BERICHT der Medienanstalten
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Impressum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Publikation in der Regel das generische Maskulinum verwendet. Die Angaben beziehen sich immer auf Angehörige aller Geschlechter. Herausgeber die medienanstalten – ALM GbR Friedrichstraße 60 10117 Berlin Tel: + 49 30 206 46 90 0 Fax: + 49 30 206 46 90 99 E-Mail: info@die-medienanstalten.de Website: www.die-medienanstalten.de Verantwortlich Cornelia Holsten – Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) Projektleitung und Redaktion Dagmar Grigoleit, Dr. Wolfgang Flieger Copyright © 2019 by die medienanstalten – ALM GbR Stand: September 2019 Alle Rechte vorbehalten ISBN: 978-3-948350-00-0 Design, Bildkonzept, Illustrationen und Satz Rosendahl x Borngräber UG Website: www.rosendahl-berlin.de Bildnachweise: Illustrationen: © Rosendahl x Borngräber UG Fotos: Cover, Robert Katzki, Unsplash; S. 8 Simone Hutsch, Unsplash; S. 82 Mario Gogh, Unsplash; S. 88 Simone Hutsch, Unsplash; Druck PIEREG Druckcenter Berlin GmbH
Vorwort
Die neue Bedeutung der Medienvielfalt
Cornelia Holsten
Direktorin der Bremischen
Landesmedienanstalt und
Vorsitzende der DLM
Die Skandale rund um Facebook, die Aufregung Die Sicherung und der Schutz der Menschen
wegen YouTuber Rezo oder die online e ntstandene würde, der Jugend und der Nutzer sowie der
Fridays-for-future-Bewegung zeigen, was wir Medien- und Meinungsvielfalt sind wichtiger
eigentlich schon lange wissen: Die Meinungs-
denn je zuvor. Wer es unerschrocken mit den gro-
macht verlagert sich besonders in den R eihen ßen Internetgiganten aufnimmt und Regulierung
der jungen Zielgruppen zunehmend ins Internet. einfordert, übernimmt Verantwortung. Das tun
Das Internet als einer der wichtigsten, wenn nicht wir Landesmedienanstalten, denn es ist unsere
dem wichtigsten Raum für die M einungsbildung – ureigene Aufgabe. Der Wert einer staatsfernen,
das verlangt der Medienregulierung, die noch unabhängigen Medienaufsicht ist unbezahlbar.
mit rundfunkzentrierten Rechtsgrundlagen aus
dem vergangenen Jahrhundert zu kämpfen hat, Weil das Internet mit seinen Tech-Giganten
so einiges ab. Um dem veränderten Medien wie Facebook und Google immer weiter in alle
nutzungsverhalten, der Macht von algorithmenba- Bereiche des Lebens hineinwächst und für die
sierten Inhalten und neuen Distributionsformen Meinungsbildung einen immer größeren Platz
Rechnung zu tragen, brauchen wir dringend in den Medienrepertoires der Nutzer einnimmt,
eine regulatorische Anpassung. Wie schön, dass zeigt sich die Sicherung von Medienvielfalt als
das zurückliegende Jahr nun endlich den ange- herausfordernder und wichtiger denn je. D amit
kündigten Schub gebracht hat und die notwen- erklärt sich auch die Relevanz des vorliegenden
dige Modernisierung durch den sogenannten Vielfaltsberichts. Der nun im zweiten Jahr
Medienstaatsvertrag auf dem Weg ist. Wir müssen erscheinende Bericht enthält die aktuellen
endlich regulatorisch für die digitale Welt gewapp- Ergebnisse der Mediengewichtungsstudie und des
net werden, in der wir schon so lange leben. MedienVielfaltsMonitors der Medienanstalten.
Beide Studien erfassen die Machtverhältnisse auf
4dem Meinungsmarkt gattungsübergreifend und mständen ab. Entscheidend ist: Wo die Medien-
U
sorgen so für Transparenz. Die Mediengewich- vielfalt berührt wird, schauen wir genau hin, legen
tungsstudie erfasst auch die Nutzung und Bedeu- auch mal den Finger in die Wunde und geben erst
tung von Informationsintermediären wie zum Ruhe, wenn die Gefahr gebannt ist. Denn Medien
Beispiel Google, YouTube und Facebook für die vielfalt heißt auch Meinungsvielfalt und ist für
Meinungsbildung in Deutschland. Dafür erhebt unsere Demokratie nicht verhandelbar.
sie unter anderem die täglichen Reichweiten für
die einzelnen Mediengattungen, die informierend
genutzt werden, und ermittelt anhand der Anteile
von Medienangeboten und Unternehmen am
Meinungsmarkt die Wichtigkeit der einzelnen
Mediengattungen für die Meinungsbildung.
Bei der Lektüre des Berichts und der Sichtung
unserer Forschung und Ansätze werden Sie
feststellen: Die Medien verändern sich weiter-
hin und wir uns mit ihnen. Die Medienanstalten
werden technische Entwicklungen, kurzlebige
Medienphänomene, langfristige Nutzungstrends
und die Auffächerung von Angeboten und
Inhalten auch weiterhin beobachten und wo es
nötig ist, eingreifen. Ob dies steuernd, moderie-
rend oder regulierend geschieht, hängt von den
5Autoren und Autorinnen
Regina Deck ist stellvertretende Bereichs Michael Petri ist stellvertretender Leiter des
leiterin Kommunikation und Medien Bereichs Medienkonzentration der Gemein
wirtschaft der BLM. Sie vertritt die samen Geschäftsstelle der Medienan
Landeszentrale als Mitglied in der agma stalten und als juristischer Referent für die
und betreut hauptverantwortlich die Kommission zur Ermittlung der Konzentra
Forschungsaktivitäten der BLM. Zuvor war tion im Medienbereich (KEK) tätig.
sie bei Kantar in der Medienforschung tätig.
Prof. Dr. Uwe Hasebrink ist Direktor des Dr. Tobias Schmid ist Direktor der
Leibniz-Instituts für Medienforschung | Landesanstalt für Medien NRW,
Hans-Bredow-Instituts und Professor für Europabeauftragter der DLM sowie Vize-
Empirische Kommunikationsforschung Vorsitzender der European Regulators Group
an der Universität Hamburg. Er forscht im for Audiovisual Media Services (ERGA).
Bereich Mediennutzung und –wirkung. Zuvor war er Bereichsleiter Medienpolitik
bei der Mediengruppe RTL Deutschland.
Dr. Sascha Hölig ist Senior Researcher am Siegfried Schneider ist seit 1. Oktober 2011
Leibniz-Institut für M
edienforschung | Präsident der Bayerischen Landeszentrale
Hans-Bredow-Institut in Hamburg. Sein für neue Medien (BLM). Von 2008 bis
Forschungsschwerpunkt ist die informati Februar 2011 gehörte er als Leiter der bayeri
onsorientierte Mediennutzung in neuen schen Staatskanzlei bereits dem Medienrat
Medienumgebungen. an. Davor war er Bayerischer Staatsminister
für Unterricht und Kultus.
Cornelia Holsten ist Direktorin der Bremi Prof. Dr. Birgit Stark ist Direktorin des
schen Landesmedienanstalt und seit 2018 Mainzer Medieninstituts und Professorin
Vorsitzende der Direktorenkonferenz der für Kommunikationswissenschaft an der
Landesmedienanstalten (DLM) und der Universität Mainz. Forschungsschwer
Kommission für Zulassung und Aufsicht punkte: Medienwandel, Medienqualität,
(ZAK). Zuvor war Cornelia Holsten als Informationsintermediäre, vergleichende
Richterin tätig. Forschung.
