Neuro Pocket - Universitätsklinik für Neurologie
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N e u r o Po c ke t 2020 Jung S Prange U, Millonig A, Seiffge D, Horvath T, Dietmann A, Scheidegger O, Salmen A, Zubler F, Seiler A, Mattle H, Kalla R, Kerkeni H, Brémovà-Ertl T, Schankin C, Debove I, Oberholzer M, Barth R, Schindler K, Aybek S, Krack P, Chan A, Z`Graggen W, Arnold M, Fischer U, Bassetti C
Inhalt & Impressum Inhalt Organisatorisches 3 Sehstörungen & Halluzinationen 40 Telemedizin 3 Fazialisparese 41 Epilepsie 4-7 Periphere Nevenläsionen 42 Transiente Bewusstseinsstörung TLOC 8-9 Radikuläre Syndrome 43 Kopfschmerzen 10-12 Guillain-Barré -Syndrom 44 Gesichtsschmerzen 12 Neuromuskuläre Erkrankungen 45 Liquorzirkulationsstörungen 13 Funktionelle neurologische Störungen 46-47 Meningitis & Enzephalitis erregerbedingt 14-15 Hypoxisch-ischämische Enzephalopathie 48-51 Enzephalitis autoimmun & paraneoplastisch 16-17 Koma 52 Multiple Sklerose 18-20 Hirntod & Organspende 53 Bewegungsstörungen & DBS 21 REA Status, Palliation, Todesfeststellung 54 Amnesie 22 Ausfallssysteme 55 Delir 23 Liquorpunktion 56-57 PRES 24 MRI 58 Toxische Syndrome 24 Medikamente in Schwangerschaft und bei MG 59 Elektrolytstörungen 25 Laborblöcke & CRES 59 Vitamin B1-Mangel 25 Hirnstammanatomie 60-61 Schwindel 26-35 Plexus brachialis & lumbosacralis 62-67 Augenbewegungsstörungen & Nystagmen 36-39 Dermatome & Nervenversorgungsareale 68-69 Impressum Prof. Dr. med. S. Jung Leitender Arzt Leiter Neurologischer Notfall- & Konsildienst, Stv. Leiter Neurologische Intensivmedizin Neurologische Universitätsklinik Bern simon.jung@insel.ch Sekretariat Tel. +41 (0)31 632 16 44, notfallzentrum-neurologie@insel.ch Unter Mitwirkung folgender Universitätskliniken Universitäres Notfallzentrum Prof. A. Exadaktylos, Dr. B. Lehmann, P. Fuchs, T. Baumgartner, D. Bärlocher Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie Prof. J. Gralla, Dr. A. Hakim, Dr. F. Wagner, M. Mordasini Neurochirurgie Prof. A. Raabe, Prof. P. Schucht, Prof. W. Z`Graggen Kardiologie Dr. H. Abbühl HNO PD Mantokoudis Intensivmedizin Prof. S. Jakob, PD M. Hänggi Opthalmologie Prof. M. Abegg Hämatologie Prof. A. Angelillo-Scherrer Infektiologie Dr. P. Jent Palliativmedizin Prof. S. Eychmüller Zeichnungen von Anja Giger, medizinische Zeichnerin Insel Gruppe AG. Die Zeichnungen werden freigegeben unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen, 4.0 International Lizenz (CC BY-NC-SA). https://creativecommons.org Alle Angaben sind ohne Gewähr. Version 05/2020
Organisatorisches & Telemedizin 03 Einsatzplan Tagesarzt Stationsdienst Z2 Notfall Fellow Mo-Fr Frühdienst T Zwischendienst Z1 Nachtdienst N 6444 7:30-11 Uhr 6444 11-21 Uhr 6444 21-7:30 Uhr 6442 14-24 Uhr 6441 6443 11-17:30 Uhr Sieht neue Patienten 16:30 –24 Uhr: zuständig für b.B. bis 17 Uhr Visite Stroke Unit 21 Uhr stationäre Patienten inkl. Variabler Einsatz Stroke Unit Wochenend-Dienst Bettenstation Wochenend-Dienst Stroke Unit 4875 7:30-16:30 Uhr 4876 7:30-16:30 Uhr Acute Care Nurse 181 - 7968, Anforderung IVT via 181 - 8130 Dienstzeit 7:10 - 23 Uhr 1 ACN zuständig für alle UNZ Patienten, nicht nur Neuro-Patienten während der Dienstzeit Begleitung und Überwachung gemäss Kriterien der ACTI-Scale wenn nicht verfügbar: Transport bis zur Bildgebung i.d.R. Mithilfe der Pflege → Anästhesie zur Überwachung falls indiziert → falls Actilyse benötigt wird: Schichtmanagement 181 - 8130 oder Nachts Stützpunkt A 23725 Fast Track Notfallzentrum (FTN) 181 - 8213 10 - 14 Uhr „Neuro-Slot“ Termine für Neuro Notfall-Fellow 14 - 22 Uhr Triage von nicht geplanten Patienten via FTN auf Anfrage (je nach Auslastung) Alle Patienten werden bei Eintritt ins UNZ via Anmeldung triagiert Anmeldung Patienten für geplante Termine im Neuro-Slot 10-14 Uhr: max 5 Arbeitstage im Voraus; Konsultation planmässig nach >5d: Konsultation in ANZ durch ANZ oder NF-Team Anmeldung via Formular „Neuro Notfall-Fellow Sprechstunde“, Aufgebot der Patienten durch Sekretariat Patienten müssen nach Untersuchung wieder in den Warteraum FTN Warten auf Zusatzuntersuchungen im Warteraum FTN BE und EKG möglich; LP auf Anfrage je nach Kapazität Pflege Video-Telemedizin Interlaken für Stroke Patienten 24/7 Service, Zugang via Monitor im Stützpunkt A oder von zu Hause 1. Dienstarzt im Spital Interlaken kontaktiert den Dienst(-oberarzt) der Neurologie Inselspital via 031 - 632 17 02 und übermittelt die Patientendaten 2. Videokonsultation des Patienten 3. Dienstarzt Neurologie oder sein Hintergrund geben eine erste telefonische Therapieempfehlung ab 4. Dienstarzt in Interlaken meldet den Patient über die Maske www.insel.ch/telemedizin-neuro nachträglich an 5. Dienstarzt Neurologie ruft die Angaben via Gruppenaccount G6003085 ab und verfasst Stellungnahme Telemedizin www.insel.ch/neurokonsil Anmeldung von externen Anfragen (HA, Spital) für telefonische Beratung Koordination durch Sekretariat Notfall Neurologie Bearbeitung i.d.R. durch Notfall-Fellow/Konsil-OA Schriftliche Stellungnahme an Auftraggeber
Epilepsie Einteilung nach Ätiologie Strukturell Unklar Genetisch Fokal, mit oder ohne Ein- Fokal, mit oder ohne Ein- Typische Anfallsart schränkung des Bewusst- schränkung des Bewusstseins, «Primär» generalisiert seins, sekundär generalisiert sekundär generalisiert MRI Epileptogene Strukturverän- Ohne epileptogene Struktur- Ohne epileptogene derung (“Läsion”) veränderung Strukturveränderung EEG Fokal Fokal Generalisiert (bi- hemisphärisch) Allgemeines sichere Provokationsfaktoren Medikamentenentzug, Alkoholentzug, Fieber, schwere Elektrolytdysbalance, Hypoglykämie nicht sichere Provokationsfaktoren Schlafentzug, Stress Fremdanamnese einholen wenn möglich! Fahreignung aufgehoben! Erstmaliger epileptischer Anfall Bildgebung im Akutstadium wenn möglich mit MRI EEG in der Notfallsituation: bei klinischem Verdacht auf bestehenden Status epilepticus, sonst idealerweise innerhalb 24-48 Stunden (in diesem Zeitraum höchste Sensitivität für interiktale Veränderungen) Fahreignung aufgehoben! Informationsblatt für erstmaligen Anfall abgeben Nachkontrolle i.d.R. durch das Epilepsiezentrum telefonisch oder klinisch innert 6 Monaten inkl. EEG Fahreignung nach epileptischem Anfall Nicht gegeben für mindestens 6 Monate, unter Umständen länger (was auch von Fahrzeugkategorien abhängt; strengere Regelung u.a. für Lastwagenfahrer, Personentransport, Lokomotivführer, Piloten) Bedingung für Wiedererlangen: neurologische Konsultation mit Beurteilung regelmässiger Medikamentenein- nahme, Anfallsfreiheit, EEG-Befund Verkürzung individuell nur bei sicher provoziertem Anfall möglich CAVE Frage nach Tätigkeiten/Hobbies, die durch epileptische Anfälle auch eingeschränkt, weil zu gefährlich (z.B. Tauchen, Fliegen, Bergsteigen, Schwimmen, etc.)
