INFO DIENST - Biologische Station Osterholz

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INFO DIENST - Biologische Station Osterholz
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INFO DIENST                                                        Biologische Station Osterholz e.V.

27711 Osterholz-Scharmbeck  Lindenstraße 40  Tel. 04791 / 9656990  Fax 89325
                           www.biologische-station-osterholz.de

Liebe Mitglieder und Freunde der BioS,
Besonders jetzt im Frühjahr, wenn die Natur erwacht, wird der
Artenschwund auch bei uns im Landkreis sichtbar. Dem möchten wir mit
unserer Arbeit entgegenwirken.

Wir berichten in diesem BioS-Informationsdienst über unsere derzeitigen
Arbeitsschwerpunkte und Themen, die die aktuelle öffentliche Diskussion
bestimmen.

Biologische Station Osterholz e.V. (seit 1985) Trägermitglieder: Aktionsgemeinschaft Bremer
Schweiz; BUND Kreisgruppe Osterholz; BUND Landesverband Bremen; NABU Ortsgruppen Oster-
holz-Scharmbeck, Ritterhude, Hambergen, Lilienthal, Schwanewede, Worpswede; Heimatverein Rit-
terhude; Ifab Freiburg/Ne; Freunde Worpswedes; VHS Osterholz-Scharmbeck / Hambergen / Schwa-
newede e.V.; Initiative Teufelsmoor; Imkerverein Osterholz-Scharmbeck
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Der Waldkauz ist Vogel des         Schulen konnten mit ihren Bach-
Jahres 2017. Obwohl noch nicht        erkundungen beginnen.
auf der Roten Liste, ist er in Nie-
                                         Unser Projekt „Äpfel verbinden
dersachsen im Rückgang. Grund
                                      Kulturen“ ist bewilligt und kann
ist der Verlust von Nistmöglich-
                                      rechtzeitig zum Beginn der Vege-
keiten in geeigneten Höhlenbäu-
                                      tationsperiode starten.
men und großflächiger Lebens-
räume für die Nahrungssuche.           Im Projekt „Moorschutz in Nie-
                                      dersachsen (MooNi)“ sind die
   Die Rückkehr von Wölfen in
                                      Unterrichtskonzepte für die Se-
Niedersachsen ist derzeit das am
                                      kundarstufe II in einem workshop
meisten und emotional kontro-
                                      an die kooperierenden Umwelt-
vers verhandelte Thema. Wir
möchten die Diskussion versach-       bildungseinrichtungen übergeben
lichen und zeigen die Entwick-        worden.
lung und Lebensweise in unserer        Ein Fachvortrag in diesem
Region auf.                           workshop befasste sich mit
   Im Springmoor hat die Ökolo-       „Paludikultur“. Wir haben das
gische Station großflächig Bo-        zum Anlass genommen, diese
denarbeiten zum Abplaggen der         Wirtschaftsweise auf nassen
vergrasten Heideflächen in Auf-       Moorböden in einem Beitrag dar-
trag gegeben. Damit kann sich         zustellen.
die Heide verjüngen und den
                                       Eine erfolgreiche Zusammenar-
charakteristischen Arten eines
                                      beit zwischen Gymnasium OHZ,
Sandmagerrasens wieder einen
                                      Fraunhofer Institut und BioS er-
Lebensraum bieten.
                                      möglichte den SchülerInnen im
   Der direkte Kontakt mit der Na-    Seminarfach „TheoPrax“ Grund-
tur ist die Basis unserer Umwelt-     sätze des Projektmanagements
bildung und trägt nicht selten da-    zu erlernen und in die Praxis um-
zu bei, Ängste oder negative Ge-      zusetzen.
fühle gegenüber einzelnen Tier-
arten in Wertschätzung umzu-           Nach zähen Verhandlungen ist
wandeln, wie das Beispiel der         die   Sammelverordnung       jetzt
Regenwürmer zeigt.                    rechtskräftig. Wir berichten über
                                      Kompromisse und Kritik aus Na-
    Die Schwaneweder Beeke            turschutzsicht.
fließt nun ganz konkret ihrer Teil-
renaturierung entgegen und auch        Viel Spaß bei der Lektüre!
die SchülerInnen der beteiligten

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Inhaltsverzeichnis

Höhlen und Huhuu-Rufe
  - Der Waldkauz ist Vogel des Jahres 2017           S. 4

Pflegemaßnahmen im Springmoor
   - Aus alter Heide wird junge Heide                S. 7

Informationen und Thesen zum Wolf
Im Landkreis Osterholz                               S. 9

Zu Gast bei den Regenwürmern                         S.16

Schwaneweder Beeke
  - Vom Graben zum lebendigen Bach                   S.17

Äpfel verbinden Kulturen                             S.20

MooNi-Unterrichtsmaterial für die Sekundarstufe II
vorgestellt                                          S.22

Paludikultur
  - klimaverträgliche Landwirtschaft im Moor         S.24

TheoPrax mit Gymnasium OHZ,
Fraunhofer Institut und BioS                         S.27

Die 1. Tranche der Sammelverordnung ist jetzt
rechtskräftig                                        S.30

Die nächsten Führungen und Veranstaltungen           S.32

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Höhlen und Huhuu-Rufe
                 - Der Waldkauz ist Vogel des Jahres 2017
   Seit 1970 wird jedes Jahr eine          che Farbmorphen (Variationen)
Vogelart zum Vogel des Jahres              vor – eine mit graubraunem Ge-
gewählt. Entwickelt wurde diese            fieder und eine mit einem rot-
Aktion vom Deutschen Bund für              braunen. Im Flug ist der relativ
Vogelschutz (DBV, heute NABU)              kurze Schwanz und die Quer-
mit dem Ziel gefährdete Vogelar-           bänderung im Flügel zu erken-
ten oder solche die charakteris-           nen. Die Weibchen sind äußer-
tisch für bedrohte Lebensräume             lich nicht von den Männchen zu
sind, ins öffentliche und natur-           unterscheiden, sind aber bis zu
schutzfachliche Bewusstsein zu             25 % schwerer. Aufgrund der Ge-
rücken. Mit dem Waldkauz (Strix            fiederfärbung ist der Waldkauz
aluco) ist zum vierten Mal eine            tagsüber in Bäumen gut getarnt.
Eule zum Vogel des Jahres aus-
                                              Zwischen Eulen und Käuzen
erkoren worden. Der Waldkauz
                                           wird übrigens nur im deutschen
ist mit 40 cm Größe, 600 Gramm
                                           Sprachraum unterschieden. Als
Körpergewicht und einer Flügel-
                                           Kauz werden gemeinhin kompak-
spannweite von 63-91 cm eine
                                           te Eulen mit einem runden Kopf
mittelgroße Eule.
                                                      und fehlenden Fede-
                                                      rohren     bezeichnet.
                                                      Stringent logisch ist
                                                      dies allerdings nicht,
                                                      da auch die Schleier-
                                                      eule    trotz   dieser
                                                      Merkmale als Eule
                                                      bezeichnet wird. Ur-
                                                      sprünglich besiedelt
                                                      der Waldkauz struk-
                                                      turreiche Laubmisch-
    Waldkauz im Flug, Foto: Marcus Bosch              wälder, mit großen,
                                                      alten Bäumen und
  Zu erkennen ist er an seinem             einem reichen Höhlenangebot.
runden Kopf, den dunklen Augen             Denn für die Brut ist der Wald-
und dem rindenfarbigen Gefie-              kauz auf natürliche Höhlen an-
der. Vom Waldkauz kommen in                gewiesen. Dennoch ist Strix kein
Deutschland zwei unterschiedli-            reiner Waldbewohner – seine flex

