Hochwasserschutz und zementgebundene Baustoffe - Hinweise für Planung und Ausführung - VDZ

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Hochwasserschutz und zementgebundene Baustoffe - Hinweise für Planung und Ausführung - VDZ
Hochwasserschutz und
                                      zementgebundene Baustoffe

Hinweise für Planung und Ausführung

                                           Bundesverband
                                           der Deutschen Zementindustrie e.V.

                                           Verein
                                           Deutscher Zementwerke e.V.
Hochwasserschutz und zementgebundene Baustoffe - Hinweise für Planung und Ausführung - VDZ
Impressum                                                                  Inhalt

                                                                               Vorwort

                                                                               1 Einführung                        4
                                                                               1.1 Das Sommerhochwasser
                                                                                   an der Oder 1997                4
                                                                               1.2 Naturereignis Hochwasser        4
Herausgeber:                                                                   1.3 Hochwässer in der Geschichte    5
                                                                               1.4 Natürlicher Hochwasserschutz    5
Bundesverband der Deutschen                                                    1.5 Technischer Hochwasserschutz    6
Zementindustrie e.V., Köln                                                     1.6 Hochwasservorsorge              7
Verein Deutscher Zementwerke e.V.,
Düsseldorf                                                                     2   Technische Hochwasser-
InformationsZentrum Beton GmbH, Köln                                               schutzmaßnahmen                 8
(09/2002)                                                                      2.1 Flussdeiche                     8
                                                                               2.2 Hochwasserschutzwände,
                                                                                   Hochwasserschutzmauern          15
Inhaltliche Bearbeitung:
BDZ/VDZ-Projektgruppe „Zementgebun-                                            3 Deichwege                         18
dene Baustoffe für den Hochwasser-                                             3.1 Definition und Aufgabe von
schutz“:                                                                           Deichwegen                      18
                                                                               3.2 Anforderungen an Deichwege      18
Prof. Dr.-Ing. Edwin Bayer (Obmann),                                           3.3 Art und Umfang des Verkehrs     18
Bauberatung Zement Wiesbaden                                                   3.4 Entwurfsgrundlagen              19
Dr.-Ing. Diethelm Bosold,                                                      3.5 Wegebefestigungen und
Bauberatung Zement Wiesbaden                                                       Bauwerke                        20
Dr.-Ing. Wolfgang Breit,                                                       3.6 Standardbauweisen               23
Forschungsinstitut der Zementindustrie,                                        3.7 Ausführungsbeispiele            24
Düsseldorf
Dr.-Ing. Norbert Ehrlich,                                                      4     Gebäude in Hochwasser
Schwenk Zement Bernburg GmbH & Co.                                                   gefährdeten Gebieten          27
KG, Bernburg                                                                   4.1   Allgemeines                   27
Dipl.-Ing. Eberhard Eickschen,                                                 4.2   Gefährdungsbereiche und
Forschungsinstitut der Zementindustrie,                                              Schutzstrategien für Hoch-
Düsseldorf                                                                           wasser gefährdete Gebäude     27
Dr.-Ing. Horst Grube (Obmann),                                                 4.3   Gebäudestandsicherheit        28
Forschungsinstitut der Zementindustrie,                                        4.4   Schutzstrategien zur
Düsseldorf                                                                           Minimierung von Schäden an
Dipl.-Ing. Otmar Hersel,                                                             Hochwasser gefährdeten
Bauberatung Zement Wiesbaden                                                         Gebäuden                      28
Dipl.-Ing. Ulrich Kühner,                                                      4.5   Außenanlage                   33
Deuna Zement GmbH, Deuna                                                       4.6   Hochwassergerechtes Bauen –
Dipl.-Ing. Yvonne Theuerkauf,                                                        ein Beispiel                  34
Rüdersdorfer Zement GmbH, Rüdersdorf
Dr.-Ing. Karsten Rendchen,                                                     Literatur                           35
BetonMarketing Nord, Sehnde                                                    Anhang                              36
Dipl.-Ing. Wolfgang Schäfer,
Bauberatung Zement Ost, Büro Berlin
Dipl.-Ing. Franz-Josef Vahland,
Anneliese Zementwerke AG, Ennigerloh
Dr. rer. nat. Stephan Volkmann,
Dyckerhoff AG, Wiesbaden
Dipl.-Ing. Birgit Westermann,
HeidelbergCement AG, Leimen
                                           Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
                                           Bayer: Hochwasserschutz und zementgebundene Baustoffe: Hinweise für
                                           Planung und Ausführung / Bundesverband der Deutschen Zementindustrie
                                           e.V., Köln und Verein Deutscher Zementwerke e.V., Düsseldorf sowie
                                           InformationsZentrum Beton GmbH, Köln
                                           Düsseldorf: Verlag Bau + Technik, 2002
Gesamtproduktion:                          ISBN 3-7640-0441-x
Verlag Bau+Technik GmbH, Düsseldorf 2002

2
Hochwasserschutz und zementgebundene Baustoffe - Hinweise für Planung und Ausführung - VDZ
Vorwort

                                                 Den Anstoß für diese Broschüre gab
Zement und Beton - Baustoff mit              das Sommerhochwasser an der Oder im
Mehrwert, auch beim                          Jahr 1997, das nach den Rheinhoch-
Hochwasserschutz                             wässern in den Jahren 1988 und 1995
                                             noch wesentlich dramatischere Schadens-
Politische Diskussionen oder Presse-         bilder hinterließ, mit Schäden im einstelli-
meldungen zum Thema Hochwasser ge-           gen Milliardenbereich, damals noch in
hen selten auf die komplexen Zusammen-       DM. Unvergessen sind die Bilder zur Hilfe
hänge zur Entstehung und zum Ablauf ei-      und Selbsthilfe in Deutschland und Polen.
nes Hochwassers ein. Schnell und ober-           Der Zündfunke für diese Broschüre
flächlich wird das „Versiegeln“ oder „Zu-    ging jedoch von Prof. Dr.-Ing. Kurt Walz (✝)
betonieren“ als Schadensursache aus-         aus, der als ehemaliger Hauptgeschäfts-
gemacht. Seit einigen Jahren werden          führer des Vereins Deutscher Zement-
auch Klimaveränderungen als Ursache          werke auch im Ruhestand immer „am
mitdiskutiert. Unmittelbar nach den jewei-   Puls der Zeit“ war und aktuelle Probleme
ligen Katastrophen werden sinnvolle und      gern einer pragmatischen und praxisge-
machbare Abhilfen - z.B. in Form des tech-   rechten Lösung zuführte. Prof. Walz ver-
nischen Hochwasserschutzes - jedoch zu       starb im Jahr 1999, noch bevor die einge-
schnell wieder zu den Akten gelegt bzw.      setzte BDZ/VDZ-Projektgruppe „Zement-
auf Grund knapper öffentlicher Mittel nur    gebundene Baustoffe für den Hoch-
verzögert in Vollzug gesetzt.                wasserschutz“ ihre Arbeit abschließen
     Hier setzt diese Broschüre an. Sie      konnte.
macht auf Risiken des Hochwassers auf-           Im Stadium der Schlussredaktion er-
merksam und will diese in der gesell-        eignete sich im August 2002 das katastro-
schaftlichen Diskussion präsent halten.      phale Jahrhunderthochwasser an Elbe und
Sie will verfügbares Wissen aus Bund,        Mulde, das in seinem Ausmaß vieles bis-
Ländern, Gemeinden, Verbänden und            her Dagewesenes in den Schatten stellte.
Fachinstitutionen sowie Wissenschaft und     Beobachter der Hochwasserkatastrophe
Praxis ergänzen und in verständlicher        sprachen von der größten zivilen Katastro-
Form mit Blick auf das technisch Mögliche    phe in Deutschland seit dem Zweiten
und das wirtschaftlich Machbare präsen-      Weltkrieg. Der Schaden wird im zweistelli-
tieren.                                      gen Milliardenbereich - heute in Euro -
     Dabei zeigt sich, dass die Baustoffe    liegen.
Zement und Beton, d.h. alle zement-              Die Broschüre hat damit, ohne noch-
gebundenen Baustoffe, Bauverfahren und       mals aktuell auf die neuen Hochwasser-
Bauweisen, ihren Mehrwert auch beim          ereignisse eingehen zu können, unerwar-
Hochwasserschutz unter Beweis stellen        tet an Aktualität gewonnen. Sie soll hel-
können. Hierzu gehören Attribute wie         fen, wichtige Aufgaben unserer Gesell-
massiv, schwergewichtig, dauerhaft, wi-      schaft zum Schutz vor Hochwasser und
derstandsfähig, erosionsstabil, wasser-      damit zum Schutz von Leben und zur Mi-
unempfindlich, umweltverträglich, usw.       nimierung von Vermögensschäden - volks-
Das „Zubetonieren“ ist dabei heute nicht     wirtschaftlich und privat - zu erkennen
mehr „Stand der Technik“. Offene Deck-       und fach- sowie zeitgerecht zu lösen. Sie
werke, Dichtwände im Deich, naturnaher       richtet sich damit an alle vom Hochwasser
Gewässerausbau, versickerungsfähige          Betroffenen: an Bund, Länder, Kommunen
Pflaster, Zisternen, Stauraumkanäle sind     sowie Fachbehörden und nicht zuletzt an
anerkannte Bauweisen mit Zement und          die betroffenen Bürger.
Beton, mit denen der eingeschränkten Re-
tention von Niederschlägen bzw. dem be-      Köln/Düsseldorf, im September 2002
schleunigten Abfluss begegnet und vor
Hochwasser geschützt wird. Die Broschü-      Prof. Dr.-Ing. Gerd Thielen
re zeigt dies an ausgewählten Beispielen     Geschäftsführer VDZ
des Deichbaus, der Deichinfrastruktur
(Wegenetz) und für Gebäude in Hochwas-       Dr.-Ing. Lutz Wittmann
ser gefährdeten Gebieten. Diese Beispiel-    Geschäftsführer BDZ
liste ließe sich noch beliebig erweitern.

