Natur. Vielfalt. Oberpfalz - Tännesberg
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Die Gefährdung der Vielfalt von Pflanzen- und Tierarten sowie ihrer Lebensräume beschäftigte im internationalen Jahr der Bio- diversität 2010 verstärkt Medien und Öffentlichkeit. Internatio- nale Aufrufe zum Schutz des Klimas und der biologischen Viel- falt verdeutlichen den enormen Handlungsbedarf und den zu- nehmenden Stellenwert dieser Problematik in der öffentlichen Diskussion. für ihre Erhaltung und ihren Schutz. Die Umsetzung der 2008 im bayerischen Ministerrat beschlossenen „Strategie zur Erhaltung Die Notwendigkeit zum Schutz von Natur und Artenvielfalt fin- der biologischen Vielfalt in Bayern“ wird von der Regierung der det zunehmend Berücksichtigung in wirtschaftlichen Erwägun- Oberpfalz als höhere Naturschutzbehörde intensiv verfolgt. In gen: Im gesellschaftlichen Trend liegen Zahlenspiele, um die den 60 Naturschutzgebieten der Oberpfalz genießt die Erhal- „Dienstleistungen der Natur“ ökonomisch zu beziffern. Saubere tung der Artenvielfalt oberste Priorität. Darüber hinaus wird mit Luft und Trinkwasser, Ertragsgüte von Böden, der Nutzen von allen zur Verfügung stehenden Fördermitteln wie dem Vertrags- Arzneipflanzen oder der Erholungswert von Landschaften sind naturschutzprogramm oder nach der Landschaftspflege- und aktuell zu Gegenständen komplizierter ökonomischer Berech- Naturparkrichtlinie sowie staatlichen Naturschutzmaßnahmen nungen geworden – ohne ihren tatsächlichen Werten annähernd umfassend in unsere heimische Natur investiert. Gemeinsam gerecht werden zu können. mit Landnutzern, Fachbehörden, Verbänden und Kommunen werden beachtliche Projekte umgesetzt. Für die in der Oberpfalz verwurzelten Menschen ist die Vielfalt und Unverwechselbarkeit dieser Landschaft ein wesentlicher Diese Dokumentation zeigt beispielhafte Projekte zur Bewah- Aspekt ihrer heimatlichen Bindung. Für Erholungssuchende aus rung unserer Natur und ihrer Vielfalt. Das erklärte Ziel, den be- Nah und Fern bieten diese naturnahen Landschaften willkom- drohlichen Rückgang von Arten und Lebensräumen in naher mene Abwechslung vom Alltagsstress. Der Mensch, der sich in Zukunft zu stoppen, kann aber nur durch den Einsatz aller gelin- immer mehr Lebensbereichen einer zunehmend schnelllebigen, gen. Bitte helfen Sie uns dabei! überwiegend technisch geprägten Welt anpassen muss, sucht und findet verstärkt seelischen und körperlichen Ausgleich in Regensburg, November 2010 einer von ihm als naturnah empfundenen Umgebung. Aus Sicht dieser Menschen lässt sich die Frage nach einem ökonomischen Wert unserer Naturvielfalt nur mit dem Wort „unbezahlbar“ beantworten. Die vorliegende Broschüre gibt Einblicke in die artenreichen Brigitta Brunner Naturlandschaften der Oberpfalz und den langjährigen Einsatz Regierungspräsidentin 2|3
Biodiversität – Vielfalt des Lebens Biodiversität – oder biologische Vielfalt – ist der Pflanzen- und Tierarten gefährdet sind und Reichtum an Arten und Ökosystemen, aber mindestens 1 700 der in der Oberpfalz vorkom- auch die genetische Vielfalt innerhalb einer menden Arten auf der Roten Liste stehen. Es Art. Weltweit existieren schätzungsweise ist paradox: einerseits sind viele Lebensräume zehn Millionen Arten an Tieren, Pflanzen, Pil- erst durch den Menschen entstanden, z. B. zen und Mikroorganismen. Biologische Viel- Wacholderheiden durch die Wanderschäferei, falt gibt es nicht nur in tropischen Urwäldern andererseits ist „Homo sapiens“ der größte oder Korallenriffen, auch Mitteleuropa ist Natur- und Umweltzerstörer. Vor allem der reich an Arten und Lebensräumen. In Bayern Landschaftsverbrauch, die Versiegelung von kommen mindestens 65 000 Pflanzen-, Tier-, Flächen und die intensive Landnutzung sind Pilz- und Flechtenarten vor, in der Oberpfalz dafür verantwortlich. Auf den ersten Blick sind es mehr als 30 000. leben wir mitten im Grünen, der zweite Blick verrät aber: die Artenzahl hat deutlich abge- Dabei hat jede Art ganz spezifische An- nommen – kamen früher auf einer normalen sprüche an ihren Lebensraum und besetzt Wirtschaftswiese über 50 Pflanzenarten vor, „ihre“ ökologische Nische. Die Artenvielfalt sind es heute kaum mehr als zehn. steht deshalb in engem Zusammenhang mit dem Reichtum an Lebensräumen. Die Vielfalt Auf der UN-Umweltkonferenz in Rio wurde an naturnahen Lebensräumen in der Ober- 1992 der Schutz der Biodiversität zu einem der pfalz reicht von ausgedehnten Wäldern, Block- wichtigsten Ziele erklärt. Zusammen mit 190 schutthalden, Mooren und Bergwiesen in den anderen Staaten hat Deutschland dieses Ab- Grundgebirgen über Stillgewässer und Ver- kommen ratifiziert. Auch Bayern hat im April moorungen in den Niederungen von Donau, 2008 eine Biodiversitätsstrategie verabschie- Naab und Regen bis zu den Trocken- und det, deren wesentliches Ziel die Verbesserung Halbtrockenrasen sowie Felsbereichen der der Gefährdungssituation für mehr als die Frankenalb. Hälfte der Rote-Liste-Arten bis zum Jahr 2020 ist. Auf der 10. UN-Konferenz in Nagoya wur- Doch die Vielfalt ist bedroht: Die naturnahen, den im November 2010 weitere ambitionierte besonders artenreichen Lebensräume gibt es Strategien inklusive verbindlicher Finanzie- nur noch auf gut 3 % der Fläche der Oberpfalz. rungsziele zum Schutz der biologischen Viel- Vierfleck-Libelle Kein Wunder, dass fast 50 % der bayerischen falt beschlossen. Flechtenstein Knabenkraut