Epilepsie 05 Auswahl anfallsunterdrückender Substanzen zur Ersttherapie Drei wichtige Aspekte 1. Wenn die Art des Anfalls (fokal oder primär generalisiert) nicht sicher bekannt ist, muss eine Substanz ge- wählt werden, die gegen beide Arten wirksam ist. 2. Eine medikamentöse Therapie kann auch begonnen werden, ohne dass die Diagnose einer Epilepsie bereits mit Sicherheit gestellt werden kann. 3. Für alle in aufgeführten Präparate (ausgenommen Apydan extent) gibt es Generika als kostengünstigere Alternativen. Bei nicht anfallsfreien Patienten kann ein Wechsel evaluiert werden - wichtig aber ist, dass dann im Verlauf nicht das Generikum gewechselt wird (wegen teils stark unterschiedlicher Bioverfügbarkeit des Wirkstoffes in den unterschiedlichen Präparaten). Wirkstoff Indikation Dosierung Tages- Maximaldosis Schwere NI Wichtige NW (Original- dosen präparat) Levetiracetam Fokale+ 2x500mg Aggressivi- primär 2 3000mg/d max. (Levetiracetam®, CAVE: nierenadap- 100mg/d tät, Depres- generalisier- tieren Keppra®) te Anfälle sion, Angst Fokale+ Start 25mg Tremor, Lamotrigin primär Erhöhung alle 2 700mg/d (mit Kontraindi- Wochen um 25mg, 2 ziert Hautverän- (Lamictal®) generalisier- VPA 100-300) derungen te Anfälle Ziel 100mg/d Oxcarbazepin Start 300mg (Apydan ex- Fokale Erhöhung alle 2-3d 3-4 2400mg/d Dosishalbie- Hyponatriä- tent®) Anfälle um 300mg rung mie Ziel 600mg Start 300mg Gabapentin Fokale Erhöhung alle 1-3d 3 3600mg/d Ziel Gewichtszu- (Neurontin®) Anfälle um 300mg 600mg/d nahme Ziel 900mg Gewichtszu- Valproat Fokale+ Start 300mg nahme, (Depakine primär Erhöhung alle 3-5d 2 3000mg/d / Haarausfall, chrono®, Orfiril generalisier- um 300mg Tremor, long®) te Anfälle Ziel 1200mg Teratogeni- tät Wichtigste Interaktionen Carbamazepin, Phenytoin, Barbiturate (weniger Oxcarbazepin): beschleunigter Abbau von Lamotrigin Valproat: verminderter Abbau von Lamotrigin, Phenobarbital
Epilepsie Rezidivanfall - falls eindeutig provoziert (siehe unter Allgemeines): ggf. unveränderte Therapie; ggf. mit kurzfristiger Abschirmung mit Clobazam (Urbanyl®) 3x5mg/d oder 2x10mg/d - falls nicht eindeutig provoziert: Clobazam (Urbanyl®) 3x5mg/d oder 2x10mg/d bis zur nächsten Kontrolle (dann weiterer Entscheid) oder Umverteilung der bestehenden Medikation bei klarer tageszeitlicher Häufung der Anfälle oder Dosiserhöhung (in Abhängigkeit von Ausgangsdosis und Verträglichkeit/Interaktionen) oder additive anfallsunterdrückende Therapie Ausgangsmedikament Zusatz 1 Zusatz 2 Levetiracetam (LEV) LTG OXC* Lamotrigin (LTG) LEV OXC* Oxcarbazepin* (OXC) LEV LTG Valproat (VPA) LTG LEV Gabapentin* (GBP) LTG LEV *nicht bei primär generalisierten Anfällen! Bei gesicherten primär generalisierten Anfällen (z.B. generalisierte Spike-Wave-Signale im EEG) kann Valproat als Zusatzmedikament evaluiert werden (CAVE Schwangerschaft) Epilepsie & Schwangerschaft Erstmaliger epileptischer Anfall während Schwangerschaft Levetiracetam (Dosis wie üblich) + Folsäure steigern auf 5mg/d alternativ Lamotrigin Kontraindiziert: Valproat, Topiramat Status epilepticus während Schwangerschaft Levetiracetam 2-4g i.v. Valproat Spiegel bei Hypoalbuminämie Zielbereich Gesamt-VPA 397-693 mol/l Eiweissbindung 88-92% bei normalem Albumin → Zielbereich freies VPA 40-70 mol/l (8-12% von VPAgesamt ) Berechnung individueller Zielbereich des freies VPA in Abhängigkeit von Albumin gemäss Tabelle unten Albumin g/l Freie VPA Albumin g/l Freie VPA Albumin g/l Freie VPA Albumin g/l Freie VPA Fraktion % Fraktion % Fraktion % Fraktion % 41 g/l 6.8 % 35 g/l 10.5 % 29 g/l 16.2 % 23 g/l 24.9 % 40 g/l 7.3 % 34 g/l 11.3 % 28 g/l 17.4 % 22 g/l 26.8 % 39 g/l 7.9 % 33 g/l 12.1 % 27 g/l 18.7 % 21 g/l 28.9 % 38 g/l 8.5 % 32 g/l 13 % 26 g/l 20.1 % 20 g/l 31 % 37 g/l 9.7 % 31 g/l 14 % 25 g/l 21.6 % 19 g/l 33.3 % 36 g/l 9.8 % 30 g/l 15 % 24 g/l 23.2 %
• Clonazepam (Rivotril®) 1-2mg i.v. (max. 3mg) • oder Lorazepam (Temesta®) 2-4mg i.v. (max. 6mg) ≈ • oder Diazepam (Valium®) 10-20mg i.v. (max. 30mg) 15min Stufe 1 • oder Midazolam (Dormicum®) 10mg i.m. (wenn kein i.v. Zugang und KG > 40kg) • Levetiracetam (Levetiracetam®) 2g-4g i.v. Laufzeit: 10-15min • oder Fosphenytoin (Pro-Epanutin®) CAVE: nicht bei primär generalisierten Anfällen ≈ Standard: 3 Ampullen (2250mg Fosphenytoin ≙ 1500mg Phenytoin) i.v. Laufzeit: 10min 15min Stufe 2
Transiente Bewusstseinsstörung (TLOC) insel.ch/synkope Reflexsynkope Definition TLOC Bewusstseinsverlust kurze Dauer (
insel.ch/synkope Transiente Bewusstseinsstörung (TLOC) 09 Abklärungen siehe auch Synkopen Guidelines Inselspital Ausschluss von Dringlichem Aortendissektion, STEMI, LE, Pneu, Perikardtamponade, Hypoglykämie Apparativ 12-Kanal-EKG/Telemetrie, Blutdruck (li/re), Auskultation (Systolikum?), Temperatur, ggf. Echokardio- graphie, ggf. Schellong-Test BE Troponin T, NTproBNP, D-Dimer, Glucose Red flags ? (siehe unten); je nach Red flags: Erwäge 6h kardiale Überwachung auf Notfall oder Kardio-IMC Erwäge Neurologische Notfall-Konsultation, EEG Weiterabklärung 1. Synkopensprechstunde? bei red flags/unklar/Verletzungsfolge/rezidivierend 2. Erwäge Echokardiographie, Langzeit EKG/implantierbarer Ereignisrekorder, Koronarangiographie, Kipp-Tisch-Untersuchung Red flags → sofortige Weiterabklärung, ggf. stationär (aus ESC Guidelines 2018) Klinisch Major Kriterien Minor Kriterien (Einstufung als Major falls zusätzlich Neuartiger Brustschmerz, Atemnot, Bauchschmerz, strukturelle Herzerkrankung oder abnormes EKG) Kopfschmerz Keine Warnsymptome oder nur kurze (
