Neuregelung des Mutterschutzrechts

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Neuregelung des Mutterschutzrechts
Überblick über wesentliche Änderungen

17. Juli 2017

Inkrafttreten                                         als sie in ihren Einflussbereich fallen.
Das Gesetz zum Schutz von Müttern bei der             Die Definition der natürlichen oder juris-
Arbeit, in der Ausbildung und im Studium              tischen Person oder rechtsfähigen Per-
(Mutterschutzgesetz – neu, im Folgenden:              sonengesellschaft, für die arbeitneh-
MuSchG) wird am 1. Januar 2018 das bishe-             merähnliche Frauen tätig sind, erfolgt in
rige Mutterschutzgesetz ablösen. Bis dahin            Anlehnung an die des Arbeitsschutzge-
finden das bisher geltende Mutterschutzge-            setzes.
setz (im Folgenden: MuSchG a. F.) und die
Verordnung zum Schutze der Mütter am Ar-              Die Frau muss nach der Gesetzesbe-
beitsplatz (Mutterschutz-Arbeitsverordnung)           gründung in deren Verantwortungsbe-
weiterhin Anwendung. Im MuschG a. F. sind             reich tätig sein. Damit wird sicherge-
einzelne Änderungen bereits zum 30. Mai               stellt, dass Auftraggeber über die kon-
2017 in Kraft getreten, auf die in der Über-          kreten Umstände der Tätigkeit Kenntnis
sicht besonders hingewiesen wird. Eine                haben, um entsprechend reagieren zu
Bußgeldvorschrift, die die neuen Pflichten            können.
zur Gefährdungsbeurteilung betrifft, tritt ver-
zögert zum 1. Januar 2019 in Kraft.                   Künftig werden auch Fremdgeschäfts-
                                                      führerinnen       und       Minderheiten-
Das Mutterschutzgesetz wurde neu struktu-             Gesellschafter-Geschäftsführerinnen
riert. Dabei werden die Vorschriften aus der          vom Geltungsbereich erfasst, wenn sie
Mutterschutz-Arbeitsverordnung inkorporiert,          aufgrund ihrer persönlichen Abhängig-
so dass diese mit Inkrafttreten des neuen             keit Beschäftigte iSv. § 7 Abs. 1 SGB IV
Mutterschutzgesetzes zum 1. Januar 2018               sind. Ein wesentliches Merkmal ist die
ersatzlos wegfallen wird.                             Weisungsgebundenheit der Frau. Ar-
                                                      beitnehmerähnliche Personen haben
                                                      keinen Anspruch auf finanzielle Leis-
§ 1 Anwendungsbereich                                 tungen und die Einhaltung des Sonder-
                                                      kündigungsschutzes. Es kann aber ge-
Der persönliche Anwendungsbereich des                 mäß § 24i SGB V ein Anspruch auf Mut-
Mutterschutzgesetzes wird neu gefasst und             terschaftsgeld bestehen, wenn die
erweitert (§ 1 Abs. 2 MuSchG). Abgestellt             Frauen im Falle der Arbeitsunfähigkeit
wird künftig auf ein bestehendes Beschäfti-           Anspruch auf Krankengeld haben.
gungsverhältnis, nicht mehr auf das Arbeits-
verhältnis.                                          Erfasst werden gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1
                                                      MuSchG – jetzt ausdrücklich - Auszu-
    In Anlehnung an das Arbeitsschutzge-             bildende und Praktikantinnen iSv § 26
     setz werden arbeitnehmerähnliche                 BBiG. Bei Praktikantinnen ist Voraus-
     Personen erfasst. Die Gesetzesbe-                setzung, dass sie berufliche Fertigkei-
     gründung stellt klar, dass die Pflichten         ten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder beruf-
     nach dem Mutterschutzgesetz nur in-              liche Erfahrungen erwerben sollen, oh-
     soweit für die Person gelten, für die die        ne dass es sich um eine Berufsausbil-
     arbeitnehmerähnliche Person tätig wird,          dung handelt, wie z. B im freiwilligen
Praktikum. Frauen, die im Rahmen ihrer                    soll dies den besonderen körperlichen und
    schulischen oder hochschulischen Aus-                     psychischen Belastungen der Mutter Rech-
    bildung ein Pflichtpraktikum ableisten,                   nung tragen, die in diesen Fällen typischer-
    werden über § 1 Abs. 2 Nr. 8 MuSchG                       weise mit der Geburt verbunden sind. Die
    erfasst, sie haben keinen Anspruch auf                    Frau hat dabei die Verlängerung der Schutz-
    finanzielle Leistungen, genauso wenig                     frist zu beantragen (s. § 3 Abs. 2 Satz 4
    besteht Sonderkündigungsschutz.                           MuSchG n.F.) Die Vorschrift ist bereits seit
