ÄSTUAR 21 Zukunftsfähig für Mensch und Natur Europäische Beispiele der Ästuarentwicklung mit Blick auf die Tideelbe - WWF Deutschland

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ÄSTUAR 21 Zukunftsfähig für Mensch und Natur Europäische Beispiele der Ästuarentwicklung mit Blick auf die Tideelbe - WWF Deutschland
Dokumentation und
                                                  Empfehlungen

ÄSTUAR 21
Zukunftsfähig für Mensch und Natur
Europäische Beispiele der Ästuarentwicklung
mit Blick auf die Tideelbe
ÄSTUAR 21 Zukunftsfähig für Mensch und Natur Europäische Beispiele der Ästuarentwicklung mit Blick auf die Tideelbe - WWF Deutschland
Herausgeber: WWF Deutschland, Berlin; Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg
Stand: Mai 2010
Redaktion / Kontakt: Beatrice Claus (WWF), Dorothea Derksen (Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg)
Fotos: Walter Rademacher
Layout: astrid ernst - Text- und Webdesign, Bremen

© 2010 WWF Deutschland, Berlin; Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Herausgeber.
Inhalt
Vorwort ................................................................................................................................................ 4
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Tagung ................................................................ 5
2 Anlagenverzeichnis ......................................................................................................................... 7
   A.1 - 14 Kurzfassungen der Vorträge ...................................................................................... 8-22
   A.15 Dokumentation der Abschlussstatements .......................................................................... 23
   A.16 Tabellarische Zusammenstellung aller Empfehlungen ...................................................... 24

                                                                                                               WWF Deutschland / BSU Hamburg                 3
Vorwort
    Ästuare, eine spezielle Form von Mündungen der Flüsse ins Meer, sind Zonen hoher ökologischer Wertigkeit. In
    Europa sind sie größtenteils als Naturschutzgebiete gesichert. Gleichzeitig fungieren sie als wichtige Schifffahrts-
    straßen zu bedeutenden Hafenstandorten.

    Im Oktober 2009 luden die BSU Hamburg und der WWF Hamburg europäische Experten zu einer internationalen
    Tagung zum Austausch und gemeinsamen Lernen. Folgende Fragen standen dabei im Vordergrund: Wie lassen
    sich Hochwasser-, Gewässer- und Naturschutz in den hochempfindlichen Gebieten des Übergangs vom Fluss ins
    Meer verknüpfen, um die Sicherheit der Menschen, Sachgüter sowie den Arten- bzw. Gebietsschutz zu gewähr-
    leisten? Wie kann der Lebensraum Ästuar entwickelt werden, damit die Elbe die Auswirkungen des Klimawandels
    und der boomenden Schifffahrt zwischen Hamburg und der Nordsee verkraftet?

    Experten für Hochwasser-, Gewässer- und Naturschutz sowie solche für Raumordnung und Verkehr aus Großbri-
    tannien, Belgien, den Niederlanden und den verschiedenen Bundesländern berichteten über ihre praktischen Er-
    fahrungen. Erfolgreiche Projektbeispiele mit dem Ziel eines integrierten Ästuarmanagements wurden vorgestellt,
    positive Entwicklungen diskutiert.

    Die Vorträge und Diskussionen waren geeignet, um Empfehlungen abzuleiten, die wiederum helfen, Einwände zu
    antizipieren und mögliche Widerstände bei Maßnahmen wie Deichrückverlegungen, Nebengewässeranbindungen,
    Ufergestaltungen und Flutraumschaffung (s. Anlage 16) zu überwinden.

    In einem Folgeworkshop im kleinen Rahmen haben wir unter Beteiligung von NABU und BUND die aus unserer
    gemeinsamen Sicht wesentlichen Empfehlungen herausgearbeitet. Sie werden in dieser Kurzdarstellung präsentiert.

    Die Berichte über die verschiedenen Maßnahmen in Europa haben uns gelehrt, dass der Erfolg oder Misserfolg
    von Maßnahmen zum Schutz und zur Entwicklung des Ästuars entschieden von den betroffenen Gegebenheiten
    abhängt. In diesem Heft stellen wir die sechs als wesentlich herausgearbeiteten Empfehlungen für das erfolgreiche
    und zielorientierte Vorgehen dar. Sie seien allen Akteuren für ihre Arbeiten zum Schutze und zur Entwicklung der
    Gewässersysteme – über EG-WRRL und NATURA 2000 und FFH-Richtlinie hinaus - zur Umsetzung angeboten.

    Für die Moderation der internationalen Tagung und des Folgeworkshops (mit Bericht) bedanken wir uns bei Senator a.D. Alexander Porschke
    von der Gesellschaft für Umwelt, Entwicklung und Kommunikation mbH.
    Die ausführlichen Referate sind unter http://www.wwf.de/themen/meere-kuesten/aestuare/ im Internet zu finden, deren Kurzfassungen in den
    Anlagen 1-14 beigefügt.

4      WWF Deutschland / BSU Hamburg
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Tagung
Um Hochwasser-, Gewässer- und Naturschutz in den           3. Ökologische Zielsetzungen ordnen
hochempfindlichen Gebieten des Übergangs vom Fluss          Die naturnahen ästuartypischen Lebensräume sollten im
ins Meer so zu verknüpfen, damit die Sicherheit von        Elbe-Ästuar Vorrang haben. Sie gilt es zu erhalten, wie-
Menschen und Sachgütern sowie der Arten- bzw. Ge-          derherzustellen und zu entwickeln. Dazu können auch
bietsschutz berücksichtigt bleiben, sind Maßnahmen         ästuartypische Kulturlandschaften gehören. Im Ästuar
wie Deichrückverlegungen, Öffnungen von Sommer-            muss ästuartypische natürliche Dynamik zugelassen und
deichen, Nebengewässeranbindungen, Ufergestaltun-          die natürliche Biodiversität gefördert werden. Für be-
gen, Flutraumschaffung binnendeichs und Ähnliches          drohte Arten, die nicht auf ästuartypische Lebensbedin-
erforderlich.                                              gungen angewiesen sind und die durch die Entwicklung
                                                           ästuartpischer Lebensräume verdrängt werden, sollten
Derartige Maßnahmen vergrößern den Raum für die            Ausweichmöglichkeiten außerhalb der möglichen Über-
Ausbreitung der Wassermenge und verringern dadurch         flutungsflächen im Binnenland geschaffen werden.
die maximalen Wasserstände. Sie ermöglichen die Ent-
wicklung des Naturraumes im Sinne des NATURA 2000          4. Flächensicherung langfristig orientieren
Konzeptes durch die Wiederherstellung ästuartypischer      Um die öffentlichen Ziele an den Gewässern wie ge-
Dynamiken. Auf dem Weg zum guten ökologischen              wünscht durchsetzen zu können, ist eine langfristig
Zustand der Gewässer, wie von der EG-Wasserrahmen-         orientierte Flächensicherung durch Vorkaufsrechte und
richtlinie (WRRL) gefordert, stellen sie wichtige Maß-     der Erwerb möglicher Tauschflächen nötig. So ließe sich
nahmen dar: Sie reduzieren die Tideenergie und wirken      vermeiden, dass Eigentümer einzelner Privatflächen die
der Verschlickung der Elbe-Fahrrinne entgegen. Auf der     Durchsetzung des öffentlichen Interesses blockieren.
anderen Seite berühren dergleichen Eingriffe die Inter-    Legitime Nutzerinteressen können so über Flächen-
essen Betroffener. Zu guter Letzt kommt es darauf an,      tausch befriedigt werden.
auf jene Widerstände angemessen zu reagieren, die der
Verwirklichung derartiger Maßnahmen entgegenstehen.        5. Verkehrs- und ökologische Interessen aus-
                                                              balancieren
Aus den Erfahrungen in anderen Ästuaren Europas            Im Elbeästuar ist ein angemessenes Gleichgewicht aus
lassen sich dazu folgende Empfehlungen ableiten:           Verkehrs-, Naturschutz-, Gewässerschutz- und Hoch-
                                                           wasserschutzinteressen wünschenswert. Ökonomisch
1. Durch Kommunikation zur Partnerschaft                   motivierte Verkehrsinteressen sollten nicht länger auf
Beizeiten sollte mit den von der Ästuargestaltung Be-      Kosten der übrigen Interessen verwirklicht werden.
troffenen das vertrauensbildende Gespräch gesucht wer-     Stattdessen sollten Schäden der Vergangenheit repariert
den. Aufrichtigkeit und Respekt auch gegenüber kon-        werden.
trären Interessen hilft dabei, Konflikte zu erkennen. Mit
frühzeitigem Zugang zu vorliegendem Wissen sowie           6. Finanzierung
mit Informationen für die Öffentlichkeit und interes-      Die Finanzierung von Deichrückverlegungen, Öffnun-
sierte Stellen sollte versucht werden, die gemeinsamen     gen von Sommerdeichen, Nebengewässeranbindungen,
Herausforderungen bei der Entwicklung des Ästuars          Ufergestaltungen, Flutraumschaffung binnendeichs
partnerschaftlich anzugehen.                               muss vor dem Hintergrund ihrer Lebensdauer bewertet
                                                           werden. Das Neue Hamburger Haushaltwesen (NHH)
2. Vom Hochwasserschutz zum Risikomanagement               ermöglicht mit der betriebswirtschaftlichen Bewertung
Der Schutz der Menschen vor Hochwassergefahren ist         eine verbesserte Kosten-Nutzen-Analyse, die für die
heute meist mit der Einschnürung der Gewässer und          oft langfristig wirtschaftlicheren, ökologisch orientier-
einer fixierten Deichlinie verbunden. Ratsam wären Stra-    ten Maßnahmen von Vorteil ist. Die Nutzer der Elbe
tegien zu einem modernen Hochwasser-Risiko-Manage-         sollten an der Finanzierung der Ästuarentwicklung
ment gemäß der EU-Richtlinie. Damit würde einerseits       z.B. über die Hafengebühr oder eine Tiefgangsgebühr
zwischen dem Schutz der Menschen und dem Schutz            angemessen beteiligt werden. Die 4%ige Erhöhung der
der Wiesen andererseits unterschieden und hochwertige      Hafengebühren 2009 hat bereits diesen Weg gewiesen.
Nutzungen aus möglichen Überschwemmungsgebieten            Maßnahmen zur Minderung der Tideenergie durch
herausgehalten. Der Hochwasserschutz würde an die          Schaffung von Überflutungsräumen senken die Unter-
Nutzungen angepasst und die Nutzungen würden auch          haltungskosten für die Erhaltung der Fahrwassertiefe.
an den Hochwasserschutz angepasst werden können.