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iblen Lebensraumansprüche er-        häufiger als der Waldkauz mit
lauben ihm ebenfalls in Parks,       5.500. Der Waldkauz ist in
Alleen, Friedhöfe und Gartenan-      Deutschland (noch) ungefährdet,
lagen zu leben. Auch in Siedlun-     in Niedersachsen wird aber er
gen ist er zu hören, wenn sich im    bereits auf der Vorwarnliste der
Umfeld      ein    entsprechender    Roten Liste gefährdeter Brutvo-
Baumbestand findet. Ähnlich fle-     gelarten geführt. Wichtigste Ur-
xibel gestaltet sich die Nahrungs-   sachen für den Rückgang des
suche der Waldkäuze. Bei einem       Kauzes in Niedersachsen sind
reichlichen Angebot ernähren sie     der Verlust von geeigneten Höh-
sich zu einem großen Teil von        lenbäumen und großflächigen
kleinen Nagetieren wie Mäusen        Lebensräumen, eine durch den
oder Maulwürfen, aber auch von       fortschreitenden Strukturwandel
Insekten, Reptilien, Amphibien       in der Landschaft verschlechter-
oder sogar Regenwürmern. Cha-        ten Nahrungssituation, die sich
rakteristisch für unsere häufigste   von Jahr zu Jahr stark unter-
Eule ist zudem der weit bekannte     scheiden kann und einen sehr
Huhuu-Balzruf, der auch häufig in    geringen Bruterfolg und eine ho-
Filmproduktionen         verwendet   he Sterblichkeit im Winter zur
wird. Darüber hinaus verfügt der     Folge haben kann. Seltener sind
Waldkauz noch über weitere Ru-       beim Waldkauz Kollisionen mit
fe zur Kommunikation zwischen        Stacheldrahtzähnen, Windkraft-
Weibchen und Männchen. Früher        anlagen oder der Stromtod an
wurde der Ruf oft als Kuwitt         Mittelspannungsleitungen.
(komm mit) verstanden, was da-
                                       Waldkäuze werden bereits mit
zu führte, dass viele Menschen
                                     einem Jahr geschlechtsreif und
im Mittelalter im Käuzchen einen
                                     brüten einmal pro Jahr. Die ers-
Botschafter des Todes sahen. In
                                     ten der 2-4 Eier (selten bis zu 7)
Deutschland leben heute zwi-
                                     werden in Abhängigkeit von der
schen 43.000 und 75.000 Brut-
                                     Witterung zwischen Februar und
paare – der Waldkauz ist somit
                                     März gelegt. In urbanen Gebieten
die häufigste der zehn Eulenar-
                                     brüten Waldkäuze oft schon im
ten in Deutschland. Für die An-
                                     Januar und somit deutlich früher.
zahl an Brutpaaren kann nur eine
                                     Wie bei den meisten Eulen brü-
relativ ungenaue Spanne ange-
                                     ten nur die Weibchen, die in die-
geben werden, da die Bestände
                                     ser Zeit auch rund um die Uhr
stark schwanken. In Niedersach-
                                     vom Männchen versorgt werden.
sen ist nur die Waldohreule mit
                                     Nach etwa 28 Tagen schlüpfen
ungefähr 6.600 Paaren noch
                                     die jungen Waldkäuze, die mit
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nur 28 Gramm Körpergewicht                  einen nahezu geräuschlosen
echte Leichtgewichte sind und               Flug – dadurch und durch das
nach dem Schlupf als Nestlinge              besonders          ausgeprägte
bezeichnet werden. Nach dem                 Schwarz-Weißsehen sowie ei-
Verlassen des Nestes sitzen sie             nem guten Orientierungsvermö-
als „Ästlinge“ häufig in Nestnähe           gen können Eulen erfolgreich in
bis sie fliegen und eigenständig            dunklen Nächten jagen.
leben können.
                                            Ehrenamtliche Eulenschutzbe-
   Spannende Live-Bilder einer              treuer gesucht
Waldkauz-Nestkamera gibt es
                                              In diesem Jahr sucht die BioS
hier:
                                            erstmals interessierte Freiwillige,
https://blogs.nabu.de/category/vo
                                            die sich im praktischen Eulen-
gel-des-jahres/
                                            schutz engagieren wollen. Neben
Schon gewusst?                              einer jährlichen Erfassung von
                                            Schleiereule und vielleicht auch
   Eulen verfügen durch ihre nach
                                            Steinkauz und Waldkauz, sollen
vorne gerichteten Augen über ein
                                            Nisthilfen (Schleiereulenkästen)
gutes räumliches Sehen. Um das
                                            gebaut, installiert und betreut
kleinere Sichtfeld zu kompensie-
                                            werden. Neben der regelmäßigen
ren, können sie ihren Kopf um bis
                                            Wartung der Kästen können so
zu 270° drehen. Durch den
                                            Haus- und Hofbesitzer für den
Schalltrichter (Schleier) und die
                                            Schutz der seltener werdenden
länglichen, an den Seiten des
                                            Eulen sensibilisiert und begeistert
Kopfes in unterschiedlicher Höhe
                                            werden. Für weitere Informatio-
liegenden Ohrschlitze können
                                            nen melden Sie sich gerne bei
Eulen Geräusche besonders effi-
                                            unserer Ansprechpartnerin Silke
zient orten. Aufgrund spezieller
                                            Lehmann         (s.lehmann@bios-
Federsäume verfügen sie über
                                            ohz.de).                (Jonas Linke)

                 Waldkäuze in Baumhöhle, Foto: Rosl Rössner

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Pflegemaßnahmen im Springmoor
                  – aus alter Heide wird junge Heide
  Das           Naturschutzgebiet    schicht    mitsamt    humosem
„Springmoor“ (rund 106 ha) liegt     Oberboden wurde abgetragen.
ca. 14 km nordöstlich von Oster-     Die Plaggen wurden als Einstreu
holz-Scharmbeck in der Nähe          in die Ställe gebracht und an-
von Wallhöfen. Der westliche         schließend, mit dem Dung der
Teilbereich ist neben Kiefernwäl-    Tiere, als Dünger auf die Äcker
dern durch eine offene Sandhei-      gebracht. Deshalb war der Boden
de geprägt. Die leicht wellige       in den Heideflächen immer sehr
Sandheide wird hauptsächlich         nährstoffarm.
durch großflächige Besenheide-
                                       Ohne eine dauerhafte Pflege
bestände gekennzeichnet, in de-
                                     durch den Menschen würden die
nen einige solitäre Kiefern ste-
                                     Heideflächen sich aufgrund des
hen.
                                     fehlenden Nährstoffentzugs wie-
   Die Heide ist nicht natürlichen   der in einen Wald entwickeln. Er-
Ursprungs, sondern hat sich auf-     hebliche Stickstoffmengen reg-
grund historischer Landnutzung       nen heute auf die Landschaft und
entwickelt. Dort, wo heute auf       führen zu einer Überdüngung.
trockenen, armen Sandböden die       Die Heide kann nur durch Pfle-
Besenheide (Calluna vulgaris)        gemaßnahmen wie Beweidung
wächst, hat früher Wald gestan-      durch Schafe, Mähen der Heide
den. Durch Rodungen und Be-          oder Entfernung der obersten
weidung mit Vieh hat der Mensch      Bodenschichten        (Abplaggen)
den Wald stark aufgelichtet und      dauerhaft erhalten bleiben.
eine Entwicklung der Heide be-
                                        Im Springmoor haben in der
günstigt: durch die Auflichtung
                                     Sandheide in den letzten Jahren
der Wälder gelangte viel Licht auf
                                     kaum noch Pflegemaßnahmen
den Boden, so dass die Besen-
                                     stattgefunden. Das hat dazu ge-
heide sich aussamen konnte.
                                     führt, dass die Heide z.T. schon
Diese Pflanze kann dem Verbiss
                                     sehr alt ist, sich eine starke Roh-
durch Weidevieh gut standhalten
                                     humusauflage (Streu) gebildet
und diente dem Menschen zu
                                     hat, junge Kiefern aufgewachsen
vielfältiger Nutzung. In der Hei-
                                     sind und sich außerdem z.T.
debauernwirtschaft im späten
                                     Gräser wie Drahtschmiele und
Mittelalter wurden die Heideflä-
                                     Pfeifengras stark ausgebreitet
chen beweidet und „geplaggt“,
                                     haben. Im Sommer 2016 hat sich
d.h. die gesamte Vegetations-
BioS-ID 1/2017                                                         7
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außerdem der Heideblattkäfer,      ma Hoff aus der Lüneburger Hei-
der sich in der Rohhumusauflage    de ihre Maschinen einsetzen und
vermehrt, ausgebreitet und durch   auf fünf Teilflächen insgesamt ca.
Fraß an den Blättern der Besen-    2 ha Heide abplaggen konnte. In
heide die Heidepflanze zum Aus-    nur wenigen Tagen verwandelten
trocknen und damit Absterben       sich alte, abgestorbene und/oder
gebracht. Durch ein mit dem        vergraste Heidebestände in blan-
Landkreis Osterholz als Untere     ken Sandboden. Die erstaunlich
Naturschutzbehörde abgestimm-      große Menge an Plaggmaterial
tes Pflegekonzept soll nunmehr     durfte freundlicherweise in klein-
eine nachhaltige Entwicklung und   gehäckselter Form auf einem na-
Sicherung der Heideflächen er-     he gelegenen Maisacker verteilt
folgen. Hierzu gehören sowohl      werden. Selbstverständlich wur-
das Entkusseln und Plaggen der     den die Arbeiten durch uns öko-
Flächen als auch die Beweidung     logisch begleitet.
mit Heidschnucken. Der Land-
kreis als Untere Naturschutzbe-
hörde hat Fördermittel für Pfle-
gemaßnahmen im Springmoor
beantragt. Bei Bewilligung der
Gelder sollen über mehrere Jah-
re     Pflegemaßnahmen        im
Springmoor durchgeführt werden.