Dr. Kristian Kunow ist stellvertretender Dr. Anja Zimmer ist Direktorin der Medien
Direktor der Medienanstalt Berlin-Bran anstalt Berlin-Brandenburg. Zuvor war sie
denburg (mabb) und Leiter des Bereichs Geschäftsführerin des DJV-NRW, Senior
Förderung und Projekte. Er verantwortet Manager Government Relations bei der
u. a. die Forschungsprojekte der mabb und Telekom sowie Rechtsanwältin mit Schwer
begleitet gemeinsame Projekte wie den punkt Medien- und Telekommunikations
MedienVielfaltsMonitor. recht bei Beiten Burkhardt und Lovells.
David Liebermann ist in der Gemeinsamen
Geschäftsstelle der Medienanstalten für
rechtliche Grundsatzangelegenheiten und
die Beratung der Fachausschüsse Regu
lierung und Netze, Technik, Konvergenz
verantwortlich. Zudem ist er Beauftragter
für den Datenschutz.
6Inhalt
1 Medienanstalten sichern Meinungsvielfalt 8
Ergebnisse der aktuellen Mediengewichtungsstudie
Siegfried Schneider
2 Anteile der Medienkonzerne am Meinungsmarkt 18
Die Ergebnisse des MedienVielfaltsMonitors 2019-I
Regina Deck
3 Die Mediendatenbank der Medienanstalten 34
Michael Petri
4 Die Relevanz lokaler Medien für die Meinungsbildung 38
Dr. Kristian Kunow
5 Intermediäre und Meinungsbildung 46
Dr. Anja Zimmer und Dr. Kristian Kunow
6 Nachrichteninteresse und Nachrichtennutzung in der digitalen Medienumgebung 60
Prof. Dr. Uwe Hasebrink und Dr. Sascha Hölig
7 Messung von Medienqualität 74
Das länderübergreifende Projekt „Media Performance and Democracy“ als Fallbeispiel
Prof. Dr. Birgit Stark
8 Kollaterale Effekte des Urheberrechts auf das Medienrecht 82
Dr. Tobias Schmid, David Liebermann und Dr. Laura Braam
9 Medienpolitischer Ausblick 88
Cornelia Holsten
7Internet
2019
35,1 %
TV
TV 2009
44,0 %
2019
34,0 %
Internet
2009
15,1 %
Wichtigstes
Informations-
medium
2009 / 2019
Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungs
studie 2009 (TNS Infratest) und 2019-I (Kantar)Medienanstalten
sichern
Meinungsvielfalt
Ergebnisse der aktuellen Mediengewichtungsstudie
Siegfried Schneider
Aus Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes ergibt sich unmittelbar der
verfassungsrechtliche Auftrag zur Sicherung der Meinungsvielfalt, die
vorherrschende Meinungsmacht verhindert und die Freiheit der Meinungs
bildung ermöglicht. Das Bundesverfassungsgericht leitet hieraus die
Schaffung einer positiven Rundfunkordnung ab, die seit 1987 in den Rund-
funkstaatsverträgen umgesetzt wird.
Medienkonzentrationsrecht nicht mehr zeitgemäß
Mit der Novellierung des Rundfunkstaatsvertrags 1997 wurde das mittler-
weile seit 22 Jahren gültige Zuschaueranteilsmodell im Medienkonzentra-
tionsrecht verankert. Das auf das Fernsehen zentrierte Modell hatte Ende
der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zweifellos seine Berechti-
gung. Inzwischen aber haben sich sowohl die Medienmärkte als auch das
Nutzungsverhalten und damit die Einflussfaktoren auf die Meinungsbildung
drastisch verändert. Die traditionellen Medien, vor allem das Fernsehen, üben
zwar immer noch einen wichtigen Einfluss auf die Meinungsbildung der
Öffentlichkeit aus, daneben sind aber im Netz zahllose Angebote entstanden,
deren Relevanz für die Meinungsbildung stetig wächst, die durch dasgeltende
Medienkonzentrationsrecht jedoch nur unzureichend erfasst werden. Ein
weiterer Aspekt betrifft die Intermediäre, vor allem Suchmaschinen und
9s oziale Medien, die im Meinungsbildungsprozess ermöglicht der Medienvielfaltsmonitor so eine
eine immer größere Rolle spielen, im derzeitigen gattungsübergreifende Sicht auf den Gesamt
Medienkonzentrationsrecht aber keine Berück- meinungsmarkt in Deutschland (s. Kap. 2).
sichtigung finden.
In die Berechnung des Meinungsbildungsge-
Diese längst etablierten Angebote und die damit wichts eines Medientyps gehen der Anteil der
einhergehende Änderung des Nutzungsverhal- informierenden Nutzung und die subjekti-
tens des Publikums müssen in einem zeitgemäßen ve Einschätzung der Wichtigkeit eines Medium
Medienkonzentrationsrecht dringend berücksich- zu Informationszwecken ein. Ein wesentlicher
tigt werden. Es ist bedauerlich, dass sich weder Bestandteil des Medienvielfaltsmonitors ist damit
im ersten Entwurf des Medienstaatsvertrags vom die M ediengewichtungsstudie, die wie der
Sommer vergangenen Jahres noch im aktuellen Medienvielfaltsmonitor seit 2015 zweimal jährlich
Entwurf, der am 3. Juli 2019 veröffentlicht wurde, veröffentlicht wird. Die Mediengewichtungsstudie
Ansätze für ein Gesamtmeinungsmarktmodell erfasst repräsentativ die Bedeutung der einzelnen
finden, obwohl das u. a. von der Kommission zur Mediengattungen für die Meinungsbildung in
Ermittlung der Konzentration im Medienbereich Deutschland (deutschsprechende Bevölkerung ab
(KEK), den Landesmedienanstalten und den Rund- 14 Jahren; derzeit 70,445 Mio. Personen). Seit 2018
funkanbietern immer wieder angemahnt wurde. liefert sie über die Relevanz der Medien zur Mei-
nungsbildung zu Themen aus Deutschland und
Zwar sind in beiden Entwürfen Transparenz der Welt hinaus zusätzlich auch Ergebnisse zur
gebote und Diskriminierungsverbote im H inblick Information zu regionalen und lokalen Themen.
auf Intermediäre enthalten, die aber deren
Meinungsmacht im Hinblick auf eine Medien- Fernsehen bleibt insgesamt das wichtigste
konzentrationskontrolle nicht in ausreichendem Informationsmedium
Maße einbeziehen.
Die aktuellen Ergebnisse der Mediengewichtungs-
studie 2019-1 zeigen, dass das Fernsehen weiter-
MedienVielfaltsMonitor als geeignete Basis
hin das meistgenutzte Medium ist. 75 Prozent der
einer zeitgemäßen Konzentrationskontrolle
ab 14-Jährigen in Deutschland schalten an einem
Mit dem von der BLM bereits 2009 entwickelten Durchschnittstag den Fernseher ein. Mit deutli-
und seit 2012 regelmäßig veröffentlichten Medien chem Abstand folgen nahezu gleichauf das R adio
vielfaltsmonitor, der seit 2015 von der Gemein- (58,6 Prozent) und das Internet (58,4 Prozent) weit
schaft der Landesmedienanstalten fortgeführt vor der Tageszeitung, die von gut jedem Dritten an
wird, liegt ein erstes Gesamtmarktmodell vor, das einem Durchschnittstag gelesen wird (34,2 Pro-
die mögliche Gefahr vorherrschender Meinungs- zent). Das Schlusslicht bilden Publikumszeitschrif-
macht gattungsübergreifend ermittelt. Über das ten und Wochenzeitungen mit einer Tagesreich-
Fernsehen hinaus berücksichtigt er auch die vier weite von 10,5 Prozent.