                                                                                    WWF Deutschland / BSU Hamburg      5
Deshalb sollten sie aus deren Mitteln (mit)finanziert
    werden. Hamburg gibt zurzeit um die 45 Mio. € jährlich
    für die Unterhaltsbaggerung aus. Die WSV des Bundes
    dürfte weitere Baggerkosten in einer ähnlichen Größen-
    ordnung haben. In Zukunft wird ein Teil davon in die
    Bekämpfung der Ursachen zu investieren sein.

6     WWF Deutschland / BSU Hamburg
2 Anlagenverzeichnis
Kurzfassungen der Vorträge
A1 -     Roger Morris (Senior Specialists, Ports & Estuaries, Natural England)
         „Flussrenaturierung und Geomorphologie: Fallbeispiele für Projektplanung
         und Projektdesign“ ................................................................................................................. 8
A2 -     Tony Edwards (Flood Risk Management, Environmental Agency)
         „Integriertes Management am Humber Ästuar“ ..................................................................... 9
A3 -     Kevin House (TE2100 Socio-environmental Strategy Manager, Environmental Agency)
         „Hochwasserschutzprogramm für die Themse: Thames Estuary Plan 2100“ ....................... 11
A4 -     Erica van Bergh (Research Institute for Nature and Forest)
         „Integrierter Managementplan für das Scheldeästuar” .......................................................... 12
A5 -     Toon Tessier (Antwerpen Port Authority)
         „Naturschutz und Hafenentwicklung aus Sicht des Hafens Antwerpen“ .............................. 13
A6 -     Gerad Litjens (WWF-Niederlande)
         „Naturverträgliche Anpassung der Küste an den Klimawandel“ .......................................... 14
A7 -     Dr. Michael Schirmer (Bremischer Deichverband)
         „Auswirkungen des Klimawandels auf die norddeutschen Ästuare: Herausforderungen
         für den Hochwasser- und Naturschutz“ .................................................................................. 15
A8 -     Martin Rode (BUND Bremen)
         „Öffnung von Sommerdeichen und Vergrößerung des Tideeinflusses an der Weser“ ........... 16
A9 -     Dr. Günther Eichweber (Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord)
         „Neue Wege der Unterhaltung der Wasserstraße Tideelbe“ .................................................. 17
A 10 - Dr. Elisabeth Klocke (Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg)
       „Integrierter Bewirtschaftungsplan Elbeästuar“ .................................................................... 18
A11 - Manfred Meine (Hamburg Port Authority)
      „Schaffung des tidebeeinflussten Flachwassergebietes Spadenlander Busch/Kreetsand als
      Pilotprojekt für ein nachhaltiges Ästuarmanagement im Rahmen des Tideelbekonzepts“ ... 19
A12 - Dr. Rene Schwartz, Peter Wilkens (Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg)
      „Wärmelast- und Kühlwassermengenplan als zwei Instrumente zur Umsetzung der Ziele
      der EG-WRRL in der Tideelbe“ ............................................................................................ 20
A 13 - River Fu (WWF China)
       Weltweite Allianz zum Schutz der Ästuare (WEA) ............................................................... 21
A 14 - Beatrice Claus (WWF-Deutschland)
       „Zukunftsfähige Ästuarentwicklung aus Sicht des WWF“ ................................................... 22

A 15 - Dokumentation der Abschlussstatements vom 1. Oktober
       „Ästuar 21: Zukunftsfähig für Mensch und Natur - Europäische Beispiele der
       Ästuarentwicklung mit Blick auf die Tideelbe“ .................................................................... 23

A 16 - Tabellarische Erfassung der Empfehlungen,
       die helfen, Hindernisse bei Maßnahmen wie Deichrückverlegungen, Nebengewässer-
       anbindungen, Ufergestaltungen, Flutraumschaffung binnendeichs u.a. zu überwinden ....... 24

                                                                                                           WWF Deutschland / BSU Hamburg          7
A1 - Roger Morris (Senior Specialists, Ports & Estuaries, Natural England)
         „Flussrenaturierung und Geomorphologie: Fallbeispiele für Projekt-
         planung und Projektdesign“
    Diese Präsentation widmet sich den technischen Aspek-      Es gibt viele Möglichkeiten Seedeiche zu verlegen,
    ten von Deichrückverlegungen. Es werden die Hinter-        aber genauso gibt es auch viele „Stolperfallen“. Die
    gründe der Verlegungen und die Voraussetzungen für         Schlüsselfrage besteht darin, sich daran zu erinnern,
    die Entscheidungsfindung dargestellt.                       dass das Wasser über sehr lange Zeiten gewaltigen
                                                               Druck ausübt und dass deshalb eine vorsichtige Pla-
    Deichrückverlegungen sind Teil eines Verfahrens, mit       nung unerlässlich ist. Der wichtigste Punkt dabei ist,
    dem neue Küstenschutzlinien entwickelt werden, und         dass die Schaffung von Einengungen zu erhöhten Strö-
    dienen nicht der Aufgabe des Küstenschutzes. Optima-       mungsgeschwindigkeiten führt und damit zu Erosion,
    lerweise sollten die Deiche auf höhere Geländeniveaus      wo sie nicht erwünscht ist. Diese Präsentation dient
    zurückgesetzt werden, aber das ist nur selten möglich.     dazu, zu zeigen, wie manche dieser „Stolperfallen“
    Eine alternative Vorgehensweise ist die Entwicklung        vermieden werden können.
    einer neuen Deichlinie weiter im Binnenland. Dieses
    in Kombination mit der Auflandung des Vorlandes
    sowie der Entstehung von Schlickwatt und Salzmar-
    schen stärkt den Küstenschutz, so dass dieser dem
    steigenden Meeresspiegel und den häufigeren Stürmen
    gewachsen ist.