   Außerdem konnte im Rahmen
unseres Sachmittelbudgets, was       Wir sind uns sicher, dass die
uns über die Ökologische Station   auf den ersten Blick trostlos er-
glücklicherweise zur Verfügung     scheinenden Flächen sich in
steht, ein erster großer Schritt   Kürze in vitale Heideflächen mit
gewagt und Plaggmaschinen im       Sandmagerrasen entwickeln und
Springmoor eingesetzt werden.      Bestandteil einer strukturreichen
In enger Abstimmung mit dem        Sandheide sein werden, die ne-
Landkreis als Untere Natur-        ben dem langfristigen Erhalt der
schutzbehörde wurden Flächen       Heide nicht nur der Pflanzenwelt,
ausgewählt, die eine Pflege am     sondern auch vielen spezialisier-
dringendsten nötig hatten und      ten Arten der Tierwelt wie z.B.
außerdem unterschiedlich aus-      Heidelerche, Ziegenmelker, der
geprägt waren. Anfang März         Heuschrecken, Tagfalter sowie
2017 waren die Witterungsbedin-    Eidechsen und Schlangen zugute
gungen endlich so, dass die Fir-   kommt.                 (Leonie Kulp)
8                                                          BioS-ID 1/2017
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Informationen und Thesen zum Wolf
                              im Landkreis Osterholz
Historie in unserer Region                           auf natürliche Weise aus Rich-
                                                     tung Polen zugewandert, sozu-
   Der Wolf (Canis lupus) war
                                                     sagen in alte ehemals auch von
nach LODEMANN (1992) bei uns
                                                     ihm besiedelte Stammlande (s.
in der Mitte des 17. Jahrhunderts
                                                     Aspekt oben). Es fand – anders
u.a. im Teufelsmoor noch häufig.
                                                     als beim Luchs in manchen deut-
Die letzte Meldung zum Auftreten
                                                     schen Mittelgebirgen – keine ak-
an der Wümme im St. Jürgens-
                                                     tive Wiederansiedlung durch den
land datiert um 1765. Bis zum
                                                     Menschen statt. Dieser Aspekt
ersten (Foto-)Nach-
weis im Januar 2017
von zwei Wölfen im
Landkreis Osterholz
vergingen somit 250
Jahre. Hinweise auf
dieses neue Vor-
kommen im Bereich
der Garlstedter Heide
(Truppenübungsplatz)
gab es bereits seit
2015
                                 Wolf auf dem Truppenübungsplatz Munster Nord, Foto: Jürgen Borris
                                                     muss immer wieder deutlich be-
(http://www.wildtiermanagement.com/wildti
                                                     tont werden, da im „postfakti-
ere/haarwild/wolf/wolfsnachweise_in_nied
                                                     schen“ Zeitalter ständig etwas
ersachsen/;
                                                     Anderes behauptet wird. Aktuell
    Quelle: LODEMANN, Jürgen (1992): Wölfe
im Landkreis Osterholz? Wo? Wann? eine               umfasst das niedersächsische
kleine Literaturauswertung bis zum Ende des          Wolfsvorkommen etwa 8 Rudel,
18. Jahrhunderts. - Heimat-Rundblick H. 4/92 -
Lilienthal.                                          in der Summe mit Paaren und
                                                     Einzeltieren etwa 80 Individuen.
Rückkehrer, Zuwanderer ohne
                                                     Als Reviergrößen eines Rudels
Einbürgerung und Aussetzung
                                                     sind aufgrund der gut untersuch-
  Der Wolf breitet sich seit etwa                    ten Verhältnisse in Polen Land-
20 Jahren innerhalb Deutsch-                         schaftseinheiten zwischen 150
lands eigenständig aus und ist                       und 350 km2 anzunehmen.

BioS-ID 1/2017                                                                                  9
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Der Wolf in unserer Region                          stellte er bereits im Mai 2000 und
                                                    März 2001 im Rahmen von Vor-
  Bereits 1998 machten zwei
                                                    trägen der Biologischen Station
Mitarbeiter der BioS im Bialo-
                                                    Osterholz der hiesigen Öffent-
wieza Nationalpark an der Gren-
                                                    lichkeit vor.
ze zu Weißrussland erste Erfah-
rungen mit dem Zusammenleben                          Damals waren die Wölfe zwar
von Wölfen und Menschen. Dort                       noch weit weg, aber mit den ers-
leben beide ohne größere Prob-                      ten Bildungen von Rudeln in der

 Niedersachsens Wölfe stammen ursprünglich aus Ostdeutschland und Westpolen: (A) Alten-
 grabower Rudel, (S) Seenlandrudel, (N) Nochtener R., (D) Daubaner R., (L) Lehniner R., (W)
 Welzower R., (M) Munsteraner R., (X) Rudelzuordnung nicht möglich.

leme eng zusammen. Die Bevöl-                       Lausitz bereits in Ostdeutschland
kerung der kleinen Stadt mit ei-                    angekommen. Aus den Eindrü-
nem Forschungsinstitut der Uni-                     cken in Polen und dem Aus-
versität Warschau ist umgeben                       tausch    mit    Wissenschaftlern
von vier großräumig agierenden                      prognostizierten Mitarbeiter der
Wolfsrudeln. Ein damals junger                      BioS bereits zu dieser Zeit im
Forscher      aus    Osterholz-                     Rahmen der Erarbeitung von
Scharmbeck, Jörn Theuerkauf,                        Grundlagen für den Pflege- und
machte dort Untersuchungen                          Entwicklungsplan zum Natur-
zum Nahrungsspektrum und zur                        schutzgroßvorhaben      in    der
Raumnutzung der Wölfe und de-                       Hammeniederung die Rückkehr
ren Interaktion mit Menschen.                       des Wolfes in den Landkreis Os-
Seine Befunde und Erkenntnisse                      terholz. Dass allerdings die Ent-

10                                                                                 BioS-ID 1/2017
wicklung der Ausbreitung mit der    streifen immer wieder mehr oder
Bildung von Rudeln seit 2015 im     weniger ungerichtet einzelne
benachbarten Landkreis Cux-         Wölfe umher und halten sich hier
haven so schnell vonstatten ge-     auch länger auf, ohne sich ent-
hen würde, haben auch sie nicht     sprechend den örtlichen Verhält-
erwartet.                           nissen einzurichten. Das wird
                                    sich möglicherweise ändern,
   Mittlerweile müssen wir davon
                                    wenn unser Landkreis erst ein-
ausgehen, dass der großräumig
                                    mal in „fester Hand“ eines territo-
dünn besiedelte naturnahe Be-
                                    rialen Rudels ist.
reich     der    Hamme-Wümme-
niederung mit dem zentralen         Beobachtung der Entwicklung
Teufelsmoor,      die  bewaldete    und Information
Geest mit den Wäldern im Nord-         Seitens der Naturschutzverwal-
kreis (Bremerwald, Stedener         tung Niedersachsens und der
Holz, Els, Schmidts Kiefern,        Landesjägerschaft ist ein gut
Garlstedter Heide, Schwanewe-       funktionierendes     Informations-
der-Neuenkirchener Heide) als       system zu Aktivitäten der Wölfe
Wolfslebensraum geeignet sind.      sowie zur Entwicklung und Ver-
Hier ist auch mit reviergebunde-    teilung ihres Bestandes aufge-
nen Rudelbildungen und Fort-        baut worden. Dies basiert im
pflanzung zu rechnen. Aufgrund      Wesentlichen auf der Einführung
seiner Raumansprüche und der        und Fortbildung von regional täti-
hiesigen Landschaftsverhältnisse    gen Wolfsberatern, vorzugsweise
ist im Landkreis wahrscheinlich     aus dem Kreis von Förstern und
nur Platz für zwei Rudel. Daraus    Jägern. Ein fachlich sehr versier-
errechnet sich für unseren Land-    ter Vortrag der landesweit tätigen
kreis ein maximaler Bestand von     Wolfsbeauftragten der Landesjä-
ca. 20 Wölfen. Beutetiere sind in   gerschaft Dr. Britta Habbe (mitt-
Form von Wildtieren (v.a. Reh,      lerweile Nachfolge durch Raoul
Damwild, Wildschwein) ausrei-       Reding) auf Gut Sandbeck in Os-
chend vorhanden.                    terholz-Scharmbeck hat die aktu-
                                    elle Situation in Niedersachsen
  Möglicherweise sind die derzeit
                                    und den Ausblick auf das Auftre-
gehäuft auftretenden Wolfssich-
                                    ten des Wolfes im Landkreis Os-
tungen in unserer Region auch
                                    terholz beleuchtet.
ein Phänomen der "Einwande-
rung“ bzw. westlich gerichteten       Mit dem Wolfsbeauftragten und
Ausbreitung. So lange es bei uns    Kreisjägermeister Heiko Ehing
keine etablierten Reviere gibt,     und seinen Kollegen gibt es be-
BioS-ID 1/2017                                                       11
züglich der Dokumentation des       geschützten Raubtier unabding-
Auftretens von Wölfen im Land-      bar. Sie sollte angesichts der zu-
kreis Osterholz eine vertrauens-    nächst bestehenden Bedenken
volle Zusammenarbeit (Aus-          und Ängste in der Bevölkerung
tausch von Meldungen, Nach-         insbesondere in Bezug auf Klein-
weisen und Verdachtsfällen). Ei-    kinder schon im Kindergartenal-
ne aktuelle, stetig fortgeschrie-   ter ansetzen und alle Schulfor-
bene Dokumentation der weite-       men und Klassenstufen bedie-
ren Entwicklung der Wolfsver-       nen. Die Biologische Station Os-
breitung ist sehr wichtig, um       terholz leistet neben anderen
Ängsten und blindem Aktionis-       Umweltbildungseinrichtungen seit
mus vorbeugen zu können. Nur        dem Jahr 2013 eine solche Bil-
so können Entscheidungen hin-       dungsarbeit für alle Schulstufen.
sichtlich des Umgangs mit dem       Die didaktischen Konzepte und
Wolf vorbereitet und fachlich be-   Materialien dafür wurden unter
gründet werden. Von besonde-        finanzieller Förderung durch die
rem Interesse ist dabei die         Niedersächsische BINGO Um-
Raumnutzung und sein Verhalten      weltstiftung vom außerschuli-
in unserer dicht besiedelten        schen Lernstandort SCHUBZ in
Landschaft mit der in unseren       Lüneburg, unterstützt von der
großen      Grünlandniederungen     Landesjägerschaft,      erarbeitet.
noch verbreiteten Weidehaltung      Auch nach Beendigung der offi-
insbesondere von Rindern.           ziellen Projektlaufzeit bietet die
Aufklärung im Rahmen der            BioS die Unterrichtseinheiten
Umweltbildung                       gern an.

