Neuregelung des Mutterschutzrechts
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Neuregelung des Mutterschutzrechts Überblick über wesentliche Änderungen 17. Juli 2017 Inkrafttreten als sie in ihren Einflussbereich fallen. Das Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Die Definition der natürlichen oder juris- Arbeit, in der Ausbildung und im Studium tischen Person oder rechtsfähigen Per- (Mutterschutzgesetz – neu, im Folgenden: sonengesellschaft, für die arbeitneh- MuSchG) wird am 1. Januar 2018 das bishe- merähnliche Frauen tätig sind, erfolgt in rige Mutterschutzgesetz ablösen. Bis dahin Anlehnung an die des Arbeitsschutzge- finden das bisher geltende Mutterschutzge- setzes. setz (im Folgenden: MuSchG a. F.) und die Verordnung zum Schutze der Mütter am Ar- Die Frau muss nach der Gesetzesbe- beitsplatz (Mutterschutz-Arbeitsverordnung) gründung in deren Verantwortungsbe- weiterhin Anwendung. Im MuschG a. F. sind reich tätig sein. Damit wird sicherge- einzelne Änderungen bereits zum 30. Mai stellt, dass Auftraggeber über die kon- 2017 in Kraft getreten, auf die in der Über- kreten Umstände der Tätigkeit Kenntnis sicht besonders hingewiesen wird. Eine haben, um entsprechend reagieren zu Bußgeldvorschrift, die die neuen Pflichten können. zur Gefährdungsbeurteilung betrifft, tritt ver- zögert zum 1. Januar 2019 in Kraft. Künftig werden auch Fremdgeschäfts- führerinnen und Minderheiten- Das Mutterschutzgesetz wurde neu struktu- Gesellschafter-Geschäftsführerinnen riert. Dabei werden die Vorschriften aus der vom Geltungsbereich erfasst, wenn sie Mutterschutz-Arbeitsverordnung inkorporiert, aufgrund ihrer persönlichen Abhängig- so dass diese mit Inkrafttreten des neuen keit Beschäftigte iSv. § 7 Abs. 1 SGB IV Mutterschutzgesetzes zum 1. Januar 2018 sind. Ein wesentliches Merkmal ist die ersatzlos wegfallen wird. Weisungsgebundenheit der Frau. Ar- beitnehmerähnliche Personen haben keinen Anspruch auf finanzielle Leis- § 1 Anwendungsbereich tungen und die Einhaltung des Sonder- kündigungsschutzes. Es kann aber ge- Der persönliche Anwendungsbereich des mäß § 24i SGB V ein Anspruch auf Mut- Mutterschutzgesetzes wird neu gefasst und terschaftsgeld bestehen, wenn die erweitert (§ 1 Abs. 2 MuSchG). Abgestellt Frauen im Falle der Arbeitsunfähigkeit wird künftig auf ein bestehendes Beschäfti- Anspruch auf Krankengeld haben. gungsverhältnis, nicht mehr auf das Arbeits- verhältnis. Erfasst werden gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 MuSchG – jetzt ausdrücklich - Auszu- In Anlehnung an das Arbeitsschutzge- bildende und Praktikantinnen iSv § 26 setz werden arbeitnehmerähnliche BBiG. Bei Praktikantinnen ist Voraus- Personen erfasst. Die Gesetzesbe- setzung, dass sie berufliche Fertigkei- gründung stellt klar, dass die Pflichten ten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder beruf- nach dem Mutterschutzgesetz nur in- liche Erfahrungen erwerben sollen, oh- soweit für die Person gelten, für die die ne dass es sich um eine Berufsausbil- arbeitnehmerähnliche Person tätig wird, dung handelt, wie z. B im freiwilligen