Gute Argumente für die Vielfalt Biologische Vielfalt ist für das Überleben der Die Natur ist ihr Geld wert: So leben viele Menschen auf unserem Planeten unverzicht- Regionen der Oberpfalz vom Tourismus, der bar: Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganis- ohne eine vielfältige Landschaft nicht denk- men sind die Bausteine der Ökosysteme – sie bar wäre. Etwa 1,8 Milliarden € geben die Tou- geben uns die Luft zum Atmen, reinigen Was- risten pro Jahr im Regierungsbezirk aus. Der ser und Luft, sorgen für fruchtbare Böden und jährliche Nutzen der gesamten Ökosysteme ein angenehmes Klima. der Welt beträgt nach vorsichtigen Schätzun- gen sogar zwischen 10 und 50 Billionen Euro. Biologische Vielfalt rettet Menschenleben: Zahlreiche Arten sind die Grundlage von Biologische Vielfalt ist aber auch schön. Ob der Arzneimitteln; so basiert etwa die Hälfte beeindruckende Regensburger Dom oder die der in Deutschland eingesetzten Medika- monumentale Walhalla in Donaustauf – die mente auf den Inhaltsstoffen verschiedener Erhaltung von Kulturgütern wird aus gutem Heilpflanzen. Grund nicht ernsthaft in Frage gestellt. Ähnlich ist es mit den Naturgütern: der majestätische Biologische Vielfalt schmeckt: Etwa 3 000 Flug des Fischadlers, ein Frühlingsmorgen in Pflanzenarten stehen auf dem Speiseplan der der Regenaue, geheimnisumwitterte, in Jahr- Menschen. Das ist nicht nur abwechslungs- tausenden entstandene Moore als Zeitzeugen reich, sondern verhindert auch Hunger auf unserer Landschaftsgeschichte und selbst die der Welt: fällt eine Sorte beispielsweise durch allgegenwärtigen Pusteblumen sind unver- Krankheitsbefall aus, kann sie durch eine an- gleichliche Naturschönheiten; sie zu verlieren dere ersetzt werden. wäre ein unwiederbringlicher Verlust. Die Natur ist Vorbild in der Technik: Vom Die Beispiele machen es deutlich: allein aus Spinnennetz, das Vorlage für das Münchner Vorsorge und der Verantwortung für unsere Olympiazeltdach war, über die Bienenwaben, Kinder und Kindeskinder müssen wir die bio- deren sechseckige Zellenstruktur Grundlage logische Vielfalt erhalten und schützen. Nicht für die Entwicklung hochwertiger Verbund- zuletzt ist die Natur mit all ihrer Vielfalt auch werkstoffe war, bis zum Vogelflügel, ohne den um ihrer selbst Willen schützenswert. es wohl nie Flugzeuge gegeben hätte. Heilpflanze Arnika Vorbild für Verbundwerkstoffe Pusteblume
Wanderer im Waldnaabtal bei Sauerbrunnen Weitere Informationen: www.natur.bayern.de www.arche.bayern.de www.biologischevielfalt.de 6|7
Vielfalt der Oberpfalz Die Landschaftsräume der Oberpfalz sind viel- des Oberpfälzer Juras im Südwesten oder die fältig und attraktiv. Das wissen nicht nur die Senkenlandschaften in den großen Niede- Oberpfälzer selbst, das bestätigen auch mehr rungen von Naab und Regen. Manche von als 1,6 Millionen Feriengäste und Touristen so- ihnen wie die Frankenalb, die Hügelländer wie über 37 Millionen Tagesreisende, die den und die Gipfelregionen zeichnen sich durch Bezirk alljährlich besuchen. einen hohen Anteil an wertvollen naturnahen Gebieten aus und sind besonders artenreich. Verantwortlich für die Schönheit und den Ar- Sie sind die „Hot Spots“ der Biodiversität. tenreichtum der oberpfälzer Landschaft sind Andere (Teil-)Räume fungieren als wichti- im Wesentlichen die abwechslungsreiche Geo- ge Biotopverbundachsen – sie ermöglichen logie in Verbindung mit weiteren abiotischen einen Austausch zwischen den Pflanzen- und Faktoren wie Klima, Relief, Wasserhaushalt Tierpopulationen und verbinden die Schwer- und Boden. Hinzu kommt die besondere geo- punkte der biologischen Vielfalt. Dazu gehö- graphische Lage der Region im Herzen Mit- ren zum Beispiel das Donau-, Naab- und Re- teleuropas. Einen besonderen Einfluss haben gental oder der Trauf des Oberpfälzer Juras. die biotischen Faktoren wie Flora und Fauna. Die bedeutendsten Natur- bzw. Landschafts- Ein weiterer Grund ist die traditionelle Nut- räume und ihre Besonderheiten werden auf zung der Landschaft: Die seit Generationen den folgenden Seiten näher vorgestellt. extensive Nutzung der landwirtschaftlich un- günstigeren Lagen des Oberpfälzer Juras und der Hügelländer bewirkte eine kleinteilige und damit abwechslungs- und strukturreiche Landschaft. Schließlich prägen und charakte- risieren vor allem ausgedehnte Waldgebiete das Landschaftsbild des Regierungsbezirks. Die Oberpfalz ist im Wesentlichen durch sie- ben sehr unterschiedliche Landschaftsräume gekennzeichnet. Dazu gehören zum Beispiel die aus Urgesteinen aufgebauten, bewal- Naabtal bei Etterzhausen deten Höhenzüge des Fichtelgebirges, des Hirschkäfer Oberpfälzer und Bayerischen Waldes im Nord- Magerrasen-Perlmuttfalter osten bzw. Osten, die Felsen und Magerrasen
Von urigen Wäldern, Karpfen, Glasschleifen und Wanderschäfern Charakteristisch für die Oberpfalz sind die aus- Ein ganz anderes Bild vermitteln die Franken- gedehnten Waldungen in den aus Graniten, alb bzw. der Oberpfälzer Jura im Westen: Hier Gneisen und Glimmerschiefer aufgebauten fällt nur halb so viel Regen und Schnee wie in Grundgebirgen (Fichtelgebirge, Oberpfälzer der Mittelgebirgsregion. Entsprechend prä- und Bayerischer Wald) im klimatisch rauen gen an die Trockenheit angepasste Lebens- Osten des Regierungsbezirks. Scheue Arten räume das Landschaftsbild. Entlang des mit großräumigen Lebensansprüchen wie Traufbereichs und an den steilen Talhängen Schwarzstorch und Luchs finden hier ideale der Albtäler sind durch die traditionell betrie- Bedingungen. Naturnahe Bergwälder, Hoch- bene Wanderschäferei blütenreiche Mager- moore wie am Kleinen Arbersee, blütenreiche und Trockenstandorte mit herausragenden Bergwiesen und Borstgrasrasen oder die Gip- Wacholderheiden entstanden. Einzigartig ist felregionen mit Blockmeeren und Felsfluren die sogenannte „Regensburger Juraflora“ an verleihen der Landschaft ihr unverwechsel den Albhängen bei Regensburg, wo Naab, bares Gesicht. Schwarze Laber und Donau zusammen treffen. Ein dichtes Netz von Fließgewässern durch- zieht die Landschaftsräume. Darunter sind Trocken ist auch die Gegend um Neumarkt. zahlreiche Perlbäche, in denen die Flussperl- Die hier teilweise anzutreffenden sandigen muschel früher so zahlreich vorkam, dass Binnendünen sind eiszeitlichen Ursprungs. Zu sich die Perlenfischerei lohnte. Heute gibt es den besonderen Artvorkommen in den lich- nur noch einzelne Bäche mit meist kleinen ten flechtenreichen Kiefernwäldern, auf Sand- Muschelvorkommen. magerrasen und teils offenen Sandstandorten zählen Ziegenmelker sowie Blauflügelige Eine geologische Besonderheit ist der soge- Sand- und Ödlandschrecke. nannte „Pfahl“, eine mächtige Quarzader, die sich von Nabburg bis in das österreichische Neben dem Wald verbindet man die Oberpfalz Mühlviertel erstreckt. Aus dem harten Gestein mit der Karpfenzucht. Die Teichwirtschaft ist durch Erosionsvorgänge ein bis zu 40 Me- besitzt in den Beckenlandschaften des Bruch- ter aus der Umgebung aufragender Felszug schollenlandes, das zwischen Oberpfälzer mit Heideflächen und lichten Wäldern übrig Jura und den Mittelgebirgen liegt, eine Jahr- Blick vom Osser geblieben. hunderte alte Tradition. Maßgeblich wurde sie Wacholderheide im Oberpfälzer Jura vom Zisterzienserstift Waldsassen beeinflusst, Tirschenreuther Teichpfanne
