Monatsbericht des BMF - April 2019 - Bundesfinanzministerium

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Monatsbericht des BMF - April 2019 - Bundesfinanzministerium
Monatsbericht des BMF
April 2019
Monatsbericht des BMF - April 2019 - Bundesfinanzministerium
Titelbild: Detlev-Rohwedder-Büste

Am 1. April 2019 jährte sich der Todestag von Detlev Karsten Rohwedder zum 28. Mal. Seit 1992 trägt das Gebäude sei-
nen Namen, das seit 1999 Haupt-Dienstsitz des BMF ist. Nach der deutschen Einheit zog zunächst die Treuhandanstalt
ein – Detlev Rohwedder übernahm 1991 deren Leitung. 1932 im thüringischen Gotha geboren, war es ihm stets ein wich-
tiges Anliegen, auf die besonderen Belange und Lebensbedingungen der Menschen in Ostdeutschland einzugehen. Mit
seinem Motto „Erst kommen die Menschen, dann die Paragraphen“ gab er die Richtung vor für die Privatisierung von
etwa 8.500 sogenannten volkseigenen Betrieben der DDR und 45.000 Betriebsstätten mit circa 4,1 Millionen Beschäftig-
ten. Rohwedder konnte seine Aufgabe nur wenige Monate erfüllen. Am 1. April 1991 wurde er in seinem Haus in Düssel-
dorf von Unbekannten erschossen. Obwohl es ein Bekennerschreiben der RAF gab, konnten bis heute keine Täter ermit-
telt werden.

Weitere Informationen zur Geschichte des Bundesministeriums der Finanzen und seines Dienstgebäudes finden Sie unter:
www.bundesfinanzministerium.de/geschichte
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Monatsbericht des BMF
April 2019
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Editorial
           Editorial                                                                      Monatsbericht des BMF
                                                                                                      April 2019

                                                             bis zum Jahre 2038 auch aus der Verstromung der
                                                             Kohle auszusteigen, werden große und langfristige
                                                             Investitionen in neue umweltfreundliche Kraft-
                                                             werke, Stromnetze und Speichertechnologien aus-
                                                             gelöst. Um auch dann rund um die Uhr zuverlässi-
                                                             gen, bezahlbaren und regelbaren Strom zu haben,
                                                             müssen wir die Weichen für den Ausbau der Netze
                                                             stellen und den nötigen Ausbauplan beschließen.
                                                             Zugleich hat das Klimakabinett die Arbeit aufge-
                                                             nommen, um in den nächsten Monaten die nötigen
                                                             Schritte einzuleiten, damit Deutschland die Klima-
                                                             schutzziele 2030 erreicht.

                                                             Dazu passt es, dass sich in Washington die Finanz-
Liebe Leserinnen, liebe Leser,                               ministerinnen und Finanzminister vieler Staaten
                                                             zur Allianz für Klimaschutz zusammengeschlos-
vor einer Woche war es wieder soweit: Die Finanzmi-          sen haben. Die beteiligten Länder wollen sich in die-
nisterinnen und Finanzminister kamen mit den Che-            sem Gremium über ihre finanzpolitischen und mak-
finnen und Chefs der Notenbanken beim Internatio-            roökonomischen Erfahrungen im Kampf gegen den
nalen Währungsfonds in Washington, D.C. zusammen.            Klimawandel eng austauschen und voneinander
Ein wichtiges Thema war die faire Besteuerung der            lernen, welche Instrumente am wirksamsten sind.
multinationalen Unternehmen, insbesondere aus                Auch das BMF ist mit dabei.
dem Digitalbereich. Finanzminister Olaf Scholz warb
erfolgreich für den gemeinsamen deutsch-französi-            Nachdem im Monatsbericht März die finanzielle
schen Vorschlag für eine effektive globale Mindestbe-        Lage der 16 Länder beleuchtet wurde, finden Sie dies-
steuerung. Die entsprechenden Arbeiten in der OECD           mal eine Übersicht über die Finanzlage der Kommu-
sollen beschleunigt und möglichst im nächsten Jahr           nen. Die umfangreiche Förderung des Bundes tritt
zum Abschluss gebracht werden.                               neben die deutlich gestiegenen Steuereinnahmen
                                                             von Ländern und Gemeinden. Derzeit verhandeln
Sorgen bereiteten vielen Teilnehmenden die Han-              Bund und Länder über die weitere Unterstützung
delskonflikte und deren Auswirkungen auf die Welt-           im Bereich der Integration – der Koalitionsvertrag
wirtschaft. Auch in Deutschland bleiben die Unsi-            sieht dafür 8 Mrd. Euro vor. Bund und Länder hat-
cherheiten aufgrund dieser Spannungen sowie des              ten im letzten Jahr vereinbart, davon für 2019 circa
Brexits nicht ohne Folgen. Die Bundesregierung hat           4,2 Mrd. Euro einzusetzen – nun geht es darum, die
ihre Prognose zur Entwicklung des Wirtschafts-               restlichen Mittel möglichst effektiv zu nutzen, um
wachstums daher abgesenkt. In der Frühjahrsprojek-           vor allem die Kommunen bestmöglich bei ihrer Auf-
tion geht sie nun von 0,5 % BIP-Wachstum für dieses          gabe zu unterstützen.
Jahr aus – im nächsten Jahr sollen es dann 1,5 % sein.

Die Prognose zeigt, warum es wichtig ist, dass der
Bund mit fiskalischen Impulsen gegensteuert. Allein
in diesem Jahr tragen die investiven und andere Maß-
nahmen der Bundesregierung sowie die Steuer- und
Abgabensenkungen mit 0,7 % zum Wachstum des                  Wolfgang Schmidt
BIP bei. Durch den Beschluss der Bundesregierung,            Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen

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Monatsbericht des BMF - April 2019 - Bundesfinanzministerium
Inhaltsverzeichnis

      Inhaltsverzeichnis
      Deutsches Stabilitätsprogramm: Steigende Investitionen bei sinkender Schuldenquote____________________ 8
      Die Finanzsituation der Kommunen – eine Bestandsaufnahme___________________________________________ 16
      Das Brexit-Steuerbegleitgesetz___________________________________________________________________________ 21
      Vereinfachte Veranlagung von Rentnern im Ausland_____________________________________________________ 25
      Bilanz des deutschen Zolls 2018__________________________________________________________________________ 31
      Aufteilung der 2018 neu berechneten Budgetsemielastizität auf Bund, Länder, Gemeinden und
      Sozialversicherungen____________________________________________________________________________________ 36
      Höhepunkte des Münzjahres 2019_______________________________________________________________________ 41

      Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage____________________________45
      Überblick zur aktuellen Lage_____________________________________________________________________________ 46
      Konjunkturentwicklung aus finanzpolitischer Sicht______________________________________________________ 47
      Steuereinnahmen im März 2019_________________________________________________________________________ 53
      Entwicklung des Bundeshaushalts bis einschließlich März 2019__________________________________________ 57
      Entwicklung der Länderhaushalte bis einschließlich Februar 2019________________________________________ 62
      Finanzmärkte und Kreditaufnahme des Bundes__________________________________________________________ 63
      Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik_____________________________________________________________ 74

      Aktuelles aus dem BMF__________________________________________83
      Im Portrait: Stephan Ramge,
      Leiter der Abteilung für Beteiligungen, Bundesimmobilien und Privatisierungen_________________________ 84
      Termine_________________________________________________________________________________________________ 87
      Publikationen___________________________________________________________________________________________ 88

      Statistiken und Dokumentationen_______________________________89
      Übersichten zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 90
      Übersichten zur Entwicklung der Länderhaushalte_______________________________________________________ 91
      Gesamtwirtschaftliches Produktionspotenzial und Konjunktur­komponenten des Bundes________________ 91
      Kennzahlen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 92
Analysen
und Berichte
Deutsches Stabilitätsprogramm: Steigende Investitionen bei sinkender Schuldenquote    8

Die Finanzsituation der Kommunen – eine Bestandsaufnahme                             16

Das Brexit-Steuerbegleitgesetz                                                       21

Vereinfachte Veranlagung von Rentnern im Ausland                                     25

Bilanz des deutschen Zolls 2018                                                      31

Aufteilung der 2018 neu berechneten Budgetsemielastizität auf Bund, Länder,
Gemeinden und Sozialversicherungen                                                   36

Höhepunkte des Münzjahres 2019                                                       41
Analysen und Berichte                                                                 Monatsbericht des BMF
                                                                                                               April 2019

Deutsches Stabilitätsprogramm: Steigende
Investitionen bei sinkender Schuldenquote

    ●● Die gesamtstaatliche Schuldenstandsquote wird im Jahr 2019 erstmals seit dem Jahr 2002 wieder
       unter die Obergrenze des Maastricht-Vertrags von 60 % des Bruttoinlandsprodukts sinken.

