Neue Impulse für die Energieraumplanung - Erneuerbare Energien und Ressourceneffizienz 01 | 2021 - Spatial Energy Planning
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Erneuerbare Energien und Ressourceneffizienz 01 | 2021 AEE - Institut für Nachhaltige Technologien Neue Impulse für die Energieraumplanung E-PAPER twitter.com Webinarreihe NEU AB ENDE MÄRZ! aee-intec.at aee_intec zum Magazin www.aee-intec.at/veranstaltungen-8
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Editorial Inhalt Viele Jahre wurde bereits über die Wichtigkeit LEITARTIKEL der raschen Einführung von Energieraumpla- nung in der nachhaltigen Entwicklung von Die österreichische Wärmestrategie – eine große städtischen und kommunalen Strukturen 4-5 Herausforderung, gemeinsam machbar gesprochen. Zumeist jedoch mit einem Heidelinde Adensam entscheidenden Schönheitsfehler, nämlich ENERGIERAUMPLANUNG wenigen Fortschritten in der Überführung in die Praxis. Nun nimmt dieses Thema aber Konzertierte Energiewende versus erneuerbare Anarchie tatsächlich auch in der Umsetzung Fahrt auf 6-8 Alexander Rehbogen, Christian Sakulin und zwar nicht nur in der Schweiz, wo es schon Energieraumplanung in der Steiermark seit einigen Jahren Erfahrung im Umgang mit 9-11 Dieter Preiß, Christine Schwaberger sogenannten Energie-Masterplänen gibt, sondern auch in Österreich. Im Bundesland Energie MEETS Raumplanung – Praxisbericht aus Salzburg Salzburg ist das Thema Energie mittlerweile 12-15 Stefan Zenz, Alexander Rehbogen in für Gemeinden verpflichtenden „Räumli- chen Entwicklungskonzepten (REK’s)“ ein fixer Wiener Energieraumplanung als wesentlicher Beitrag Bestandteil, in der Steiermark wurde das 16-18 zur Energiewende Herbert Hemis, Susanna Erker Sachbereichskonzept Energie als Beitrag zum Örtlichen Entwicklungskonzept (ÖEK) einge- Digitale Grundlagen für die Energieraumplanung führt und in Wien wurde 2020 bereits in acht 19-21 Ingrid Schardinger, Markus Biberacher, Franz Mauthner Bezirken die verpflichtende Umsetzung von Energieraumplänen verordnet. Erfolgsfakto- Energieraumplanung wird digital – Praxisbeispiele ren dafür sind nicht zuletzt die Verfügbarkeit 22-24 aus der Schweiz spezieller digitaler Planungsgrundlagen mit Gabriel Ruiz, Jakob Rager Raumbezug sowie die Etablierung geeigne- GEBÄUDE ter Rahmenbedingungen und Prozessabläufe in der öffentlichen Verwaltung. Resilienz – Integration von Versorgungssicherheit In der gegenständlichen Ausgabe der 25-27 und disruptiven Ereignissen in der Energieplanung „nachhaltigen technologie“ werden sowohl Anna Maria Fulterer, Ingo Leusbrock beispielhafte digitale Planungstools und konkrete Prozessabläufe als auch Um- TECHNOLOGIEENT WICKLUNG setzungserfahrungen aus den genannten Städtische Speicher als Treiber in der Energiewende Bundesländern vorgestellt. Zusätzlich wird 28-30 Sarah Wimmeder, Gerhard Totschnig, Demet Suna, Andrea Dornhofer im Leitartikel „Die österreichische Wärme- strategie“ über verbindliche Zielsetzungen NEUE PROJEK TE und aktuelle Prozessfortschritte berichtet sowie auch direkt Bezug zum Thema der 31 Wärmeenergie als Stromspeicher Energieraumplanung genommen. Umweltrelevante Produktdaten in kollaborativen 32 BIM-Umgebungen Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Christian Fink 30 JAHRE BEI AEE INTEC 33 30 Jahre bei AEE INTEC - Rosa-Magdalena Stranzl 34 Tagungen, Seminare, Exkursionen, AEE-Beratung 35 Porträt Impressum Eigentümer: Redaktion: Christoph Brunner, Christian Fink, Armin Knotzer, Ewald Selvička, Monika Spörk-Dür AEE – Dachverband nachhaltige technologien ist die Mitgliederzeitschrift des AEE – Dachverbands und erscheint viermal jährlich. Herausgeber und Verleger: Das Abo ist im Mitgliedsbeitrag von € 28,- inkludiert. Einzelexemplare zum Preis von € 5,00 bitte anfordern! AEE INTEC Bankverbindung: Raiffeisenbank Gleisdorf, IBAN: AT09 3810 3000 0010 4430, BIC: RZSTAT2G103 A-8200 Gleisdorf, Feldgasse 19 Versand: Elisabeth Reitbauer Anzeigen: office@aee.at Titelfoto: ©Laura Knoth, Layout/Grafik: Peter Eberl / HAI.CC Tel: +43 (0)3112 / 5886 Druck: Offsetdruck Bernd Dorrong e.U. Auflage: 4500 Stück www.aee.at, office@aee.at Wissenschaftlich-strategischer Beirat: Dr. Winfried Braumann, Dipl.-Ing. Dieter Drexel, Dr. Peter Kremnitzer, Univ.-Prof. Dr. Observer Reinhold W. Lang, Dipl.-Ing. Michael Paula, Dipl.-Ing. Josef Plank, Univ.-Prof. Dr. Stefan Schleicher, Univ.-Prof. Dr. Hans Schnitzer, Medienbeobachtung Univ.-Doz. Dr. Stephan Schwarzer, Dr. Franz Strempfl, Mag.a Dr.in Birgit Strimitzer-Riedler Offenlegung gemäß §25 Mediengesetz: Die periodische Druckschrift nachhaltige technologien wird aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Inserateneinnahmen finanziert. Sie ist zu 100 % im Eigentum des Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie- Dachverbands. Blattlinie: Verbreitung von Informationen über Themen der erneuerbaren Energien und Ressourceneffizienz.