das bereits im 12. Jahrhundert zahlreiche Die Naab mit ihren drei Hauptzuflüssen ver- Karpfenteiche zur Versorgung während der bindet die unterschiedlichen Naturräume Fastenzeit anlegen ließ. Die Tirschenreuther zwischen Fichtelgebirge, Oberpfälzer Wald, Teichpfanne wird deshalb auch als „Land der Jura und Donautal. Breite Flussauen mit 1 000 Teiche“ bezeichnet. Weitere großflächi- mäandrierenden Gewässern und Feucht ge Teichgebiete liegen bei Schwandorf und gebieten wechseln sich mit eindrucksvollen Bodenwöhr. Inzwischen sind an vielen der Durchbruchstälern in den Granitbergen ab. aufgelassenen Teiche ausgedehnte Verlan- dungsmoore und Bruchwälder entstanden, Der Regen bildet die wesentliche Ost-West- die heute ein Paradies für seltene Vögel, Am- Verbindung zwischen Bayerischem Wald phibien, Wasserinsekten und -pflanzen sind. und Jura. Den Flusslauf in der ausgedehn- ten Senkenlandschaft begleiten zahlreiche Auffällig ist die geologische Vielfalt und der Feuchtgebiete und Auenlebensräume wie Reichtum an Bodenschätzen im Bruchschol- Altwasser, Feucht- und Nasswiesen. Zusam- lenland. Im 14. bis 16. Jahrhundert wurden men mit größeren Teichgebieten sind sie deshalb an den Fließgewässern zahlreiche wertvolle Wiesenbrüterlebensräume sowie Weiher zum Betrieb von Mühlen, Sägen, als Rast- und Überwinterungsgebiete von in- Glasschleifen und Hammerwerken errichtet, ternationaler Bedeutung für eine Vielzahl von beispielsweise an Pfreimd und Fichtelnaab. Vogelarten. Auch diese Teiche sind zum Teil nicht mehr oder nur noch extensiv genutzt und haben Eine Verbundachse von europäischer Bedeu- sich zu wertvollen Lebensräumen entwickelt. tung ist das Donautal, das in seinem gesamten Verlauf bis zum Schwarzen Meer zehn Staaten Im wahrsten Sinne „herausragend“ sind die verbindet und über das pannonische Floren- Basaltberge zwischen Weiden und Kemnath, elemente bis in unsere Gegend vordringen die eine einzigartige Flora und alte totholz- konnten. reiche Laubwälder beherbergen, wie z. B. im Naturschutzgebiet „Großer Teichelberg“. Schließlich sind auch in den landwirtschaft- lich intensiv genutzten Landschaftsräumen – Zentrale Wanderachsen, die einen Austausch dem Dungau und dem Donau-Isar-Hügelland der Pflanzen und Tierpopulationen ermög – noch Reste wertvoller Biotope wie Auen NSG „Großer Teichelberg“ lichen, sind vor allem die großen Flusstäler. wälder oder Niedermoore zu finden. Donau bei Pfatter Cham-Further Senke 10 | 11
Im Dienste von Mensch und Natur Naturschutz und damit auch der Schutz der von Pflege- und Entwicklungsplänen und Biodiversität haben in Bayern Tradition: 1973 das Management der Natura 2000-Gebiete. wurde erstmalig das Bayerische Naturschutz- Darüber hinaus ist sie für die Erstellung gesetz erlassen, 1984 wurde der Umweltschutz naturschutzfachlicher Gutachten bei über- als Staatsziel in die bayerische Verfassung auf- örtlichen Planungen und Bauvorhaben zu- genommen. Damit war die Grundlage für die ständig. Auch die Ausnahmegenehmigungen Arbeit der Naturschutzbehörden geschaffen. zum Artenschutzrecht oder Befreiungen von Naturschutzgebietsverordnungen werden bei Die Regierung der Oberpfalz erfüllt als höhe- der höheren Naturschutzbehörde bearbeitet. re Naturschutzbehörde vielfältige Aufgaben im staatlichen Naturschutz auf Bezirksebene. Die unteren Naturschutzbehörden an den Sie koordiniert die Arbeiten zur Sicherung der Landratsämtern und in den kreisfreien biologischen Vielfalt, bewilligt und koordiniert Städten sind die Ansprechpartner vor Ort. die staatlichen Fördermittel, setzt Schwer Sie kümmern sich beispielsweise zusammen punkte und Prioritäten in der Naturschutz mit den Akteuren um die konkrete Umset- arbeit. Sie ist „Motor“ vieler Projekte und zung von Arten- und Naturschutzmaßnah- begleitet deren fachliche Umsetzung. men, prüfen die Maßnahmenumsetzung im Rahmen der Landschaftspflege und des Ver- Unter dem Motto kooperativer Naturschutz tragsnaturschutzprogramms, überwachen hat die höhere Naturschutzbehörde mit dem den Vollzug der Fauna-Flora-Habitat- und der Deutschen Alpenverein und der Interessenge- Vogelschutzrichtlinie der EU und erstellen meinschaft Klettern Konzepte zur Berücksich- fachliche Stellungnahmen zu Planungen und tigung des Artenschutzes bei der Ausübung Bauvorhaben. des Klettersportes erarbeitet. Im Rahmen von Runden Tischen wird z. B. gemeinsam Nicht zuletzt setzen die höhere und die unte- mit Landnutzern nach gangbaren Wegen ge- ren Naturschutzbehörden – Teams aus Biolo- sucht, Natura 2000-Gebiete zu erhalten und gen, Landschaftsökologen, Landespflegern, zu verbessern. Geografen, Juristen und Verwaltungsfach kräften – ihre Spezialkenntnisse zur Bera- Zu den Aufgaben der höheren Naturschutz- tung von Gemeinden, Vereinen und anderen Projektbesprechung vor Ort behörde gehören auch die Ausweisung Akteuren ein. Streuobstpflanzung von Naturschutzgebieten, die Erstellung Silberdistel
Feuchtwiesenmahd in der Regenaue Weitere Informationen: www.regierung.oberpfalz.bayern.de 12 | 13
Partner für die Vielfalt Die Sicherung der biologischen Vielfalt ist eine freie Städte und Gemeinden zu nennen. Sie anspruchsvolle Aufgabe. Ohne die Vielzahl sind nicht nur in Landschaftspflegeverbän- von teils ehrenamtlich im Naturschutz enga- den und Naturparkvereinen engagiert, son- gierten Personen, vor allem in den anerkann- dern häufig auch Träger und Geldgeber bei ten Naturschutzverbänden, Institutionen und Naturschutzprojekten und Flächenankäufen. Vereinen vor Ort, könnten die Naturschutzbe- hörden ihre Aufgaben nicht erfüllen. Nur was man kennt, schätzt und schützt man. Der Umweltbildung kommt deshalb eine wich- Wichtige Partner sind zum Beispiel der Lan- tige Rolle zu. In der Oberpfalz gibt es sieben desbund für Vogelschutz, der Bund Natur- anerkannte Umweltstationen und zahlreiche schutz und der Verein zum Schutz wertvoller weitere qualifizierte umweltpädagogische Landschaftsbestandteile in der Oberpfalz: bei Einrichtungen, die den Naturschutz eben- der Sammlung von Daten zur Verbreitung so unterstützen, darunter viele engagierte seltener und gefährdeter Arten, in der prak- Lehrer/-innen und Erzieher/-innen in Schulen tischen Biotop- und Landschaftspflege, beim und Kindergärten. Gebietsbetreuer kümmern Ankauf ökologisch wertvoller Flächen, bei der sich speziell um den Erhalt ökologisch sensib- Konzeption und Umsetzung