    ●● Die gesamtstaatlichen Investitionen sind im Jahr 2018 auf ein neues Rekordniveau gestiegen; sie
       werden im Jahr 2019 mit 7 ¾ % weiter wachsen, der höchsten Wachstumsrate seit zehn Jahren.

    ●● Der Staatshaushalt, also der gemeinsame Haushalt von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialver-
       sicherungen, erfüllt sämtliche europäische Vorgaben.

   Einleitung                                                       Nach den aktuellen Projektionen zur Entwicklung
                                                                    des gesamtstaatlichen Haushalts wird die gesamt-
Das Bundeskabinett hat am 17. April das Deutsche                    staatliche Schuldenstandsquote von 60,9 % des Brut-
Stabilitätsprogramm 2019 beschlossen. Deutsch-                      toinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2018 auf 58 ¾ % im
land hat im Jahr 2018 alle haushaltsrechtlichen                     Jahr 2019 sinken. Damit wird Deutschland zu Ende
Vorgaben auf europäischer Ebene aus dem Stabi-                      dieses Jahres erstmals seit dem Jahr 2002 wieder die
litäts- und Wachstumspakt (SWP) und dem Fis-                        Obergrenze des Maastricht-Vertrags von 60 % ein-
kalvertrag erfüllt. Das vom Bundeskabinett ge-                      halten (siehe Abbildung 1).
billigte Stabilitätsprogramm wird unmittelbar an
die Europäische Kommission und den Ministerrat                        Die robuste Entwicklung am Arbeitsmarkt mit
(ECOFIN) übersandt.                                                   Rekordbeschäftigung und deutlich steigenden

     Staatsschuldenquote nach Maastricht-Abgrenzung                                                          Abbildung 1
     in % des BIP

        90

        80

        70

        60

        50

        40

        30

        20
             1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2021 2023

     Quellen: 1991 - 2018 Deutsche Bundesbank, März 2019; 2019 - 2023 BMF-Projektion; April 2019

                                                                  8
Analysen und Berichte                                                                           Monatsbericht des BMF
            Deutsches Stabilitätsprogramm: Steigende Investitionen bei sinkender Schuldenquote                          April 2019

Löhnen, höhere Steuereinnahmen und zugleich                                     Finanzmittel an Länder und Gemeinden weiter,
erhebliche Zinsminderausgaben haben die öffent-                                 um Investitionen in Infrastruktur, Bildung und
lichen Finanzen in Deutschland begünstigt. Die                                  Forschung zu fördern. Länder und Gemeinden

                                                                                                                                           Analysen und Berichte
Zins­ausgaben der öffentlichen Hand verringerten                                stehen vor entscheidenden Aufgaben, Investiti-
sich im Jahr 2018 auf nur noch 0,9 % des BIP – den                              onsprojekte zu identifizieren, planungs- und aus-
tiefsten Stand seit 50 Jahren.                                                  schreibungsrechtlich umzusetzen und gewerblich
                                                                                zu beauftragen.
Mit ihrer Finanzpolitik verbessert die Bundesre-
gierung die Wachstumsgrundlagen der deutschen                                 Die Bundesregierung hat wesentlich dazu beige-
Wirtschaft, sichert die konjunkturelle Entwicklung                            tragen, dass die gesamtstaatlichen Investitionen
angesichts der aktuellen außenwirtschaftlichen Ri-                            auf Rekordniveau gestiegen sind und sich die Zu-
siken und stärkt den sozialen Zusammenhalt. Für                               wächse verstetigt haben. Die jährlichen Zuwächse
das Jahr 2019 sind Maßnahmen der deutschen Fi-                                liegen nun schon seit drei Jahren über 7 ½ %; der
nanzpolitik vorgesehen, die zu Mehrausgaben in                                Zuwachs von 7 ¾ % im Jahr 2019 ist der höchste seit
Höhe von 0,5 % des BIP sowie Mindereinnahmen                                  zehn Jahren.
einschließlich Steuersenkungen in Höhe von 0,2 %
des BIP führen.                                                               Gleichzeitig steht die Finanzpolitik vor weiteren He-
                                                                              rausforderungen, u. a. durch den baldigen Eintritt
Zugleich plant die Bundesregierung bis Ende der                               der Babyboomer in die Rente, die Klimaschutzfinan-
Finanzplanungsperiode im Jahr 2023 mit ausge-                                 zierung, die Übernahme internationaler Verantwor-
glichenen Haushalten ohne Neuverschuldung und                                 tung in der sicherheits- und entwicklungspolitischen
trägt so zur Solidität der öffentlichen Haushalte                             Zusammenarbeit sowie durch die Finanzierung des
bei. Die Bundesregierung gibt zudem erhebliche                                Haushalts der Europäischen Union (EU).

     Entwicklung der staatlichen Investitionen (Bruttoanlageinvestitionen)                                                   Abbildung 2
     in Mrd. €                                                                                                                 in %

      100                                                                                                                         12
                                                                                                                  Projektion
                                                                                                                                  10
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       50
                                                                                                                                  -2

       40                                                                                                                         -4
                 2010        2011        2012        2013         2014        2015        2016   2017      2018       2019

                             Staatliche Investitionen                 Wachstum staatlicher Investitionen

     Quellen: Statistisches Bundesamt und eigene Berechnungen

                                                                            9
Analysen und Berichte                                                                        Monatsbericht des BMF
          Deutsches Stabilitätsprogramm: Steigende Investitionen bei sinkender Schuldenquote                       April 2019

   Konjunktur                                                               außenwirtschaftlicher Konjunkturrisiken den da-
                                                                            raus resultierenden negativen Entwicklungen zu
Die deutsche Wirtschaft befand sich im Jahr 2018                            begegnen.
weiter auf Wachstumskurs, hat jedoch in der zwei-
ten Jahreshälfte deutlich an Dynamik verloren.
Das preisbereinigte BIP ist gegenüber dem Vorjahr                                Entwicklung des
um 1,4 % gestiegen. Der Anstieg lag damit spürbar                                Gesamtstaatlichen Haushalts
unter den Wachstumsraten der beiden Vorjahre (je-
weils +2,2 %) und leicht unterhalb des gesamtwirt-
schaftlichen Produktionspotenzials von 1,6 % p. a.                               Entwicklung der staatlichen
Die gebremste konjunkturelle Dynamik zeigte sich                                 Finanzierungssalden
insbesondere in der schwächeren Exportentwick-
lung, die neben einer allgemein geringeren welt-                            Im Jahr 2018 wurde ein Finanzierungsüberschuss
wirtschaftlichen Dynamik auf Unsicherheiten                                 von 1,7 % des BIP erzielt. Die öffentlichen Haus-
wegen drohender Handelskonflikte und der Unge-                              halte von Bund, Ländern und Gemeinden profi-
wissheiten im Zuge des Brexit-Prozesses zurückzu-                           tierten in besonderem Maße von der dynamischen
führen ist. Im Gegenzug stützte die starke Binnen-                          Entwicklung der Steuereinnahmen, darunter ins-
wirtschaft die Konjunktur.                                                  besondere von der Entwicklung der gewinnabhän-
                                                                            gigen Steuern. Darüber hinaus trugen beim Bund
Der Arbeitsmarkt entwickelte sich weiterhin sehr                            die empfangenen Vermögenseinkommen auf-
positiv. So stieg die Erwerbstätigkeit im Jahr 2018                         grund des deutlich erhöhten Bundesbankgewinns
auf durchschnittlich 44,8 Millionen Personen und                            zur positiven Entwicklung bei. Die Sozialversiche-
damit auf einen neuen Höchststand seit der deut-                            rungen konnten ebenfalls überproportional stei-
schen Einheit. Der Anstieg ist insbesondere auf die                         gende Beiträge vereinnahmen. Zugleich entlasteten
höhere Anzahl sozialversicherungspflichtiger Be-                            geringere Zins­ausgaben die staatlichen Haushalte.
schäftigungsverhältnisse zurückzuführen. Die Zahl                           In der Folge konnten alle Teilsektoren des Staates
der Arbeitslosen hat im Jahr 2018 mit durchschnitt-                         im Jahr 2018 Überschüsse verzeichnen.
lich 2,34 Millionen Personen ein neues langjähriges
Rekordtief seit der deutschen Einheit erreicht. Die                         Für das laufende Jahr wird ein gesamtstaatlicher
jahresdurchschnittliche Arbeitslosenquote betrug                            Finanzierungssaldo von ¾ % des BIP erwartet. Der
lediglich 5,2 %. Besonders betroffen von Fachkräf-                          Überschuss liegt damit um rund ¾ % des BIP nied-
teengpässen waren technische Berufe, Bauberufe                              riger als im Jahr 2018. Ursache für die Verringe-
sowie Gesundheits- und Pflegeberufe.                                        rung sind insbesondere die von der Bundesregie-
                                                                            rung beschlossenen Maßnahmen. Hinzu kommt
Das globale Wachstum hat im vergangenen Jahr an                             ein im Vergleich zum Vorjahr abgeschwächter An-
Tempo verloren. Im Euroraum verzeichneten alle                              stieg der Steuereinnahmen aufgrund der aktu-
größeren Mitgliedstaaten ein geringeres Wachstum                            ell schwächeren konjunkturellen Entwicklung.
als im Vorjahr. Im laufenden Jahr dürfte die kon-                           Auch im Jahr 2020 ist nach dem jetzigen Stand
junkturelle Dynamik auch in Deutschland aber-                               noch von einem Staatsüberschuss von rund ¾ %
mals leicht an Fahrt verlieren. Der Arbeitsmarkt                            des BIP auszugehen. Dieser wird sich dann in den
dürfte sich weiterhin robust entwickeln und eine                            Jahren 2021 bis 2023 auf rund ½ % des BIP verrin-
wichtige Stütze der deutschen Konjunktur blei-                              gern. Die weitere Verringerung des Überschusses
ben. Insgesamt erscheint für Deutschland eine Fi-                           ab dem Jahr 2021 ergibt sich zum einen aufgrund
nanzpolitik angemessen, welche die Wachstums­                               der geplanten Absenkung des Solidaritätszuschlags
potenziale der deutschen Wirtschaft strukturell                             und zum anderen durch den prognostizierten An-
zu verbessern hilft und zugleich mit ihrer expansi-                         stieg des Finanzierungsdefizits der gesetzlichen
ven Ausrichtung auch dafür Sorge trägt, angesichts                          Rentenversicherung.

