftliche Zusam- Um den inländischen Fachkräftenachwuchs zu sichern menhalt (Phase V) gewährleistet werden kann. und alle Potenziale der jungen Menschen – insbesondere auch mit Migrationshintergrund – beim Übergang von der Dabei wird die Bundesregierung die gesellschaftlichen Schule in den Beruf noch besser zu aktivieren, ist es das Auswirkungen der Corona-Pandemie durch gezielte För- gemeinsame Ziel der Bundesregierung und der Länder, als derprogramme und Maßnahmen abfedern. Ein Beispiel Kernvorhaben die erfolgreiche Initiative „Bildungsketten“ hierfür ist der Rettungsschirm in Höhe von 500 Millionen fortzusetzen, weiterzuentwickeln und auszubauen. Euro zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen. Als weiteres Kernvorhaben werden die DAAD-Hochschul Weiterhin wird die Bundesregierung einen besonderen programme für Flüchtlinge in erweiterter Form fortgeführt, Schwerpunkt auf den Ausbau digitaler Formate legen: um die Integration studierwilliger und -fähiger Geflüchteter Mit der Digitaloffensive bei den Integrations- und Berufs- an deutschen Hochschulen zu fördern. Damit werden die sprachkursen, der Einführung von Online-Beratung als Arbeitsmarkt- und Teilhabechancen hoch qualifizierter Ge- Regelangebot bei der Migrationsberatung und der Unter- flüchteter in Deutschland gesteigert. stützung der Länder bei der Digitalisierung der Schulen stellt die Bundesregierung die Weichen in Richtung Zudem wird die Bundesregierung als Kernvorhaben ein digitaler Zukunft. neues Dialogformat „Integration durch Bildung“ auf Bundesebene etablieren, in dem Akteure aus Wissenschaft, Praxis, Interessenvertretungen, Migrantenorganisationen und Politik regelmäßig zusammenkommen und sich über gesetzte Themenfelder im Bereich Integration durch Bildung austauschen. Diese Kernvorhaben der Bundesregierung sichern gute Bildung und Ausbildung und eröffnen Wege zu einem selbstbestimmten Leben, zu gesellschaftlicher Teilhabe und beruflicher Entwicklung. Damit tragen sie auch zu Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit bei – ganz indivi duell und für alle zusammen. Phase II: 13 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Erklärung der Länder1 zum Nationalen Aktionsplan Integration Die zweite Phase des NAP-I bezieht sich auf Maßnahmen wie die berufsbezogene Sprachförderung auch fortan und Angebote der Erstintegration, die den nach Deutsch- bedarfsbezogen auszubauen und weiterzuentwickeln. Dies land zugewanderten Menschen das Ankommen erleich- betrifft auch die Verbesserung der Rahmenbedingungen tern sollen und die hier geltenden Werte vermitteln. Den für Teilnehmende hinsichtlich der Fahrtkostenübernahme Ländern kommt dabei eine zentrale Rolle zu, die Erstinte- und bzgl. der Kinderbetreuung. gration betrifft die zentralen Zuständigkeitsbereiche von ihnen, wie beispielsweise die Bildungspolitik. Auch tragen die Länder durch ihre Verwaltungshoheit maßgeblich zu Erfolgreiche Integration durch einer gelingenden Integration vor Ort bei. Die Integrations- individuelle Beratung ministerkonferenz hat sich in den vergangenen Jahren in Beschlüssen eingehend mit der Erstintegration von Deutschland ist ein vielfältiges und weltoffenes Land. Für Zuwanderinnen und Zuwanderern befasst. ein gutes Zusammenleben aller ist die Verbesserung der Teilhabe und Partizipation ebenso wie die Stärkung des sozialen Zusammenhalts, basierend auf dem Grundgesetz Sprachförderung als zentrales mit seiner Rechts- und Werteordnung, elementar. Um dies Instrument zu erreichen, müssen Ausgrenzungsmechanismen, Dis kriminierung und Partizipationsbarrieren beseitigt wer- Die Länder sehen eine vordringliche Aufgabe im Zugang den. Die aus dieser Zielstellung resultierenden Angebote zu Angeboten zum Erlernen der deutschen Sprache. Sie und Strukturen müssen sich an der Lebenswirklichkeit setzen sich für eine breit angelegte, zugängliche und mög- und den biografischen Voraussetzungen der Menschen lichst früh ansetzende Sprachförderung ein, deren einzel- ausrichten, um Ankommen, Integration und Teilhabe zu ne Bausteine konzeptionell aufeinander abgestimmt sind. ermöglichen. Der bereits im Jahr 2005 eingeführte Integrationskurs ist dabei ein zentrales Instrument der Sprachförderung und Die Menschen, die nach Deutschland zuziehen, sind eine dient dazu, die Anerkennung der bestehenden Rechts- heterogene Gruppe und unterscheiden sich z. B. hinsicht- ordnung und den Respekt gegenüber