von Naturschutz- ler und besonders wertvoller Gebiete. In der projekten und Artenhilfsmaßnahmen oder in Oberpfalz sind vier Gebietsbetreuer/-innen der Umweltbildung. tätig. Eine wichtige Funktion hat auch der Biberberater, der v. a. für Landwirte ein wesent- Wesentliche Unterstützer sind die Naturpark- licher Ansprechpartner und Berater ist. Durch vereine und die Landschaftspflegeverbände, intensive Öffentlichkeitsarbeit, Führungen, die in allen oberpfälzer Landkreisen sowie in Vorträge, Zeitungsartikel und Ausstellungen den Städten Regensburg, Amberg und Wei- und vor allem durch ihre persönliche Präsenz den wertvolle Arbeit in der Landschaftspflege vor Ort vermitteln Gebietsbetreuer und Bi- sowie im Arten- und Biotopschutz leisten. berberater Einheimischen und Besuchern die Wichtige Unterstützung bei gezielten Maß- Einzigartigkeit der Gebiete und Arten. Damit nahmen leisten auch die Wildland Stiftung werden Verständnis und Akzeptanz für den Bayern des Bayerischen Jagdverbandes, die Natur- und Artenschutz aber auch die eigene Bayerischen Staatsforsten, die Fachberatung Rücksichtnahme auf die Umwelt in der Bevöl- Arbeitseinsatz im NSG „Stöcklwörth“ für Fischerei, die Fischereiverbände sowie die kerung gefördert. Biotoppflege mit der Motorsense Kirchen. Nicht zuletzt sind Landkreise, kreis- Besuch beim Schäfer
LBV-Umweltstation Mensch und Natur Weitere Informationen: www.bund-naturschutz.de www.umweltbildung.bayern.de www.lbv.de www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/baynetznatur/gebietsbetreuer.htm www.wildland-stiftung.de www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/schutzgebiete/index.htm 14 | 15
Erfolgreich für die biologische Vielfalt Natur- und Artenschutz wird in Bayern nicht von 2004 bis 2010 insgesamt über 15 Millionen zuletzt auch dank der nötigen finanziellen Euro ausgezahlt. Unterstützung seit Jahrzehnten erfolgreich umgesetzt. Aber auch andere staatliche Programme und der Bayerische Naturschutzfonds – eine vom Die ersten Förderprogramme, mit denen Freistaat Bayern 1982 gegründete Stiftung – Landwirte für besonders schonende Bewirt- helfen beim Arten- und Biotopschutz. Beson- schaftungsformen entlohnt werden, wurden ders unterstützt werden Grundstücksankäufe Anfang der 1980er Jahre entwickelt. Vor al- zum Erhalt wertvoller Lebensräume oder de- lem zwei Programme sind hier wichtig: Mit ren Wiederherstellung und Optimierung. dem Vertragsnaturschutzprogramm und dem Erschwernisausgleich fördert der Freistaat Weil intakte Moore durch die Kohlenstoffbin- Bayern die naturschutzkonforme Bewirtschaf- dung im Torfkörper einen unverzichtbaren tung von Wiesen, Weiden, Streuobstbestän- Beitrag zum Klimaschutz leisten, stehen für den, Teichen und Äckern. So wird die oftmals deren Renaturierung und Wiedervernässung mühevolle Pflege zur Erhaltung der Arten Mittel aus dem Klimaprogramm 2020 der Bay- vielfalt den Landwirten und anderen Land erischen Staatsregierung zur Verfügung. In nutzern gezielt honoriert. Seit 2007 können drei oberpfälzer Landkreisen werden damit damit auch Naturschutzmaßnahmen im Wald Maßnahmen in den Mooren unterstützt. gefördert werden, zum Beispiel die Erhaltung von Alt- und Biotopbäumen, die Förderung Darüber hinaus fließen Gelder der Bundes lichter Wälder, der Erhalt von Biberlebensräu- republik Deutschland in Naturschutzgroß- men oder ein vollständiger Nutzungsverzicht. projekte, und Mittel aus dem Umweltfinan- zierungsinstrument LIFE-Natur unterstützen Nach den Landschaftspflege- und Naturpark- die Optimierung des Europäischen Schutz Richtlinien werden die spezielle Pflege und gebietsnetzes Natura 2000. Neuschaffung von Lebensräumen sowie be- sondere Artenhilfsmaßnahmen gefördert – Seit den 1980er Jahren wird außerdem ver- von der Neuanlage von Feuchtbiotopen über sucht, im Rahmen größerer Naturschutz die Entfernung von Fehlbestockungen und projekte mit einem konzentrierten Finanz- und Weißstorch die Entbuschung von Magerrasen bis zur An- Personaleinsatz den landesweiten Biotopver- Schafe als Landschaftspfleger pflanzung und Pflege von Hecken. Allein in bund aufzubauen und die Bayerische Bio- Biotopgestaltung der Oberpfalz wurden aus diesem Programm diversitätsstrategie umzusetzen.
BayernNetz Natur-Projekt „Tal der Schwarzen Laber im Landkreis Regensburg“ Weitere Informationen: www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/foerderung/index.htm 16 | 17
Netzwerk für die Natur Schutzgebiete sind ein unverzichtbarer Bau- und Fränkische Schweiz – Veldensteiner Forst. stein für den Erhalt der biologischen Vielfalt. Zusammen nehmen sie mehr als die Hälfte Hier hat die Natur Vorrang vor anderen An- der Fläche des Regierungsbezirks ein. sprüchen. Das gilt vor allem für Naturschutz- gebiete (NSG): sie haben eine besondere Landschaftsschutzgebiete (LSG) dienen in Funktion als Lebensstätte seltener oder ge- erster Linie der Sicherung des Landschaftsbil- fährdeter Pflanzen- und Tierarten oder zeich- des gewachsener Kulturlandschaften und der nen sich durch besondere Eigenart, Seltenheit Erholung. Das LSG „Donautallandschaft mit oder Schönheit aus. Hier gelten meist strenge den Winzerer Höhen“ schließt beispielsweise Auflagen, was die land- und forstwirtschaftli- den wichtigsten Naherholungsraum der Stadt che Nutzung des Gebietes sowie die Nutzung Regensburg mit ein. In der Oberpfalz gibt es zu Erholungszwecken betrifft. Deshalb ist es insgesamt 38 Gebiete dieser Schutzkategorie. wichtig, dass Schutzgebietsausweisungen im Dialog mit den Landnutzern erfolgen, wie das Das großflächige Schutzgebietsnetz wird Verfahren zur jüngsten Naturschutzgebiets- durch kleinflächige Schutzgebiete oder Ein- ausweisung „Regentalaue“ gezeigt hat. In der zelschöpfungen der Natur – Geschützte Land- Oberpfalz existieren derzeit 60 Naturschutz- schaftsbestandteile und Naturdenkmäler – gebiete. Zu den älteren Gebieten zählt die ergänzt. Beispiele dafür sind das Quellmoor „Hölle“, ein Blockmeer aus mächtigen Granit am Heiligen Brand oder die Waldnaabschleife felsen mit naturnahem Bachlauf und einem in Weiden. Linden-Blockschuttwald im Falkensteiner Vorwald. 113 Gebiete sind in der Oberpfalz schließlich als FFH- oder EU-Vogelschutzgebiete Teil des Die Oberpfalz ist reich mit naturnaher Land- europäischen Netzwerks Natura 2000. Bei- schaft ausgestattet. Acht Naturparke, in de- spiel für ein bedeutendes Vogelschutzgebiet nen naturnahe Erholung und nachhaltiger ist die „Vilsecker Mulde“, ein Feuchtgebiet mit Tourismus im Vordergrund stehen, spiegeln Teichen im Landkreis Amberg-Sulzbach. Auch die Vielfalt im Regierungsbezirk wider: die die im Regierungsbezirk liegenden Truppen- Naturparke Fichtelgebirge, Steinwald, Hirsch- übungsplätze Grafenwöhr und Hohenfels wald, Oberpfälzer Wald, Nördlicher Oberpfäl- sind ausgewiesene Natura 2000 -Gebiete. Stromtalwiesen im NSG „Stöcklwörth“ zer Wald, Oberer Bayerischer Wald, Altmühltal Blockschuttwald im NSG „Hölle“ Groppe oder Mühlkoppe