  Der Wolf gehört im zoologi-       Wolf und Jagd
schen Sprachgebrauch zu den            Der bestandsgefährdete sowie
Raubtieren (wie auch Marder und     nach nationalem und europäi-
Fuchs). Das Wissen um seine         schem Naturschutzrecht ge-
Biologie und sein Verhalten ist     schützte Wolf unterliegt nicht
wichtig, um Begegnungen im          dem Jagdrecht. Indirekt ergeben
Freiland möglichst konflikt- und    sich jedoch Folgen für die
angstfrei zu halten.                Jagdausübung durch Verände-
  Die Umweltbildung in Bezug        rungen des Verhaltens der jagd-
auf den Wolf ist als wichtiger      baren Beutetiere.
Baustein für ein möglichst wenig       Durch zahlreiche Untersu-
konfliktbeladenes Zusammenle-       chungen ist belegt, dass der Wolf
ben mit diesem innerhalb der EU     in seinem Bestand durch die ent-
12                                                         BioS-ID 1/2017
sprechende Wildtierdichte regu-        onswolf“      Auto.    (Alltags-
liert wird und nicht umgekehrt.        )Gefahren, mit denen wir auch
Als Konkurrent des Jägers ist er       umgehen, die uns i.d.R. nicht in
deshalb nicht zu sehen. Wenn           unserer       Lebensgestaltung/-
Wildtiere durch die regelmäßige        freude einschränken.
Anwesenheit des Wolfes ggf. ihr
                                          Einzelne Wölfe können sich
Verhalten ändern, örtlich eine
                                       aufgrund von Verletzungen (z.B.
größere Scheu an den Tag le-
                                       durch Straßenverkehr, Tierfallen)
gen, so ist dies nur eine natürli-
                                       und verbliebenen Handicaps
che Verhaltensänderung, die
                                       oder durch Gewöhnung aufgrund
man Wildtieren hoffentlich auch
                                       zugewandtem Verhaltens von
zugestehen wird.
                                           Menschen u.U. sogar durch
                                           Fütterung immer wieder in der
                                           Nähe von Menschen, Sied-
                                           lungen oder Nutztierbestän-
                                           den      aufhalten     (Beispiel
                                           „Kurti“). Sofern sich ein Wolf
                                           auf diese Weise auffällig ver-
                                           hält, ist eine gezielte Vergrä-
                                           mung oder auch ein Einzel-
 Wolf mit Beute, Foto: Jürgen Borris       abschuss möglich. Solche
                                           Maßnahmen zum Schutz von
Auf  welche    Gefährdungen            Menschen und Nutztieren wur-
müssen wir uns einstellen?             den in Niedersachsen (Tötung
                                       eines Wolfsrüden aus dem
   Wölfe sind im Allgemeinen für
                                       „Munsteraner Rudel“ im April
Menschen nicht gefährlich, aber
                                       2016) sowie in Sachsen (Ab-
der Wolf ist kein Kuscheltier! Eine
                                       schussfreigabe für einen zweijäh-
100%ge Sicherheit, dass niemals
                                       rigen Wolfsrüden aus dem polni-
ein Angriff auf einen Menschen
                                       schen "Ruszow-Rudel") bereits
erfolgt, können auch wir nicht
                                       umgesetzt. Der Population des
geben. In diesem Zusammen-
                                       Wolfes in Niedersachsen und der
hang sei jedoch auf andere Ge-
                                       weiteren Ausbreitung wird dies
fahren verwiesen, die weitaus
                                       nicht schaden, auch wenn weiter
häufiger und wahrscheinlicher
                                       oder sogar zunehmend mit zivili-
sind, z.B. Angriffe und Verletzun-
                                       sationsbedingten       Wolfsopfern
gen durch Haushunde oder Wild-
                                       (Verkehrsopfer, illegale Abschüs-
schweine oder die allgegenwärti-
                                       se) zu rechnen ist. In Nieder-
ge Gefahr durch den „Zivilisati-
                                       sachsen sind in den beiden Jah-
BioS-ID 1/2017                                                           13
ren 2015 und 2016 insgesamt 17      möglichst wenig beeinflusste Na-
Wölfe im Verkehr oder durch ille-   tur und eine natürliche, nicht von
galen Abschuss zu Tode ge-          uns selektierte Artenvielfalt, ist
kommen.                             für die Funktionsfähigkeit des Na-
   Ein Abschuss darf jedoch nicht   turhaushaltes unabdingbar.
im Ermessen eines einzelnen         Sorgen und Unterstützung von
Jägers (Revierinhabers) liegen,     Tierhaltern
sondern muss immer auch zu-            Im Jahr 2016 wurden in Nie-
mindest in Abstimmung mit der       dersachsen nachweislich 175
zuständigen     Unteren   Natur-    Nutztiere von Wölfen gerissen,
schutzbehörde      (Artenschutz!)   überwiegend Schafe und Läm-
und nach Möglichkeit auch mit       mer, 2 Rinder und 11 Kälber,
landesweiten Fachbehörden er-       kein Pferd. Die Hauptnahrung
folgen. Die bloße Sichtung eines    z.B. der Lausitzer Wölfe besteht
Wolfes im Umfeld des Menschen       aus wildlebenden Huftieren (95
darf eine solche Vorgehensweise     Prozent). Bei den Anzahlen der
nicht auslösen.                     Nutztierrisse ist zu berücksichti-
   Eine grundsätzliche Bejagung     gen, dass sich die Tierhalter hier
des Wolfes, ein „in Schach hal-     vielfach noch nicht auf diese
ten“ oder eine „Bestandsregulie-    neuen Gefahren eingestellt und
rung“ bzw. „Obergrenzen“, wie       noch keine Schutzmaßnahmen
aus manchen Kreisen gefordert,      ergriffen hatten.
lehnen wir jedoch ab. Ein solches      Zeitnahe und dem „Marktwert“
revier- oder landkreisgebundenes    angepasste Entschädigungen für
Vorgehen ist auch hinsichtlich      vom Wolf verursachte „Schäden“,
der Gefahrenabwehr wenig er-        i.d.R. Tötungen von Nutztieren in
folgversprechend. Hierfür fehlen    der Absicht des Beutemachens,
neben den naturschutzrechtli-       müssen ihren Haltern von der
chen Voraussetzungen zudem          Gesellschaft zugestanden sowie
die wissenschaftlichen Grundla-     vorbehaltlos und unkompliziert
gen.                                ausgeglichen werden. Gleichzei-
  Letztlich entscheidet sich im     tig sollten zur Vorsorge und Be-
Umgang mit dem Wolf, ob und         grenzung von Übergriffen auf
wie weitgehend wir bereit sind,     Weidetiere Maßnahmen zu deren
bei uns Wildnis und Wildtiere und   Schutz ergriffen und unbürokra-
damit unkalkulierbare Risiken in    tisch gefördert werden wie z.B.
unserem Umfeld zuzulassen.          Herdenschutzhunde bei Schaf-
Beides, von Menschen in Teilen
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haltungen und spezielle Elektro-                gegnen ihm mit dem erforderli-
zäune zur Wolfsabwehr.                          chen Respekt, halten wie bei an-
                                                deren Wildtieren die gebotene
   Für die noch in unseren groß-
                                                Distanz ein und freuen uns schon
flächig offenen Grünlandarealen
                                                auf eine erste Begegnung.
weidenden Rinderherden insbe-
sondere Mutterkuhhaltungen sind                 Linksammlung
diese Schutzmaßnahmen nicht                     Das Wolfsbüro der Niedersächsi-
praktikabel. Auch wenn es für                   schen Fachbehörde für Natur-
diese Nutztierhaltungen z.Zt. kei-              schutz (NLWKN) informiert über
nen effizienten Schutz gibt, gehö-              das Wolfsmanagement in Nie-
ren Übergriffe auf Rinder oder                  dersachsen. Neben aktuellen
Pferde u.a. aufgrund deren Grö-                 landesweit zusammengefassten
ße und Wehrhaftigkeit zu den                    Informationen und Dokumentati-
seltenen Ausnahmen. Die weite-                  onen von Forschungsergebnis-
re Entwicklung muss jedoch kri-                 sen können über dieses Internet-
tisch beobachtet und ggf. mit                   portal Präventionsanträge zum
wirksamen und angemessenen                      Herdenschutz gestellt werden.
Maßnahmen wie z.B. Vergrä-                              (Karsten Schröder, Tasso Schikore)
mungen durch geschulte Jäger                    http://www.nlwkn.niedersachsen.de/startseite/n
                                                atur-
oder begründete Einzelabschüs-                  schutz/tier_und_pflanzenartenschutz/wolfsbuer
se eingegriffen werden.                         o/das-wolfsbuero-des-nlwkn-134954.html