    Leider werden Deichverlegungen größtenteils als Na-
    turschutzinstrument angesehen und häufig mit Renatu-
    rierungs- und Kompensationsmaßnahmen zur Umset-
    zung der FFH-RL in Verbindung gebracht sowie mit
    Maßnahmen zur Erreichung des „Guten ökologischen
    Zustandes“ oder des „Guten ökologischen Potenzials“
    gemäß WRRL. Selbstverständlich sind beide Aspekte
    wichtig, aber sie übersehen die wesentlichen Grund-
    lagen des Küstenmanagements: Mit steigendem Mee-
    resspiegel wird es zunehmend schwierig werden, die
    aktuellen Deichlinien zu halten, und die dafür anfallen-
    den Kosten werden exponentiell steigen.

    Die Fokussierung auf den ökologischen Nutzen be-
    deutet, dass die breite Öffentlichkeit die Verlegung
    als unnötiges Übel sieht, gegen das man sich mit aller
    Macht wehren muss. Es gibt regelmäßige Aufrufe für
    die Auflösung von Behörden, die diese Vorgehensweise
    des Küstenmanagements unterstützen, und das Risiko
    besteht darin, dass Politiker darauf hören werden.

8     WWF Deutschland / BSU Hamburg
A2 - Tony Edwards (Flood Risk Management, Environmental Agency)
     „Integriertes Management am Humber Ästuar“

Der Humber ist eines der wichtigsten Ästuare der          Durch Investitionen in verbesserte Abwasserbehand-
Nordsee und hat ein Einzugsgebiet, das eine Fläche von    lung ist die Verschmutzung in den vergangenen 20
24.470 km² entwässert mit einer Bevölkerung von           Jahren erheblich reduziert worden. Dennoch sind die
11 Mio. Menschen. Er hat einen Springtidenhub von         Nährstoffwerte relativ hoch, obwohl Algenblüten nicht
7 m. Der Humber beherbergt den größten Hafenkom-          vorkommen. Im Badeort Cleethorpes, welcher in der
plex Großbritanniens, der 2008 über 92 Mio. Tonnen        Mündung liegt, werden die Standards der Badegewäs-
Fracht umschlug, sowie wichtige Industrieanlagen. We-     serrichtlinien eingehalten.
gen der Bedeutung für Vögel und andere Tiere wurde
der Humber als „Marines Schutzgebiet“ ausgewiesen.        Viele Unternehmen und öffentliche Körperschaften
Ein Großteil der vom Menschen genutzten sowie hoch-       haben Interesse am Wohlergehen des Humbers, aber
wertige landwirtschaftlich genutzte Flächen entlang des   keine einzelne Organisation hat das ganze Wissen,
Humbers befinden sich im tidebeeinflussten potenziel-       die gesetzlichen Befugnisse oder die Ressourcen, um
len Überflutungsgebiet – das Klima verändert sich und      sicherzustellen, dass alle gesetzmäßigen Nutzer und
der Meeresspiegel steigt.                                 Nutzungen des Humbers – Menschen, Schifffahrt,
                                                          Industrie, Landwirtschaft, Naturschutz, Freizeit, Ar-
Das gesamte Mündungsgebiet ist als europäisches           chäologie und Kulturerbe – im Einklang stattfinden
Vogelschutzgebiet ausgewiesen und als Schutzgebiet        können. Partnerschaftliche Vereinbarungen im ganzen
gemäß der FFH-Richtlinie gemeldet worden. Alle Ak-        Ästuarbereich und auf örtlicher Ebene tragen demnach
tivitäten im Bereich des Humbers sowie im Hinterland      zum integrierten Management bei. Das Engagement der
müssen dies berücksichtigen. Das Humber-Manage-           örtlichen Gemeinden und Unternehmen ist dabei von
mentkonzept wurde 2005 von einer Partnerschaft aus        großem Belang.
34 Organisationen veröffentlicht, die rechtlich jeweils
für Gewässerschutz, Entwässerung und Hochwas-             Die zukünftigen Herausforderungen beinhalten die Auf-
serschutz, Naturschutz, Schifffahrt und Häfen sowie       rechterhaltung eines effektiven Hochwasserschutzes
Raumplanung verantwortlich sind. Das Konzept legt         sowohl für eine Bevölkerung von über 500.000 Men-
dar, wie die Auswirkungen dieser Aktivitäten mit den      schen, die im potenziellen Überflutungsgebiet leben,
Anforderungen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in       wie auch für die lebensnotwendigen industriellen und
Einklang gebracht werden. Für das Humber-Einzugs-         verkehrstechnischen Anlagen und eine Verbesserung/
gebiet muss ein Bewirtschaftungsplan gemäß der Was-       Erweiterung des Naturschutzes. Entlang des Humbers
serrahmenrichtlinie erstellt werden, der im Dezember      bestehen Interessen für weitere Hafenentwicklungen
2009 veröffentlicht wird.                                 sowie verstärkt an Investitionen in Biokraftstoffe und
                                                          andere Industrien hinsichtlich erneuerbarer Energien.
Derzeit werden Deiche zurückverlegt, um neue tide-        Außerdem gibt es eine potenzielle Konkurrenz an der
beeinflusste Lebensräume zu schaffen, um Eingriffe in      Humber-Mündung um Land für Landwirtschaft, Non-
den Naturhaushalt durch Küstenschutzmaßnahmen für         Food-Agrargüter und für die Einrichtung weiterer tide-
Gemeinden zu kompensieren und um Vorlandverluste          beeinflusster Lebensräume.
durch den steigenden Meeresspiegel auszugleichen so-
wie als Kompensationsmaßnahme für Naturzerstörung
durch Hafenerweiterungen. Das größte Rückdeichungs-
projekt hat eine Fläche von 440 ha und erfüllt mehrere
Zwecke: Verbesserung des Hochwasserschutzes, Schaf-
fung von Lebensräumen, nachhaltige Landwirtschaft
sowie Möglichkeiten für Vogelbeobachtung, Freizeit
und Bildung.

Die Projekte haben Informationen für viele, z.T. euro-
päische, Forschungs- und Entwicklungsprogramme be-
züglich Ästuar- und Küstenmanagement geliefert.

                                                                                 WWF Deutschland / BSU Hamburg     9
Erfahrungen:
     • Eine solide wissenschaftliche Basis ist für die Ent-
        scheidungsfindung wichtig.
     • Vorsichtige Planung ist notwendig, damit die Um-
        weltschutzbestimmungen nicht verletzt werden.
        Neue Lebensräume müssen bereitgestellt werden
        in Fällen, wo „zwingende Gründe des vorrangigen
        öffentlichen Interesses“ Vorhaben mit erheblichen
        negativen Auswirkungen auf die Ziele der Umwelt-
        und Naturschutzrichtlinien legitimieren. Dies gilt
        auch für Küstenschutzmaßnahmen.
     • Die Deichrückverlegungen sind geeignete Mittel, um
        tidebeeinflusste Lebensräume zu schaffen und um
        dem steigenden Meeresspiegel entgegenzuwirken.
     • Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Orga-
        nisationen ist unerlässlich.
     • Von großer Wichtigkeit ist das Zuhören und Verste-
        hen der Bedürfnisse der Menschen und Unterneh-
        men sowie deren Beteiligung.
     • Mit dem Klimawandel werden die Herausforderun-
        gen hinsichtlich des Schutzes von Natur, Wasserqua-
        lität, Industrie, Landwirtschaft und der Gemeinden
        steigen.