unterschiedlichen lich Qualifikation, soziokulturellen Hintergrunds oder Wertevorstellungen zu vermitteln. Damit bildet er die Aufenthaltsstatus. Die Geflüchteten, die in den letzten Grundlage für ein rasches Einleben in Deutschland. Die Jahren nach Deutschland gekommen sind, nehmen in Länder haben wiederholt in Mehrheitsbeschlüssen den der öffentlichen Integrationsdebatte nach wie vor einen quantitativen und qualitativen Ausbau der Integrations- großen Raum ein. Die Länder betonen aber, dass sehr viel kurse gefordert. Dieses Angebot des Bundes ist genauso mehr Menschen, die nach Deutschland zugezogen sind, Bedarf an Unterstützung haben: Dies gilt insbesondere für Zugewanderte aus der Europäischen Union, für Menschen aus Drittstaaten, die im Wege der Arbeitsmigration nach Deutschland gekommen sind, sowie für Aussiedlerinnen 1 Der hier veröffentlichte Text wurde als „Gemeinsame und Aussiedler. Daher haben Integrationsangebote diese Erklärung der Länder im Rahmen der Integrationsminis terkonferenz zur Phase II des Nationalen Aktionsplans heterogenen Ausgangssituationen zu berücksichtigen und Integration (NAP-I)“ beschlossen. müssen entsprechend vielfältig sein. Eine jeweils passende Phase II: 14 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
und bedarfsgerechte Unterstützung von Zuwanderinnen Anpassungsqualifizierung zur Anerkennung ausländischer und Zuwanderern liegt im Interesse aller hier lebenden Berufsqualifikationen. Hierbei spielen individuelle ganz- Menschen. Erfolgreiche Integration bereichert das Zusam- heitliche Beratungsangebote eine wichtige Rolle. menleben und stärkt den Zusammenhalt in der Bundes- republik Deutschland. Für eine nachhaltige Integration von Fachkräften aus dem Ausland und die damit einhergehende Fachkräfte Eine entscheidende Rolle für eine erfolgreiche Integra- sicherung werden das zum 1. März 2020 in Kraft getretene tion nimmt dabei die migrationsspezifische Beratung Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) und die Fachkräfte von Zuwanderinnen und Zuwanderern entsprechend der strategie der Bundesregierung als wichtige Schritte gewer- individuellen Bedarfslage ein. Es ist in diesem Zusammen- tet. Durch das FEG werden insbesondere der Zugang von hang wichtig, dass Migrantinnen und Migranten solche qualifizierten Fachkräften zum Arbeitsmarkt erleichtert Angebote der Integrationsförderung wahrnehmen. und die rechtlichen Regelungen für den Aufenthalt in Deutschland generell transparenter gestaltet. Die Länder betonen ihre Bereitschaft, gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen an der Weiterentwicklung der Angebote der Migrationsberatung mitzuwirken, um not- Zeitnaher Zugang zu Bildung und wendige Anpassungen zu ermöglichen. Es gilt weiterhin, Ausbildung die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern so zu gestalten, dass der Austausch zu den aufeinander abzu- Die Integration in Ausbildung und Arbeit eröffnet Lebens stimmenden Beratungsangeboten regelmäßig gewähr- chancen und trägt dazu bei, den Fachkräftemangel zu leistet ist. beheben. Sie bedeutet auch Unabhängigkeit von staat- lichen Transferleistungen, beugt Altersarmut vor und bietet die Möglichkeit, einen wirtschaftlichen Beitrag für Berufs- und Bildungsabschlüsse die Gesellschaft zu leisten. Die Zuwanderinnen und Zu- anerkennen wanderer kommen mit unterschiedlichen Bildungs- und Ausbildungsniveaus nach Deutschland. Ein zeitnaher Für eine schnelle Integration von Fachkräften aus dem Zugang zum Bildungssystem, mit ausreichend passge Ausland bedarf es der Erhaltung und Weiterentwicklung nauen Sprach-, Qualifizierungs- und Weiterbildungs- der für die Integration in den Arbeitsmarkt zuständigen maßnahmen, ist daher aus integrationspolitischer Sicht Regelinstrumente und Fachstellen, insbesondere bei der entscheidend. Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung und bei der Phase II: 15 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Erklärung der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände zum Nationalen Aktionsplan Integration Die Städte, Landkreise und Gemeinden tragen mit vollem Erstintegration: Ankommen Einsatz und Engagement dazu bei, dass die gesamtstaatliche erleichtern – Werte vermitteln Aufgabe der Integration gelingt. Hier werden die entschei- denden Weichen für die gesellschaftliche und berufliche In- In der Phase der Erstintegration werden entscheidende tegration der Menschen gestellt. Die Bundesvereinigung der Weichen für eine gelingende Integration gestellt. Das gilt kommunalen Spitzenverbände begrüßt daher den mit dem auch im Hinblick auf die Vermittlung der Werte, die für Nationalen Integrationsplan 2007 (NIP) begonnenen und das Zusammenleben in Deutschland von grundlegender im Nationalen Aktionsplan Integration 2012 fortgeführten Bedeutung sind und die sich nicht nur aus dem Grund- Dialog über die Bedingungen einer gelingenden Integration gesetz, sondern z. B. aus kultureller Prägung ergeben. Wer von Menschen mit Migrationshintergrund. dauerhaft in Deutschland leben will, muss diese Werte akzeptieren und bereit sein, sich in eine Gesellschaft zu Seit der Erarbeitung des Anfang 2012 vorgestellten Natio integrieren, die auf ihnen basiert. nalen Aktionsplans Integration haben eine Reihe von Entwicklungen dazu geführt, dass Deutschland bei der Die Übergänge zur nachfolgenden Phase der Eingliederung Integration von Migrantinnen und Migranten vor großen sind fließend, jedoch wird diese umso eher gelingen, je Herausforderungen steht. Diese aus kommunaler Sicht be- erfolgreicher die Maßnahmen der Erstintegration sind. Das stehenden Herausforderungen haben wir bereits in unse- gilt namentlich für den Spracherwerb und erste Schritte im rer Erklärung zu Phase I des NAP-I verdeutlicht; darauf Hinblick auf die Bildungsintegration und die Integration in nehmen wir Bezug. Angesichts dieser Entwicklungen ist den Arbeitsmarkt, die dann in der Phase der Eingliederung es aus Sicht der Städte, Landkreise und Gemeinden richtig, ausgebaut und vertieft werden müssen. Erstrebenswert ist die Integrationspolitik mit einem weiteren Nationalen eine Verzahnung der Integrationsmaßnahmen: Angefangen Aktionsplan Integration auf eine neue Grundlage zu von der Unterbringung, Zuteilung in Sprach- und Inte stellen. grationskurse, verschiedenste Sprachfördermöglichkeiten, Kinderbetreuung bis hin zur Ausbildung, Beschäftigung Der Nationale Aktionsplan Integration (NAP-I) orientiert oder zum Beruf. sich an fünf Phasen der Zuwanderung und des Zusammen- lebens. Die Rolle der Kommunen in den jeweiligen Phasen Von den Angeboten zur Erstintegration profitieren vielfach ist unterschiedlich stark ausgeprägt. Integration findet vor auch Menschen, die insbesondere als Asylsuchende einst- Ort statt. Die Städte, Landkreise und Gemeinden sind vor weilen nur über einen ungesicherten Aufenthaltsstatus allem gefragt, nachdem Zugewanderte in Deutschland verfügen und Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit angekommen und hier einen Wohnsitz begründet haben. wieder verlassen werden müssen, weil sie – wie die durch- Anders als in der Phase I kommt es daher in der Phase II schnittlichen Anerkennungszahlen des Bundesamtes für (Erstintegration) wie auch in der Phase III (Eingliederung) Migration und Flüchtlinge (BAMF) eindringlich belegen – vor allem auf das Handeln der Kommunen an. keinen Anspruch auf Asyl, auf Anerkennung als Flüchtling oder auf Gewährung subsidiären Schutzes haben. Phase II: 16 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Gleichwohl ist es sinnvoll, auch Personen ohne einen ge- angebote entwickelt. Vor Ort aktive Kursträger treffen sicherten Aufenthaltsstatus (einschließlich der Geduldeten) Vereinbarungen über anzubietende Kurse; die zuständigen in die Bemühungen zur Erstintegration einzubeziehen. Ins- kommunalen Stellen tragen Sorge dafür, dass diese Kurse besondere viele Kommunen sind seit jeher so verfahren und passgenau von einer bestimmten Zahl von Teilnehmerin- haben etwa ihre Angebote zur Sprachförderung auch Asyl- nen und Teilnehmern besucht werden. suchenden bereits zu einem Zeitpunkt geöffnet, als diesen der Zugang zu den Integrationskursen des Bundesamtes für Die Qualität der Integrationskurse basiert wesentlich auf Migration und Flüchtlinge (BAMF) noch verwehrt war. Der dem Prinzip der Zielgruppen- bzw. Teilnehmergerechtig- Erwerb von Grundkenntnissen der deutschen Sprache, die keit. Voraussetzung hierfür ist eine exakte Erhebung von Teilnahme am Unterricht und erste Schritte im Berufsleben Lernbedarf und -möglichkeiten jedes einzelnen Kursteil- erleichtern den Schutzsuchenden die Teilhabe am gesell- nehmers, ebenso wie eine passgenaue Einstufung sowie schaftlichen und wirtschaftlichen Leben – ein Aspekt, der Vermittlung in ausdifferenzierte Sprachkursangebote. insbesondere nach dem Ende ihrer Unterbringung