                                                                                       3
Hochwasserschutz und zementgebundene Baustoffe - Hinweise für Planung und Ausführung - VDZ
1      Einführung

1.1 Das Sommerhochwasser
an der Oder 1997

Anstoß für diese Broschüre gab das
Sommerhochwasser an der Oder 1997,
das viele Anrainer in Deutschland und Po-
len unvorbereitet traf. Während das Was-
ser im Flussbett über Tage stetig anstieg,
waren zu Anfang die Bewohner im Über-
schwemmungsgebiet hinter dem Deich
nicht behelligt und wähnten sich sicher.
Als die Deiche bei anhaltend hohem Was-
serstand durchströmt wurden und durch-
weichten, war die Standsicherheit auf
hunderte Kilometer Länge gefährdet, Bö-
schungen rutschten ab und Deiche bra-
chen (Bild 1-1). In kürzester Zeit überflute-
te Flusswasser Siedlungen, Gewerbege-
biete und Bauernhöfe, so dass vielerorts
kaum genug Zeit zur Evakuierung der
Menschen war. Der entstandene Sach-
schaden wurde 1998 auf 650 Millionen
DM geschätzt, der Ertüchtigungsbedarf
für Straßen und Deiche auf rd. 208 Millio-
nen DM. Eine kurzgefasste Ereignis-
chronologie gibt eine Übersicht über den
Ablauf des Hochwassers und über die
Schäden (s. Anhang A 1, Bild A1-1) [2.20].
    Eine Arbeitsgruppe, die mit Ingenieu-
ren der unterschiedlichsten Fachrichtun-
gen aus dem Kreis der deutschen
Zementhersteller besetzt war, hat die Be-       Bild 1-1: Oder-Deichbruch bei Brieskow-Finkenheerd [2.24]
richterstattung in der Tages- und Fach-
presse über das Oderhochwasser 1997,
die Schäden und Instandsetzungsarbeiten             Die Recherchen und Lösungsansätze               propagieren. Er soll auch betroffene Bür-
in den vergangenen fünf Jahren verfolgt         sind in drei Kapitel gegliedert, die sich           ger über Schutzstrategien informieren und
und ausgewertet. Sie hat sich kurz nach         dem Hochwasserschutz widmen, und                    dazu motivieren, das Risiko einer Überflu-
dem Ereignis vor Ort kundig gemacht, mit        zwar:                                               tung und unvermeidliche Schäden an Ge-
zuständigen Behörden in Potsdam, Verant-        ❏ den technischen Baumaßnahmen zur                  bäuden sowie deren Installation und In-
wortlichen bei der Deichverteidigung und          Ertüchtigung der Flussdeiche und dem              neneinrichtung zu minimieren.
mit Bewohnern der in der Ziltendorfer             Hochwasserschutz durch Schutz-
Bucht liegenden Ernst-Thälmann-Siedlung           wände und Schutzmauern,
gesprochen, deren Häuser nach den               ❏ der Infrastruktur, der Leistungsfähig-            1.2 Naturereignis Hochwasser
Deichbrüchen bei Brieskow-Finkenheerd             keit des Wegenetzes im anschließen-
und 2 km südlich von Aurith metertief im          den potentiellen Überflutungsgebiet               Hochwasser ist als Teil des natürlichen
Oderwasser standen. Daneben wurden                und nicht zuletzt                                 Wasserkreislaufs ein Naturereignis. Große
Flussbereiche und Überschwemmungsge-                                                                Wassermassen laufen in kurzer Zeit in
                                                ❏ dem individuellen Objektschutz von
biete an Elbe, Ems, Rhein, Mosel, Saar,                                                             Bach- und Flusstälern ab. Wetter und
                                                  Gebäuden
Neckar und Donau erkundet und mit                                                                   Flussgebiet bestimmen das Ausmaß des
Hochwasserexperten Gespräche geführt.           durch gezielte Planung, Baukonstruktion,
                                                Baustoffauswahl, Bautechnik und zusätzli-           Hochwassers. An großen Flüssen sind
Vielerorts ergaben sich die gleichen Fra-                                                           großräumig fallende, lang anhaltende Nie-
gen und kritischen Feststellungen zur           che Sicherungsmaßnahmen.
                                                    Der Bericht richtet sich in gleicher            derschläge (Sommer und Winterhoch-
Standsicherheit und Instandhaltung der                                                              wasser), Schneeschmelze, und – heute in
Deiche, bei der Beurteilung des Wege-           Weise an vom Hochwasser betroffene
                                                Kommunen und direkt an betroffene Bür-              Deutschland seltener – Abflussbehin-
netzes und seiner Brücken und zur Deich-                                                            derungen durch Eisdecke oder Eisversatz
verteidigung im Katastrophenfall.               ger und Betriebe sowie an die zuständi-
                                                gen staatlichen Ämter und Verbände. Er              (Frühjahr) für Hochwasser verantwortlich
                                                soll zu einer besseren Hochwasser-Vorsor-           (Bild 1-2). An kleineren Flüssen und Bä-
                                                ge im baulichen Bereich verhelfen und bei           chen entsteht Hochwasser durch örtliche
                                                Wohnhäusern sowie auf landwirtschaft-
                                                lich, gewerblich und industriell genutzten
                                                Flächen hochwasserbewusstes Bauen

4
Hochwasserschutz und zementgebundene Baustoffe - Hinweise für Planung und Ausführung - VDZ
Gewitter oder sintflutartigen Starkregen.
Diesen kurzen und prägnanten Befund
stellt die Länderarbeitsgemeinschaft Was-
ser ihrem Faltblatt Hochwasser-Gefahr
vorbeugen – Schäden vermeiden [2.8] vor-
an. Verstärkt wird der Abfluss – und damit
das Hochwasser – , wenn der Regen auf
wassergesättigten oder gefrorenen Boden
fällt, d.h. auf nicht wasseraufnahmefähige
Flächen.
     Die Natur kennt keine Hochwasser-
schäden. Hochwasser führt erst zu Schä-
den, wenn der Mensch betroffen ist. Je
größer die Sachwerte im Überschwem-
mungsgebiet, desto größer sind die Schä-
den.

1.3 Hochwässer in der Geschichte

Seit über tausend Jahren berichten Chro-
                                             Bild 1-2: Rheininsel Niederwerth [2.11]
niken von Katastrophenhochwässern; in
Stein geschlagene Hochwassermarken
zeigen an alten Stadttoren und Gebäuden
Wasserstand und Jahr ungewöhnlicher
Hochwasserereignisse an. Erst vor knapp
200 Jahren begannen systematische Mes-
sungen und Aufzeichnungen der Wasser-
stände [2.12]. Die Auswertung dieser
Messungen belegt, dass die Hochwasser-
stände sich gegenüber früher nicht verän-
dert haben (Bild 1-3). Gestiegen ist dage-
gen die Höhe der Schäden durch die zu-
nehmende Konzentration hochwertiger
Güter in Überflutungsgebieten.
    Im Jahre 1342 wurde ganz Mitteleuro-
pa – besonders an großen Flüssen wie
Elbe, Werra, Rhein, Mosel, Main und Do-
nau – von einem Sommerhochwasser
heimgesucht, das als größtes Hochwas-
ser des letzten Jahrtausends gilt und in
den Chroniken von Köln, Mainz, Würzburg
und Regensburg als Katastrophenhoch-
wasser dokumentiert ist. Aber auch klei-
nere Flüsse und Bäche verursachen groß-
räumige Überflutungen und führen zu gro-
ßen Hochwasserschäden. Bild A 1-2 (s.
Anhang A 1) zeigt, dass Überflutungen        Bild 1-3: Überflutungen in der Altstadt von Burghausen [Foto: Bayerisches Landesamt für Wasser-
durch Hochwasser auch am Oberlauf klei-      wirtschaft]
ner Nebenflüsse weit verbreitet auftreten.

