Leistungsdiagnostik-konzept - Teilbereich Kraft - Deutscher Judo-Bund e.V. DJB e.V., überarbeitet im April 2019 - Deutscher ...

Die Seite wird erstellt Thomas Fischer
 
WEITER LESEN
Leistungsdiagnostik-konzept - Teilbereich Kraft - Deutscher Judo-Bund e.V. DJB e.V., überarbeitet im April 2019 - Deutscher ...
Deutscher Judo-Bund e.V.

 Leistungsdiagnostik-
 konzept – Teilbereich
 Kraft
 DJB e.V., überarbeitet im April 2019

Autoren: Stefan Leonard (IAT Leipzig), Roland Osswald (IAT Leipzig), Dr. Ruben Goebel (DJB)
Leistungsdiagnostik-konzept - Teilbereich Kraft - Deutscher Judo-Bund e.V. DJB e.V., überarbeitet im April 2019 - Deutscher ...
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung .................................................................................................................... 4
 1.1 Zielstellung ............................................................................................................ 4
 1.2 Leistungsstruktur und -diagnostik in der Sportart Judo .......................................... 5
 1.3 Konditionelle Leistungsanforderungen in der Sportart Judo ................................... 7
2 Testkonzeption .......................................................................................................... 13
 Teststrategie ............................................................................................................. 13
 2.2 Testplanung......................................................................................................... 14
 2.3 Testbatterie ......................................................................................................... 19
 2.4 Ergebnistransfer .................................................................................................. 20
 2.4.1 Datentransfer innerhalb des Serviceverbundsystem ..................................... 20
 2.4.2 Datenmanagementsystem IDA ..................................................................... 22
 2.5 Servicepartner und Verantwortlichkeiten ............................................................. 23
 2.5.1 Abstimmung mit den FSL- und externen Partnern......................................... 25
 2.5.2 Abstimmung mit den WVL-Partnern .............................................................. 25
3 Bestimmung der Kraftfähigkeiten ............................................................................... 26
 3.1 Statische Testverfahren ....................................................................................... 27
 3.1.1 Bestimmung Schnellkraft und Explosivkraft................................................... 29
 3.1.2 Test der isometrischen Beinkraft ................................................................... 29
 3.1.3 Test der isometrischen Rumpfkraft................................................................ 31
 3.1.4 Test der isometrischen Griffkraft ................................................................... 34
 3.1.5 Teststandardisierungen und Testabbruchkriterien ......................................... 35
 3.2 Dynamische Testverfahren .................................................................................. 36
 3.2.1 Test des Einer-Wiederholungsmaximums ..................................................... 36
 3.2.2 Test der isokinetischen Beinkraft .................................................................. 47
 3.2.3 Tests der isokinetischen Rumpfkraft ............................................................. 49
4 Bestimmung der Kraftausdauerfähigkeiten ................................................................ 53
 4.1 Dynamische Testverfahren .................................................................................. 53
 4.1.1 Tests des n-Wiederholungsmaximums ......................................................... 53
 4.1.2 Tests der isokinetischen Rumpfkraft ............................................................. 54
 4.1.3 Sportmotorischer Test „Klimmziehen“ ........................................................... 56
 4.1.4 Sportmotorischer Test „Anristen“ .................................................................. 57

Copyright © DJB 2019
Leistungsdiagnostik-konzept - Teilbereich Kraft - Deutscher Judo-Bund e.V. DJB e.V., überarbeitet im April 2019 - Deutscher ...
4.1.5 Sportmotorischer Test „Hangeln“ .................................................................. 58
 4.1.6 Sportmotorischer Test „Kastensprünge“ ........................................................ 60
 4.2 Statische Testverfahren ....................................................................................... 61
 4.2.1 Sportmotorischer Test „Hängen an der Judojacke“ ....................................... 61
5 Bestimmung der Ausdauerfähigkeiten ....................................................................... 62
 5.1 Feldstufentest ...................................................................................................... 66
 5.2 Rampentest (VO2 max)........................................................................................ 69
 5.3 Judospezifischer Belastungstest (BT4) ................................................................ 69
6 Bestimmung der Beweglichkeit und Koordination ...................................................... 75
 6.1 Tests zur Beweglichkeit der unteren Extremitäten ............................................... 75
 6.2 Sportmotorischer Test „Brückenüberschläge“ ...................................................... 77
 6.3 Sportmotorische Test „Functional Movement Screen“ (FMS) .............................. 78
7 Auswertung und Richtwerte ....................................................................................... 80
 7.1 Auswertungsstrategie .......................................................................................... 80
 7.2 Richtwerte der statischen Testverfahren für die Maximalkraftfähigkeit ................. 81
 7.3 Richtwerte der dynamischen Testverfahren für die Maximalkraftfähigkeit ............ 84
 7.4 Richtwerte der dynamischen Testverfahren für die Kraftausdauerfähigkeit .......... 86
 7.5 Richtwerte der Testverfahren zur Ausdauerfähigkeit ........................................... 87
 7.5.1 Feldstufentest ............................................................................................... 87
 7.5.2 Rampentest .................................................................................................. 87
 7.5.3 Judospezifischer Belastungstest (BT4) ......................................................... 87
 7.6 Richtwerte der Testverfahren im Rahmen der zentralen Sichtung ....................... 89
8 Literaturverzeichnis ................................................................................................... 93