Kopfschmerz www.ichd-3.org/de Anamnese Details siehe Kopfschmerzfragebogen Wie viele Kopfschmerztypen Begleitsymptome? Typ liegen vor? (zu jedem differen- Begleitsymptome Kranioautonome Symptome? zierte Anamnese) Aurasymptome? Beginn wann? Triggerfaktoren? Zeitlicher Wie schnell begonnen? Ablauf Ursachen/Trigger Begleiterkrankungen? Wie oft auftretend? Familienanamnese? Wie lange anhaltend? Was verstärkt KS? (Husten, Lage, …) Lokalisation Wo? Verhalten Was lindert KS? (Lage, Ruhe, …) Ausbreitung? Was macht Patient während KS? Was? Schmerzcharakter? Wie oft? Charakter Schmerzstärke (NRS)? Medikation Dosis? Nutzen? Red flags für sekundäre Kopfschmerzen Donnerschlagkopfschmerz Alter >50 Erstmaliger Kopfschmerz Onkologische Vorgeschichte systemisch Anamnese Veränderter bekannter Kopfschmerz Immunsuppression Positionsabhängiger Kopfschmerz Schwangerschaft Kopfschmerzen Verschlechterung bei Niesen, Husten, An- Anamnese Neue Medikamente strengung B-Symptomatik Erstmalige oder veränderte Aura Zunehmender Kopfschmerz Neuer Dauerkopfschmerz Systemische Zeichen inkl. Fieber Streng einseitiger Kopfschmerz Vigilanzstörung Streng umschriebener Kopfschmerz Verwirrtheit Meningismus Klinische Befunde Neurologisches Defizit Neurologische Ausfälle Papillenödem Anamnese Allgemein Kranioautonome Zeichen Einseitige Augenrötung Nüchternerbrechen Bläschen im Gesicht Epileptische Anfälle Horner-Syndrom Diagnostik akute Bildgebung bei potentiell akuter gefährlicher Ursache (siehe Red flags) Donnerschlagkopfschmerz: CT innert 6 Stunden (Sensitivität sinkt danach; CAVE falsch negative Befunde bei erniedrigtem Hämatokrit) oder MRI; falls Bildgebung negativ (bei 2-5% falsch negativ!): Liquorpunktion Liquorpunktion zum Ausschluss entzündliche Genese + zum Ausschluss erhöhter Liquordruck nach unauffälliger Bildgebung Wiederholung Bildgebung bei bekannten Kopfschmerzen und Neuauftreten von Red flags Nachkontrolle Immer Kopfschmerzkalender mitgeben Nachkontrolle: erstmalig, benigne: Hausarzt wiederholte KS < 4 Monate: Neurologe wiederholte KS > 4 Monate: Kopfschmerzsprechstunde unklare Diagnose, komplexes Bild: Nachkontrolle nach 2 Wochen (Kopfschmerzsprechstunde oder Notfall- Fellow und Supervision durch Kopfschmerzsprechstunde)
www.ichd-3.org/de Kopfschmerz 11 Migräne Diagnosekriterien Migräne ohne Aura Mind. 5 Kopfschmerzattacken mit: Dauer 4-72h 2 von: einseitig, pulsierend, mittel bis sehr stark (VAS 4-10), Verschlechterung durch körperliche Aktivität 1 von: Nausea/Erbrechen, Photo-/Phonophobie Migräne mit Aura Mind. 2 Attacken mit: min. 1 reversibles Aura-Symptom aus: visuell, sensibel, Sprache/Sprechen, motorisch, Hirnstamm, retinal mind. 3 von: Ausbreitung Aurasymptome über ≥5min, zwei oder mehr Aurasymptome treten hintereinan- der auf, Dauer der Aura 5-60min, mind. ein Aurasymptom ist unilateral, mind. ein Aurasymptom ist positiv, Aura ist begleitet oder gefolgt von Kopfschmerz innert 60min Akuttherapie am Notfall Acetylsalicylat 1000mg i.v. oder Metamizol (Novalgin®) 1000mg i.v. Sumatriptan (Imigran®) 6mg s.c. oder 10-20mg nasal oder Zolmitriptan (Zomig®) 5mg nasal Status migränosus: Prednisolon (Spiricort®) 100mg 1-0-0 p.o. für 3 Tage Prophylaxe + Attackentherapie für zu Hause Akuttherapie Acetylsalicylat 1000mg oder Ibuprofen 400-800mg + Domperidon (Motilium®) 10mg Triptan: z.B. Sumatriptan 50mg p.o., Zolmitriptan (Zolmitriptan®, Zomig®) 2.5mg p.o., Almotriptan (Almogran®) 12.5mg p.o. Prophylaxe (bei mehr als 3 Anfällen oder 5 Tagen/Monat, schwere oder lang anhaltende Attacken) Aerobes Ausdauertraining mind. 3x/Woche 45min, Entspannungsübungen First-Line-Medikamente: Betablocker (z.B. Propranolol 40-240mg/d), Topiramat 2x50mg/d, Flunarizin 5-10mg/d Spannungskopfschmerz Diagnosekriterien Episodischer Spannungskopfschmerz Mind. 10 Kopfschmerzattacken mit: Dauer 30min-7 Tage 1 von: bilateral, drückende oder ziehende Qualität, leicht bis mittel, nicht aggraviert durch körperliche Routineaktivität Keine Nausea oder Erbrechen max. 1 aus: Photophobie, Phonophobie Akuttherapie am Notfall Acetylsalicylat 1000mg i.v. oder Metamizol (Novalgin®) 1000mg i.v. Prophylaxe + Attackentherapie für zu Hause Akuttherapie: Acetylsalicylat 1000mg, Ibuprofen 400-800mg Prophylaxe: Ausdauersport, Biofeedback, Entspannungsübungen; Amitriptylin 25-150mg/d, Venlafaxin 75-150mg/d
Kopfschmerz & Gesichtsschmerz www.ichd-3.org/de Clusterkopfschmerz Diagnosekriterien Mind. 5 Kopfschmerzattacken mit: Starker oder sehr starker Schmerz unilateral orbital, supraorbital oder temporal, Dauer 15-180min Ipsilateral zum KS 1 von: konjunktivale Injektion, nasale Kongestion/Rhinorrhoe, Lidödem, Schwitzen, Miosis/Ptosis Gefühl der Unruhe oder Agitation Auftreten täglich bis 8x/Tag Akuttherapie am Notfall Inhalation 100% O2 über Maske 10-12l/min, 10-15min lang Sumatriptan (Imigran®) 6mg s.c., Zolmitriptan (Zomig®) 5mg nasal Episodenkürzung: Prednisolon (Spiricort®) 100/75/50/25mg p.o. pro Tag für je 5 Tage Prophylaxe + Attackentherapie für zu Hause Akuttherapie Sumatriptan (Imigran®) 20mg nasal, Zolmitriptan (Zomig®) 5mg nasal Heimsauerstoff Prophylaxe Verapamil 240-720mg/d (EKG-Kontrolle) Topiramat 100-200mg/d Trigeminusneuralgie Diagnosekriterien Klassische Trigeminusneuralgie Paroxysmale Schmerzattacken, die einen oder mehrere Äste des N. trigeminus betreffen mit A. Dauer Bruchteile einer Sekunde bis zu 2 Minuten B. Starke Intensität C. Elektroschockartig, schussartig, stechend oder spitz D. Auslösbarkeit durch harmlose Stimuli im Trigeminusgebiet Symptomatische Trigeminusneuralgie Wie oben, zusätzlich: mit oder ohne Dauerschmerz zwischen den Paroxysmen Nachweis ursächliche Läsion anders als vaskuläre Kompression Akuttherapie am Notfall Fosphenytoin-Aufsättigung i.v., danach Phenytoin p.o. 100-300mg/d im Einzelfall ggf. Steroidstoss oder Rivotrilperfusor unter stationären Bedingungen Prophylaxe + Attackentherapie für zu Hause Carbamazepin (nach HLA-Testung): 200–400 mg (ältere Patienten: 100–200 mg) retardiert (Tegretol CR®, Timonil ret®), Steigerung um 100–200 mg alle 5 Tage bzw. 50 mg täglich (Compliance!) bis 800 mg, bei Bedarf bis 1600 mg bzw. Verträglichkeitsgrenze (Serum-Spiegelkontrollen) Oxcarbazepin (Apydan extent®, Trileptal®): Aufdosierung wie Carbamazepin, Zieldosis 900-1800mg/d, CAVE Hyponatriämie (Kontrolle v.a. in den ersten 3 Monaten)
Liquorzirkulationsstörungen 13 Idiopathische intrakranielle Hypertension Diagnosekriterien A) Symptome erhöhten Liquordrucks i.d.R. mit Stauungspapille B) Erhöhter Liquordruck in Seitenlage mit gestreckten Beinen > 25cmH2O C) Normaler biochemischer und zellulärer Liquorbefund D) Ausschluss strukturelle oder vaskuläre Läsionen im MRI E) Keine relevante Medikation und keine andere identifizierbare Ursache Abklärungen Medikamtenanamnese, inbesondere Tetrazykline, Nitrofurantoin, Nalidixinsäure, Retinoide (Vitamin-A-Mangel und -Überdosierung), Danazol, Lithium, Tamoxifen, Indometacin, Wachstumshormon, Alpha-Interferon, Cyclosporin, Cimetidin und Amiodaron Gewichtszunahme? Endokrine Störung? Schlaf-Apnoe-Syndrom? MRI: Abflusstörung? Fistel? Optische Kohärenztomographie wenn möglich vor LP, ggf. Opikusscheiden-Sonographie Therapieoptionen Stufe 1: Gewichtsreduktion + Acetazolamid (2x500mg/d, max. 2000mg/d, ggf. + Furosemid 30-80mg/d); alternativ Topiramat (25-100mg/d) Stufe 2: Wiederholte LP bis Liquordruck