                                                                                                 zende Flächenbefestigungen sowie
                                             1.4 Natürlicher Hochwasserschutz                    Regenrückhalt und Versickerung auf
                                                                                                 Grundstücken; von Seiten der öffentlichen
                                             Unter dem natürlichen Hochwasserschutz              Hand sind es Gewässer- und Auen-
                                             werden nachhaltige Maßnahmen verstan-               renaturierung, Ausweisung von Über-
                                             den, die Höhe und Volumen eines Hoch-               schwemmungsgebieten und Aufforstung
                                             wassers vermindern und damit die Gefahr             [2.8]. Dabei ist die landwirtschaftliche Nut-
                                             entschärfen: dazu gehören Entsiegelung              zung dieser Gebiete bei z.B. 25-jährlichem
                                             befestigter Flächen durch Austausch                 Hochwasser mit Viehzucht, Streuobst-
                                             wasserundurchlässiger Beläge gegen                  wiesen, Biotopen, Erholungsflächen usw.
                                             durchlässige, die Versickerung unterstüt-           möglich.

                                                                                                                                               5
Hochwasserschutz und zementgebundene Baustoffe - Hinweise für Planung und Ausführung - VDZ
wand, sind Überflutungen nicht auszu-
                                                                                                      schließen: denn durch lang anhaltendes
                                                                                                      Hochwasser durchweichen Deich und Un-
                                                                                                      tergrund; Grund- und Böschungsbrüche
                                                                                                      können folgen und schließlich kann es
                                                                                                      zum Bruch des Deichs bzw. der Wand
                                                                                                      kommen.
                                                                                                           Die Sicherheit vor Überflutung ist auch
                                                                                                      hinter dem Deich nie absolut, es wird im-
                                                                                                      mer ein Restrisiko bleiben. Deichbrüche
                                                                                                      können zu größeren Katastrophen und
                                                                                                      Schäden führen – wie z.B. 1997 an der
                                                                                                      Oder oder 2001 an der Weichsel – , weil
                                                                                                      dort der Überraschungseffekt und der
                                                                                                      schnell auf volle Höhe ansteigende Was-
                                                                                                      serspiegel für die Rettung von Sachwer-
                                                                                                      ten keine Zeit lassen.
                                                                                                           Die Menschen im Überflutungsgebiet
                                                                                                      müssen mit dem Hochwasser leben. Es
                                                                                                      gilt, auf der technischen Seite die Hoch-
Bild 1-4: Hochwasserschutzwand an der Saar [Foto: E. Bayer]                                           wasserwellen durch große Rententions-
                                                                                                      räume hinsichtlich Abfluss, Wasserstand
                                                                                                      und Abflussgeschwindigkeit zu reduzieren
                                                                                                      und Voraussetzungen für eine effektive
                                                    schreitung Schäden eintreten – in jedem           Deichverteidigung zu schaffen. Auf der an-
1.5 Technischer Hochwasserschutz                    dritten Jahr z.T. wesentlich überschritten        deren Seite müssen die Menschen im
                                                    worden, in der nachfolgend gleich langen          Überflutungsgebiet Eigenvorsorge beim
Im Rahmen der öffentlichen Infrastruktur            Periode nicht einmal.                             Neubau von Gebäuden durch größtmögli-
wird bestehende Bebauung durch techni-                  Selbst bei Wasserspiegelhöhen unter-          chen Schutz gegen das Eindringen von
sche Bauwerke – Hochwasserdeiche,                   halb des festgelegten Wasserstandes, die          Wasser treffen; im Bestand ist das durch
Hochwasserwände und Hochwasser-                     also niedriger sind als Deich oder Schutz-        Nachrüstung möglich (Bilder 1-6 bis 1-8).
mauern sowie Rückhaltebecken und Tal-
sperren – geschützt, für deren Bau und In-
standhaltung Bund, Länder und Gemein-
den zuständig sind. Der Schutz bezieht
sich aus Kostengründen immer nur auf ei-
nen vorher festgelegten Wasserstand
(sog. Bemessungswasserstand für die
Bauwerke), der statistisch gesehen relativ
selten eintritt (z.B. einmal in 50 oder 100
Jahren). Die Sicherheit vor Überflutung ist
also bei höheren Wasserständen nicht
ausgeschlossen und die tatsächliche
Überflutungshäufigkeit nicht bekannt
(Bild 1-4).
    Der Rückhalt des Wassers durch
Regenrückhaltebecken, Speicher und Tal-
sperren ist eine geeignete Maßnahme,
den Abfluss im Flussbett zu drosseln. Ein
Beispiel für die Wirksamkeit ist der
Sylvensteinspeicher in Bayern, der für die
Städte Bad Tölz und München seit 1959
die Hochwassergefahr durch Kappen der
Isar-Hochwasserspitzen bannt [2.12].
Während der letzten 35 Jahre vor der Bau-
maßnahme war die Schadensgrenze –
d.h. der Wasserstand, bei dessen Über-

                                                    Bild 1-5: Lieser, Mosel - Übergang einer Hochwasserschutzwand aus Stahlbeton mit Natur-
                                                    steinverblendung zu einer Mauerscharte mit mobilen Wandelementen [Foto: Ministerium für Umwelt
                                                    und Forsten, Rheinland-Pfalz]

6
Hochwasserschutz und zementgebundene Baustoffe - Hinweise für Planung und Ausführung - VDZ
1.6 Hochwasservorsorge

                                               Eine zukunftsweisende Hochwasservor-
                                               sorge umfasst über den natürlichen und
                                               technischen Hochwasserschutz hinaus
                                               vier Anforderungen an die betroffenen
                                               Kommunen bzw. deren Bevölkerung [2.8]:
                                               - Flächenvorsorge,
                                               - Bauvorsorge,
                                               - Verhaltensvorsorge und
                                               - Risikovorsorge.
                                                    Zur Flächenvorsorge müssen die Kom-
                                               munen ihre Flächennutzungs- und Bebau-
                                               ungspläne am ausgewiesenen Über-
                                               schwemmungsgebiet orientieren und dür-
                                               fen kein Bauland im Überschwemmungs-
                                               gebiet ausweisen. Wie auch immer be-
                                               gründete Ausnahmen von dieser Regel
                                               bergen ein hohes Schadenspotential; das
                                               Risiko tragen die betroffenen Bürger und
                                               Betriebe.
                                                    Für betroffene Bürger gilt es als Bau-
                                               vorsorge, angepasste Bauweisen zu nut-
Bild 1-6: Waschmaschine im Bad [2.13]          zen, um das Eindringen von Wasser in die       Bild 1-8: Schutz einer Eingangstür [Foto: RS
                                                                                              Stepanek OHG]
                                               Gebäude zu verhindern und so das
                                               Schadensrisiko nachhaltig gering zu halten
                                               sowie Installationen und Inneneinrichtung
                                               im Keller und Erdgeschoss so auszuwäh-
                                               len und zu platzieren, dass sie vom Was-
                                               ser nicht erreicht bzw. leicht in Sicherheit
                                               gebracht werden können (z.B. Stromzäh-
                                               ler im Obergeschoss, getrennte Strom-
                                               kreise mit Schalter/Steckdosen nahe der
                                               Decke; keine Einbauküche).
                                                    Zur Verhaltensvorsorge gehört es, die
                                               Zeit zwischen Hochwasserwarnung und
                                               dem Eintritt kritischer Hochwasserstände
                                               zur Schadensvermeidung zu nutzen (z.B.
                                               Räumung des Kellers und ggf. des Erdge-
                                               schosses), aber auch, die Mobilität der
                                               Menschen (Einkäufe, Schulgang etc.)
                                               während des Hochwassers zu ermögli-
                                               chen (Bild 1-9).
                                                    Um das Restrisiko von Überflutungs-
                                               schäden (Risikovorsorge) an Haus und Ein-
                                               richtung abzudecken, kann die Versiche-
                                               rung der Sachwerte ein geeignetes Instru-
                                               ment sein. Versicherbar sind in der Regel
                                               Schäden durch Hochwasserereignisse, die
                                               – statistisch gesehen – seltener als einmal
Bild 1-7: Durch mobile Schutzwand geschützte   in 10 Jahren auftreten.                        Bild 1-9: Die alte Stadtmauer von Kaub am Rhein
Hausfassade [2.13]                                                                            dient heute noch als öffentlicher Hochwasser-
                                                                                              notweg, der beim Wiederaufbau nach dem
                                                                                              30-jährigen Krieg in die sich an die Mauer
                                                                                              anlehnenden Wohnhäuser integriert wurde
                                                                                              [Foto: Verkehrsamt der Stadt Kaub]

                                                                                                                                                7
Hochwasserschutz und zementgebundene Baustoffe - Hinweise für Planung und Ausführung - VDZ
2 Technische Hochwasserschutzmaßnahmen