in einer Kommunen und Sprachkursträger sind am besten in der Aufnahmeeinrichtung von großer Bedeutung ist. Dabei Lage, die für Kursteilnehmende in der jeweiligen Lebens- muss allen Beteiligten klar sein, dass auch solche ersten situation geeignete Kursart zu ermitteln. Gerade lernun Integrationsschritte keine Grundlage für einen dauerhaften, gewohnte Teilnehmende, funktionale Analphabeten und rechtlich gesicherten Aufenthalt in Deutschland sind, wenn ggf. Geflüchtete mit traumatischen Erlebnissen benötigen ein Asylantrag abgelehnt werden sollte bzw. rechtliche oder besondere Lern- und soziale Begleitformate. Zudem müs- tatsächliche Abschiebehindernisse entfallen. sen insbesondere Frauen in den Integrationskursen stär- ker gefördert werden. Die Koordinationsrolle der Kom- munen eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit enger Spracherwerb Verzahnung mit kommunal verantworteten Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration. Insbesondere in ländlichen Spracherwerb und Bildung bilden die zentralen Voraus Räumen tritt hinzu, dass sich das aktuelle Angebot an Inte- setzungen für die Integration in die Gesellschaft und den grationskursen nicht immer mit der Nachfrage deckt. Auch Arbeitsmarkt. Dem frühzeitigen Erlernen der deutschen insoweit ist kommunale Steuerung daher notwendig. Sprache kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Die deutsche Sprache unterstützt unabhängig von der voraussichtlichen Neben diesen kommunalen Koordinationsstrukturen Aufenthaltsdauer bei der gesellschaftlichen und beruflichen hat auch das BAMF mittlerweile bundesweit – allerdings Teilhabe und verhindert Ausgrenzung. Deutsche Sprach- nicht flächendeckend – mit der Einrichtung sogenannter kenntnisse sind für ein erfolgreiches Zusammenleben – auch Test- und Meldestellen begonnen. Deren Kernaufgabe bei einem nur vorübergehenden Aufenthalt – von elemen- besteht darin, potenzielle Teilnehmende verpflichtend tarer Bedeutung. So sollten alle Zuwanderergruppen einem Integrationskurs zuzuweisen. Dieses Vorgehen hat einschließlich der Geduldeten ein möglichst frühzeitiges bei vielen Städten, Landkreisen und Gemeinden die Sorge Sprachangebot erhalten. ausgelöst, dass auf diese Weise bewährte kommunale Ko- ordinierungsstrukturen beeinträchtigt werden könnten. Aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände ist klar: Nur Qualität im Integrationskurs in enger Zusammenarbeit mit den vorhandenen kommu nalen Koordinationsstrukturen können die Test- und Mit den Integrationskursen, die seit Inkrafttreten des Zu- Meldestellen das Prinzip der Teilnehmergerechtigkeit wanderungsgesetzes 2005 von einer Vielzahl öffentlicher gewährleisten. Denn Integration lebt in erster Linie von und privater Kursträger durchgeführt werden, existiert ihrer kommunalen Verankerung. Hier sind die Lernbedarfe eine etablierte Struktur der Sprachbildung für Migran- der Teilnehmenden am besten bekannt. Deshalb ist die tinnen und Migranten in Deutschland. Diesem Sprach- Etablierung tragfähiger Kooperationsstrukturen zwischen angebot kommt zentrale gesellschaftliche Bedeutung zu. Bund und Kommunen in Fragen der Kursvermittlung Neben sprachlich-kulturellem Wissen dient es zugleich und -durchführung zentral für Qualität und Erfolg der der Vermittlung rechtlicher und historischer Grundkennt- Integrationskurse. nisse. Allerdings stellen die staatlichen Integrationskurse nicht das einzige sprachliche Förderangebot für Migran- Sprachförderangebote müssen allerdings nicht nur ko- tinnen und Migranten dar. Auch Kommunen und Länder ordiniert, es muss auch ihre Erreichbarkeit sichergestellt halten entsprechende Programme vor. Diese sind u. a. dar- werden. Dies gilt nicht zuletzt für den ländlichen Raum, auf angelegt, Lücken zu füllen, die im staatlichen Integra- wo sich – im Vergleich zu Ballungsregionen – geringere tionskurssystem bestehen. Die Kommunen haben bereits Teilnehmerzahlen auf größere Flächen verteilen. Neue frühzeitig eigene Koordinationsstrukturen für Sprach- Angebotsformate wie Kompaktveranstaltungen an einem Phase II: 17 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Ort oder der vermehrte Einsatz von Online-Angeboten Bildung und Ausbildung können die Teilhabe am Kursgeschehen erhöhen. Gerade während der aktuellen Corona-Pandemie hat man mit Integration endet nicht beim Erlernen der Sprache. Die neuartigen Lernplattformen Erfahrungen gesammelt. Integration