                                                Das Wolfsportal des Niedersächsischen Um-
                                                weltministeriums
                                                http://www.der-wolf-in-niedersachsen.de/

                                                vermittelt Kontakte und Ansprechpartner, bie-
                                                tet einen Fakten-Check von Pressemeldungen
                                                an und informiert z.B. über das Wolfsmonito-
                                                ring der Landesjägerschaft

                                                http://www.wildtiermanagement.com/wildtiere/h
Wolf auf dem Truppenübungsplatz Munster Nord,
                                                aarwild/wolf/
Foto: Jürgen Borris
                                                Wölfe - Was kommt da auf uns zu? Vortrag
Ausblick                                        des Wildbiologen Ulrich Wotschikowsky
                                                https://www.youtube.com/watch?v=PtCHCXqT
  Wir akzeptieren, dass es mit                  -Hg
dem Wolf jetzt eine heimische
                                                Wölfe in Deutschland - Die wichtigsten Fragen
Tierart gibt, die bei einer Begeg-              und Antworten des NABU
nung mit uns Menschen nicht au-                 https://www.youtube.com/watch?v=c_qLbZI-
                                                Y2A
tomatisch die Flucht ergreift,
sondern uns mit Ignoranz oder                   Wölfe im Visier, ZDF-Doku mit Gesa Kluth vom
                                                LUPUS-Institut in Sachsen
Neugier gegenübertritt. Wir be-
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Zu Gast bei den Regenwürmern

   „Ich seh einen!“, „Wo?“, „Iiiih!“,   Fressverhalten, Feinde und über
„Ist der süüüß!“, „Ich mag den          die Bedeutung des Regenwurms
nicht anfassen!“, „Nimm du ihn!“        für das Ökosystem. Nach all den
                                        Informationen kann die Lern-
  Die SchülerInnen meiner Lern-
                                        gruppe in einem Terrarium ein
gruppe an der Grundschule
                                        neues Zuhause für einige Regen-
Buschhausen      reagieren    auf
                                        würmer erstellen. Erdschichten
unterschiedlichste Art und Weise,
                                        sowie Obst- und Gemüsereste,
als wir im Rahmen unseres
                                        Laub und Moos bilden den neuen
Projekts „Lebensräume“ den
                                        Wohnraum der Regenwürmer.
Komposthaufen auf dem Schul-
gelände unter die Lupe nehmen             Das Terrarium steht nun ab-
und dabei auf Regenwürmer               gedunkelt   im    Klassenraum.
stoßen.                                 Regelmäßig werden die Regen-
                                                    würmer „gefüttert“
                                                    und beobachtet so-
                                                    wie die Erde feucht
                                                    gehalten.     Hinter
                                                    den    Glaswänden
                                                    des Terrariums kön-
                                                    nen die Kinder nun
                                                      Regenwurmgänge
                                                    erkennen und se-
                                                    hen, dass die Erde
                                                    aufgelockert ist.
  Einige SchülerInnen haben
                                           Ich hoffe, dass die Schü-
zuvor noch nie einen Regenwurm
                                        lerInnen durch dieses Projekt die
angefasst, andere Kinder dage-
                                        Bedeutung des Regenwurms für
gen erweisen sich als Regen-
                                        unser Ökosystem erkennen und
wurm-Freunde und halten einen
                                        den Regenwurm ab jetzt mit
ganzen Regenwurm-Zoo in den
                                        anderen Augen sehen. Mittler-
Händen.
                                        weile ruft zumindest kein Kind
  In den darauf folgenden               der Lerngruppe mehr „Iiiih!“
                                                             (Meike Helmke)
Stunden informieren sich die
SchülerInnen über Lebensraum,

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Schwaneweder Beeke – vom Graben zum lebendigen Bach
Von der Idee zur Realisierung

  Im letzten Winter mit steilem        In diesen Bach-Abschnitten
Start begonnen, mussten wir das      sollen Maßnahmen zur Laufver-
Tempo bei der Renaturierung der      längerung, Förderung der eigen-
Schwaneweder Beeke deutlich          dynamischen Entwicklung und
zurückfahren. „Alle Beteiligten      Strukturverbesserung umgesetzt
mitzunehmen“ – das heißt: viel       werden. Die Gemeinde Schwa-
Zeit einplanen, viele Versamm-       newede und die evangelische
lungen, Treffen und Ortstermine      Kirchengemeinde Schwanewede
durchführen, immer wieder um-        haben ihre Flächen dafür zur
planen.                              Verfügung gestellt.
  Für drei ausgewählte Gewäs-           Erfreulicherweise fand das
serstrecken der Schwaneweder         Maßnahmenkonzept sowohl im
Beeke hatte die Ingenieurge-         kirchlichen als auch im politi-
meinschaft agwa aus Hannover         schen Raum fraktionsübergrei-
auf Grundlage der Ideen von          fend große Zustimmung. Trotz-
BioS, Aktionsgemeinschaft Bre-       dem gab es Klärungsbedarf mit
mer Schweiz (AGBS), BUND und         dem Unterhaltungsverband, dem
NABU ein Maßnahmenkonzept            örtlichen Eigentümerverband der
erarbeitet.                          Beeke      (Beekeverband),  den

 Auszug aus dem Genehmigungsantrag

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Pächtern und Anliegern, der Na-      ten Projektmittel bei weitem nicht
turschutz-, Wasser- und Denk-        finanziert werden.
malbehörde. Letztendlich waren          Wir haben deswegen fünf wei-
wir sogar mit den Bezirks- und       tere Förderanträge stellen müs-
Kreisarchäologen vor Ort.            sen; drei davon sind bisher bewil-
  Aus dem Konzept konnte so          ligt worden.
ein Antrag auf Plangenehmigung

entwickelt werden. Dieser liegt      Ab an die Beeke :
seit Anfang Januar 2017 beim            Obwohl der Schwerpunkt der
Landkreis. Die Plangenehmigung       Umweltbildungsmaßnahmen erst
sollten wir in den nächsten Tagen    mit Beginn der Renaturierungs-
in den Händen halten.                arbeiten vorgesehen ist, waren
  Die Umsetzung des Maßnah-          Kleine und Große mit der BioS
menpakets in dem Gewässerab-         unterwegs auf Bacherkundung.
schnitt, für dessen Umgestaltung     „Gewässerzustandsbewertung
die kirchliche Fläche genutzt        anhand von Strukturgüte, chemi-
werden soll, ist für Herbst/Winter   scher und physikalischer Para-
2017/2018 geplant. Die dafür         meter“ beschäftigte dabei z. B.
veranschlagten      Kosten    von    die Oberstufenschüler der Wald-
knapp 100.000,- € liegen weit        schule in Schwanewede, Versu-
über den ursprünglich geplanten      chen und Spiele zum Thema
und können durch die zugesag-        Gewässerqualität und Fließge-
                                     schwindigkeit die Grundschul-
                                     klassen     der    Heideschule.
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Die Vertreter des Ausschusses                            ehrenamtliches Engagement als
für Umwelt, Energie, Verkehr und                            auch durch finanzielle Unterstüt-
Tourismus sowie des Planungs-                               zung ganz erheblich für die Um-
ausschusses      der   Gemeinde                             setzung der Maßnahmen und die
Schwanewede informierten sich                               verschiedenen Aktionen ein.
im Rahmen einer Exkursion an                                Derzeit werden im Bereich der
die Beek vor Ort über die geplan-                           Beekeniederung z. B. die Brutvö-
ten Maßnahmen.                                              gel wie auch die Pflanzen erfasst
  AGBS, BUND und NABU set-                                  und die invasive Herkulesstaude
zen sich vor Ort sowohl durch                               mit Wurzelstock ausgegraben.
                                                                                               (Jutta Kemmer)