Teilmärkte Hörfunk, Internet, Tageszeitungen
und Publikumszeitschriften und verknüpft d eren Fragt man nach der informierenden Nutzung
Meinungsbildungsgewichte mit den Reichwei- der einzelnen Mediengattungen „über das Zeit-
tendaten der jeweiligen Gattung. Im Ergebnis geschehen in Politik, Wirtschaft und Kultur in
10Deutschland und aller Welt“, ändert sich zwar und zwar primär zu Lasten von Fernsehen und
nicht die Rangfolge, dennoch kommt es zu deut- Print. Die informierende Nutzung von Radio ist
lichen Verschiebungen. Das Fernsehen bleibt in den zurückliegenden Jahren hingegen weit-
mit einer informierenden Tagesreichweite von gehend stabil geblieben, zumindest lässt sich
53,8 Prozent zwar vorne, das Radio rückt hier aber kein kontinuierlicher Abwärtstrend erkennen.
deutlich näher an das Fernsehen heran. Knapp Insgesamt belegen die Daten zudem, dass sich
jeder zweite ab 14-Jährige in Deutschland nimmt die deutsche Bevölkerung insgesamt nach wie
über das Radio Informationen wahr (47,6 Prozent). vor aus unterschiedlichen Quellen informiert. Im
An dritter Stelle und mit etwas Abstand folgt das Durchschnitt nutztjeder ab 14-Jährige an einem
Internet, das von knapp 40 Prozent an einem Durchschnittstag rund 1,8 Mediengattungen zu
Durchschnittstag auch informierend genutzt wird, informierenden Zwecken.
vor der Tageszeitung mit einer Info-Reichweite von
30,5 Prozent. Die P ublikumszeitschriften spielen Unter 30-jährige informieren sich vor allem im
mit 5,7 Prozent bei der informierenden Nutzung Internet
eine deutlich untergeordnete Rolle. Im Vorjah-
Ein völlig anderes Bild ergibt sich, wenn man die
resvergleich zeigen sich lediglich geringfügige
Ergebnisse für die informierende Mediennut-
Veränderungen. Ganz anders sieht es aber aus,
zung in den Altersgruppen 14 bis 29 Jahre, 30 bis
wenn man den gesamten Zeitraum betrachtet,
49 Jahre und 50+ betrachtet (s. Abb. 2). Mit einer
seit die Mediengewichtungsstudie kontinuierlich
Tagesreichweite von 67,1 Prozent ist das Internet
erhoben und zweimal pro Jahr veröffentlicht wird
bei den 14- bis 29-jährigen Digital Natives das
(s. Abb. 1). Die informierende Tagesreichweite des
mit Abstand am häufigsten genutzte Medium
Internets ist seit 2015-1 um 36 Prozent gestiegen
im Hinblick auf die informierende Nutzung. Fast
Abbildung 1
Informierende Nutzung gestern im Trend
80 73,9
62,4 61,1
59,9 59,6 58,4 57,5 58,1
60 53,2 53,8
47,3 49,9 51,0 50,8 50,7
47,5 47,6 47,6
42,7
in Prozent
38,8 40,1 39,4
40 36,6 35,3 34,6
41,7 34,4 32,7 30,5
25,8 24,7 33,5
19,2 29,1 28,9 29,3
20
8,4 8,7 8,4 7,9 6,7 6,3 5,7
5,3 5,0
0
2009 2011 2013 2014 2015-I 2016-I 2017-I 2018-I 2019-I
Fernsehen Radio Internet Tageszeitung Zeitschriften*
Angaben in Prozent; *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen
Basis 2019-I: 70,445 Mio. Personen ab 14 Jahren in Deutschland, n = 3.978
Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2019-I (Kantar)
1120 Prozentpunkte liegen zwischen dem Internet ildung das Fernsehen das weitaus am häufigsten
B
und dem Radio an zweiter Stelle mit 3 9,6 Prozent. genutzte Informationsmedium ist (62,0 Prozent),
Erst auf dem dritten Platz folgt das Fernsehen, gefolgt von Radio (41,6 Prozent), Tageszeitung (33,1
über das sich 29,5 Prozent der 14- bis 29-Jähri- Prozent) und Internet (21,2 Prozent), zeigt sich bei
gen an einem Durchschnittstag informieren. Personen mit formal hohem Bildungsabschluss
Weit abgeschlagen sind bei den unter 30-Jähri- dieselbe Reihenfolge wie bei den 14- bis 29-Jähri-
gen die Printmedien. Die Tageszeitung kommt gen: Bei ihnen steht das Internet an erster Stelle
noch auf eine Tagesreichweite von 15,5 Prozent, (56,9 Prozent), gefolgt von Radio, Fernsehen und
Publikumszeitschriften auf 5,0 Prozent. Gänzlich Tageszeitung.
entgegengesetzt gestaltet sich die informieren-
de Mediennutzung bei den ab 50-Jährigen: Hier Tageszeitungen mit höchstem informierenden
dominiert eindeutig das Fernsehen mit annä-
Nutzungsanteil
hernd 70 P rozent vor Radio (49,4 Prozent) und der
Eine der grundlegenden Annahmen der KEK bei
Tageszeitung (42,4 Prozent). Erst an vierter Stelle
der Konzentrationskontrolle ist es, dass jeder
folgt das Internet mit 23,0 Prozent und schließ-
unterhaltende Medieninhalt im
Fernsehen
lich die Publikumszeitschriften mit 6,1 Prozent.
für die Nutzer meinungsrelevant ist. Von der
Was die Bedeutung von Fernsehen, Internet und
KEK wird bei Prüffällen daher nicht die infor-
Tageszeitung angeht, haben wir also eine völlig
mierende M ediennutzung zur Ermittlung der
unterschiedliche informierende Mediennutzung
Meinungsmacht der entsprechenden Angebote
bei den unter 30-Jährigen im Vergleich zu den über
zu Grunde gelegt, sondern die Gesamtnutzung.
50-Jährigen. Relativ ähnlich über die Generationen
Die Medienanstalten erheben deshalb im Rahmen
hinweg ist die Bedeutung des Radios für die infor-
der Gewichtungsstudie auch die Gesamtnutzung
mierende Nutzung.
der Medien unabhängig von der Art des Inhalts.
Wie bereits dargestellt, ist bei der allgemeinen
Neben der altersspezifischen Betrachtung
Mediennutzung das Fernsehen mit 75 Prozent
wirft die Gewichtungsstudie seit Beginn auch
Tagesreichweite das meistgenutzte Medium vor
immer e
inen Blick auf geschlechtsspezifische
Radio, Internet, Tageszeitung und Publikumszeit-
Unterschiede im Hinblick auf das Informationsver-
schriften/Wochenzeitungen. Eine interessan-
halten. Dabei springen – im Gegensatz zu Fernse-
te Perspektive bietet der Vergleich zwischen der
hen, Radio und Print, die bei Männern wie F rauen
allgemeinen Mediennutzung einerseits und der
ein sehr ähnliches Nutzungsniveau erreichen –
informierenden Mediennutzung a ndererseits
die unterschiedlichen Tagesreichweiten in Bezug
(s. Abb. 3). Der Quotient verdeutlicht, von welchen
auf die informierende Nutzung des Internets ins
Medien und Inhalten sich die Rezipienten aus i hrer
Auge. Während mit 34,7 Prozent nur gut jede drit-
Sicht informiert fühlen, und kann so als von den
te Frau an e
inem Durchschnittstag Informationen
Nutzern selbst bestimmter Indikator für das Public
im Internet wahrnimmt, liegt die informierende
Value der Mediengattungen interpretiert werden.