Copyright © DJB 2019
Leistungsdiagnostik-konzept - Teilbereich Kraft - Deutscher Judo-Bund e.V. DJB e.V., überarbeitet im April 2019 - Deutscher ...
Vorbemerkung
In diesem konzeptionellen Manuskript wird die Vorgehensweise für eine langfristig angelegte und
systematische Leistungsdiagnostik im Deutschen Judo-Bund e.V. beschrieben. Das
Leistungsdiagnostikkonzept wurde auf Grundlage der sportartspezifischen Leistungsstruktur und dem
aktuellen Anforderungsprofil im Wettkampf zusammengestellt. Ausgehend von den Etappen des
langfristigen Leistungsaufbaus werden die unterschiedlichen Diagnostikschwerpunkte geschlechts- und
altersspezifisch in einer umfassenden Testkonzeption dargestellt. Hierzu gehören die Testplanung,
Teststrategie und ein Testmanual mit einer genauen Beschreibung der einzelnen Testverfahren.
Des Weiteren wird in der Testkonzeption der Ergebnistransfers, die anschließende Verwaltung von
leistungsdiagnostischen Daten und die Verantwortlichkeiten der FSL (Forschungs- und Serviceverbund
Leistungssport) /WVL (Wissenschaftliche Verbundsystem Leistungssport) -Partner erläutert.

1.1 Zielstellung

Das Leistungsdiagnostikkonzept des Deutschen Judo-Bund e.V. zielt auf eine wissenschaftlich gestützte
Betreuung (FSL/WVL-Partner) zum systematischen Aufbau der sportlichen Leistung vom Nachwuchs- bis hin
zum Spitzenbereich. Die Schwerpunkte liegen zum einen auf der langfristigen Leistungs- und
Trainingssteuerung und zum anderen auf der individuellen Erfassung des Entwicklungsstandes deutscher
Kaderathleten. Mit Hilfe der ausgewählten diagnostischen Testverfahren sollen u.a. Entwicklungspotential,
Leistungsreserven und medizinischer Status eines JUDOKA dokumentiert werden. In Anlehnung an den
Gesamtprozess der Leistungs- und Trainingssteuerung (Abb. 1) nach Reiß and Meinelt (1983) kann eine
Erhöhung der Wirksamkeit nur als geschlossene Wirkungskette unter Beachtung der sportartspezifischen
Bedingungen verstanden werden.

Abb. 1. Regelkreis der Leistungs- und Trainingssteuerung (nach Reiß & Meinelt, 1983, S. 8)

Copyright © DJB 2019
Leistungsdiagnostik-konzept - Teilbereich Kraft - Deutscher Judo-Bund e.V. DJB e.V., überarbeitet im April 2019 - Deutscher ...
„Das Ziel der langfristigen Steuerung und Regelung des Trainings besteht darin, dass Trainer und
Verbandsleitung im Zusammenwirken mit Kollektiven von Sportwissenschaft und Ärzten strategisch
orientierte Entscheidungen zur Eignung und Auswahl, …, treffen“ (Reiß & Meinelt, 1983, S. 11). In
diesem Zusammenhang ist es dem Deutschen Judo-Bund e.V. ein wichtiges Anliegen, die
individuellen Entwicklungspotenziale der Athleten für die Belastungsanforderungen im
internationalem Wettbewerb zu erkennen und adäquat zu fördern.

1.2 Leistungsstruktur und -diagnostik in der Sportart Judo

In der Literatur existieren für die Zweikampfsportarten zahlreiche Leistungsstrukturmodelle, die im
Kern versuchen, unter Einbeziehung eines konträr handelnden Gegners, die komplexe Genese einer
Wettkampfleistung als Ergebnis des Leistungsvollzuges zu erklären. Diese Konstrukte, wie im
Fechten (Barth & Beck, 2005), im Boxen (Bussweiler, 2011), im Ringen (Gain, Hartmann, &
Tünnemann, 1980) oder Judo (Grosser, Starischka, & Zimmermann, 2008; Müller-Deck & Ivinger,
2007) beschreiben das Zusammenwirken und die Beziehung verschiedener interner und externer
Leistungsfaktoren.
Judo gehört wie alle Kampfsportarten zu den Disziplingruppen, deren Struktur der
Wettkampfleistung nicht nur durch eine Vielzahl miteinander verknüpfter Leistungsfaktoren
charakterisiert ist, sondern auch eine hohe Variabilität der Kampfhandlungen bei aktiver
Gegnereinwirkung aufweist. Dadurch sind die quantitative und besonders die qualitative
Bestimmung dieser Faktoren im Wettkampf stark eingeschränkt. (Fiedler, 1982)
Schubert, Kirchgässner & Barth (1976, S. 419) beschreiben die Struktur im Judo wie folgt:
 „Das Ziel der sportlichen Auseinandersetzung der Judokas besteht darin, den Gegner im Rahmen
 vorgegebener Wettkampfregeln zu besiegen. Zur Realisierung dieses Zieles können verschiedene
 komplexe, zeitlich und räumlich strukturierte Handlungen angewendet werden, die in sich sehr schnell
 ändernden Kampfsituationen und unter hohen physischen und psychischen Belastungen ausgeführt
 werden müssen. Dabei ist der ständig wechselnde Widerstand des Gegners zu beachten, zu kontrollieren
 und für die eigenen Handlungen, die stets eine bestimmte Zielgerichtetheit aufweisen, zu nutzen. Jeder
 Judoka wird in relativ kurzer zeitlicher Aufeinanderfolge mit Gegnern konfrontiert, die sich in ihrer
 Kampfweise, ihrem technischen Repertoire und ihrer psycho-physischen Zustände grundlegend
 voneinander unterscheiden können.“