Praktikum. Frauen, die im Rahmen ihrer soll dies den besonderen körperlichen und schulischen oder hochschulischen Aus- psychischen Belastungen der Mutter Rech- bildung ein Pflichtpraktikum ableisten, nung tragen, die in diesen Fällen typischer- werden über § 1 Abs. 2 Nr. 8 MuSchG weise mit der Geburt verbunden sind. Die erfasst, sie haben keinen Anspruch auf Frau hat dabei die Verlängerung der Schutz- finanzielle Leistungen, genauso wenig frist zu beantragen (s. § 3 Abs. 2 Satz 4 besteht Sonderkündigungsschutz. MuSchG n.F.) Die Vorschrift ist bereits seit dem 30. Mai in Kraft. Wie bisher werden Frauen in Heimar- beit und ihnen Gleichgestellte erfasst. Nach Beratung mit dem Spitzenverband der Die Verpflichtungen zur Gestaltung der Gesetzlichen Krankenversicherung soll die Arbeitsbedingungen gemäß § 8 Frau den Antrag auf eine längere Auszah- MuSchG gelten für Auftraggeber und lung des Mutterschaftsgeldes gegenüber der Zwischenmeister nur insoweit, als sie in Krankenkasse stellen. Mutterschaftsgeld deren Einflussbereich liegen. wird nach § 24i Abs. 3 S. 1 SGB V neu ent- sprechend länger gewährt. Die Krankenkas- Keine Änderung gab es hinsichtlich der se setzt dann den Arbeitgeber über die ver- Tätigkeit von Zeitarbeitnehmerinnen längerte Dauer des Mutterschutzes in oder solchen, die aufgrund eines Werk- Kenntnis. Dafür wird das Vordruckmuster oder Dienstvertrags z. B. auf dem Be- „Ärztliche Bescheinigung für die Gewährung triebsgelände tätig werden. Ihr Arbeit- von Mutterschaftsgeld bei Frühgeburten“ geber ist der Verleiher bzw. Auftrag- entsprechend angepasst. Durch diese Ver- nehmer, welcher nach dem MuSchG fahrensweise entsteht für den Arbeitgeber verpflichtet ist. Entleiher oder Auftrag- keine Mehrbelastung. insbesondere muss er geber obliegen die mit der Arbeit ver- sich die Behinderung nicht nachweisen las- bundenen allgemeinen Schutzpflichten. sen oder den ärztlichen Nachweis dann an die Krankenkasse weiterleiten. Schülerinnen und Studentinnen wer- den gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 8 MuSchG erfasst. Verpflichtete Ausbildungsstelle § 4 Verbot der Mehrarbeit ist z. B. die Schule oder Hochschule. Das Verbot der Mehrarbeit ist verändert wor- den. Bisher gab es für die Anordnung von § 3 Schutzfristen vor und nach der Ent- Mehrarbeit bei volljährigen Schwange- bindung (§ 6 MuSchG aktueller Fassung) ren/Stillenden eine Obergrenze von 8 1/2 Stunden am Tag oder 90 Stunden in der Unverändert bleiben die vorgeburtliche Doppelwoche, die nicht überschritten werden Schutzfrist mit sechs Wochen und die nach- durfte. Sonntage sind wie bisher einzurech- geburtliche Schutzfrist mit acht Wochen. Es nen. Hinzu kommt eine Ausgleichspflicht. handelt sich um generelle Beschäftigungs- Die vertraglich vereinbarte wöchentliche Ar- verbote unabhängig von der Art der Tätig- beitszeit darf im Durchschnitt des Monats keit. Die Frau kann in den sechs Wochen vor nicht überschritten werden, so dass der Ar- der Geburt arbeiten, wenn sie sich ausdrück- beitgeber nach der Leistung von Mehrar- lich dazu bereit erklärt. Die Erklärung kann beitsstunden Freizeit in entsprechendem sie jederzeit widerrufen. Arbeitnehmerähnli- Umfang gewähren muss. Die Ausgleichs- chen Personen sind von ihrer vertraglich pflicht findet auf Teilzeit- wie Vollzeitkräfte vereinbarten Leistungspflicht zu befreien. Auf gleichermaßen Anwendung. Dadurch soll diese Befreiung können sie verzichten. ausgeschlossen werden, dass Teilzeitkräfte überproportional viel Mehrarbeit leisten. Die Mutter kann eine verlängerte nachge- Mögliche Mitsprachrechte des Betriebsrats burtliche Schutzfrist von zwölf statt acht Wo- zur Anordnung von Mehrarbeit bleiben unbe- chen in Anspruch nehmen, wenn vor Ablauf rührt. Im Anschluss an die tägliche Arbeits- von acht Wochen nach der Geburt eine Be- zeit hat der Arbeitgeber eine ununterbroche- hinderung beim Kind ärztlich festgestellt ne Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu wird. Ausweislich der Gesetzesbegründung gewähren. Neuregelung zum Mutterschutzrecht – Überblick über wesentliche Änderungen 17. Juli 2017 2