Die österreichische Wärmestrategie – eine große Herausforderung, gemeinsam machbar Heidelinde Adensam D er Bund und die österreichischen Bundesländer haben mit der gemein- reserviert. Die Aufbau- und Resilienzfa- zilität der EU umfasst zusätzlich mehr samen Wärmestrategie die Chance, als 670 Mrd. Euro und 37 Prozent davon den Gebäude- und Wärmebereich gehen in klimabezogene Projekte. Der innerhalb der nächsten 10 Jahre in Rest soll zudem so eingesetzt werden, Richtung zukunftsorientierte Wär- dass keine umwelt- und klimaschädli- mewende zu steuern. chen Effekte verursacht werden. In Europa war es im vergangenen Der Wärmesektor wird eine wichtige Jahr so warm wie nie zuvor seit Be- Rolle auf dem Weg zur klimaneutralen Foto: BMK Wirtschaft spielen. Der Verbrauch von ginn der Aufzeichnungen. Im Jänner 2021 versinkt Spanien im Schnee, in Wärme (inkl. Wärme für industrielle Wien verzeichnen wir von 22.1. auf 23.1. 10 °C Tem- Anwendungen) liegt in Österreich derzeit bei rund 50 peraturunterschied und in Deutschland verursacht Prozent des gesamten Endenergiebedarfs, wobei rund das Sturmtief GORAN enorme Schäden an Natur und 44 Prozent des Wärmeverbrauchs direkt durch fossile Infrastruktur. Wetterkapriolen wie diese machen es Energieträger gedeckt werden. Auch für Fernwärme deutlich: auch wenn die Klimakrise aus den Medien und Wärme aus Strom werden nach wie vor fossile nahezu verschwunden ist, ist die Erderwärmung Energieträger eingesetzt1. Für „zukunftsfitte“ Gebäu- präsenter denn je; und anders als bei der Corona- de und Wärmeversorgung braucht es daher eine viruskrise fehlt die Impfung gegen die Klimakrise. grundlegende Veränderung der Bausubstanz und Die gute Nachricht: die mit der Corona-Pandemie eine Umstellung der Heiz-, Warmwasser und Kühl- einhergehende Wirtschaftskrise erfordert massive technologien, die ohne die Nutzung fossiler Energie Maßnahmen zum Wiederaufbau und wir haben jetzt auskommt. Aber nicht nur Infrastruktur und Technik die einzigartige Chance, nicht nur der Wirtschaft wie- werden sich ändern, auch die Nutzung der Gebäude der auf die Beine zu helfen, sondern gleichzeitig die wird sich durch Digitalisierung und das Internet der österreichischen Unternehmen, Gebäude und auch Dinge wandeln. den Verkehrsbereich nachhaltig und damit zukunftsfit zu gestalten. 44% Unterstützt und motiviert werden wir dabei von der Sonstige Europäischen Union. Das neue EU-Ziel, die Treibhaus- gasemissionen um mindestens 55 Prozent bis 2030 1.140 PJ im Vergleich zu 1990 zu reduzieren, erfordert eine Verkehr Wärme Anpassung des rechtlichen Rahmens und ausreichend 26% finanzielle Mittel für die damit verbundenen Inves- titionen. Nach der neuen EU-Wachstumsstrategie Fossil 14% „European Green Deal“ sollen in den nächsten zehn Erneuerbar 12% Strom Jahren über 300 Mrd. EURO jährlich zusätzlich in den Fernwärme Umbau des Energiesystems investiert werden. Der Brennbare Abfälle 2% überwiegende Anteil soll über private Quellen auf- Nutzenergieverteilung in Österreich im Jahr 2019 gebracht werden, aber auch im neuen EU-Budget von Quelle: DI Simon Gangl auf Basis der Daten der Nutzenergieanalyse rund 1,1 Billionen EURO sind 30 Prozent für Klimaschutz der Statistik Austria
LEITARTIKEL 4 5 Österreichische Wärmestrategie um zielgerichtet einkommensschwache Haushalte zu unterstützen. Damit wird auch ein wirtschaftlich Um diese massiven Veränderungen bestmöglich zu wichtiger Impuls gesetzt, der gerade in Zeiten der begleiten, haben sich Bund und Bundesländer im Corona-Krise regionale Wertschöpfung und Beschäf- November 2020 zur gemeinsamen Erarbeitung einer tigung auslösen wird. österreichischen Wärmestrategie mit dem Ziel der Zudem sollen bundesrechtliche Vorgaben den Ausstieg Dekarbonisierung der Wärmeversorgung von Gebäu- aus Ölheizungen und die Reduktion und den Einsatz den bis 2040 bekannt2. Dieses gemeinsame Mandat von Gasheizungen regeln. Außerdem sollen Erleichte- ist deshalb so wichtig, weil die verfassungsrechtlichen rungen für thermische Sanierungen und die Nutzung Kompetenzen im Gebäude- und Wärmebereich in erneuerbarer Energieträger in wohnungsrechtlichen Österreich in erster Linie bei den Bundesländern liegen. Materien vom Bund vorgenommen werden. Die Ziele dieser gemeinsamen Wärmestrategie sind die Für die Erarbeitung einer derart komplexen Strategie Umstellung der Wärmeversorgung von Gebäuden auf braucht es einen transparenten Prozess und klar erneuerbare Energieträger wie zum Beispiel Biomas- definierte Arbeits- und Entscheidungsstrukturen. Ein setechnologien, direkte Solarnutzungen, Geothermie Koordinationsteam bestehend aus VertreterInnen der und Umgebungswärme sowie Fernwärme auf Basis Bundes- und Landesverwaltung beauftragt Arbeits- erneuerbarer Energieträger und eine entsprechende gruppen mit der Ausarbeitung einzelner Maßnahmen Reduktion des Energieverbrauchs bis 2040. und Instrumente. Ein politisches Steuerungsgremium Konkrete Ziele der Wärmestrategie sind der stufen- trifft Entscheidungen und setzt sich aus den Landes- weise Ausstieg aus fossilen Energieträgern in der hauptleuten, der Bundesministerin für Klimaschutz, Raumwärme- und Warmwasserversorgung, wie dies Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technolo- im Regierungsprogramm vorgesehen ist. Das Aus für gie und dem Bundesminister für Finanzen zusammen. den Betrieb von Ölheizungen ist bis 2035 und für fossile Gestartet wurde die Entwicklung der Wärmestrategie Gasheizungen bis 2040 vorgesehen. Ab 2025 wird es bereits 2019 im Zuge der Erstellung des Nationalen im Neubau keine Gasanschlüsse mehr geben und das Energie- und Klimaplanes. Es wurde ein partizipativer Gasnetz darf nicht mehr zur Raumwärmeversorgung Prozess mit breiter Stakeholdereinbindung eingeleitet ausgebaut werden, wobei Verdichtungen innerhalb und Ende 2019 ist mit dem einstimmig im National- bestehender Netze in begrenztem Ausmaß möglich rat beschlossenen Ölkesseleinbauverbotsgesetz im sein werden. Fernwärme soll im urbanen Raum aus- Neubau der erste rechtliche Umsetzungsschritt in gebaut werden und die Fernwärmebereitstellung soll Kraft getreten. 2021 sollen weitere rechtliche Inst- beispielsweise mittels Geothermie, Solarthermie, Ab- rumente zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern wärme, Wärmepumpen und Biomasse dekarbonisiert beschlossen werden und auch Förderprogramme von werden. Die Wärmestrategie wird nicht nur die Umstel- Bundesländern und Bund noch enger abgestimmt lung auf erneuerbare Energieträger umfassen, sondern werden. Die weiteren Maßnahmen und Instrumente auch Eckpunkte für eine weitere Reduktion des Energie- werden in Etappen vereinbart und umgesetzt. verbrauchs im Gebäudebestand und Anforderungen an Bund und Bundesländer haben mit dieser gemeinsa- neu zu errichtende Gebäude festlegen. Auch in Richtung men Wärmestrategie die Chance, den Gebäude- und passive und effiziente Gebäudekühlung sollen Schritte Wärmebereich innerhalb der nächsten 10 Jahre in gesetzt werden. So sollen Kühlsysteme mit geringem Richtung einer zukunftsorientierten Wärmewende zu Energiebedarf wie Fernkälte favorisiert werden. steuern. Denn damit dieser Transformationsprozess Maßnahmen und Instrumente werden neben den mit der notwendigen Planungssicherheit gelingen rechtlichen Vorgaben auch Förderungen, steuerliche kann, muss er rechtzeitig starten und von Beginn an Maßnahmen, Beratung und Information sowie (ener- auf Klimaneutralität ausgerichtet sein. Gleichzeitig gie-)raumplanerische Instrumente auf Landesebene muss auf die Sorgen und Ängste vulnerabler Gruppen sein. Auf Bundesebene werden zur Unterstützung geachtet werden und es braucht sozial verträgliche von thermischen Sanierungsmaßnahmen und den Lösungen. Eine große Herausforderung, die den Schul- Umstieg von fossilen auf erneuerbare Heizungssys- terschluss von Bund, Bundesländern, ProfessionistIin- teme für die Jahre 2021 und 2022 650 Mio. EURO zur nen und GebäudeeigentümerInnen und – nutzerInnen Verfügung gestellt und noch einmal 100 Mio. EURO, braucht! 1 Auswertung aus der Nutzenergiestatistik für das Jahr 2019 der Statistik Austria, Zugriff am 24.1.2021 2 Siehe Beschluss der Landehauptleutekonferenz vom 6. November 2020 Dr.in Heidelinde Adensam leitet die Abteilung „Energieeffizienz und Gebäude“ im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und ist damit unter anderem mit der Koordination der Wärmestrategie und der Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie befasst.