Die Betrachtungsweisen der Leistungsstruktur nach Gundlach (1980 und 1987) und später in
modifizierter Form nach Schnabel, Harre und Krug (2005) dienten als Grundlage für die in der
Fachliteratur bekannten Modelle von Müller-Deck (1983), Lehmann und Ulbricht (2007) sowie
Heinisch und Lehmann (2007) im Judo. Diese Betrachtungsweisen beschreiben die Wechselwirkung
von zueinanderstehenden leistungsbestimmenden Faktoren in den verschiedenen
Funktionsebenen (Leistungsvoraussetzungen, Leistungsvollzug, Vollzugsebene). In der Abbildung 2
wird die grundlegende Hierarchie und die Übertragung der spezifischen Aspekte im Judo für die
Leistungsvollzugs- und Leistungsvoraussetzungsebne dargestellt. Es geht auch hervor, dass Judo zu
den besonders stark strategisch-taktisch determinierten Sportarten gehört und der Taktik eine sehr
hohe Relevanz zugeschrieben wird (Barth, 1994; Müller-Deck & Ivinger, 2007).

Copyright © DJB 2019
Leistungsdiagnostik-konzept - Teilbereich Kraft - Deutscher Judo-Bund e.V. DJB e.V., überarbeitet im April 2019 - Deutscher ...
Abb. 2. Struktur der Wettkampfleistung im Judo (nach Heinisch und Lehmann, 2007)

Aus den verschiedenen Leistungsstrukturmodellen für die Sportart Judo geht hervor, dass ein
unmittelbarer Bezug zwischen den Testleistungen und der Wettkampfleistung aufgrund der
zahlreichen Leistungskomponenten nicht so einfach hergestellt werden kann. Zudem gebt es keine
Mess- bzw. Bewertungsverfahren, die solch eine umfassende Wettkampfleistung eruieren können.
Aus diesem Grund werden in dem Leistungsdiagnostikkonzept Testverfahren berücksichtigt, die
Aussagen zu sportartrelevanten Leistungsvoraussetzung liefern und adäquate Teilleistungen zur
Trainingssteuerung erfassen können. Aus der Vergangenheit hat sich hierfür im Deutschen Judo-
Bund e.V. die komplexe Leistungsdiagnostik (KLD) bewehrt. „Dabei wird die Einbeziehung aller
struktur-bestimmenden Leistungskomponenten und -faktoren angestrebt“ (Schnabel, Harre & Krug,
2016, S. 53). In der Abbildung 3 wird deutlich, wie die verschiedenen leistungsdiagnostischen
Verfahren aus den beteiligten Wissenschaftsdisziplinen zur Erfassung dieser Leistungskomponenten
zum Einsatz kommen. Allerdings geben Schnabel, Harre und Krug (2016, S. 55) zu bedenken,
 „je komplexer eine Leistungsdiagnose angelegt wird, d.h. je mehr Leistungskomponenten und
 Leistungsvoraussetzungen in die Datenerfassung einbezogen werden, desto komplizierter wird die
 Interpretation, d.h. die im Ergebnis der Datenauswertung gestellte Diagnose. Die Praktikabilität der
 Leistungsdiagnostik wird dabei in Frage gestellt.“

Aus diesem Grund ist eine Priorisierung der Einflussgrößen und eine Auswahl diagnostisch-
relevanter Testverfahren vorzunehmen. Auf Grundlage der aktuellen Anforderungen in der Sportart
Judo sind vor allem sportphysiologische, sportmedizinische und biomechanische Testverfahren für
dieses Leistungsdiagnostikkonzept entscheidend. Weitere diagnostische Maßnahmen von
leistungsrelevanten Faktoren wie, Taktik, Koordination-Technik und Konstitution werden in den
Konzeptionen zur Wettkampf(struktur)analyse, zur Talentsichtung sowie zum sportmedizinischen
Untersuchungs- und Betreuungssystem im deutschen Leistungssport (DOSB, 2014) berücksichtigt.

Copyright © DJB 2019
Leistungsdiagnostik-konzept - Teilbereich Kraft - Deutscher Judo-Bund e.V. DJB e.V., überarbeitet im April 2019 - Deutscher ...
Abb. 3. Allgemeine Vorgehensweise einer komplexen Leistungsdiagnostik (in Anlehnung an Schnabel, Harre & Krug,
 2016, S. 54)

Im Hochleistungsbereich stellen die energetisch-determinierten Leistungsvoraussetzungen für die
Wettkampfleistung nur schwer zu kompensierende Leistungsfaktoren dar, die insbesondere die
übergeordneten technisch-taktischen Leistungsvoraussetzungen entscheidend beeinflussen
können (Kons, Ache-Dias, & Detanico, 2017). Zum besseren Verständnis werden im folgenden
Abschnitt die konditionellen Leistungsanforderungen für den Spitzenbereich in der Sportart Judo
beschrieben.