Online-Nutzung bei Männern mit 44,2 Prozent
um fast 10 Prozentpunkte höher. Auch im Hin-
Erwartungsgemäß erreichen die Tageszeitun-
blick auf die formale Bildung gibt es große Unter-
gen mit 89 Prozent den höchsten informieren-
schiede. Während bei Personen mit eher geringer
den Nutzungsanteil, d. h. rund neun von zehn
12Abbildung 2
Informierende Mediennutzung gestern nach Alter, Geschlecht, Bildung
14 – 29
29,5 40,1 39,6 71,0 67,1 15,5 5,0
30 – 49
Alter
45,0 56,3 50,2 48,6 47,2 21,4 5,6
50 +
73,2 69,4 51,6 49,4 22,0 23,0 42,4 6,1
Männer
53,2 40,1 47,2 71,0 44,2 31,7 6,6
Geschlecht
Frauen
54,4 56,3 48,0 48,6 34,7 29,4 4,9
gering
62,0 56,3 41,6 48,6 21,2 33,1 3,6
mittel
Bildung
51,2 56,3 49,3 48,6 40,2 28,5 5,2
hoch
49,0 56,3 52,7 48,6 56,9 30,4 8,3
Fernsehen Radio Internet Tageszeitung Zeitschriften*
Angaben in Prozent; *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen
Basis: 70,445 Mio. Personen ab 14 Jahren in Deutschland, n = 3.978
Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2019-I (Kantar)
ehmen beim Lesen oder Durchblättern einer
n Banking eine erhebliche Rolle. Den geringsten
Tageszeitung (auch) Informationen zum Zeit- Anteil an informierender Nutzung erreichen die
geschehen aus Deutschland und der Welt wahr. Publikumszeitschriften/Wochenzeitungen mit
Den zweithöchsten Infoanteil hat das Radio, 54 Prozent. Hier muss man wohl davon ausgehen,
das für 81 Prozent seiner Hörer an einem Durch- dass es große Unterschiede gibt zwischen Publi-
schnittstag auch meinungsrelevante Informatio- kationen wie dem Spiegel und der ZEIT einerseits
nen bietet. An dritter und vierter Stelle folgen das und primär auf Boulevard und Unterhaltung
Fernsehen und das Internet mit einem Anteil an ausgerichtete Zeitschriften wie die BUNTE ande-
informierender Nutzung von 72 bzw. 67 Prozent. rerseits. Insgesamt ist im Vergleich zum Vorjahr
Auch wenn die Mehrheit der Nutzer in beiden Gat- festzuhalten, dass der Anteil der informieren-
tungen meinungsbildende Inhalte wahrnimmt, den Nutzung über alle Mediengattungen hinweg
spielen unterhaltende Elemente oder andere stabil geblieben ist.
Nutzungsarten wie e-Commerce oder Online-
13Abbildung 3
Mediennutzung gestern – gesamt vs. informierend
100
80 75,0 72 81 67 89 54
58,6 58,4
60 53,8
in Prozent
47,6
39,4
40 34,2
30,5
20
10,5
5,7
0
Fernsehen Radio Internet Tageszeitung Zeitschriften*
Mediennutzung gesamt (Auch) informierende Mediennutzung Anteil (auch) informierend an gesamt
Angaben in Prozent; *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen
Basis: 70,445 Mio. Personen ab 14 Jahren in Deutschland, n = 3.978
Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2019-I (Kantar)
TV-Anbieter, Radiostationen, Tageszeitungen und Online-Medien werden von den unter 30-Jähri-
Publikumszeitschriften als klassische Anbieter gen etwa doppelt so häufig genutzt wie von der
von Medieninhalten sind längst nicht mehr nur Gesamtbevölkerung
in ihren angestammten Bereichen unterwegs,
An einem durchschnittlichen Wochentag nutzen
sondern bieten auch im Internet über unterschied
aktuell 16,6 Prozent der ab 14-Jährigen in Deutsch-
liche Kanäle ihre Inhalte an. Sie verlängern damit
land die Website, eine App oder ein e-Paper einer
einerseits ihre Geschäftsmodelle ins Netz, ande-
Tageszeitung. Während die Zeitschriften in ihrer
rerseits bietet ihnen das Internet die Möglichkeit,
analogen Nutzung für die informierende Medien-
neue Geschäftsmodelle zu erproben und damit
nutzung lediglich eine sehr geringe Rolle spielen,
Verluste aus der analogen Welt zu kompensieren.
zeigt sich im Internet ein völlig anderes Bild. Hier
Ihr Plus gegenüber vielen Internet Only-Anbietern
stehen die Online-Angebote von Zeitschriften mit
liegt in der Bekanntheit ihrer Marken, die den
13,2 Prozent an zweiter Stelle hinter den Tageszei-
Nutzern vertraut und in den meisten Fällen posi-
tungen. 12,2 Prozent greifen auf die Internetan-
tiv konnotiert sind. Dies spiegelt sich deutlich in
gebote von TV-Sendern zurück und 6,0 Prozent
der Nutzung ihrer Angebote im Web wider.
auf das Internetangebot von Radiostationen, die
damit in der Reihe der Webangebote klassischer
Medien das Schlusslicht bilden.
14Neben den Internetangeboten publizistischer latzieren sich die Online-Angebote der Fernseh
p
Medien gibt es im Web eine Reihe von Free-
anbieter, die mit einer Tagesreichweite von
mail-Portalen wie z. B. gmx, t-online oder web. 25,1 Prozent im Vergleich zum Bevölkerungsdurch-
de, die selbst publizistische Inhalte erstellen schnitt stark überproportional genutzt w erden.
bzw. v orhandene Inhalte kuratieren. Auch wenn Über die Online-Angebote der Radiosender: Dort
diese Portale primär der Individualkommunikati- informiert sich an einem Durchschnittstag nur gut
on dienen, geben 11,1 Prozent der Bevölkerung ab jeder Zehnte aus dieser Altersgruppe. Ä hnliches
14 Jahren in Deutschland an, dort auch Informatio- gilt für die Freemail-Portale, deren Nachrichten
nen zum Zeitgeschehen aus Deutschland und der und / oder Agenturmeldungen 17,2 Prozent der
Welt wahrzunehmen. In fast gleichem Umfang 14- bis 29-Jährigen an einem Durchschnittstag
werden bei Wikipedia Informationen gesucht. Mit wahrnehmen.
3,2 Prozent spielen andere Wikis und Blogs eine
deutlich geringere Rolle. Internetangebote ande- Überproportional hohe Bedeutung h ingegen
rer Web Only-Anbieter, wie etwa die Angebote erlangt Wikipedia im jüngsten A
lterssegment.
von Buzzfeed oder Vice, liegen bei 6,2 Prozent und Die Online-Enzyklopädie erreicht unter 30-Jäh-
haben damit in der Gesamtbevölkerung eine eher rigen mit 22,2 Prozent Tagesreichweite anteilig
nachrangige Bedeutung für die Meinungsbildung. doppelt so viele wie im Bevölkerungsdurchschnitt,
Insgesamt ist festzustellen, dass sich die aktuellen was vermutlich auch daran liegt, dass das Ange-
Ergebnisse der genutzten Online-Angebote kaum bot auch für Schule und Studium genutzt wird.
von den Ergebnissen des Vorjahres unterscheiden, Auch die Reichweiten anderer Wikis und Blogs
sondern sich mit Bewegungen von jeweils weni- sowie sonstiger Online-Only-Angebote liegen mit
ger als einem Prozentpunkt stabil halten. 6,5 bzw. 12,0 Prozent jeweils etwa doppelt so hoch
wie in der Bevölkerung ab 14 Jahren insgesamt.