                                                              dem 30. Mai in Kraft.
   Wie bisher werden Frauen in Heimar-
    beit und ihnen Gleichgestellte erfasst.                   Nach Beratung mit dem Spitzenverband der
    Die Verpflichtungen zur Gestaltung der                    Gesetzlichen Krankenversicherung soll die
    Arbeitsbedingungen      gemäß    §     8                  Frau den Antrag auf eine längere Auszah-
    MuSchG gelten für Auftraggeber und                        lung des Mutterschaftsgeldes gegenüber der
    Zwischenmeister nur insoweit, als sie in                  Krankenkasse stellen. Mutterschaftsgeld
    deren Einflussbereich liegen.                             wird nach § 24i Abs. 3 S. 1 SGB V neu ent-
                                                              sprechend länger gewährt. Die Krankenkas-
   Keine Änderung gab es hinsichtlich der                    se setzt dann den Arbeitgeber über die ver-
    Tätigkeit von Zeitarbeitnehmerinnen                       längerte Dauer des Mutterschutzes in
    oder solchen, die aufgrund eines Werk-                    Kenntnis. Dafür wird das Vordruckmuster
    oder Dienstvertrags z. B. auf dem Be-                     „Ärztliche Bescheinigung für die Gewährung
    triebsgelände tätig werden. Ihr Arbeit-                   von Mutterschaftsgeld bei Frühgeburten“
    geber ist der Verleiher bzw. Auftrag-                     entsprechend angepasst. Durch diese Ver-
    nehmer, welcher nach dem MuSchG                           fahrensweise entsteht für den Arbeitgeber
    verpflichtet ist. Entleiher oder Auftrag-                 keine Mehrbelastung. insbesondere muss er
    geber obliegen die mit der Arbeit ver-                    sich die Behinderung nicht nachweisen las-
    bundenen allgemeinen Schutzpflichten.                     sen oder den ärztlichen Nachweis dann an
                                                              die Krankenkasse weiterleiten.
   Schülerinnen und Studentinnen wer-
    den gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 8 MuSchG
    erfasst. Verpflichtete Ausbildungsstelle                  § 4 Verbot der Mehrarbeit
    ist z. B. die Schule oder Hochschule.
                                                              Das Verbot der Mehrarbeit ist verändert wor-
                                                              den. Bisher gab es für die Anordnung von
§ 3 Schutzfristen vor und nach der Ent-                       Mehrarbeit bei volljährigen Schwange-
bindung (§ 6 MuSchG aktueller Fassung)                        ren/Stillenden eine Obergrenze von 8 1/2
                                                              Stunden am Tag oder 90 Stunden in der
Unverändert bleiben die vorgeburtliche                        Doppelwoche, die nicht überschritten werden
Schutzfrist mit sechs Wochen und die nach-                    durfte. Sonntage sind wie bisher einzurech-
geburtliche Schutzfrist mit acht Wochen. Es                   nen. Hinzu kommt eine Ausgleichspflicht.
handelt sich um generelle Beschäftigungs-                     Die vertraglich vereinbarte wöchentliche Ar-
verbote unabhängig von der Art der Tätig-                     beitszeit darf im Durchschnitt des Monats
keit. Die Frau kann in den sechs Wochen vor                   nicht überschritten werden, so dass der Ar-
der Geburt arbeiten, wenn sie sich ausdrück-                  beitgeber nach der Leistung von Mehrar-
lich dazu bereit erklärt. Die Erklärung kann                  beitsstunden Freizeit in entsprechendem
sie jederzeit widerrufen. Arbeitnehmerähnli-                  Umfang gewähren muss. Die Ausgleichs-
chen Personen sind von ihrer vertraglich                      pflicht findet auf Teilzeit- wie Vollzeitkräfte
vereinbarten Leistungspflicht zu befreien. Auf                gleichermaßen Anwendung. Dadurch soll
diese Befreiung können sie verzichten.                        ausgeschlossen werden, dass Teilzeitkräfte
                                                              überproportional viel Mehrarbeit leisten.
Die Mutter kann eine verlängerte nachge-                      Mögliche Mitsprachrechte des Betriebsrats
burtliche Schutzfrist von zwölf statt acht Wo-                zur Anordnung von Mehrarbeit bleiben unbe-
chen in Anspruch nehmen, wenn vor Ablauf                      rührt. Im Anschluss an die tägliche Arbeits-
von acht Wochen nach der Geburt eine Be-                      zeit hat der Arbeitgeber eine ununterbroche-
hinderung beim Kind ärztlich festgestellt                     ne Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu
wird. Ausweislich der Gesetzesbegründung                      gewähren.