durch Bildung und Ausbildung ist eine Aufgabe Sie müssen angemessen ausgewertet und berücksichtigt der gesamten Bildungslandschaft, von der frühkindlichen werden. Bildung in den Kindertageseinrichtungen, über die Grund- und weiterführenden Schulen bis hin zur beruflichen Aus- Die Zahl der Kursteilnehmenden, die das vorgesehene bildung und zu den Hochschulen. Das sehr unterschiedliche Niveau B1 nicht erreichen, ist nach wie vor hoch. Eine Sprach- und Bildungsniveau der Zugewanderten stellt für weitere Verbesserung der Vermittlungsqualität in Inte die gesamte Bildungslandschaft eine große Herausforde- grationskursen ist daher dringend erforderlich. Wesentlich rung dar. Es ist eine große Herausforderung, dass durch dafür ist auch eine angemessene Trägerfinanzierung. Dies den sprunghaften Anstieg des Anteils von Kindern und gilt aktuell insbesondere in Bezug auf den coronabeding- Jugendlichen, die zunächst über keine oder nur rudimentäre ten Mehraufwand der Träger. Auch werden die Sprach- Deutschkenntnisse verfügen und in einer völlig anderen kursträger durch eine nicht auskömmliche Finanzaus- Lebenswelt aufgewachsen sind, keinesfalls der Bildungs- stattung hohen statusrechtlichen Risiken ausgesetzt und erfolg und die Bildungschancen aller Schülerinnen und sozialversicherungspflichtige Anstellungen von Lehrkräf- Schüler – also auch derjenigen ohne Flucht- oder Migra- ten verhindert. tionshintergrund – gefährdet werden darf. Entsprechende Defizite der betroffenen Kinder und Jugendlichen müssen daher schnell behoben werden, wobei dem Spracherwerb Verzahnung von Integrationskursen auch hierbei grundlegende Bedeutung zukommt. Die und Berufsorientierung in der Sprachförderung und im Bildungsbereich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kommunen, Bund Studien zeigen, dass ein beträchtlicher Teil ehemaliger und Ländern leisten hierbei Beachtliches. Weitere An- Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Integrationskursen strengungen sind zu unternehmen und die benötigten nach Beendigung der Kurse im Sprachniveau abfällt. Die Ressourcen müssen ausgebaut werden, um die bestehenden mangelnde Sprachpraxis führt zu einem Qualitätsverlust Herausforderungen zu bewältigen. Bund und Länder sollten des Erlernten. Es müssen deshalb dringend neue Formate bestehende Programme zur Unterstützung der Sprachför- entwickelt werden, die den kontinuierlichen Übergang hin derung in Kitas und Schulen entfristen und aufstocken. zur berufsbezogenen Deutschsprachförderung (DeuFöV) gewährleisten. Sprach- und berufsbezogene Kursangebote Erfolgreiche Bildungsbiografien sind wiederum die un- müssen von Anfang an greifen und die Förderketten verzichtbare Voraussetzung für eine existenzsichernde zwischen Angeboten der Sprachförderung, Berufsorien Erwerbstätigkeit und zumeist auch für eine erfolgreiche tierung, Einstiegsqualifizierung und Ausbildungsbeglei- gesellschaftliche Integration. Auch wenn in Deutschland tung, müssen weiter verbessert werden, um den Mangel Bildung – soweit es um die Lerninhalte geht – Sache der an Sprachkenntnissen sowie fehlende formale Berufsab- Länder ist, kommt den Kommunen in diesem Hand- schlüsse zu verringern. Neben der beruflichen Sprach lungsfeld eine besondere Rolle zu. Als Schulträger, Träger praxis ist ebenso die gesellschaftlich-kulturelle Teilhabe ganztägiger Betreuungs- und Bildungsangebote für der Zugewanderten von Beginn des Lernprozesses an Schulkinder, Träger der Hilfen zur Erziehung (HzE) und voranzutreiben. Dabei gewährleisten gerade kommunale offener Angebote der Jugendhilfe sowie der Familienbil- Sprachkursträger, wie Volkshochschulen, und andere vor dungszentren, Volkshochschulen und Bibliotheken tragen aktive Träger einen breiten Zugang in die Gesellschaft vor die Kommunen in vielfacher Hinsicht Verantwortung für Ort – weit über passende Bildungsangebote hinaus, indem die wichtigen Rahmenbedingungen eines gelingenden sie wohnortbezogen neben reinen Integrationskursan Bildungs- und Integrationsprozesses. geboten ein breites Spektrum auch anderer Aktivitäten anbieten und Zugänge zu breiten Teilen der Einwohner- Letzteres gilt auch für die wichtige Schnittstelle des schaft ermöglichen. Übergangs von Schule und Beruf. Hier zeigt sich in der kommunalen Praxis immer, dass gerade neu zugewander- te ältere Jugendliche, die einerseits nicht mehr der Schul- pflicht unterliegen, andererseits aber auch (noch) nicht