10     WWF Deutschland / BSU Hamburg
A3 - Kevin House
       (TE2100 Socio-environmental Strategy Manager, Environmental Agency)
       „Hochwasserschutzprogramm für die Themse:
       Thames Estuary Plan 2100“
TE2100 ist ein langfristiger Plan der Umweltbehörde      Die TE2100-Herangehensweise steht im Einklang mit
für den Hochwasserschutz an der tidebeeinflussten         der britischen Regierungspolitik zum Hochwasser-
Themse. Das TE2100-Gebiet umfasst die Themse-            schutz, detailliert beschrieben in Making Space for
flussmündung, die tidebeeinflussten Nebenarme und          Water (Defra 2004). Danach sind Hochwasserschutz-
die Überflutungsgebiete von Teddington bis Shoebu-        pläne erforderlich, die nicht nur technische Sicherheit
ryness und Sheerness. Betroffen sind etwa 500.000        bieten, sondern auch sozioökonomische und Umwelt-
Haushalte und 40.000 nicht bewohnte Besitztümer,         aspekte berücksichtigen. Den Möglichkeiten mit dem
inklusive wichtiger Regierungs- und Finanzzentren in     Flutrisiko und der Anpassung daran zu leben sowie der
London. Das Ästuar hat eine hohe Bedeutung für den       Speicherung von Hochwässern kommt dabei eine hö-
Naturschutz und ist einer der fünf wichtigsten Fluss-    here Bedeutung zu, als auf immer größere und höhere
mündungen in Europa für Vögel.                           Küstenschutzbauwerke zu setzen, um den Klimawandel
                                                         zu bekämpfen.
Die gegenwärtigen Küstenschutzbauwerke verfallen
zunehmend und werden ihre geplante Lebenserwartung       Dieses Hochwasserschutzkonzept integriert Umwelt-
in etwa 20 bis 30 Jahren erreicht haben. Dies, verbun-   schutz- und andere Richtlinien. Eine besondere Be-
den mit dem Potenzial zunehmender Häufigkeit und          deutung haben die Richtlinie zur strategischen Um-
Intensität der Hochwässer infolge sozioökonomischer      weltverträglichkeitsprüfung, die NATURA 2000 und
Veränderungen und des Klimawandels, sind die Hinter-     die Wasserrahmenrichtlinie, welche die Zustände der
gründe für die Entwicklung des TE2100-Hochwasser-        international wichtigen Naturschutzgebiete erhalten
schutzprogramms für das Themseästuar.                    und schützen sowie die Gewässerqualität der Themse
                                                         erhalten und verbessern sollen.
Inhalte des TE2100:
• Unsere Vision für den tidebeeinflussten Hochwas-        Die Richtlinien und ihre Umsetzungsprozesse haben die
   serschutz in London und das Themseästuar mit dem      Nachhaltigkeit des Hochwasserschutzkonzepts positiv
   Ziel, dauerhafte Lösungen mit multifunktionalen       beeinflusst und die Einbindung unserer Interessengrup-
   Vorteilen zu schaffen;                                pen gefördert. Auf diese Weise wurde die Suche nach
• Einen kurz-, mittel- und langfristigen Aktionsplan     Möglichkeiten für Kooperationen und Partnerschaften
   und Investitionsprogramm für strategische Hoch-       für mulitifunktionale Lösungen erleichtert.
   wasserschutzoptionen.
• Eine klare Erläuterung für den Umgang mit den          Schwerpunkte:
   Unsicherheiten der sich verändernden zukünftigen      • Hochwasserschutz
   Umwelt, unter Berücksichtigung des wechselnden        • Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel
   Klimas und diverser sozioökonomischer Szenarien       • Nachhaltigkeit für die Umwelt
   für die nächsten 100 Jahre.
                                                         Wenn Sie weitere Informationen erhalten möchten,
Umsetzung des TE2100-Plans:                              besuchen Sie: www.environment-agency.gov.uk/te2100
Es gibt drei Phasen der Umsetzung, jede mit einem
anderen Schwerpunkt.

Phase 1: Die ersten 25 Jahre (2010 – 2034) –
         „Vertrauen erhalten und zusammen planen”
Phase 2: Die mittleren 35 Jahre (2035 – 2069) –
         „Erneuerung und Umgestaltung des
         Flussufers”
Phase 3: Die letzten 30+ Jahre ab 2070 –
         „Vorbereitung und Fortschreiten
         ins 22. Jahrhundert”

                                                                                 WWF Deutschland / BSU Hamburg     11
A4 - Erica van Bergh (Research Institute for Nature and Forest)
          „Integrierter Managementplan für das Scheldeästuar“

     Das Scheldeästuar, mit seinen Watt- und Marschflächen       schaftlichen Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen, um
     entlang eines Salzgradienten, im Übergang vom Meer-        das optimale Szenario mit akzeptablen Auswirkungen
     ins Süßwasser, ist fast einzigartig in Europa. Der Hafen   auf die Umwelt und gesellschaftlichen Kosten, Nutzen
     Antwerpens, etwa 80 km stromaufwärts gelegen, ist be-      und Akzeptanz auszuwählen. Die geplanten Maß-
     sonders für den Container-Verkehr wichtig und für das      nahmen müssten sich jetzt in einer operativen Phase
     wirtschaftliche Wohlergehen Flanderns lebensnotwen-        befinden.
     dig. Zudem verlangen steigende Wasserstände in Hoch-
     wassersituationen nach verstärktem Hochwasserschutz.
     Vor diesem Hintergrund wurde eine langfristige Vision
     für das Scheldeästuar (LTVS) als Grundlage für einen
     Managementplan definiert: „Die Entwicklung eines
     gesunden und multifunktionellen Ästuarsystems, das
     auf nachhaltige Art und Weise für menschliche Zwecke
     genutzt werden kann.“ Im niederländisch-flämischen
     Managementplan werden für den Zustand der Fluss-
     mündung bis zum Jahre 2030 Ziele festgelegt sowie die
     Management-Maßnahmen, um diese zu erreichen.

     Qualitätsziele aus drei zentralen Perspektiven (Zugäng-
     lichkeit der Häfen, Sicherheit für Menschen vor Über-
     flutungen im dicht besiedelten Einzugsbereich sowie
     Gesundheit des Ökosystems/Naturschutz) wurden 2001
     von beiden Regierungen festgelegt; bilaterale Verein-
     barungen für die stufenweise Einführung wurden im
     März 2002 unterzeichnet. Die Ziele von NATURA
     2000 sowie die ökologischen Qualitätsziele der WFD
     (Wasserrahmenrichtlinie) sind in den Plan eingeflossen.
     Für das Monitoring wurde ein bilaterales, integriertes
     Überwachungs- und Forschungsprogramm eingerichtet.
     Im ersten Schritt wurden Ziele und Managementmaß-
     nahmen für das Jahr 2010 festgelegt, einer integrierten
     Umweltverträglichkeitsprüfung sowie einer gesell-