                   Neuregelung zum Mutterschutzrecht – Überblick über wesentliche Änderungen

                   17. Juli 2017                                                                           2
Die Aufsichtsbehörde kann in besonders be-                     reichbarkeit von Hilfe durch Dritte ausge-
gründeten Einzelfällen eine Ausnahme vom                       schlossen werden kann. Die Umstände des
Verbot der Mehrarbeit gem. § 29 Abs. 3 Nr. 1                   Einzelfalls sind zu berücksichtigen. Zum
MuSchG bewilligen.                                             Verständnis des neuen unbestimmten
                                                               Rechtsbegriffs der unverantwortbaren Ge-
                                                               fährdung soll bis zum Inkrafttreten des Ge-
§ 5 Verbot der Nachtarbeit                                     setzes eine Handlungsempfehlung im Bund-
                                                               Länder-Kreis erarbeitet werden.
Auch die Vorschrift zur Nachtarbeit ist neu
gefasst. Sie trifft keine Unterscheidung mehr                  § 28 MuSchG sieht ein erleichtertes Geneh-
zwischen verschiedenen Branchen, so dass                       migungsverfahren für eine Nachtarbeit zwi-
es auch keinen erleichterten Einsatz                           schen 20 und längstens 22 Uhr vor. Dafür
Schwangerer in Nachtarbeit mehr in beson-                      muss der Arbeitgeber dem Antrag auf Ge-
deren Branchen gibt.                                           nehmigung die Dokumentation über die Be-
                                                               urteilung der Arbeitsbedingungen nach § 14
Nachtarbeit zwischen 20 und 6 Uhr wird                         Abs. 1 MuSchG beifügen. Er darf die Frau
generell genehmigungspflichtig. Die Auf-                       während des laufenden Genehmigungsver-
sichtsbehörde kann den Einsatz einer                           fahrens weiter beschäftigen, wenn
schwangeren oder stillenden Frau zwischen
22 und 6 Uhr ausnahmsweise genehmigen                                die Frau sich dazu bereit erklärt hat,
(§ 29 Abs. 3 Nr. 1 MuSchG),
                                                                     eine ärztliche Unbedenklichkeitsbe-
    wenn sich die Frau dazu ausdrücklich                             scheinigung über eine Beschäftigung
     bereit erklärt. Die Frau kann ihre Zu-                           zwischen 20 und 22 Uhr vorliegt und
     stimmung jederzeit widerrufen.
                                                                     eine unverantwortbare Gefährdung
    wenn eine ärztliche Unbedenklichkeits-                           durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
     bescheinigung über den Einsatz der
     Frau zwischen 22 und 6 Uhr vorliegt                       Die Frau kann ihr Einverständnis jederzeit
     und                                                       widerrufen. Außerdem kann die Aufsichtsbe-
                                                               hörde die Beschäftigung zum Schutz von
    wenn eine unverantwortbare Gefähr-                        Mutter oder Kind auch vorläufig untersagen.
     dung durch Alleinarbeit ausgeschlossen                    Reagiert die Aufsichtsbehörde nicht inner-
     ist.                                                      halb von sechs Wochen nach Zugang aller
                                                               Unterlagen, gilt die Genehmigung als erteilt.
Nach Beendigung der Tätigkeit muss eine                        Fehlen Unterlagen für das Verfahren, hat die
Ruhezeit von elf Stunden gewährt werden.                       Aufsichtsbehörde dies dem Arbeitgeber un-
Alleinarbeit im Sinne dieses Gesetzes liegt                    verzüglich mitzuteilen.
vor, wenn der Arbeitgeber eine Frau an ei-
nem Arbeitsplatz in seinem räumlichen Ver-                     Soll die Beschäftigung in die Zeit nach 22
antwortungsbereich beschäftigt, ohne dass                      Uhr hineindauern, ist allein das Genehmi-
gewährleistet ist, dass sie jederzeit den Ar-                  gungsverfahren nach § 29 MuSchG zu be-
beitsplatz verlassen oder Hilfe erreichen                      schreiten. Besondere Regelungen enthalten
kann (§ 2 Abs. 4 MuSchG). Heim- und Tele-                      § 5 Abs. 2 und § 27 Abs. 1 Nr. 2a MuSchG
arbeit bleiben damit nach der Gesetzesbe-                      für die Ausbildungsstelle, die eine schwange-
gründung ausdrücklich möglich. Zudem liegt                     re oder stillende Frau im Rahmen der schuli-
danach keine unverantwortbare Gefährdung                       schen oder hochschulischen Ausbildung tätig
vor, wenn die schwangere Frau zwar ohne                        werden lassen will.
die Anwesenheit einer weiteren Person im
räumlichen Verantwortungsbereich des Ar-
beitgebers tätig ist, sie ihren Arbeitsplatz je-               § 6 Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit
doch jederzeit verlassen kann und für
schwangerschaftsbedingte         Notsituationen                Auch im Rahmen einer möglichen Beschäfti-
eine unverantwortbare Gefährdung durch                         gung an Sonn- und Feiertagen wird der bis-
Schutzmaßnahmen oder die jederzeitige Er-                      herige Branchenbezug aufgehoben. Voraus-