Erregerbedingte Meningitis & Enzephalitis ja Empirische Bewusst- Schädel CT Lumbalpunktion BE inkl. Leuk- Therapie (s.u.) seinsstörung falls kein Anhalt Diff + 3x2 BK, für erhöhten ICP oder fokal- Procalcitonin nein neurologi- (viral < 0.5ng/ml) Lumbal- Empirische sche Ausfälle punktion Therapie (s.u.) Time is brain!!! * typische Befunde Bakterielle Meningitis Virale Meningitis/Enzephalitis Meningo-/Enzephalitis ambulant erworben Borrelien/Listerien/Tbc/Fungal Beginn Fulminant Stunden bis 1-3 Tage Akute-subakut über Tage Subakut Klinik Fieber, Kopfsz, +/- Meningismus Kopfsz, Meningismus, verän- Kopfsz, Meningismus, verän- CAVE Ker- (), Nausea/Erbrechen, Photopho- derter Mentalstatus, Vigilanz- derter Mentalstatus, Vigilanz- nig+Brudzins bie, veränderter Mentalstatus, minderung, epileptische minderung, epileptische ki Sensitivi- Vigilanzminderung bis Koma, Anfälle, neurologische Defizi- Anfälle, neurologische Defizite, tät 5% fokal-neurologische Defizite te, Fieber Fieber sofort Tröpfchen bis 24h nach Tbc: bei V.a. Lungen- oder Isolation Antibiotika-Beginn o. Meningo- Keine Miliartuberkulose kokken-Schnelltest (=Biofire) neg! Lumbal- Zellzahl, Glucose, Lactat, Protein, punktion allg. Isoelektrische Fokussierung und OKB, Glucose Liquor/Serum-Index (Abnahme Serum bei LP) Liquor Liquorkultur + gram Färbung + Biofire Serologie HIV, FSME Erreger- Serum/Liquor-Index Borrelien, Treponemen diagnostik (Biofire= N. meningitidis, S. pneumoniae, L. monocytogenes, H. influenzae, Cryptococcus neofor- mans/gatii, HSV 1 und 2, VZV, CMV, Enterovirus, HHV 6, Parechoviren) CAVE HSV in ersten 72h ggf. falsch negativ wenn Biofire Liquor PCR: HSV 1+2, VZV Liquor PCR: HSV 1+2, VZV, immer Einzelerregernachweis nicht möglich Enteroviren Liquor * 4-1000, selten bis 4000 Borrelien 50-100 Neutro 1000, 14% 100-999, 7%50% Listerien > 100 Neutro ~ 50% Neutrophile% Neutrophile >80% spät 3.9mmol/l sensitiver als < 2g/l l Glucose normal Listerien > 0.5g/l l normal GlucoseIndex ZZ! Tbc > 1g/l l erniedrigt Fungal variabel l erniedrigt Beginn Ther. Innert 1h (max 3h) Innert max 6h Empirische Therapie Borrelien: Doxycyclin (Doxycyclin®) 200mg/d p.o.® Dexamethason 10mg i.v. 6-stündlich für 4d oder Ceftriaxon (Rocephin ) (bis Pneumokokken Schnelltest negativ) 2g/d i.v. für 14d Therapie + Ceftriaxon (Rocephin®) 2x2g/d i.v. Listerien: Amoxicillin antibiotika. + (Amoxicillin®) 6x 2g/d i.v. insel.ch Amoxicillin (Amoxicillin®) 6x 2g/d i.v. + TMP-SMX 3x5mg/kgKG i.v. ® + für 3 Wochen Aciclovir (Zovirax ) 10mg/kg KG 8-stündlich Tbc + Fungal: Rücksprache Rücksprache Infektiologie Infektiologie Immun- Rücksprache Infektiologie für Diagnostik und Therapie defizient? Aufnahme IB oder IMC Station oder IMC Station oder IMC Meldepflicht Meningokokken, Pneumokokken FSME Tbc Chemopro- Nur Meningokokken: phylaxe Ciprofloxacin 1x500mg Postexpos. (Kinder: antibiotika.insel.ch) Fokussuche Mastoiditis? Endokarditis? SVT? Frühe Sanierung!
Erregerbedingte & autoimmune Meningitis/Enzephalitis 15 Hirndruckbehandlung bei schweren Meningo -/Enzephalitiden Bei schweren Verläufen und möglichem Hirndruck, v.a. bei bestehender Bewusstseinsminderung: frühzeitiges Monitoring und aggressive Therapie Ziel: ICP < 20mmHg, zerebraler Perfusionsdruck >50mmHg Therapieoptionen Osmotherapie mit Mannitol 0.5-2g/kg KG oder hypertonen Infusionslösungen Hyperventilation EVD Kraniektomie DD infektiös/autoimmun je nach Lokalisation Infektiös Autoimmun Neisseria meningitidis, Streptococcus pneumoniae, Listeria monocytogenes, Gram-negative Bakterien, Coagulase neg Neurosarkoidose, IgG-4, Rheu- Meningen Staphylococcen, Staphylococcus aureus, Haemophilus in- matoide arthritis, GFAP fluenzae, Treponema pallidum, HSV-2, Enteroviren Limbisches NMDA, LGI-1, AMPA, GABA2, System/ HSV-1, HHV6/7, CJD, Mycobacterium tuberculosis Temporallap- Amphiphysin, ANNA1, CRMP5, pen Ma2, Susac Listeria monocytogenes, Mycobacterium tuberculosis, Trepo- MS, NMO, Behcet, Neurosarkoi- Hirnstamm nema pallidum, Brucella, Tropheryma whipplei, Blastomyces dose, ANNA-1, ANNA-2, Ma2, dermatitidis, HSV1/2, VZV, HIV, PML, EV71, Arboviren, Aspergil- lus CLIPPERS, GQ1b, Susac Respiratorische Viren (Influenza, Parainfluenza, Adenovirus, NMDA, CRMP5, ANNA-1, Neurexin Thalamus/ RSV), Arboviren, CJD, Mycobacterium tuberculosis, Toxoplas- 3a, LGI-1, GAD65, Anti- Basalganglien mose, Cryptococcus, FSME Phospholipid Ak Syndrom, Sjögren PCA-1, PCA-2, GAD-65, VGCC, mGluR1, Septin-5 Cerebellum VZV, EBV, PML, Influenza postinfektiös: EBV, Influenza A/B, Mumps, VZV, Rotavirus, Echovi- rus, M. pneumoniae Longitudinale Treponema pallidum, Brucella, S. pneumoniae, M. tuberculosis, NMO, ADEM, MOG, NS, SLE, extensive VZV, EBV, WNV, EV-71, EV-D86, Hepatitis C, HTLV-1, Rabies, Sjögren, CRMP5, ANNA1, Amphip- Myelitis Gnathostoma spinigerum, Mycoplasmen parainfektiös hysin Hinterstränge Treponema pallidum, VZV, Malaria, PML MS, NMOSD Centrales HSV-2, HSV-1, CMV, Treponema pallidum, Mycobacterium Neurosarkoidose Myelon tuberculosis, Schistosomiasis, Mykosen WNV, EV-71, EVD68, Coxsackievirus A16/B2/B4/A9, Echovirus, Vorderhorn NMOSD, FSME Poliovirus, VZV, Zika, Borrelia burgdorferi Conus HSV-2, HSV-1, CMV, Treponema pallidum, Mycobacterium medullaris/ Neurosarkoidose tuberculosis, Schistosomiasis, Mykosen Cauda equina angepasst nach Bradshaw & Venkatesan Semi n Neurol 2019