Vergleicht man die Durchschnittswerte für die
Bevölkerung ab 14 Jahren für die Online-Medien Seit Jahren dokumentiert die Gewichtungsstudie
mit den Ergebnissen für die 14- bis 29-Jährigen, eine Veränderung der Mediennutzung insgesamt
stellt man wenig überraschend sehr deutliche und zu informierenden Zwecken. Auf Basis der
Unterschiede fest (Abbildung 4). Bei den unter Beobachtungen über die letzten Jahre muss davon
30-Jährigen erreichen die Online-Medien durch- ausgegangen werden, dass die Nutzung der tradi-
weg erheblich höhere Reichweiten. Auch in dieser tionellen publizistischen Medien über die klassi-
Altersgruppe haben die Online-Angebote der schen Verbreitungswege weiter zurückgehen und
Tageszeitungen mit 27,9 Prozent die höchste Reich- die Nutzung von Online-Angeboten, seien dies
weite vor allen anderen Angeboten. Das zeigt, crossmediale „Verlängerungen“ e tablierter Player
dass die Digital Natives sehr wohl Interesse an oder neue Online-Only-Angebote, im Gegenzug
Angeboten von Tageszeitungen haben, d iese aber wachsen wird. Die spannende Frage wird sein,
lieber digital lesen. Gleiches gilt für die d igitalen inwieweit sich die traditionellen publizistischen
Angebote von Zeitschriften, die mit 22,3 Prozent Anbieter, die in der Onlinewelt vielfältig präsent
mehr als jeder fünfte unter 30-Jährige an einem sind, sich mit ihren starken Marken gegen die
Durchschnittstag informierend nutzt. Zwischen reinen Online-Anbieter behaupten können.
den Angeboten der beiden Print-
Gattungen
15Abbildung 4
Genutzte Online-Medien – Alle Personen ab 14 Jahren / 14 – 29 Jahre
Internetangebot / App eines Fernsehsenders
12,2
25,1
Website / App / e-Paper einer Tageszeitung
16,6
27,9
Website / App / e-Paper von Zeitschriften*
13,2
22,3
Internetangebot / App eines Radiosenders
6,0
10,6
Internetangebot / App von Portalen
11,1
17,2
Wikipedia
11,0
22,2
Andere Wikis oder Blogs
3,2
6,5
Internetangebot eines anderen Anbieters
6,2
12,0
0% 10 % 20 % 30 % 40 %
Alle Personen ab 14 Jahren 14 - bis 29-Jährige
Angaben in Prozent; *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen
Basis: 70,445 Mio. Personen ab 14 Jahren in Deutschland, n = 3.978; 14,427 Mio. 14- bis 29-Jährige, n = 394
Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2019-I (Kantar)
Meinungsmacht von Intermediären muss beim ökonomisch haben sich die klassischen Medien-
Konzentrationsrecht berücksichtigt werden häuser inzwischen weitgehend auf den digitalen
Wettbewerb mit den reinen Internetkonzernen
Diese Frage hat einerseits einen ökonomischen
eingestellt, indem sie deren Plattformökonomie
Aspekt, anderseits aber auch den Aspekt publizis-
übernommen haben. Vieles spricht derzeit dafür,
tischer Relevanz und Meinungsmacht. Medien-
dass sie damit im ökonomischen Wettbewerb
16 estehen können, auch und vor allem weil sie
b Akteure in den sozialen Netzwerken wahrgenom-
in neue Geschäftsfelder vordringen, in denen es men. Das entspricht mehr als jedem vierten ab
nicht um publizistische Inhalte, sondern eher um 14-Jährigen in Deutschland. Knapp ein Fünftel der
das Anzeigengeschäft und e-Commerce geht. Auf Bevölkerung ab 14 Jahren in Deutschland gibt an,
dem Feld der publizistischen Relevanz und damit sogar regelmäßig mit politischer Kommunikation
der Meinungsmacht muss aber damit gerechnet in sozialen Medien in Kontakt zu kommen, und
werden, dass die klassischen Medienhäuser an gut ein Zehntel nimmt neben politischen Beiträ-
Boden verlieren. In diese Lücke stoßen vor allem die gen zumindest hin und wieder auch politische
Intermediäre, also die Plattformgiganten Google, Werbung auf Facebook, Instagram oder Twitter
Facebook, Amazon & Co. Gegenüber den traditi- wahr (s. a. Kap. 5).
onellen Massenmedien findet damit im Internet
eine Umverteilung von Meinungsmacht statt: Die gesellschaftliche Wahrnehmung der Realität
Die traditionellen Medienunternehmen verlieren insgesamt und insbesondere der aktuellen
durch den Verlust ihrer A lleinstellung als Gate- Geschehnisse mag zwar immer noch stark durch
keeper an Meinungsmacht. Diese verlagert sich die klassischen Massenmedien geprägt sein,
zunehmend zu Intermediären die im Netz optima- aber längst sind es nicht mehr nur die klassi-
le Bedingungen vorfinden, durch algorithmische schen Medien, die Informationen filtern und so
Selektion und Techniken der strategischen Kom- Öffentlichkeit für ein bestimmtes Thema schaf-
munikation ihre Botschaften verbreiten zu k önnen. fen, analysieren und einordnen. Angebote wie das
Ihr tatsächlicher und p
otenzieller Einfluss auf die „Rezo-Video“ kurz vor der Europawahl führen uns
gesellschaftliche M einungsbildung stellt die Viel- das beispielhaft vor Augen. Sie erwecken zumin-
faltssicherungen vor neue Herausforderungen. dest kurzfristig den Eindruck, dass die sozialen
Medien bereits eine größere Relevanz für die
Seit 2016 beobachten die L andesmedienanstalten individuelle wie
gesellschaftliche Meinungs
daher im Rahmen der Mediengewichtungsstudie bildung haben als die klassischen Medien. Eine
die Nutzung von Intermediären. Dass diese als allein auf das Fernsehen zentrierte Konzentrati-
wesentliche Elemente der Kommunikation auch onskontrolle ist jedenfalls nicht in der Lage, die
unser Informationsverhalten fundamental ver- geänderte und sich stetig verändernde Vertei-
ändern und zunehmend an Relevanz gewinnen, lung der medialen Meinungsmacht angemes-
belegen die Ergebnisse. Ein Drittel der deutschen sen widerzuspiegeln und vielfaltsgefährdenden
Bevölkerung ab 14 Jahre nutzt an einem Durch- Entwicklungen im Onlinebereich wirksam zu
schnittstag mindestens einen Intermediär, um begegnen. Vielmehr muss von einem Gesamt-
sich über das Zeitgeschehen zu informieren, unter medienmarkt ausgegangen werden, wie er im
den 14- bis 29-Jährigen liegt der Anteil fast doppelt Medienvielfaltsmonitor der Medienanstalten
so hoch. Seit Anfang des Jahres widmet sich die angelegt ist. Diesen gilt es weiterzuentwickeln,
Gewichtungsstudie darüber hinaus der Relevanz indem neue „Machtträger“ integriert und neue
politischer Kommunikation in sozialen Medien. „Machtformen“ wie die Fähigkeit zur strategi-
Den ersten Ergebnissen zufolge haben zwei von schen Kommunikation berücksichtigt werden.
drei Nutzern von Facebook, Twitter oder Instagram Nur so können wir ein umfassendes Bild der
in letzter Zeit politische Botschaften verschiedener Medienvielfalt und möglicher Gefahren erhalten.