                    Neuregelung zum Mutterschutzrecht – Überblick über wesentliche Änderungen

                    17. Juli 2017                                                                              3
setzung für eine Beschäftigung der schwan-                   neuen Begriffs zu erarbeiten. Das geschieht
geren oder stillenden Frau ist nunmehr,                      derzeit im Rahmen von Bund-Länder-
                                                             Gesprächen.
   dass die Frau sich dazu ausdrücklich
    bereit erklärt. Sie kann diese Bereit-
    schaft jederzeit widerrufen.                             § 10 Beurteilung der Arbeitsbedingungen;
                                                             Schutzmaßnahmen
   Es muss sich um eine Branche handeln,
    in der Sonn- und Feiertagsarbeit nach §                  Künftig ist eine arbeitsschutzrechtliche Ge-
    10 Arbeitszeitgesetz grundsätzlich zu-                   fährdungsbeurteilung durchzuführen, die
    gelassen ist.                                            auch mutterschutzrechtliche Gefahren zu er-
                                                             fassen hat. Diese ist für jede Tätigkeit – nicht
   Auch hier muss eine unverantwortbare                     für jeden Arbeitsplatz - durchzuführen, die
    Gefährdung von Frau oder Kind auf-                       der Arbeitgeber anbietet. Das heißt, die nach
    grund von Alleinarbeit ausgeschlossen                    dem Arbeitsschutzgesetz schon bisher erfor-
    sein. Darauf ist insbesondere zu achten,                 derliche Gefährdungsbeurteilung ist um mut-
    wenn mit vermindertem Personal gear-                     terschutzrechtliche Aspekte zu ergänzen.
    beitet wird.                                             Damit ist sie im Hinblick auf den Mutter-
                                                             schutz nunmehr anlasslos und nicht mehr
   Schließlich hat der Arbeitgeber wie bis-                 erst im Zeitpunkt der Anzeige einer Schwan-
    her im Anschluss an eine ununterbro-                     gerschaft durchzuführen. Daher ist unerheb-
    chene Nachtruhe einen Ersatzruhetag                      lich, ob die jeweilige Tätigkeit von einer
    zu gewähren.                                             schwangeren oder stillenden Frau ausgeübt
                                                             wird oder werden soll. Unerheblich ist auch,
Der Arbeitgeber hat die Aufsichtsbehörde                     ob die Tätigkeit überhaupt von einer Frau
unverzüglich über eine beabsichtigte Be-                     oder von einem Mann ausgeübt wird. Bei
schäftigung der Frau an Sonn- und Feierta-                   gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Be-
gen zu unterrichten (§ 27 Abs. 1 Nr. 2b                      urteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tä-
MuSchG). Die Meldung kann zusammen mit                       tigkeit ausreichend.
der Meldung über die Schwangerschaft der
Frau erfolgen. Sie muss den konkreten Ein-                   Hinsichtlich der Beurteilung mutterschutz-
satz nicht benennen.                                         rechtlicher Gefahren ist die Gefährdungsbe-
                                                             urteilung im Sinne einer Ampellösung
                                                             durchzuführen. Dabei sind Gefährdungen
§ 7 Freistellung für Untersuchungen und                      nach Art, Ausmaß und Dauer zu beurteilen:
zum Stillen
                                                                   Ist nicht mit mutterschutzbezogenen
Der Freistellungsanspruch zum Stillen eines                         Gefährdungen zu rechnen (grünes
Kindes wird auf das Ende des ersten Le-                             Licht), sind voraussichtlich keine
bensjahres begrenzt.                                                Schutzmaßnahmen erforderlich (§ 10
                                                                    Abs. 1 Nr. 2a MuSchG). In diesem Fall
                                                                    ist für die erforderliche Dokumentation
§ 9 Gestaltung der Arbeitsbedingungen;                              eine entsprechende Feststellung unter
unverantwortbare Gefährdung                                         Bezugnahme auf eine bereits vorlie-
                                                                    gende arbeitsschutzrechtliche Doku-
Der Arbeitgeber hat Arbeitsbedingungen so                           mentation ausreichend (§ 14 Abs. 1 S. 2
zu gestalten, dass unverantwortbare Ge-                             MuSchG).
fährdungen für schwangere oder stillende
Frauen und das Kind ausgeschlossen sind.                           Soweit     mit   Gefährdungen     einer
Der Begriff der unverantwortbaren Gefähr-                           schwangeren oder stillenden Frau oder
dung soll bis zum Inkrafttreten des neuen                           des Kindes durch eine Fortführung der
Mutterschutzgesetzes zum 1. Januar 2018                             Tätigkeit zu rechnen ist (gelbes Licht),
konkretisiert werden. Die Bundesregierung                           hat der Arbeitgeber einen grundsätzli-
ist aufgefordert, rechtzeitig Hinweise zum                          chen Bedarf an Schutzmaßnahmen zu
Vollzug des Gesetzes hinsichtlich dieses                            dokumentieren (§ 10 Abs. 1 Nr. 2b, § 14

                  Neuregelung zum Mutterschutzrecht – Überblick über wesentliche Änderungen

                  17. Juli 2017                                                                            4
Abs. 1 Nr. 1 MuSchG). Er hat das Ob,                            maßnahmen hat der Arbeitgeber zu do-
    noch nicht das Wie der Umgestaltung                             kumentieren (§ 14 Abs. 1 Nr. 2
    der Arbeitsbedingungen festzuhalten.                            MuSchG).