die Voraussetzungen mitbringen, um in Deutschland eine Berufsausbildung zu beginnen, besonderer Unterstützung bedürfen. Auch insoweit engagieren sich die Kommunen im Rahmen kommunaler Bildungslandschaften. Phase II: 18 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Beratungsangebote Anerkennung von Abschlüssen und Qualifikationen Die Unterstützung und Beratung aller zugewanderten und geflüchteten Menschen in ihrem Zuständigkeitsbereich ist Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse muss erleich- ein Kernanliegen der Städte, Landkreise und Gemeinden. tert werden. Dies betrifft sowohl den Umgang mit den Insbesondere seit Beginn der Flüchtlingszuwanderung Gleichwertigkeitskriterien als auch die Teilanerkennung sind viele Kommunen dazu übergegangen, ihre Zuständig- von Qualifikationen. Um die Potenziale zu nutzen, müssen keiten in besonderen Migrationsämtern oder Welcome bürokratische Zugangserschwernisse zu Integrationskur- Centern zu bündeln und so humanitären Zuwanderern sen und zum Arbeitsmarkt beseitigt werden. und Erwerbsmigranten Beratung aus einer Hand bis hin zu einem konkreten Fallmanagement bieten zu können. Ergänzend tritt neben die kommunalen Beratungsangebote die vom BAMF verantwortete und vor allem von den Wohl- fahrtsverbänden durchgeführte migrationsspezifische Beratung nach § 45 Satz 1 AufenthG. Aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände sollten diese Beratungsangebote eng miteinander verknüpft und Teil des Integrationsnetzwerks vor Ort sein. Die Migrationserst- beratung ist an das Einvernehmen der jeweiligen Kommune zu binden mit den ihren eigenen Angeboten zu verkoppeln. Phase II: 19 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Berichte der Themenforen 1. Sprachförderung Ausgangslage Zu den individuellen Faktoren, die bei den Lernenden den Spracherwerb beeinflussen, zählen u. a. der Grad der lin- Eine zentrale Voraussetzung für die gesellschaftliche Teil- guistischen Distanz der Herkunftssprache zum Deutschen, habe von Zuwanderinnen und Zuwanderern in Deutschland die Kenntnis der lateinischen Schrift sowie der allgemeine sind möglichst gute und frühzeitig erworbene Sprachkennt Bildungshintergrund bzw. Lernerfahrungen, insbesondere nisse. Diese sind nicht nur Voraussetzung für die Bewältigung Erfahrungen beim Lernen von Fremdsprachen. Der Weltbil- des Alltags und den Aufbau sozialer Beziehungen, sondern dungsbericht 2019 schätzt, dass Menschen ohne oder mit nur auch für eine erfolgreiche Arbeitsmarktbeteiligung. Von geringer formaler Bildung bis zu achtmal mehr Zeit benötigen, Zuwanderinnen und Zuwanderern wird erwartet, dass sie um insbesondere im Lesen einer Zweitsprache Grundkennt- gewillt sind, die deutsche Sprache zu erlernen und sich aktiv nisse zu erwerben. Weitere wichtige individuelle Faktoren sind darum zu bemühen. die Motivation zum Spracherwerb, der Gesundheitszustand und die Wohn- und Lebenssituation einschließlich der sozia- Die Faktoren, die einen erfolgreichen Spracherwerb beein- len Kontakte zur Aufnahmegesellschaft. flussen, liegen zum einen bei den Lernenden selbst (indivi- duelle Faktoren). Zum anderen sind die Angebote, die Ler- nende antreffen, wichtige Faktoren für den Spracherwerb. Phase II: 20 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
Zu den Angeboten, die Lernende antreffen, zählen Sprach- Zielbestimmung kurse, die von staatlicher Seite oder von der Zivilgesellschaft durchgeführt werden. Dabei können unterschiedliche Die Voraussetzungen bei den Lernenden, vor allem ihre Curricula eingesetzt und unterschiedliche Sprachniveaus Bildungsbiografie und die sprachliche Distanz ihrer angestrebt werden. Für die staatlichen Angebote ist hierfür Muttersprache zum Deutschen, können im Prinzip häufig der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für nicht verändert werden. Allenfalls anderen individuellen Sprachen (GER) relevant. Die Sprachkurse werden in der Schwierigkeiten der Lernenden, wie beispielsweise der Regel mit einer Sprachprüfung beendet, die eine besonde- Gesundheitszustand oder die Wohn- und Lebenssituation, re Beachtung verdient. die ebenfalls den Lernerfolg beeinflussen können, kann begegnet werden. Unter den Sprachkursen für Zuwanderinnen und Zu- wanderer sind die 2005 im Zusammenhang mit dem Die Herausforderung besteht deshalb einerseits darin, die Zuwanderungsgesetz eingeführten Integrationskurse bestehenden formalen