Die Aufsichtsbehörde kann in besonders be- reichbarkeit von Hilfe durch Dritte ausge- gründeten Einzelfällen eine Ausnahme vom schlossen werden kann. Die Umstände des Verbot der Mehrarbeit gem. § 29 Abs. 3 Nr. 1 Einzelfalls sind zu berücksichtigen. Zum MuSchG bewilligen. Verständnis des neuen unbestimmten Rechtsbegriffs der unverantwortbaren Ge- fährdung soll bis zum Inkrafttreten des Ge- § 5 Verbot der Nachtarbeit setzes eine Handlungsempfehlung im Bund- Länder-Kreis erarbeitet werden. Auch die Vorschrift zur Nachtarbeit ist neu gefasst. Sie trifft keine Unterscheidung mehr § 28 MuSchG sieht ein erleichtertes Geneh- zwischen verschiedenen Branchen, so dass migungsverfahren für eine Nachtarbeit zwi- es auch keinen erleichterten Einsatz schen 20 und längstens 22 Uhr vor. Dafür Schwangerer in Nachtarbeit mehr in beson- muss der Arbeitgeber dem Antrag auf Ge- deren Branchen gibt. nehmigung die Dokumentation über die Be- urteilung der Arbeitsbedingungen nach § 14 Nachtarbeit zwischen 20 und 6 Uhr wird Abs. 1 MuSchG beifügen. Er darf die Frau generell genehmigungspflichtig. Die Auf- während des laufenden Genehmigungsver- sichtsbehörde kann den Einsatz einer fahrens weiter beschäftigen, wenn schwangeren oder stillenden Frau zwischen 22 und 6 Uhr ausnahmsweise genehmigen die Frau sich dazu bereit erklärt hat, (§ 29 Abs. 3 Nr. 1 MuSchG), eine ärztliche Unbedenklichkeitsbe- wenn sich die Frau dazu ausdrücklich scheinigung über eine Beschäftigung bereit erklärt. Die Frau kann ihre Zu- zwischen 20 und 22 Uhr vorliegt und stimmung jederzeit widerrufen. eine unverantwortbare Gefährdung wenn eine ärztliche Unbedenklichkeits- durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist. bescheinigung über den Einsatz der Frau zwischen 22 und 6 Uhr vorliegt Die Frau kann ihr Einverständnis jederzeit und widerrufen. Außerdem kann die Aufsichtsbe- hörde die Beschäftigung zum Schutz von wenn eine unverantwortbare Gefähr- Mutter oder Kind auch vorläufig untersagen. dung durch Alleinarbeit ausgeschlossen Reagiert die Aufsichtsbehörde nicht inner- ist. halb von sechs Wochen nach Zugang aller Unterlagen, gilt die Genehmigung als erteilt. Nach Beendigung der Tätigkeit muss eine Fehlen Unterlagen für das Verfahren, hat die Ruhezeit von elf Stunden gewährt werden. Aufsichtsbehörde dies dem Arbeitgeber un- Alleinarbeit im Sinne dieses Gesetzes liegt verzüglich mitzuteilen. vor, wenn der Arbeitgeber eine Frau an ei- nem Arbeitsplatz in seinem räumlichen Ver- Soll die Beschäftigung in die Zeit nach 22 antwortungsbereich beschäftigt, ohne dass Uhr hineindauern, ist allein das Genehmi- gewährleistet ist, dass sie jederzeit den Ar- gungsverfahren nach § 29 MuSchG zu be- beitsplatz verlassen oder Hilfe erreichen schreiten. Besondere Regelungen enthalten kann (§ 2 Abs. 4 MuSchG). Heim- und Tele- § 5 Abs. 2 und § 27 Abs. 1 Nr. 2a MuSchG arbeit bleiben damit nach der Gesetzesbe- für die Ausbildungsstelle, die eine schwange- gründung ausdrücklich möglich. Zudem liegt re oder stillende Frau im Rahmen der schuli- danach keine unverantwortbare Gefährdung schen oder hochschulischen Ausbildung tätig vor, wenn die schwangere Frau zwar ohne werden lassen will. die