Autoimmune & paraneoplastische Enzephalitis Diagnostik MRI, Liquorbasisdiagnostik 1. DD ausschliessen: insbesondere infektbedingte Genese (u.a. HSV, HHV-6); weitere DD Gliom, Neurosyphilis, Whipple, HIV, CJD, Mitochondriopathie, SLE, Behcet, Sjögren, cerebrale Vaskulitis 2. Antikörperdiagnostik bei weiterbestehendem Verdacht Labor Block „Limbische Encephalitis“: LgI1, CASPR2, NMDA, AMPA-R1/R2, GABA-R B1/2 Labor Block „Paraneoplastische Antikörper“: ANNA-1, ANNA-2, PCA-1, Ma-1, Ma-2 Laborblock „Cerebellum“: anti-neuronale nukleäre Antikörper, Purkinje-Zell-Antikörper (Affencerebellum) Ak in Liquor + Serum bestimmen (insb. NMDA Ak häufig falsch negativ in Serum) Diagnosekriterien Mögliche autoimmune Enzephalitis (wenn alle 3 Kriterien erfüllt) 1) Subakuter Beginn ( 5 Zellen/mm3 MRI-Befunde hinweisend für Enzephalitis 3) Ausschluss von DD Definitive autoimmune Enzephalitis (wenn alle 4 Kriterien erfüllt) 1) Subakuter Beginn ( 5 Zellen/mm3 Im EEG epilepsietypische Potentiale oder Verlangsamungsherd im Bereich des Temporallappens 4) Ausschluss von DD Therapie Absprache mit Neuroimmunologie-Team 1. Wahl Methylprednisolon (Solumedrol®) i.v. 1000mg/d für 5d, und/oder Plasmaaustauschverfahren (Plasmapherese/Immunadsorption) 5-7 Zyklen, je nach Verträglichkeit täglich oder jeden 2. Tag und/oder Immunglobuline i.v. 0.4g/kg KG/d für 5d (wenn möglich nicht vor Plasmapherese) 2. Wahl: Rituximab i.v. 1000mg 1x und 1x nach 2 Wochen oder Cyclophosphamid Körperoberfläche x 800mg i.v. Steroidresponsive Enzephalopathie mit Autoimmunthyreoi- ditis SREAT Diagnosekriterien (sicher, wenn alle 6 Kriterien erfüllt) 1) Enzephalopathie mit epileptischen Anfällen, Myoklonus, Halluzinationen, stroke-like Episoden 2) Subklinische oder leichte symptomatische Schilddrüsenerkrankung (meist Hypothyreoidismus) 3) MRI Gehirn normal oder unspezifische Befunde 4) Nachweis von Thyreoperoxidase- oder Thyreoglobulin-Ak 5) Fehlender Nachweis von anderen bekannten neuronalen Ak in Serum und Liquor 6) Ausschluss von DD
Autoantikörper assoziierte Erkrankungen 17 Antikörper Zellmembran-assoz. + synaptischer Antigene Muskel: Myasthenie, ganglionär: Encephalopathie, autonome Muskel: Thymon, ganglionär: AChR Dysfunktion, epilept. Anfälle, Neuropathie Mamma, Prostata, Bronchial, GIT 70%; Thymus, Lungen-Ca, Adeno-Ca AMPAR Limbische Enzephalitis, Nystagmus, psychiatrisch Mamma Optikus-Neuritis, longitudinale transverse Myelitis, Enzephalopathie, 5-20%; Mamma, Bronchial, Thymus, AQP4 Area postrema-Syndrom B-Zell Lymphom CASPR2 Isaac Syndrom, Morvan Syndrom, limbische Enzephalitis Thymom Enzephalitis, Schlafstörung, Myoklonus, Hyperekplexie, Ataxie, DPPX Unklar Dysautonomie, GIT Motilitätsstörung Status epilepticus, Psychose, Verhaltensauffälligkeiten, orolinguale Thymom, kleinzelliges Bronchial-Ca, GABA-A Rez Dyskinesien + Chorea, Stiff-Person, Opsoklonus Rektal-Ca 50%; Kleinzelliges Bronchial-Ca, GABA-B Rez Limbische Enzephalitis, Status epilepticus, orolinguale Dyskinesien Neuroendokrine Neoplasien Progressive Enzephalomyelitis, Rigidität, Myoklonus, Störung GlyR Okkulomotorik, Dysautonomie, Hyperekplexie, respiratorisches Thymom, Mamma-Ca, Hodgkin Versagen, Optikusneuritis Non-REM Parasomnie, REM Behev Dis, Apnoe, Stridor, Dysphagie, IgLON5 Unklar kognitiver Abbau, Ataxie, Chorea Limbische Enzephalitis, 60% Hyponatriämie, faziobrachiale dystone
Multiple Sklerose McDonald Kriterien 2017 Grundbedingung Vorliegen einer typischen klinischen Präsentation, die auf ein erstes demyelinisierendes Ereignis hinweist! Ausschluss anderer Erkrankungen Standard BE: Diff-Blutbild, Serumchemie (Leber, Niere, Elyte, CK), CRP, TSH, ANA, p-/c-ANCA, APLA (Cardiolipin, Beta2- Glykoprotein IgG/IgM), HbA1c, Vitamin B12 (=HoloTC), Folsäure im Ery, Urinstatus, Hepatitis B+C, HIV, Borrelien, Treponemen, aPTT, INR/Quick (vor LP) Standard Liquor: gesamte Routine inkl. OKB und Reiberschema für alle 3 Klassen (IgG, IgA, IgM) Schubförmig-remittierende Multiple Sklerose (relapsing-remitting MS, RRMS) Nachweis der räumlichen Dissemination per MRI Nachweis der zeitlichen Dissemination per MRI Nachweis von mind. 1 Läsion in mind. 2 der Nachweis einer neuen Läsion im Vergleich zu einem frühe- folgenden 4 Lokalisationen: ren MR Scan (unabhängig von den Untersuchungszeitpunk- Periventrikulär (Einschränkung: ältere Pat., ten oder deren Abstand) abwägen, ob vaskuläre Komponente wahr- oder scheinlicher) Nachweis mind. einer KM-aufnehmenden und mind. einer Kortikal / juxtakortikal nicht-KM-aufnehmenden Läsion in einer MR-Untersuchung Infratentoriell oder Rückenmark Nachweis liquorspezifischer oligoklonaler Banden (Typ 2- oder Typ 3-Muster) Zwischen symptomatischen und asymptomatischen Läsionen muss nicht unterschieden werden. Primär-progrediente Multiple Sklerose (primary progressive MS, PPMS) Grundbedingung Vorliegen von mindestens 1 Jahr Krankheitsprogression (prospektiv oder retrospektiv) Ausschluss anderer Erkrankungen Zusätzlich Erfüllung von 2 der folgenden 3 Kriterien ≥1 Läsion in ≥1 Region (periventrikulär, juxta-/kortikal, infratentoriell) ≥2 Läsionen spinal Nachweis liquorspezifischer oligoklonaler Banden (Typ 2- oder Typ 3-Muster) Anmerkung McDonald-Kriterien dienen früher Diagnosestellung und ermöglichen den Nachweis der räumlichen+zeitlichen Dissemination ohne Zuwarten eines 2. Schubereignisses → hohe Sensitivität, geringere Spezifität; falls klinische Grundbedingung nicht erfüllt: hohes Potential von Fehldiagnosen! Die McDonald-Kriterien sind nicht als differentialdiagnostisches Instrument geeignet. Erweiterte Untersuchung bei Vorhandensein von Red flags 50 Jahre epileptischer Anfall Klinische rezidivierende Aphten Fieber Red flags bek. rheumatische Erkrankung Familienanamnese einer monogenetischen bek. Tumorerkrankung Erkrankung bek. chron. Infektion, Kopfschmerz perakuter Beginn Laborchemische systemische Entzündungszeichen ausgeprägte Laborentgleisungen (z.B. Hypogly- Red flags kämie, Elektrolytstörungen) Liquorchemische >50 Zellen/ul intrathekale IgA Synthese (nur 5% bei MS) oder Red flags granulozytäres Zellbild 3-Klassen-Reaktion (IgG, IgA und IgM Synthese) deutliche Proteinerhöhung (>1 g/l) prominente Affektion der grauen spinale Läsion von ≥ 3 Segmenthöhen (DD MRI Substanz NMOSD) Red flags bilaterale Optikusbeteiligung (DD tumefaktive Läsion (isoliert) NMOSD) Beteiligung der Meningen/ basale Meningitis Erweiterung der Untersuchungen je nach Red flags (ggf. auch Erweiterung der Liquordiagnostik!) Labor: anti-ds-DNS, „Zellkern-screen“, Rheumafaktor, ACE / lösl. IL-2-Rezeptor (auch im Liquor), HTLV-1- und Mykoplasmen-Serologien, Bartonellen-Serologie, Quantiferon-Test, FSME-Serologie, Genetik (CADASIL u.a., nicht im Notfall!); V.a. NMOSD (Neuromyelitis optica Spektrumerkr.): AQP4- und MOG-IgG im Serum, nicht im Liquor Röntgen-Thorax, weitere Organbildgebungen Zytologie und FACS-Analyse in der Liquordiagnostik niederschwellig erwägen (kann nur erfolgen, wenn Liquor innerhalb 1h im Labor/Pathologie ist! Sonst nicht verwertbar) Akut-infektiöse Genese: Fokussuche, Blutkulturen, Erregersuche in der Liquorchemie nicht vergessen (z.B. Borre- lien, Herpesviren, Biofire, Bakteriologie etc.)! Niederschwellige Rücksprache mit Neuroimmunologischem Team!