                                                                         10
Analysen und Berichte                                                                           Monatsbericht des BMF
             Deutsches Stabilitätsprogramm: Steigende Investitionen bei sinkender Schuldenquote                          April 2019

  Finanzierungssalden nach staatlichen Ebenen                                                                              Tabelle 1
  in % des BIP

                                                                                                                                       Analysen und Berichte
                                            2018               2019               2020            2021       2022           2023
 Bund                                               0,5                 0                   0            0          0              ¼
 Länder                                             0,3                ½                   ½             ¼          ¼              ¼
 Gemeinden                                          0,4                ¼                  ¼              0          0              0
 Sozialversicherungen                               0,4                ¼                  ¼              0          0              0
 Staat insgesamt                                    1,7                ¾                  ¾              ½          ½              ½
 Angaben für die Projektionsjahre sind auf ¼ Prozentpunkte des BIP gerundet. Differenzen zwischen dem Finanzierungssaldo für den
 Staat und der Summe der Finanzierungssalden der Ebenen sind rundungsbedingt.
 Quelle: Bundesministerium der Finanzen

Der staatliche Finanzierungssaldo wird von der Fi-                             Einflussfaktoren und Einmaleffekte gemäß der
nanzpolitik in erster Linie durch die Haushaltspoli-                           EU-einheitlichen Methodik bereinigt. Im vergan-
tik beeinflusst, also die Gestaltung von Einnahmen                             genen Jahr verbesserte sich der strukturelle Saldo
und Ausgaben. Daneben wirkt jedoch eine Reihe                                  von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversi-
konjunktureller, struktureller und außergewöhnli-                              cherungen von 0,9 % des BIP auf 1,4 % des BIP. Hin-
cher Faktoren, die zu großen Teilen außerhalb der                              tergrund dieser Entwicklung war insbesondere der
direkten Kontrolle von Regierungen liegen. Um                                  überproportionale Anstieg der Steuereinnahmen.
den Einfluss und die Ausrichtung der Finanzpolitik
zu bewerten, werden daher im europäischen Haus-                                Im laufenden Jahr ist mit einer deutlichen Ver-
haltsüberwachungsverfahren strukturelle Indi-                                  ringerung des strukturellen Überschusses auf
katoren betrachtet. Dabei werden der strukturelle                              rund ¾ % des BIP zu rechnen. In den kommenden
Finanzierungssaldo und die Entwicklung der Pri-                                Jahren sinkt der strukturelle Finanzierungssaldo
märausgaben im Vergleich mit der trendmäßigen                                  weiter auf ¼ % des BIP im Jahr 2022. Zum Ende der
Entwicklung des BIP bei konjunktureller Normal-                                Programmperiode im Jahr 2023, bei einer dann an-
auslastung herangezogen.                                                       nahmegemäß geschlossenen Produktionslücke
                                                                               und somit einer Konjunkturkomponente von null,
                                                                               steigt der strukturelle Überschuss bei konstantem
   Struktureller Finanzierungssaldo                                            gesamtstaatlichem Finanzierungsüberschuss wie-
                                                                               der leicht an.
Zur Ermittlung des strukturellen Finanzierungs-
saldos wird der nominale Saldo um konjunkturelle

  Struktureller Finanzierungssaldo                                                                                         Tabelle 2
  in % des BIP

                                            2018               2019               2020            2021       2022           2023
 struktureller Finanzierungssaldo                  1,4                 ¾                  ½              ½          ¼              ½
 Angaben für die Projektionsjahre sind auf ¼ Prozentpunkte des BIP gerundet.
 Quelle: Bundesministerium der Finanzen

                                                                            11
Analysen und Berichte                                                                           Monatsbericht des BMF
            Deutsches Stabilitätsprogramm: Steigende Investitionen bei sinkender Schuldenquote                          April 2019

   Schuldenstand 2019 unter 60 %                                              Pakt Obergrenzen für Haushaltsdefizit und Schul-
   des BIP                                                                    denstand vor. Die Einhaltung dieser Ziele und
                                                                              Grenzmarken sichert die finanzielle Handlungs-
Seit dem Jahr 2012 geht die Schuldenstandsquote                               fähigkeit eines jeden einzelnen Mitgliedstaats der
kontinuierlich zurück. Hatte der Schuldenstand in                             Wirtschafts- und Währungsunion.
Relation zum BIP im Jahr 2012 noch bei 79,9 % ge-
legen, sank die Schuldenstandsquote zu Ende des                               Deutschland hat die Vorgaben des SWP im
Jahres 2018 auf 60,9 % des BIP.                                               Jahr 2018 erneut vollständig erfüllt. Dabei wurde
                                                                              die Obergrenze eines nominalen Haushaltsdefizits
Der Rückgang der Schuldenstandsquote im ver-                                  von 3 % in Relation zum BIP mit deutlichem Ab-
gangenen Jahr ist maßgeblich auf die gute gesamt-                             stand unterschritten. So lag der tatsächliche Fi-
wirtschaftliche Entwicklung zurückzuführen. Alle                              nanzierungssaldo des gesamtstaatlichen Haushalts
Ebenen (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversiche-                              (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversiche-
rungen) wiesen deutliche Überschüsse aus und ha-                              rungen einschließlich ihrer Extrahaushalte) im
ben im Jahr 2018 ihre Schulden reduziert. Einen                               Jahr 2018 bei +1,7 % des BIP. Im Jahr 2018 hat der
spürbaren Beitrag zum Schuldenabbau haben, wie                                Gesamtstaat auch einen strukturellen Überschuss
auch schon in den Vorjahren, die staatlichen Ab-                              in Höhe von 1,4 % erzielt, wie Abbildung 3 zeigt.
wicklungsanstalten durch die Verwertung ihrer
Portfolien geleistet.                                                         Mit der Reform zur Stärkung des Stabilitätspakts
                                                                              im Jahr 2011 ist die sogenannte 1/20-Regel hin-
Auch über den Projektionszeitraum ist von einem                               sichtlich der Rückführung übermäßiger Schulden-
fortgesetzten Rückgang der Schuldenstandsquote                                stände verbindlich für alle Mitgliedstaaten verein-
auszugehen. Im Jahr 2019 ist mit einer Rückführung                            bart worden. Diese Regel sieht vor, dass der über die
um rund 2 Prozentpunkte auf rund 58 ¾ % des BIP                               Maastricht-Obergrenze von 60 % des BIP hinausge-
zu rechnen. Der Referenzwert des Maastricht-Ver-                              hende Schuldenstand um jährlich mindestens 1/20
trags würde im Ergebnis zum Ende des Jahres 2019                              im Durchschnitt der abgelaufenen drei Jahre ver-
unterschritten werden. Bis zum Ende des Projekti-                             ringert werden muss. Tatsächlich wurde der Schul-
onszeitraums 2023 wird ein Rückgang der Schul-                                denstand noch stärker zurückgeführt; damit hält
denstandsquote auf 51 ¼ % des BIP prognostiziert.                             Deutschland auch diese Vorgabe des SWP zum
                                                                              Schuldenabbau mit deutlichem Abstand ein.

