Natur. Vielfalt. Oberpfalz - Tännesberg

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Natur. Vielfalt. Oberpfalz - Tännesberg
Natur. Vielfalt. Oberpfalz.
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Natur. Vielfalt. Oberpfalz - Tännesberg
Die Gefährdung der Vielfalt von Pflanzen- und Tierarten sowie
ihrer Lebensräume beschäftigte im internationalen Jahr der Bio-
diversität 2010 verstärkt Medien und Öffentlichkeit. Internatio-
nale Aufrufe zum Schutz des Klimas und der biologischen Viel-
falt verdeutlichen den enormen Handlungsbedarf und den zu-
nehmenden Stellenwert dieser Problematik in der öffentlichen
Diskussion.                                                        für ihre Erhaltung und ihren Schutz. Die Umsetzung der 2008 im
                                                                   bayerischen Ministerrat beschlossenen „Strategie zur Erhaltung
Die Notwendigkeit zum Schutz von Natur und Artenvielfalt fin-      der biologischen Vielfalt in Bayern“ wird von der Regierung der
det zunehmend Berücksichtigung in wirtschaftlichen Erwägun-        Oberpfalz als höhere Naturschutzbehörde intensiv verfolgt. In
gen: Im gesellschaftlichen Trend liegen Zahlenspiele, um die       den 60 Naturschutzgebieten der Oberpfalz genießt die Erhal-
„Dienstleistungen der Natur“ ökonomisch zu beziffern. Saubere      tung der Artenvielfalt oberste Priorität. Darüber hinaus wird mit
Luft und Trinkwasser, Ertragsgüte von Böden, der Nutzen von        allen zur Verfügung stehenden Fördermitteln wie dem Vertrags-
Arzneipflanzen oder der Erholungswert von Landschaften sind        naturschutzprogramm oder nach der Landschaftspflege- und
aktuell zu Gegenständen komplizierter ökonomischer Berech-         Natur­parkrichtlinie sowie staatlichen Naturschutzmaßnahmen
nungen geworden – ohne ihren tatsächlichen Werten annähernd        umfassend in unsere heimische Natur investiert. Gemeinsam
gerecht werden zu können.                                          mit Landnutzern, Fachbehörden, Verbänden und Kommunen
                                                                   werden beachtliche Projekte umgesetzt.
Für die in der Oberpfalz verwurzelten Menschen ist die Vielfalt
und Unverwechselbarkeit dieser Landschaft ein wesentlicher         Diese Dokumentation zeigt beispielhafte Projekte zur Bewah-
Aspekt ihrer heimatlichen Bindung. Für Erholungssuchende aus       rung unserer Natur und ihrer Vielfalt. Das erklärte Ziel, den be-
Nah und Fern bieten diese naturnahen Landschaften willkom-         drohlichen Rückgang von Arten und Lebensräumen in naher
mene Abwechslung vom Alltagsstress. Der Mensch, der sich in        Zukunft zu stoppen, kann aber nur durch den Einsatz aller gelin-
immer mehr Lebensbereichen einer zunehmend schnelllebigen,         gen. Bitte helfen Sie uns dabei!
überwiegend technisch geprägten Welt anpassen muss, sucht
und findet verstärkt seelischen und körperlichen Ausgleich in      Regensburg, November 2010
einer von ihm als naturnah empfundenen Umgebung. Aus Sicht
dieser Menschen lässt sich die Frage nach einem ökonomischen
Wert unserer Naturvielfalt nur mit dem Wort „unbezahlbar“
beantworten.

Die vorliegende Broschüre gibt Einblicke in die artenreichen       Brigitta Brunner
Naturlandschaften der Oberpfalz und den langjährigen Einsatz       Regierungspräsidentin                                               2|3
Natur. Vielfalt. Oberpfalz - Tännesberg
Biodiversität – Vielfalt des Lebens

                    Biodiversität – oder biologische Vielfalt – ist der   Pflanzen- und Tierarten ­gefährdet sind und
                    Reichtum an Arten und Ökosystemen, aber               mindestens 1 700 der in der Oberpfalz vorkom-
                    auch die genetische Vielfalt innerhalb einer          menden Arten auf der Roten Liste stehen. Es
                    Art. Weltweit existieren schätzungsweise              ist paradox: einerseits sind viele Lebens­räume
                    zehn Millionen Arten an Tieren, Pflanzen, Pil-        erst durch den Menschen entstanden, z. B.
                    zen und Mikroorganismen. Biologische Viel-            Wacholderheiden durch die Wanderschäferei,
                    falt gibt es nicht nur in tropischen Urwäl­dern       andererseits ist „Homo sapiens“ der größte
                    oder Korallenriffen, auch Mitteleuropa ist            Natur- und Umweltzerstörer. Vor allem der
                    reich an Arten und Lebensräumen. In Bayern            Landschaftsverbrauch, die Versiegelung von
                    kommen mindestens 65 000 Pflanzen-, Tier-,            Flächen und die intensive Landnutzung sind
                    Pilz- und Flechtenarten vor, in der Oberpfalz         dafür verantwortlich. Auf den ersten Blick
                    sind es mehr als 30 000.                              ­leben wir mitten im Grünen, der zweite Blick
                                                                           verrät aber: die Artenzahl hat deutlich abge-
                    Dabei hat jede Art ganz spezifische An-                nommen – kamen früher auf einer normalen
                    sprüche an ihren Lebensraum und besetzt                Wirtschaftswiese über 50 Pflanzenarten vor,
                    „ihre“ ökologische Nische. Die Artenvielfalt           sind es heute kaum mehr als zehn.
                    steht deshalb in engem Zusammenhang mit
                    dem Reichtum an Lebensräumen. Die Vielfalt            Auf der UN-Umweltkonferenz in Rio wurde
                    an naturnahen Lebensräumen in der Ober-               1992 der Schutz der Biodiversität zu einem der
                    pfalz reicht von ausgedehnten Wäldern, Block-         wichtigsten Ziele erklärt. Zusammen mit 190
                    schutthalden, Mooren und Bergwiesen in den            anderen Staaten hat Deutschland dieses Ab-
                    Grundgebirgen über Stillgewässer und Ver-             kommen ratifiziert. Auch Bayern hat im April
                    moorungen in den Niederungen von Donau,               2008 eine Biodiversitätsstrategie verabschie-
                    Naab und Regen bis zu den Trocken- und                det, deren wesentliches Ziel die Verbesserung
                    Halbtrockenrasen sowie Felsbereichen der              der Gefährdungssituation für mehr als die
                    Frankenalb.                                           Hälfte der Rote-Liste-Arten bis zum Jahr 2020
                                                                          ist. Auf der 10. UN-Konferenz in Nagoya wur-
                    Doch die Vielfalt ist bedroht: Die naturnahen,        den im November 2010 weitere ambitionierte
                    besonders artenreichen Lebensräume gibt es            Strategien inklusive verbindlicher Finanzie-
                    nur noch auf gut 3 % der Fläche der Oberpfalz.        rungsziele zum Schutz der biologischen Viel-
Vierfleck-Libelle   Kein Wunder, dass fast 50 % der bayerischen           falt beschlossen.
Flechtenstein
Knabenkraut
Natur. Vielfalt. Oberpfalz - Tännesberg
Blütenreiche magere Bergwiese

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Natur. Vielfalt. Oberpfalz - Tännesberg
Gute Argumente für die Vielfalt

                                Biologische Vielfalt ist für das Überleben der    Die Natur ist ihr Geld wert: So leben viele
                                Menschen auf unserem Planeten unverzicht-         Regionen der Oberpfalz vom Tourismus, der
                                bar: Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganis-     ohne eine vielfältige Landschaft nicht denk-
                                men sind die Bausteine der Ökosysteme – sie       bar wäre. Etwa 1,8 Milliarden € geben die Tou-
                                geben uns die Luft zum Atmen, reinigen Was-       risten pro Jahr im Regierungsbezirk aus. Der
                                ser und Luft, sorgen für fruchtbare Böden und     jährliche Nutzen der gesamten Ökosysteme
                                ein angenehmes Klima.                             der Welt beträgt nach vorsichtigen Schätzun-
                                                                                  gen sogar zwischen 10 und 50 Billionen Euro.
                                Biologische Vielfalt rettet Menschenleben:
                                Zahlreiche Arten sind die Grundlage von           Biologische Vielfalt ist aber auch schön. Ob der
                                Arzneimitteln; so basiert etwa die Hälfte         beeindruckende Regensburger Dom oder die
                                der in Deutschland eingesetzten Medika-           monumentale Walhalla in Donaustauf – die
                                mente auf den Inhaltsstoffen verschiedener        Erhaltung von Kulturgütern wird aus gutem
                                Heilpflanzen.                                     Grund nicht ernsthaft in Frage gestellt. Ähnlich
                                                                                  ist es mit den Naturgütern: der majestätische
                                Biologische Vielfalt schmeckt: Etwa 3 000         Flug des Fischadlers, ein Frühlingsmorgen in
                                Pflanzenarten stehen auf dem Speiseplan der       der Regenaue, geheimnisumwitterte, in Jahr-
                                Menschen. Das ist nicht nur abwechslungs-         tausenden entstandene Moore als Zeitzeugen
                                reich, sondern verhindert auch Hunger auf         unserer Landschaftsgeschichte und selbst die
                                der Welt: fällt eine Sorte beispielsweise durch   allgegenwärtigen Pusteblumen sind unver-
                                Krankheitsbefall aus, kann sie durch eine an-     gleichliche Naturschönheiten; sie zu verlieren
                                dere ersetzt werden.                              wäre ein unwiederbringlicher Verlust.