12     WWF Deutschland / BSU Hamburg
A5 - Toon Tessier (Antwerpen Port Authority)
     „Naturschutz und Hafenentwicklung aus Sicht des Hafens Antwerpen“
Der Hafen Antwerpens, der viertgrößte Hafen der           Seitdem Umweltbelange bei den Hafenentwicklungsde-
Welt und auf dem elften Rang hinsichtlich Contai-         batten an Bedeutung gewonnen haben und zum „heißen
nerumschlag, wird verwaltet durch eine autonome           Eisen“ geworden sind, wird ein verlässliches, langfristi-
städtische Behörde, die Antwerp Port Authority. Sie ist   ges Konzept auf der Basis einer nachhaltigen Entwick-
Eigentümer der Hafenbecken und aller Gelände, die         lung und dem Schutz der biologischen Vielfalt für die
auf der rechten Uferseite der Schelde von Hafenbetrei-    Entwicklung des Hafens als unerlässlich angesehen.
bern und Industrien genutzt werden, sowie Teilen der      Die aktuelle Präsentation hat zum Ziel, einen Überblick
Hafeninfrastruktur. Des Weiteren ist die Antwerp Port     über die angewandten Methoden zu geben, die die wirt-
Authority für die Verwaltung des Hafens auf der linken    schaftliche Entwicklung sichern sollen, indem u.a. eine
Uferseite verantwortlich, wodurch die Anwendung von       zusammenhängende und nachhaltige Umsetzung der
einheitlichen Richtlinien auf beiden Seiten des Flusses   ökologischen Anforderungen angestrebt wird. Während
gesichert ist. Wegen seiner Lage flussaufwärts, im Lan-    diese Methoden auf der Landseite des Hafens erfolg-
desinneren, liegt der Hafen besonders nah an seinem       reich sind, wie durch das kürzlich genehmigte Natur-
natürlichen Einzugsgebiet.                                entwicklungsprogramm des Hafengebiets und dessen
                                                          Umgebung zeigt, sieht die Anwendung dieser Metho-
Das Antwerpener Hafengebiet ist ein höchst kompli-        den in der Schelde-Mündung, anders aus. Die Präsenta-
ziertes und multifunktionales Gebiet, in dem sich ver-    tion endet mit der Darstellung der Schwierigkeiten und
schiedene Ambitionen und Ziele zwangsläufig begeg-         mit Empfehlungen zur Lösung der Probleme.
nen und miteinander konkurrieren. Die Gewährleistung
und das Stimulieren der maritimen und industriellen
Entwicklung ist selbstverständlich das Kerngeschäft
einer jeden Hafenpolitik. Zusätzlich werden seitens des
Wohnungsbaus und der Landwirtschaft Ansprüche an
dieses Gebiet erhoben.

Aus ökologischer Sicht liegt der Antwerpener Hafen im
Brackwassergebiet der Schelde-Mündung. Der Einfluss
der Gezeiten, der Übergang zwischen Salzwasser und
Süßwasser sowie Brachland tragen alle zum besonderen
ökologischen Wert des Hafengebiets bei.

Große Teile sind gemäß der Vogelschutz- und Flora-
Fauna-Habitat-Richtlinie und Naturschutz gestellt.

                                                                                   WWF Deutschland / BSU Hamburg      13
A6 - Gerad Litjens (WWF Niederlande)
          „Naturverträgliche Anpassung der Küste an den Klimawandel“

     „Mit dem Meer wachsen“                                    Das WWF-Programm führte innerhalb von zehn Jahren
     Vor dem Hintergrund erster Anzeichen einer schnellen      zu Feldprojekten, in denen Städter selbst sehen konn-
     Klimaveränderung und der Erdabsenkung im westli-          ten, wie lebendig Natur in und um die Stadt noch ist:
     chen Teil der Niederlande veröffentlichte WWF Nieder-     Ein Umweltprojektprojekt nah an der Hauptfahrrinne
     lande 1996 ein Konzept für die niederländische Küste,     des neuen Wasserweges im Herzen des Seehafens, ein
     genannt „Growing with the Sea“. Dieses wurde vom          Stadtprojekt auf der Tideninsel „van Brienenoord“, ein
     Umweltbüro Stroming und der Universität Amsterdam         Natur- und Bildungsprojekt integriert in einem Woh-
     entwickelt. Diese Vision hatte zum Ziel, mit den Dyna-    nungsneubauprojekt/-umbauprojekt in Hoogvliet. Viel
     miken der Küste zusammenzuarbeiten, anstatt dagegen       Zeit wurde dafür aufgewendet, die Prozesse der Natur
     zu kämpfen. Sandtransporte durch Wellenenergie an der     den Menschen näherzubringen und ihnen zu zeigen,
     Küste können genutzt werden, um eine widerstands-         wie sie die Lebensqualität am Delta verbessern können.
     fähige und dynamische Küstenlinie zu erschaffen.
     Der Erfolg dieser Strategie liegt darin, mit Hilfe von    „Hochwasser für die niederen Länder“
     Maßnahmen die natürlichen Prozesse an der Küste im        Vor dem Hintergrund der Klimaveränderung und als
     Einklang mit ökologischen Werten zu unterstützen,         Beitrag zu einer Regierungsstudie hat 2008 WWF
     u.a. ohne den Tourismus und die Freizeitaktivitäten von   Niederlande eine Vision für das zukünftige Wasserma-
     Millionen von Menschen zu beeinträchtigen. Das Kon-       nagement im Delta präsentiert. Vorgeschlagen wurde,
     zept hatte ebenfalls zum Ziel, durch Regenerierung der    Sedimentauflandungen in der Küstenzone und im
     Vegetation der Marschen, die Qualität des Frischwassers   Mündungsbereich wieder zu zulassen und zu fördern,
     im Ijsselmeer (1.100 km²) zu verbessern und die rapide    indem Dämme geöffnet und u.a. Sandkanonen einge-
     Erdabsenkung in den Teilen der Niederlande unter dem      setzt werden und die Tidedynamik sowie der Salz- und
     Meeresspiegel (bis zu minus 7 m) aufzuhalten.             Süßwassergradient wiederhergestellt wird. Auf diese
                                                               Weise soll unter Nutzung der natürlichen Prozesse die
     „Mit Rotterdam ins Meer”                                  Küste gestärkt werden. Verbunden werden muss dies
     Im Zusammenhang mit den gewaltigen Erweiterungs-          dann mit einer Verlagerung der Süßwasserentnahme
     pläne des Hafens ins Meer und wegen des großen            stromaufwärts. In Zukunft wird es notwendig sein,
     Widerstands der Umweltorganisationen, die in Rechts-      nicht nur gegen das Wasser zu kämpfen, sondern unsere
     verfahren und gesellschaftlichen Aktionen gegen die       Einstellung dazu in Einklang zu bringen und anzufan-
     zukünftige Zerstörung der letzten Reste der Küstenna-     gen, mit dem Wasser zu leben. Das Arbeiten und Leben
     tur tätig wurden, gewann das „Growing with the Sea“       auf Hügeln oder auf treibenden Strukturen könnte ein
     Konzept 1998 an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund         neuer Weg der städtischen und industriellen Entwick-
     stellte sich WWF Niederlande der Herausforderung,         lung sein, in der das Ökosystem und dessen Leistungen
     Ideen für die Koexistenz eines ökonomischen Hafens        an die Gesellschaft respektiert werden.
     mit einem mittelgroßen „ökologischen Hafen“ von
     tausenden von Hektar auszuarbeiten. Schwerpunkte          In der Dezember Ausgabe 2008 des „Nationalen Was-
     dieses Konzepts sind die Stärkung der Wirtschaftskraft,   serplans“ der Regierung bietet ein Bericht über einen
     die Abwanderung des Mittelstands aus den grauen und       100 km langen Abschnitt der sandigen niederländischen
     verschmutzten städtischen Gegenden durch die Ent-         Küstenzone von Rotterdam bis zu den Wattinseln einen
     wicklung attraktiver Natur- und Freizeitbereiche sowie    Einblick in zukünftige Entwicklungen. Diese Küstenli-
     Wohnungen in einer grünen Umgebung aufzuhalten,           nie wird von einer sandigen Küste geschützt, hinter der
     Rotterdam als „Ästuarstadt“ mit dem Hafen als Kata-       6 Mio. Menschen unter dem Meeresspiegel leben und
     lysator neu zu erfinden und den fast ausgestorbenen        Eigentum im Werte von 2.000 Mrd. € zu schützen ist.
     Atlantischen Stör im Delta wiederanzusiedeln. Es war      Durch eine kluge Nutzung der natürlichen morphologi-
     geplant, auch den Seeadler wiederanzusiedeln, aber er     schen Küstenprozesse, stimuliert durch Sandkanonen,
     ist bereits aus Mecklenburg (Deutschland) eingewan-       beabsichtigt die Regierung, der Auswirkungen der
     dert, ohne dass entsprechende Maßnahmen ergriffen         Klimaveränderung „Herr zu werden“.
     werden mussten.