Konzertierte Energiewende versus erneuerbare Anarchie Alexander Rehbogen, Christian Sakulin E nergieraumplanung wird längst als Schlüssel für die Energiewende gesehen und ist inzwischen in di- Beispiel Raumwärme Salzburg - Phase-Out-Fossil struggling versen Regierungsprogrammen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene verankert. Jüngst hat der Die Wärmewende ist in Umsetzung. Für das Phase- Einspruch der Novelle des Raumordnungsgesetzes Out von Öl und Gas werden in den nächsten Jahren im Burgenland durch den Ministerrat eine Facette enorme Fördersummen bereitgestellt. Mit € 650 Mio. klar beleuchtet: Die Notwendigkeit der Diskussion an Fördermitteln für Sanierung und Heizungswechsel über Flächennutzung zur Erzeugung nachhaltiger vom Bund sollen in zwei Jahren 4,5 Mrd. an Investitio- Energie. Doch die Aufgaben gehen weit darüber nen ausgelöst werden. Diese Investitionen bedeuten hinaus und umfassen alle Fragen des Zusammen- auch einen Lock-In-Effekt. Die Technologien, die jetzt hangs zwischen Raumnutzung, Siedlungsstrukturen, gewählt werden, sind auch 2050 noch in Betrieb. Energieverbrauch und –erzeugung sowie Verkehr. Mit Am Markt bietet sich heute eine große Zahl an der zunehmenden Entschiedenheit in der Verfolgung nachhaltigen Wärmeversorgungstechnologien. Die der Klimaziele wird klar, dass die Energiewende nur KundInnen entscheiden die Form der Wärmewende. gelingen kann, wenn diese auch räumlich koordiniert Salzburg hat im Jahr 2017 über das Baurecht de facto wird – und das über die reine Raumplanung hinaus. einen Ausschluss fossiler Energieträger im Neubau Doch wie kann die konkrete Umsetzung dieser ab- bewirkt und bietet so gute Einsichten in die Wahl strakten Erkenntnis gelingen? Einige Bundesländer der KonsumentInnen. Aus den Statistiken gehen machen gerade die ersten Schritte in der Praxis. Die zwei Technologien als klare Gewinner hervor: Die aktuelle Eile im Klimaschutz macht eine räumliche Wärmepumpe und die Fernwärme. Günstige Anschaf- Energieplanung relevanter denn je. fung, leichte Installation und hoher Komfort führen
ENERGIERAUMPLANUNG 6 7 dazu, dass sich 2017 und 2018 gemeinsam jeweils Markt braucht Koordination knapp 75 Prozent zu etwa gleichen Anteilen für eine dieser Technologien entschieden haben. Eine nähere Das Beispiel Salzburg zeigt, dass der Markt alleine Betrachtung der Implikationen lohnt: diese Herausforderungen nur unzureichend auflösen kann. Die Koordination der Anstrengungen von Bund 1. Wärmepumpe: Beim Einsatz einer Wärmepumpe und Ländern über die Wärmestrategie kann insofern bedeutet die Wärmewende auch eine Stromwende. nicht hoch genug geschätzt werden. Gefordert sind Österreich ist im Winter bereits heute massiv auf im Sinne einer effektiven Multi-Level-Governance Importe von fossil erzeugtem Strom angewiesen, alle Ebenen, wobei den Ländern eine besondere sodass der Strommix zur Hauptheizperiode in Rolle zukommen wird. Mit dem Baurecht und der Österreich meist zwischen 250 und 300g CO2/kWh Raumordnung liegen die beiden Schlüsselkompeten- liegt (vgl. electricitymap.org ). Soll eine nachhaltige zen in deren Händen. Doch auch über die rechtliche Elektrifizierung des Wärmesektors gelingen, bedarf Basis und die damit verbundenen Planungsprozesse es zusätzlichen erneuerbaren Stroms. Die Systemwahl hinaus liegen die wichtigsten Komponenten für eine ist mitentscheidend dafür, wie hoch dieser zusätzli- effektive Energieplanung im Bereich der Länder. che Bedarf ausfällt. So weisen Luftwärmepumpen Einerseits die Inputdimension: Die Länder verwalten einen in etwa 40% höheren Strombedarf aus als den Großteil der Datenquellen, welche für eine grund- Grundwasser-Wärmepumpen. Im Winter kann dieser stücksscharfe Planung notwendig sind. Andererseits Bedarf aufgrund des Ertrags nur durch Windkraft die Outputdimension: Geoinformationen werden in gedeckt werden. Die Diskussion um die dafür benö- landeseigenen GIS bereitgestellt. Zusammenfassend tigten Standorte ist bekannt und das oben erwähnte kann deshalb aus Sicht der Autoren eine räumliche Beispiel Burgenland zu diesbezüglichen rechtlichen Energieplanung nur über die Landesregierungen Regelungen bildet die Eisbergspitze eines Trends, effektiv implementiert werden. der sich mit zunehmendem Ausbau verschärfen wird. Ihre diesbezügliche Verantwortung nehmen die Bei der elektrifizierten Wärmewende ist darauf zu Bundesländer Wien, Steiermark und Salzburg ernst achten, das jeweils geeignetste System zu forcieren, und arbeiten in einem Projekt im Rahmen der Vor- um die Herausforderungen im Bereich der Stromwen- zeigeregion Energie GREEN ENERGY LAB seit 2017 de auf ein bewältigbares Minimum zu reduzieren. gemeinsam an der Implementierung räumlicher Energieplanung. Das Projekt Spatial Energy Planning 2. Fernwärme: Die Fernwärme ist durch die Mög- hat sich die Schaffung aller nötigen Grundlagen für lichkeit zur Integration verschiedenster erneuerbarer die räumliche Energieplanung zum Ziel gesetzt. Die Energieträger ein Schlüssel für die nachhaltige zentralen Elemente sind dabei der ENERGIEatlas – Wärmeversorgung und stellt insbesondere für den kartographische Informationslayer zu Energiebedarf, Heizungswechsel im Bestand ein vorteilhaftes Energieversorgungsinfrastrukturen und erneuerbaren System dar. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass Energieversorgungspotentialen - und die darauf auf- gerade die Schaffung eines Angebots zum Anschluss bauenden automatisierten Analysen für definierte von den KundInnen als Wechseloption wahrgenom- Verwaltungsprozesse. Die Verknüpfung einer Vielzahl men wird, selbst wenn das fossile System noch von Basisdaten mit einer bis zu dreistelligen Anzahl keiner Erneuerung bedürfte. Gleichzeitig ist diese an Datenquellen je Bundesland schafft mit fundier- Option nur begrenzt verfügbar, da die wirtschaftliche ten wissenschaftlichen Modellen und Methoden eine Erschließung auf eine Mindestnachfrage angewiesen neuartige und umfassende Planungsgrundlage, ist. Deshalb gilt es, die leitungsgebundenen Energie- die sowohl als kleinste räumliche Auflösung das träger Fernwärme und Gas ganzheitlich zu planen. einzelne Gebäude als auch konsistent andere Ein- Mit dem Ziel einer maximalen Ausdehnung von mit heiten wie Areale, Gemeinden, Regionen und Länder Fernwärme versorgten Gebieten ist die notwendige abbilden kann. Abnahmedichte sicherzustellen. Dazu bedarf es ei- nerseits der notwendigen baulichen Dichte. Anderer- seits sind andere (auch nachhaltige) Heizsysteme im Netzgebiet zu vermeiden. Ohne eine räumliche Koordination, die dafür sorgt, dass am jeweiligen Ort die jeweils bestgeeignete Technolo- gie zum Einsatz kommt und die auch den Stromsektor mitdenkt, kann die Wärmewende nicht gelingen. Automatisierte Berichte mit den für den spezifischen Planungszweck notwendigen energiebezogenen Informationen in den Bundesländern Salzburg, Wien und Steiermark