Im Projekt “Schwaneweder Beeke – vom Graben zum lebendigen Bach “ engagieren sich die Aktionsgemeinschaft
Bremer Schweiz, die Biologische Station Osterholz, der BUND Osterholz und der NABU Schwanewede für die naturna-
he Umgestaltung der Schwaneweder Beeke. Das Vorhaben wird finanziert durch die Niedersächsische Bingo-
Umweltstiftung, die Manfred Hermsen Stiftung, die Hanns R. Neumann Stiftung, den Landesbetrieb für Wasser-, Küs-
ten- und Naturschutz (NLWKN) und Eigenmittel der Verbände .

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Äpfel verbinden Kulturen
   Nach dem erfolgreichen Ab-          An wen richtet sich das Pro-
schluss des ersten Projektes „Äp-    jekt?
fel verbinden – der Apfel als Tür-
                                        Wir werden gezielt Regelklas-
öffner für BNE“ freuen wir uns
                                     sen, in denen sich geflüchtete
über die Bewilligung des Folge-
                                     Kinder integrieren wollen, an-
antrags. Mit dem erweiterten Ziel,
                                     sprechen. So können sie ihre
besonders geflüchtete Menschen
                                     neue Umgebung und Umwelt mit
und Bürger mit Migrationshinter-
                                     ihren regionalen Besonderheiten
grund zu erreichen, können wir
                                     in direkter Zusammenarbeit mit
rechtzeitig zur Obstbaumblüte mit
                                     den hiesigen Kindern schneller
unserem Vorhaben starten.
                                     erkunden.
   Mit dem Projekt „Äpfel verbin-
                                       Zweitens richtet sich unser An-
den Kulturen“ möchten wir den
                                     gebot an reine Sprachlernklas-
Apfel als Mittel der Verständi-
                                     sen, in denen Kinder mit wenig
gung, als Zugang zu regionalen
                                     Deutschkenntnissen über Um-
Besonderheiten und als Integra-
                                     weltbildung, die den Apfel und
tionsinstrument einsetzen.
                                     seine Ökologie als Schwerpunkt
  Denn es gibt viele Parallelen      hat, auch Sprache leicht erlernen
zwischen den Kulturen. Vielerorts    können.
wird er als Fruchtbarkeitssymbol
                                       Und drittens treten wir an
und oder auch Hoffnungsträger
                                     Stadtteilhäuser,     wie z.B. das
gesehen.
                                     Haus der Kulturen, heran, wo
  Auch wenn wir heute glauben,       Menschen mit unterschiedlichen
dass der Apfel eine ganz urtypi-     Hintergründen sich im Stadtteil
sche deutsche Frucht ist, so         vernetzen und ihren neuen Woh-
kommt er eigentlich aus der Re-      nort (Nachbarschaft) kennenler-
gion zwischen Afghanistan bis        nen möchten. Hier ist ein ökolo-
Syrien. Dorther, wo heute die        gisches Thema als praktischer
Menschen flüchten müssen.            Einstieg förderlich.
                                       Geplantes Vorhaben
                                        Wie im vorherigen Projekt wer-
                                     den wir anregen, direkte Nach-
                                     barn nach Fallobst in ihren Gär-
                                     ten und nach dessen Ernte zu
                                     fragen. Die Nutzung des Obstes
20                                                         BioS-ID 1/2017
aus Privatgärten hat den Effekt,      - Ernte in Nachbars Garten
dass weniger verwertbare Nah-
                                      - Verwertung per Hand und
rungsmittel im Abfall landen, re-
                                        in einer Mosterei
gionale Lebensmittel einen neu-
en Stellenwert erfahren und eine      - Abfallproblematik   und     –
niederschwellige      Kontaktauf-       vermeidung
nahme gefördert wird.
                                    werden wir gemeinsam mit den
  Neben den bewährten Pro-          Bürgern aus anderen Kulturen
jektmodulen wie                     über Bedeutung und Verwen-
                                    dung von Äpfeln ins Gespräch
   - Kennenlernen der Ökologie
                                    kommen und Rezepte austau-
     des Obstbaumes bzw. der
                                    schen, ausprobieren und als Er-
     Streuobstwiese im Jahres-
                                    gebnis davon ein internationales
     verlauf
                                    Kochbuch zusammenstellen.
   - Die Biene als Hilfe von der                        (Imme Klencke)
     Blüte zur Frucht und Liefe-
     rantin unseres Honigs
   - Pflege und ggf. Anlage ei-
     ner Streuobstwiese

BioS-ID 1/2017                                                     21
MooNi-Unterrichtsmaterial für die Sekundarstufe II
                       vorgestellt
   Am 22. März fand im „Kleinen     native zum Raubbau im Moor
Haus im Moor“ in der Ortschaft      vor. Ihre Ausführungen wurden
Teufelsmoor unser zweiter Work-     anschließend von Dr. Hans-
shop im Rahmen des Projektes        Gerhard Kulp in Hinblick auf die
„Moorschutz in Niedersachsen“       Situation in Niedersachsen er-
(MooNi) statt. Ziel war es, unse-   gänzt. (siehe dazu auch Artikel „Palu-
ren PartnerInnen aus den koope-     dikultur – klimaverträgliche Landwirt-
rierenden Umweltbildungszentren     schaft im Moor“, S.24)
in Niedersachsen das Konzept
                                      Nach einer gemeinsamen Mit-
sowie die Materialien für die
                                    tagspause gab es aktuelle Infor-
praktische Vermittlung des The-
                                    mationen zum MooNi-Projekt,
menkomplexes Moor- und Klima-
                                    wie die MooNi-App und ein Be-
schutz zu präsentie-
                                             richt über den Moor-
ren und zu überge-
                                             herbst 2016 (s. BioS-ID
ben.
                                                2/2016).
   Wie bereits berich-
                                                 Im Zentrum des
tet, beteiligen sich
                                               Nachmittags      stand
insgesamt 10 Um-
                                    nun die Umweltbildung. Die Mit-
weltbildungseinrichtungen an der
                                    arbeiterInnen der BioS zeigten
Durchführung der Unterrichtsein-
                                    den TeilnehmerInnen, wie die
heiten. Neu dazu gekommen sind
                                    Materialien für die Sek II genutzt
noch das RUZ Diepholz-Dümmer
                                    werden können. Zudem stand die
sowie das Moorinformationszent-
                                    Erprobung der Materialien auf
rum Wedemark-Resse.
                                    der Tagesordnung.
  Bevor es jedoch an die prakti-
                                       Auf mehreren Stationstischen
sche Erprobung ging, referierte
                                    waren Materialien und Anleitun-
Claudia Oehmke vom Greifswald
                                    gen zum Experimentieren aufge-
Moor Centrum in einem interes-
                                    baut. Die zu behandelnden The-
santen Vortrag neueste Erkennt-
                                    men sind an die Erfordernisse
nisse     zum    Themenkomplex
                                    der Sekundarstufe II angepasst.
Paludikultur. Unter dem Titel
                                    Sie berücksichtigen abiturrele-
„Paludikultur – Möglichkeiten der
                                    vante Themen (u.a. den Kohlen-
Nutzung nasser Moorstandorte“
                                    stoffkreislauf) und passen thema-
stellte sie Forschungs- und Ent-
                                    tisch zum Geographieunterricht
wicklungsergebnisse zu innovati-
                                    der 10.Klasse (Klimawandel) und
ven Wirtschaftsformen als Alter-
22                                                           BioS-ID 1/2017
zum Oberstufenunterricht Biolo-      erprobten Versuche und deren
gie (Ökologie). Sie umfassen         fachliche Hintergründe als auch
                                     über die bisherigen Umsetzun-
    Eingriffe in Ökosysteme
                                     gen der Umweltbildungsmodule
    Aspekte des Klimawandels
                                     für die Sekundarstufe I rundete
       am Beispiel Moor
                                     den Tag ab. Die Resonanz aus
    Ökosystemfunktionen/        -
                                     den verschiedenen kooperieren-
       dienstleistungen
                                     den Einrichtungen bezüglich der
    Globale Aspekte
                                     von uns entwickelten Konzepte
   Der für die Unterrichtseinheit
                                     und Materialien war durchgehend
für die Sekundarstufe I entwickel-
                                     positiv und wird auch von den
te Landschaftstisch und einige
                                     beteiligten Schulen als sehr ge-
andere Materialien werden auch
                                     winnbringend für den Unterricht
in der Unterrichteinheit für die
                                     bewertet.
Sekundarstufe II genutzt.
                                              (Astrid Baumann, Imme Klencke)
  Ein intensiver Erfahrungsaus-
tausch sowohl über die gerade