   Europäische Vorgaben werden                                                  Deutschland unterliegt derzeit dem sogenannten
   erfüllt                                                                      präventiven Arm des SWP. Mitgliedstaaten, für wel-
                                                                                che die Maßgaben des präventiven Arms des SWP
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt verpflichtet                                 gelten, müssen mittelfristig einen nahezu ausgegli-
die Mitgliedstaaten, den gesamtstaatlichen Haus-                                chenen Haushalt oder einen Haushaltsüberschuss
halt mittelfristig nahezu auszugleichen und sich                                erreichen. Dafür setzen sich diese Mitgliedstaaten
hierzu verbindliche Ziele zu setzen. Zudem gibt der                             selbst ein mittelfristiges Haushaltsziel (Medium

  Entwicklung der gesamtstaatlichen Schuldenstandsquote                                                                  Tabelle 3
  in % des BIP

                                           2018               2019                2020           2021       2022          2023
 Schuldenstandsquote                              60,9             58 ¾               56 ½          54 ¾           53         51 ¼
 Angaben für die Projektionsjahre sind auf ¼ Prozentpunkte des BIP gerundet.
 Quelle: Bundesministerium der Finanzen

                                                                           12
Analysen und Berichte                                                                                   Monatsbericht des BMF
           Deutsches Stabilitätsprogramm: Steigende Investitionen bei sinkender Schuldenquote                                  April 2019

     Struktureller und tatsächlicher Finanzierungssaldo im Vergleich                                                            Abbildung 3

     in % des BIP

                                                                                                                                              Analysen und Berichte
     3

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    -1

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                    Finanzierungssaldo des Staates                                        Maastricht-Referenzwert
                    – in Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen                             (Obergrenze für Maastricht-Defizit)
                    Gesamtrechnungen
                    Struktureller Finanzierungssaldo                                      Mittelfristiges Haushaltsziel
                    des Staates                                                           (MTO – Obergrenze
                                                                                          für strukturelles Defizit)

     1995: Ohne die Vermögenstransfers infolge der Übernahme der Schulden der Treuhandanstalt und der Wohnungsbau-
           unternehmen der ehemaligen DDR. Inklusive dieses Effekts belief sich das gesamtstaatliche Defizit auf 9,4 % des BIP.
     2000: Ohne UMTS-Erlöse. Inklusive dieses Effekts wies der Staatshaushalt einen Überschuss in Höhe von 0,9 % des BIP auf.
     Datenbasis bis 2018: Statistisches Bundesamt, Februar 2019. 2019 bis 2023: BMF-Projektion, April 2019.
     Quelle: Bundesministerium der Finanzen

Term Objective, MTO) für den strukturellen ge-                                    Strategische Ausrichtung
samtstaatlichen Finanzierungssaldo. Für die Eu-                                   der Finanzpolitik der
ro-Mitgliedstaaten gilt außerdem der Fiskalvertrag
                                                                                  Bundesregierung
(„Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steu-
erung in der Wirtschafts- und Währungsunion“).
Nach dessen Vorgabe muss der gesamtstaatliche                                Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die
Haushalt ausgeglichen oder im Überschuss sein.                               Zukunftsfähigkeit und die Wachstumsgrundlagen
Dies ist erreicht, wenn das MTO eingehalten wird.                            der deutschen Wirtschaft zu verbessern, den sozi-
Deutschland behält mit seinem Stabilitätspro-                                alen Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken
gramm das mittelfristige Haushaltsziel eines struk-                          und zugleich die Solidität der öffentlichen Finan-
turellen Defizits von maximal 0,5 % des BIP bei.                             zen sicherzustellen. Das finanzpolitische Umfeld

                                                                          13
Analysen und Berichte                                                                         Monatsbericht des BMF
          Deutsches Stabilitätsprogramm: Steigende Investitionen bei sinkender Schuldenquote                        April 2019

mit robustem Arbeitsmarkt und Rekordbeschäf-                                Produktivität und Wachstumspotenzial stärkt.
tigung, überdurchschnittlichen Steuereinnahmen                              Nach den aktuellen Projektionen der Bundesre-
und niedrigen Zinsen auf Staatsschulden ist bislang                         gierung wird der gesamtstaatliche Haushalt auch
ausgesprochen günstig gewesen. Allerdings gilt es,                          im Jahr 2019 einen deutlichen Finanzierungs-
sich auf vielfache Herausforderungen vorzuberei-                            überschuss aufweisen, der jedoch geringer ausfällt
ten, vor denen Deutschland steht.                                           als im Vorjahr (+¾ % des BIP im Jahr 2019 gegen-
                                                                            über +1,7 % im Jahr 2018). Für das Jahr 2019 sind
Zu diesen Herausforderungen zählen u. a. die Kli-                           Maßnahmen der deutschen Finanzpolitik vorge-
maschutzfinanzierung, der von einer Experten-                               sehen, die zu Mehrausgaben in Höhe von 0,5 %
kommission empfohlene Ausstieg Deutschlands                                 des BIP sowie Mindereinnahmen einschließlich
aus dem Kohleabbau und der Kohleverstromung,                                Steuersenkungen in Höhe von 0,2 % des BIP füh-
die Übernahme internationaler Verantwortung in                              ren. Der konjunkturbereinigte Primärsaldo wird
der sicherheits- und entwicklungspolitischen Zu-                            sich im Jahr 2019 nach der Projektion um ¾ Pro-
sammenarbeit und die künftigen deutschen Finan-                             zentpunkte von 2,2 % auf 1 ½ % des BIP verrin-
zierungsbeiträge zum EU-Haushalt. Zudem steht                               gern; demnach ist die Ausrichtung der Finanzpo-
der Abgang der geburtenstarken Generation der                               litik als deutlich expansiv einzuordnen. Trotz des
Babyboomer aus dem Arbeitsmarkt schon bald be-                              abgeschwächten Wirtschaftswachstums sind die
vor. Die Folgen dieser Entwicklung werden die Fi-                           Kapazitäten in der deutschen Wirtschaft weiter-
nanzpolitik auf die Probe stellen. Die Bundesre-                            hin leicht überausgelastet; die positive Produkti-
gierung hat daher die „Kommission Verlässlicher                             onslücke wird sich von 0,8 % des potenziellen BIP
Generationenvertrag“ eingesetzt, die sich mit der                           im Jahr 2018 auf 0,4 % im Jahr 2019 verringern. Die
nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung der                              expansive Ausrichtung der Finanzpolitik erscheint
gesetzlichen Rentenversicherung wie auch der bei-                           angemessen, um Konjunktur- und Außenwirt-
den weiteren Rentensäulen ab dem Jahr 2025 be-                              schaftsrisiken zu mindern.
fassen und bis zum März 2020 Empfehlungen vor-
legen wird.                                                                 Die Politik der Bundesregierung trägt ferner dazu
                                                                            bei, dass im Jahr 2019 sowohl die gesamtstaatli-
Eine höhere Erwerbstätigkeit, insbesondere von Äl-                          chen Investitionen der öffentlichen Hand (+7 ¾ %
teren, Frauen und Zugewanderten, und ein stärke-                            gegenüber dem Vorjahr) als auch die Investitionen
res Produktivitätswachstum bleiben wesentlich für                           des Bundes (38,9 Mrd. €) auf ein neues Hoch stei-
dauerhaft solide Finanzen. Die Bundesregierung                              gen. Bis zum Jahr 2023 fokussiert die Bundesregie-
erleichtert daher die Eingliederung von Älteren in                          rung ihre Zukunftsinvestitionen auf Infrastruktur,
den Arbeitsmarkt, verbessert die Vereinbarkeit von                          Bildung, Hochschulen, Forschung und Digitalisie-
Familie und Beruf durch den Ausbau der Ganzta-                              rung. Da viele dieser Bereiche in der Verantwortung
gesbetreuung weiter und ermöglicht eine gezieltere                          der Länder und Gemeinden liegen, hat die Bundes-
Steuerung der Zuwanderung von Fachkräften. Wei-                             regierung die Weichen dafür gestellt, dass diese Ge-
tere Potenziale entstehen durch produktivitätsstei-                         bietskörperschaften über umfangreiche Mittel ver-
gernde Maßnahmen, u. a. durch eine bessere Qua-                             fügen, um Investitionsvorhaben voranzubringen.
lifizierung der Erwerbstätigen in Kombination mit
lebenslangem Lernen, einer konsequenten Digita-                             Ein weiteres wichtiges Ziel der Bundesregierung
lisierung von Wirtschaft und öffentlicher Verwal-                           ist es, soziale Gerechtigkeit zu stärken und den ge-
tung sowie investitions- und innovationsfreundli-                           sellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern. Da-
chen Rahmenbedingungen für Unternehmen.                                     her stärkt die Bundesregierung die Bezieher von
                                                                            unteren und mittleren Einkommen sowie Fami-
Die Bundesregierung verfolgt eine Finanzpoli-                               lien. Im Bereich des sozialen Wohnungsbaus wer-
tik, die über höhere Investitionen Bildung, For-                            den die Mittel im Jahr 2019 angehoben. Zudem
schung und Digitalisierung voranbringt und damit                            werden die Ausgaben für die Eingliederung von