                                Die Natur ist Vorbild in der Technik: Vom         Die Beispiele machen es deutlich: allein aus
                                ­Spinnennetz, das Vorlage für das Münchner        Vorsorge und der Verantwortung für unsere
                                 Olympiazeltdach war, über die Bienenwaben,       Kinder und Kindeskinder müssen wir die bio-
                                 deren sechseckige Zellenstruktur Grundlage       logische Vielfalt erhalten und schützen. Nicht
                                 für die Entwicklung hochwertiger Verbund-        zuletzt ist die Natur mit all ihrer Vielfalt auch
                                 werkstoffe war, bis zum Vogelflügel, ohne den    um ihrer selbst Willen schützenswert.
                                 es wohl nie Flugzeuge gegeben hätte.
Heilpflanze Arnika
Vorbild für Verbundwerkstoffe
Pusteblume
Natur. Vielfalt. Oberpfalz - Tännesberg
Wanderer im Waldnaabtal bei Sauerbrunnen
Weitere Informationen:
www.natur.bayern.de
www.arche.bayern.de
www.biologischevielfalt.de

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Natur. Vielfalt. Oberpfalz - Tännesberg
Vielfalt der Oberpfalz

                            Die Landschaftsräume der Oberpfalz sind viel-     des Oberpfälzer Juras im Südwesten oder die
                            fältig und attraktiv. Das wissen nicht nur die    Senkenlandschaften in den großen Niede-
                            Oberpfälzer selbst, das bestätigen auch mehr      rungen von Naab und Regen. Manche von
                            als 1,6 Millionen Feriengäste und Touristen so-   ihnen wie die Frankenalb, die Hügelländer
                            wie über 37 Millionen Tagesreisende, die den      und die Gipfelregionen zeichnen sich durch
                            Bezirk alljährlich besuchen.                      einen hohen Anteil an wertvollen naturnahen
                                                                              Gebieten aus und sind besonders artenreich.
                            Verantwortlich für die Schönheit und den Ar-      Sie sind die „Hot Spots“ der Biodiversität.
                            tenreichtum der oberpfälzer Landschaft sind       ­Andere (Teil-)Räume fungieren als wichti-
                            im Wesentlichen die abwechslungsreiche Geo-        ge Biotopverbundachsen – sie ermöglichen
                            logie in Verbindung mit weiteren abiotischen       ­einen Austausch zwischen den Pflanzen- und
                            Faktoren wie Klima, Relief, Wasserhaushalt          Tierpopulationen und verbinden die Schwer-
                            und Boden. Hinzu kommt die besondere geo-           punkte der biologischen Vielfalt. Dazu gehö-
                            graphische Lage der Region im Herzen Mit-           ren zum Beispiel das Donau-, Naab- und Re-
                            teleuropas. Einen besonderen Einfluss haben         gental oder der Trauf des Oberpfälzer Juras.
                            die biotischen Faktoren wie Flora und Fauna.        Die bedeutendsten Natur- bzw. Landschafts-
                            Ein weiterer Grund ist die traditionelle Nut-       räume und ihre Besonderheiten werden auf
                            zung der Landschaft: Die seit Generationen          den folgenden Seiten näher vorgestellt.
                            extensive Nutzung der landwirtschaftlich un-
                            günstigeren Lagen des Oberpfälzer Juras und
                            der Hügelländer bewirkte eine kleinteilige
                            und damit abwechslungs- und strukturreiche
                            Landschaft. Schließlich prägen und charakte-
                            risieren vor allem ausgedehnte Waldgebiete
                            das Landschaftsbild des Regierungsbezirks.

                            Die Oberpfalz ist im Wesentlichen durch sie-
                            ben sehr unterschiedliche Landschaftsräume
                            gekennzeichnet. Dazu gehören zum Beispiel
                            die aus Urgesteinen aufgebauten, bewal-
Naabtal bei Etterzhausen    deten Höhenzüge des Fichtelgebirges, des
Hirschkäfer                 Oberpfälzer und Bayerischen Waldes im Nord-
Magerrasen-Perlmuttfalter   osten bzw. Osten, die Felsen und Magerrasen
Natur. Vielfalt. Oberpfalz - Tännesberg
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Natur. Vielfalt. Oberpfalz - Tännesberg
Von urigen Wäldern, Karpfen,
                                     Glasschleifen und Wanderschäfern