Schutzgebiete in der Oberpfalz: 113 Natura 2000-Gebiete (787 km², 8 % der Bezirksfläche) 60 Naturschutzgebiete (61 km², 0,6 % der Bezirksfläche) 38 Landschaftsschutzgebiete (4 331 km², 45 % der Bezirksfläche) Weitere Informationen: www.lfu.bayern.de/natur/daten/schutzgebietsabgrenzungen/index.htm www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/schutzgebiete/index.htm www.lfu.bayern.de/natur/daten/natura2000_gebietsrecherche/index.htm 18 | 19
BayernNetz Natur BayernNetz Natur ist der Aufbau eines lan- schutzes. Zum aktiven Klimaschutz tragen desweiten Biotopverbundsystems und die neben der Wiedervernässung von Mooren Umsetzung der bayerischen Biodiversitäts- auch der Erhalt und die Wiederherstellung strategie im Rahmen größerer Naturschutz- von naturnahen Wäldern bei. Regionalver- projekte. 1989 wurde in der Oberpfalz das marktungskonzepte sorgen dafür, dass sich erste BayernNetz Natur-Projekt begonnen, in- Naturschutz auch für Landwirte lohnt und der zwischen sind es 64, verteilt über alle Natur Bevölkerung „schmeckt“. Nicht zuletzt brin- räume und jährlich kommen neue dazu. In gen Umweltpädagogik und Öffentlichkeits ganz Bayern gibt es derzeit 370 BayernNetz arbeit den Menschen die Natur näher. Natur-Projekte. Die Federführung bei der Umsetzung von Freiwilligkeit und Kooperation sind die zwei BayernNetz Natur liegt beim Bayerischen Grundprinzipien von BayernNetz Natur. An- Staatsministerium für Umwelt und Gesund- statt auf hoheitliche Maßnahmen, zum Bei- heit. Die höhere Naturschutzbehörde der spiel die Ausweisung von Schutzgebieten, Regierung der Oberpfalz spielt auch hier setzt man in Bayern auf Freiwilligkeit. Auch eine zentrale Rolle. Sie regt Projekte an, die Erkenntnis, dass es im Naturschutz oft koordiniert sie und kümmert sich um die miteinander besser geht als gegeneinan- Finanzierung. Den größten Teil der Kosten der, kann als „bayerische Erfindung“ gelten. übernimmt der Freistaat Bayern, unterstützt BayernNetz Natur stärkt zudem die Eigen von der EU, dem Bund oder dem Bayerischen verantwortung der lokalen Akteure: Verant- Naturschutzfonds. wortlich ist nicht der Freistaat Bayern, sondern die vor Ort tätigen Projektträger. Doch ohne Verbände, Vereine, Kommunen, Behörden und andere Institutionen mit zahl- BayernNetz Natur ist ein umfassender Natur- reichen ehrenamtlichen Akteuren wäre Bay- schutz. In den Projekten werden nicht nur ernNetz Natur nicht denkbar. In ganz Bayern Lebensräume für Pflanzen und Tiere erhalten kümmern sich engagierte Menschen um und wiederhergestellt. Durch die Renaturie- „ihre“ Projekte. Sie sind Garant dafür, dass rung von Bächen und Flüssen sowie die Erhal- auch in der Oberpfalz ein erfolgreicher Natur- tung von Feuchtlebensräumen ist BayernNetz schutz möglich ist. Dieser Einsatz kann nicht Birkwild-Schutz bei Georgenberg Natur Teil des vorbeugenden Hochwasser- hoch genug gewürdigt werden. Heckrind im NSG „Grubenfelder Leonie“ „Regensburger Vorwaldwiesen“
BayernNetz Natur-Projekte in der Oberpfalz Anzahl: 64 Davon unter der Trägerschaft von: Landkreisen: 8 Gemeinden: 27 Landschaftspflegeverbänden: 18 Naturschutzverbänden: 16 Naturparkvereinen: 8 Sonstigen Vereinen: 3 Hinweis zur Kartendarstellung: Weitere Informationen: Zur besseren Übersichtlichkeit wurden www.bayernnetznatur.de sich überlagernde Projektgebiete in www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/index.htm unterschiedlichen Farben dargestellt. 20 | 21
Vorbildlich in Deutschland Die Sicherung der Vielfalt an Arten und Le- den vergangenen drei Jahrzehnten mehr als bensräumen ist eine der größten Heraus 550 Hektar Fläche angekauft und als Grund- forderungen für die Weltgemeinschaft. Auch stock für das Naturschutzgebiet Regentalaue die Bundesregierung ist dieser Meinung und gesichert werden. Die Wiederherstellung des unterstützt ausgewählte Projekte. In Natur- ehemaligen Auenreliefs, die Reduzierung der schutzgroßprojekte investiert sie mehrere Mil- Nutzungsintensität sowie die naturschutz- lionen Euro, um besonders schützenswerte fachlich optimierte Bewirtschaftung der gro- Landschaften dauerhaft zu erhalten. ßen Teichflächen konnten so schrittweise umgesetzt werden und zur Stabilisierung der Die „Regentalaue“ zwischen Cham und Pö- Artbestände beitragen. Es hat sich gelohnt: sing ist eines der zwei oberpfälzer Natur- heute ist die Regentalaue als größtes natur- schutzgroßvorhaben. Die weitgehend grün- nahes Feuchtgebiet in der Region ein wertvol- landgenutzte Auenlandschaft mit Altwassern, ler Kernlebensraum und Wiederausbreitungs- Röhrichten und extensiv genutzten Teichge- zentrum für Wiesenbrüter wie Bekassine, Rot- bieten ist Schwerpunktlebensraum für viele schenkel oder Wachtelkönig. stark gefährdete wiesenbrütende Vogelarten. Die naturnahen Fließgewässersysteme von Ebenfalls eine imposante Flusslandschaft um- Regen und Chamb sind wesentliche Elemente fasst das zweite Naturschutzgroßvorhaben in eines Biotopverbundes und Lebensraum für der Waldnaabaue. Neben der Optimierung europaweit gefährdete Fischarten. Durch den der Flussaue in ihrer Funktion als natürlicher Landkreis Cham, Naturschutzverbände und Hochwasserspeicher steht hier die großflächi- die Wasserwirtschaftsverwaltung konnten in ge Entwicklung ehemaliger Teichstandorte zu Feuchtbiotopkomplexen in der Tirschen- reuther Teichpfanne im Vordergrund. Bemer- kenswerte Vorkommen von Kreuzotter, Moor- frosch und gefährdeten Libellenarten wie der Großen Moosjungfer zeichnen das Gebiet aus. Zwerg-Igelkolben und Moorklee sind nur ein Teil der bedrohten Flora der Waldnaabaue. Auf dem Fuß- und Radweg entlang einer still- Rotschenkel gelegten Bahntrasse können die Besucher die Drachenwurz oder Sumpfcalla unvergleichliche Natur genießen, ohne Pflan- Moorklee zen- und Tierwelt zu stören.