   Der Arbeitgeber hat das Ergebnis auch                          Hat die Gefährdungsbeurteilung erge-
    zu dokumentieren, wenn die Gefähr-                              ben, dass die Fortführung der Tätigkeit
    dungsbeurteilung ergibt, dass eine Fort-                        der Frau unter Berücksichtigung der
    führung der Tätigkeit der Frau nicht                            Schutzmaßnahmen nach § 13 MuschG
    möglich sein wird (rotes Licht) (§ 10                           nicht möglich sein wird (rotes Licht),
    Abs. 1 Nr. 2c, § 14 Abs. 1 Nr. 1                                muss der Arbeitgeber ein betriebliches
    MuSchG).                                                        Beschäftigungsverbot aussprechen (§
                                                                    13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG). Ein Verstoß
Schließlich hat der Arbeitgeber alle Perso-                         hiergegen stellt eine Ordnungswidrigkeit
nen, die bei ihm beschäftigt sind über das                          dar (§ 32 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 MuSchG),
Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und                             bei Vorsatz eine Straftat (§ 33
einen Bedarf an Schutzmaßnahmen zu in-                              MuSchG).
formieren (§ 14 Abs. 2 MuSchG). Dadurch
sollen auch Führungskräfte auf eventuelle                          In jedem Fall hat der Arbeitgeber Maß-
Gefahren im Falle einer Schwangerschaft                             nahmen auf ihre Wirksamkeit hin zu
hingewiesen werden.                                                 überprüfen und ggf. geänderten Gege-
                                                                    benheiten anzupassen. Das entspricht
Zeigt eine Frau dem Arbeitgeber an, dass                            den allgemeinen Vorgaben des Arbeits-
sie schwanger ist, hat der Arbeitgeber fol-                         schutzes (§ 3 Abs. 1 ArbSchG). Auch
gendes zu unternehmen:                                              dies hat er zu dokumentieren.

   Hat die Gefährdungsbeurteilung erge-                           Er muss der schwangeren oder stillen-
    ben, dass keine unverantwortbare Ge-                            den Frau das Ergebnis der allgemeinen
    fährdung für eine schwangere oder stil-                         Gefährdungsbeurteilung (§ 10 Abs. 1
    lende Frau oder ihr Kind vorliegt (grü-                         MuSchG) und der ggf. damit verbunde-
    nes Licht), kann die Frau ohne Unter-                           nen für sie erforderlichen Schutzmaß-
    brechung weiterbeschäftigt werden.                              nahmen (§ 13 MuSchG) mitteilen (§ 14
                                                                    Abs. 3 MuSchG).
   Hat die Gefährdungsbeurteilung erge-
    ben, dass Schutzmaßnahmen notwen-                              Er muss der Frau eine Gespräch über
    dig sein werden (gelbes Licht), muss                            weitere Anpassungen ihrer Arbeitsbe-
    der Arbeitgeber gemäß § 10 Abs. 2                               dingungen anbieten (§ 10 Abs. 2 S. 2
    MuSchG die Arbeitsbedingungen ggf.                              MuSchG). Damit soll ein Austausch
    so umgestalten, dass Gefährdungen                               zwischen der Frau und dem Arbeitgeber
    möglichst vermieden und unverantwort-                           gefördert werden. Weitere Verpflichtun-
    bare Gefährdungen ausgeschlossen                                gen ergeben sich hieraus nicht. Ange-
    werden (§ 8 Abs. 2 MuSchG). Die                                 bot oder Zeitpunkt des Gesprächs sind
    Rangfolge der zu ergreifenden Schutz-                           zu dokumentieren (§ 14 Abs. 1 Nr. 3
    maßnahmen ergibt sich aus § 13                                  MuSchG).
    MuSchG. Der Arbeitgeber hat die erfor-
    derlichen Schutzmaßnahmen unverzüg-
    lich zu konkretisieren und umzusetzen.                   § 11 Unzulässige Tätigkeiten und Ar-
    Anderenfalls darf er die Frau nicht be-                  beitsbedingungen für schwangere Frauen
    schäftigten (§ 10 Abs. 3 MuSchG), weil
    sie gefährdet würde. Ein Verstoß gegen                   Die Vorschrift wurde um Regelungen er-
    das Beschäftigungsverbot stellt eine                     gänzt, die bisher in der Mutterschutz-
    Ordnungswidrigkeit dar (§ 32 Abs. 2 Nr.                  Arbeitsverordnung und deren Anlagen ent-
    7 MuSchG). Aus diesem Grund kann es                      halten waren. Sie bestimmt unzulässige Tä-
    sinnvoll sein, die Konkretisierung von                   tigkeiten    und     Arbeitsbedingungen    für
    Schutzmaßnehmen im Vorfeld vorzu-                        schwangere Frauen im Hinblick auf Gefahr-
    nehmen. Die Festlegung der Schutz-                       stoffe, Biostoffe, physikalische Einwirkungen,