1.3 Konditionelle Leistungsanforderungen in der Sportart Judo

In der Literatur herrscht Einigkeit, dass die Spezifik eines Judokampfes physiologisch betrachtet
durch eine intermittierende Belastung mit durchschnittlich bis hochintensiven Intensitäten unter
sich ständig verändernden Bedingungen gekennzeichnet ist (Almansba, Sterkowicz, Belkacem,
Sterkowicz-Przybycien, & Mahdad, 2010; Drid et al., 2015; Franchini et al., 2007; Lehmann &
Heinisch, 2011). Diese Belastungsstrukturen können im Turnierverlauf so stark variieren, dass ein
Kampf nach wenigen Sekunden oder erst nach 8 Minuten effektiver Kampfzeit entschiedet wird.
Diese Charakteristik lässt sich am Beispiel der Laktatkonzentration in Abhängigkeit der Kampfzeit
(Abb. 4) erkennen und macht deutlich, wie wichtig im Wettkampf aerobe als auch anaerobe
Energiebereitstellungprozesse sind. Franchini, Artioli und Brito (2013) bestätigen diese
Anforderungen und weisen zudem auf die notwendigen Strategien zur Verbesserung der
Wiederherstellung zwischen den Kämpfen hin.

Copyright © DJB 2019
Leistungsdiagnostik-konzept - Teilbereich Kraft - Deutscher Judo-Bund e.V. DJB e.V., überarbeitet im April 2019 - Deutscher ...
Abb. 4. Kampfzeit und Laktatmobilisation bei den Deutschen Meisterschaften (nach Lehmann & Heinisch, 2007)

Aus physiologischer Sicht sind die anaerobe Leistung, anaerobe Kapazität, die Kraftfähigkeiten sowie
die aerobe Leistung als die wichtigsten Faktoren im Judo anzusehen (Drid et al., 2015; Franchini et
al., 2007). Ausgehend von diesen leistungsbestimmenden Faktoren wird am Beispiel des
Anforderungsprofils der brasilianischen Männer-Nationalmannschaft (Abb. 5) deutlich, dass die
interindividuellen Unterschiede einer Gewichtsklasse oder Gewichtsklassengruppe in den Tests sehr
verschieden sein können.

Abb. 5. Beziehung zwischen Körpergewicht und Leistungsparameter beim Bankdrücken, Bankziehen, Kniebeuge und
 Judo-Fitness-Test (SJFT) bei Judoka (Abbildung aus Franchini et al., 2007, S. 62).

Die Stärken des Einen können die Schwächen des Anderen sein und umgekehrt. Dadurch kann die
Ermittlung eines Richtwertes nur als Anforderungsbereich verstanden werden und nicht als fester
Normwert. Die individuellen Unterschiede werden auch in der Studie von Gariod et al. (1995) zur

Copyright © DJB 2019
Leistungsdiagnostik-konzept - Teilbereich Kraft - Deutscher Judo-Bund e.V. DJB e.V., überarbeitet im April 2019 - Deutscher ...
Evaluation von energetischen Profilen bei Judoka aufgegriffen. Aus Videobeobachtungen wurden
zwei Kampfstrategien („Ausdauer & Explosivkraft-Profil“) erkannt, die mit Hilfe der NMR-
Spektroskopie, VO2max-Tests und Laktatmessungen bestätigt werden sollten. Die Ergebnisse
zeigten das vor allem „Ausdauer-Judoka“ den aeroben Stoffwechsel stärker nutzen und die
„Explosiv-Judoka“ tendenziell bessere Schnellkraftvoraussetzungen hatten. Im internationalen
Spitzenbereich variiert durchschnittlich die maximale Sauerstoffaufnahme (VO 2 max) bei Männern
zwischen 50-62 mlkg-1min-1 bzw. bei Frauen zwischen 42-52 mlkg-1min-1 (Almansba et al., 2010).
Ergänzend hierzu lassen sich in Abbildung 6 die Ergebnisse in anderen Länder vergleichen. In der
Vergleichsstudie von Drid et al. (2015) mit internationalen und nationalen Medaillengewinnern im
Halbschwergewicht werden diese besonderen Anforderungen an die aerobe Leistungsfähigkeit für
die Wiederherstellungsprozesse bestätigt.

Abb. 6. Studienübersicht zum Parameter VO2 max (ml/kg/min) im internationalen Vergleich (aus Franchini et al.,
 2007, S. 65)

Zur Eruierung von leistungsrelevanten Kraftfähigkeiten im Judo haben sich sportmotorische
Krafttests (Schnabel, Harre & Krug, 2016) sowie Messverfahren der isokinetischen Dynamometrie
(Baltzopoulos & Brodie, 1989) bewehrt. Aus verschiedenen Untersuchungen ist bekannt, dass bei
gut entwickelten Judoka ein hohes Maß an dynamischen Kraftfähigkeiten erforderlich ist (Drid et
al., 2015; Franchini, 2013). Um das Kraftniveau einzelner Athleten im Bereich der
Maximalkraftfähigkeit zu erfassen, kommen häufig isometrische Testverfahren oder Testübungen
mittels Einer-Wiederholungsmaximums (EWM) zum Einsatz. Insbesondere Langhantelübungen (u.
a. Kniebeuge, Kreuzheben, Bankdrücken und Standumsetzen) eignen sich zur Bestimmung der
Maximalkraftfähigkeit und ermöglichen einen adäquaten Vergleich mit internationalen Testwerten
(Abb. 7).