BioS-ID 1/2017                                                           23
Paludikultur – klimaverträgliche Landwirtschaft im Moor
   Im Rahmen der Klimaschutz-         Höhe von 30 bis 50 cm und für
debatte rücken die Moore stärker      den Ackerbau auf eine Höhe von
in den Blickpunkt. Denn in Moo-       über 70 cm unter Flur abgesenkt
ren lagern als Kohlenstoff im Torf    werden. Sauerstoff gelangt durch
gebunden große Mengen des             die Entwässerung in den Boden
Treibhausgases       Kohlendioxid     und zersetzt den Torf. Im Ergeb-
(CO2). Jedes Jahr werden in           nis wird das Treibhausgas Koh-
Deutschland etwa 38 Mio. Ton-         lendioxid (CO2) freigesetzt und
nen CO2 aus den Mooren auf-           der Boden sackt ab. Pro Hektar
grund landwirtschaftlicher Nut-       werden so 20 bis 45 Tonnen CO2
zung freigesetzt. Dies betrifft vor   jedes Jahr freigesetzt. Zum Ver-
allem Niedersachsen - knapp           gleich: Ein Deutscher verursacht
40% der deutschen Moore befin-        durchschnittlich etwa 10 Tonnen
den sich hier. Paludikulturen,        CO2 im Jahr.
Nutzpflanzen für nasse Böden,
                                        12% der niedersächsischen
werden als eine Alternative zur
                                      Treibhausgase resultieren aus
konventionellen     Landwirtschaft
                                      der Nutzung der Moore. Ein be-
auf entwässertem Moor erforscht.
                                      achtlicher Anteil. Dem gegenüber
Bis zur wirtschaftlichen Nutzung
                                      steht derzeit der landwirtschaftli-
von Paludikulturen in den Mooren
                                      che Nutzen. Neben Viehfutter
Niedersachsens wird aber noch
                                      wird u.a. Mais für Biogasanlagen
einige Zeit vergehen.
                                      produziert und Arbeitsplätze kön-
   80% der niedersächsischen          nen gesichert werden. Will man
Moore werden landwirtschaftlich       mit dem Klimaschutz aber ernst
genutzt. Sie werden als Grünland      machen, kommt man an einer
extensiv aber auch intensiv be-       Reduzierung der Treibhausgas-
wirtschaftet. Vieh weidet auf den     menge auch aus dem Moor nicht
Wiesen, Gras wird als Viehfutter      mehr vorbei. Sprich, es braucht
abgeerntet. Auf Moorflächen wird      Alternativen zur konventionellen
aber auch Ackerbau betrieben,         Landwirtschaft, soll der Klima-
oftmals wird Mais angepflanzt.        schutz sozialverträglich umge-
Die Krux dabei ist, dass der torf-    setzt werden.
haltige Boden für die landwirt-
                                        Als eine Alternative kristallisie-
schaftliche Nutzung mal mehr,
                                      ren sich Paludikulturen (von lat.
mal weniger tief entwässert wer-
                                      palus – Sumpf, Morast) heraus.
den muss. Für Grünlandnutzung
                                      Paludikulturen sind Nutzpflanzen,
muss der Wasserstand auf eine
24                                                            BioS-ID 1/2017
die einen höheren Wasserstand       regenerativer Energie genutzt
zum Wachsen und Gedeihen be-        werden, andere als Ersatz für
nötigen. Der hohe Wasserstand       Torf im Gartenbau und andere
sorgt dafür, dass kaum und teil-    wiederum als Dämmmaterial o-
weise sogar gar kein Torf mehr      der als Medikament.
verzehrt und dementsprechend
                                       Auf vielen Versuchsfeldern
kein CO2 freigesetzt wird. Be-
                                    wachsen schon heute Paludikul-
kannteste Paludikultur dürfte in
                                    turen. Über das Versuchsstadium
Norddeutschland das Schilfrohr
                                    ist man aber meist noch nicht
sein. Es wächst an stehenden
                                    hinaus. Das hat eine Reihe von
und langsam fließenden Gewäs-
                                    Gründen. Es fehlen Erfahrung mit
sern. Bekannt ist aber vor allem
                                    einer an nasse Standorte ange-
das Reet, welches aus Schilf ge-
                                    passten Maschinentechnik, ge-
wonnen wird. Zu Bündeln ge-
                                    eignete      Fördermechanismen,
packt wird es zur Dacheinde-
                                    rechtliche Sicherheit, ausrei-
ckung aufgebracht.
                                    chende Flächen und risikoberei-
                                    te, engagierte Landwirte.
                                                    Neben der Pro-
                                                 duktion ist auch die
                                                  Weiterverarbeitung
                                                 noch in den Kin-
                                                 derschuhen.      Es
                                                 fehlen u.a. fertige
                                                      Produktketten,
                                                 Marketing       und
                                                 Händler. Nicht nur
                                                 verlässliche Pro-
                                                 duzenten von Pro-
                                                 dukten aus Paludi-
                                                 kulturen, sondern
   Neben dem Schilf sind auf        auch verlässliche Abnehmer
Niedermoor u.a. Rohrkolben und      werden benötigt.
Schwarzerle,    auf     Hochmoor
                                      Ein weiteres Problem ist, dass
Torfmoose oder Sonnentau wei-
                                    Paludikulturen nicht unter die Ag-
tere Nutzpflanzen, die auf nassen
                                    rarförderung fallen. Lediglich für
Böden angepflanzt werden kön-
                                    die Erforschung der Paludikultu-
nen. Viele der Pflanzen können
                                    ren stehen Fördergelder zur Ver-
als Biomasse zur Erzeugung von
                                    fügung. Die bisherigen Erkennt-
BioS-ID 1/2017                                                      25
nisse deuten aber darauf hin,       steht. Flächen stehen damit nur
dass die meisten Paludikulturen     begrenzt zur Verfügung. Schluss-
ohne eine dauerhafte Förderung      Schlussendlich braucht es auch
nicht gewerblich angebaut wer-      entschlossene und engagierte
den können. Ein weiteres Hin-       Landwirte, die die zur Verfügung
dernis ergibt sich aus dem Nut-     stehenden Flächen nass bewirt-
zungswandel. Die für Paludikultu-   schaften.
ren in Frage kommenden Flä-
                                       Ein schwieriger Weg, der noch
chen liegen in Moorgebieten. Die
                                    zu beschreiten ist; für die Land-
klimaschädliche     Grünlandwirt-
                                    wirte im Moor vermutlich aber der
schaft ist hier erlaubt. Die Um-
                                    einzige, der Ihnen eine Zukunft in
wandlung in klimafreundliche
                                    ihrem Beruf bieten kann.
Paludikulturen ist dagegen kaum
                                                         (Jörgen Birkhan)
möglich, weil das Grünlandum-
wandlungsverbot dem entgegen-