                  Neuregelung zum Mutterschutzrecht – Überblick über wesentliche Änderungen

                  17. Juli 2017                                                                           5
eine belastende Arbeitsumgebung, körperli-                    Recht. In dem zugrundeliegenden Fall kün-
che Belastungen, chemische Einwirkungen                       digte der Arbeitgeber wegen der Schwan-
oder Akkord- und Fließarbeit. Entsprechende                   gerschaft. Das wäre in Deutschland eine oh-
Regelungen enthält § 12 MuSchG für stillen-                   nehin unzulässige Diskriminierung gewesen.
de Frauen.                                                    Einer Umsetzung hätte es nicht bedurft. Die
                                                              neue Regelung sorgt für Rechtsunsicherheit
Ein generelles Verbot getakteter Arbeit wird                  und wird Kündigungsprozesse erheblich ver-
nicht eingeführt (§ 11 Abs. 6 Nr. 3 MuSchG).                  zögern.
Der Arbeitgeber darf die Frau nur dann ge-
taktete Arbeit mit vorgeschriebenem Arbeits-                  Die Vorschrift hat keinen Einfluss auf das
tempo nicht ausüben lassen, wenn die Art                      Auslaufen einer Befristung.
der Arbeit oder das Arbeitstempo für die
schwangere Frau oder für ihr Kind eine un-
verantwortbare Gefährdung darstellt. Damit                    §§ 18 ff Mutterschutzlohn
wird den betrieblichen Möglichkeiten Rech-
nung getragen, z. B. Arbeitsintervalle ent-                   Die Ermittlung des durchschnittlichen Ar-
sprechend den Anforderungen der Frau zu                       beitsentgelts richtet sich für die Berechnung
verlangsamen oder Pausen zu gewähren.                         von Mutterschutzlohn und den Zuschuss
Gleiches gilt gemäß 12 Abs. 5 Nr. 3 MuSchG                    zum Mutterschaftsgeld nunmehr nach dem
für stillende Frauen. Der Arbeitgeber hat der                 neuen § 21 MuSchG. Die Vorschrift klärt die
Aufsichtsbehörde anzuzeigen, wenn er be-                      lange offene Frage, welches Gehalt der Be-
absichtigt eine Frau mit getakteter Arbeit zu                 rechnung zugrunde zu legen ist, wenn eine
beschäftigen (§ 27 Abs. 1 Nr. 2c MuSchG).                     Frau die Schutzfristen in Anspruch nehmen
                                                              will und sich wegen eines älteren Kindes
                                                              noch in Elternteilzeit befindet, wodurch sich
§ 17 Kündigungsverbot (§ 9 MuSchG ak-                         ihr Entgelt verringert hat. Das Gesetz unter-
tueller Fassung)                                              scheidet künftig danach, ob die Frau ihre El-