Dieses Kapitel befasst sich ausschließlich   dass der Nutzen der Baumaßnahme im-
mit dem technischen Hochwasserschutz         mer größer sein muss als die zugehörigen
an Flüssen durch Deiche, Deckwerke,          Kosten.
Hochwasserschutzwände und                        Damit wird deutlich, dass ein Deich
Hochwasserschutzmauern.                      nur in Ausnahmefällen so hoch gebaut
                                             wird, dass er vor dem denkbar höchsten
                                             Hochwasser schützen kann. Für Sied-
                                             lungsgebiete wird bei Volldeichen*) häufig
2.1 Flussdeiche                              ein Schutz gegen 100-jährige Hochwas-
                                             serereignisse angestrebt. Für höhere
Definition und Aufgabe                       Hochwasserstände ist auch hinter dem
Flussdeiche sind Dämme aus Erdbau-           Deich das volle Hochwasserrisiko vorhan-
stoffen zum Schutz des Hinterlandes ge-      den. Die Gefahren und Schäden sind bei
gen Hochwasser an Fließgewässern (Bild       einem Deichbruch wegen der plötzlich
2-1). Sie werden in zwei für die Schutz-     einbrechenden Wassermassen sogar hö-
funktion wesentliche Gruppen unterteilt:     her einzuschätzen.
❏ Volldeiche, regional auch Hochwasser-          Der Deichquerschnitt richtet sich z.B.
  deiche, Banndeiche, Hauptdeiche oder       nach den Beanspruchungen, den verfüg-
  Winterdeiche genannt, sind gegen gro-      baren Deichbaustoffen, der Untergrund-
  ße und seltene Hochwasser bemes-           beschaffenheit und den einsetzbaren Bau-
  sen. Sie schützen Wohnsiedlungen,          techniken. Es gibt keinen allgemein gültig
  gewerbliche Anlagen, Verkehrswege          festgelegten Regelquerschnitt.
                                                                                              Bild 2-1: Scharliegender*) Deich mit massivem
  und landwirtschaftlich genutzte Flä-           Die Systemskizze im Bild A 2-2 (s. An-       Betondeckwerk an der Oder 1993 [Foto: Readymix
  chen vor Überschwemmungen.                 hang 2) zeigt die wichtigsten Bezeichnun-        Zement GmbH]
❏ Teilschutzdeiche sind im Vergleich zu      gen am Deich. Mitbestimmend für den
  Volldeichen an gleicher Stelle niedriger   Querschnitt sind die Durchsickerung des
  und schützen landwirtschaftliche Flä-      Deichs, seine Unterströmung und die
                                             schadlose Abführung der Sickerwässer.                Zu den wesentlichen sichtbaren Ele-
  chen gegen kleinere und mittlere, aber
                                             Lang anhaltende hohe Wasserstände und            menten des Deichs gehören Deichkrone,
  entsprechend häufigere Hochwässer.
                                             schnell fallende Wasserspiegel beein-            Böschungen, Bermen und Deichweg. Die
  Weitere Begriffe der verschiedenen
                                             trächtigen seine Standsicherheit. Mit der        Deichkrone ist zur Entwässerung zum
  Flussdeicharten sind in Anhang A 2 in
                                             Höhe und Dauer des Einstaus wächst die           Wasser hin geneigt oder gewölbt. Sie ist,
  Bild A 2-1 genannt und dargestellt.
                                             Deichbruchgefahr. Einwirkungen und Scha-         wenn nicht befahrbar, mit Rasensoden ge-
                                             densursachen zeigt schematisch Bild 2-3.         gen Erosion (Erdabtragung) geschützt. So-
Deichkörper
                                                 Gesichtspunkte der Deichinstand-             weit die Deichkrone zur Inspektion mit
Die Kronenhöhe der Deiche basiert im
                                             haltung, Deichverteidigung bei Hochwas-          leichten Fahrzeugen oder für den Fahrrad-
Wesentlichen auf der Wahl des Be-
                                             ser und der Einbindung in das Umfeld             verkehr freigegeben ist, wird eine Befesti-
messungshochwassers als Ereignis mit
                                             spielen für die Wahl des Deichquer-              gung benötigt (s. Abschnitt 3.5). Land-
bestimmter Eintrittswahrscheinlichkeit
                                             schnitts ebenfalls eine Rolle. Als idealer       seitig angelegte Bermen erhöhen die
(Wiederkehr in einer bestimmten Zeit-
                                             Deichaufbau hinsichtlich der Standsicher-        Standsicherheit und tragen i.d.R. den
spanne) bezogen auf einen bestimmtem
                                             heit bei lang anhaltendem Hochwasser             Deichverteidigungsweg, der zur Deich-
Wasserstand. Sie errechnet sich aus dem
                                             hat sich der Drei-Zonen-Deichquerschnitt         instandhaltung und bei Katastrophen-
Hochwasserstand und dem sog. Freibord
                                             bewährt: Ein durchlässiger Erdstützkörper        hochwasser der Deichverteidigung dient.
(zusätzliche Höhe für Windstau des Was-
                                             mit einem wasserseitigen Keil aus wenig          Die Deichverteidigungswege müssen des-
sers, Wellenauflauf auf der Böschung,
                                             durchlässigem Erdmaterial, der bei Bedarf        halb hinsichtlich der Wegführung, der Ab-
ggf. Einfluss von Eisstau und einem
                                             zur Fließwegverlängerung mit einer               messungen und Befestigung im Katastro-
Sicherheitszuschlag). Beim Neubau
                                             Dichtungswand (Schlitzwand, Schmal-              phenfall einen zügigen, gefahrlosen Ver-
kommt ein zusätzlicher Zuschlag für die
                                             wand, Spundwand) in den Untergrund un-           kehr erlauben und die Belastung durch
Setzung von Untergrund und Deichkörper
                                             ter dem Deich oder in eine tiefer liegende       schwere Fahrzeuge und Geräte aufneh-
hinzu. Bild 2-2 zeigt diese Zusammen-
                                             dichte Schicht einbindet.                        men können (s. Kapitel 3).
hänge.
    Für die Wahl des Bemessungs-
hochwassers ist die Schutzbedürftigkeit
des eingedeichten Gebiets maßgebend,                                                                    Krone
die i.W. an vier Kriterien gemessen wird:                                                                              Setzung
                                                                    Freibord

Schutz von Leben und Gesundheit der                                            Wellenhöhe
dort lebenden Menschen, Schutz der
Sachwerte, Schutz von Natur und Kultur-                                                                           Zuschlag
gütern sowie Minimierung der aufzuwen-
                                                                                                                  Wellenauflauf
denden Baukosten. Es gilt der Grundsatz,                                             Bemessungs-
                                                                                     hochwasserstand              Windstau

                                                                   Bild 2-2: Bemessungshöhe von Deichen (Freibord 0,5 bis 1,0 m) [2.4]
*)
     Begriff ist im Anhang 2 erläutert

8
Hochwasserschutz und zementgebundene Baustoffe - Hinweise für Planung und Ausführung - VDZ
Quelle
                                                                                           1. Sickerwasseraustritt mit
                                                                          ausgeschwämmte
                                                                          Deichbaustoffe      Erdstoffaustrag aus der
                                                                                              luftseitigen Böschung
                                            Auelehm                                           infolge innerer Erosion;
                                              Sand                                            Gefahr des Böschungs-
                                                                                              bruchs bzw. des Erosions-
                                                        Rissbildung                           bruchs

                                                                                           2. Flächenhafter Sickerwas-
                                            Auelehm                                           seraustritt (Strömungsdruck)
                                              Sand                                            an der luftseitigen
                                                                                              Böschung mit nachfolgen-
                                                                                              dem Böschungsbruch

                                                                                           3. “schnell fallender Wasser-
                                                                                              spiegel” verbunden mit ho-
                                                                                              hem Porenwasserüberdruck
                                            Auelehm                                           bzw. Strömungsdruck
                                              Sand                                            in der wasserseitigen Bö-
                                                                                              schung mit nachfolgendem
                                                                                              Böschungsbruch

                                                                                           4. Anheben der Auelehm-
                                                                                              schicht durch hohen Was-
                                            Auelehm                                           serdruck hinter dem Deich;
                                              Sand                                            Gefahr eines hydrauli-
                                                                                              schen Grundbruchs

                                                                                           5. Suffosion und Erosion:
                                            Auelehm                                           “Sandquellen” hinter dem
                                              Sand                                            Deich; Gefahr eines
                                                                                              hydraulischen Grundbruchs

                                                                                           6. Baue und Gänge von Nage-
                                                                                              tieren und Insektenfressern
                                                                                              (Wühltiere); beschädigte
                                                                                              Grasnarbe begünstigt Ero-
                                            Auelehm                                           sion der Böschung, Gänge
                                              Sand                                            beschleunigen Durchnäs-
                                                                                              sung und innere Erosion

                                                                                           7. Erosion der wasserseitigen
                                            Auelehm                                           Böschung durch Strömung,
                                              Sand                                            Wellen, Eisschollen,
                                                                                              Eisstau; Deichbruchgefahr

                                                                                           8. Erosion der luftseitigen
                                                                                              Böschung durch überschla-
                                            Auelehm                                           gende Wellen / überströ-
                                              Sand                                            mendes Wasser;
                                                                                              Deichbruchgefahr

Bild 2-3 Einwirkungen, Schäden und Ursachen bei Flussdeichen [Grafik: E. Bayer]

                                                                                                                             9
Hochwasserschutz und zementgebundene Baustoffe - Hinweise für Planung und Ausführung - VDZ
Deichböschungen
Aus Gründen der Standsicherheit sollten
die Böschungsneigungen 1:3 oder flacher
sein, was auch Vorteile bei der Instandhal-
tung und bei notwendigen Maßnahmen
gegen Wühltiere mit sich bringt.                                     Blocksteine             Vertikalverbund