17Top 5
ARD Bertelsmann
ZDF Springer
ProSiebenSat.1
54
,6
19,
%
2%
Sonstige
12,
1%
Top 16 – 30
Verizon Communications F. Wolff & Sohn
Rheinisch-Bergische Verl.-Ges. Regiocast Top 6 – 15
Disney Presse Druck- und Verl.-Ges. Burda Medien Union
Fazit-Stiftung Comcast Müller Medien United Internet FUNKE Bauer
Microsoft Discovery ddvg DuMont Madsack KKR
Ströer
Nordwest-Zeitung ZVD Mediengesellschaft
DvH Medien
Verlagsgruppe Ebner
Sonstige 21,0 %
Verteilung der Meinungs- Eine Überschreitung von 100 % ergibt sich daraus,
dass Beteiligungs-Anteile von 25 % und mehr einem
Unternehmen voll zugerechnet werden.
macht im Gesamtmarkt Quelle: die medienanstalten:
MedienVielfaltsMonitor 2019-I (BLM)Anteile der Medien
konzerne am
Meinungsmarkt
Die Ergebnisse des MedienVielfaltsMonitors 2019-I
Regina Deck
Für das Funktionieren politischer Öffentlichkeit in liberalen Demokratien
ist die Begrenzung von Meinungsmacht bzw. Vielfaltssicherung eine not-
wendige Voraussetzung. Entsprechend leitet das Bundesverfassungsgericht
aus den Mediengrundrechten in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes den
verfassungsrechtlichen Auftrag her, durch gesetzgeberische Maßnahmen
Medienvielfalt zu gewährleisten. Die publizistische Konzentrationskontrolle
fällt dabei in den Aufgabenbereich der Landesmedienanstalten und s peziell
ihrer Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medien bereich
(KEK). In diesem Rahmen prüft sie, ob ein Unternehmen durch die Ertei-
lung von Fernsehzulassungen oder durch die Veränderung von Beteiligungs-
verhältnissen vorherrschende Meinungsmacht erlangt. Die Messung von
Meinungsmacht stützt sich dabei auf das Zuschaueranteilsmodell (§ 26(2)
RStV), nach dem im Fall des bundesweiten Fernsehens vorherrschende Mei-
nungsmacht ab einem Nutzungsanteil von 30 Prozent vermutet wird, sowie
den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff, nach dem die besonders große
Meinungsmacht des Fernsehens mit den Merkmalen Aktualität, Breitenwir-
kung und Suggestivkraft begründet wird.
Ob die Fernsehzentriertheit des Medienkonzentrationsrechts der sich r apide
wandelnden und konvergenten Medienlandschaft noch gewachsen ist, wird
spätestens seit der gescheiterten Übernahme von ProSiebenSat.1 durch
den Springer-Konzern intensiv diskutiert und zunehmend in Frage gestellt.
19Zum einen zeigt ein Rückblick auf die Arbeit der Reichweitendaten im Markt. Für das Fernsehen
KEK, dass nahezu alle der annähernd 1.000 bislang sind das – wie auch für die aktuelle Medienkon-
intensiv behandelten Fälle aufgrund zu geringer zentrationskontrolle – die Zuschauermarktantei-
Zuschaueranteile per se keinen rechtlichen Prüf- le der Arbeitsgemeinschaft Videoforschung (AGF),
bedarf erfordert hätten. Die 1997 eingeführte Kon- für das Radio die von der Arbeitsgemeinschaft
zentrationsgrenze hat also schlicht keine R
elevanz. Media-Analyse (agma) ermittelten Marktanteile
Zum anderen sind Aktualität, Breitenwirkung und der Hörfunkprogramme, die in der ma Audio aus-
Suggestivkraft bewegter Bilder in der digitalen gewiesen werden. Auch die Daten für den Zeitungs-
Welt, in der alle großen Medienhäuser c rossmedial und Zeitschriftenmarkt stammen von der agma
aktiv sind, längst nicht mehr dem Fernsehen
bzw. aus der ma Pressemedien. Zur Ermittlung
vorbehalten. Deshalb hat die Bayerische Landes- der Reichweiten publizistischer Internetangebote
zentrale für neue Medien (BLM) bereits 2009 mit greift der MedienVielfaltsMonitor auf d ie Daten
dem MedienVielfaltsMonitor ein gattungsüber- von Nielsen zurück. Anhand dieser Reichweiten
greifendes Gesamtmarktmodell als mögliche lassen sich die relativen Marktanteile der Angebo-
Grundlage für eine moderne Vielfaltssicherung te in ihren jeweiligen Gattungen feststellen.
entwickelt. Seit 2015 ist der MedienVielfalts
Monitor ein Gemeinschaftsprojekt der Landes- In Stufe 2 werden die Marktanteile der einzelnen
medienanstalten. Medienangebote den Konzernen zugeordnet,
die Anteile an ihnen besitzen. Auch hier bedient
In vier Stufen zur Gesamtmarktbetrachtung sich der MedienVielfaltsMonitor der Daten, die
des MedienVielfaltsMonitors in der aktuellen M edienkonzentrationskontrolle
Verwendung finden. Die Datenbank der KEK
Der MedienVielfaltsMonitor knüpft in seiner
wurde dafür ergänzt um die Inhaber- und
Methodik unmittelbar an die geltende medien-
Beteiligungsverhältnisse in den Bereichen Radio,
rechtliche Konzentrationskontrolle an. Allerdings
Zeitungen, Zeitschriften sowie relevanter publi-
werden über das Fernsehen hinaus auch die
zistischer Internetangebote und wird fortlaufend
Gattungen Radio, Tageszeitungen, Zeitschriften/
gepflegt. Aktuell beinhaltet die Datenbank Anga-
Wochenzeitungen/Nachrichtenmagazine und
ben zu den Inhaber- und Beteiligungsverhältnis-
das Internet berücksichtigt. Es fließen also neben
sen von knapp 4.150 Medienangeboten und rund
den Zuschauermarkteilen auch die Anteile der
7.100 G esellschaften in Deutschland bis in die
Medienunternehmen im Hörer- und Lesermarkt
unterste Beteiligungsebene (s. a. Kap. 3). Anhand
sowie im Markt der Nutzer publizistischer Inter-
dieser umfassenden Mediendatenbank und der
netangebote in die Gesamtbetrachtung ein. Dabei
zurechenbaren Anteile der Unternehmen kann die
gelangt der MedienVielfaltsMonitor in vier Stufen
Verteilung der Meinungsmacht in den jeweiligen
zum Gesamtmarkt.
Medienmärkten ermittelt werden.
In Stufe 1 werden die Reichweitenzahlen der
In Stufe 3 ermittelt die im Rahmen des Medien-
Medienangebote in den einzelnen Gattungsmärk-
VielfaltsMonitors kontinuierlich durchgeführte
ten zusammengetragen bzw. ermittelt. D abei
bevölkerungsrepräsentative Gewichtungsstu-
beruft sich der MedienVielfaltsMonitor auf die
die die Relevanz der einzelnen Mediengattungen
„Währungsstudien“ bzw. allgemein anerkannten
20Abbildung 1
Ermittlung des potenziellen Gewichts für die Meinungsbildung
3,2
Marktanteil informierende
30,4 27,0 22,2 17,2
Mediennutzung
1,6
+
Marktanteil wichtigstes
34,0 10,5 35,1 18,8
Informationsmedium
= 64,4
Mittelwert 64,4 : 2
2,4
Potenzielles Gewicht für
32,2 18,7 28,7 18,0
die Meinungsbildung
Fernsehen Radio Internet Tageszeitung Zeitschriften*
Angaben in Prozent; *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen
Basis: 70,445 Mio. Personen ab 14 Jahren in Deutschland, n = 3.978
Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2019-I (Kantar)
für die Meinungsbildung. Die Befragten geben In Stufe 4 werden schließlich die zurechenba-
hier Antwort auf die Fragen, ob sie am Vortag ren Anteile der Medienunternehmen in den
Informationen zum Zeitgeschehen in den fünf fünf M
edienmärkten anhand der Ergebnisse der
Medien gattungen wahrgenommen haben und Gewichtungsstudie gewichtet und addiert.