Copyright © DJB 2019
Leistungsdiagnostik-konzept - Teilbereich Kraft - Deutscher Judo-Bund e.V. DJB e.V., überarbeitet im April 2019 - Deutscher ...
Abb. 7. Gewichtsangaben des Einer-Wiederholungsmaximums japanischer Athleten mit Gewichtsklasseneinteilung
 für a) Bankdrücken b) Kniebeuge c) Standumsetzen (nach Franchini, 2013)

Diese hohen Kraftanforderungen an die verschiedenen Muskelgruppen stellen im Spitzenbereich
einen schwer zu kompensierenden Leistungsfaktor dar und nehmen einen wichtigen Bereich in der
Trainingssteuerung ein. Zu diesen Kraftanforderungen gehört auch die isometrische Griffkraft, die
als ein wichtiger Indikator für physische Defizite in der Kraftübertragung von Angriffstechniken oder
bei der Bewältigung eines Griffkampfes (KUMI-KATA) bedeutsam ist. Die Relevanz der
Griffkraftfähigkeit für die Sportart Judo ist unbestritten (Bonitch-Góngora, Almeida, Padial Puche,
Bonitch-Domínguez, & Feriche, 2013; Heinisch et al., 2016; Iermakov, Podrigalo, & Jagiełło, 2016),
dennoch fehlen genaue Anforderungsprofile im Bereich der Griffkraftausdauer. Für die isometrische
Maximalkraftfähigkeit hingegen liefert die Tabelle 1 einen Einblick in die aktuelle Studienlage.

Copyright © DJB 2019
Tab. 1. Übersicht ausgewählter Studien mit Messergebnissen mittels Dynamometer oder judospezifischen
 Messgeräten (angepasst nach Göldi, 2017)

 Studie Gruppe /Messgerät Fmax [N] Alter (Jahre)
 FG Judo IAT (2017) Hand-Dynamometer 485.0 ± 93.2 17.7 ± 2.8
 Judospezifisches Griffkraftmessgerät 717.8 ± 11.6
 Franchini et al. (2005) Elite Judoka re Hand 500.1 ± 98.1 22.8 ± 3.4
 li. Hand 480.5 ± 98.1
 Nicht-elite Judoka re. Hand 411.9 ± 107.9 19.2 ± 4.5
 li. Hand 392.3 ± 98.1
 Leyk et al. (2007) Dynamometer (gleiches Modell) 540.8 ± 87.1 21.4 ± 1.4
 Bonitch-Góngora et al. (2011) Dominante Hand 575.8 ± 69.1 22.0 ± 3.2
 Nicht-dominante Hand 554.3 ± 74.2
 Bonitch-Góngora et al. (2013) Elite Judoka 460.7 ± 92,3 15.0 ± 0.7
 Non-elite Judoka 415.1 ± 70.9 14.8 ± 0.6
 Cortell-Tormo et al. (2013) Gruppe 1(55-66 kg) 439.8 ± 65.0 20.6 ± 2.1
 Gruppe 2 (67-81kg) 491.5 ± 77.2 22.0 ± 2.8
 Gruppe 3 (+81kg) 531.0 ± 70.2 23.2 ± 2.8
 Rickert (2010) Referenzwerte 499.2 ± 81.4 20 - 30-Jährige
 Serrano-Heute et al. (2016) Dominante Hand 482.7 ± 53.7 20.9 ± 3.2
 Nicht-dominante Hand 462.8 ± 50.0
 Sterkowicz et al. (2016) Judokas 433.5 ± 100.1 20.2 ± 1.56
 Studenten 431.0 ± 60.7 20.4 ± 0.55
 Heinisch et al. (2016) Judospez. Messergerät Männer 848.3 ± 138.4 23.3 ± 1.6
 Judospez. Messergerät Junioren 751.0 ± 89.0 18.55 ± 1.1
 Zaggelidis (2017) dominante Hand 723.2 ± 77.0 24.25 ± 2.60
 nicht dominante Hand 699.8 ± 79.5

Aus den publizierten Studien zur isokinetischen Dynamometrie mit Judoka geht hervor, dass sich
die Testergebnisse nicht nur zur Ermittlung von Anforderungsprofilen (Ghrairi, Hammouda, &
Malliaropoulos, 2014) und Leistungsbeurteilungen einzelner Muskelgruppen (Andrade et al., 2012;
Barbado et al., 2016; Dornowski, 2010) eignen, sondern sich auch für einen präventiven
Diagnostikansatz, beispielsweise zur Bestimmung muskuläre Dysbalancen & Asymmetrien (Drid et
al., 2009; Drid et al., 2011; Ghrairi et al., 2014), anbietet. Im direkten Vergleich zu anderen situativen
Sportarten wird deutlich, dass insbesondere an die Muskulatur der unteren Extremitäten und des
Rumpfes hohe Kraftanforderungen gestellt werden (Abb. 8). Iwai et al. (2008) weisen dabei auf die
sportartspezifischen Anforderungen durch Rotations- und Lateralbewegungen des Rumpfes als
Antriebskomponente für Angriffs- und Verteidigungshandlungen hin. Mit einer isometrischen bzw.
dynamischen Kraftdiagnostik lässt sich die bisher schwer zu erfassende Rumpfmuskulatur in der
Fontal-, Sagital-, Transversalebene testen. Beispielsweise konnten Barbado et al., (2016) in ihrer
Untersuchung nachweisen, dass insbesondere der Rückenstrecker (M. erector spinae) bei
internationalen Judoka signifikant stärker ausgeprägt war und besser Reaktionen bei plötzlichen
Rumpfbelastungen aufwies als bei nationalen Athleten. Die gemessenen Spitzendrehmomente der
spanischen Nationalmannschaft lagen dabei für die Rumpfextension bei 460.4 ± 62.9 Nm und für
die Rumpfflexion bei 212.1 ± 28.6 Nm.