                                                                         14
Analysen und Berichte                                                                        Monatsbericht des BMF
           Deutsches Stabilitätsprogramm: Steigende Investitionen bei sinkender Schuldenquote                       April 2019

Langzeitarbeitslosen erhöht. Diese Zielsetzung bil-                          die Staatsschuldenquote weiter gesunken ist und
det sich in den Ausgaben des Bundes für Sozia-                               die staatlichen Investitionen auf ein Rekordniveau
les ab. So werden die Sozialausgaben im Jahr 2019                            gestiegen sind. Dabei wurden die verfassungsrecht-

                                                                                                                                  Analysen und Berichte
auf 173 Mrd. €, der Anteil am Bundeshaushalt zu-                             lichen und europäischen Vorgaben vollumfäng-
gleich auf über 50 % steigen. Auf gesamtstaatli-                             lich eingehalten. Diese positiven Entwicklungen
cher Ebene werden die Sozialausgaben einen Anteil                            werden sich nach aktuellen Projektionen auch im
von 24 ¼ % des BIP haben.                                                    Jahr 2019 fortsetzen.

                                                                             Gleichzeitig steht die deutsche Finanzpolitik vor
   Fazit                                                                     mehrfachen Herausforderungen, die im Stabili-
                                                                             tätsprogramm 2019 benannt werden. Alle Voraus-
In einem guten gesamtwirtschaftlichen Umfeld                                 setzungen sind weiter gegeben, dass die deutsche
verzeichneten die Staatshaushalte im Jahr 2018 au-                           Finanzpolitik auch in den kommenden Jahren die
ßergewöhnlich hohe Überschüsse. Die Finanzpoli-                              europäischen und nationalen finanzpolitischen
tik der Bundesregierung hat dazu beigetragen, dass                           Vorgaben erfüllen kann.

                                                                          15
Analysen und Berichte                                                     Monatsbericht des BMF
                                                                                                April 2019

Die Finanzsituation der Kommunen – eine
Bestandsaufnahme

    ●● Die Finanzsituation der Kommunen in den Flächenländern stellt sich weiterhin positiv dar.
       Nach dem Rekordüberschuss im Jahr 2017 erzielten die kommunalen Kernhaushalte mit einem
       deutschlandweiten Überschuss von 8,7 Mrd. € im abgelaufenen Jahr erneut ein sehr gutes Ergeb-
       nis. Zugleich sind die Investitionsausgaben mit 12,9 % gegenüber 2017 sehr deutlich gestiegen.

    ●● Der Bund unterstützt die Kommunen auch in der neuen Legislaturperiode finanziell in erhebli-
       chem Umfang. Zahlreiche Maßnahmen in den Bereichen Schule, Kinderbetreuung und sozialer
       Wohnungsbau laufen derzeit an.

    ●● In allen Ländern verzeichnen die Kommunen insgesamt Überschüsse. Die Finanzlage der einzel-
       nen Kommunen ist gleichwohl heterogen. Dies ist auch ein Thema der Kommission „Gleichwerti-
       ge Lebensverhältnisse“.

   Insgesamt positive Entwicklung                       Schuldenstatistik 38,9 Mrd. €. Nach einem erstma-
   der Finanzsituation der                              ligen Rückgang im Jahr 2017 gingen die Kassenkre-
   Kommunen                                             ditbestände zum 31. Dezember 2018 weiter signifi-
                                                        kant zurück (-7,3 Mrd. € beziehungsweise -15,9 %).
Die Finanzsituation der Kommunen in den Flä-            Zu diesem Rückgang hat maßgeblich beigetragen,
chenländern verbesserte sich signifikant über die       dass Hessen über die sogenannte Hessenkasse ei-
vergangenen Jahre. Seit dem Jahr 2012 wies die Ge-      nen Großteil der Kassenkredite der hessischen
samtheit der kommunalen Kernhaushalte Finanzie-         Kommunen übernommen hat und diese nun nicht
rungsüberschüsse aus. Nach dem Rekordergebnis           mehr in der Schuldenstatistik ausgewiesen werden.
im Jahr 2017 erzielten die kommunalen Kernhaus-         Auch in anderen Ländern mit hohen Kassenkredit-
halte 2018 erneut ein sehr gutes Ergebnis: Mit ei-      beständen wie Nordrhein-Westfalen und Rhein-
nem Finanzierungssaldo von 8,7 Mrd. € erreichte         land-Pfalz gab es nennenswerte Rückgänge.
die kommunale Ebene insgesamt einen deutlichen
Überschuss. Dieser fiel zwar circa 1 Mrd. € gerin-
ger aus als im Vorjahr, zugleich stiegen jedoch die         Kassenkredite
Investitionsausgaben um 3,2 Mrd. € beziehungs-              (auch: Liquiditätskredite, Kredite zur Liqui-
weise 12,9 % gegenüber dem Vorjahr. Die sozialen            ditätssicherung, Kassenverstärkungskredi-
Ausgaben stiegen mit 0,5 % gegenüber dem Vorjahr            te) bezeichnen – neben Krediten zur Finan-
hingegen nur moderat, was insbesondere auf einen            zierung von Investitionen – eine Schuld zur
deutlichen Rückgang bei den Leistungen nach dem             Deckung eines kurzfristigen Bedarfs an li-
Asylbewerberleistungsgesetz zurückzuführen ist.             quiden Mitteln. Dies entspricht etwa bei pri-
Im zweiten Jahr in Folge konnten die kommunalen             vaten Haushalten dem Überziehungskredit
Ebenen aller Länder Überschüsse erzielen.                   (Dispokredit). Hohe Kassenkreditbestände,
                                                            die zur dauerhaften Finanzierung laufender
Der Bestand an Kassenkrediten betrug zum 31. De-            Aufgaben verwendet werden, gelten allge-
zember 2018 nach den Zahlen der vorläufigen                 mein als Indikator für Finanzschwäche.

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Analysen und Berichte                                                                       Monatsbericht des BMF
             Die Finanzsituation der Kommunen – eine Bestandsaufnahme                                                April 2019

       Finanzierungssaldo der Kommunen                                                                                 Abbildung 1
       in Mrd. €

                                                                                                                                     Analysen und Berichte
        12
                                                                                                          9,7          8,7

         8
                                                                                              4,7
                                                                                  3,5
         4                                   2,6
                                                           1,5          1,3

         0

                               -1,0
        -4

        -8         -6,9
                   2010       2011          2012          2013          2014     2015        2016         2017        2018

       Quelle: Statistisches Bundesamt; 2010 bis 2016: Rechnungsergebnisse der kommunalen Haushalte; ab 2017: Kassenstatistik

    Erhebliche Unterschiede                                                    Unterstützung der Kommunen
    zwischen den einzelnen                                                     durch den Bund
    Kommunen
                                                                          Im zweigliedrigen Staatsaufbau der Bundesrepu­
Die insgesamt gute Finanzsituation darf jedoch                            blik liegt die Verantwortung für die Kommunen
nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Finanzlage                         verfassungsrechtlich bei den Ländern. Die Garantie
der einzelnen Kommunen in Deutschland sehr un-                            der kommunalen Selbstverwaltung umfasst auch
terschiedlich ist. Dies lässt sich u. a. am weiterhin                     die finanzielle Eigenverantwortung der Kommu-
hohen Bestand an kommunalen Kassenkrediten in                             nen. Der Staat ist allerdings verpflichtet, den Kom-
vielen Kommunen ausmachen.1                                               munen gegebenenfalls die Mittel zur Verfügung zu
                                                                          stellen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benö-
Die Problematik der kommunalen Altschulden/                               tigen. Diese Aufgabe trifft – der staatsorganisati-
Kassenkredite ist – neben fünf anderen Themen-                            onsrechtlichen Zuordnung der Kommunen zu den
feldern – auch ein Thema der Kommission „Gleich-                          Ländern entsprechend – zuerst die Länder.
wertige Lebensverhältnisse“. In dieser wollen Bund,
Länder und kommunale Spitzenverbände gemein-                              Dessen ungeachtet hat der Bund, insbesondere in
sam bis Sommer 2019 Handlungsempfehlun-                                   den vergangenen Jahren, im Rahmen seiner ver-
gen erarbeiten, mit denen effektive und sichtbare                         fassungsrechtlichen Möglichkeiten viele Maßnah-
Schritte hin zu einer Gleichwertigkeit der Lebens-                        men ergriffen, um die Kommunen bei der Bewäl-
verhältnisse erreicht werden können.                                      tigung ihrer Aufgaben finanziell zu unterstützen.
                                                                          Daran hält er auch im Jahr 2019 und darüber hi-
                                                                          naus fest. Viele der Maßnahmen, auf deren priori-
                                                                          täre Umsetzung sich die Regierungsparteien in der
1   Die Kassenkreditbestände einzelner Kommunen sind                      Koalitionsvereinbarung für diese Legislaturperiode
    beispielsweise unter http://www.wegweiser-kommune.de/
                                                                          verständigt haben, dienen der Unterstützung der
    statistik/finanzen in der Datenbank „Wegeweiser Kommune“
    der Bertelsmann Stiftung abrufbar.                                    Kommunen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.