Durch das gemeinsame Projekt GEL S/E/P können in den Ländern Steiermark, Wien und Salzburg energiebezogene Daten via GIS für die Nutzung in Planungsprozessen bereitgestellt werden Weiters hat das Projekt die erforderlichen und die werden. Mit den regionalen Energieversorgungsun- möglichen Berücksichtigungen erneuerbarer Ener- ternehmen als neuen Partnern wird im Kontext des gie in den hoheitlichen Verwaltungsprozessen der Sektors Strom auch die Koordination der (Energie-) Bau- und Raumplanungsbehörden analysiert und Infrastrukturplanung angegangen. Außerdem sollen für ebendiese maßgeschneiderte Auswertungen im Austausch zwischen den Bundesländern bis 2024 aus dem ENERGIEatlas entwickelt. In Kooperation Möglichkeiten zur Verbesserung des rechtlichen Rah- zwischen Gebietskörperschaften wurde eine beliebig mens für die Umsetzung von Energieraumplanung skalierbare Struktur geschaffen, die auch von ande- entwickelt werden. Die digitale Verfügbarkeit der ren Bundesländern genutzt werden kann. Über die wichtigsten Planungsgrundlagen bietet umfassende Follower-Städte Villach und Bregenz sind diesbezüg- weitere Entwicklungsoptionen und hat das Potenzial, lich bereits Sondierungen in Umsetzung. zum Game-Changer am Energiemarkt zu werden. Mit dem Abschluss der ersten Phase des Projektes Fazit werden im Juni dieses Jahres alle Funktionalitäten für den Bereich der Wärme bereitstehen. In der Das Gelingen der Energiewende wird von einer ef- zweiten Phase (Spatial Energy Planning II) werden fektiven Koordination abhängen. Den Bundesländern in den nächsten drei Jahren die Sektoren Strom und wird gerade im Kontext der räumlichen Planung eine Mobilität ergänzt und in die bereits etablierten Pro- Schlüsselrolle zukommen. Mit der Digitalisierung zesse und das Geoinformationssystem integriert. Auf der Informationsgrundlagen wurde in den letzten diese Weise soll unter anderem eine (vergleichende) Jahren ein vielversprechender Weg eröffnet, der ein CO2-Gesamtbilanzierung von Standorten ermöglicht enormes Entwicklungspotenzial bietet. Das Projekt ist Teil der Vor- zeigeregion Green Energy Lab und wird durch den Klima- und Energiefonds sowie durch die beteiligten Länder, Regionen und Gemeinden gefördert. Mag. Alexander Rehbogen, MBA ist Experte für Public Governance und Energiepolitik am Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen (SIR). alexander.rehbogen@salzburg.gv.at Christian Sakulin, Bereichsleiter „Innovationen und Projektmanagement“ bei der Energie Agentur Steiermark, arbeitet an den Themen Energie und Raum. "Klimaschutz hat sich längst als wichtige Materie in die vielfältigen Agenden der Städte eingereiht. Vor dem Hintergrund ambitionierter Klimaschutzziele stehen Städte nun neben den eigenen Maß- nahmen vor der Herausforderung, das Thema breiter zu verankern. Die standardisierte Berücksich- tigung der energie- und klimaschutzbezogenen Inhalte in bestehenden Verwaltungsprozessen ist jedoch hoch komplex und anspruchsvoll. Die automatisierte Bereitstellung von Planungsgrundlagen wäre ein möglicher Lösungsweg, damit diese zusätzliche Aufgabe von den Stadtverwaltungen rasch angegangen und bewältigt werden kann." Foto: Markus Wache Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes
ENERGIERAUMPLANUNG 8 9 Energieraumplanung in der Steiermark Foto: getty images Dieter Preiß, Christine Schwaberger D as Schlagwort „Energieraumplanung“ tauchte erstmals im Zuge der Energiekrisen 1973 und 1979 auf. Schwerpunkt dieses IEE-Projektes2 war die Im- plementierung nachhaltiger Energielösungen in (Jilek, 1998). die örtliche Raumplanung. Dieses Projekt wurde Derzeit gewinnt es im Sinne eines aktiven Klima- VertreterInnen steirischer Gemeinden, Behörden und schutzes wieder an Bedeutung und ist auch im RaumplanerInnen präsentiert und markiert den Start aktuellen Programm der österreichischen Bundes- der Energieraumplanung in der Steiermark. 2016 regierung unter dem Stichwort „Klimaschutzorien- wurde das Institut für Raumplanung, Umweltplanung tierte Energieraumplanung“ festgehalten. Damit und Bodenordnung der BOKU Wien beauftragt, als die Transformation des Energiesystems zu einer Umsetzungsmaßnahme des EU-Projektes einen Leit- dekarbonisierten Energiewirtschaft gelingt, wird die faden zum Thema „Das Sachbereichskonzept Energie Erarbeitung von Planungsgrundlagen für die räum- - Ein Beitrag zum Örtlichen Entwicklungskonzept" liche Dimension von Energie in der Raumplanung für die örtliche Raumplanung in der Steiermark zu zunehmend als hoheitliche Aufgabe gesehen. erstellen. Anhand von Beispielgemeinden wurde im Im Ergebnispapier der ÖROK 1-Partnerschaft Ener- Leitfaden der BOKU Wien gezeigt, dass eine räumlich gieraumplanung ist die „Energieraumplanung jener und sachlich hoch aufgelöste energetische Charakte- integrale Bestandteil der Raumplanung, der sich mit risierung der Gemeinden und eine fundierte Analyse den räumlichen Dimensionen von Energieverbrauch aller für die Energieraumplanung relevanten Aspekte und Energieversorgung umfassend beschäftigt.“ Wei- notwendig ist. Diese führt zu einer Definition von ters wird dort festgehalten, dass Potenziale für die energieraumplanerischen Standorträumen bzw. Gewinnung von Energie aus erneuerbaren Quellen Vorranggebieten. Im Rahmen der ÖEKs können die mobilisiert und gleichzeitig raumstrukturelle ener- Gemeinden somit energie- und klimarelevante Ziele giesparende Maßnahmen bei den Lebensstilen und verankern und mit der langfristigen Festlegung von in der Wirtschaft etabliert werden müssen. Entwicklungspotenzialen abstimmen. Anfang 2019 wurde die energetische Charakterisierung in Form Grundlagen der Energieraumplanung einer kommunalen Energie- und Treibhausgasda- in der Steiermark tenbank auf Basis von statistischen Daten für alle steirischen Gemeinden fertiggestellt. Das Land Steiermark war von 2013 bis 2016 Projekt- partner des EU-Projekts SPECIAL (Spatial planning 1 Österreichische Raumordnungskonferenz and energy for communities in all landscapes). 2 IEE … Intelligent Energy Europe