welche Mediengattung dabei für sie persönlich
die wichtigste Informationsquelle ist. Aus der Informierende Mediennutzung – das Internet
empirisch ermittelten informierenden Tagesreich- gewinnt kontinuierlich an Marktanteil
weite und subjektiven Bedeutung wird schließ-
Eine der grundlegenden Annahmen der KEK bei
lich das jeweilige Meinungsbildungsgewicht von
der aktuellen Konzentrationskontrolle ist die, dass
Fernsehen, Radio, Zeitungen, Zeitschriften und
auch jeder unterhaltende Medieninhalt Relevanz
Internetangeboten berechnet (s. Abb.1). Vorher –
für die Meinungsbildung hat. Der Medien
sozusagen als rechnerisch erforderlicher Zwischen-
VielfaltsMonitor stellt dies nicht grundsätzlich
schritt – werden die jeweiligen Antworten in eine
in Frage. Vielmehr ist die Fragestellung nach der
Marktanteilsbetrachtung konvertiert, oder einfa-
informierenden Mediennutzung gestern in der
cher gesagt: auf 100% umgerechnet. Die kontinuier-
Gewichtungsstudie bewusst so formuliert, dass
liche Beobachtung des Informationsverhaltens der
die Befragten bei ihrer Antwort auch an Medienin-
deutschen Bevölkerung ist für sich allein betrachtet
halte zum Zeitgeschehen in Politik, Wirtschaft und
schon ein wertvoller Datenfundus, für den Medien
Kultur denken, die sie jenseits von Nachrichten
VielfaltsMonitor sind die Gewichte der einzelnen
oder anderen dem Genre Information zuzurech-
Gattungen sogar unabdingbar. Sie dienen nämlich
nenden Sendungen oder Beiträgen wahrnehmen.
als „Hub“, der die einzelnen Märkte zusammen-
führt und zueinander in Beziehung setzt.
21Im Ergebnis zeigt sich bei der Marktanteilsbetrach- mit einem ihrer Nutzung in etwa entsprechenden
tung der informierenden Mediennutzung, dass Anteil von 18,8 Prozent Nennungen hier also klar
Fernsehen und Hörfunk aufgrund ihrer hohen vor dem Radio positionieren.
Tagesreichweite in der Bevölkerung ab 14 Jahre
in Deutschland mit 30,4 Prozent bzw. 27,0 Pro- Relevanz der Medien für die Meinungsbildung:
zent vorne liegen, gefolgt von Onlineangeboten, TV bleibt insgesamt knapp vorne – dank der
die bereits einen Anteil von 22,2 Prozent der infor- über 50-Jährigen
mierenden Mediennutzung auf sich verbuchen
Die Entwicklung der Anteile der informieren-
können. Tageszeitungen erreichen einen Anteil
den Mediennutzung und der subjektiven Wich-
von 17,2 Prozent, Schlusslicht bilden schließlich
tigkeit der Medien für die Information legen den
die Zeitschriften mit einem Anteil von 3,2 Prozent
Schluss bereits nahe, das aus den beiden resul-
an der informierenden Mediennutzung. Mit Blick
tierende Meinungsbildungsgewicht bestätigt
auf den Trend über die letzten Jahre lässt sich kurz
es (s. Abb.2): Das Fernsehen ist keineswegs das
zusammenfassen: Das Internet hat kontinuierlich
unangefochtene Leitmedium für die Meinungs
an Marktanteil gewonnen und zwar in erster Linie
bildung in Deutschland. Zwar hat das lineare Fern-
zulasten von TV und Tageszeitung – auch weil ein
sehen mit 32,2 Prozent in der Gesamtbevölkerung
großer Teil der informierenden Internetnutzung
nach wie vor das h öchste Gewicht, aber seine
mittlerweile auf die Onlineangebote der Verlage
Relevanz für die Meinungsbildung nimmt sukzessi-
und Rundfunkveranstalter entfällt.
ve ab. Zunehmend geringer wird der Abstand zum
Internet auf Platz zwei mit 28,7 Prozent, das konti-
Subjektive Bedeutung der Medien für die
nuierlich zum Fernsehen aufrückt und sich immer
Meinungsbildung – Internet erstmals vor TV
deutlicher vom Radio mit 18,7 Prozent absetzen
Die zweite Variable, die in das Meinungsbildungs- kann. Zum wiederholten Male behauptet das Radio
gewicht einfließt, ist die subjektive Wichtigkeit mit einem stabilen Meinungsbildungsgewicht
der Mediengattung für die Information. Im Längs- den dritten Platz knapp vor den Tageszeitungen
schnitt sind hier dieselben Trends zu beobachten mit 18,0 Prozent, deren potenzieller Einfluss auf
wie bei der informierenden Nutzung, allerdings die Meinungsbildung schleichend, aber stetig
mit einem bemerkenswerten Ergebnis: Erstmals nachlässt. Mit großem Abstand folgen schließlich
wird das Internet mit 35,1 Prozent der Antwor- die Zeitschriften, auf die aktuell ein Meinungs
ten aktuell von mehr Personen ab 14 Jahren in bildungsgewicht von l ediglich 2,4 Prozent entfällt.
Deutschland als wichtigste Informationsquelle
genannt als das Fernsehen (34,0 Prozent). Die Im Längsschnitt verdeutlichen die Ergebnisse, wie
Ergebnisse zeigen zudem, dass Tagesreichweite stark die traditionellen Medien an potenziellem
und Bedeutung nicht in jedem Fall kongruent sind. Einfluss auf die Meinungsbildung verloren und
Während bei den Onlinemedien der Bedeutungs- die publizistischen Onlineangebote im G egenzug
anteil den Nutzungsanteil übersteigt, verhält es gewonnen haben. Um 39 Prozent ist die R elevanz
sich beim Radio umgekehrt. Der reichweitenstar- des Internets für die Meinungsbildung in der
ke Hörfunk ist nur für 10,5 Prozent der Bevölkerung Gesamtbevölkerung seit 2015 gestiegen, wäh-
ab 14 Jahren in Deutschland das wichtigste Infor- rend das potenzielle Meinungsbildungsgewicht
mationsmedium. Die Tageszeitungen können sich von Tageszeitungen – in ähnlichem Ausmaß auch
22Abbildung 2
Potenzielles Meinungsbildungsgewicht im Trend
50
40
35,9 35,7
33,0 33,4 32,2
30 26,7
25,7
in Prozent
28,7
20,6 22,3
21,0 19,9 19,0 18,7
20 20,7
19,7
18,7 18,5 18,7
18,0
10
2,8 2,6 2,9 2,2 2,4
0
2015-I 2016-I 2017-I 2018-I 2019-I 2020-I 2021-I 2022-I
Fernsehen Radio Internet Tageszeitung Zeitschriften*
Angaben in Prozent; *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen
Basis 2019-I: 70,445 Mio. Personen ab 14 Jahren in Deutschland, n = 3.978
Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2019-I (Kantar); lineare Trendlinie ergänzt
von Zeitschriften – um 14 Prozent und das des (aktuell 9,7 Prozent). Und Zeitschriften haben in
Fernsehens um 10 Prozent gesunken ist. Einzig das dieser Altersgruppe seit Jahren ein ähnlich gerin-
Radio hat sich einigermaßen stabil halten können. ges Gewicht wie in der Gesamtbevölkerung.