14     WWF Deutschland / BSU Hamburg
A7 - Dr. Michael Schirmer (Bremischer Deichverband)
     „Auswirkungen des Klimawandels auf die norddeutschen Ästuare:
     Herausforderungen für den Hochwasser- und Naturschutz“
Die vier Ästuare an der deutschen Nordseeküste (Eider,   höher) in Betracht zu ziehen. Ein vorrangiges Ziel muss
Elbe, Weser, Ems) stehen bereits heute unter hohem       sein, im Deichvorland durch Sommerdeichöffnung
Nutzungsdruck und sind stark bis sehr stark verändert.   und die Förderung der Sedimentation ein Mitwachsen
Gleichzeitig stellen sie naturschutzfachlich besonders   zu initiieren, was in der Regel eine Extensivierung
schützenswerte Landschaftsräume dar und sind nach        oder Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung be-
FFH- und Vogelschutzrichtlinie flächenhaft geschützt.     deutet. Hier liegt ein deutlicher Synergieeffekt zum
Aber Küstenschutz, Ausbau und Kanalisierung,             Naturschutz vor. Eine Rückverlegung von Deichen
schlechte Wasserqualität und Zersiedelung der Aue        kann, je nach Lage, unterschiedliche Wirkungen haben
sind bereits heute Konfliktfelder mit dem Naturschutz.    (Verringerung von Wellenenergie, Senkung der Sturm-
Der Klimawandel wird diese negative Entwicklung          flutspitze), greift jedoch u.U. sehr stark in gewachsene
verstärken, weil der beschleunigte Anstieg des Meeres-   Strukturen ein und muss langfristig geplant werden. Für
spiegels und die Zunahme von Sturmflutgefahren den        die Erhaltung und Sicherung des Vorlandes, insbeson-
Küstenschutz fordern. Höhere Wasserstände gefährden      dere von Salzwiesen, müssen voraussichtlich auch in
Salzwiesen, Auwälder und Flachwasserzonen, verän-        geschützten Gebieten technische Maßnahmen ergriffen
derte Niederschläge verschieben die Brackwasserzone      werden. Insbesondere bei langfristigen, strategischen
und höhere Temperaturen verschlechtern die Wasser-       Überlegungen müssen zudem gesellschaftliche und
qualität. Gleichzeitig wandeln sich die Biozönosen und   wirtschaftliche Entwicklungen einbezogen werden.
der Nutzungsdruck nimmt zu. Es ist absehbar, dass
die traditionellen Maßnahmen des Küstenschutzes,
der (Vor-)Landnutzung und der Schifffahrtsförderung
nur begrenzt zukunftsfähig und geeignet sind, mit den
Notwendigkeiten des Natur- und Umweltschutzes in
Übereinstimmung gebracht zu werden.

Lösungen zur Sicherung, Anpassung und Entwicklung
des küstennahen Natur-, Lebens- und Wirtschafts-
raums müssen langfristig vorgedacht werden. Im
Rahmen von Integriertem Küstenzonenmanagement
(IKZM) müssen alte und neue Anpassungs-Strategi-
en des Küstenschutzes und des Naturschutzes an den
Klimawandel (weiter)entwickelt und raumordnerisch
abgesichert werden. Ideen sind auf dem Tisch und
müssen auf Effektivität, Nachhaltigkeit, Machbarkeit
und Akzeptanz geprüft werden. Es empfiehlt sich aus
heutiger Sicht, realistische, d.h. eher pessimistische
Annahmen über den Fortgang des Klimawandels und
des Meeresspiegelanstiegs zu machen und Zeithori-
zonte bis 2050, 2100 und 2150 (MTHW 1,5 bis >2 m

                                                                                 WWF Deutschland / BSU Hamburg     15
A8 - Martin Rode (BUND Bremen)
          „Öffnung von Sommerdeichen und Vergrößerung des Tideeinflusses
          an der Weser“
     Die Weser zwischen Bremen und der Nordsee ist etwa        In den letzten zwanzig Jahren wurden darüber hinaus
     140 km lang und umfasst den gesamten tidebeeinfluss-       einige Renaturierungsprojekte durchgeführt. Dabei
     ten Bereich des Flusses. Durch bislang fünf Vertie-       wurde u.a. dem Fluss durch Öffnung von Sommerdei-
     fungen der Unterweser (Bremen bis Bremerhaven)            chen wieder tidebeeinflusster Flutraum zurückgegeben.
     und vier Vertiefungen der Außenweser (Bremerhaven         Bei einer Maßnahme wird derzeit sogar kontrollierter
     seewärts) seit Ende des 19. Jahrhunderts hat sich das     Tideeinfluss hinter dem Hauptdeich zugelassen. Solche
     Gesicht des Flusses massiv verändert. Große Teile der     Naturschutzprojekte, die bislang stets als Kompen-
     Ufer im inneren Mündungstrichter sind mit Steinschüt-     sation für Eingriffe erfolgt sind, werden beispielhaft
     tungen befestigt. In anderen Bereichen werden die ero-    dargestellt.
     dierenden Uferlinien in regelmäßigen Abständen durch
     Sandvorspülungen stabilisiert. Erst in den äußeren
     Abschnitten mehren sich die natürlichen Uferbereiche
     mit Watt und Röhricht bis an die rückwärtig begren-
     zenden Deichlinien, immer wieder unterbrochen durch
     Hafenanlagen.

     Das Prinzip der Flussvertiefungen war und ist, die
     Strömungsgeschwindigkeiten in der Fahrrinne zu
     konzentrieren und zu erhöhen, während Seitenarme
     zugeschüttet oder aber weitgehend durchströmungsfrei
     umgebaut worden sind. Infolgedessen ist der Tiden-
     hub vor allem im inneren Mündungstrichter massiv
     angestiegen (bis über 1.000 %). Dennoch haben
     hochwertige Lebensräume an der Tideweser bis heute
     überdauert, auch dank der in den letzten dreißig Jahren
     deutlich verbesserten Wasserqualität. So ist ein gro-
     ßer Teil vor allem im niedersächsischen Abschnitt der
     Tideweser zu NATURA 2000-Gebieten erklärt worden
     (Lebensraumtyp Ästuar und u.a. Vorkommen von Finte
     und weiteren Fischarten nach EU-FFH-RL, SPA nach
     EG-VogelschutzRL).