26                                                        BioS-ID 1/2017
TheoPrax mit Gymnasium OHZ, Fraunhofer Institut und
                         BioS
    Im Rahmen eines Seminarfa-      entwickelt. Anschließend haben
ches konnten SchülerInnen des       die Gruppen Angebote erstellt,
Gymnasiums Osterholz-Scharm-        die dann nochmals mit der BioS
beck in Kooperation mit dem         abgestimmt wurden. Im weiteren
Fraunhofer IFAM Bremen soge-        Verlauf des Projektes unterstütz-
nannte „TheoPrax“-Projekte be-      te die BioS die SchülerInnen
arbeiten, die die Verknüpfung       fachlich in ihren Arbeitsprozes-
von Theorie und Praxis im Unter-    sen. Neben Beratungsgesprä-
richt ermöglichen. Dabei werden     chen mit einzelnen Gruppen
an die SchülerInnen „Schubla-       wurden für jedes Projekt soge-
denthemen“ aus der
Arbeitswelt herange-
tragen, die sie bear-
beiten und für die sie
eigenständig       Lö-
sungsansätze entwi-
ckeln müssen. Ziel ist
es, dass sie die
Grundsätze von Pro-
jektmanagement er-
lernen. Am Ende des
Projektes stehen um-
fangreiche Dokumen-
tationen aller Ergeb-
nisse sowie die Präsentation vor    nannte Meilensteinsitzungen zwi-
dem Auftraggeber.                   schen den Arbeitsgruppen (Schü-
                                    lerInnen) und ihrem Auftraggeber
   Themenschwerpunkte des jet-
                                    (BioS) abgehalten.
zigen 12. Jahrgangs waren
„Bach“ und „Moor“. Die BioS hat       Im Zuge dieser Theoprax-
dazu Fragestellungen und Auf-       Arbeit sind vielfältige Projekte
träge vorgestellt. Nachdem sich     entstanden, die ganz unter-
die SchülerInnen einführend mit     schiedliche Ansätze verfolgt ha-
ihrem Themenfeld beschäftigt        ben wie die folgende Übersicht
hatten, wurden in einem Kick-off-   zeigt.
Treffen gemeinsam Projektideen

BioS-ID 1/2017                                                     27
Themenbereich BACH                  dern den Lebensraum Bach spie-
   Geocaches     Scharmbecker       lerisch und mit allen Sinnen er-
Bach: eine digitale „Schnitzel-     lebbar machen kann.
jagd“ entlang des Baches, bei         Erfassung von Langzeitda-
dem mit Hilfe von Koordinations-    ten bezüglich der Gewässer-
punkten Verstecke für Caches        qualität des Scharmbecker Ba-
gefunden werden, die Fragen zur     ches unter Berücksichtigung
Ökologie und Geschichte des         der Auswirkungen der voran-
Fließgewässers enthalten.           gegangenen Renaturierungs-
  Wasserqualität der Wien-          maßnahmen: an unterschiedli-
beck: um mögliche Auswirkun-        chen Stellen des Bachs wurden
                                         biologische und chemische
                                         Parameter erhoben und mit
                                         älteren Daten verglichen,
                                         um eine Aussage zur Quali-
                                         tätsentwicklung durch die
                                          Renaturierungsmaßnahmen
                                         machen zu können.
                                               Regenrückhaltebecken
                                          in Osterholz-Scharmbeck:
                                          Wie gut sind sie? Ver-
                                          schiedene Regenrückhalte-
                                          becken wurden auf Quali-
gen einer Altlast an einem rena-    tätskriterien wie Struktur, Ufer-
turierten Bachabschnitt sowie po-   bewuchs, Wasserqualität usw.
tenzielle Stoff-Einträge einer      untersucht und bewertet.
Tankstelle beurteilen zu können        Erweiterung der Website der
wurden an drei Abschnitten des      Biologischen Station Oster-
Bachs chemische Parameter er-       holz-Scharmbeck um die von
fasst, mit deren Hilfe man Aus-     den SchülerInnen gewonnenen
sagen zur Wasserqualität ma-        Ergebnisse zum ökologischen
chen kann.                          Zustand des Scharmbecker
  Entwicklung von Materialien       Baches: um die Öffentlichkeit
zu     einem       Bach-Erlebnis-   über die Ökologie des Baches
parcours für Kinder im Kinder-      informieren zu können, wurden
garten- und Grundschulalter:        die im Rahmen von Projektar-
es wurden Ideen entwickelt und      beiten gewonnenen Ergebnisse
erprobt, mit Hilfe derer man Kin-   der    SchülerInnen für   eine
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Präsentation im Internet aufgear-    Szene gesetzt und mit dem Ver-
beitet.                              lauf des Spieles auch bewertet.

Themenbereich MOOR:
  Produktion von visuell un-
terstützenden      Unterrichts-
materialien zum Thema Moor
und Klimaschutz: von der
BioS konzipierte Experimente
wurden durchgeführt, dabei
gefilmt und kommentiert und
damit ein Lehrfilm hergestellt.
  Das Thema Moor wird an-
hand interaktiver Anschau-              Verwendung          torfhaltiger
ungsmöglichkeiten für Kinder         Blumenerde – Verbraucherver-
ab der 5.Klasse experimentell        halten auf dem Prüfstand: an-
erfahrbar gemacht: um Kin-           hand einer Bürgerbefragung
dernn einen spielerischen Zu-        werden der Kenntnisstand be-
gang zum Thema Moor und Kli-         züglich der ökologischen Prob-
maschutz zu ermöglichen, wur-        leme durch die Verwendung von
den verschiedene Elemente ent-       torfhaltiger Gartenerde themati-
wickelt, z. B. ein mobiler Ver-      siert und Alternativen aufgezeigt.
suchsbaukasten,    ein    Moor-         Die Projektergebnisse wurden
Memory oder ein Daumenkino.          Anfang Januar der Schülerschaft
  Darstellung des Lebens im          im Gymnasium vorgestellt. Am 3.
Moor in Form eines kindge-           März konnten die Theoprax-
rechten Sachbuchs für Kinder-        Arbeiten im Rahmen einer klei-
garten- und Grundschulkinder:        nen Ausstellung im „Haus am
zwei Tiere führen die Kinder als     Markt“ einer breiteren Öffentlich-
Protagonisten und Sympathieträ-      keit präsentiert werden. Unter
ger erzählerisch durch das Moor      anderem haben Kindergarten-
mit seiner Tier- und Pflanzenwelt.   und Schülergruppen das Angebot
  Entwicklung eines Brett-           wahrgenommen und die Ausstel-
spiels über Klima und Moor:          lung besucht sowie die Materia-
Fauna, Flora, Nutzung, Gefähr-       lien ausprobiert, bzw. selber Ver-
dung und Schutz des Moores           suche durchgeführt
                                              (Astrid Baumann, Imme Klencke)
und Klimas werden spielerisch in

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Die 1. Tranche der Sammelverordnung ist jetzt
                            rechtskräftig

  Die Überraschung kam zum
                                      Die Verwendung genetisch
Schluss: Nachdem die Verwal-
                                       veränderter Pflanzen oder
tung aufgrund fehlender politi-
                                       genetisch       veränderten
scher Mehrheiten nicht nur die
                                       Saatguts ist nicht nur in Na-
Schutzgebietskulisse,  sondern
                                       tura 2000 Gebieten, son-
auch der Regelungstiefe der
                                       dern in der gesamten
Verordnung immer weiter ein-
                                       Schutzgebietskulisse ver-
schränken musste, gab es in der
                                       boten.
entscheidenden Kreistagssitzung
eine überraschende
Wende.
   Die SPD sah die
„rote Linie“ über-
schritten und bildete
gemeinsam         mit
Grünen und Linken
eine neue Mehrheit
im Kreistag. Mit die-
ser Mehrheit wurden
nicht nur die zuletzt
eingebrachten Lö-
schungsanträge für
weitere Flächen des
LSGs Teufelsmoor
abgelehnt, sondern
weitere Regelungen
im Sinne des Natur-
schutzes beantragt
und      mehrheitlich
beschlossen. We-
sentliche     Inhalte
sind:

30                                                      BioS-ID 1/2017
 Als Methode der Grünland-        Das Verbot der Verwen-
     erneuerung wird im gesam-         dung von Bleischrot wurde
     ten   FFH-Gebiet      (NSG        von den NSGs und der
     Hammeniederung          und       Jagd an Gewässern auf die
     größte Teile des NSGs             gesamte Schutzgebietsku-
     Teufelsmoor) neben dem            lisse ausgeweitet.
     Einsatz von Totalherbiziden
                                      Das Jagdverbot von Kri-
     auch die Bodenbearbei-
                                       ckente und Rebhuhn wurde
     tung, die mit einer Zerstö-
                                       vom EU-Vogelschutzgebiet
     rung der Grasnarbe ver-
                                       auf das gesamte Schutz-
     bunden ist (z. B. Fräsen),
                                       gebiet ausgeweitet.
     generell verboten.
                                      Totschlagfallen wurden in
    Der einzuhaltende Abstand
                                       einem Abstand von 100 m
     zu bekannten Nestern von
                                       zu allen Gewässern 1. Und
     Bodenbrütern bei der Mahd
                                       2. Ordnung verboten.
     wurde von 5 m auf 10 m
     ausgeweitet.
                                      Wir freuen uns über diesen
    Die Prüfung des Bestand-
                                   kleinen Beitrag zum Erhalt der
     schutzes für Ackerflächen
                                   seltenen und EU-weit wertvollen
     erfolgt explizit auch unter
                                   Arten und Lebensgemeinschaf-
     Heranziehung der FFH-
                                   ten der Hammeniederung und
     und EU-Vogelschutzricht-
                                   des Teufelsmoors.(Jutta Kemmer)
     linie.

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