                                     Charakteristisch für die Oberpfalz sind die aus-    Ein ganz anderes Bild vermitteln die Franken-
                                     gedehnten Waldungen in den aus ­Graniten,           alb bzw. der Oberpfälzer Jura im Westen: Hier
                                     Gneisen und Glimmerschiefer aufgebauten             fällt nur halb so viel Regen und Schnee wie in
                                     Grundgebirgen (Fichtelgebirge, Oberpfälzer          der Mittelgebirgsregion. Entsprechend prä-
                                     und Bayerischer Wald) im klimatisch rauen           gen an die Trockenheit angepasste Lebens-
                                     Osten des Regierungsbezirks. Scheue Arten           räume das Landschaftsbild. Entlang des
                                     mit großräumigen Lebensansprüchen wie               Traufbereichs und an den steilen Talhängen
                                     Schwarzstorch und Luchs finden hier ideale          der Albtäler sind durch die traditionell betrie-
                                     Bedingungen. Naturnahe Bergwälder, Hoch-           bene Wanderschäferei blütenreiche Mager-
                                     moore wie am Kleinen Arbersee, blütenreiche        und Trockenstandorte mit heraus­ragenden
                                     Bergwiesen und Borstgrasrasen oder die Gip-        ­Wacholderheiden entstanden. Einzigartig ist
                                     felregionen mit Blockmeeren und Felsfluren          die sogenannte „Regensburger Juraflora“ an
                                     verleihen der Landschaft ihr unverwechsel­          den Albhängen bei Regensburg, wo Naab,
                                     bares Gesicht.                                      Schwarze Laber und Donau zusammen­
                                                                                         treffen.
                                     Ein dichtes Netz von Fließgewässern durch-
                                     zieht die Landschaftsräume. Darunter sind          Trocken ist auch die Gegend um Neumarkt.
                                     zahlreiche Perlbäche, in denen die Flussperl-      Die hier teilweise anzutreffenden sandigen
                                     muschel früher so zahlreich vorkam, dass           Binnendünen sind eiszeitlichen Ursprungs. Zu
                                     sich die Perlenfischerei lohnte. Heute gibt es     den besonderen Artvorkommen in den lich-
                                     nur noch einzelne Bäche mit meist kleinen          ten flechtenreichen Kiefernwäldern, auf Sand-
                                     Muschelvorkommen.                                  magerrasen und teils offenen Sandstand­orten
                                                                                        zählen Ziegenmelker sowie Blauflügelige
                                     Eine geologische Besonderheit ist der soge-        Sand- und Ödlandschrecke.
                                     nannte „Pfahl“, eine mächtige Quarzader, die
                                     sich von Nabburg bis in das österreichische        Neben dem Wald verbindet man die Oberpfalz
                                     Mühlviertel erstreckt. Aus dem harten Gestein      mit der Karpfenzucht. Die Teichwirtschaft
                                     ist durch Erosionsvorgänge ein bis zu 40 Me-       ­besitzt in den Beckenlandschaften des Bruch-
                                     ter aus der Umgebung aufragender Felszug            schollenlandes, das zwischen Oberpfälzer
                                     mit Heideflächen und lichten Wäldern übrig          Jura und den Mittelgebirgen liegt, eine Jahr-
Blick vom Osser                      geblieben.                                          hunderte alte Tradition. Maßgeblich wurde sie
Wacholderheide im Oberpfälzer Jura                                                       vom Zisterzienserstift Waldsassen beeinflusst,
Tirschenreuther Teichpfanne
das bereits im 12. Jahrhundert zahlreiche        Die Naab mit ihren drei Hauptzuflüssen ver-
Karpfenteiche zur Versorgung während der         bindet die unterschiedlichen Naturräume
Fastenzeit anlegen ließ. Die Tirschenreuther     zwischen Fichtelgebirge, Oberpfälzer Wald,
Teichpfanne wird deshalb auch als „Land der      Jura und Donautal. Breite Flussauen mit
1 000 Teiche“ bezeichnet. Weitere großflächi-    mäan­drierenden Gewässern und Feucht­
ge Teichgebiete liegen bei Schwandorf und        gebieten wechseln sich mit eindrucksvollen
Bodenwöhr. Inzwischen sind an vielen der         Durchbruchstälern in den Granitbergen ab.
aufgelassenen Teiche ausgedehnte Verlan-
dungsmoore und Bruchwälder entstanden,           Der Regen bildet die wesentliche Ost-West-
die heute ein Paradies für seltene Vögel, Am-    Verbindung zwischen Bayerischem Wald
phibien, Wasserinsekten und -pflanzen sind.      und Jura. Den Flusslauf in der ausgedehn-
                                                 ten ­Senkenlandschaft begleiten zahlreiche
Auffällig ist die geologische Vielfalt und der   Feuchtgebiete und Auenlebensräume wie
Reichtum an Bodenschätzen im Bruchschol-         Altwasser, Feucht- und Nasswiesen. Zusam-
lenland. Im 14. bis 16. Jahrhundert wurden       men mit größeren Teichgebieten sind sie
­deshalb an den Fließgewässern zahlreiche        wertvolle Wiesenbrüterlebensräume sowie
 Weiher zum Betrieb von Mühlen, Sägen,           als Rast- und Überwinterungsgebiete von in-
 ­Glasschleifen und Hammerwerken errichtet,      ternationaler Bedeutung für eine Vielzahl von
  beispielsweise an Pfreimd und Fichtelnaab.     Vogelarten.
  Auch diese Teiche sind zum Teil nicht mehr
  oder nur noch extensiv genutzt und haben       Eine Verbundachse von europäischer Bedeu-
  sich zu wertvollen Lebensräumen entwickelt.    tung ist das Donautal, das in seinem ­gesamten
                                                 Verlauf bis zum Schwarzen Meer zehn Staaten
Im wahrsten Sinne „herausragend“ sind die        verbindet und über das pannonische Floren-
Basaltberge zwischen Weiden und Kemnath,         elemente bis in unsere Gegend vordringen
die eine einzigartige Flora und alte totholz-    konnten.
reiche Laubwälder beherbergen, wie z. B. im
­Naturschutzgebiet „Großer Teichelberg“.         Schließlich sind auch in den landwirtschaft-
                                                 lich intensiv genutzten Landschaftsräumen –
Zentrale Wanderachsen, die einen Austausch       dem Dungau und dem Donau-Isar-Hügelland
der Pflanzen und Tierpopulationen ermög­         – noch Reste wertvoller Biotope wie Auen­        NSG „Großer Teichelberg“
lichen, sind vor allem die großen Flusstäler.    wälder oder Niedermoore zu finden.               Donau bei Pfatter
                                                                                                  Cham-Further Senke         10 | 11
Im Dienste von Mensch und Natur

                             Naturschutz und damit auch der Schutz der              von Pflege- und Entwicklungsplänen und
                             Biodiversität haben in Bayern Tradition: 1973          das ­Management der Natura 2000-Gebiete.
                             wurde erstmalig das Bayerische Naturschutz-           Darüber hinaus ist sie für die Erstellung
                             gesetz erlassen, 1984 wurde der Umweltschutz          ­naturschutzfachlicher Gutachten bei über-
                             als Staatsziel in die bayerische Verfassung auf-     örtlichen Planungen und Bauvorhaben zu-
                             genommen. Damit war die Grundlage für die            ständig. Auch die Ausnahmegenehmigungen
                             Arbeit der Naturschutzbehörden geschaffen.           zum ­Artenschutzrecht oder Befreiungen von
                                                                                  ­Naturschutzgebietsverordnungen werden bei
                             Die Regierung der Oberpfalz erfüllt als höhe-         der höheren Naturschutzbehörde bearbeitet.
                             re Naturschutzbehörde vielfältige Aufgaben
                             im staatlichen Naturschutz auf Bezirksebene.         Die unteren Naturschutzbehörden an den
                             Sie koordiniert die Arbeiten zur Sicherung der       Landratsämtern und in den kreisfreien
                             ­biologischen Vielfalt, bewilligt und koor­diniert   ­Städten sind die Ansprechpartner vor Ort.
                              die staatlichen Fördermittel, setzt Schwer­          Sie kümmern sich beispielsweise zusammen
                              punkte und Prioritäten in der Naturschutz­           mit den Akteuren um die konkrete Umset-
                              arbeit. Sie ist „Motor“ vieler Projekte und          zung von Arten- und Naturschutzmaßnah-
                              ­begleitet deren fachliche Umsetzung.                men, prüfen die Maßnahmenumsetzung im
                                                                                   Rahmen der Landschaftspflege und des Ver-
                             Unter dem Motto kooperativer Naturschutz              tragsnaturschutzprogramms,     überwachen
                             hat die höhere Naturschutzbehörde mit dem             den Vollzug der Fauna-Flora-Habitat- und der
                             Deutschen Alpenverein und der Interessenge-           Vogelschutzrichtlinie der EU und erstellen
                             meinschaft Klettern Konzepte zur Berücksich-          fachliche Stellungnahmen zu Planungen und
                             tigung des Artenschutzes bei der Ausübung             Bauvorhaben.
                             des Klettersportes erarbeitet. Im Rahmen
                             von Runden Tischen wird z. B. gemeinsam              Nicht zuletzt setzen die höhere und die unte-
                             mit Landnutzern nach gangbaren Wegen ge-             ren Naturschutzbehörden – Teams aus Biolo-
                             sucht, Natura 2000-Gebiete zu erhalten und           gen, Landschaftsökologen, Landespflegern,
                             zu verbessern.                                       Geografen, Juristen und Verwaltungsfach­
                                                                                  kräften – ihre Spezialkenntnisse zur Bera-
                             Zu den Aufgaben der höheren Naturschutz-             tung von Gemeinden, Vereinen und anderen
Projektbesprechung vor Ort   behörde gehören auch die Ausweisung                  ­Akteuren ein.
Streuobstpflanzung           von Naturschutzgebieten, die Erstellung
Silberdistel
Feuchtwiesenmahd in der Regenaue
Weitere Informationen:
www.regierung.oberpfalz.bayern.de