                                                              ternzeit zur Inanspruchnahme der Schutzfris-
Ein besonderer Kündigungsschutz besteht                       ten wegen der Geburt eines weiteren Kindes
während der Schwangerschaft und bis min-                      beendet oder nicht. Beendet sie die Eltern-
destens zum Ablauf von vier Monaten nach                      zeit gemäß § 16 Abs. 3 S. 3 BEEG, bleibt
der Geburt. Der besondere Kündigungs-                         das Elternteilzeitentgelt unberücksichtigt,
schutz gilt nunmehr auch bis zum Ablauf von                   soweit das durchschnittliche Arbeitsentgelt
vier Monaten nach einer Fehlgeburt, die                       ohne Elternteilzeit höher ist. Beendet sie die
nach der zwölften Schwangerschaftswoche                       Elternzeit nicht, ist allein das Elternteilzeit-
erfolgte. Voraussetzung ist, dass der Arbeit-                 entgelt gemäß § 22 MuSchG maßgeblich.
geber im Zeitpunkt der Kündigung hiervon
Kenntnis hatte oder ihm der Umstand inner-
halb von zwei Wochen nach Zugang der                          § 25 Beschäftigung nach dem Ende des
Kündigung mitgeteilt wird. Der Arbeitgeber                    Beschäftigungsverbots
hat dann die Möglichkeit, eine Zustimmung
der Aufsichtsbehörde zu einer Kündigung zu                    Neu ist die ausdrückliche Regelung, dass die
beantragen. Diese Neuregelung ist bereits                     Frau nach Ende eines Beschäftigungsver-
seit dem 30. Mai 2017 in Kraft.                               bots das Recht hat, entsprechend den ver-
                                                              traglich vereinbarten Bedingungen beschäf-
Neu ist auch, dass Vorbereitungsmaßnah-                       tigt zu werden. Dabei handelt es sich um ei-
men des Arbeitgebers für eine Kündigung,                      ne Umsetzung europäischer Vorgaben. Posi-
die während des besonderen Kündigungs-                        tiv ist die klare Formulierung, die nicht den
schutzzeitraums erfolgen, unzulässig sind.                    früheren Arbeitsplatz in Bezug nimmt, son-
Folge soll sein, dass eine darauf basierende                  dern die Regelungen im für die Tätigkeit der
Kündigung davon erfasst wird, unabhängig                      Arbeitnehmerin maßgeblichen Arbeitsver-
davon, wann sie ausgesprochen wird. Offen                     trag. Im Rahmen dieser Vereinbarungen
bleibt, was für Vorbereitungsmaßnahmen im                     kann sie daher nach Rückkehr aus dem Mut-
Einzelnen gemeint sind. Anlass für die Rege-                  terschutz oder anderer mutterschutzbeding-
lung war ein EuGH-Urteil zu dänischem