                                                                        17
Analysen und Berichte                                                                               Monatsbericht des BMF
          Die Finanzsituation der Kommunen – eine Bestandsaufnahme                                                        April 2019

   Bund entlastet bei den Flüchtlings-                                        Bund entlastet bei der
   kosten                                                                     frühkindlichen Kinderbetreuung
Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass der                        Die Weiterentwicklung der Qualität in Kinderta-
Bund die Länder und Kommunen auch in dieser                            gesstätten (Kitas) und in der Kindertagespflege ist
Legislaturperiode bei den Flüchtlingskosten (Inte-                     eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe und ein
grationspauschale, Kosten der Unterkunft, unbe-                        Anliegen des Bundes. Am 1. Januar 2019 ist das Gu-
gleitete minderjährige Flüchtlinge) unterstützen                       te-KiTa-Gesetz in Kraft getreten. Im Rahmen des
wird. Diese Unterstützung soll effektiver ausgestal-                   Gesetzes wird der Bund Länder und Kommunen
tet werden. Der Koalitionsvertrag sieht hierfür ins-                   bis 2022 mit insgesamt 5,5 Mrd. € bei den Kosten
gesamt 8 Mrd. € vor. Bund und Länder haben sich                        für die Weiterentwicklung der Qualität und Teil-
im vergangenen Jahr über die Entlastung der Län-                       habe in Kitas und in der Kindertagespflege inklu-
der und Kommunen von flüchtlingsbedingten Aus-                         sive der Gebührenfreiheit unterstützen. Hierfür
gaben für 2019 in Höhe von rund 4,235 Mrd. € ge-                       verzichtet der Bund auf entsprechende Anteile am
einigt. Zuzüglich der Pauschale für unbegleitete                       Aufkommen der Umsatzsteuer.
minderjährige Flüchtlinge und der sogenannten
Spitzabrechnung entlastet der Bund Länder und
Kommunen 2019 um 5,067 Mrd. €:                                                Bund unterstützt Maßnahmen für
                                                                              saubere Luft
●● Pauschale für unbegleitete minderjährige
   Flüchtlinge in Höhe von 350 Mio. €,                                 Die Bundesregierung unterstützt die zuständigen
                                                                       Länder und Kommunen bei ihren Bemühungen
●● Integrationspauschale in Höhe von 2 Mrd. €,                         zur Reduzierung von Stickstoffdioxidemissionen
   die einmalig um 435 Mio. € erhöht wird,                             (NO2). Mit dem Sofortprogramm „Saubere Luft“
                                                                       mit den Schwerpunkten Elektrifizierung des Ver-
●● vollständige Entlastung von den Kosten der                          kehrs, Nachrüstung von Dieselbussen und Digita-
   Unterkunft und Heizung für anerkannte                               lisierung kommunaler Verkehrssysteme sowie mit
   Asyl- und Schutzberechtigte im Sozialgesetz-                        weiteren Maßnahmen zur Hardware-Nachrüstung
   buch II (SGB II) im Umfang von voraussicht-                         bestimmter Fahrzeuge stellt der Bund für die von
   lich 1,8 Mrd. €,                                                    Überschreitungen des NO2-Jahresmittelgrenzwer-
                                                                       tes betroffenen Städten und Kommunen zusam-
●● weitere Beteiligung an den Kosten für Asyl-                         men annähernd 2 Mrd. € zur Verfügung.
   bewerber und Flüchtlinge von der Registrie­
   rung bis zur Erteilung eines erstmaligen Be-
   scheids durch das Bundesamt für Migration                                  Grundgesetzänderung zur
   und Flüchtlinge in Höhe von monatlich 670 €                                Ermöglichung zusätzlicher
   je Flüchtling. Für abgelehnte Antragsteller
   werden pauschal für einen weiteren Monat
                                                                              Unterstützungsmaßnahmen
   ebenfalls 670 € gezahlt. Die Abschlagszah-
   lungen hierfür betragen für 2019 insgesamt                          Der Bund soll künftig Länder und Kommunen im
   rund 482 Mio. €.                                                    Bildungsbereich sowie beim sozialen Wohnungs-
                                                                       bau und der Verkehrswegefinanzierung umfassen-
Zur Finanzierung der Flüchtlings- und Integrati-                       der mit Finanzhilfen unterstützen können. Ent-
onskosten ab 2020 ist der Bund mit den Ländern                         sprechende Änderungen der Finanzverfassung2
im Gespräch.
                                                                          2   Betroffen sind Art. 104c, 104d, 125c und 143e des
                                                                              Grundgesetzes.

                                                                     18
Analysen und Berichte                                                                     Monatsbericht des BMF
          Die Finanzsituation der Kommunen – eine Bestandsaufnahme                                              April 2019

sind Anfang April 2019 in Kraft getreten. Diese Än-                    den Ganztagsausbau stellt der Bund daher ab dem
derungen ermöglichen die folgenden Maßnahmen:                          Jahr 2020 insgesamt 2 Mrd. € zur Verfügung.

                                                                                                                               Analysen und Berichte
   DigitalPakt Schule                                                     Weitere Entlastungen der
                                                                          Kommunen
Mit dem DigitalPakt Schule wollen Bund und Län-
der für eine bessere Ausstattung der Schulen mit                       Zum Ende des Jahres 2018 erfolgten mit der Been-
digitaler Technik sorgen. Der Bund wird hierfür                        digung der Beteiligung der Kommunen an den Kos-
bis 2024 insgesamt 5 Mrd. € zur Verfügung stellen.                     ten ihrer Länder an der Abfinanzierung des Fonds
Die für die Umsetzung des DigitalPakts erforderli-                     „Deutsche Einheit“ – die wegen der vorzeitigen fikti-
che Verwaltungsvereinbarung soll nun unmittel-                         ven Tilgung aufgrund guter Zinskonditionen bereits
bar nach dem Inkrafttreten der Grundgesetzände-                        zum Ende des Jahres 2018 beendet wurde – aufgrund
rung abgeschlossen werden.                                             einer Änderung der Gemeindefinanzreformgeset-
                                                                       zes Entlastungen der westdeutschen Kommunen in
                                                                       Höhe von rund 500 Mio. € jährlich.
   Sozialer Wohnungsbau
                                                                       Zudem läuft die 1993 durch das Gesetz zur Um-
Der Bund wird zweckgebundene Finanzhilfen für                          setzung des föderalen Konsolidierungspro-
den sozialen Wohnungsbau gewähren. Ziel ist es,                        gramms eingeführte erhöhte Gewerbesteuerum-
dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum entge-                              lage nach § 6 Abs. 3 Gemeindefinanzreformgesetz
genzuwirken. Das betrifft vor allem Ballungszen-                       (sogenannte Solidarpakt-Umlage) nach geltendem
tren. Hierfür sind Finanzhilfen im Umfang von                          Recht zum 31. Dezember 2019 aus. Die Gemeinden
insgesamt 2 Mrd. € für die Jahre 2020 und 2021 ge-                     werden in diesem Rahmen dann um weitere circa
plant. Eine Verwaltungsvereinbarung über den so-                       3,4 Mrd. € jährlich entlastet.
zialen Wohnungsbau im Programmjahr 2020 be-
findet sich in Erarbeitung.
                                                                          Fokus auf Unterstützung
                                                                          finanzschwacher Kommunen
   Unterstützung im Verkehrsbereich
                                                                       Weitere Maßnahmen, die der Bund bereits in der
Künftig soll mehr Geld in Projekte des Gemeinde-                       Vergangenheit beschlossen hat und die die Kom-
verkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) fließen , z. B.                   munen zusätzlich entlasten, zielen insbesondere
für den Bau neuer U- und S-Bahnen. Neu- und Aus-                       auf die finanzielle Unterstützung finanzschwa-
baumaßnahmen werden ermöglicht. Hierfür ist                            cher Kommunen ab. Diese Maßnahmen sollen
eine Erhöhung der Mittel für das GVFG-Bundes-                          zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft
programm um 1,7 Mrd. € für den Zeitraum bis ein-                       im Bundesgebiet beitragen. Hierfür stellt der Bund
schließlich 2022 vorgesehen.                                           den Ländern Finanzhilfen zur Förderung von In-
                                                                       vestitionen finanzschwacher Kommunen im Rah-
                                                                       men des Kommunalinvestitionsförderungsgeset-
   Ganztagsschule/                                                     zes (KInvFG) zur Verfügung. Das Gesamtvolumen
   Ganztagsbetreuung                                                   des Fonds beträgt 7 Mrd. € und verteilt sich auf
                                                                       zwei Förderprogramme.
Der Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreu-
ungsangebote für Kinder im Grundschulalter hat                         Mit dem Infrastrukturprogramm (KInvFG, Ka-
für den Bund hohe Priorität. Für Investitionen in                      pitel 1) fördert der Bund im Zeitraum von 2015