Copyright © DJB 2019
Abb. 8. Absolute Spitzendrehmomente bei Judoka mit isokinetischen Messsystemen für a) untere Extremitäten b)
 Rumpfbeugung (Abbildungen aus Andrade et al., 2012, S. 549 und Iwai et al., 2008, S. 354)

Copyright © DJB 2019
2 Testkonzeption
In dem folgenden Kapitel wird die inhaltliche Umsetzung des Leistungsdiagnostikkonzepts des
Deutschen Judo-Bund e.V. in seinen verschiedenen Ausrichtungen von der Strategie und Planung
über den Ergebnistransfer bis hin zur Archivierung bzw. Verwaltung von leistungsdiagnostischen
Daten genauer beschrieben. Die Testkonzeption beinhaltet demzufolge verschiedene Abschnitte zur
Testplanung, Teststrategie, Testbatterie, Ergebnistransfer und die Verantwortlichkeiten innerhalb
der FSL/WVL-Partner. Hierbei soll die systematische Vorgehensweise zur Erfassung von Zielgrößen
in Form von Teilleistungen des Wettkampfes deutlich werden. In Anlehnung an das gegenwärtige
Anforderungsprofil im Judo werden in der Testkonzeption gewichtsklassen- und altersspezifische
Richtwerte im Kontext des langfristen Leistungsaufbau dargelegt.

2.1 Teststrategie

Für die optimale Ausrichtung der Leistungssteuerung ist eine zielgerichtete Teststrategie in den
unterschiedlichen Altersklassen erforderlich. Zur Veranschaulichung der Bedeutung von Steuerung
und Regelung bietet sich das closed loop Modell nach Olivier, Maschall und Büsch (2008) an (Abb.
9). Aus dem ersten Schritt der Anforderungsanalyse geht hervor, dass im Bereich der
Leistungsdiagnostik drei wesentliche Schwerpunkte im Deutschen Judo-Bund e.V. wissenschaftlich
betreut werden müssen. Erstens ist eine umfangreiche Einschätzung der aeroben und anaeroben
Kapazität der Athleten notwendig, zweitens muss eine breit angelegte Kraftdiagnostik durchgeführt
und drittens präventive oder rehabilitative Diagnostiken für ein umfassendes
Verletzungsmanagement integriert werden. In Abhängigkeit der bestehenden Rahmenbedingungen
und der zur Verfügung stehenden Ressourcen ist der Deutsche Judo-Bund e.V. bestrebt diese
strategische Ausrichtung in den langfristigen Leistungsaufbau der Athleten zu integrieren und für
die einzelnen Altersbereiche (Cadets, Juniors & Seniors) adäquate Maßnahmen zu treffen.
Im zweiten Schritt, der Eingangsdiagnose, wird zu Beginn des Jahres bzw. 4-Jahreszyklus in einer
zentralen Leistungsdiagnostik im Senioren- und Juniorenbereich (siehe 3.1) der aktuelle
Leistungsstand bzw. bestehenden Leistungsvoraussetzungen für jeden Athleten bestimmt. Zudem
sollen parallel durch die jährliche medizinische Grunduntersuchung eventuelle gesundheitliche
Einschränkungen ausgeschlossen werden, um den Belastungs- und Beanspruchungsanforderungen
eines zweijährigen Qualifikationsmodus gerecht zu werden. In diesem Leistungsdiagnostikkonzept
wird bewusst auf die Methoden zur Erfassung des biologischen Reifegrades in der
Eingangsdiagnostik verzichtet. Die publizierten Testverfahren (Malina, Rogol, Cumming, e Silva, &
Figueiredo, 2015; Müller, Müller, Hildebrandt, Kapelari, & Raschner, 2015) bieten für die Sportart
Judo nicht den aus anderen Sportarten bekannten Mehrgewinn. Die Begründung liegt zum einen in
der Einteilung von Gewichtsklassen in allen Altersklassen und zum anderen in dem ungenügenden
Zugriff des Deutschen Judo-Bund e.V. auf die für den biologischen Reifegrad aussagekräftigen
Altersbereich von 11-14 Jahre (Sherar, Mirwald, Baxter-Jones, & Thomis, 2005).
Mit den in der Testbatterie aufgeführten Testverfahren werden im dritten Schritt durch das
Kompetenzteam, ausgehend vom Jahreshöhepunkt (Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele),
die physischen und physiologischen Zielsetzungen für die bevorstehende Trainingsphase individuell

Copyright © DJB 2019
festgelegt. Diese anzustrebenden Zielsetzungen werden in erster Instanz durch den
verantwortlichen Bundestrainer vorgenommen. Nach der Trainingsplanung, Trainingsdurchführung
und dem Trainingsergebnis erfolgt in einer zweiten zentralen/dezentralen Leistungsdiagnostik die
Leistungskontrolle bzw. Überprüfung der zu erwartenden Leistungsveränderung. Aufgrund der
kalendarisch ungünstigen Rahmenbedingungen lassen sich für die Leistungssteuerung in den
Trainingsphasen nur bei Bedarf bzw. Verfügbarkeit kurz- und mittelfristige Abstimmung mit den FSL-
Partnern treffen. Daher liegt die strategische Ausrichtung auf einer langfristig angelegten
Leistungsdiagnostik mit einem in Teilen durchgeführten Monitoring. Die anschließende
Trainingskorrektur erfolgt gleichermaßen, wie der Schritt der Zielsetzung, und wird für
Kaderathleten außerhalb des Topteams als neue Orientierung für die anschließende Trainingsphase
genutzt.