Anwesenheit einer weiteren Person im räumlichen Verantwortungsbereich des Ar- beitgebers tätig ist, sie ihren Arbeitsplatz je- § 6 Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit doch jederzeit verlassen kann und für schwangerschaftsbedingte Notsituationen Auch im Rahmen einer möglichen Beschäfti- eine unverantwortbare Gefährdung durch gung an Sonn- und Feiertagen wird der bis- Schutzmaßnahmen oder die jederzeitige Er- herige Branchenbezug aufgehoben. Voraus- Neuregelung zum Mutterschutzrecht – Überblick über wesentliche Änderungen 17. Juli 2017 3
setzung für eine Beschäftigung der schwan- neuen Begriffs zu erarbeiten. Das geschieht geren oder stillenden Frau ist nunmehr, derzeit im Rahmen von Bund-Länder- Gesprächen. dass die Frau sich dazu ausdrücklich bereit erklärt. Sie kann diese Bereit- schaft jederzeit widerrufen. § 10 Beurteilung der Arbeitsbedingungen; Schutzmaßnahmen Es muss sich um eine Branche handeln, in der Sonn- und Feiertagsarbeit nach § Künftig ist eine arbeitsschutzrechtliche Ge- 10 Arbeitszeitgesetz grundsätzlich zu- fährdungsbeurteilung durchzuführen, die gelassen ist. auch mutterschutzrechtliche Gefahren zu er- fassen hat. Diese ist für jede Tätigkeit – nicht Auch hier muss eine unverantwortbare für jeden Arbeitsplatz - durchzuführen, die Gefährdung von Frau oder Kind auf- der Arbeitgeber anbietet. Das heißt, die nach grund von Alleinarbeit ausgeschlossen dem Arbeitsschutzgesetz schon bisher erfor- sein. Darauf ist insbesondere zu achten, derliche Gefährdungsbeurteilung ist um mut- wenn mit vermindertem Personal gear- terschutzrechtliche Aspekte zu ergänzen. beitet wird. Damit ist sie im Hinblick auf den Mutter- schutz nunmehr anlasslos und nicht mehr Schließlich hat der Arbeitgeber wie bis- erst im Zeitpunkt der Anzeige einer Schwan- her im Anschluss an eine ununterbro- gerschaft durchzuführen. Daher ist unerheb- chene Nachtruhe einen Ersatzruhetag lich, ob die jeweilige Tätigkeit von einer zu gewähren. schwangeren oder stillenden Frau ausgeübt wird oder werden soll. Unerheblich ist auch, Der Arbeitgeber hat die Aufsichtsbehörde ob die Tätigkeit überhaupt von einer Frau unverzüglich über eine beabsichtigte Be- oder von einem Mann ausgeübt wird. Bei schäftigung der Frau an Sonn- und Feierta- gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Be- gen zu unterrichten (§ 27 Abs. 1 Nr. 2b urteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tä- MuSchG). Die Meldung kann zusammen mit tigkeit ausreichend. der Meldung über die Schwangerschaft der Frau erfolgen. Sie muss den konkreten Ein- Hinsichtlich der Beurteilung mutterschutz- satz nicht benennen. rechtlicher Gefahren ist die Gefährdungsbe- urteilung im Sinne einer Ampellösung durchzuführen. Dabei sind Gefährdungen § 7 Freistellung für Untersuchungen und nach Art, Ausmaß und Dauer zu beurteilen: zum Stillen Ist nicht mit mutterschutzbezogenen Der Freistellungsanspruch zum Stillen eines Gefährdungen zu rechnen (grünes Kindes wird auf das Ende des ersten Le- Licht), sind voraussichtlich keine bensjahres begrenzt. Schutzmaßnahmen erforderlich (§ 10 Abs. 1 Nr. 2a MuSchG). In diesem Fall ist für die erforderliche Dokumentation § 9 Gestaltung der Arbeitsbedingungen; eine entsprechende Feststellung unter unverantwortbare Gefährdung Bezugnahme auf eine bereits vorlie- gende arbeitsschutzrechtliche Doku- Der Arbeitgeber hat Arbeitsbedingungen so mentation ausreichend (§ 14 Abs. 1 S. 2 zu gestalten, dass