16     WWF Deutschland / BSU Hamburg
A 9 - Dr. Günther Eichweber (Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord)
      „Neue Wege der Unterhaltung der Wasserstraße Tideelbe“

Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes         Die Einrichtung von Sedimentfallen kann grundsätzlich
steht an der Elbe vor neuen Herausforderungen. Sie hat    zur Vermeidung bzw. Verringerung der Unterhaltungs-
die Zuständigkeit für die wasserwirtschaftliche Unter-    tätigkeit in sensiblen Zeiten (Sauerstoffmangelsituation,
haltung übernommen und mit den Ländern Schleswig-         Fintenlaichzeit) beitragen. Ein FFH-bezogenes Monito-
Holstein und Niedersachsen die Zuständigkeit für die      ring stellt sicher, dass die Möglichkeiten zur Minimie-
Uferunterhaltung neu geregelt; sie liegt jetzt überwie-   rung der ökologischen Folgen genutzt werden.
gend bei der WSV. Die Umsetzung der Flora-Fau-
na-Habitat-Richtlinie geschieht in einem Integrierten     Für die neu übernommene Unterhaltung der Uferstre-
Bewirtschaftungsplan. Hier gilt es, die Tätigkeiten der   cken wird in folgender Weise vorgegangen:
Unterhaltung entsprechend den Zielen der Richtlinie zu    - Bestandsaufnahme der Uferschutzeinrichtungen,
integrieren.                                                 ihres Zustandes und der notwendigen Uferunterhal-
                                                             tungsmaßnahmen,
Die Unterhaltung der Fahrrinne geschieht nach einer       - Kartierungen der Uferbiotope,
Strategie, die weiterentwickelt werden muss. Hierfür      - Konfliktanalyse,
wird ein Zielsystem aufgestellt, das wesentliche Krite-   - Aufstellung von Uferunterhaltungsplänen für die
rien wie z.B.                                                Bereiche mit Zielkonflikten, hierin: Entwicklung
- Sicherstellung der Schiffbarkeit,                          von Lösungsstrategien, Vermeidung von Störungen
- Stabilisierung des Sedimenthaushaltes und des Tide-        durch zeitliche oder technische Regelungen, Prüfung
   regimes,                                                  der Möglichkeit einer Modifizierung der Uferschutz-
- Ökologische Kriterien des Gesamtsystems,                   maßnahmen in besonders schweren Zielkonflikten
- Artenschutz                                                (z.B. Rückbau eines Deckwerkes), Monitoring.
mit Prioritäten versieht und regelt.

Zielkonflikte lassen sich teilweise lösen
- durch räumliche Verschiebungen (Wahl der Verbrin-
   gungsstelle des Baggergutes),
- durch zeitliche Verschiebungen (Verlagerung der
   Unterhaltung in Zeiten außerhalb der Laichzeiten
   von Fischen, in Zeiten mit ausreichendem Sauer-
   stoffgehalt),
- durch verfahrenstechnische Maßnahmen (z.B. Ver-
   meidung von Überlaufbaggerungen).

                                                                                   WWF Deutschland / BSU Hamburg      17
A 10 - Dr. Elisabeth Klocke (Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg)
            „Integrierter Bewirtschaftungsplan Elbeästuar“

     Die Länder Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-          Die Arbeiten am integrierten Bewirtschaftungsplan
     Holstein erarbeiten gemeinsam mit der Hamburg Port        wurden vor etwa zwei Jahren aufgenommen. Sie wer-
     Authority und der Wasser- und Schifffahrtsdirektion       den von einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe ko-
     Nord den integrierten Bewirtschaftungsplan für das        ordiniert, die ihrerseits von der FFH-Lenkungsgruppe
     Elbeästuar. Dieser hat das Ziel, durch Umsetzung von      norddeutscher Länder gesteuert wird. Die eigentliche
     Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie den Schutz der einzig-   Planungsarbeit geschieht in zwei Planungsgruppen, in
     artigen Natur im Elbeästuar zu sichern. Er soll Lösun-    denen die verschiedenen Interessensgruppen vertreten
     gen aufzeigen, die auch die Belange der hier lebenden     sind und ihre Belange aktiv in den Planungsprozess
     und wirtschaftenden Menschen berücksichtigen. Mit         einbringen können. Die Erfassung und Bewertung des
     den Menschen vor Ort wollen die fünf Partner einen        naturräumlichen Inventars ist inzwischen im Wesent-
     gemeinsamen Weg entwickeln.                               lichen abgeschlossen, an Maßnahmenkonzepten wird
                                                               gearbeitet.
     Der integrierte Bewirtschaftungsplan wird Leitlinie
     staatlichen Handelns und zielt auf eine Selbstbindung     Die Diskussion von Maßnahmenvorschlägen für Ham-
     aller Beteiligten ab. Er soll u.a. die Ziele des Natur-   burg und Schleswig-Holstein wird derzeit begonnen.
     schutzes transparent darstellen, Maßnahmen zur Erhal-     Die Vorschläge sind darauf ausgerichtet, vorkommende
     tung und Entwicklung benennen, Handlungsspielräume        Arten und Lebensräume zu pflegen und vor Degrada-
     und Entwicklungsperspektiven aufzeigen und auch die       tion zu schützen oder neue Lebensräume zu schaffen
     Unterhaltungsbaggerungen rechtlich absichern. Gleich-     und Arten anzusiedeln. Sie sollen ferner dazu dienen,
     zeitig soll er die Planungssicherheit erhöhen, FFH-Ver-   Kenntnisse und Verständnis des Ästuars zu fördern und
     träglichkeitsprüfungen erleichtern, Einzelfallprüfungen   die Kommunikation zu unterstützen.
     beschleunigen und Kohärenzsicherungs- und Kompen-
     sationsmaßnahmen vorbereiten.                             Der integrierte Bewirtschaftungsplan soll Ende nächs-
                                                               ten Jahres fertiggestellt sein.
     Der integrierte Bewirtschaftungsplan ist zur erfolg-
     reichen Umsetzung auf Multiplikatoren und in erster
     Linie auf die zuständigen Gebietskörperschaften sowie
     weitere regionale Akteure angewiesen.

18     WWF Deutschland / BSU Hamburg
A11 - Manfred Meine (Hamburg Port Authority)
      „Schaffung des tidebeeinflussten Flachwassergebietes Spadenlander
      Busch/Kreetsand als Pilotprojekt für ein nachhaltiges Ästuarmanage-
      ment im Rahmen des Tideelbekonzepts“
Die Tideelbe ist die Lebensader der Metropolregion        FFH- und der Wasserrahmenrichtlinie. Als attraktive
Hamburg und sie versorgt über den rund 120 km langen      Naturlandschaften können diese Tidegebiete gleichzei-
Schifffahrtsweg den zweitgrößten Containerhafen           tig dem Naturerlebnis und der Naherholung dienen.
Europas. Um die für die Schifffahrt erforderlichen
Wassertiefen zu gewährleisten, sind kontinuierliche       Mit der Realisierung des Pilotprojekts Spadenlander
Unterhaltungsbaggerungen der Wasserstraße erforder-       Busch/Kreetsand an der Norderelbe setzt die HPA ab
lich, die allerdings durch einen verstärkt auftretenden   2010 einen ersten Meilenstein bei der Umsetzung des
residuellen Stromauftransport von Sedimenten („tidal      Tideelbekonzepts. Die Umgestaltung dieser bisher
pumping“) erschwert werden. Gleichzeitig sorgt dieser     nicht am regelmäßigen Tidegeschehen teilnehmenden
Effekt für eine auch im Hinblick auf Naturschutz-         Vordeichsfläche zu einem tidedurchströmten Flach-
aspekte ungünstige Verlandung von Seitenbereichen         wassergebiet von rd. 30 ha soll einen Wertewandel im
und Nebenelben.                                           Sinne des Tideelbekonzepts einleiten und die Wirkzu-
                                                          sammenhänge und Gestaltungsaspekte am praktischen
Um diese nachteiligen Entwicklungen, die sich im          Beispiel erfahrbar machen. Durch eine integrative
Zuge des Klimawandels noch zu verschärfen drohen, zu      Planung können dabei verschiedenste Interessen und
stoppen und möglichst umzukehren, hat die Hamburg         Belange wie Hafennutzung, Wasserwirtschaft, Natur-
Port Authority (HPA) bereits 2006 gemeinsam mit der       schutz und Freizeit vorteilhaft kombiniert werden und
Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV)       so zu einer weitgehenden öffentliche Akzeptanz führen.
ein Konzept zur nachhaltigen Entwicklung der Tide-        Daher sieht der breit und offen angelegte Planungspro-
elbe vorgelegt, welches in den kommenden Jahren und       zess die Beteiligung möglichst aller Stakeholder sowie
Jahrzehnten schrittweise umzusetzen ist. Dazu gehö-       der Bevölkerung vor Ort vor. Wesentliche Planungs-
ren neben einer optimierten Strategie zur Umlagerung      kriterien sind die hydraulische Wirksamkeit, Stabilität
der Sedimente strombauliche Maßnahmen im Mün-             und Nachhaltigkeit des geplanten Systems, natur- und
dungsbereich, um die hier in das Ästuar eindringende      landschaftsplanerische Aspekte, Hochwassersicherheit
Tideenergie zu dämpfen sowie die Neuschaffung bzw.        und Erlebbarkeit des neuen Naturraums für die Bevöl-
Wiederherstellung tidebeeinflusster Flachwasserberei-      kerung. Die entwickelten Lösungsansätze zur Findung
che. Diese Maßnahmen, mit denen der Gezeitenstrom         eines breiten Konsenses sowie die zur Ausführung vor-
wieder mehr Raum erhalten soll, haben die Wieder-         gesehene Planung werden im Rahmen der Präsentation
herstellung einer natürlichen Tidedynamik und damit       dargestellt.
auch eines ausgeglichenen Sedimentregimes zum Ziel.
Die neuen tidebeeinflussten Flachwassergebiete bieten
außerdem die Chance auf wertvolle Ästuar-Lebensräu-
me und leisten daher einen Beitrag zur Umsetzung der