Blick über die Regentalaue Fakten Regentalaue: Fakten Waldnaabaue: Projektträger: Landkreis Cham Projektträger: Landkreis Tirschenreuth Laufzeit: 1989–2003 Laufzeit: 1999–2011 Kerngebiet: 1 776 ha, Finanzvolumen: 9,86 Mio € Kerngebiet: 1 700 ha, Finanzvolumen: 6,8 Mio € www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/foerderung/ www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/foerderung/ grossprojekte/regentalaue.htm grossprojekte/waldnaabaue.htm 22 | 23
Tännesberg – eine Gemeinde für die Biodiversität Mitten im Oberpfälzer Wald im Landkreis hängen oder Quellfluren sowie die Förderung Neustadt an der Waldnaab liegt die in Sachen von Totholz im Wald. Mit dem Ankauf der „Biologische Vielfalt“ vorbildliche Marktge- wertvollsten Flächen soll der Grundstock für meinde Tännesberg: Biodiversität auf allen ein langfristiges Biotopverbundnetz geschaf- Ebenen hat man sich hier auf die Fahnen ge- fen werden. schrieben und 2009 sehr engagiert mit der Umsetzung begonnen. Einzigartig für Bayern Doch nicht nur die Artenvielfalt der wild ist auch die gemeinsame modellhafte Umset- lebenden Arten wird in dem Modellprojekt zung mit Naturparkverein, Naturschutzver- gefördert, auch die Haltung gefährdeter bänden, Land- und Forstwirtschaft, den Bay- Nutztierrassen und der Anbau alter Kultur- erischen Staatsforsten, Wasserwirtschaft und pflanzensorten sollen die Biodiversität in der engagierten Bürgern. Gemeinde stärken. Das „Rote Höhenvieh“ kommt dabei ebenso zum Einsatz wie fast Ein Ziel ist die nachhaltige Entwicklung des vergessene Kartoffelsorten namens „Rosa Gemeindegebietes, in dem noch zahlreiche Erstling“ und „Blue Kongo“ oder alte Getreide gefährdete Arten wie Mondraute oder arten wie Emmer, Einkorn und Dinkel. Mit Schwarzstorch vorkommen. Dazu gehört die dem Aufbau von Vermarktungsstrukturen soll Erhaltung naturnaher Lebensräume, z. B. von ein Anreiz für die Beteiligung weiterer Land- Nass- und Feuchtwiesen, kleinen Mooren und wirte geschaffen werden. Auch die Beratung Bachtälern, die Pflege von mageren Säumen, der Tännesberger Landwirte in punkto Natur- Hecken- und Streuobstbeständen an den Tal- und Artenschutz zeigt deutliche Erfolge: Auf fast fünf Prozent der Offenlandflächen wird eine extensive Bewirtschaftung durch das Vertragsnaturschutzprogramm gefördert – das ist regionale Spitze. Biodiversität geht alle an – dies zu vermit- teln ist ein besonderes Anliegen des Projekts. Ein geologischer Lehrpfad, der Bau eines In- sektenhotels mit Schülern der Grundschule Rotes Höhenvieh Tännesberg oder die Anlage eines Obstlehr- fast vergessene Kartoffelsorten pfades sind nur ein kleiner Teil der geplanten Bau eines Insektenhotels bzw. bereits umgesetzten Ideen.
Blick vom Schlossberg über Tännesberg Weitere Informationen: www.taennesberg.de www.bayernnetznatur.de www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/index.htm 24 | 25
Juradistl – so vielfältig schmeckt die Oberpfalz Einen ganz neuen kooperativen Weg haben wirte und Schäfer, aber auch Metzger, Gastro- 33 Städte und Gemeinden in den Landkreisen nomie, Bildungsträger und Kommunen. Neumarkt, Schwandorf, Amberg-Sulzbach und Regensburg beschritten: Gemeinsam Konzeptionell musste für das 80 000 Hektar haben sie 2002 das „Netzwerkprojekt Ober- große Projektgebiet zuerst die Beweidung mit pfälzer Jura, Mensch-Umwelt-Kultur“, kurz verschiedenen Wanderschäfern aus der Regi- nepo-muk begonnen. Die Trägerschaft ha- on entwickelt werden. Notwendige Verbund- ben die Landschaftspflegeverbände der vier flächen konnten mit Hilfe des Bayerischen Na- Landkreise gemeinsam mit dem Deutschen turschutzfonds erworben werden. Entschei- Verband für Landschaftspflege übernommen. dend war, sich von Anfang an um eine Ver- Im Folgeprojekt „Juradistl“ stehen neben dem marktungsstrategie zu kümmern. So entstand weiteren Ausbau des Biotopverbundes der das Markenzeichen „Juradistl“ für die projekt- Erhalt und die Förderung der biologischen bezogenen Naturschutzprodukte. Die Lamm- Vielfalt im Vordergrund. spezialitäten sind bereits ein voller Erfolg. Weitere geplante Produkte sind der „Juradistl- Die Idee war, eine standortgerechte und nach- Streuobst-Apfelsaft“ und das „Juradistl-Rind“ haltige Bewirtschaftungsform für die kargen aus der Beweidung in Mutterkuhhaltung. Wacholderheiden des Oberpfälzer Juras zu etablieren, um langfristig den Biotopverbund Einheimischen wie auch Besuchern den Facet- über die Landkreisgrenzen hinaus zu sichern. tenreichtum unserer Natur näher zu bringen Mit im Boot sind die wichtigsten Akteure: Land- ist ein wichtiger Beitrag zur Umsetzung der bayerischen Biodiversitätsstrategie. Deshalb wurden zahlreiche Rad- und Wanderrouten entwickelt: 150 Kilometer Juradistl-Radtou- ren führen entlang von Naab, Vils, Lauterach, Schwarzer Laber und Forellenbach durch den Oberpfälzer Jura. Erlebnisstationen entlang der Strecke laden zu neuen Erfahrungen zum Thema Natur, Kultur und Landschaftspflege ein. Für Familien, Schulklassen oder Kinder- Wacholderheide bei Stettkirchen gärten werden attraktive Naturerlebnistouren Heide-Grashüpfer angeboten, z. B. unter dem Titel „Dem Schäfer Regionalvermarktung Juradistl auf der Spur“.