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Partner für die Vielfalt

                                      Die Sicherung der biologischen Vielfalt ist eine   freie Städte und Gemeinden zu nennen. Sie
                                      anspruchsvolle Aufgabe. Ohne die Vielzahl          sind nicht nur in Landschaftspflegeverbän-
                                      von teils ehrenamtlich im Naturschutz enga-        den und Naturparkvereinen engagiert, son-
                                      gierten Personen, vor allem in den anerkann-       dern häufig auch Träger und Geldgeber bei
                                      ten Naturschutzverbänden, Institutionen und        Naturschutzprojekten und Flächenankäufen.
                                      Vereinen vor Ort, könnten die Naturschutzbe-
                                      hörden ihre Aufgaben nicht erfüllen.                Nur was man kennt, schätzt und schützt man.
                                                                                          Der Umweltbildung kommt deshalb eine wich-
                                      Wichtige Partner sind zum Beispiel der Lan-         tige Rolle zu. In der Oberpfalz gibt es sieben
                                      desbund für Vogelschutz, der Bund Natur-            anerkannte Umweltstationen und zahlreiche
                                      schutz und der Verein zum Schutz wertvoller         weitere qualifizierte umweltpädagogische
                                      Landschaftsbestandteile in der Oberpfalz: bei       Einrichtungen, die den Naturschutz eben-
                                      der Sammlung von Daten zur Verbreitung              so unterstützen, darunter viele engagierte
                                      seltener und gefährdeter Arten, in der prak-        Lehrer/-innen und Erzieher/-innen in Schulen
                                      tischen Biotop- und Landschaftspflege, beim         und Kindergärten. Gebietsbetreuer kümmern
                                      Ankauf ökologisch wertvoller Flächen, bei der       sich speziell um den Erhalt ökologisch sensib-
                                      Konzeption und Umsetzung von Naturschutz-          ler und besonders wertvoller Gebiete. In der
                                      projekten und Artenhilfsmaßnahmen oder in          Oberpfalz sind vier Gebietsbetreuer/-innen
                                      der Umweltbildung.                                 tätig. Eine wichtige Funktion hat auch der
                                                                                         ­Biberberater, der v. a. für Landwirte ein wesent-
                                      Wesentliche Unterstützer sind die Naturpark-        licher Ansprechpartner und Berater ist. Durch
                                      vereine und die Landschaftspflegeverbände,          intensive Öffentlichkeitsarbeit, Führungen,
                                      die in allen oberpfälzer Landkreisen sowie in       Vorträge, Zeitungsartikel und Ausstellungen
                                      den Städten Regensburg, Amberg und Wei-             und vor allem durch ihre persönliche ­Präsenz
                                      den wertvolle Arbeit in der Landschafts­pflege      vor Ort vermitteln Gebietsbetreuer und Bi-
                                      sowie im Arten- und Biotopschutz leisten.           berberater Einheimischen und Besuchern die
                                      Wichtige Unterstützung bei gezielten Maß-           Einzigartigkeit der Gebiete und ­Arten. Damit
                                      nahmen leisten auch die Wildland Stiftung           werden Verständnis und Akzeptanz für den
                                      Bayern des Bayerischen Jagdverbandes, die           Natur- und Artenschutz aber auch die eigene
                                      Bayerischen Staatsforsten, die Fachberatung         Rücksichtnahme auf die Umwelt in der Bevöl-
Arbeitseinsatz im NSG „Stöcklwörth“   für Fischerei, die Fischereiverbände sowie die      kerung gefördert.
Biotoppflege mit der Motorsense       Kirchen. Nicht zuletzt sind Landkreise, kreis-
Besuch beim Schäfer
LBV-Umweltstation Mensch und Natur
Weitere Informationen:
www.bund-naturschutz.de    www.umweltbildung.bayern.de
www.lbv.de                 www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/baynetznatur/gebietsbetreuer.htm
www.wildland-stiftung.de   www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/schutzgebiete/index.htm

                                                                                                                     14 | 15
Erfolgreich für die biologische Vielfalt

                                Natur- und Artenschutz wird in Bayern nicht       von 2004 bis 2010 insgesamt über 15 Millionen
                                zuletzt auch dank der nötigen finanziellen        Euro ausgezahlt.
                                Unterstützung seit Jahrzehnten erfolgreich
                                umgesetzt.                                        Aber auch andere staatliche Programme und
                                                                                  der Bayerische Naturschutzfonds – eine vom
                                Die ersten Förderprogramme, mit denen             Freistaat Bayern 1982 gegründete Stiftung –
                                Landwirte für besonders schonende Bewirt-         helfen beim Arten- und Biotopschutz. Beson-
                                schaftungsformen entlohnt werden, wurden          ders unterstützt werden Grundstücksankäufe
                                Anfang der 1980er Jahre entwickelt. Vor al-       zum Erhalt wertvoller Lebensräume oder de-
                                lem zwei Programme sind hier wichtig: Mit         ren Wiederherstellung und Optimierung.
                                dem Vertragsnaturschutzprogramm und dem
                                Erschwernisausgleich fördert der Freistaat        Weil intakte Moore durch die Kohlenstoffbin-
                                ­Bayern die naturschutzkonforme Bewirtschaf-      dung im Torfkörper einen unverzichtbaren
                                 tung von Wiesen, Weiden, Streuobstbestän-        Beitrag zum Klimaschutz leisten, stehen für
                                 den, Teichen und Äckern. So wird die oftmals     deren Renaturierung und Wiedervernässung
                                 mühevolle Pflege zur Erhaltung der Arten­        Mittel aus dem Klimaprogramm 2020 der Bay-
                                 vielfalt den Landwirten und anderen Land­        erischen Staatsregierung zur Verfügung. In
                                 nutzern gezielt honoriert. Seit 2007 können      drei oberpfälzer Landkreisen werden damit
                                 damit auch Naturschutzmaßnahmen im Wald          Maßnahmen in den Mooren unterstützt.
                                 gefördert werden, zum Beispiel die Erhaltung
                                 von Alt- und Biotopbäumen, die Förderung         Darüber hinaus fließen Gelder der Bundes­
                                 lichter Wälder, der Erhalt von Biberlebensräu-   republik Deutschland in Naturschutzgroß-
                                 men oder ein vollständiger Nutzungsverzicht.     projekte, und Mittel aus dem Umweltfinan-
                                                                                  zierungsinstrument LIFE-Natur unterstützen
                                Nach den Landschaftspflege- und Naturpark-        die Optimierung des Europäischen Schutz­
                                Richtlinien werden die spezielle Pflege und       gebietsnetzes Natura 2000.
                                Neuschaffung von Lebensräumen sowie be-
                                sondere Artenhilfsmaßnahmen gefördert –           Seit den 1980er Jahren wird außerdem ver-
                                von der Neuanlage von Feuchtbiotopen über         sucht, im Rahmen größerer Naturschutz­
                                die Entfernung von Fehlbestockungen und           projekte mit einem konzentrierten Finanz- und
Weißstorch                      die Entbuschung von Magerrasen bis zur An-        Personaleinsatz den landesweiten Biotopver-
Schafe als Landschaftspfleger   pflanzung und Pflege von Hecken. Allein in        bund aufzubauen und die Bayerische Bio-
Biotopgestaltung                der Oberpfalz wurden aus diesem Programm          diversitätsstrategie umzusetzen.
BayernNetz Natur-Projekt „Tal der Schwarzen Laber im Landkreis Regensburg“
Weitere Informationen:
www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/foerderung/index.htm

                                                                                                                                16 | 17
Netzwerk für die Natur

                                      Schutzgebiete sind ein unverzichtbarer Bau-       und Fränkische Schweiz – Veldensteiner Forst.
                                      stein für den Erhalt der biologischen Vielfalt.   Zusammen nehmen sie mehr als die Hälfte
                                      Hier hat die Natur Vorrang vor anderen An-        der Fläche des Regierungsbezirks ein.
                                      sprüchen. Das gilt vor allem für Naturschutz-
                                      gebiete (NSG): sie haben eine besondere           Landschaftsschutzgebiete (LSG) dienen in
                                      Funktion als Lebensstätte seltener oder ge-       ­erster Linie der Sicherung des Landschaftsbil-
                                      fährdeter Pflanzen- und Tierarten oder zeich-      des gewachsener Kulturlandschaften und der
                                      nen sich durch besondere Eigenart, Seltenheit      Erholung. Das LSG „Donau­tallandschaft mit
                                      oder Schönheit aus. Hier gelten meist strenge      den Winzerer ­Höhen“ schließt beispielsweise
                                      Auflagen, was die land- und forstwirtschaftli-     den wichtigsten Naherholungsraum der Stadt
                                      che Nutzung des Gebietes sowie die Nutzung         Regensburg mit ein. In der Oberpfalz gibt es
                                      zu Erholungszwecken betrifft. Deshalb ist es       insgesamt 38 Gebiete dieser Schutzkategorie.
                                      wichtig, dass Schutzgebietsausweisungen im
                                      Dialog mit den Landnutzern erfolgen, wie das      Das großflächige Schutzgebietsnetz wird
                                      Verfahren zur jüngsten Naturschutzgebiets-        durch kleinflächige Schutzgebiete oder Ein-
                                      ausweisung „Regentalaue“ gezeigt hat. In der      zelschöpfungen der Natur – Geschützte Land-
                                      Oberpfalz existieren derzeit 60 Naturschutz-      schaftsbestandteile und Naturdenkmäler –
                                      gebiete. Zu den älteren Gebieten zählt die        ergänzt. Beispiele dafür sind das Quellmoor
                                      „Hölle“, ein Blockmeer aus mächtigen Granit­      am Heiligen Brand oder die Waldnaabschleife
                                      felsen mit naturnahem Bachlauf und einem          in Weiden.
                                      Linden-Blockschuttwald im Falkensteiner
                                      Vorwald.                                          113 Gebiete sind in der Oberpfalz schließlich
                                                                                        als FFH- oder EU-Vogelschutzgebiete Teil des
                                      Die Oberpfalz ist reich mit naturnaher Land-      europäischen Netzwerks Natura 2000. Bei-
                                      schaft ausgestattet. Acht Naturparke, in de-      spiel für ein bedeutendes Vogelschutzgebiet
                                      nen naturnahe Erholung und nachhal­tiger          ist die „Vilsecker Mulde“, ein Feuchtgebiet mit
                                      Tourismus im Vordergrund stehen, spiegeln         Teichen im Landkreis Amberg-Sulzbach. Auch
                                      die Vielfalt im Regierungsbezirk wider: die       die im Regierungsbezirk liegenden Truppen-
                                      ­Naturparke Fichtelgebirge, Steinwald, Hirsch-    übungsplätze Grafenwöhr und Hohenfels
                                       wald, Oberpfälzer Wald, Nördlicher Oberpfäl-     sind ausgewiesene Natura 2000 -Gebiete.
Stromtalwiesen im NSG „Stöcklwörth“    zer Wald, Oberer Bayerischer Wald, Altmühltal
Blockschuttwald im NSG „Hölle“
Groppe oder Mühlkoppe
Schutzgebiete in der Oberpfalz:

                                 113 Natura 2000-Gebiete
                                 (787 km², 8 % der Bezirksfläche)

                                 60 Naturschutzgebiete
                                 (61 km², 0,6 % der Bezirksfläche)

                                 38 Landschaftsschutzgebiete
                                 (4 331 km², 45 % der Bezirksfläche)

Weitere Informationen:
www.lfu.bayern.de/natur/daten/schutzgebietsabgrenzungen/index.htm
www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/schutzgebiete/index.htm
www.lfu.bayern.de/natur/daten/natura2000_gebietsrecherche/index.htm

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BayernNetz Natur

                                        BayernNetz Natur ist der Aufbau eines lan-          schutzes. Zum aktiven Klimaschutz tragen
                                        desweiten Biotopverbundsystems und die              neben der Wiedervernässung von Mooren
                                        Umsetzung der bayerischen Biodiversitäts-           auch der Erhalt und die Wiederherstellung
                                        strategie im Rahmen größerer Naturschutz-           von naturnahen Wäldern bei. Regionalver-
                                        projekte. 1989 wurde in der Oberpfalz das           marktungskonzepte sorgen dafür, dass sich
                                        erste BayernNetz Natur-Projekt begonnen, in­-       Naturschutz auch für Landwirte lohnt und der
                                        zwischen sind es 64, verteilt über alle Natur­      Bevölkerung „schmeckt“. Nicht zuletzt brin-
                                        räume und jährlich kommen neue dazu. In             gen Umweltpädagogik und Öffentlichkeits­
                                        ganz Bayern gibt es derzeit 370 BayernNetz          arbeit den Menschen die Natur näher.
                                        Natur-Projekte.
                                                                                            Die Federführung bei der Umsetzung von
                                        Freiwilligkeit und Kooperation sind die zwei        ­BayernNetz Natur liegt beim Bayerischen
                                        Grundprinzipien von BayernNetz Natur. An-            Staatsministerium für Umwelt und Gesund-
                                        statt auf hoheitliche Maßnahmen, zum Bei-            heit. Die höhere Naturschutzbehörde der
                                        spiel die Ausweisung von Schutzgebieten,             Regierung der Oberpfalz spielt auch hier
                                        setzt man in Bayern auf Freiwilligkeit. Auch         eine zentrale Rolle. Sie regt Projekte an,
                                        die Erkenntnis, dass es im Naturschutz oft           koordiniert sie und kümmert sich um die
                                        miteinander besser geht als gegeneinan-              ­Finanzierung. Den größten Teil der Kosten
                                        der, kann als „bayerische Erfindung“ gelten.          übernimmt der Freistaat Bayern, unterstützt
                                        ­BayernNetz Natur stärkt zudem die Eigen­             von der EU, dem Bund oder dem Bayerischen
                                         verantwortung der lokalen Akteure: Verant-           Naturschutzfonds.
                                         wortlich ist nicht der Freistaat Bayern, sondern
                                         die vor Ort tätigen Projektträger.                 Doch ohne Verbände, Vereine, Kommunen,
                                                                                            Behörden und andere Institutionen mit zahl-
                                        BayernNetz Natur ist ein umfassender Natur-         reichen ehrenamtlichen Akteuren wäre Bay-
                                        schutz. In den Projekten werden nicht nur           ernNetz Natur nicht denkbar. In ganz ­Bayern
                                        Lebensräume für Pflanzen und Tiere erhalten         kümmern sich engagierte Menschen um
                                        und wiederhergestellt. Durch die Renaturie-         „ihre“ Projekte. Sie sind Garant dafür, dass
                                        rung von Bächen und Flüssen sowie die Erhal-        auch in der Oberpfalz ein erfolgreicher Natur-
                                        tung von Feuchtlebensräumen ist BayernNetz          schutz möglich ist. Dieser Einsatz kann nicht
Birkwild-Schutz bei Georgenberg         Natur Teil des vorbeugenden Hochwasser-             hoch genug gewürdigt werden.
Heckrind im NSG „Grubenfelder Leonie“
„Regensburger Vorwaldwiesen“
BayernNetz Natur-Projekte in der Oberpfalz

                                                          Anzahl: 64
                                                          Davon unter der Trägerschaft von:
                                                          Landkreisen: 8
                                                          Gemeinden: 27
                                                          Landschaftspflegeverbänden: 18
                                                          Naturschutzverbänden: 16
                                                          Naturparkvereinen: 8
                                                          Sonstigen Vereinen: 3

Hinweis zur Kartendarstellung:          Weitere Informationen:
Zur besseren Übersichtlichkeit wurden   www.bayernnetznatur.de
sich überlagernde Projektgebiete in     www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/index.htm
unterschiedlichen Farben dargestellt.

                                                                                                   20 | 21
Vorbildlich in Deutschland

                              Die Sicherung der Vielfalt an Arten und Le-      den vergangenen drei Jahrzehnten mehr als
                              bensräumen ist eine der größten Heraus­          550 Hektar Fläche angekauft und als Grund-
                              forderungen für die Weltgemeinschaft. Auch       stock für das Naturschutzgebiet Regentalaue
                              die Bundesregierung ist dieser Meinung und       gesichert werden. Die Wiederherstellung des
                              unterstützt ausgewählte Projekte. In Natur-      ehemaligen Auen­reliefs, die Reduzierung der
                              schutzgroßprojekte investiert sie mehrere Mil-   Nutzungsintensität sowie die naturschutz-
                              lionen Euro, um besonders schützenswerte         fachlich optimierte Bewirtschaftung der gro-
                              Landschaften dauerhaft zu erhalten.              ßen Teichflächen konnten so schrittweise
                                                                               umgesetzt werden und zur Stabilisierung der
                              Die „Regentalaue“ zwischen Cham und Pö-          Artbestände beitragen. Es hat sich gelohnt:
                              sing ist eines der zwei oberpfälzer Natur-       heute ist die Regentalaue als größtes natur-
                              schutzgroßvorhaben. Die weitgehend grün-         nahes Feuchtgebiet in der Region ein wertvol-
                              landgenutzte Auenlandschaft mit Altwassern,      ler Kernlebensraum und Wiederausbreitungs-
                              Röhrichten und extensiv genutzten Teichge-       zentrum für Wiesenbrüter wie Bekassine, Rot-
                              bieten ist Schwerpunktlebensraum für viele       schenkel oder Wachtelkönig.
                              stark gefährdete wiesenbrütende Vogelarten.
                              Die naturnahen Fließgewässersysteme von          Ebenfalls eine imposante Flusslandschaft um-
                              Regen und Chamb sind wesentliche Elemente        fasst das zweite Naturschutzgroßvorhaben in
                              eines Biotopverbundes und Lebensraum für         der Waldnaabaue. Neben der Optimierung
                              europaweit gefährdete Fischarten. Durch den      der Flussaue in ihrer Funktion als natürlicher
                              Landkreis Cham, Naturschutzverbände und          Hochwasserspeicher steht hier die großflächi-
                              die Wasserwirtschaftsverwaltung konnten in       ge Entwicklung ehemaliger Teichstandorte
                                                                               zu Feuchtbiotopkomplexen in der Tirschen-
                                                                               reuther Teichpfanne im Vordergrund. Bemer-
                                                                               kenswerte Vorkommen von Kreuzotter, Moor-
                                                                               frosch und gefährdeten Libellenarten wie der
                                                                               Großen Moosjungfer zeichnen das Gebiet
                                                                               aus. Zwerg-Igelkolben und Moorklee sind nur
                                                                               ein Teil der bedrohten Flora der Waldnaabaue.
                                                                               Auf dem Fuß- und Radweg entlang einer still-
Rotschenkel                                                                    gelegten Bahntrasse können die Besucher die
Drachenwurz oder Sumpfcalla                                                    unvergleichliche Natur genießen, ohne Pflan-
Moorklee                                                                       zen- und Tierwelt zu stören.
Blick über die Regentalaue
Fakten Regentalaue:                                  Fakten Waldnaabaue:
Projektträger: Landkreis Cham                        Projektträger: Landkreis Tirschenreuth
Laufzeit: 1989–2003                                  Laufzeit: 1999–2011
Kerngebiet: 1 776 ha, Finanzvolumen: 9,86 Mio €      Kerngebiet: 1 700 ha, Finanzvolumen: 6,8 Mio €
www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/foerderung/   www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/foerderung/
grossprojekte/regentalaue.htm                        grossprojekte/waldnaabaue.htm                                 22 | 23
Tännesberg – eine Gemeinde für die Biodiversität