Gleichzeitig dokumentiert die Gewichtungs- Das Internet ist bei den Jüngeren längst an die
studie, wie sehr sich das Informationsverhal- Stelle der klassischen M
edien getreten, auch wenn
ten der Generationen unterscheidet (s. Abb. 3). es um Informationen geht. Mit einem potenziel-
Deutlich stärker als in der Gesamtbevölkerung len Meinungsbildungsgewicht von 58,2 Prozent
ist der Bedeutungsverlust des Fernsehens bei haben Onlineangebote einen dominierenden Ein-
den 14- bis 29-Jährigen im selben Zeitraum. Seine fluss auf die Meinungsbildung der 14- bis 29-Jähri-
Relevanz hat sich in den letzten vier Jahren nahe- gen und – wie später dargelegt wird – damit auch
zu halbiert (von 25,8 auf 13,7 Prozent) und liegt in auf den Meinungsmarkt in dieser Altersgruppe.
dieser Altersgruppe aktuell unter der des Radios
(16,2 Prozent). Dass die Tageszeitungen hier einen Nehmen wir einmal an, die Entwicklung der
vergleichsweise geringen Rückgang ihres Einflus- Meinungsbildungsgewichte würde sich linear
ses auf die Meinungsbildung verzeichnen, liegt in fortsetzen, dann würde das Internet voraus-
erster Linie daran, dass ihre Relevanz bereits 2015 sichtlich bereits in zwei Jahren das Fernsehen
bei den 14- bis 29-Jährigen nur bei 10,0 Prozent lag als Leitmedium abgelöst haben. Ob das tatsäch-
lich eintreten wird, wird ganz wesentlich auch
davon abhängen, in welchem Tempo sich das
23Abbildung 3
Potenzielles Meinungsbildungsgewicht 2019 vs. 2015
2,4
2019-I 32,2 18,7 28.7 18,0
Ab 14 Jahren
gesamt
2,8
2015-I 35,9 19,7 20,6 21,0
2,2
2019-I 13,7 16,2 58,2 9,7
14 – 29 Jahre
2,8
2015-I 25,8 18,1 43,3 10,0
Fernsehen Radio Internet Tageszeitung Zeitschriften*
Angaben in Prozent; *) Zeitschriften, Nachrichtenmagazine, Wochenzeitungen;
Basis 2019-I: 70,445 Mio. Personen ab 14 Jahren in Deutschland, n = 3.978; davon 14,427 Mio. 14- bis 29-Jährige (n = 394)
Quelle: die medienanstalten: Mediengewichtungsstudie 2019-I (Kantar)
Informationsverhalten der Generation der ab legen dieselben Unternehmen die vorderen Plätze,
50-Jährigen ändern wird, zu der fast jeder zwei- allen voran die ARD, die – Das Erste, ihre Dritten
te ab 14-Jährige in Deutschland gehört. Sie hält und Spartenprogramme zusammengefasst – auf
aktuell noch die Fahne für das Fernsehen so hoch, einen Zuschauermarktanteil von 30,2 Prozent
dass die Zuschauermarktanteile in der Gesamt- kommt. Platz zwei m achen seither die RTL Group
marktbetrachtung des MedienVielfaltsMonitors (Bertelsmann) und das ZDF unter sich aus. A ktuell
nach wie vor das größte Gewicht haben. Werfen positioniert sich Bertelsmann mit 22,3 Prozent
wir zunächst aber einen Blick auf die Einzelmärk- ganz knapp vor dem ZDF, das inkl. seiner Spar-
te (s. Abb. 4). tenkanäle 22,2 Prozent erreicht. An vierter Stelle
folgt ProSiebenSat.1 mit 17,8 Prozent. Addiert man
Meinungsmarkt Fernsehen die Werte der vier größten Fernsehveranstalter
auf, so ergibt sich ein zurechenbarer Zuschauer-
Das Fernsehen hat nicht nur bislang das größte Mei-
marktanteil von zusammen 92,5 Prozent, der sich
nungsbildungsgewicht, sein Markt zeichnet sich
aus den Teilsummen von 52,4 Prozent für die Öf-
auf Unternehmensebene nach wie vor durch eine
fentlich-Rechtlichen und von 40,2 Prozent für die
hohe Konzentration aus. Stand Mitte 2019 entfal-
Privaten zusammensetzt. ARD und ZDF machen
len auf die TOP 5 Player im Fernsehmarkt 96,3 Pro-
also rund die Hälfte des Meinungsmarkts Fern-
zent. Seit Beginn des MedienVielfaltsMonitors be-
sehen aus. Die TOP 5 komplettiert schließlich mit
24einem Zuschauermarktanteil von 3,8 Prozent der Monitor findet ihre Relevanz bislang allerdings
US-Finanzinvestor KKR, der im Frühjahr 2019 die noch keine Berücksichtigung, da es sich nicht
Tele München Gruppe und damit auch deren Be- um publizistische Angebote handelt. Ebenso
teiligungen an den Veranstaltern der Programme bleiben Angebote wie e-Commerce oder Dating-
Tele 5 und RTL II übernommen hat. Nennenswerte Plattformen außen vor.
Anteile entfallen noch auf Disney und Bauer mit
jeweils 2,9 Prozent, gefolgt von Discovery (2,1 Pro- Um die Anteile von Unternehmen am Meinungs
zent) und Comcast, ehemals Murdoch (1,8 Prozent). markt Internet bestimmen zu können, wird
zunächst die Nutzung aller publizistischen
Mit Blick auf die derzeitige Verteilung der A
nteile Internetangebote mit relevanten Marktanteilen
am Fernsehmarkt vor dem Hintergrund des aufsummiert. So entsteht die Bezugsgröße des
aktuellen Medienkonzentrationsrechts wird unmittelbar meinungsbildungsrelevanten Teils
zudem deutlich: Nur in einem einzigen und
des Internets für Deutschland. Angeführt wird
zugleich sehr unwahrscheinlichen Fall könnte die die Rangreihe der Medienunternehmen mit pub-
KEK tätig werden, nämlich wenn ProSiebenSat.1 lizistischen Internetangeboten von Bertelsmann
und Bertelsmann (RTL Group) eine Fusion anstre- mit einem Anteil von 8,5 Prozent vor Burda mit
ben würden. 8,1 Prozent. An dritter Stelle folgt der Webprovider
United Internet (7,9 Prozent), der sich mit seinen
Meinungsmarkt Internet Onlineportalen web.de und gmx.net vor Springer
mit einem Anteil von 7,4 Prozent am Meinungs-
Das Internet mit dem zweithöchsten Meinungs
markt Internet platziert. Diese vier Unternehmen
bildungsgewicht weist im Gegensatz zum
machen seit Beginn der Berichterstattung des
Fernsehen die geringste Konzentration aller Ein-
MedienVielfaltsMonitors der Landesmedienan-
zelmärkte auf. Das mag zunächst verwunderlich
stalten (2015) die Ränge eins bis vier unter sich aus,
erscheinen angesichts der Internetriesen Google,
auch wenn sie die Plätze hin und wieder tauschen.
Apple, Facebook und Amazon, gilt allein doch
Dass Onlineportale an Relevanz gewinnen, wird
schon die von der EU eingeführte Abkürzung GAFA
auch dadurch deutlich, dass Ströer mit 6,4 Pro-
als Mahnung vor deren Macht. Dass die neuen
zent aktuell die ARD auf Platz fünf verdrängt. Der
Geschäftsmodelle der Plattformökonomie nicht
Sprung in die TOP 5 gelingt in erster Linie durch den
nur in wirtschaftlicher Hinsicht alte Strukturen
relevanten Marktanteil des Newsportals T-Online.
und Regeln auf den Kopf stellen, sondern insbe-
Ähnliches gilt für den Verizon Communications-
sondere die Suchmaschinen und sozialen M edien
Konzern, der vor allem durch sein prominentes
der US-amerikanischen Plattformgiganten auch
Angebot yahoo.com in Summe auf 3,1 Prozent
zunehmend Einfluss auf unser Kommunikations-
kommt, sowie für Microsoft mit 2,5 Prozent. Unter
und Informationsverhalten und damit auf die
den weiteren Unternehmen mit mehr als einem
Meinungsbildung nehmen, steht außer Frage.
Prozent Anteil am Meinungsmarkt Internet be-
In der Gewichtungsstudie lassen die Landes-
finden sich ausschließlich Rundfunkveranstalter
medienanstalten daher auch die informie-
und Verlage – mit einer Ausnahme: Netflix nimmt
rende Tagesreichweite und Bedeutung als
erstmals mit 1,3 Prozent die 1-Prozent- Hürde.
Informationsquelle von Google, Facebook & Co.
Insgesamt 36,5 Prozent des Marktes entfallen
seit 2016 erheben (s. a. Kap. 5). Im MedienVielfalts
25Sie können auch lesen