Multiple Sklerose 19 Schubereignis Definition Neu aufgetretenes neurologisches Defizit über die Dauer von mind. 24h, unabhängig von einer Erhöhung der Körpertemperatur / dem Vorliegen eines fiebrigen Infekts (Uhthoff-Phänomen), nicht durch anderweitige Ursache erklärt. Üblicherweise kontinuierlich (mit gewissen Schwankungen) präsent, selten auch eindeutig paro- xysmale Symptome (z.B. tonische Hirnstammkrämpfe), jedoch keine sekunden- oder minutenweise auftretenden, schwer objektivierbaren Phänomene. Anamnese und Diagnostik Abfrage des Symptombeginns und Dokumentation desselben zwingend erforderlich! Erstdiagnose s. oben (Ausschluss anderer Erkrankungen!) Bei bekannter MS: Ausschluss akuter Infektion, ggf. Fokussuche (Uhthoff-Phänomen?), Kontraindikation für Steroide? Abfrage der Immuntherapie und Risikofaktoren: DD PML zu erwägen? (v.a. Natalizumab, anderweitige Immunsup- pression ausserhalb der MS-Therapie?) Dokumentation der Schubschwere per EDSS und functional system scores (s. Neuroimmunologie-Ordner) MRI: bei klarer klinischer Präsentation kann die Schubtherapie in Absprache mit dem Neuroimmunologie-Team ohne MRI gestartet werden (und dann elektive Bildgebung, lediglich KM-Aufnahme dann nicht mehr verwert- bar), bei Red flags/unklarer Situation sollte ein MRI der vermuteten Zielregion vor Schubtherapie erfolgen Primärtherapie → i.v. Steroidpuls mit Methylprednisolon (SoluMedrol) 1g pro Tag über 3 Tage (ggf. Verlängerung auf 5 Tage im Verlauf) mit Magenschutz und ggf. Thromboseprophylaxe, ggf. auch Schlafsicherung Wo? Stationär bei erster Gabe; bei bekannter guter Verträglichkeit wenn möglich ambulant: Inselspital: Steroidgabe am Wochenende im FastTrack, Mo-Fr im FANI (Anmeldung per Formular unter L:\NRLK_FORMULARE_AERZTE\diverse Anmeldungen an fanp@insel.ch, dringlich per Tel 29093; falls Anmeldung am Wochenende für Montag wird Patient am Montag telefonisch über Termin informiert) oder in wohnortnahem Spital / durch HA CAVE Ausschluss von Kontraindikationen und Abfrage vorheriger Verträglichkeit von hochdosiert Steroiden Alternativ– und Sekundärtherapie bei Kontraindikationen oder vorherigem Nicht-Ansprechen auf Steroidtherapie/n kann ein primäres Austausch- verfahren (Plasmapherese, Immunadsorption) in Absprache mit dem neuroimmunologischen Team (Kontakt s. digitales schwarzes Brett) erwogen werden in Ausnahmefällen kann eine orale Schubtherapie (Medrol-Tabletten, 500-1000mg pro Tag an 3-5 Tagen) erwo- gen werden; bei klar behindernden Symptomen wird davon klar abgeraten; auf die mindestens gleiche bis sogar höhere Nebenwirkungsrate ist unbedingt hinzuweisen, die Ko-Medikation sollte wie bei i.v. Gabe erfolgen Nachkontrolle nach Schubereignis Allgemein zeitnahe Nachkontrolle in der neuroimmunologischen Sprechstunde (casemanagement@insel.ch) Die Dringlichkeit ist von der klinischen Präsentation und dem individuellen Patienten abhängig zu machen (erweiterte Schubtherapie inkl. Plasmapherese erforderlich? Beginn der Symptome wann? Grosse Verunsicherung des Patienten / der Familie?) 1– max. 2 Wochen nach Therapie, je nach Schwere des Ereignisses; bei Austauschverfahren nach 5. Sitzung via Neuroimmunologie-Sprechstunde oder ggf. über FastTrack Notfall Fellow falls nicht im ANZ organisierbar BEACHTE Effekt der Schubtherapie ist innerhalb von ca. 8 Wochen nach Symptombeginn (!) am grössten, daher muss die zügige Nachkontrolle vom Notfall aus an die Neuroimmunologie-Sprechstunde übergeben werden!
Multiple Sklerose & Radiologisch isoliertes Syndrom Infekt unter MS-Immuntherapie Fokussuche und Infektsanierung nach internistischen Standards Pausieren der Immuntherapie: i.d.R. nicht erforderlich und auch nicht sinnvoll Ausnahme: schwere systemische Infektionen, u.U. mit sekundären Immunphänomenen und Organbeteiligungen, bei denen ein Zusammenhang zum Medikament angenommen werden muss. Beispiele: systemische Herpesvirus- assoziierte Infektionen, Listerien-assoziierte Infektionen, JC-Virus-assoziierte Progressive Multifokale Leukenzepha- lopathie (PML). Insbesondere im Falle einer PML bei Therapie mit monoklonalen Antikörpern ist eine beschleunigte Elimination per Immunadsorption zu diskutieren (in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der letzten Verabreichung). Kontaktaufnahme mit dem neuroimmunologischen Team (Kontakt s. digitales schwarzes Brett) jederzeit möglich und erwünscht! Radiologisch isoliertes Syndrom RIS Definition Der Begriff RIS beschreibt MRI-Veränderungen, welche die Kriterien mind. der räumlichen, ggf. auch der zeitlichen Dissemination erfüllen, bei Patienten, bei denen kein klinisches Ereignis vorliegt, welches die Kriterien eines Schubereignisses erfüllt, oder ein Verlauf, der auf eine PPMS hinweist. Diagnosekriterien Mit den sehr sensitiven McDonald Kriterien 2017 ergeben sich sehr viele, formal als RIS einzuordnende MRI- Befunde. Die vorgeschlagene Klassifikation von Okuda (Neurology 2009) ist in diesem Kontext sehr hilfreich: Vorhandensein inzidenteller ZNS-Anomalien der weissen Substanz mit folgenden MRI-Kriterien: ovoide, gut umschriebene, homogene Foci mit oder ohne Einbezug des Corpus callosum T2-Hyperintensitäten von mind. 3mm Durchmesser, welche die Barkhof-Kriterien (mind. 3 von 4) für die räumliche Dissemination erfüllen (Barkhof Brain 1997) die MRI-Anomalien entsprechen nicht einem vaskulären Muster keine Vorgeschichte schubverdächtiger, neurologischer Ereignisse die MRI-Anomalien erklären keine bestehenden klinischen Funktionseinschränkungen die MRI-Anomalien können nicht auf Einfluss von Substanzen (Drogenmissbrauch, toxische Einflüsse) oder andere medizinische Konditionen zurückgeführt werden Ausschluss von MRI-Phänotypen suggestiv für Leukariose / extensive Pathologie der weissen Substanz ohne Einbezug des Corpus callosum MRI-Anomalien sind nicht durch einen anderen Erkrankungsprozess besser erklärt Therapie Bislang gibt es keine Evidenz, Patienten mit RIS zu behandeln. Nachkontrolle Zuweisung in neuroimmunologische Sprechstunde (Bestimmung des Zeitpunktes erfolgt durch die Triage der Sprechstunde)