                                  Mitten im Oberpfälzer Wald im Landkreis         hängen oder Quellfluren sowie die Förderung
                                  Neustadt an der Waldnaab liegt die in Sachen    von Totholz im Wald. Mit dem Ankauf der
                                  „­Biologische Vielfalt“ vorbildliche Marktge-   wertvollsten Flächen soll der Grundstock für
                                  meinde Tännesberg: Biodiversität auf allen      ein langfristiges Biotopverbundnetz geschaf-
                                  Ebenen hat man sich hier auf die Fahnen ge-     fen werden.
                                  schrieben und 2009 sehr engagiert mit der
                                  Umsetzung begonnen. Einzigartig für Bayern      Doch nicht nur die Artenvielfalt der wild
                                  ist auch die gemeinsame modellhafte Umset-      ­lebenden Arten wird in dem Modellprojekt
                                  zung mit Naturparkverein, Naturschutzver-        gefördert, auch die Haltung gefährdeter
                                  bänden, Land- und Forstwirtschaft, den Bay-      Nutztierrassen und der Anbau alter Kultur-
                                  erischen Staatsforsten, Wasserwirtschaft und     pflanzensorten sollen die Biodiversität in der
                                  engagierten Bürgern.                             Gemeinde stärken. Das „Rote Höhenvieh“
                                                                                   kommt dabei ebenso zum Einsatz wie fast
                                  Ein Ziel ist die nachhaltige Entwicklung des     vergessene Kartoffelsorten namens „Rosa
                                  Gemeindegebietes, in dem noch zahlreiche         Erstling“ und „Blue Kongo“ oder alte Getreide­
                                  gefährdete Arten wie Mondraute oder              arten wie Emmer, Einkorn und Dinkel. Mit
                                  Schwarzstorch vorkommen. Dazu gehört die         dem Aufbau von Vermarktungsstrukturen soll
                                  Erhaltung naturnaher Lebensräume, z. B. von      ein Anreiz für die Beteiligung weiterer Land-
                                  Nass- und Feuchtwiesen, kleinen Mooren und       wirte geschaffen werden. Auch die Beratung
                                  Bachtälern, die Pflege von mageren Säumen,       der Tännesberger Landwirte in punkto Natur-
                                  Hecken- und Streuobstbeständen an den Tal-       und Artenschutz zeigt deutliche Erfolge: Auf
                                                                                   fast fünf ­Prozent der Offenlandflächen wird
                                                                                   eine extensive Bewirtschaftung durch das
                                                                                   Vertragsnaturschutzprogramm gefördert –
                                                                                   das ist regionale Spitze.

                                                                                  Biodiversität geht alle an – dies zu vermit-
                                                                                  teln ist ein besonderes Anliegen des Projekts.
                                                                                  Ein geologischer Lehrpfad, der Bau eines In-
                                                                                  sektenhotels mit Schülern der Grundschule
Rotes Höhenvieh                                                                   Tännesberg oder die Anlage eines Obstlehr-
fast vergessene Kartoffelsorten                                                   pfades sind nur ein kleiner Teil der geplanten
Bau eines Insektenhotels                                                          bzw. bereits umgesetzten Ideen.
Blick vom Schlossberg über Tännesberg
Weitere Informationen:
www.taennesberg.de
www.bayernnetznatur.de
www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/index.htm

                                                                                24 | 25
Juradistl – so vielfältig schmeckt die Oberpfalz

                                  Einen ganz neuen kooperativen Weg haben           wirte und Schäfer, aber auch Metzger, Gastro-
                                  33 Städte und Gemeinden in den Landkreisen        nomie, Bildungsträger und Kommunen.
                                  Neumarkt, Schwandorf, Amberg-Sulzbach
                                  und Regensburg beschritten: Gemeinsam             Konzeptionell musste für das 80 000 Hektar
                                  haben sie 2002 das „Netzwerkprojekt Ober-         große Projektgebiet zuerst die Beweidung mit
                                  pfälzer Jura, Mensch-Umwelt-Kultur“, kurz         verschiedenen Wanderschäfern aus der Regi-
                                  nepo-muk begonnen. Die Trägerschaft ha-           on entwickelt werden. Notwendige Verbund-
                                  ben die Landschaftspflegeverbände der vier        flächen konnten mit Hilfe des Bayerischen Na-
                                  Landkreise gemeinsam mit dem Deutschen            turschutzfonds erworben werden. Entschei-
                                  Verband für Landschaftspflege übernommen.         dend war, sich von Anfang an um eine Ver-
                                  Im Folgeprojekt „Juradistl“ stehen neben dem      marktungsstrategie zu kümmern. So entstand
                                  weiteren Ausbau des Biotopverbundes der           das Markenzeichen „Juradistl“ für die projekt-
                                  ­Erhalt und die Förderung der biologischen        bezogenen Naturschutzprodukte. Die Lamm-
                                   Vielfalt im Vordergrund.                         spezialitäten sind bereits ein voller Erfolg.
                                                                                    Weitere geplante Produkte sind der „Juradistl-
                                  Die Idee war, eine standortgerechte und nach-     Streuobst-Apfelsaft“ und das „Juradistl-Rind“
                                  haltige Bewirtschaftungsform für die kargen       aus der Beweidung in Mutterkuhhaltung.
                                  Wacholderheiden des Oberpfälzer ­Juras zu
                                  etablieren, um langfristig den Biotopverbund      Einheimischen wie auch Besuchern den Facet-
                                  über die Landkreisgrenzen hinaus zu sichern.      tenreichtum unserer Natur näher zu bringen
                                  Mit im Boot sind die wichtigsten Akteure: Land-   ist ein wichtiger Beitrag zur Umsetzung der
                                                                                    bayerischen Biodiversitätsstrategie. Deshalb
                                                                                    wurden zahlreiche Rad- und Wanderrouten
                                                                                    entwickelt: 150 Kilometer Juradistl-Radtou-
                                                                                    ren führen entlang von Naab, Vils, Lauterach,
                                                                                    Schwarzer Laber und Forellenbach durch den
                                                                                    Oberpfälzer Jura. Erlebnisstationen entlang
                                                                                    der Strecke laden zu neuen Erfahrungen zum
                                                                                    Thema Natur, Kultur und Landschaftspflege
                                                                                    ein. Für Familien, Schulklassen oder Kinder-
Wacholderheide bei Stettkirchen                                                     gärten werden attraktive Naturerlebnistouren
Heide-Grashüpfer                                                                    angeboten, z. B. unter dem Titel „Dem Schäfer
Regionalvermarktung Juradistl                                                       auf der Spur“.
Schafe auf der Weide
Weitere Informationen:
www.juradistl.de
www.bayernnetznatur.de
www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/index.htm