Lernangebote soweit möglich an das grundlegende staatliche Angebot zum Spracherwerb. die sich wandelnde und heterogene Zielgruppe anzu- Gemeinsam mit den Berufssprachkursen bilden sie das passen bzw. ein passendes Sprachförderangebot für die Gesamtprogramm Sprache der Bundesregierung. Zusätz- Lernenden zu finden. lich stellen die Sprachkurse nach den Richtlinien „Ga- rantiefonds Hochschule“, die auf die Studienaufnahme in Andererseits sollten darüber hinaus die Möglichkeiten Deutschland vorbereiten, ein weiteres wichtiges Angebot zum informellen Spracherwerb gefördert werden. Zu den des Bundes dar. Darüber hinaus bieten Länder, Kommu- informellen Sprachlernmöglichkeiten zählen zum einen nen und Träger der Zivilgesellschaft ebenfalls Sprachkurse digitale Sprachlernangebote, die auch außerhalb und un- an. abhängig von Sprachkursen genutzt werden können. Zum anderen zählen dazu implizite Sprachförderungen, die auf Zu den Sprachlernangeboten zählen neben den verschie- gemeinsamen Aktivitäten bzw. Patenschaften von deutsch- denen Präsenzsprachkursen auch digitale Selbstlernan- sprachigen Personen und Deutschlernenden basieren. gebote, die entweder individuell oder begleitend zu bzw. im Rahmen von Sprachkursen eingesetzt werden können. Ausgehend von diesen Prämissen konzentriert sich die Hinzu kommen Initiativen zur impliziten Sprachförde- Fortentwicklung des Nationalen Aktionsplans Integration rung, die Sprachvermittlung mit einer Aktivität verbinden. im Bereich Sprachförderung auf folgende Themenbereiche: Insgesamt haben sich die Struktur der Zuwanderergrup- 1. M öglichkeiten des Einsatzes digitaler Sprach pen und deren Bedarfe in den letzten zehn Jahren stark förderung weiterentwickeln verändert. In den Jahren 2015 und 2016 stieg die Zuwande- 2. Lernhindernisse besser überwinden rung international Schutzsuchender nach Deutschland deut- 3. Sprachpraxis fördern lich an. Da viele der seit 2015 nach Deutschland aus Flucht- 4. Anspruch, Anforderungen und Auswertung – gründen eingereisten Personen eine große linguistische Sprachprüfungen neu konzipieren Distanz ihrer Muttersprache zum Deutschen haben und zum Teil über geringe Bildungsvoraussetzungen verfügen, hat Diese Schwerpunktbestimmung für das Themenforum dies die staatlichen Sprachförderangebote vor neue Heraus- ist Ergebnis des Auftaktgesprächs am 23. Mai 2019 im forderungen gestellt. Insgesamt hat sich die Zusammenset- Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zung der Teilnehmenden in den Sprachkursen in den letzten (BMI), bei dem sich die Vertreterinnen und Vertreter der Jahren erheblich verändert. Länder, der Bundesressorts, der Beauftragten der Bun- desregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Mit den nunmehr sinkenden Schutzsuchendenzahlen sowie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge rückt wieder das gesamte Zuwanderungsgeschehen – mit (BAMF) und des BMI über inhaltliche und organisatori- einem Schwerpunkt u. a. auf Bürgerinnen und Bürgern aus sche Herausforderungen bei den Sprachvermittlungsange- Ländern der Europäischen Union – in den Blick, sodass bei boten des Bundes und der Länder ausgetauscht haben. der Sprachförderung teilweise sehr unterschiedliche Be- lange von mehreren Zielgruppen Berücksichtigung finden In einer darauf aufbauenden ganztätigen Fachveranstal- müssen. Dazu zählen auch besondere Bedarfe von Frauen, tung am 21. Oktober 2019 haben sich auf Einladung des die in der Regel den größten Teil der familiären Pflichten BMI Praktikerinnen und Praktiker, Wissenschaftlerinnen tragen. und Wissenschaftler, Vertreterinnen und Vertreter von Migrantinnenorganisationen und Migrantenorganisatio- nen mit Verantwortlichen der Bundes- und Landesver- Phase II: Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln 21