Weiters werden Wärmedichtekarten und Karten für Für die Inanspruchnahme einer Förderung ist die energiesparende Mobilität im GIS Steiermark zur Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung oder an Verfügung gestellt. (Albart Heriszt, Stöglehner, 2019) einem Sprechtag durch die jeweilige Gemeinde und Die Gesetzesgrundlage für Sachbereichskonzepte ihre OrtsplanerInnen verpflichtend. Diese Veranstal- im Rahmen der örtlichen Raumplanung findet sich tungen wurden vom Land Steiermark gemeinsam mit bei den Zielsetzungen der Raumordnungsgrundsätze der BOKU angeboten. VertreterInnen aus mehr als im Steiermärkischen Raumordnungsgesetz 3. Für hundert Gemeinden nahmen an den Schulungen bzw. die Begründungen der Wortlautfestlegungen im Beratungen teil. Aktuell arbeiten konkret 43 Gemeinden Örtlichen Entwicklungskonzept (ÖEK)4 ist ein Erläu- aktiv an ihren SKEs. Bereits angekündigt, und auch terungsbericht zu erstellen. Dazu zählen „Sachbe- im Aktionsplan zur Klima- und Energiestrategie Stei- reichskonzepte zur Erreichung der Entwicklungsziele ermark 2030 festgehalten, ist die Vorbereitung einer für einzelne Sachbereiche, wie insbesondere für die zukünftigen gesetzlichen Verpflichtung im steirischen Energiewirtschaft“. Raumordnungsgesetz zur Erarbeitung von SKEs. Die im Sachbereichskonzept Energie (SKE) erarbeiteten energieraumplanerischen Strategien sollen Entschei- Die nächsten Schritte auf dem Weg dungsträgerInnen der örtlichen Raumplanung befähi- zur Wärmewende gen, raumrelevante Entscheidungen mit energie- und klimapolitischen Zielsetzungen in Einklang zu bringen A) Durchgängigkeit von den Zielen und damit auf kommunaler Ebene die Voraussetzungen bis zur Umsetzung für die Energiewende und die Einhaltung internationa- ler Klimaschutzverpflichtungen zu schaffen. Energietechnische Planung Grad der rämlichen „Die Grundlagenarbeit zur Energieraumplanung mit der Erar- und zeitlichen Gebäude bis Einzelkom- beitung des Leitfadens zur Erstellung eines Sachbereichskon- Auflösung der ponente Betrachtung zeptes Energie macht deutlich, welch maßgebenden Beitrag Energiesystem- eine zukunftsorientierte Raumplanung zur Erreichung der Planung energie- und klimapolitischen Zielsetzungen leisten kann.“ Andrea Teschinegg, Referatsleiterin, Referat für Bau- und gebäudescharf bis Raumordnung, Abteilung 13, Amt der Steiermärkischen Wohneinheit Landesregierung Energieraum- Planung grober Raum- bezug bis gebäudescharf Das Förderprogramm für Gemeinden und RaumplanerInnen Statistische Energieanalyse Um das Instrument des SKE umzusetzen, wurde von kein Raumbe- zug bis grober Evaluierung Monitoring den mit Raumplanung und Energie betrauten Stellen Raumbezug in den Abteilungen des Landes Steiermark ein Förder- programm aus dem Ökofonds Steiermark aufgesetzt. Dabei ist die Ausschreibung modular gestaltet: Das Stufen der Energieplanung. Räumlich und zeitlich erste Modul zielt auf die Förderung von Planungs- differenzierte Planungsschritte aufbauend auf der leistungen zur Einarbeitung von Klimaschutz- und Energieanalyse (nach Mach T. et al, 2018) Energieaspekten in die Instrumente der örtlichen Raumplanung ab. Zusätzlich zum raumordnungs- Zur Erreichung der strategisch erarbeiteten Ziele ist rechtlich verbindlichen Stakeholderprozess kann auch es unbedingt erforderlich, die Verbindung von der eine aktive Bürgerbeteiligung zur Identifikation aller Energieanalyse über die Energieraumplanung mit der Betroffenen mit dem SKE und zur Gewährleistung der anschließenden Planung des Energiesystems und der notwendigen Transparenz im Planungsprozess finan- Energietechnik in einem Gebäude zu schaffen. Ohne ziell unterstützt werden. In zwei weiteren Modulen bindende Durchgängigkeit und Berücksichtigung des können Machbarkeitsstudien und Detailplanungen, steigenden Grads der räumlichen und zeitlichen Auf- sowie die Vorbereitung und Ausschreibung von Um- lösung ist die praktische Realisierung nicht gewähr- setzungsvorhaben gefördert werden. leistet und Ziele bleiben ohne konkrete Umsetzung. 3 Demzufolge „hat die Entwicklung der Siedlungsstruktur unter Berücksichtigung sparsamer Verwendung von Energie und vermehrtem Einsatz erneuerbarer Energieträger sowie unter Berücksichtigung der Klimaschutzziele zu erfolgen“. 4 Ein Örtliches Entwicklungskonzept (ÖEK) stellt im rechtlichen Rang eine Verordnung dar.
ENERGIERAUMPLANUNG 10 11 B) Monitoring und konsequente Zielverfolgung D) Verbesserung und Aktualisierung der Strategie im Örtlichen Entwicklungskonzept von Datengrundlagen Durch die Integrierung in das ÖEK unterliegen die Die Analyse der IST-Situation und die genaue Kennt- Sachbereichskonzepte für Energie der aufsichtsbe- nis über den Bestand, die Nutzung und den Zustand hördlichen Prüftätigkeit und können evaluiert und von Gebäuden und deren Energieinfrastruktur ist Teil eines Monitoringprozesses werden. Revisionen der erste Planungsschritt. Eine gute, umfassende des Örtlichen Entwicklungskonzepts bzw. des Flä- und möglichst vollständige Datenbasis ist dabei chenwidmungsplanes sind alle 10 Jahre verpflichtend die Grundvoraussetzung für eine vorausschauende durchzuführen. Monitoringintervalle von 1-3 Jahren Planung. Mittlerweile gibt es viele Datenquellen für bieten die Möglichkeit, den Grad der Zielerreichung die Bestimmung der Nutzung und Energieinfrastruk- festzustellen. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die tur bestehender Gebäude auf kommunaler Ebene. Etablierung von Prozessen auf kommunaler Ebene Wichtig ist hier ein gut gepflegtes bzw. auf aktuellen zur Sicherstellung der klima-, energie- und raum- Stand gebrachtes Adress-, Gebäude- und Wohnungs- ordnungsrelevante Entscheidungen im Sinne der register (AGWR). Weiters gibt es Datenbanken über strategischen Ausrichtung. Heizungsanlagen und Energieausweise von Gebäu- den als wichtige Datenquelle. C) Vorrang für erneuerbare Fernwärme und Vermeidung von Doppelinfrastruktur Ausblick Fernwärme ist ein Versorgungsystem, das es erlaubt, Visuelle und übersichtliche Darstellungen von geore- unterschiedliche Energiequellen wie industrielle Ab- ferenzierten Energiedaten und Potenzialen zur Nut- wärme, Wärme aus Kraft-Wärmekopplungsanlagen zung von Energie aus erneuerbaren Quellen in Form oder direkte erneuerbare Wärmequellen wie Biomasse von Karten oder im Digitalen Atlas Steiermark sind oder Wärmepumpen flexibel einzubinden. Die Kon- ein wertvolles und hilfreiches Mittel für zukünftige kurrenz mit dem Erdgasnetz stellt energietechnisch energie- und klimaschutzrelevante Entscheidungen als auch hinsichtlich der langfristigen volkswirt- im Bereich der Raumplanung. Die flächendeckende schaftlichen Kosten zweier paralleler Systeme ein Ausrollung des Wärmeatlas Steiermark stellt einen Problem dar. Insbesondere dort, wo „erneuerbare“ weiteren notwendigen nächsten Schritt dar. Zum Fernwärme möglich ist, ist daher eine Bevorzugung Gelingen der Transformation des Energiesystems gegenüber Erdgas und auch anderen dezentralen darf auf den Stromsektor und vor allem die Mobilität Energieversorgungsmöglichkeiten geboten. nicht vergessen werden. Fortsetzung folgt. Dipl.