                                                               26 | 27
Bausteine im europäischen Schutzgebietsnetz

                                        Unter dem Stichwort „Natura 2000“ wird der-     Heide-Gebiet im südlichen Mitteleuropa
                                        zeit in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten ein öko-   beherbergt der Truppenübungsplatz Grafen-
                                        logisches Netzwerk aus sogenannten Fauna-       wöhr zahlreiche in Bayern vom Aussterben
                                        Flora-Habitat-Gebieten (FFH-Gebieten) und       bedrohte Arten, darunter die Heidelerche.
                                        EU-Vogelschutzgebieten aufgebaut. Inzwi-        Im wahrsten Sinne „herausragend“ sind die
                                        schen umfasst Natura 2000 über 20 000 FFH-      Felsfluren aus saurem Silikatgestein in den
                                        Gebiete mit einem Flächenanteil von mehr        Kammlagen des Künischen Gebirges.
                                        als 13 % der gesamten Landfläche der Euro-
                                        päischen Union. Es gilt damit als das größte    Für die besonderen Lebensräume und Arten
                                        ­Naturschutzprojekt weltweit.                   in den Natura 2000-Gebieten entscheidend
                                                                                        ist die Umsetzung von Schutz- und Entwick-
                                        In der Oberpfalz tragen 113 Gebiete zum         lungsmaßnahmen. Ein besonders gelungenes
                                        ­Natura 2000-Netzwerk bei. Zu den größten       Beispiel dafür ist das FFH-Gebiet „Grenzbach
                                         FFH-Gebieten gehören die beiden Truppen-       und Heinbach im Steinwald“ (vgl. Karte), das
                                         übungsplätze, auf denen durch extensive        wegen seiner bayernweit bedeutsamen Fluss-
                                         Beweidung und die militärische Nutzung         perlmuschelbestände in das Netzwerk Natu-
                                         eine besonders hohe Biodiversität entstan-     ra 2000 aufgenommen wurde. Oberhalb der
                                         den ist. Der Truppenübungsplatz Hohenfels      Muschelvorkommen lag die Forellenteichan-
                                         ist als unzerschnittener Lebensraumkomplex     lage „Grenzmühle“, deren Schweb- und Nähr-
                                         mit Kalkmagerrasen und Buchenwäldern von       stofffrachten die Flussperlmuschel beeinträch-
                                         bundesweiter Bedeutung. Als größtes Moor-      tigten. Mit Unterstützung des Bayerischen
                                                                                        Naturschutzfonds konnte der Teichkomplex
                                                                                        2008 vom Verein zum Schutz wertvoller Land-
                                                                                        schaftsbestandteile in der Oberpfalz e. V. er-
                                                                                        worben werden. Danach wurde die gesamte
                                                                                        Teichanlage umfassend umgestaltet und ex-
                                                                                        tensiviert: Die Teiche stehen jetzt Fröschen
                                                                                        und Kröten als Laichgewässer zur Verfügung.
                                                                                        Sedimentfänge werden künftig die Einträge
                                                                                        aus umliegenden landwirtschaftlichen Nutz-
Seeadler am TrÜbPl Grafenwöhr                                                           flächen reinigen und dazu beitragen, dass die
Flussperlmuscheln am Bachgrund                                                          Flussperlmuscheln im Grenzbach wieder auf-
Silberreiher an der Donau bei Pfatter                                                   atmen können.
Umgestaltung der Forellenteichanlage Grenzmühle
Fakten:                                                            Weitere Informationen:
Natura-2000-Gebiete in der Oberpfalz:                              www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/natura2000/index.htm
14 EU-Vogelschutzgebiete, Flächengröße: 537 km²                    www.lfu.bayern.de/natur/daten/natura2000_gebietsrecherche/index.htm
99 FFH-Gebiete, Flächengröße: 717 km²
Natura 2000-Fläche gesamt: 787 km², Anteil an Bezirksfläche: 8 %
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Ein oberpfälzer Moor mit Geschichte und Zukunft

                                 Im Frühsommer wiegen sich die weißen              durchführen. 1999 wurde mit Beginn des LIFE-
                                 Schöpfe des Wollgrases im Wind, dazwischen        Projekts der größte Teil des Moores angekauft
                                 liegen in nassen Mulden rote Flecken mit dem      und eine großflächige Renaturierung bzw.
                                 fleischfressenden Sonnentau. Seltene Libel-       Wiedervernässung in Angriff genommen.
                                 len, laut zirpende Heuschrecken und bunte         Wichtig für den dauerhaften Erhalt der typi-
                                 Schmetterlinge bevölkern die Moorwiesen           schen Lebensgemeinschaften war, dass an-
                                 und Gräben. Prackendorfer und Kulzer Moos         grenzend zu den landwirtschaftlichen Nutz-
                                 im Landkreis Schwandorf sind wirklich beson-      flächen Pufferstreifen erworben werden konn-
                                 dere Kleinode unter den oberpfälzer Mooren.       ten, um den Nährstoffeintrag zu vermindern.
                                 Durch den 200 Jahre lang betriebenen Torf­        Die Direktion für ländliche Entwicklung un-
                                 abbau waren sie jedoch stark gestört und die      terstützte bei Grunderwerb und Flächenzu­
                                 Arten- und Lebensraumvielfalt bedroht. Ob-        sammenlegung; die örtlichen Landwirte führ-
                                 wohl die Torfgewinnung in den 1960er Jahren       ten Anstaumaßnahmen, Streuwiesenmahd
                                 eingestellt wurde, blieben die Beeinträchti-      oder Entbuschungen durch. Die Hälfte der
                                 gungen durch Entwässerung und Nährstoff­          Kosten übernahm die Europäische Union, die
                                 einträge bestehen.                                andere Hälfte brachten der Bayerische Natur-
                                                                                   schutzfonds und der Verein auf.
                                 Das sollte sich ändern: 1987 wurde das Moor als
                                 Naturschutzgebiet ausgewiesen, der Verein         Seit dem Abschluss der Arbeiten hat sich vie-
                                 zum Schutz wertvoller Landschaftsbestand-         les verändert: Trocken gefallene Moorberei-
                                 teile in der Oberpfalz e. V. konnte einen Teil    che sind heute so nass, dass sie nicht mehr be-
                                 der Flächen erwerben und Pflegemaßnahmen          treten werden können. Die artenreiche Flora
                                                                                   und Fauna hat sich wieder stabilisiert und
                                                                                   neue seltene Arten sind dazugekommen. Auf
                                                                                   dem Moor-Lehrpfad können Besucher die
                                                                                   Schönheiten des Moores bestaunen, ohne
                                                                                   Störungen zu verursachen.

                                                                                   Ein weiteres oberpfälzer LIFE-Projekt wurde
                                                                                   zum Schutz und zur Bestandsförderung der
Rundblättriger Sonnentau                                                           Großen Rohrdommel in fischereiwirtschaft-
Anstauarbeiten am Natterweiher                                                     lich genutzten Teichgebieten im Landkreis
Violetter Feuerfalter                                                              Schwandorf umgesetzt.
Bulte und Schlenken im Prackendorfer Moos
Fakten LIFE-Projekt Prackendorfer und Kulzer Moor:                    Fakten LIFE-Projekt Große Rohrdommel:
Projektträger: Verein zum Schutz wertvoller Landschaftsbestandteile   Projektträger: Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V.
in der Oberpfalz e. V.                                                Laufzeit: 1997 – 2001
Laufzeit: 1999 – 2002                                                 Projektgebiet: 936 Hektar
Projektgebiet 148 Hektar                                              Kosten: 269 031 Euro
Kosten: 500 000 Euro                                                                                                                    30 | 31
Ein Haus mit Orgel für die Große Hufeisennase

                                 Für Deutschland einzigartig ist die Wochen-       Wichtig für den Erhalt der Großen Hufeisen-
                                 stube mit einer Population der in Bayern und      nase ist aber auch ein optimales Jagdgebiet im
                                 Deutschland vom Aussterben bedrohten              Umfeld des Quartiers. Mit großflächigen Ma-
                                 ­Fledermausart Große Hufeisennase im Markt        gerrasen und insektenreichem Extensivgrün-
                                  Hohenburg im Landkreis Amberg-Sulzbach.          land auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels
                                  Die Verantwortung für die Erhaltung der          und in den naturschutzfachlich bedeutsamen
                                  ­Großen Hufeisennase liegt also ausschließlich   Tälern von Lauterach, Vils und Naab existieren
                                   in oberpfälzer Hand.                            gute Nahrungshabitate.