Schafe auf der Weide Weitere Informationen: www.juradistl.de www.bayernnetznatur.de www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/index.htm 26 | 27
Bausteine im europäischen Schutzgebietsnetz Unter dem Stichwort „Natura 2000“ wird der- Heide-Gebiet im südlichen Mitteleuropa zeit in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten ein öko- beherbergt der Truppenübungsplatz Grafen- logisches Netzwerk aus sogenannten Fauna- wöhr zahlreiche in Bayern vom Aussterben Flora-Habitat-Gebieten (FFH-Gebieten) und bedrohte Arten, darunter die Heidelerche. EU-Vogelschutzgebieten aufgebaut. Inzwi- Im wahrsten Sinne „herausragend“ sind die schen umfasst Natura 2000 über 20 000 FFH- Felsfluren aus saurem Silikatgestein in den Gebiete mit einem Flächenanteil von mehr Kammlagen des Künischen Gebirges. als 13 % der gesamten Landfläche der Euro- päischen Union. Es gilt damit als das größte Für die besonderen Lebensräume und Arten Naturschutzprojekt weltweit. in den Natura 2000-Gebieten entscheidend ist die Umsetzung von Schutz- und Entwick- In der Oberpfalz tragen 113 Gebiete zum lungsmaßnahmen. Ein besonders gelungenes Natura 2000-Netzwerk bei. Zu den größten Beispiel dafür ist das FFH-Gebiet „Grenzbach FFH-Gebieten gehören die beiden Truppen- und Heinbach im Steinwald“ (vgl. Karte), das übungsplätze, auf denen durch extensive wegen seiner bayernweit bedeutsamen Fluss- Beweidung und die militärische Nutzung perlmuschelbestände in das Netzwerk Natu- eine besonders hohe Biodiversität entstan- ra 2000 aufgenommen wurde. Oberhalb der den ist. Der Truppenübungsplatz Hohenfels Muschelvorkommen lag die Forellenteichan- ist als unzerschnittener Lebensraumkomplex lage „Grenzmühle“, deren Schweb- und Nähr- mit Kalkmagerrasen und Buchenwäldern von stofffrachten die Flussperlmuschel beeinträch- bundesweiter Bedeutung. Als größtes Moor- tigten. Mit Unterstützung des Bayerischen Naturschutzfonds konnte der Teichkomplex 2008 vom Verein zum Schutz wertvoller Land- schaftsbestandteile in der Oberpfalz e. V. er- worben werden. Danach wurde die gesamte Teichanlage umfassend umgestaltet und ex- tensiviert: Die Teiche stehen jetzt Fröschen und Kröten als Laichgewässer zur Verfügung. Sedimentfänge werden künftig die Einträge aus umliegenden landwirtschaftlichen Nutz- Seeadler am TrÜbPl Grafenwöhr flächen reinigen und dazu beitragen, dass die Flussperlmuscheln am Bachgrund Flussperlmuscheln im Grenzbach wieder auf- Silberreiher an der Donau bei Pfatter atmen können.
Umgestaltung der Forellenteichanlage Grenzmühle Fakten: Weitere Informationen: Natura-2000-Gebiete in der Oberpfalz: www.stmug.bayern.de/umwelt/naturschutz/natura2000/index.htm 14 EU-Vogelschutzgebiete, Flächengröße: 537 km² www.lfu.bayern.de/natur/daten/natura2000_gebietsrecherche/index.htm 99 FFH-Gebiete, Flächengröße: 717 km² Natura 2000-Fläche gesamt: 787 km², Anteil an Bezirksfläche: 8 % 28 | 29
Ein oberpfälzer Moor mit Geschichte und Zukunft Im Frühsommer wiegen sich die weißen durchführen. 1999 wurde mit Beginn des LIFE- Schöpfe des Wollgrases im Wind, dazwischen Projekts der größte Teil des Moores angekauft liegen in nassen Mulden rote Flecken mit dem und eine großflächige Renaturierung bzw. fleischfressenden Sonnentau. Seltene Libel- Wiedervernässung in Angriff genommen. len, laut zirpende Heuschrecken und bunte Wichtig für den dauerhaften Erhalt der typi- Schmetterlinge bevölkern die Moorwiesen schen Lebensgemeinschaften war, dass an- und Gräben. Prackendorfer und Kulzer Moos grenzend zu den landwirtschaftlichen Nutz- im Landkreis Schwandorf sind wirklich beson- flächen Pufferstreifen erworben werden konn- dere Kleinode unter den oberpfälzer Mooren. ten, um den Nährstoffeintrag zu vermindern. Durch den 200 Jahre lang betriebenen Torf Die Direktion für ländliche Entwicklung un- abbau waren sie jedoch stark gestört und die terstützte bei Grunderwerb und Flächenzu Arten- und Lebensraumvielfalt bedroht. Ob- sammenlegung; die örtlichen Landwirte führ- wohl die Torfgewinnung in den 1960er Jahren ten Anstaumaßnahmen, Streuwiesenmahd eingestellt wurde, blieben die Beeinträchti- oder Entbuschungen durch. Die Hälfte der gungen durch Entwässerung und Nährstoff Kosten übernahm die Europäische Union, die einträge bestehen. andere Hälfte brachten der Bayerische Natur- schutzfonds und der Verein auf. Das sollte sich ändern: 1987 wurde das Moor als Naturschutzgebiet ausgewiesen, der Verein Seit dem Abschluss der Arbeiten hat sich vie- zum Schutz wertvoller Landschaftsbestand- les verändert: Trocken gefallene Moorberei- teile in der Oberpfalz e. V. konnte einen Teil che sind heute so nass, dass sie nicht mehr be- der Flächen erwerben und Pflegemaßnahmen treten werden können. Die artenreiche Flora und Fauna hat sich wieder stabilisiert und neue seltene Arten sind dazugekommen. Auf dem Moor-Lehrpfad können Besucher die Schönheiten des Moores bestaunen, ohne Störungen zu verursachen. Ein weiteres oberpfälzer LIFE-Projekt wurde zum Schutz und zur Bestandsförderung der Rundblättriger Sonnentau Großen Rohrdommel in fischereiwirtschaft- Anstauarbeiten am Natterweiher lich genutzten Teichgebieten im Landkreis Violetter Feuerfalter Schwandorf umgesetzt.
Bulte und Schlenken im Prackendorfer Moos Fakten LIFE-Projekt Prackendorfer und Kulzer Moor: Fakten LIFE-Projekt Große Rohrdommel: Projektträger: Verein zum Schutz wertvoller Landschaftsbestandteile Projektträger: Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. in der Oberpfalz e. V. Laufzeit: 1997 – 2001 Laufzeit: 1999 – 2002 Projektgebiet: 936 Hektar Projektgebiet 148 Hektar Kosten: 269 031 Euro Kosten: 500 000 Euro 30 | 31
Ein Haus mit Orgel für die Große Hufeisennase Für Deutschland einzigartig ist die Wochen- Wichtig für den Erhalt der Großen Hufeisen- stube mit einer Population der in Bayern und nase ist aber auch ein optimales Jagdgebiet im Deutschland vom Aussterben bedrohten Umfeld des Quartiers. Mit großflächigen Ma- Fledermausart Große Hufeisennase im Markt gerrasen und insektenreichem Extensivgrün- Hohenburg im Landkreis Amberg-Sulzbach. land auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels Die Verantwortung für die Erhaltung der und in den naturschutzfachlich bedeutsamen Großen Hufeisennase liegt also ausschließlich Tälern von Lauterach, Vils und Naab existieren in oberpfälzer Hand. gute Nahrungshabitate. Das Problem im oberpfälzischen Fledermaus- Obwohl die Population der Hufeisennase seit haus war nur, dass das Gebäude extrem ein- einigen Jahren zunimmt, befindet sie sich auf sturzgefährdet war und eine Umsiedelung Grund der isolierten Lage immer noch nahe der quartiertreuen Tiere kaum möglich ist. der kritischen Größe. Deshalb ist die Durch- Mit finanzieller Unterstützung durch den führung von weiteren populationsstützenden Bayerischen Naturschutzfonds sowie durch Maßnahmen