Abb. 9. Schritte der Leistungssteuerung (nach Olivier, Maschall & Büsch, 2008, S. 55)

2.2 Testplanung

Die Planung der Testzeiträume in den verschiedenen Altersklassen (Cadets, Juniors & Seniors) richtet
sich sowie die im Zusammenhang stehende Periodisierung des Trainings nach den Rahmen- und
Zielvorgaben (Leonhardt, Lüdemann, Nowoisky, & Oswald, 2018). Demzufolge sind die
Testzeitpunkte der diagnostischen Maßnahmen im Jahresverlauf an die jeweiligen
Wettkampfhöhepunkte angepasst. In der folgenden Übersicht werden die Testzeiträume der
kaderrelevanten Altersklassen (Cadets, Juniors & Seniors) dargestellt (Tab. 2-4). Im olympischen Jahr
wird der Schritt der Ergebniskontrolle ausgesetzt.

Copyright © DJB 2019
Tab. 2. Planung der zentralen und dezentralen Testzeiträume im Olympiazyklus für den Seniorenbereich (Beispiel: 2017-2020)
 Monat Januar - April Mai - August September - Dezember
Zeitraum
 Kalenderwoche 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52

 UWV

 WM
 KLD

 KLD
 EM
 1. Jahr
 IJF Wettkampfkalender

 Perioden 1. Jahr Vorbereitung I Wettkampf I Vorbereitung II Wettkampf II Übergang Vorbereitung III

 UWV

 WM
 KLD

 KLD
 EM
 2. Jahr
 2017 - 2020

 Periode 2. Jahr Vorbereitung I Wettkampf I Vorbereitung II Wettkampf II Übergang Vorbereitung III

 UWV

 WM
 KLD

 KLD
 EG
 3. Jahr
 Periode 3. Jahr Vorbereitung I Wettkampf I Vorbereitung II Wettkampf II Übergang Vorbereitung III

 UWV
 KLD

 KLD
 EM

 OS
 4. Jahr
 Periode 4. Jahr Vorbereitung I Wettkampf I Vorbereitung II WK II Übergang Vorbereitung III
 MK Bankdrücken X X X
 MK Bankziehen X X X
 MK Klimmziehen X X X
 MK Kniebeuge vorn X X X
 MK Kniebeuge hinten X X X
 MK Kreuzheben X X X
 MK Beinkraft IsoMed X X X
 MK Rumpfkraft IsoMed X X X
 MK Reißen X X X
 MK Standumsetzen X X X
 Testbatterie

 KA Bankdrücken X X X
 KA Bankziehen X X X
 KA Kniebeugen hinten X X X
 Hangeln
 Rumpfkraftausdauer IsoMed X X X
 Bourbantest
 Anristen
 Kastensprünge
 Feldstufentest (dezentrale Tests) X X X
 Rampentest (VO2max) X X X
 Judospezifischer Belastungstest (BT4) X X X
 Oberschenkelrückseite
 Beininnenseite
 Brückenüberschläge

Copyright © DJB 2019
Tab. 3. Planung der zentralen und dezentralen Testzeiträume im Olympiazyklus für den Juniorenbereich (Beispiel: 2017-2020)
 Monat Januar - April Mai - August September - Dezember
Zeitraum
 Kalenderwoche 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52

 UWV WM

 WM U21
 UWV EM

 EM U21
 KLD

 KLD
 1. Jahr

 Perioden 1. Jahr Vorbereitung I Wettkampf I Übergang Vorbereitung II
 IJF Wettkampfkalender

 UWV WM

 WM U21
 UWV EM

 EM U21
 KLD

 KLD
 2. Jahr
 2017 - 2020

 Periode 2. Jahr Vorbereitung I Wettkampf I Übergang Vorbereitung II

 UWV WM

 WM U21
 UWV EM

 EM U21
 KLD

 KLD
 3. Jahr

 Periode 3. Jahr Vorbereitung I Wettkampf I Übergang Vorbereitung II

 UWV WM

 WM U21
 UWV EM

 EM U21
 KLD

 KLD
 4. Jahr

 Periode 4. Jahr Vorbereitung I Wettkampf I Übergang Vorbereitung II
 MK Bankdrücken X X
 MK Bankziehen X X
 MK Klimmziehen X X
 MK Kniebeuge vorn X X
 MK Kniebeuge hinten X X
 MK Kreuzheben X X
 MK Beinkraft IsoMed
 MK Rumpfkraft IsoMed
 MK Reißen X X
 MK Standumsetzen X X
 Testbatterie

 KA Bankdrücken X X
 KA Bankziehen X X
 KA Kniebeugen hinten X X
 Hangeln
 Rumpfkraftausdauer IsoMed
 Bourbantest X X
 Anristen
 Kastensprünge
 Feldstufentest (dezentrale Tests) X X
 Rampentest (VO2max) X X
 Judospezifischer Belastungstest (BT4) X X
 Oberschenkelrückseite
 Beininnenseite
 Brückenüberschläge

Copyright © DJB 2019
Tab. 4. Planung der zentralen und dezentralen Testzeiträume im Olympiazyklus für den Kadettenbereich (Beispiel: 2017-2020)
 Monat Januar - April Mai - August September - Dezember
Zeitraum
 Kalenderwoche 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52