                                 Das Problem im oberpfälzischen Fledermaus-        Obwohl die Population der Hufeisennase seit
                                 haus war nur, dass das Gebäude extrem ein-        einigen Jahren zunimmt, befindet sie sich auf
                                 sturzgefährdet war und eine Umsiedelung           Grund der isolierten Lage immer noch nahe
                                 der quartiertreuen Tiere kaum möglich ist.        der kritischen Größe. Deshalb ist die Durch-
                                 Mit finanzieller Unterstützung durch den          führung von weiteren populationsstützenden
                                 Bayerischen Naturschutzfonds sowie durch          Maßnahmen zwingend erforderlich. Neben
                                 Naturschutzverbände erwarb die Kommu-             der konsequenten Weiterführung des Winter-
                                 ne den Fachwerksgebäudekomplex. Für die           quartierschutzes sowie der Verbesserung von
                                 Sanierung und Optimierung als Fledermaus-         Lebensräumen durch entsprechende Pflege-
                                 quartier wurden Mittel aus dem Konjunktur-        maßnahmen müsste v. a. die unzulängliche
                                 paket II in Höhe von rund 1 Million Euro zur      Vernetzung entlang der großen Flusstäler
                                 Verfügung gestellt. Künftig soll das Gebäude      opti­miert werden.
                                 auch als Informationsstelle genutzt werden.
                                                                                   Während der Bauarbeiten konnten mittels
                                                                                   ­Videoüberwachung mögliche Störfaktoren
                                                                                    ­ermittelt und vermieden werden. Weiterhin
                                                                                     konnten dadurch Erkenntnisse für weitere
                                                                                     Schutzmaßnahmen gewonnen werden. Vom
                                                                                     Dachstuhl bis zu den Keller­räumen wurde die
                                                                                     in dem Gebäude bestehende „Temperatur­
                                                                                     orgel“ optimiert. Dadurch stehen den wärme-
Jagdgebiete Magerrasen TrÜbPl                                                        liebenden Tieren Hangplätze mit den unter-
Hohenfels und Lauterachtal                                                           schiedlichsten Temperaturen zur Auswahl.
Sanierung des Fledermaushauses
Schlafende Große Hufeisennasen

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Spezialeinsatz für gefährdete Arten

Artenhilfsprogramme sind spezielle Konzepte        Für jedes Artenhilfsprogramm wird auf der
für einzelne, besonders schutz- und pflegebe-      Grundlage der noch vorhandenen Bestände
dürftige Arten. In der Oberpfalz gibt es sie für   ein detailliertes Maßnahmenkonzept zum
25 Pflanzen- und 23 Tierarten. Sie werden auf      Schutz der jeweiligen Art erstellt. Begleitend
den folgenden Seiten anhand von Beispielen         zur Maßnahmenumsetzung müssen die Be-
vorgestellt.                                       stände schließlich regelmäßig überwacht wer-
                                                   den. Nur so sind die Erfolge auch von Dauer.

Bläuliche Sommerwurz – seltsamer Parasit

Die Bläuliche Sommerwurz ist eine parasitisch      mit spinnennetzartiger wolliger Behaarung.
lebende Pflanze, d. h. sie erhält ihre Nährstof-   Ihre deutschlandweit letzten Vorkommen be-
fe von ihren Wirtspflanzen, den Beifußge-          schränken sich auf Magerrasen im Jura. Bei
wächsen. Die seltsam aussehenden bleichen          der Pflege der Magerrasen wird deshalb auch
Pflanzen besitzen violett-blaue Blütenstände       auf den Erhalt der Wirtspflanzen geachtet.

Buntes Vergissmeinnicht – Wechselspiel der Farben

Das Bunte Vergissmeinnicht hat seinen ­Namen       und Verfilzung seiner Wuchsorte kommt es
von den unterschiedlich gefärbten Blüten an        nur noch sehr selten auf Sandrasen, an Weg-
einer Pflanze. Es bevorzugt offene, mäßig tro-     und an Ackerrändern im Landkreis Tirschen-
ckene, basenarme, mäßig saure, ­lockere Sand-      reuth vor.
und Steingrusböden. Wegen der Verbuschung

Acker-Löwenmaul – macht es sich noch rechtzeitig vom Acker?

Durch die Intensivierung der Ackernutzung          sterberisiko besteht. Eine Chance für die zier-
oder das Brachfallen extensiv genutzter Fel-       liche Pflanze mit ihren purpurrosa Blüten wird
der ist das Ackerwildkraut dramatisch zurück-      in der Neuansiedlung entlang von Bahnglei-
gegangen, so dass in der Oberpfalz regional        sen gesehen.
eine starke Gefährdung bzw. ein akutes Aus-
Die Umsetzung der Artenhilfsprogramme be-         den, die Hilfsprogramme vieler Pflanzen- und
nötigt einen langen Atem. Zwar konnten in-        Tierarten stehen jedoch erst am Anfang. Es
zwischen viele Arten dauerhaft gerettet wer-      gibt also noch viel zu tun.

Holunder-Knabenkraut – Farbwechsel inbegriffen

Ursprünglich war die nach Holunder duftende,      den letzten oberpfälzer Beständen. Durch ge-
rot oder gelb blühende Orchidee auf mageren       zielte Pflegemaßnahmen an den Wuchs­orten
Bergwiesen Deutschlands nicht selten. Die         und den Abschluss von Bewirtschaftungsver-
Aufgabe der extensiven Nutzung hat zu ­einem      trägen wird versucht, das Holunder-Knaben­
gravierenden Bestandseinbruch geführt. Die        kraut zu erhalten und die Bestände nach
Vorkommen in den Landkreisen Neustadt an          Möglichkeit wieder auszudehnen.
der Waldnaab und Schwandorf gehören zu

Dolden-Winterlieb – Seltenheit von außergewöhnlicher Eleganz

Das immergrüne Heidekrautgewächs besie-           droht. Im Rahmen eines Artenhilfsprogramms
delt flechtenreiche Kiefernwälder auf nähr-       werden deshalb lichte Kiefernbereiche geför-
stoffarmen und mäßig basenreichen Sand-           dert und die Mullschicht durch Streurechen
böden. Durch Einbringen von Laubhölzern,          reduziert, um eine Wiederausbreitung des
Nährstoffanreicherung über die Luft und           letzten oberpfälzer Vorkommens bei Regens-
dadurch verstärkten Wuchs konkurrierender         burg zu ermöglichen.
­Arten ist es in Bayern akut vom Aussterben be-

Zwergflachs – kleiner Lein im Feuchten

Als Schlammboden-Pionier besiedelt der            Auffüllen der Äcker sind seine Bestände stark
Zwergflachs feuchte, zeitweilig überflutete       rückläufig. Damit er nicht aussterben muss,
Ackermulden oder die Ufer periodisch trocken      werden für ihn wieder neue Kleingewässer
fallender Gewässer. Durch Eutrophierung und       geschaffen.

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Oberpfälzer Spezialisten

Regensburger Mehlbeere – weltweit einmalig

Einige Pflanzen- und Tierarten sind in ihrer      und Hoppes Mehlbeere – ausschließlich an
Verbreitung eng und ausschließlich auf be-        den trocken-warmen Jurahängen um Regens-
stimmte Regionen begrenzt. Für die Erhal-         burg wächst. Gefährdet sind die lichthungri-
tung solcher „Endemiten“ in unserer Region        gen Gehölze vor allem durch Beschattung.
besteht daher eine besondere Verantwortung        Deswegen kann den besonderen Mehlbeeren
– gehen sie hier verloren, sind sie weltweit      am besten geholfen werden, wenn ihnen die
ausgestorben. In der Oberpfalz zählt dazu die     konkurrierende Nachbarschaft durch Freistel-
Regensburger Mehlbeere, eine Baumart, die –       lungsmaßnahmen und Waldauflichtungen
wie zwei weitere Endemiten, Mergenthalers         vom Leib gehalten wird.

Herzlöffel – deutschlandweit ein Unikat

Nur noch im Charlottenhofer Weihergebiet im       die Teiche angepachtet und die traditionel-
Landkreis Schwandorf wächst das 10 bis 30 cm      le extensive Bewirtschaftung der Teiche und
große Froschlöffelgewächs, das in Süd- und        deren Umfeld wieder aufgenommen, denn zu
Südostasien seine Hauptverbreitung besitzt        viele Nährstoffe, große Wasserstandsschwan-
und deutschlandweit fast ausgerottet wurde.       kungen und Verfüllungen kann die zarte
Um die letzten Vorkommen des europaweit           Pflanze nicht ertragen.
gefährdeten Herzlöffels zu sichern, wurden

Serpentin-Streifenfarn – eigenwilliger Felsbewohner

Der zierliche 10 bis 45 cm hohe Farn wächst       die Art stark gefährdet. Aber auch die Eutro-
ausschließlich auf Felsen und Geröll des selte-   phierung und Verbuschung der Felsbereiche
nen Serpentingesteins. Dieses olivgrün gebän-     und der Gesteinsabbau haben dazu geführt,
derte, massige bis schieferige Silikatgestein,    dass die wenigen Vorkommen im ostbayeri-
das aus Serpentin-Mineralien aufgebaut ist,       schen Grenzgebirge nur noch mit speziellen
ist weltweit sehr selten. Schon deswegen ist      Hilfsmaßnahmen erhalten werden können.
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