Bewegungsstörungen & DBS 21 Allgemeines laborspezifische Empfehlungen bei Parkinson/Dystonie/Chorea/Myoklonie/Stiff Person etc.: thalamus.insel.ch CAVE Medikation zu vermeiden bei M. Parkinson: Metoclopramid und Haloperidol (Dopaminrezeptor-Antagonist → Verstärkung der extrapyramidalen Symptome); alternativen: Domperidon resp. Clozapin Stimulatoren und Pumpen Neurostimulatoren Abfrage s. Anleitung unter thalamus.insel.ch, Hersteller Medtronic, 24h Notruf 0800 633 333 Operationen bei Neurostimulatoren: Diathermie ist strikt verboten! Kauterisation nur bipolar zwischen zwei Kauterisierungs-Spitzen; Erdung zwischen Ort der Kauterisierung und dem implanierten Material mit möglichst weitem Abstand zum Implantat; nur minimal erforderliche Energie; Neurostimulator kurz vor OP aus Sicherheitsgründen abstellen und in der Ausleitung wieder anstellen Duodopa-Pumpe Hersteller Abbvie +41 399 15 00, 24h Notruf 0800 20 40 88 Apomorphin-Pumpe Hersteller Licher MT +49 5130 5833 100, 24h Notruf +49 172 670 02 72 Akinetische Krise CAVE lebensbedrohlicher Zustand (CK Erhöhung Nireninsuffizienz, Thrombophlebitis, Lungenembolie, Pneumonie, Harnwegsinfekt, Sepsis) → Behandlung unter intensivmedizinischen Bedingungen Auslöser Dehydrierung, Infekt, Einnahmefehler, Gabe Neuroleptika (außer Clozapin), Störungen Resorption Therapie Allgemein: Thromboseprophylaxe, Hydrierung, Behandl. Hyperthermie, Stuhlregulation, Rhythmisierung Tag/ Nacht mit Clozapin (Leponex®) Start 12.5mg bei elektiven OP, Schluckstörungen usw.: Berechnung L-DOPA-Äquivalenzdosis gemäss Schema thalamus.insel.ch Madopar LIQ über Nasen- bzw. Magensonde alle 2h, Dosierung 150% der errechneten L-DOPA-Äquivalenzdos. Alternativ/bei Vorliegen gastrointestinaler Resorptionshindernisse: parenterale Medikamentengabe Rotigotin (Neupro®) transdermal + Domperidon 3 x 20 mg bis 3 x 30 mg (CAVE QT-Zeit↑, Torsade de pointes) Amantadin (PK-Merz®) 1x500ml i.v. über 3h (max. 55 Tropfen/min) CAVE Delirrisiko, QT-Zeit↑ Apomorphin s.c. (hier bitte Team des ZfB kontaktieren) + Domperidon 3 x 20 mg bis 3 x 30 mg (siehe oben) Akute Hyperkinesien Dyskinesien bei M. Parkinson → Fraktionierung von L-DOPA: Reduktion der Einzeldosis auf minimal wirksame Dosis, Einnahmeintervall verkürzen bis auf 2-stündlich (fehlende Dopaminspeicher mit Zunahme Erkrankung → Serumspiegel L-DOPA korreliert mit Dopaminkonzentration in Synapse), MAO-B Hemmer und COMT Hemmer, Stopp L-DOPA Retardpräparate (da Resorption unzuverlässig), Amantadin (antidyskinetische Wirkung), ggf. Apomorphinpumpe (Beizug Team ZfB) Status dystonicus mögliche Auslöser: Infekt, Veränderungen der Medikation, Defekt des Neurostimulators → Beseitigung möglicher sekundärer Ursachen, Überprüfung Neurostimulator → Anticholinergika, BZD, Baclofen, CBZ, bei unzureichender Besserung Baclofen intrathekal / Sedation erwägen Akute Dystonie → Biperiden (Akineton®) 5mg i.v., dann p.o. für 3-7d Myoklonus → Clonazepam (Rivotril®) i.v., Valproat (Orifil®) i.v., Levetiracetam (Levetiracetam®) i.v. Chorea/Ballismus Ausschluss sekundärer Ursachen insbesondere bei Hemichorea (Hypo- oder Hyperglykämie, Lupus erythematodes, Antiphospholipid-Syndrom, Sydenham-Chorea, HIV, fokale Basalganglienläsion durch Stroke) → bei Sturzgefahr Haloperidol kurzeitig (Ballismus i.d.R. zeitlich limitiert), langfristig Tetrabenazin (CAVE Induktion von Depression)
Amnesie Amnesie DD transiente globale Amnesie Enzephalitis transiente epileptische Amnesie Ischämie/Blutung/Entzündung thalamisch/hippocampal Wernicke-Enzephalopathie Venenthrombose posttraumatisch Typische flaue punktförmige funktionell Diffusionsrestriktion bei TGA Transiente Globale Amnesie (TGA) Akut einsetzende anterograde Amnesie, meist zeitlich graduierte retrograde Amnesie Aufmerksamkeit und Orientierung zur Person erhalten Rückbildung innert 24 h (wenigsten der gröberen Ausfälle, in detaillierter neuropsychologischer Testung Defizite >7d nachweisbar) Ätiologie unklar, DD ischämisch, epileptisch (V.a. bei Rezidiv erwägen), venöse Kongestion CAVE identische Klinik auch bei Thalamus– und Temporallappeninfarkten und Enzephalitis möglich (dann meist langsamere/keine Regredienz) → Entlassung erst bei deutlicher Regredienz CAVE beginnende Enzephalitis nicht verpassen Abklärungen 8-oder 10-Wort Lernliste und Verlaufsuntersuchung nach Stunden, Entlassung erst nach deutlicher Regredienz, sonst stationäre Aufnahme und LP erwägen MRI zum Ausschluss DD (umschriebene flaue Diffusionsstörungen hippocampal* sind möglich; 35% nach 0-6h, 60% 6-12h) EEG bei Rezidiv-Ereignis * Stroke-Risiko bei typischen TGA-Patienten mit typischer flauer Diffusionsstörung hippocampal whs. nicht erhöht, aber Studienlage noch nicht ausreichend für abschliessende Sicherheit → bei Vorhandensein mehrerer Risikofaktoren ambulante Standard-Stroke-Abklärungen erwägen Testung Normaler Neurostatus + Rechnen inkl. Serial 7 Orientierung visuospatiale Testung Digit Span Sprachtestung Rückwärztsbuchstabieren 8 Wortliste Durch- Durch- Durch- Recall nach Cued Wiedererkennen gang 1 gang 2 gang 3 10min Nelke Blume Nelke, Tulpe, Rose 17 Zahl 13, 17, 19 Gurt Kleidungsstück Hose, Gurt, Schuh Toyata Automarke Mercedes, Honda, Toyota Hagel Wetter Blitz, Hagel, Wolke Rücken Körperteil Rücken, Hals, Nase Taube Vogelart Ente, Meise, Taube Fichte Baumsorte Fichte, Ahorn, Tanne
Delir 23 Delir Allgemeines Screening: CAM (Confusion Assessment Method) Verlaufsparameter: RASS (Richmond Agitation Sedation Scale): +4 streitlustig +3 sehr agitiert +2 agitiert +1 unruhig 0 aufmerksam&ruhig –5 nicht weckbar –4 tiefe Sedierung –3 mässige Sedierung –2 leichte Sedierung –1 schläfrig Diagnosekriterien ICD-10 1. Eingeschränkte Aufmerksamkeit → eingeschränkte Wahrnehmung der Umgebung 2. Denkstörung, manifest durch eingeschränktes Kurzzeitgedächtnis Desorientiertheit (Ort, Zeit, Person) 3. psychomotorische Auffälligkeiten, mind. 1 aus rasche, unvorhersehbare Wechsel von Hypo- zu Hyperaktivität verlängerte Reaktionsdauer veränderte Sprechgeschwindigkeit Startle Reaktion 4. Schlafstörung, mind. 1 aus Insomnie mit und ohne Tagesschläfrigkeit nächtliche Symptomverschlechterung Alpträume (können sich z.T. als Halluzinationen/illusionäre Verkennung in den Tag fortsetzen) 5. akuter Beginn und im Tagesverlauf fluktuierend 6. Nachweis einer hirnorganischen oder systemischen Erkrankung (mit-)verantwortlich Therapie 1. Ursache beheben/behandeln 2. Nicht medikamentöse Therapiemassnahmen Zirkadiane Rhythmisierung (Fensterplatz, Uhr, nächtliche Kontrollen minimieren) Reizreduktion (Ohrenstöpsel, irritierende Nicht- oder Falsch-Umgebungswahrnehmung reduzieren) Therapie symptomatisch Delir bei Alkoholentzug primär Benzodiazepine! +Thiamin-Substitution Delir bei Stroke (siehe auch Stroke Richtlinien Bern) Stufe 1: Pipamperon (Dipiperon®) 20mg weise (Maximaldosis 360mg/d) p.o. oder Quetiapin (Seroquel®) 12.5mg weise (Maximaldosis 800mg/d) p.o. oder Risperidon (Risperdal®) 2x0.5mg/d (Maximaldosis 16mg/d) p.o. oder Haloperidol (Haldol®) 0.5-1mg weise (Maximaldosis 60mg/d) p.o. oder i.v. CAVE: Rhythmusstörungen → i.v. nur in Ausnahmefällen und am Monitor verabreichen Stufe 2: Diazepam (Valium®) 5mg weise i.v. (Steigerung möglich bis 10mg weise) i.v. oder Midazolam (Dormicum®): 2.5-5mg weise als Bolus (Maximaldosis 10mg) i.v. dann ggf. 2-5 mg/h via Perfusor (Maximaldosis 10mg/h); Antidot: Flumazenil (Anexate®) Stufe 3: Clonidin (Catapresan®): 25-50 g Bolus, dann 25-150 g/h via Perfusor (Maximaldosis 150 g/h) Stufe 4: Dexmedetomid (Dexdor®) oder Propofol (Verabreichung nur auf IB/IMC) Delir bei Parkinson Quetiapin (Seroquel®) 25-100mg p.o., max. 300mg/d Clozapin (Leponex®) 6.25-12.5mg, max. 100mg/d; 2/3 der Dosis zur Nacht, 1/3 über den Tag verteilt