unverantwortbare Ge- MuSchG). fährdungen für schwangere oder stillende Frauen und das Kind ausgeschlossen sind. Soweit mit Gefährdungen einer Der Begriff der unverantwortbaren Gefähr- schwangeren oder stillenden Frau oder dung soll bis zum Inkrafttreten des neuen des Kindes durch eine Fortführung der Mutterschutzgesetzes zum 1. Januar 2018 Tätigkeit zu rechnen ist (gelbes Licht), konkretisiert werden. Die Bundesregierung hat der Arbeitgeber einen grundsätzli- ist aufgefordert, rechtzeitig Hinweise zum chen Bedarf an Schutzmaßnahmen zu Vollzug des Gesetzes hinsichtlich dieses dokumentieren (§ 10 Abs. 1 Nr. 2b, § 14 Neuregelung zum Mutterschutzrecht – Überblick über wesentliche Änderungen 17. Juli 2017 4
Abs. 1 Nr. 1 MuSchG). Er hat das Ob, maßnahmen hat der Arbeitgeber zu do- noch nicht das Wie der Umgestaltung kumentieren (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 der Arbeitsbedingungen festzuhalten. MuSchG). Der Arbeitgeber hat das Ergebnis auch Hat die Gefährdungsbeurteilung erge- zu dokumentieren, wenn die Gefähr- ben, dass die Fortführung der Tätigkeit dungsbeurteilung ergibt, dass eine Fort- der Frau unter Berücksichtigung der führung der Tätigkeit der Frau nicht Schutzmaßnahmen nach § 13 MuschG möglich sein wird (rotes Licht) (§ 10 nicht möglich sein wird (rotes Licht), Abs. 1 Nr. 2c, § 14 Abs. 1 Nr. 1 muss der Arbeitgeber ein betriebliches MuSchG). Beschäftigungsverbot aussprechen (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG). Ein Verstoß Schließlich hat der Arbeitgeber alle Perso- hiergegen stellt eine Ordnungswidrigkeit nen, die bei ihm beschäftigt sind über das dar (§ 32 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 MuSchG), Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und bei Vorsatz eine Straftat (§ 33 einen Bedarf an Schutzmaßnahmen zu in- MuSchG). formieren (§ 14 Abs. 2 MuSchG). Dadurch sollen auch Führungskräfte auf eventuelle In jedem Fall hat der Arbeitgeber Maß- Gefahren im Falle einer Schwangerschaft nahmen auf ihre Wirksamkeit hin zu hingewiesen werden. überprüfen und ggf. geänderten Gege- benheiten anzupassen. Das entspricht Zeigt eine Frau dem Arbeitgeber an, dass den allgemeinen Vorgaben des Arbeits- sie schwanger ist, hat der Arbeitgeber fol- schutzes (§ 3 Abs. 1 ArbSchG). Auch gendes zu unternehmen: dies hat er zu dokumentieren. Hat die Gefährdungsbeurteilung erge- Er muss der schwangeren oder stillen- ben, dass keine unverantwortbare Ge- den Frau das Ergebnis der allgemeinen fährdung für eine schwangere oder stil- Gefährdungsbeurteilung (§ 10 Abs. 1 lende Frau oder ihr Kind vorliegt (grü- MuSchG) und der ggf. damit verbunde- nes Licht), kann die Frau ohne Unter- nen für sie erforderlichen Schutzmaß- brechung weiterbeschäftigt werden. nahmen (§ 13 MuSchG) mitteilen (§ 14 Abs. 3 MuSchG). Hat die Gefährdungsbeurteilung erge- ben, dass Schutzmaßnahmen notwen- Er muss der Frau eine Gespräch über dig sein werden (gelbes Licht), muss weitere Anpassungen ihrer Arbeitsbe- der Arbeitgeber gemäß § 10 Abs. 2 dingungen anbieten (§ 10 Abs. 2 S. 2 MuSchG die Arbeitsbedingungen ggf. MuSchG). Damit soll ein Austausch so umgestalten, dass Gefährdungen zwischen der Frau und dem Arbeitgeber möglichst vermieden und unverantwort- gefördert werden. Weitere Verpflichtun- bare Gefährdungen ausgeschlossen gen ergeben sich hieraus nicht. Ange- werden (§ 8 Abs. 2 MuSchG). Die bot oder Zeitpunkt des Gesprächs sind Rangfolge der zu ergreifenden Schutz- zu dokumentieren (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 maßnahmen ergibt sich aus § 13 MuSchG). MuSchG. Der Arbeitgeber hat die erfor- derlichen Schutzmaßnahmen unverzüg- lich zu konkretisieren und umzusetzen. § 11 Unzulässige Tätigkeiten und Ar- Anderenfalls darf er die Frau nicht be- beitsbedingungen für schwangere Frauen schäftigten (§ 10 Abs. 3 MuSchG), weil sie gefährdet würde. Ein Verstoß gegen Die Vorschrift wurde um Regelungen er- das Beschäftigungsverbot stellt eine gänzt, die bisher in der Mutterschutz- Ordnungswidrigkeit dar (§ 32 Abs. 2 Nr. Arbeitsverordnung und deren Anlagen ent- 7 MuSchG). Aus diesem Grund kann es halten waren. Sie bestimmt unzulässige Tä- sinnvoll sein, die Konkretisierung von tigkeiten und Arbeitsbedingungen für Schutzmaßnehmen im Vorfeld vorzu- schwangere Frauen im Hinblick auf Gefahr- nehmen. Die Festlegung der Schutz- stoffe, Biostoffe, physikalische Einwirkungen, Neuregelung zum Mutterschutzrecht – Überblick über wesentliche Änderungen 17. Juli 2017 5
eine belastende Arbeitsumgebung, körperli- Recht. In dem zugrundeliegenden Fall kün- che Belastungen, chemische Einwirkungen digte der Arbeitgeber wegen der Schwan- oder Akkord- und Fließarbeit. Entsprechende gerschaft. Das wäre in Deutschland eine oh- Regelungen enthält § 12 MuSchG für stillen- nehin unzulässige Diskriminierung gewesen. de Frauen. Einer Umsetzung hätte es nicht bedurft. Die neue Regelung sorgt für Rechtsunsicherheit Ein generelles Verbot getakteter Arbeit wird und wird Kündigungsprozesse erheblich ver- nicht eingeführt (§ 11 Abs. 6 Nr. 3 MuSchG). zögern. Der Arbeitgeber darf die Frau nur dann ge- taktete Arbeit mit vorgeschriebenem Arbeits- Die Vorschrift hat keinen Einfluss auf das tempo nicht ausüben lassen, wenn die Art Auslaufen einer Befristung. der Arbeit oder das Arbeitstempo für die schwangere Frau oder für ihr Kind eine un- verantwortbare Gefährdung darstellt. Damit §§ 18 ff Mutterschutzlohn wird den betrieblichen Möglichkeiten Rech- nung getragen, z. B. Arbeitsintervalle ent- Die Ermittlung des durchschnittlichen Ar- sprechend den Anforderungen der Frau zu beitsentgelts richtet sich für die Berechnung verlangsamen oder Pausen zu gewähren. von Mutterschutzlohn und den Zuschuss Gleiches gilt gemäß 12 Abs. 5 Nr. 3 MuSchG zum Mutterschaftsgeld nunmehr nach dem für stillende Frauen. Der Arbeitgeber hat der neuen § 21 MuSchG. Die Vorschrift klärt die Aufsichtsbehörde anzuzeigen, wenn er be- lange offene Frage, welches Gehalt der Be- absichtigt eine Frau mit getakteter Arbeit zu rechnung zugrunde zu legen ist, wenn eine beschäftigen (§ 27 Abs. 1 Nr. 2c MuSchG). Frau die Schutzfristen in Anspruch nehmen will und sich wegen eines älteren Kindes noch in Elternteilzeit befindet, wodurch sich § 17 Kündigungsverbot (§ 9 MuSchG ak- ihr Entgelt verringert hat. Das Gesetz unter- tueller Fassung) scheidet künftig danach, ob die Frau ihre El- ternzeit zur Inanspruchnahme der Schutzfris- Ein besonderer Kündigungsschutz besteht ten wegen der Geburt eines weiteren Kindes während der Schwangerschaft und bis min- beendet oder nicht. Beendet sie die Eltern- destens zum Ablauf von vier Monaten nach zeit gemäß § 16 Abs. 3 S. 3 BEEG, bleibt der Geburt. Der besondere Kündigungs- das Elternteilzeitentgelt unberücksichtigt, schutz gilt nunmehr auch bis zum Ablauf von soweit das durchschnittliche Arbeitsentgelt vier Monaten nach einer Fehlgeburt, die ohne Elternteilzeit höher ist. Beendet sie die nach der