Böschungssicherungen schar liegender
Deiche
Eine geschlossene, dichte und stark ver-
wurzelte Grasnarbe bietet für Deiche                                 Horizontalverbund       Doppelverbund
i.d.R. einen ausreichenden und wirtschaft-
lichen Böschungsschutz. Flussdeiche, die
ohne Vorland unmittelbar am Ufer liegen –                      Bild 2-4: Betonsteine ohne und mit Verbund [2.42]
sog. Schardeiche – und Deiche mit tief lie-
gendem schmalem Vorland sind bei Hoch-
wasser dem unverminderten Strömungs-
                                                                                                                           1:6
und Wellenangriff ausgesetzt, hinzu kom-                                                                             bis
                                                                                                               1:3
men Treibgut (z.B. auch Baumstämme, im
Winter ggf. treibende Eisschollen und Eis-                      Überdeckung                                           Beton-Verbundsteine
stau). In diesen Fällen reicht wasserseitig                     mind. 0,50 m
                                                                                                           geotextiler Filter
die Grasnarbe gegen die Erosion der
Deichböschung nicht aus; das gilt auch bei
häufig wiederkehrenden hohen und lang
                                                                                          Spundwand oder Pfahlreihe
anhaltenden Wasserständen. Bei steilen
Böschungen (steiler als 1:3) sind zum
Schutz des Deichkörpers vor Beschädi-
gungen flächenhafte Sicherungen (sog.                          Bild 2-5: Vertikale Fußausbildung eines offenen Deichdeckwerks aus
                                                               Betonsteinen [2.25]
Deckwerke) und bei schnell fallendem
Wasserspiegel aus Gründen der Standsi-
cherheit schwere wasserdurchlässige (of-
fene) Deckwerke erforderlich. Deich-
schäden und ihre Ursachen sind im Bild        Einzelsteine gegen die Kräfte aus Wasser-        das Schüttsteingerüst eingebracht. Dabei
2-3 skizziert. Bewährt haben sich Deck-       strömung, Windwellen und bei Wasser-             entstehen Verblockungselemente, die sich
werke aus Schüttsteinen, aus verklam-         straßen ggf. der Schiffswellen, gegen            mit den benachbarten gegenseitig verzah-
merten Schüttsteinen, aus Betonblock-         Treibgut und Eisschollen.                        nen. Die Dicke des Deckwerks beträgt
steinen und Betonverbundsteinen; mög-                                                          ebenfalls 40 cm statt 60 cm und bleibt bei
lich ist auch die Sicherung durch Boden-      Deckwerk mit verklammerten                       Einbaumengen von 60 bis 65 l/m2 Ver-
verfestigung mit Zement, die in               Schüttsteinen                                    blockungsbeton wasserdurchlässig [2.43,
Böschungsneigung oder treppenartig ver-       Die vorgenannte Lagestabilität der Einzel-       2.44].
setzt in horizontalen Lagen eingebracht       steine bei Wellen und starker Strömung
wird. Diese Schutzsysteme werden im           wird durch eine Verklammerung sicherge-          Deckwerk mit Betonsteinpflaster
Folgenden kurz erläutert.                     stellt. Mit Verklammerung wird der Teil-         Die Betonsteine (Deckwerksteine) sind je
                                              verguss einer Steinschüttung mit einem           nach Belastung 10 bis 16 cm dick auszu-
Deckwerk mit Schüttsteinen                    speziell aufbereiteten Zementmörtel be-          wählen. Zur Wahl stehen Blocksteine so-
Schüttsteine sind gebrochene Naturstei-       zeichnet, der die losen Schüttsteine             wie Steine mit Horizontal-, Vertikal- und
ne, deren Größe und Gewicht von der Di-       punktweise verbindet. Gleichzeitig bleibt        Doppelverbund (Horizontal-Vertikal-
cke und der Beanspruchung der Schütt-         das Deckwerk wasserdurchlässig. Der              verbund). Die Blocksteine werden mit
steinlage und ihrer konstruktiven Ausbil-     Aufbau der Steinschüttung ist der gleiche        Reihenverband (auch Läuferverband ge-
dung abhängig ist. Das Deckwerk besteht       wie beim unverklammerten Deckwerk.               nannt) verlegt, so dass keine Fugen in
aus Schüttsteinen der Größenklasse II und     Die Dicke des Deckwerks beträgt statt            Falllinie durchlaufen (Bild 2-4). Bei Binnen-
III (s. Lieferbedingungen für Wasserbau-      60 cm nur 40 cm, beim Böschungsfuß bis           gewässern mit geringer Belastung wer-
steine) auf einem Geotextil (Filtervlies).    60 cm. Die benötigte Mörtelmenge be-             den Flächengewichte von 2 bis 3 kN/m2,
Das Filtervlies muss gegenüber den für        trägt 40 bis 50 l je m2 [2.6].                   mit mittlerer Belastung von 3 bis 4 kN/m2
den Deichkörper verwendeten Böden                                                              eingesetzt, was Steindicken von 10 bis
filterstabil sein.                            Deckwerk mit verblockten Schüttsteinen           12 cm bzw. 12 bis 16 cm ergibt. Bei Stei-
     Die Steinschüttung ist rd. 60 cm dick,   Die Lagestabilität kann auch durch eine so       nen mit Vertikal- und mit Doppelverbund
reicht bis nahe an die Deichkrone und wird    genannte Verblockung der Deckwerk-               können die Flächengewichte verringert
durch den Böschungsfuß gestützt. Wichtig      steine erreicht werden. Bei der Verblo-          werden, solange die Mindestdicke von
ist nicht nur die Lagestabilität der Schüt-   ckung wird eine dosierte Betonmenge              10 cm nicht unterschritten wird.
tung als Ganzes, sondern auch die der         (Größtkorn 8 mm) punktuell unter Druck in

10
Rasensoden

                                                           profilierte Oberfläche
                                                                                                                                        ca. 2 m
                                                           Bodenverfestigung

                          verdichtetes Erdreich
            m
        25 c
 15 -                                                                                                                                   anstehender Boden
                                                                                                               ca. 3 m

Bild 2-6: Bodenverfestigung als Böschungsschutz; Profilierung als Halt              Bild 2-7: Lagenweise eingebrachte Bodenverfestigung mit Zement als
gegen Abrutschen bei Mutterbodenabdeckung [Grafik: E. Bayer]                        Böschungssicherung [nach 2.25]