                                                                     19
Analysen und Berichte                                                                        Monatsbericht des BMF
          Die Finanzsituation der Kommunen – eine Bestandsaufnahme                                                 April 2019

bis 2020 mit insgesamt 3,5 Mrd. € kommunale In-                            Fazit
vestitionen in verschiedene Teilbereiche der Inf-
rastruktur, z. B. städtebauliche Maßnahmen, Maß-                       Die Finanzsituation der Kommunen ist – insge-
nahmen zum Lärmschutz und den Ausbau von                               samt betrachtet – sehr gut. Die kommunale Ebene
Breitbandverbindungen. Auch Investitionen in die                       verzeichnet seit Jahren zum Teil erhebliche Haus-
Bildungsinfrastruktur können gefördert werden,                         haltsüberschüsse. Es ist davon auszugehen, dass
allerdings nur insoweit, als der Bund auch die ent-                    dies auch in den nächsten Jahren der Fall sein wird.
sprechende Gesetzgebungskompetenz hat.                                 Eine allgemeine strukturelle Unterfinanzierung
                                                                       der Kommunen besteht demnach nicht.
Mit dem Schulsanierungsprogramm (KInvFG,
Kapitel 2) unterstützt der Bund ebenfalls mit                          Zuerst sind die Länder in der Verantwortung, für
3,5 Mrd. € gezielt kommunale Investitionen zur                         eine aufgabenangemessene Finanzausstattung ih-
Sanierung, zum Umbau und zur Erweiterung von                           rer Kommunen zu sorgen. Gleichwohl entlastet
Schulgebäuden. Der Förderzeitraum dieses Pro-                          auch der Bund die Kommunen finanziell in erheb-
gramms endet 2022.                                                     lichem Maße. Mit den in dieser Legislaturperiode
                                                                       ergriffenen Maßnahmen unterstützt der Bund die
Darüber hinaus entlastet der Bund die Kommunen                         Kommunen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben
insbesondere bei den Sozialausgaben. Hiervon pro-                      insbesondere in den Bereichen Schule, Kinderbe-
fitieren in der Regel finanzschwache Kommunen                          treuung und sozialer Wohnungsbau.
in besonderem Maße, da in diesen die Belastun-
gen mit Sozialausgaben häufig höher sind als bei fi-                   Die Finanzlage der einzelnen Kommunen in
nanzstärkeren Kommunen. So erstattet der Bund                          Deutschland ist jedoch weiterhin heterogen. Dies
den Kommunen die Ausgaben für die Grundsiche-                          ist auch ein Thema der Kommission „Gleichwertige
rung im Alter und bei Erwerbsminderung in voller                       Lebensverhältnisse“3, die ihre Handlungsempfeh-
Höhe (im Jahr 2019: 7,1 Mrd. €) und beteiligt sich                     lungen voraussichtlich im Sommer 2019 vorstellen
verstärkt an den Kosten für Unterkunft und Hei-                        wird.
zung nach dem SGB II inklusive der vollständigen
Entlastung von den Kosten der Unterkunft und
Heizung für anerkannte Asyl- und Schutzberech-
tigte nach dem SGB II (für 2019: 6,7 Mrd. €).                          3   http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20190423

                                                                     20
Analysen und Berichte                                                      Monatsbericht des BMF
                                                                                                 April 2019

Das Brexit-Steuerbegleitgesetz

                                                                                                               Analysen und Berichte
    ●● Am 29. März 2019 ist das Gesetz über steuerliche und weitere Begleitregelungen zum Austritt
       des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (Bre-
       xit-Steuerbegleitgesetz) in Kraft getreten.

    ●● Das Gesetz soll in verschiedenen Bereichen des Steuer- und Finanzmarktrechts Rechtssicher-
       heit schaffen und besondere Nachteile verhindern, die andernfalls aufgrund des Brexits für
       Steuerpflichtige und Finanzmarktteilnehmer eintreten würden.

    ●● Die Besonderheit dieses Gesetzgebungsverfahrens lag darin, die Regelungen wegen des bis
       zuletzt unklaren Ausgangs der Austrittsverhandlungen so auszugestalten, dass alle denkbaren
       Szenarien des Austritts sowohl hinsichtlich seines Zeitpunkts als auch seiner Art und Weise
       abgedeckt werden.

   Der Austritt des Vereinigten                          und sonstigen Gesetze aus dem Zuständigkeitsbe-
   Königreichs aus der EU                                reich des BMF daraufhin zu überprüfen, welche
                                                         Folgen der Brexit jeweils für die Bürgerinnen und
Am 29. März 2017 hat das Vereinigte Königreich           Bürger sowie die Unternehmen in Deutschland
Großbritannien und Nordirland – so die offizielle        und dem Vereinigten Königreich auslösen könnte
Bezeichnung – dem Europäischen Rat seine Ab-             und dabei diejenigen Regelungen zu identifizieren,
sicht mitgeteilt, die Europäische Union (EU) verlas-     bei denen ein Tätigwerden des Gesetzgebers zur
sen zu wollen. An diesem Tag begann zugleich die         Abwendung besonders unerwünschter Folgen für
von Art. 50 Abs. 3 des Vertrags über die Europäische     die Betroffenen notwendig erschien.
Union (EUV) vorgesehene zweijährige Frist, nach
deren Ablauf am 29. März 2019 der Austritt grund-
sätzlich wirksam geworden wäre, hätten sich nicht           Kriterien für das Brexit-
die EU und das Vereinigte Königreich beim Euro-             Steuerbegleitgesetz
päischen Rat am 21. März 2019 auf eine zeitliche
Verschiebung des Austritts verständigt. Wie für alle     Mit dem Austritt aus der EU finden auf das Ver-
anderen Ministerien begann auch für das BMF am           einigte Königreich die vier unionsrechtlichen
29. März 2017 die Phase der konkreten Vorberei-          Grundfreiheiten des Binnenmarkts (freier Verkehr
tung auf den Austritt des Vereinigten Königreichs        von Waren, Personen, Dienstleistungen und – mit
aus der EU, den Brexit.                                  Einschränkungen – Kapital) ebenso wie diejenigen
                                                         nationalen Regelungen, die an die Mitgliedschaft in
                                                         der EU anknüpfen, keine Anwendung mehr. Dies ist
   Vorbereitungsmaßnahmen des                            letztlich Folge der freien Entscheidung des Verei-
   BMF                                                   nigten Königreichs, die EU zu verlassen und künftig
                                                         im Verhältnis zu den verbleibenden EU-Mitglied-
Das BMF hat zahlreiche Maßnahmen zur Vorberei-           staaten ein sogenannter Drittstaat zu sein. Diese
tung auf den Brexit ergriffen. Dazu gehörte, bereits     Entscheidung soll auch nicht durch einseitige Maß-
frühzeitig alle steuerlichen, finanzmarktrechtlichen     nahmen eines Mitgliedstaates, der das Vereinigte

                                                       21
Analysen und Berichte                                                            Monatsbericht des BMF
           Das Brexit-Steuerbegleitgesetz                                                               April 2019