PRES & Toxische Syndrome (Posteriores) reversibles Enzephalopathie Syndrom (P)RES Diagnosekriterien 1) Klinik mindestens 1 aus Epileptischer Anfall, Enzephalopathie/Verwirrtheit, Kopfschmerzen, Sehstörungen 2) Risikofaktoren mindestens 1 aus deutlicher Hypertonus oder starke BD-Schwankungen, Nierenversagen, immunsuppressive Therapie, Chemo- therapie, Eklampsie, autoimmune Erkrankung, Gabe von jodhaltigem KM 3) Radiologische Befunde Bilaterales vasogenes Ödem, zytotoxisches Ödem, normal klassisch holohemisphärisch Sulcus front. sup. zentral Typische FLAIR-Hyperintensitäten 20-55% 15-25% 15-25% 5-15% Verteilungsmuster (adpatiert nach Eberhardt Forsch NeurolPsych2018) Toxische Syndrome Syndrom Vitalzeichen Pupillen Weitere Symptome Sympathomimetisch Hyperthermie, Tachykardie, Agitation, Paranoia, Diaphoresis, Tremor, (Cocain, Amphetamine, Mydriasis Tachypnoe, Hypertension epilep. Anfälle Pseudoephedrin) Anticholinerg Hyperthermie, Tachykardie, Hypervigilanz, Agitation, trockene (Trizyklika, Antihistamini- Mydriasis ka, Scopolamin) Tachypnoe, Hypertension +gerötete Haut, Harnretention Serotonerges Syndrom Agitation, Tremor, Diaphoresis, Hyperre- (MAOI, SSRI, SNRI, Trizykli- Hyperthermie, Tachypnoe, ka, Triptane, Tramadol, Mydriasis flexie, Klonus, Myoklonus; betont an den Tachykardie, Hypertension Dextromethorphan) unteren Extremitäten Neuroleptisches Syndrom Hyperthermie, Tachypnoe, Aufmerksamkeitsstörung, Mutismus, Normal (Neuroleptika) Tachykardie, Hypertension Hyporeflexie, bleirohrartige Rigidität
Vitamin B1 Mangel & Elektrolytstörungen 25 Elektrolytstörungen Na+ Hyponatriämie Hypernatriämie 160 mmol/l Verwirrtheit, Delir bis Koma Alteration Mentalstatus, Delir bis Koma Epileptische Anfälle, Hirnödem Epileptische Anfälle Fokale Ausfälle inkl. Paresen Rigor, Tremor, Myoklonus, Chorea, Asterixis CAVE langsamer Ausgleich wegen Gefahr zentrale CAVE langsamer Ausgleich max. 0.5mmol/l/h und 10- pontine Myelinolyse 12mmol/Tag wegen Hirnödemgefahr K+ Hypokaliämie Hyperkaliämie 5.2 mmol/l, Symptome meist ab 6 mmol/l 3-3.5: milde Muskelschwäche, Myalgie, Ermüdung meist Kammerflimmern oder Asystolie vor Auftreten 2.5-3: deutliche Muskelschwäche (proximal betont), neurologischer Symptome Muskelkrämpfe, Verwirrtheit allenfalls leichte Muskelschwäche, Parästhesien, 2-2.5: Rhabdomyolyse, Koma Verwirrtheit, Koma, Gehör– und Geschmackstörungen Ca2+ Hypokalziämie Hyperkalziämie < 2.2 mmol/l gesamt, 2.7mmol/l gesamt Verwirrtheit, Delir bis Koma Tetanie, Blepharospasmus, Photophobie proximale Paresen Hyponatriämie Ausgleich max. 12mmol/24h Urinnatrium: Hypovolämie >20 mmol/l: renaler Na-Verlust, cerebrales Korrektur Volumenmangel 0.9% NaCl ?Urinnatrium Salzverlustsyndrom 20 mmol/l: chronische Niereninsuffizienz Behandlung Grundkrankheit, Flüssigkeits- ?Urinnatrium < 20 mmol/l: Herzinsuffizienz, Leberinsuffizienz, retention, Diuretika nephrotisches Syndrom Klinische Einschätzung der Volämie oft schwierig, ggf. Ultraschall Vena cava inferior (
Schwindel & Augenbewegungsstörungen Anamnese Zeitlicher Verlauf/Dauer akut/episodisch/chronisch Charakter Dreh-/Schwankschwindel, Benommenheitsgefühl, Gang-/Standunsicherheit Auslöser spontan, Positionswechsel, Sitzen, Stehen, Laufen, Augen zu/auf, Valsalva-Manöver, Stress, Tageszeit Begleitsymptome Oszillopsien, Hypakusis, Tinnitus, Druckgefühl der Ohren, Kopfschmerzen, Licht-/ Lärmempfindlichkeit, Doppelbilder, Parese, Ataxie, Übelkeit/Erbrechen, andere Schmerzen Medikamente Standarduntersuchung (immer!) bei Schwindel/ youtube „neurocular.com“ Augenbewegungsstörungen adaptiert nach Strupp Deut. Ärzteblatt 2011 & Bremova-Ertl 2019 Inspektion Frage nach/hinweisend auf Körper- und Kopfhaltung Kopfverkippung (Nase in Zugrichtung paretischer Muskel) Kompensat. Kopfbewegungen bei vertik. supranukleärer Sakkaden-/Blickparese Vertikale Kopfbewegungen (focal midbrain lesions, M. Niemann-Pick Typ C (NPC), GM2-Gangliosidosis) Horizontale supranukleäre Sakkaden-/Blickparese (Kompensation durch vestibulo- Horizontale Kopfbewegungen okulären Reflex (VOR), sog. «head thrusts», z.B. okulomotorische Apraxie bei spinocerebellären Ataxien, M. Cogan, neuronopathischer M. Gaucher) Sakkadenparese, hypometrische & verlangsamte Sakkaden (NPC, Lidapraxie, eher Vermehrtes Blinzeln NICHT bei PSP und weiteren atypischen Parkinson-Syndromen) Horizontale Stirnfalte Vertikale supranukleäre Blickparese nach oben Exopthalmus, Chemosis, Bulbusschmerz, Ausfall II, III, IV, V, VI: Thrombose S. cavernosus Stellung Augenlider/Bulbus Ptose, Enophthalmus: Horner-Syndrom → Anhidrosis/Erythrophobie? Miose? Ptose einseitig/beidseitig: okuläre MG? Augenposition-/-motilität (Primärposition der Augen) Stellung Augen Geradeaus- Primäre Fehlstellung, Spontan-, Fixationsnystagmus blick Abdeck (Cover)-Test Horizontale oder vertikale Fehlstellung (Skew Deviation), latenter Nystagmus Acht Endpositionen (rechts, links, oben, unten, vier Bewegungsausmass? (Augenmotilitätsstörung?), Endstellnystagmus? Diagonale) (bin- und mono- kulär) Blickhaltefunktion Blickrichtungsnystagmus horizontal oder vertikal? 10° bis 40° horizontal bzw. CAVE: Endstellnystagmus ist PHYSIOLOGISCH (höhere Frequenz, feinschlägig, 10° bis 20° vertikal und keine Oszillopsien, ca. 30 Sek Dauer, dann Sistierung) zurück nach 0° Rebound-Nystagmus (schlägt bei Rückkehr zur 0° Position in Gegenrichtung; cere- belläre Genese) Langsame Folgebewegungen (auch Blickfolge) Horizontal oder vertikal/ Glatt vs. sakkadiert (fein/grob) allseits Sakkaden Horizontal und vertikal beim Latenz (gestörte Initiation- okulomotorische Apraxie), Geschwindigkeit Umherblicken und bei geziel- (Sakkadenverlangsamung: riMLF/PPRF), Zielgenauigkeit (Hypermetrisch: Cerebel- ter Aufforderung lum), nicht konjugierte Bewegungen (INO?)
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