    Die Betonsteine werden am Fußpunkt                in schmalen horizontalen Streifen in                 steinpflaster mit Vertikalverbund auf ei-
beginnend von Hand oder maschinell auf                Deichlängsrichtung. Hier sind bei wenig              nem geotextilen Filter, rundum eingefasst
einem geotextilen Filter verlegt. Der Fuß-            Platz auch steilere Böschungen möglich.              mit einem Tiefbord. Die Übergänge zu den
punkt soll bei größeren Deichen mind.                 Die bautechnisch bedingte Abtreppung                 umgebenden, i.d.R. durch Grasnarbe ge-
0,5 m unter das Vorlandniveau reichen.                gibt bei eingesäter Mutterbodenab-                   schützten Bereichen müssen hydraulisch
Sofern kein Vorland vorhanden ist, muss               deckung einen sicheren Halt gegen Abrut-             günstig geformt werden, d.h. mit Über-
das Deckwerk am Fuß gestützt werden                   schen (Bild 2-7).                                    gängen ohne scharfe Kanten, ohne Ecken
(Bild 2-5).                                                                                                und ohne abrupte Richtungsänderungen,
                                                                                                           die dem überströmenden Wasser zusätzli-
Deckwerk mit zementverfestigtem Boden                 Überlaufstrecken                                     che Angriffsflächen bieten.
Die Verfestigung der äußeren Zone (15 bis             Um bei Hochwasserereignissen, die über
30 cm dick) der Deichböschung (Bild 2-6)              dem Bemessungshochwasser liegen, eine
schützt die Wasserseite bei mechanischer              Deichüberströmung auszuschließen, die                Deichwege, Deichquerungen
Beanspruchung. Sie wirkt gleichzeitig als             dann schnell infolge Erosion der luft-               Deichwege wurden bereits im Abschnitt
Deichdichtung, wenn die Wasserundurch-                seitigen Böschung zu einem Deichbruch                „Deichkörper“ angesprochen und werden
lässigkeit entsprechend groß gewählt ist              führen würde, können gezielt Über-                   im Kapitel 3 nach planerischen und techni-
(≤ 10-8 m/s nach Darcy). Da es sich um ein            laufstrecken mit verminderter Deichhöhe              schen Gesichtspunkten ausführlich behan-
„dichtes“ Deckwerk handelt, unter dem                 angeordnet werden. Der Vorteil ist ein               delt (Bild 2-10). Deichrampen ermöglichen
sich bei Wasserandrang aus dem Deich                  langsamer und – gegenüber dem plötzli-               die Überquerung des Deichs. Die Breite
zumindest kurzzeitig Wasserüberdrücke                 chen Einströmen großer Wassermassen                  sollte bei landwirtschaftlichem Verkehr
einstellen können, ist die Standsicherheit            beim Deichbruch – kalkulierbarer binnen-             mindestens 4 m, die befestigte Breite 3 m
unter dieser Belastung nachzuweisen. Die              seitiger Wasseranstieg. Eine Überström-              betragen. Die Rampen sind entlang der
Herstellung dieser Bodenverfestigung er-              barkeit der Deiche auf ganzer Länge ist              Deichböschung in einem spitzen Winkel
folgt, indem der auf die Deichböschung                wegen der notwendigen Sicherungen ge-                abfallend in Strömungsrichtung mit einer
eingebrachte oder einzubringende Boden                gen Erosion wirtschaftlich nicht vertretbar.         maximalen Neigung von 1:10 anzulegen.
mit Zement gemischt und anschließend                  Überlaufstrecken werden an günstigen                 Die Rampen dürfen nicht in den Damm
verdichtet wird. Das kann unmittelbar an              Deichabschnitten – günstig hinsichtlich              einschneiden. Sie werden zweckmäßig
der Einbaustelle mit einem Fräsgerät oder             Lage, Profil und Standsicherheit des                 mit Betonpflaster belegt, das seitlich so-
durch Einbau und Verdichtung des in einer             Deichs; Lage, Größe und Nutzung der Pol-             wie wasser- und landseitig als Abschluss
stationären Mischanlage hergestellten Bo-             der; hydraulische Leistungsfähigkeit u.a. –          mit einem Tiefbord gestützt wird. Es ist
den-Zement-Gemischs erfolgen.                         ausgeführt.                                          sinnvoll, eine kurze befestigte Strecke auf
    Die verfestigte Fläche benötigt keine                 Im Bereich der Überlaufstrecke wer-              der Krone vorzusehen, die rechtwinklig
zusätzliche Abdeckung. Sie kann aber,                 den der Freibord des Deichs vermindert               zum Deichverlauf abschließt (Bild 2-8),
wenn sie aus optischen Gründen begrünt                und Deichkrone, landseitige Böschung,                wenn die Krone nicht befahrbar befestigt
werden soll, vor dem Erhärten quer zur                Böschungsfuß und Übergang zum Polder                 ist.
Falllinie profiliert, mit Mutterboden abge-           durch Deckwerke geschützt. Bei mit Gras-                  Für die Nutzung durch Viehtrieb sind,
deckt und eingesät werden. Die Boden-                 narbe geschützten Außenböschungen                    wenn Rampen fehlen, Viehtriften durch
verfestigung verhindert – auf der Wasser-             muss die Böschung unterhalb der Krone                Abflachen der Deichböschung (Neigung
und Luftseite eingesetzt – auch zuverläs-             ebenfalls durch ein Deckwerk geschützt               1:5) anzuordnen (Bild 2-9). Sie sind eben-
sig Gänge, Löcher und Baue von Wühl-                  werden. Zur Panzerung der Über-                      falls zu befestigen und zum Schutz des
tieren.                                               strömungsflächen eignen sich praktisch               Deichs mit Zäunen zu versehen. Die Befe-
    Eine Variante der Bauweise mit                    alle für den Böschungsschutz genannten               stigung ist wie bei Deichrampen auszu-
zementverfestigtem Erdreich ist die lagen-            Systeme; vorzuziehen sind im Bereich von             führen.
weise versetzte Einbringung des Bodens                Deichschultern und Deichkrone Beton-

                                                                                                                                                         11
Sicherungen gegen Wühltiere                       Dichtungen in Form von Schmal- oder              Bei begrenzter Breite der Deichsohle
Unterirdische Gänge und Baue können die           Schlitzwänden kombinierbar sind. Bei star-   (Deichlager), z.B. bei nahe stehender Be-
Sicherheit des Deichs gefährden. Durch            kem Befall von Kaninchen, Wühlmaus,          bauung, kann eine Stützwand mit funkti-
die Geometrie der Deiche, gezielt ausge-          Maulwurf, Spitzmaus verhindern mit Ze-       onstüchtiger Dränage im Bereich des
wähltes Baumaterial und durch Barrieren           ment verfestigte Bodenschichten im           Deichfußes errichtet werden, wenn eine
können die Aktivitäten von Wühltieren ver-        Böschungsbereich die Grabtätigkeit der       steilere Böschung nicht möglich ist.
hindert bzw. maßgeblich eingeschränkt             Tiere.
und damit Schäden verhindert werden.                                                           Erhöhung der Standsicherheit durch
Die Vorkehrungen zur Abwehr sind in DIN           Bauwerke im Deich                            Dichtungswände
19712, 7.3 und 15.8, ausführlich beschrie-        Flutungsbauwerke und Deichsiele sind in      Die wichtigsten Hochwassereinwirkungen
ben. Dazu gehören vor allem breite                einem Deich Fremdkörper. Ihre Auftrieb-      auf Flussdeiche sind im Bild 2-3 darge-
Bermen aus rolligem Material. Deiche              und Grundbruchsicherheit ist sicherzustel-   stellt; dazu zunächst einige Erläuterungen:
ohne oder mit schmalen Vorlandstreifen            len. Zur Vermeidung von Unter- und Um-
und niedrig liegendem Böschungsfuß be-            läufigkeit sind am Einlauf, an der Sohle     ❏ Flussdeiche bei Hochwasser
nötigen gegen die semiaquatisch leben-            und an den seitlichen Kontaktflächen zwi-    Durchsickerung
den Tiere (Biber, Bisam und Nutria) einen         schen Betonbauwerk und Deichkörper           Für die Dauer des Hochwassereinstaus er-
massiven Uferschutz durch Schüttung von           Dichtungsmaßnahmen vorzusehen. Zum           folgt eine Infiltration von Wasser in das
Wasserbausteinen bis mind. 1,5 m unter            Schutz vor Erosion ist landseitig eine       Deichbaumaterial. In Abhängigkeit von der
den mittleren Niedrigwasserstand bei Bi-          Sohlsicherung (z.B. verklammerte Stein-      Einwirkzeit wird der Deichkörper ganz
bern und bis mindestens 1 m bei Bisam             schüttung auf Geotextil) mit abschließen-    oder teilweise mit Wasser gesättigt. Bei
und Nutria. Die Schüttung wird zweckmä-           dem Sporn oder ein Tosbecken vorzuse-        längeren Hochwasserständen bildet sich
ßig verklammert, um Verlagerungen der             hen.                                         eine stationäre Sickerströmung bis zur
Steine zu verhindern und die Kosten der               Mauern auf Deichen werden – wenn         Luftseite aus. Durch das Zusammenwir-
Instandhaltung zu reduzieren. Alternativ          nicht vermeidbar – an der wasserseitigen     ken von Eigenlast und Wasserdruck be-
können vertikale Sperren eingesetzt wer-          Deichschulter angeordnet und sind frost-     steht verstärkt die Gefahr von Rutschun-
den, die am Böschungsfuß mit vertikalen           frei zu gründen (s. Abschnitt 2.2).          gen auf der Luftseite (Bild 2-3, Nr. 1 und
                                                                                               2). Im Fall eines schnell sinkenden Was-
                                                                                               serstandes beim Rückgang des Hochwas-
                                                                                               sers kann es durch den sich ausbildenden
                                                                                               Wasserdruck im Innern des Deiches zu
                                                                                               Rutschungen auf der wasserseitigen
                                                                                               Böschung kommen (Bild 2-3, Nr. 3).
Binnenland

                                     1:12                                                      Hydraulischer Grundbruch
     1:3

                 Deichkrone
                                                                                               Bei hohen Hochwasserständen wird die
                                                                                               bindige Deckschicht, auf der der Deich
     1:3

                                                                         1:12                  auflagert, unterströmt. Übersteigt der
                                                                                               Wasserüberdruck das Eigengewicht der
                                                                                               Deckschicht, so werden Teile des Bodens
                                                                                               angehoben und es kommt zum hydrauli-
                                                                  Vorland                      schen Grundbruch (Bild 2-3, Nr. 4).
     Hochwasserströmung

Bild 2-8: Deichrampen [Grafik: E. Bayer]

Binnenland
                                            1:5
           1:3

                            Deich-                             krone
           1:3

                                            1:5

             Strömung                                                  Vorland
                                                                                               Bild 2-10: Auf der binnenseitigen Berme ange-
                                                                                               ordnete Betonstraße als Deichverteidigungsweg
Bild 2-9: Viehtrift [4.2]                                                                      [2.21]

12
Erosion
Die Deichkrone überströmendes Wasser
kann die Deichoberfläche auf der Luftseite
erodieren und so durch Oberflächen-                                              OK   Dichtwand                                   OK Leitwand
erosion zum Deichbruch führen (Bild 2-3,                                                                                          UK Leitwand
Nr. 8). Infolge starker Strömung und Wel-                                              1 2 3 4 5 6             7 8 9 10 11 12
lenschlag (evtl. verstärkt durch Eisgang)
kann es zu Erosionserscheinungen auf der
Wasserseite des Deiches kommen. Die
Erosion wird besonders in Bereichen mit
Wühltiertätigkeit gefördert (Bild 2-3, Nr. 7).                                                                                    OK undurchlässige
    Bei der inneren Erosion erfolgt eine                                                                                          Bodenschicht
Umlagerung bzw. Abtragung aller Korn-
fraktionen des Deichbaumaterials entlang
größerer, meist röhrenförmiger Hohlräu-
me (Wurzeln, Tierbauten) oder Inhomo-                         Bild 2-11: Einphasendichtwand (Einmassenverfahren) [2.37]
genitäten bzw. bestehender Porenkanäle
(Suffosion). Bei diesem erosiven Vorgang
werden bei nicht bindigen Erdbaustoffen
nur die feineren Kornfraktionen umgela-
gert und transportiert. Die Erosionsvor-
                                                                                                          Mäkler
gänge erfolgen im Allgemeinen rück-
schreitend, d.h. entgegen der Sicker-
wasserfließrichtung (Bild 2-3, Nr. 5).                                                                    Rüttelbär