-Ing. Dieter Preiß ist Mitarbeiter des Referats für Energietechnik und Klimaschutz, Abteilung 15 Energie, Wohnbau, Technik, Amt der Steiermärkischen Landesregierung. dieter.preiss@stmk.gv.at Mag.a Christine Schwaberger ist geschäftsführende Gesellschafterin des Raumplanungsbüros Pumpernig & Partner ZT GmbH. christine.schwaberger@pumpernig.at Weiterführende Informationen / Links im E-Paper Jilek W. (1998): Energieraumplanung in SIR-Mitteilungen und Berichte, Band 26/1998 ÖROK-Partnerschaft Energieraumplanung: www.oerok.gv.at/raum/themen/energieraumplanung EU-Projekt SPECIAL: https://ec.europa.eu/energy/intelligent/projects/en/projects/special Abart-Heriszt L., Stöglehner G. (2019): Das Sachbereichskonzept Energie, Ein Beitrag zum Örtlichen Entwicklungskonzept, Leitfaden, Version 2.0 Klima- und Energiestrategie Steiermark 2030 mit Aktionsplan 2019-2021 Mach T. et al (2018): Stufen der Energieplanung (Präsentation), Institut für Wärmetechnik, TU Graz "Die Zukunft der Energieversorgung hängt stark davon ab, inwieweit es gelingt, die Potenziale aus Energieeffizienz und Energie aus erneuerbaren Quellen zu realisieren. Die Energieraumplanung ist ein wichtiger Hebel auf kommunaler Ebene, wenn es darum geht, ein dekarbonisiertes Energiesystem von der Vision in die Tat umzusetzen und auf den Boden zu bringen." Dieter Thyr, Referatsleiter, Referat Energietechnik und Klimaschutz, Abteilung 15 Energie, Wohnbau, Technik, Amt der Steiermärkischen Landesregierung
Energie MEETS Raumplanung – Praxisbericht aus Salzburg Stefan Zenz, Alexander Rehbogen S eit 1. Jänner 2018 sind Energie und Klimaschutz im Salzburger Raumordnungsgesetz als Aufgaben der angekommen. Mit der Etablierung des Prozesses im REK wurde ein Meilenstein erreicht, der in diesem Raumplanung verankert. In den räumlichen Entwick- Artikel näher betrachtet werden soll. lungskonzepten hat sich seither eine gelebte Praxis etabliert und energie- und klimaschutzbezogene Räumliche Entwicklungskonzepte Fragen werden konsequent berücksichtigt. Salzburg verfolgt mit der Klima + Energiestrategie Gemeinden legen in den sogenannten REKs alle 15- Salzburg 2050 ambitionierte Ziele im Klimaschutz. 20 Jahre ihre langfristigen Entwicklungsziele fest. Eine tragende Säule der Maßnahmen bildet der Be- Seit der Novellierung des Raumordnungsgesetzes reich räumliche Energieplanung. Ziel ist es, das sich im Jahr 2017 sind sie verpflichtet, in neuen REKs in den letzten Jahren neu manifestierende öffentli- „energierelevante Gegebenheiten“ in der Bestands- che Interesse an nachhaltiger Energieversorgung analyse abzubilden (vgl. S-ROG 2009, § 24 Abs.1 z2) und Klimaschutz in bestehende Verwaltungsprozes- und „grundsätzliche Aussagen (...) zur angestrebten se sinnvoll zu integrieren. Dementsprechend war Energieversorgung“ zu treffen (vgl. ebd., § 25 Abs.2 einer der ersten Schritte zur Implementierung die z5). Zahlreiche gute Beispiele aus der Praxis belegen detaillierte Analyse von bestehenden Planungspro- seither, wie in der Entwicklungsplanung wichtige zessen, in denen energie- und klimaschutzbezogene Weichenstellungen für eine nachhaltige Entwicklung Fragestellungen von Relevanz sind. Als Ergebnis gesetzt werden können. Eine zukunftsfähige Raum- haben sich die Erstellung räumlicher Entwick- entwicklung durch kompakte und nutzungsgemischte lungskonzepte (REKs) und die Planung von Neubau- Siedlungsstrukturen, eine effiziente Energieversor- projekten als Schlüsselprozesse in der Verwaltung gungsinfrastruktur mit Forcierung netzgebundener herauskristallisiert. In beiden Prozessen ist in den Wärmeversorgung und die Nutzung lokal vorhandener letzten Jahren die Berücksichtigung von energie- und erneuerbarer Energieressourcen werden in die Planung klimaschutzbezogenen Fragestellungen in der Praxis als Ziele übernommen.
ENERGIERAUMPLANUNG 12 13 Zukunftsfähige Raumentwicklung • Kompaktheit / Bebauungsdichte und Nutzungsmischung forcieren und damit - den durch die Mobilität induzierten Energiebedarf reduzieren - die Energieeffizienz der Gebäude erhöhen - eine nachhaltige netzgebundene Wärmeversorgung ermöglichen • Alle Entwicklungen außerhalb der Siedlungsschwerpunktbereiche vermeiden Effiziente Infrastruktur • Bestehende nachhaltige Energieinfrastruktur (v.a. Fernwärmenetze) beachten, deren Nutzung stärken und bei Standortentwicklungen Potenziale für die Errichtung nachhaltiger Energieinfrastruktur beachten • Doppelte Infrastruktur und gegenseitige negative Beeinflussung von Infrastruktur (Umgebungswärmenutzung) vermeiden • Ausbau der Gasinfrastruktur unterbinden • Infrastrukturkosten der Erschließung generell einbeziehen Optimale Nutzung von lokalen Ressourcen • Bestehende Potenziale (insbesondere Sonne, Biomasse, Wind, Wasser, Umgebungswärme) maximal nutzen • Verschwendung lokaler Energiepotenziale (v.a. Abwärme Industrie, Gewerbe, Reinhaltung) vermeiden • Importe von Energie minimieren - lokale Wertschöpfung maximieren 3x3 der Energie im räumlichen Entwicklungskonzept (REK) Quelle: SIR Service für Gemeinden Von Beginn an war es eine wichtige Bedingung, die duell unterstützt. Das Amt der Salzburger Landesregie- Gemeinden mit dem neuen Materienkomplex nicht rung bietet dafür die folgenden (kostenlosen) Services: zu überfordern. Der zusätzliche Ressourcen- und Kom- petenzbedarf muss in den ohnehin hoch komplexen • Bestandsanalyse Energie als Grundlage für Raumordnungsprozessen auf ein Minimum beschränkt die Gemeinden und OrtsplanerInnen werden, um im gegebenen Rahmen darstellbar zu • Individueller Besprechungstermin für jede bleiben. Gemeinden werden deshalb in den energiebe- Gemeinde zur Interpretation der Ergebnisse zogenen REK Aktivitäten im gesamten Prozess indivi- • Dauernde Ansprechstelle für Umsetzungsfragen "Klimaschutz ist ein Schwerpunkt der Salzburger Landesregierung. Mit unserer Klima + Energiestra- tegie SALZBURG 2050 soll unser Bundesland bis zum Jahr 2050 klimaneutral, nachhaltig und ener- gieautonom sein. Unsere politische Verantwortung dabei ist, die Möglichkeiten zu schaffen, damit sich alle beim Klimaschutz aktiv beteiligen können. Nur gemeinsam kommen wir voran. Auch die Gemeinden sind wichtige Klimaschutz-Verbündete. Daher schaffen wir notwendige Rahmenbedin- gungen und Services, damit Gemeinden ihre Verantwortung wahrnehmen und einen direkten Beitrag leisten können. Mit der Bestandsanalyse Energie werden kostenfrei alle notwendigen Informationen bereitgestellt, damit der Umstieg auf erneuerbare Energien und Klimaschutz in der Raumplanung erleichtert und ermöglicht wird." Landeshauptmann Stellvertreter Dr. Heinrich Schellhorn, zuständig für Energie, Umwelt und Klimaschutz