Königreich weiterhin wie einen EU-Mitgliedstaat               Die Gesetzentwürfe des
behandelt, in Frage gestellt werden. Daher werden             Brexit-Steuerbegleitgesetzes
z. B. künftig Schulgeldzahlungen an eine Schule im
Vereinigten Königreich anders als Zahlungen an            Als federführendes Ressort für das Steuer- und Fi-
eine Schule in der EU nicht mehr als Sonderausga-         nanzmarktrecht hat das BMF zunächst – wie dies
ben abziehbar sein. Auch kann das in einem zerti-         bei Gesetzentwürfen, die von der Bundesregie-
fizierten Altersvorsorgevertrag („Riester-Vertrag“)       rung eingebracht werden, üblich ist – am 8. Okto-
gebildete Alters­vorsorgevermögen zukünftig nicht         ber 2018 einen Referentenentwurf veröffentlicht
mehr förder­unschädlich für die Anschaffung oder          und den Ländern und Verbänden Gelegenheit ge-
Herstellung einer im Vereinigten Königreich bele-         geben, Stellung zu nehmen sowie Änderungsvor-
genen Woh­nung verwendet werden.                          schläge zu machen. Am 20. November 2018 hat
                                                          das BMF den Referentenentwurf um bestimmte fi-
In bestimmten Fällen könnte der Brexit ohne ge-           nanzmarktrechtliche Regelungen ergänzt. Unter
setzliche Begleitregelungen für Steuerpflichtige          Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnah-
und Finanzmarktteilnehmer allerdings auch in be-          men hat das BMF anschließend den Gesetzentwurf
reits weitgehend abgeschlossenen Sachverhalten,           der Bundesregierung vorbereitet, der am 12. De-
deren rechtliche Wirkungen aber über den Zeit-            zember 2018 vom Bundeskabinett beschlossen
punkt des Brexits hinaus andauern, erhebliche             wurde. Im Rahmen des parlamentarischen Verfah-
nachteilige Folgen auslösen. Um bei dem bereits ge-       rens wurden weitere Regelungen aus dem Bereich
nannten Riester-Beispiel zu bleiben, hätte der Bre-       des Steuer- und Finanzmarktrechts ergänzt.
xit ohne das Brexit-Steuerbegleitgesetz etwa dazu
geführt, dass Steuerpflichtige – auch bei Altersvor-      Eine besondere Herausforderung dieses Gesetzge-
sorgeverträgen, die bereits lange vor dem Brexit          bungsverfahrens bestand darin, dass bis zuletzt un-
abgeschlossen worden sind und aus denen das Al-           klar war, ob das Vereinigte Königreich überhaupt –
tersvorsorgevermögen für eine im Vereinigten Kö-          und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt (zum Ablauf
nigreich angeschaffte oder hergestellte Wohnung           der Frist nach Art. 50 Abs. 3 EUV oder zu einem an-
bereits förderunschädlich ausgezahlt wurde – zur          deren Zeitpunkt) und in welcher Form (mit oder
Rückzahlung der ausgezahlten Altersvorsorgezu-            ohne Austrittsabkommen) – aus der EU austreten
lagen verpflichtet gewesen wären. Darüber hin-            würde. Aus diesem Grund mussten die einzelnen
aus bestand die Befürchtung, dass sich die sofor-         Regelungen des Gesetzes jeweils so formuliert wer-
tige und generelle Unanwendbarkeit bestimmter             den, dass sie – je nach Zielrichtung – entweder auf
finanzmarktrechtlicher Regelungen nachteilig auf          alle oder nur auf bestimmte Austrittsszenarien An-
die Funktionsfähigkeit und Stabilität der Finanz-         wendung finden.1
märkte auswirken könnte.

Das Brexit-Steuerbegleitgesetz greift diese Aspekte           Das Brexit-Steuerbegleitgesetz
in Form von Übergangsregelungen auf. Darüber hin-
aus enthält das Gesetz eine Regelung zur Lockerung        Nachdem der Deutsche Bundestag das Brexit-Steu-
des Kündigungsschutzes für bestimmte Risikoträger         erbegleitgesetz am 21. Februar 2019 angenommen
von bedeutenden Finanzinstituten. Hierdurch wer-          und der Bundesrat dem Gesetz am 15. März 2019
den die Risiken für diese Institute weiter verringert     zugestimmt hat, ist das Gesetz nach seiner Verkün-
und die Attraktivität des Finanzstandorts Deutsch-        dung am 29. März 2019 in Kraft getreten. Es enthält
land weiter gesteigert.

                                                          1   Referentenentwürfe, Stellungnahmen, Regierungsentwürfe
                                                              sowie die verkündeten Gesetzestexte aus dem
                                                              Zuständigkeitsbereich des BMF finden Sie
                                                              unter www.bundesfinanzministerium.de/MB/20190431

                                                        22
Analysen und Berichte                                                                       Monatsbericht des BMF
             Das Brexit-Steuerbegleitgesetz                                                                          April 2019

die folgenden steuerlichen und finanzmarktrecht-                        Steuerpflichtigen oder in eine britische Kör-
lichen Regelungen:                                                      perschaft zu Werten unterhalb des gemeinen
                                                                        Werts eingebracht wurden, sowie

                                                                                                                                         Analysen und Berichte
    Steuerliche Regelungen des Brexit-                              ●● § 6 Abs. 5 Satz 4 und Abs. 8 des Außensteuer-
    Steuerbegleitgesetzes                                              gesetzes (AStG), der ebenfalls den Status quo
                                                                       (d. h. die zeitlich unbefristete Stundung der so-
Diverse steuerliche Regelungen betreffen Sachver-                      genannten Wegzugssteuer nach § 6 AStG) in
halte aus dem Bereich der Unternehmensbesteue-                         Fällen anordnet, in denen ein Steuerpflichtiger
rung. Dazu zählen                                                      vor dem Brexit in das Vereinigte Königreich
                                                                       verzogen ist.
●● § 4g Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes
   (EStG) zur Verhinderung der sofortigen Auflö-                    Weitere steuerliche Regelungen des Brexit-Steuer-
   sung eines vor dem Brexit2 – z. B. im Anschluss                  begleitgesetzes betreffen
   an eine steuerpflichtige Überführung eines
   Wirtschaftsguts in eine britische Betriebs-                      ●● Bestandsschutzregelungen zur „Riester“-Förde-
   stätte – gebildeten Ausgleichspostens,                              rung3 zur Vermeidung des Eintritts der Folgen
                                                                       einer schädlichen Verwendung,
●● § 6b Abs. 2a EStG zur Vermeidung einer Ver­
   zinsung des Zahlungsaufschubs nach § 6b EStG,                    ●● § 4 Nr. 6 des Grunderwerbsteuergesetzes
   sofern der Antrag auf Ratenzahlung bereits vor                      (GrEStG), der den durch den Brexit ausgelösten
   dem Brexit gestellt wurde,                                          Übergang des zivilrechtlichen Eigentums an
                                                                       einem inländischen Grundstück bei britischen
●● § 12 Abs. 3 Satz 4 und Abs. 4 des Körperschaft-                     Körperschaften mit inländischer Geschäftslei-
   steuergesetzes (KStG), der den Status quo für                       tung von der Grunderwerbsteuer befreit,
   britische Kapitalgesellschaften (u. a. Limited
   Companies) mit Geschäftsleitung im Inland                        ●● § 6a Satz 5 GrEStG, der bei konzerninternen
   (§ 12 Abs. 4 KStG) beziehungsweise in Großbri-                      Umstrukturierungen vor dem Brexit unter Be-
   tannien (§ 12 Abs. 3 Satz 4 KStG) sicherstellt,                     teiligung einer britischen Körperschaft mit in-
                                                                       ländischer Geschäftsleitung Bestandsschutz ge-
●● § 1 Abs. 2 Satz 3 des Umwandlungssteuerge-                          währt,
   setzes (UmwStG), der britischen Kapitalge-
   sellschaften für eine Übergangszeit nach dem                     ●● § 37 Abs. 17 des Erbschaft- und Schenkung-
   Brexit die Möglichkeit einräumt, steuerbe-                          steuergesetzes, der für vor dem Brexit erfolgte
   günstigt auf eine deutsche Gesellschaft zu ver-                     Erwerbe ebenfalls Bestandsschutz gewährt.
   schmelzen, sofern der Verschmelzungsvertrag
   vor dem Brexit notariell beurkundet wurde,                           Finanzmarktrechtliche Regelungen
                                                                        des Brexit-Steuerbegleitgesetzes
●● § 22 Abs. 8 UmwStG zur Verhinderung einer
   rückwirkenden Besteuerung des Einbringungs-                      Im Bereich des Finanzmarktrechts werden der
   gewinns, wenn Betriebe, Teilbetriebe, Mitunter-                  Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
   nehmeranteile oder Anteile an einer Kapitalge-                   (BaFin) für den Fall eines „harten“ Brexits (ohne
   sellschaft vor dem Brexit von einem britischen                   Austrittsabkommen) aufgrund von Änderungen

2   Die in diesem Abschnitt verwendete Bezeichnung „Brexit“
    umfasst regelmäßig sowohl den Zeitpunkt des Austritts ohne      3   § 3 Nr. 55c Satz 2 Buchstabe c EStG, § 92a Abs. 1 Satz 5 und
    Austrittsabkommen als auch den Ablauf der Übergangsfrist im         Abs. 2a Satz 5 Nr. 2 EStG, § 93 Abs. 1 Satz 4 Buchstabe c EStG
    Fall eines Austrittsabkommens.                                      und § 95 Abs. 1 Satz 2 EStG

                                                                  23
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