zwingend erforderlich. Neben Naturschutzverbände erwarb die Kommu- der konsequenten Weiterführung des Winter- ne den Fachwerksgebäudekomplex. Für die quartierschutzes sowie der Verbesserung von Sanierung und Optimierung als Fledermaus- Lebensräumen durch entsprechende Pflege- quartier wurden Mittel aus dem Konjunktur- maßnahmen müsste v. a. die unzulängliche paket II in Höhe von rund 1 Million Euro zur Vernetzung entlang der großen Flusstäler Verfügung gestellt. Künftig soll das Gebäude optimiert werden. auch als Informationsstelle genutzt werden. Während der Bauarbeiten konnten mittels Videoüberwachung mögliche Störfaktoren ermittelt und vermieden werden. Weiterhin konnten dadurch Erkenntnisse für weitere Schutzmaßnahmen gewonnen werden. Vom Dachstuhl bis zu den Kellerräumen wurde die in dem Gebäude bestehende „Temperatur orgel“ optimiert. Dadurch stehen den wärme- Jagdgebiete Magerrasen TrÜbPl liebenden Tieren Hangplätze mit den unter- Hohenfels und Lauterachtal schiedlichsten Temperaturen zur Auswahl. Sanierung des Fledermaushauses
Schlafende Große Hufeisennasen 32 | 33
Spezialeinsatz für gefährdete Arten Artenhilfsprogramme sind spezielle Konzepte Für jedes Artenhilfsprogramm wird auf der für einzelne, besonders schutz- und pflegebe- Grundlage der noch vorhandenen Bestände dürftige Arten. In der Oberpfalz gibt es sie für ein detailliertes Maßnahmenkonzept zum 25 Pflanzen- und 23 Tierarten. Sie werden auf Schutz der jeweiligen Art erstellt. Begleitend den folgenden Seiten anhand von Beispielen zur Maßnahmenumsetzung müssen die Be- vorgestellt. stände schließlich regelmäßig überwacht wer- den. Nur so sind die Erfolge auch von Dauer. Bläuliche Sommerwurz – seltsamer Parasit Die Bläuliche Sommerwurz ist eine parasitisch mit spinnennetzartiger wolliger Behaarung. lebende Pflanze, d. h. sie erhält ihre Nährstof- Ihre deutschlandweit letzten Vorkommen be- fe von ihren Wirtspflanzen, den Beifußge- schränken sich auf Magerrasen im Jura. Bei wächsen. Die seltsam aussehenden bleichen der Pflege der Magerrasen wird deshalb auch Pflanzen besitzen violett-blaue Blütenstände auf den Erhalt der Wirtspflanzen geachtet. Buntes Vergissmeinnicht – Wechselspiel der Farben Das Bunte Vergissmeinnicht hat seinen Namen und Verfilzung seiner Wuchsorte kommt es von den unterschiedlich gefärbten Blüten an nur noch sehr selten auf Sandrasen, an Weg- einer Pflanze. Es bevorzugt offene, mäßig tro- und an Ackerrändern im Landkreis Tirschen- ckene, basenarme, mäßig saure, lockere Sand- reuth vor. und Steingrusböden. Wegen der Verbuschung Acker-Löwenmaul – macht es sich noch rechtzeitig vom Acker? Durch die Intensivierung der Ackernutzung sterberisiko besteht. Eine Chance für die zier- oder das Brachfallen extensiv genutzter Fel- liche Pflanze mit ihren purpurrosa Blüten wird der ist das Ackerwildkraut dramatisch zurück- in der Neuansiedlung entlang von Bahnglei- gegangen, so dass in der Oberpfalz regional sen gesehen. eine starke Gefährdung bzw. ein akutes Aus-
Die Umsetzung der Artenhilfsprogramme be- den, die Hilfsprogramme vieler Pflanzen- und nötigt einen langen Atem. Zwar konnten in- Tierarten stehen jedoch erst am Anfang. Es zwischen viele Arten dauerhaft gerettet wer- gibt also noch viel zu tun. Holunder-Knabenkraut – Farbwechsel inbegriffen Ursprünglich war die nach Holunder duftende, den letzten oberpfälzer Beständen. Durch ge- rot oder gelb blühende Orchidee auf mageren zielte Pflegemaßnahmen an den Wuchsorten Bergwiesen Deutschlands nicht selten. Die und den Abschluss von Bewirtschaftungsver- Aufgabe der extensiven Nutzung hat zu einem trägen wird versucht, das Holunder-Knaben gravierenden Bestandseinbruch geführt. Die kraut zu erhalten und die Bestände nach Vorkommen in den Landkreisen Neustadt an Möglichkeit wieder auszudehnen. der Waldnaab und Schwandorf gehören zu Dolden-Winterlieb – Seltenheit von außergewöhnlicher Eleganz Das immergrüne Heidekrautgewächs besie- droht. Im Rahmen eines Artenhilfsprogramms delt flechtenreiche Kiefernwälder auf nähr- werden deshalb lichte Kiefernbereiche geför- stoffarmen und mäßig basenreichen Sand- dert und die Mullschicht durch Streurechen böden. Durch Einbringen von Laubhölzern, reduziert, um eine Wiederausbreitung des Nährstoffanreicherung über die Luft und letzten oberpfälzer Vorkommens bei Regens- dadurch verstärkten Wuchs konkurrierender burg zu ermöglichen. Arten ist es in Bayern akut vom Aussterben be- Zwergflachs – kleiner Lein im Feuchten Als Schlammboden-Pionier besiedelt der Auffüllen der Äcker sind seine Bestände stark Zwergflachs feuchte, zeitweilig überflutete rückläufig. Damit er nicht aussterben muss, Ackermulden oder die Ufer periodisch trocken werden für ihn wieder neue Kleingewässer fallender Gewässer. Durch Eutrophierung und geschaffen. 34 | 35
Oberpfälzer Spezialisten Regensburger Mehlbeere – weltweit einmalig Einige Pflanzen- und Tierarten sind in ihrer und Hoppes Mehlbeere – ausschließlich an Verbreitung eng und ausschließlich auf be- den trocken-warmen Jurahängen um Regens- stimmte Regionen begrenzt. Für die Erhal- burg wächst. Gefährdet sind die lichthungri- tung solcher „Endemiten“ in unserer Region gen Gehölze vor allem durch Beschattung. besteht daher eine besondere Verantwortung Deswegen kann den besonderen Mehlbeeren – gehen sie hier verloren, sind sie weltweit am besten geholfen werden, wenn ihnen die ausgestorben. In der Oberpfalz zählt dazu die konkurrierende Nachbarschaft durch Freistel- Regensburger Mehlbeere, eine Baumart, die – lungsmaßnahmen und Waldauflichtungen wie zwei weitere Endemiten, Mergenthalers vom Leib gehalten wird. Herzlöffel – deutschlandweit ein Unikat Nur noch im Charlottenhofer Weihergebiet im die Teiche angepachtet und die traditionel- Landkreis Schwandorf wächst das 10 bis 30 cm le extensive Bewirtschaftung der Teiche und große Froschlöffelgewächs, das in Süd- und deren Umfeld wieder aufgenommen, denn zu Südostasien seine Hauptverbreitung besitzt viele Nährstoffe, große Wasserstandsschwan- und deutschlandweit fast ausgerottet wurde. kungen und Verfüllungen kann die zarte Um die letzten Vorkommen des europaweit Pflanze nicht ertragen. gefährdeten Herzlöffels zu sichern, wurden Serpentin-Streifenfarn – eigenwilliger Felsbewohner Der zierliche 10 bis 45 cm hohe Farn wächst die Art stark gefährdet. Aber auch die Eutro- ausschließlich auf Felsen und Geröll des selte- phierung und Verbuschung der Felsbereiche nen Serpentingesteins. Dieses olivgrün gebän- und der Gesteinsabbau haben dazu geführt, derte, massige bis schieferige Silikatgestein, dass die wenigen Vorkommen im ostbayeri- das aus Serpentin-Mineralien aufgebaut ist, schen Grenzgebirge nur noch mit speziellen ist weltweit sehr selten. Schon deswegen ist Hilfsmaßnahmen erhalten werden können.
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