Im Herbst 2020 wurden zudem alle OrtsplanerInnen Über Stellungnahmen an insgesamt drei Punkten im des Landes in die neuen Inhalte eingeschult und kön- Laufe des Verfahrens zur Neuauflage eines REKs haben nen die Gemeinden nun optimal in der Umsetzung Fachdienststellen die Möglichkeit und Aufgabe, die unterstützen. Um diese Services für die Gemeinden ihren Kompetenzbereich betreffenden Inhalte zu bereitstellen zu können, war jahrelange Aufbauar- bewerten. Dieser Ablauf erlaubt es, die neue Materie beit und eine intensive und gute Zusammenarbeit „Energie und Klimaschutz“ schrittweise und mit der zwischen insgesamt sechs Referaten des Amtes der notwendigen Sensibilität gegenüber den ressourcen- Salzburger Landesregierung erforderlich. mäßigen Möglichkeiten der Gemeinden einzuführen. Prozessinnovation statt Revolution 1. Zentral ist neben dem Service die Tatsache, dass man Energiebedarf sich mit dem neuen Materienkomplex in bestehende Strom/Wärme Planungsprozesse eingliedert. Es war weder möglich noch notwendig, einen neuen Verwaltungsprozess „zu erfinden“. Vielmehr wird die Entwicklung eines REK an relevanten Stellen an den etablierten Pla- nungsprozess angekoppelt. Und auch die Struktur der Inhalte wurde nicht neu entwickelt. So besteht 2. Alternative Enegiepotenziale ein REK aus einem Planteil und einem Textteil, wobei sich letzterer in die Bestandsanalyse, die Umwelt- prüfung sowie die Maßnahmen und Ziele gliedert. Die Berücksichtigung von energie- und klimaschutz- bezogenen Inhalten ist an diese Struktur angepasst. 3. Energieversorgungs- infrastruktur 4. Verbesserungs- optionen Sondierung • Bestandsanalyse Energie (Erstanalyse) Inhalte Bestandsanalyse Energie • Individuelles Beratungsgespräch mit der Gemeinde (optional) Mitteilung der unerlässlichen Untersuchungen • Anforderungen in Bezug auf Berücksichtigung energie- und klimaschutzbezogener Inhalte werden in Stellungnahmen dargelegt • Bestandsanalyse Energie (Update) Vorbegutachtung und Umweltprüfung • Kommentierung Text- und Planteil • Kommentierung der geplanten neuen Siedlungsgebiete im Hinblick auf Eignung und Energieversorgungsoptionen aus der Perspektive "Klimaschutz" Prüfbehördliche Genehmigung • Finale Kommentierung zur Umsetzung der Anmerkungen Ablauf Neuauflage REK (Räumliche Energiekonzepte) und Berücksichtigung energie- und klimaschutzbezogener Inhalte
14 15 | AT12-19G | ENERGIERAUMPLANUNG ANZEIGE Die Anforderungen im Bereich Energie wurden im Zeit- verlauf an die jeweils verfügbaren Informationen : Schwebend, gekoppelt. Da 2018 für die Energie nur Basisinforma- tionen zur Verfügung gestellt werden konnten, kontaktlos, intelligent! waren die Anforderungen an die Bestandsanalyse gering. Über das Projekt GEL S/E/P (siehe auch Freie 2D-Produktbewegung Artikel Digitale Planungsgrundlagen für die Ener- gieraumplanung auf Seite 18) konnten schrittweise mit bis zu 6 Freiheitsgraden mehr Informationen verfügbar gemacht und die An- forderungen angehoben werden. Ab April 2021 werden die automatisierten „Bestandsanalysen Energie“ auf 50 Seiten alle relevanten Informationen für den Bereich der Wärme umfassend abbilden (siehe Abbil- dung links). Die Darstellungen erlauben den Gemein- den und OrtsplanerInnen eine umfassende Integration energie- und klimaschutzbezogener Fragestellungen in die REKs. Entsprechend besteht die Möglichkeit, die Mindestanforderungen zur Berücksichtigung energie- und klimaschutzbezogener Fragestellungen auf die- ses Niveau anzuheben. Inzwischen wird jährlich eine zweistellige Zahl an Verfahren erfolgreich und in einer positiven Zusammenarbeit mit den Gemeinden, Orts- planerInnen und anderen Fachdienststellen begleitet. Fazit und Ausblick Im Verlauf von drei Jahren konnte der neue Mate- rienkomplex „Energie und Klimaschutz“ reibungsfrei Schwebende 5° Kippen Planarmover um bis zu 5° in die REKs integriert werden. Die Basisanalysen für Energiekonzepte befinden sich in einigen Gemeinden Skalierbare Heben ebenfalls bereits in Anwendung. Die gute Zusam- kg Nutzlast um bis zu 5 mm menarbeit mit den anderen Fachdienststellen, das Serviceverständnis und die Rücksichtnahme auf die 360° Dynamisch 360° Rotation mit bis zu 2 m/s Möglichkeiten der Gemeinden durch die Entwicklung eines digitalisierten Systems sowie der notwendige Rechtsrahmen waren die zentralen Erfolgsfaktoren. Der erfolgreich eingeschlagene Weg soll nun konse- quent weiterverfolgt werden. Auf Grundlage der brei- ten Datenbasis und des entwickelten Informations- systems sind zahlreiche Vertiefungen, inhaltliche Erweiterungen und weitere Anwendungen denkbar. www.beckhoff.com/xplanar Mit der Ausdehnung auf die Sektoren Strom und XPlanar eröffnet neue Freiheitsgrade im Produkthandling: Mobilität und der EnergieApp für Häuslbauer befinden Frei schwebende Planarmover bewegen sich über individuell ange- sich spannende neue Ideen bereits in der Pipeline. ordneten Planarkacheln auf beliebig programmierbaren Fahrwegen. Individueller 2D-Transport mit bis zu 2 m/s Bearbeitung mit bis zu 6 Freiheitsgraden Transport und Bearbeitung in einem System Stefan Zenz, MSc ist Experte für die Klima- und Verschleißfrei, hygienisch und leicht zu reinigen Energiestrategie SALZBURG 2050 im Referat 4/04 Beliebiger Systemaufbau durch freie Anordnung der Planarkacheln Energiewirtschaft und -beratung des Amtes der Multi-Mover-Control für paralleles und individuelles Produkthandling Salzburger Landesregierung. Voll integriert in das leistungsfähige PC-basierte Beckhoff-Steuerungs- stefan.zenz@salzburg.gv.at system (TwinCAT, PLC IEC 61131, Motion, Measurement, Machine Learning, Vision, Communication, HMI) Mag. Alexander Rehbogen, MBA ist Experte für die Branchenübergreifend einsetzbar: Montage, Lebensmittel, Pharma, Bereiche Energie und Smart City Salzburg am Salz- Labor, Entertainment, … burger Institut für Raumordnung und Wohnen (SIR). alexander.rehbogen@salzburg.gv.at