                                                                                  WWF Deutschland / BSU Hamburg     19
A12 - Dr. Rene Schwartz, Peter Wilkens
               (Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg)
               „Wärmelast- und Kühlwassermengenplan als zwei Instrumente zur
               Umsetzung der Ziele der EG-WRRL in der Tideelbe“
     Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein              wassererwärmung und der maximalen Aufwärmspanne
     haben einen neuen Wärmelastplan für die Tideelbe           des Kühlwassers. Hierdurch wird der Gewässerschutz-
     zwischen Geesthacht und Cuxhaven aufgestellt. Dieser       forderung nach einer kombinierten Betrachtungsweise
     ersetzt denjenigen aus dem Jahr 1973. Nach zeit- und       (Immissions- und Emissionsansatz) Folge geleistet.
     inhaltsgleichem Inkrafttreten im Januar 2009 ist er bei
     behördlichen Entscheidungen über Wärmeeinleitungen         Eine dauerhaft gewässerverträgliche Kühlwassernut-
     in die Wasserkörper der Tideelbe zu beachten.              zung setzt zusätzlich zu den qualitativen Aspekten der
                                                                Gewässererwärmung eine fachlich begründete Begren-
     Ziel des Wärmelastplans ist es, die von Wärmeeinlei-       zung der Entnahmemenge im Bezug zum verfügbaren
     tungen ausgehenden Einwirkungen auf diesen Gewäs-          Wasserdargebot des jeweiligen Gewässers voraus. Der
     serabschnitt in ihrer räumlichen und zeitlichen Vertei-    in der Endabstimmung befindliche Kühlwassermen-
     lung zu ordnen, um die gesamte Elbe als Lebensraum         genplan für die hamburgische Tideelbe zielt primär auf
     gemäß den Anforderungen und Qualitätskriterien der         den Schutz der im Wasser befindlichen, sich überwie-
     EG-WRRL zu erhalten und zu verbessern. Der Wär-            gend passiv fortbewegenden Biomasse (Pythoplank-
     melastplan dient somit der Schaffung einer am Wasser-      ton, Zooplankton, Fischeier, Fischlarven) vor einer
     recht orientierten Beurteilungsgrundlage für potenzielle   unverträglich hohen Entnahmerate und damit verbun-
     Kraftwerksbetreiber und weitere Kühlwassernutzer           den anteiligen Abtötung ab. Saisonale Abflussschwan-
     sowie der Genehmigungsbehörden bei Kühlwasserent-          kungen müssen bei der quantitativen Regelung direkt
     nahmen und Kühlwassereinleitungen aus der bzw. in          Berücksichtigung finden. Wie bereits bei den Tempera-
     die Tideelbe.                                              turregelungen sind auch bei der Kühlwassermengenbe-
                                                                wirtschaftung Vorbelastungen und Summationseffekte
     Mit dem Wärmelastplan werden einerseits Empfeh-            mitzuberücksichtigen.
     lungen ausgesprochen hinsichtlich der maximalen
     Gewässererwärmung und der maximalen Gewässerauf-
     wärmspanne sowie andererseits der maximalen Kühl-

20     WWF Deutschland / BSU Hamburg
A 13 - River Fu (WWF China)
       „Weltweite Allianz zum Schutz der Ästuare (WEA)“

Im Jahre 2010 findet die EXPO Weltausstellung in            Begleitet werden soll die „World Estuary Alliance“
Schanghai statt. Zwischen Mai und Oktober werden           von einem wissenschaftlichen Beirat mit Fachleuten
über 200 Teilnehmer (180 Länder sowie 40 Organi-           aus verschiedenen Wissenschaftsfachrichtungen und
sationen) dort ausstellen und 70 Millionen Besucher        Ländern sowie von einem Lenkungsausschuss mit Ver-
werden erwartet.                                           tretern aus Behörden oder privaten Einrichtungen, die
                                                           im Rahmen von Projekten das WEA-Programm und die
Der WWF belegt eine Fläche von über 300 m² mit             Vision unterstützen.
seinem eigenen Pavillon und wird dort viele Veran-
staltungen ausrichten. Am 5. Juni 2010 werden wir im       Geplant ist die Durchführung von Forschungs- und
Rahmen unseres Events zum 30. Jahrestag des Enga-          Feldprojekten sowie Jahreshauptversammlungen der
gements des WWF in China unsere „World Estuary             Mitglieder der WEA. Am 8. und 9. Juni 2010 wurde die
Alliance“ ins Leben rufen.                                 WEA im Rahmen eines Symposiums gestartet. Beglei-
                                                           tend dazu sollen Ästuar-Studien weltweit veröffentlicht
Die „World Estuary Alliance“ ist ein internationales       werden, wie zum Beispiel eine Studie über „die Bedro-
Programm, welches auf den Wert ökologisch intakter         hung der Ästuare“.
Ästuare ausgerichtet ist und auf die Potenziale und Vor-
teile „natürlicher Systeme“ in der nachhaltigen Delta-     Ein Meilenstein für den Beginn der WEA ist die Ko-
und Ästuar-Entwicklung aufbaut.                            operation mit folgenden zwei Initiativen: Delta Alliance
                                                           und Connect Delta Cities, die ebenfalls weltweit mit
Der WWF und andere Organisationen suchen nach Ant-         Forschern und Behörden vernetzt sind.
worten auf die Bedrohung der Süßwasservorräte, der
marinen Ökosysteme und der menschlichen Entwick-           Wir laden Sie herzlich ein, unserer Allianz beizutreten.
lungen in Ästuar-Regionen. Wir glauben, dass es not-       Dies ist eine kostbare Gelegenheit, mit der Welt ver-
wendig ist, sich in den dicht bevölkerten Ästuaren den     bunden zu sein und größere internationale Präsenz zu
Folgen der Klimaveränderung zu stellen. Aus Sicht der      gewinnen. Ebenfalls sind Sie herzlich willkommen,
„World Estuary Alliance“ hilft bei der Bewältigung der     China zu besuchen, vor allem im diesem Jahr zur
Klimaveränderung die Verknüpfung des Naturschutzes         EXPO Weltausstellung. Entdecken Sie Ihre Chancen in
mit den Zielen für die menschliche Entwicklung.            diesem sich rasch entwickelnden Land!

                                                                                    WWF Deutschland / BSU Hamburg     21
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