❏ Bautechnische Elemente                                                                                  Injektions-    Pumpe
Dichtungen verringern die Sickerwasser-                                                                   bohle
mengen und tragen zur Standsicherheit
der Deiche bei. Möglich sind wasser-
seitige Oberflächendichtungen und Kern-
dichtungen (Innendichtungen). Kern-
dichtungen verlaufen meist vertikal von                                Kies-Sand-Geröll
der Deichkrone durch den Deichquer-                                     Arbeitsrichtung
schnitt und binden im Idealfall in eine den
Deich unterlagernde dichte Bodenschicht
ein. Kerndichtungen können auch in be-
reits bestehende Deichbauwerke nach-
                                                                                      wenig durchlässige Bodenschicht
träglich eingebaut werden und stellen eine
einfache und wirtschaftliche Methode zur                                50-80 cm
Ertüchtigung oder Instandsetzung von                                                           schwerer Peiner Träger
Deichen dar. Die bekanntesten Formen
der Kerndichtungen sind einerseits die be-
reits in der Bauphase eingebauten Deich-
kerne aus geringdurchlässigem Boden-                                    6-8 cm
material oder Betonwände (sog. Herd-                                     Arbeitsrichtung                 Schmalwand
mauern), andererseits nachträglich erstell-
te Schlitz-, Schmal-, und Injektionswände
aus geeigneten tonhaltigen (Bentonit) und                      Bild 2-12: Herstellung der Schmalwand mit I-Stahlprofilen [2.29]
zementhaltigen Dichtmassen oder auch
Stahlspundwände.

Einphasen-Dichtwand                              schrittverfahren“, bei dem zuerst die La-           Schmalwand
Die Herstellung von Dichtwänden im sog.          mellen 1,3,5... und nach dem Erhärten die           Die Herstellung von Schmalwänden er-
Einmassen-Verfahren kann mit unter-              Lamellen 2,4,6... fertiggestellt werden.            folgt durch das kontinuierliche Einrütteln
schiedlichen Baumaschinen (Schlitzwand-              Die Wanddicke beträgt im Regelfall 40           eines I-Stahlprofils mit Hilfe eines
greifer, Hydrofräse, Tieflöffelbagger) erfol-    bis 100 cm. Im Bild 2-11 ist schematisch            Aufsatzrüttlers in den Boden. Beim an-
gen. Die Herstellung des Schlitzes durch         die Herstellung einer Einphasen-Dicht-              schließenden Ziehen des Profils wird der
die Aneinanderreihung einzelner Lamellen         wand mit einem Schlitzwandgreifer darge-            im Deichkörper entstandene Hohlraum
erfolgt dabei entweder kontinuierlich als        stellt.                                             mit einer Schmalwand-Suspension verfüllt
„Endlosschlitz“ oder im sog. „Pilger-                                                                (Bild 2-12). Die Wanddicke von Schmal-

                                                                                                                                                13
wänden ist mit 8 bis 10 cm deutlich gerin-
ger als die von Schlitzwänden. Ein speziel-
les Herstellungsverfahren stellt die Rüttel-
Schmalwand dar, bei dem das Abteufen
der einzelnen Schmalwandstiche mit ei-
nem Tiefenrüttler erfolgt, an dessen Fuß
die Schmalwand-Suspension austritt.

Injektionswand (Hochdruck-Injektion)
In speziellen Fällen werden Dichtungs-
elemente auch als Injektionswand mit
Hilfe von Hochdruckverfahren (‚Jet-
Grouting‘) ausgeführt. Dieses Verfahren
wird angewendet, wenn der Einbau von
Dicht- und Schmalwänden durch Hinder-
nisse (z.B. querende Rohrleitungen,
Energieversorgungsleitungen etc.) stellen-
weise nicht möglich ist. Bei diesen Verfah-
ren wird eine erhärtende Dichtungssus-
pension unter hohem Druck (300 bis 500
bar) aus einem speziellen Bohrgestänge in
das Bodenmaterial gepresst. Dabei wird
der anstehende Boden in seiner Struktur             Bild 2-13: Saarhölzbach / Saar: Hochwassersituation vor und nach dem Saarausbau [2.33]
aufgelöst und mit der Suspension intensiv
vermischt. Es können mit diesen Verfah-
ren säulenförmige, lamellenförmige sowie
im Querschnitt kegelförmige Injektions-
körper hergestellt werden. Durch Anein-
anderreihung und Überschneidung der
Einzelelemente entsteht dann ein flächi-
ges Dichtungselement.

                                                                                                        Auswahl des Verfahrens
                                                                                                        Hinweise auf die Verfahren mit ihren Vor-
                                                                                                        teilen und Grenzen siehe Anhang A 2,
                                                                                                        Tafel A 2-1.

                                                                                                        Ausführungsbeispiele
                                                                                                        ❏ Hochwasserschutz an der Saar bei
                                                                                                           Saarhölzbach: Errichtung eines Lärm-
                                                                                                           schutz- und Hochwasserschutzdamms
                                                                                                           mit Dichtwand. Schnitte zeigen den
                                                                                                           Zustand vor und nach dem Ausbau
                                                                                                           (Bild 2-13).
                                                                                                        ❏ Rheindeich bei Neuwied: nachträgliche
                                                                                                           Abdichtung mit Rüttelschmalwänden
                                                                                                           (Bild 2-14).
                                                                                                        ❏ Rheinuferpromenade Neuwied: Ab-
                                                                                                           dichtung durch eine Rüttelschmal-
                                                                                                           wand mit Dichtkopf (Bild 2-15).

Bild 2-14: Nachträgliche Abdichtung des             Bild 2-15: Abdichtung der Rheinuferpromenade vor
Rheindeichs zwischen Engers und Neuwied durch       Neuwied durch eine Rüttelschmalwand [Foto: Fa.
eine Rüttelschmalwand [Foto: Fa. Keller Grundbau]   Keller Grundbau]

14
10        10
2.2 Hochwasserschutzwände,                                                                                             30
Hochwasserschutzmauern                                                                                                 25

Definition und Aufgabe

                                                                                                                                 60
Hochwasserschutzwände (HWSW) und
Hochwasserschutzmauern (HWSM) ha-
                                                                                                                                  HHW 11/12.2.1964
ben wie Deiche die Aufgabe, das dahinter

                                                                                                         1,85
liegende Gelände vor Überflutung zu
schützen. Sie kommen dann zur Anwen-
dung, wenn der vorhandene Platz für Dei-
                                                                                              1,50
che nicht ausreicht oder wenn bei Gelän-                                                                                                      NN+18,00
desprüngen eine Stützfunktion erforder-

                                                                                                       10
lich wird.
    In dieser Broschüre soll zwischen

                                                                                                                                 10
                                                                                                                                       1,00
Hochwasserschutzwänden und Hoch-
                                                                          Aushub mit Betonkies
wasserschutzmauern unterschieden wer-                                     3/15 mm verfüllen
                                              Bild 2-16: Hochwasser-

                                                                                                                                  55
den: Hochwasserschutzwände haben auf

                                                                                                                                 40
                                              schutzwand mit großer         Porositdränrohr Ø 15 cm
                                                                                                                       50
beiden Seiten etwa das gleiche Gelände-       Bauhöhe in Rethem -
niveau, während Hochwasserschutz-             Wohlendorf an der Aller                                        20              Spundwand als Gründung;
mauern unterschiedliche Geländehöhen          [2.31]                                                        35               Larssen 20, L = 3,00 m
aufweisen (vgl. Stützmauer).
    Die Höhe der Hochwasserschutz-
wände und -mauern ergibt sich aus dem                                      + 8,39
Bemessungswasserstand und einem Zu-
schlag für Wellen und ggf. Windstau. Ge-
gen Wellenüberlauf sind Wände und Mau-
ern grundsätzlich unempfindlicher als Dei-
che. Dabei muss aber die Fläche hinter
                                                   Wasserseite              Schallschutz-
der Wand gegen Erosion durch Wellen-                                        elemente
überschlag mit einer entsprechenden Be-
festigung gesichert und das Wasser                 +6,48
schadlos abgeführt werden. Für die Be-
messung gibt [2.29] wichtige Hinweise.

Hochwasserschutzwände (HWSW)
Je nach erforderlicher Höhe werden
Hochwasserschutzwände in verschiede-
nen Bauarten errichtet.