Wiener Energieraumplanung als wesentlicher Beitrag zur Energiewende Foto: Stadt Wien C. Fürthner Herbert Hemis, Susanna Erker D ie Energieraumplanung ist eine neue Disziplin des Klimaschutzes mit einem stadtplanerischen Energieraumplanung in Aktion Schwerpunkt. Sie stellt einen wichtigen Baustein Das Fachkonzept Energieraumplanung dient als für die Dekarbonisierung von Städten wie Wien dar, Richtschnur für die Energieraumplanungsaktivitäten insbesondere für den Gebäudebereich. Das Ziel des der Stadt Wien. Der Schwerpunkt liegt in der voraus- aktuellen Regierungsübereinkommens, die Stadt bis schauenden und räumlich koordinierten Entwicklung 2040 klimaneutral zu machen, lässt die Bedeutung der Energieversorgung. Dadurch soll einerseits die einer räumlich koordinierten Umgestaltung der Ener- leitungsgebundene Infrastruktur (wie Nah- und gieversorgung massiv steigen. Fernwärmenetze) nachhaltig und effizient gesteuert Die Richtung für die Energieraumplanung legt das werden. Andererseits soll der Einsatz erneuerbarer 2019 erschienene Fachkonzept Energieraumplanung, Energien und die Einbindung von Abwärme maximiert als Teil des Stadtentwicklungsplans (STEP 2025), werden, damit zukunftsfähige Lösungen realisiert fest. Die Umsetzungen passieren auf verschiedenen werden können. Die Betrachtungsebene geht dabei Ebenen durch die gezielte Integration des Themas in vom Gebäude über das Quartier bis zu ganzen Prozesse der Stadtplanung. Zusätzlich wurde ein neues Stadtteilen und betrifft sowohl den Neubau als auch Instrument geschaffen, das Ziele der Energieplanung den Bestand. Daraus ergibt sich eine notwendige räumlich differenziert vorschreibt: die Energieraum- und breite Abstimmung mit den diversen Prozessen pläne. Diese sind ein bisher einzigartiges Instrument innerhalb der Stadt, wie etwa der Stadtplanung in Europa, welches für Bauwerber die Wahl der Ener- oder der Sanierung. Um die Zielrichtung der Wiener gieversorgung parzellenscharf festsetzt. Energieplanung offenzulegen und das gemeinsame
ENERGIERAUMPLANUNG 16 17 Verständnis dafür zu schärfen, wurden die sogenann- Die Abgrenzung der Klimaschutz-Gebiete ten Leitlinien der städtischen Energieplanung entwi- ckelt. Darüber hinaus bietet die Energieraumplanung Eine wesentliche Grundlage für die Abgrenzung der durch ihren Bezug zur Raumplanung die Chance, Gebiete war die Verfügbarkeit von Fernwärme im homogene und rechtsverbindliche Vorgaben im Sinne Neubaufall. Die Fernwärme der Wien Energie GmbH des Klimaschutzes und der Energiewende mithilfe entspricht derzeit als einziges Netz den Kriterien der Wiener Bauordnung festzusetzen und damit eines hocheffizienten Systems, dessen Energie zu- Planungssicherheit für alle relevanten AkteurInnen mindest zu 80 Prozent aus Kraft-Wärme-Kopplungs- zu schaffen. Die Energieraumpläne stellen solch ein Anlagen, aus Abwärme und/oder aus erneuerbaren Instrument dar. Energien (Umgebungswärme, Biomasse etc.) stammt. Die Gebiete stellen somit Bereiche dar, die ein Energieraumpläne setzen neuen Standard Erweiterungs- und Verdichtungspotenzial für die Netzinfrastruktur der Fernwärme aufweisen. Dabei Mit den Energieraumplänen nach § 2b der Bauord- zeigt sich, dass sowohl die Verlegeart, das Alter und nung für Wien wurde ein neues Instrument geschaf- die Dimension der Leitungen als auch die Kapazität fen, welches den Einsatz von Energieträgern für die der einzelnen Teilnetze entscheidend sind. Das Vor- Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser handensein einer Leitung als auch die bestehende bei Neubauten räumlich koordiniert. Die Energie- Versorgung einzelner Gebäude führt nicht automa- raumpläne sind Verordnungen des Gemeinderats. tisch zur Ausweisung eines Klimaschutz-Gebiets. Einerseits ähneln sie damit den sektoralen Raumord- Darüber hinaus wurde seitens der Stadt auch die nungsprogrammen anderer Bundesländer, wie etwa städtebauliche Entwicklung bis 2025 herangezogen. der Windkraftnutzung in Niederösterreich, werden Mithilfe eines technisch-ökonomischen Gutachtens aber bezirksweise beschlossen. Andererseits erfolgt wurde die Gebietsabgrenzung für eine mögliche die Abgrenzung grundstücksscharf und ist unmittel- Fernwärmeversorgung im Neubau überprüft und bar verbindlich für etwaige Bauvorhaben. bestätigt. Mithilfe der als Verordnung erlassenen Energie- Ebenso wurde sichergestellt, dass im Neubaufall in raumpläne können sogenannte Klimaschutz-Gebiete all diesen Gebieten zumindest ein weiteres hoch- (siehe orange schraffierte Flächen in der nachfolgen- effizientes, alternatives System zu vergleichbaren den Abbildung) festgesetzt werden, in denen fossile Kosten eingesetzt werden kann. Hierbei wurden Energieträger zur Raumwärme- und Warmwasser- auch die laufenden Kosten der möglichen Energie- bereitstellung im Neubaubereich verboten sind. versorgungssysteme für mindestens 20 Jahre berück- Stattdessen wird eine nachhaltige Wärmeversorgung sichtigt. Unter Beachtung all dieser Aspekte wurde auf Basis von hocheffizienten, alternativen Systemen anhand der digitalen Katastralmappe und weiterer vorgeschrieben (siehe auch § 118 Abs. 3 der Bauord- städtebaulicher Gegebenheiten eine sogenannte nung für Wien). Eine Ausnahme aus technischen oder parzellenscharfe Abgrenzung vorgenommen. wirtschaftlichen Gründen ist hier nicht mehr möglich. Grundsätzlich kann in diesen Gebieten ein Anschluss Der Prozess an die Fernwärme erfolgen, doch besteht dafür kein Anschlusszwang. Das Verfahren zur Erstellung der Energieraumpläne wurde nach dem Vorbild des Ablaufs zur Erarbei- tung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne entwickelt. Ausgehend von den aufbereiteten Grund- lagen wird ein Vorentwurf für jeweils einen Bezirk erarbeitet und stadtintern reflektiert. Auf Basis der internen Rückmeldungen und weiterer Schritte zur Qualitätssicherung wird ein Entwurf der Verordnung erstellt, der aus einem Textteil und einer Planbeilage besteht. Der Verordnungsentwurf wird zusammen mit einem Erläuterungsbericht für jeden Bezirk öffentlich aufgelegt. Die Stellungnahmen in diesem Verfahrensschritt werden analysiert und gegebenen- Energieraumplan für den 9. Wiener Gemeindebezirk Quelle: Stadt Wien Energieplanung MA 20
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