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ter Beschäftigungsverbote ggf. auf einem
anderen Arbeitsplatz eingesetzt werden.

§§ 32, 33        Bußgeldvorschriften/Straf-
vorschriften

Umfangeiche Bußgeldvorschriften enthält §
32 MuSchG, Strafvorschriften § 33 MuSchG.

Ein Verstoß gegen die Verpflichtung, für jede
Tätigkeit im Betrieb die allgemeine Gefähr-
dungsbeurteilung auf mutterschutzrechtliche
Gefährdungen zu erweitern (§ 10 Abs. 1 S. 1
MuSchG) stellt eine Ordnungswidrigkeit ge-
mäß § 32 Abs. 1 Nr. 6 MuSchG dar, die mit
einer Geldbuße von bis zu 50.000 € belegt
werden kann (§ 32 Abs. 2 MuSchG). Eine
Übergangsregelung sorgt dafür, dass die
Vorschrift erst zum 1. Januar 2019 in Kraft
tritt. Das gibt den Unternehmen Zeit, nach
dem neuen Gesetz notwendige Gefähr-
dungsbeurteilungen nachzuholen bzw. zu
ergänzen.

Ansprechpartner:

BDA | DIE ARBEITGEBER
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber-
verbände

Arbeits- und Tarifrecht
T +49 30 2033-1203
arbeitsrecht@arbeitgeber.de

   Die BDA ist die sozialpolitische Spitzenorganisation der gesamten deutschen gewerbli-
   chen Wirtschaft. Sie vertritt die Interessen kleiner, mittelständischer und großer Unter-
   nehmen aus allen Branchen in allen Fragen der Sozial- und Tarifpolitik, des Arbeitsrechts,
   der Arbeitsmarktpolitik sowie der Bildung. Die BDA setzt sich auf nationaler, europäischer
   und internationaler Ebene für die Interessen von einer Mio. Betrieben mit ca. 20 Mio. Be-
   schäftigten ein, die der BDA durch freiwillige Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbänden ver-
   bunden sind. Die Arbeitgeberverbände sind in den der BDA unmittelbar angeschlossenen
   49 bundesweiten Branchenorganisationen und 14 Landesvereinigungen organisiert.

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