Hochwasserschutzwände mit geringer
Bauhöhe
Die HWSW mit „geringer Bauhöhe“ ist
bis etwa 1,30 m hoch. Sie kann als Gelän-
der oder Wegbegrenzung aufgefasst wer-
                                                                        Stahlspundwand
den, da sie keine Sichtbehinderung für ei-                              als Gründung
nen Erwachsenen darstellt, der mühelos
über sie hinwegsehen kann. Sie wird da-       Bild 2-17: Hochwasserschutzwand mit großer         Bild 2-18: Hochwasserschutzwand mit großer
mit nicht als Barriere empfunden. Die         Bauhöhe in Over, Elbe, [2.45]                      Bauhöhe in Over, Elbe [Foto: N. Klose]
Wände werden in der Regel als Ingenieur-
bauwerke in Stahlbeton erstellt, oft in
Sichtbeton gestaltet oder je nach örtlichen
Gepflogenheiten mit Klinkern oder Natur-
steinmauerwerk verkleidet.                    gendem Sickerwasser und Wellenüber-                Ortschaft im dort erhöhten Deich und
                                              schlagswasser angeordnet.                          übernimmt im Bereich des Ortes mit der
Hochwasserschutzwände mit großer                  In den Bildern 2-17 und 2-18 ist eine          Wohnbebauung die Schutzfunktion.
Bauhöhe                                       HWSW mit knapp 2 m Bauhöhe darge-                      Die HWSW geht im Bereich der Wohn-
HWSW höher als 1,30 m, werden aus             stellt. Da hinter dem alten Deich eine Stra-       bebauung in eine Hochwasserschutz-
Stahlbeton gebaut und oft an Dicht-           ße und Wohnbebauung liegen, war für                mauer über, die einen Geländesprung ab-
wänden angeschlossen oder auf ihnen ge-       eine Deicherhöhung bzw. Deichverbrei-              fängt. Die Stahlbetonkonstruktion wurde
gründet (Bild 2-16). Auf der Rückseite ist    terung an dieser Stelle kein Platz. Die            auf der Landseite mit einem Schallschutz
eine Dränage zur Ableitung von aufstei-       Hochwasserschutzwand beginnt vor der               versehen.

                                                                                                                                                         15
Hochwasserschutzwände mit variabler
                                                                                      Bauhöhe
                                                                                      Statt einer Hochwasserschutzwand gro-
                                                                                      ßer Bauhöhe, die städtebaulich als Barrie-
                                                                                      re zwischen Bebauung und Gewässer
                                                                                      oder als zu starke Sichtbeeinträchtigung
                                                                                      empfunden würde – z.B. an einer Prome-
                                                                                      nade oder vom gegenüber liegenden Ufer
                                                                                      und vom Wasser her – kann eine Wand
                                                                                      geringer Bauhöhe als tragende Konstrukti-
                                                                                      on mit mobilen Elementen für den Be-
                                                                                      darfsfall kombiniert werden. Im Bereich
                                                                                      der Kölner Altstadt wird die Hochwasser-
                                                                                      schutzwand aus Stahlbeton mit 1,30 m
Bild 2-19: Saarburg an der Saar, Prinzipskizze der Hochwasser–Schutzmaßnahme [2.33]   hohen mobilen Elementen auf 2,40 m
                                                                                      Gesamthöhe aufgestockt.
                                                                                          Daneben besteht in Teilbereichen die
                                                                                      Möglichkeit, offen bleibende Sichtscharten
                                                                                      auszubilden, die im Hochwasserfall mit
                                                                                      Dammbalken oder auch permanent mit
                                                                                      Glas geschlossen werden. Diese Variante
                                                                                      „offene Sichtscharte“ wurde bei einer
                                                                                      HWSW an der Elbe realisiert . Die Ausfüh-
                                                                                      rung erfolgte in Stahlbeton mit Klinker-
                                                                                      verblendung auf der Land- und Sichtbeton
                                                                                      auf der Wasserseite. Im Bereich der Ga-
                                                                                      stronomie wurden breite Sichtscharten
                                                                                      angeordnet, die den Gästen den Blick auf
                                                                                      die Elbe freigeben.

                                                                                      Hochwasserschutzmauern
                                                                                      Hochwasserschutzmauern müssen im Un-
                                                                                      terschied zur Hochwasserschutzwand
                                                                                      landseitig den Erddruck des höher gelege-
                                                                                      nen Geländes aufnehmen. Als Konstrukti-
                                                                                      on werden dabei Schwergewichtsmauern
                                                                                      und rückverankerte Mauern eingesetzt.
Bild 2-20: Ansicht der fertiggestellten Hochwasserschutzmauer in Saarburg [2.32]          Im Zuge des Saarausbaus wurden
                                                                                      zahlreiche Schutzmaßnahmen durchge-
                                                                                      führt, um Ortschaften künftig vor Hoch-
                                                                                      wasser zu bewahren. So wurde zum
                                                                                      Schutz der direkt am Fluss gelegenen
                                                                                      Stadt Saarburg eine Schwergewichts-
                                                                                      mauer aus Stahlbeton mit einer Verblen-
                                                                                      dung an der Wasserseite errichtet, die
                                                                                      auch landschaftspflegerischen Anforde-
                                                                                      rungen (Bergfried, bestehende Stützmau-
                                                                                      ern, Stadtbild) Rechnung trägt (Bilder 2-19
                                                                                      und 2-20).

Bild 2-21: Ansicht der Hochwasserschutzmauer in Hamm bei Konz [2.32]

16
Weiter saarabwärts wurde die Ufer-
lage des Dorfes Hamm völlig neu gestal-
tet. Die kleine Ortschaft unterhalb des
                                                                                                  Vorschüttung
„Wiltinger Bogens“ erhielt ebenfalls eine                                         0
                                                                            4,0
Schutzmauer aus Stahlbeton mit einer
Natursteinverblendung. Durch Aufschüt-                                                Oberboden
tung entstand hinter der HWSM ein
„Dorfplatz“in hochwassergeschützter
Lage (Bild 2-21).                                                Filtervlies
                                                                 g ≥ 800 g/m2

Sonderlösungen
Zum Schutz der Stadt Braubach am Rhein
wurde der vorhandene Bahndamm der
Deutschen Bahn AG in die Hochwasser-                                                                                   Schutz- und Dränageschicht
                                              Fahrweg                                                                  Splitt 2/8, d = 20 cm
Sicherung einbezogen. Eine bis in den an-
stehenden Felshorizont reichende Ein-                                                               Folie, d = 2 mm
phasen-Dichtwand vor dem Bahndamm si-                                                               beidseitig profiliert
chert dessen Standsicherheit und schützt
die tiefliegende Bebauung des Stadtkerns.                               Auflager
Die Verbindung zwischen dieser Dicht-                                                               Hinterfüllung
wand und dem Bahndamm wurde teilwei-                             Stützkörper                        schluffiges Material
                                                                 Tonschiefer 100/300
se durch eine waagerecht liegende Dicht-                         oder Grauwacke
schicht, teilweise durch eine Folienab-
dichtung der Bahndammböschung herge-                            Dichtwand
stellt. Der Bahndammkörper selbst wurde
durch eine Neuverfugung der Bruchstein-     Bild 2-22: Bahndamm-Dichtwand, Braubach am Rhein: aufwendige Anbindung an den Bahndamm im
Verblendung und einer Dränage des           Bereich der Bahndammböschung [2.17]
Damms ertüchtigt (Bild 2-22).
    In Lieser an der Mosel wurde eine
Hochwasserschutzanlage für ein ca. 35-
jährliches Hochwasserereignis zuzüglich
50 cm Freibord ausgeführt. Die neue         elementen erhöht werden (Bilder 2-23 und                Natursteinverblendung sind Schlitze zum
Hochwasserschutzanlage folgt der Trasse     Bild 1-5).                                              einfädeln der Dammbalken untergebracht.
eines ehemaligen Bahndammes. Dieser             Um die historische Anbindung des                        Begleitende Baumaßnahmen waren
Damm wurde teils mit Spundwänden,           Winzerdorfes an die Mosel durch den                     die druckwasserdichte Verrohrung eines
teils mit Schmalwänden gegen Unter-         Damm nicht zu unterbrechen, wurde beim                  Baches einschließlich Bau eines Pump-
läufigkeit und Durchsickerung abgedich-     Ortskern eine breite Deichdurchfahrt aus-               werkes für den Bach und die gesamte
tet. Damit die Hochwasserschutzanlagen      geführt, die im Hochwasserfall ebenfalls                Binnenentwässerung. Abschließend folg-
nicht zu wuchtig erscheinen, ist die Höhe   mit mobilen Elementen (sog. Damm-                       ten Maßnahmen des Straßenbaus und der
des Dammes begrenzt, kann aber im Be-       balken) verschlossen wird. In den massi-                Dorferneuerung.
darfsfall mit mobilen Hochwasserschutz-     ven Widerlagern aus Stahlbeton mit

                                                                                                                                Bild 2-23: Schematische
                                                                                                                                Darstellung des Hoch-
                                                                                                                                wasserschutzes Lieser
                                                                                                                                Mosel [2.36]

                                                                                                                                                    17
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