zwölften Schwangerschaftswoche Elternzeit nicht, ist allein das Elternteilzeit- erfolgte. Voraussetzung ist, dass der Arbeit- entgelt gemäß § 22 MuSchG maßgeblich. geber im Zeitpunkt der Kündigung hiervon Kenntnis hatte oder ihm der Umstand inner- halb von zwei Wochen nach Zugang der § 25 Beschäftigung nach dem Ende des Kündigung mitgeteilt wird. Der Arbeitgeber Beschäftigungsverbots hat dann die Möglichkeit, eine Zustimmung der Aufsichtsbehörde zu einer Kündigung zu Neu ist die ausdrückliche Regelung, dass die beantragen. Diese Neuregelung ist bereits Frau nach Ende eines Beschäftigungsver- seit dem 30. Mai 2017 in Kraft. bots das Recht hat, entsprechend den ver- traglich vereinbarten Bedingungen beschäf- Neu ist auch, dass Vorbereitungsmaßnah- tigt zu werden. Dabei handelt es sich um ei- men des Arbeitgebers für eine Kündigung, ne Umsetzung europäischer Vorgaben. Posi- die während des besonderen Kündigungs- tiv ist die klare Formulierung, die nicht den schutzzeitraums erfolgen, unzulässig sind. früheren Arbeitsplatz in Bezug nimmt, son- Folge soll sein, dass eine darauf basierende dern die Regelungen im für die Tätigkeit der Kündigung davon erfasst wird, unabhängig Arbeitnehmerin maßgeblichen Arbeitsver- davon, wann sie ausgesprochen wird. Offen trag. Im Rahmen dieser Vereinbarungen bleibt, was für Vorbereitungsmaßnahmen im kann sie daher nach Rückkehr aus dem Mut- Einzelnen gemeint sind. Anlass für die Rege- terschutz oder anderer mutterschutzbeding- lung war ein EuGH-Urteil zu dänischem Neuregelung zum Mutterschutzrecht – Überblick über wesentliche Änderungen 17. Juli 2017 6
ter Beschäftigungsverbote ggf. auf einem anderen Arbeitsplatz eingesetzt werden. §§ 32, 33 Bußgeldvorschriften/Straf- vorschriften Umfangeiche Bußgeldvorschriften enthält § 32 MuSchG, Strafvorschriften § 33 MuSchG. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung, für jede Tätigkeit im Betrieb die allgemeine Gefähr- dungsbeurteilung auf mutterschutzrechtliche Gefährdungen zu erweitern (§ 10 Abs. 1 S. 1 MuSchG) stellt eine Ordnungswidrigkeit ge- mäß § 32 Abs. 1 Nr. 6 MuSchG dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 € belegt werden kann (§ 32 Abs. 2 MuSchG). Eine Übergangsregelung sorgt dafür, dass die Vorschrift erst zum 1. Januar 2019 in Kraft tritt. Das gibt den Unternehmen Zeit, nach dem neuen Gesetz notwendige Gefähr- dungsbeurteilungen nachzuholen bzw. zu ergänzen. Ansprechpartner: BDA | DIE ARBEITGEBER Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber- verbände Arbeits- und Tarifrecht T +49 30 2033-1203 arbeitsrecht@arbeitgeber.de Die BDA ist die sozialpolitische Spitzenorganisation der gesamten deutschen gewerbli- chen Wirtschaft. Sie vertritt die Interessen kleiner, mittelständischer und großer Unter- nehmen aus allen Branchen in allen Fragen der Sozial- und Tarifpolitik, des Arbeitsrechts, der Arbeitsmarktpolitik sowie der Bildung. Die BDA setzt sich auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene für die Interessen von einer Mio. Betrieben mit ca. 20 Mio. Be- schäftigten ein, die der BDA durch freiwillige Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbänden ver- bunden sind. Die Arbeitgeberverbände sind in den der BDA unmittelbar angeschlossenen 49 bundesweiten Branchenorganisationen und 14 Landesvereinigungen organisiert. Neuregelung zum Mutterschutzrecht – Überblick über wesentliche Änderungen 17. Juli 2017 7
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