waltungen getroffen und sowohl über Fragen in Zusam- Sprachenzertifikate dokumentieren sprachliche Kompe- menhang mit Sprachkursen als auch über informelle tenzen, belegen Lernerfolge in den Fertigkeiten Hören, Sprachförderung diskutiert. Konkret wurden die oben Lesen, Sprechen und Schreiben, die Lehrenden und genannten Themen in vier Arbeitsgruppen erörtert und Lernenden Orientierung geben, und öffnen den Prüfungs dabei Handlungsschwerpunkte entwickelt. absolventinnen und -absolventen Türen zu Ausbildung, Studium und Beruf. Zertifizierte Sprachprüfungen Digitale Medien zählen inzwischen zum Alltag von vielen können damit ein Instrument und Treiber von Sprach Menschen, wobei die Nutzung alters- und geschlechter- förderung und Integration sein. Vor diesem Hintergrund spezifisch unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Digitale ist zu diskutieren, welche Anforderungen Sprachprüfun- Medien eignen sich sowohl zu Freizeitzwecken als auch gen erfüllen müssen, damit sie diesem Anspruch genügen. zum Einsatz in der Arbeitswelt. Die Pandemie des Virus In diesem Kontext kommt auch der Auswertung von SARS-CoV-2 im Jahr 2020 hat gezeigt, dass es Situationen Sprachprüfungen und der Darstellung von Prüfungs- gibt, in denen die Nutzung von digitalen Medien ein un- ergebnissen eine wichtige Rolle zu. verzichtbares Kommunikationsmittel sein kann. Digitale Medien werden auch beim Erlernen einer Fremd- bzw. Über alle hier identifizierten Themenbereiche hinaus einer Zweitsprache eingesetzt. Ihr Einsatz im Rahmen der hängt das Gelingen des Spracherwerbs stark von den Lehr- institutionellen Sprachförderung ist allerdings mit einigen kräften, Ehrenamtlichen sowie sozialen Begleiterinnen und Herausforderungen sowie speziellen Fragestellungen ver- Begleitern ab. Die Qualifizierung und Fortbildung insbe- bunden, die empirisch untersucht werden sollen. sondere der Lehrkräfte und ihre Arbeitssituation werden von daher in diesem Bericht an verschiedenen Stellen in Eine Fremd- bzw. Zweitsprache zu erlernen, ist für die meis- den Blick genommen. ten erwachsenen Menschen eine große Herausforderung. Zahlreiche Lernhindernisse, wie z. B. geringe Kompetenzen im Lesen und Schreiben in der Muttersprache, linguistische Handlungsschwerpunkte Distanz zwischen Herkunfts- und Zielsprache, wenig bis keine Erfahrung mit dem Fremdsprachenlernen aus der Schulzeit, schwierige Lebensumstände durch Migration und Möglichkeiten des Einsatzes digitaler Sprach Asyl und größere (lern-)kulturelle Unterschiede zwischen förderung weiterentwickeln Herkunfts- und Zielland, können diesen Prozess zusätzlich erschweren. Die betroffenen Lernenden benötigen daher Der Einsatz digitaler Medien in der Sprachförderung kann einerseits mehr Zeit zum Lernen, andererseits ein passendes sowohl vor und in Sprachkursen, aber auch zum Selbststu- Lernangebot, viele darüber hinaus engmaschige Begleitung dium individuell sinnvoll sein. Chancen der verschiedenen und qualifizierte Förderung während des gesamten Lern- Einsatzmöglichkeiten sollten noch stärker herausgearbei- prozesses. Damit ein optimales Förderangebot gefunden tet und weiterentwickelt werden. werden kann, sollten die von Lernhindernissen Betroffenen möglichst schon vor Beginn der Teilnahme am Sprachkurs identifiziert werden. Individuelle Nutzung von digitalen Medien zum Sprachlernen Die Anwendung der zu erlernenden Sprache fördert den Zuwanderinnen und Zuwanderer, die digitale Medien Lernprozess. Wer tagtäglich von der Zielsprache umgeben im Alltag ohnehin selbstverständlich nutzen, können ihr ist (in diesem Fall Deutsch als Zweitsprache), erzielt in der Lernen auch über diesen Weg selbst in die Hand nehmen, Regel schneller Lernerfolge – insbesondere im münd- indem sie z. B. Übersetzungs-Apps oder Hilfen aus dem lichen Sprachgebrauch. Im Gegensatz zu den Menschen, Internet nutzen oder sich über YouTube-Videos informieren. die Deutsch in ihren Herkunftsländern lernen (Deutsch als Insbesondere das Lernen über Videos wird oft von wenig Fremdsprache – DaF), haben die Zugewanderten in Deutsch- schriftfixierten Lernenden genutzt. Dies kann hilfreich land theoretisch zahlreiche Möglichkeiten zur Anwendung sein, da es Hören und Sehen miteinander verbindet. der deutschen Sprache im Alltag. Aus unterschiedlichen Gründen mangelt es jedoch bei den Zugewanderten teilwei- se an der Kontakthäufigkeit zu deutschen Muttersprachlern, Nutzung digitaler Medien im Sprachkurs was die Möglichkeiten zur Sprachpraxis in der deutschen Digitale Medien können in oder begleitend zu einem Sprache erheblich einschränkt. Ziel dieses Themenforums Sprachkurs eingesetzt werden. Sie können zur Vertiefung war daher zu eruieren, inwieweit die Sprachpraxis durch ge- und Erweiterung des Präsenzunterrichts beitragen, diesen zielte Maßnahmen und Projekte gefördert werden kann. in der Regel jedoch nicht ersetzen. Abgesehen von der Grundvoraussetzung der technischen Ausstattung ist der Phase II: 22 Erstintegration: Ankommen erleichtern – Werte vermitteln
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