 EYOF U18
 Vorb. WM

 WM U18
 Vorb. EM

 EM U18
 FS-Test

 ZS U15

 ZS U17
 RKT
 1. Jahr

 Perioden 1. Jahr Vorbereitung I Wettkampf I Übergang Vorbereitung II
 IJF Wettkampfkalender

 Vorb. WM

 WM U18
 Vorb. EM

 EM U18
 FS-Test

 ZS U15

 ZS U17
 RKT
 2. Jahr
 2017 - 2020

 Periode 2. Jahr Vorbereitung I Wettkampf I Übergang Vorbereitung II

 EYOF U18

 Vorb. WM

 WM U18
 Vorb. EM

 EM U18
 FS-Test

 ZS U15

 ZS U17
 RKT
 3. Jahr

 Periode 3. Jahr Vorbereitung I Wettkampf I Übergang Vorbereitung II

 Vorb. WM
 Vorb. EM

 EM U18
 FS-Test

 ZS U15

 ZS U17
 RKT
 4. Jahr

 Periode 4. Jahr Vorbereitung I Wettkampf I Übergang Vorbereitung II
 MK Bankdrücken X X
 MK Bankziehen X X
 MK Klimmziehen X X
 MK Kniebeuge vorn X X
 MK Kniebeuge hinten X X
 MK Kreuzheben X X
 MK Beinkraft IsoMed
 MK Rumpfkraft IsoMed
 MK Reißen
 MK Standumsetzen X X
 Testbatterie

 KA Bankdrücken X X
 KA Bankziehen X X
 KA Kniebeugen hinten X X
 Hangeln X X
 Rumpfkraftausdauer IsoMed
 Bourbantest X X X
 Anristen X X
 Kastensprünge X X
 Feldstufentest (dezentrale Tests) X X X
 Rampentest (VO2max) X X
 Judospezifischer Belastungstest (BT4) X X
 Oberschenkelrückseite X X
 Beininnenseite X X
 Brückenüberschläge X X

Copyright © DJB 2019
Im Altersbereich Cadets dienen die eingesetzten sportmotorischen Tests ebenfalls der
Erfassung und Beurteilung des aktuellen Leistungsstandes. Aufgrund der hohen Fluktuation
von (potentiellen) Kaderathleten, wie beispielweise dass ein Drittel der Judoka zum
Jahreswechsel die Wettkampfaltersklasse bzw. den Ausbildungsabschnitt wechseln, ist eine
ökonomische Erfassung von Leistungsdaten durch adäquate Testverfahren zielführend. Für
die möglichen Starter bei internationalen Jahreshöhepunkten legen die jeweiligen
Bundestrainer die weiteren Termine für Leistungsdiagnostiken fest. Für die Mehrzahl der
Judoka bietet sich an, zumindest im Frühsommer und Frühherbst eine weitere komplexe
Leistungsdiagnostik durchzuführen. Die Berücksichtigung der Ferientermine der einzelnen
Bundesländer liegt hier nahe. Darüber hinaus dienen diese Tests der Trainingsplanung und –
steuerung. So können beispielsweise aus den Ergebnissen der Feldstufenteste Lauf
unabhängig vom aktuellen Leistungsstand jedes Einzelnen individuelle
Trainingsempfehlungen für das GA-Training abgeleitet werden.

Copyright © DJB 2019
2.3 Testbatterie

Eine Testbatterie hat in erster Linie die Aufgabe, in Abhängigkeit des Anforderungsprofils der
Sportart, eine umfassende Information über den aktuellen Leistungsstand eines Athleten zu
liefern. Die sportartbezogene Zusammenstellung von evaluierten Testverfahren soll den
Trainern auf Grundlage der Einschätzung der Testergebnisse die Trainingssteuerung
erleichtern. In Anlehnung an die drei Schwerpunktbereiche (Kraft, Ausdauer & Prävention) des
Deutschen Judo-Bund e.V. werden innerhalb der drei Altersbereiche 24 Testübungen bzw. -
verfahren im Rahmen der dezentralen/zentralen Leistungsdiagnostik durchgeführt (Tab. 5).
Dabei werden einige Testverfahren gezielt in den entsprechenden Altersklassen eingesetzt,
um eine fehlende Alternative zu kostenintensiveren Testverfahren zu schaffen.

Tab. 5. Aktuelle Testbatterie des Deutschen Judo-Bund e.V. (Stand 2019)

 Leistungsvoraussetzung Übung Cadets Juniors Seniors

 Bankdrücken / bench press Endjahrgang  
 Bankziehen / bench pull Endjahrgang  
 Klimmziehen / pull-up Technikdemonstration  
 Kniebeuge vorn / deep front squat Endjahrgang  
 Maximalkraft / maximum strength
 Kniebeuge hinten / deep back squat Technikdemonstration  
 Kreuzheben /deadlift Technikdemonstration  
 Beinkraft IsoMed   
 Rumpfkraft IsoMed   
 Reißen / snatch Technikdemonstration 
Explosivkraft / explosive strength
 Umsetzen / clean Technikdemonstration 
 Bankdrücken / bench press 50%MK 50%MK 60%MK

 Bankziehen / bench pull 50%MK 50%MK 60%MK

 Kniebeugen hinten / deep back squat 60%MK 60%MK 70%MK

 Hangeln / rope hand over hand   
 Kraftausdauer / strength-endurance
 Rumpfkraftausdauer IsoMed   
 Bourbantest / abdominal strength test   
 Anristen   
 Kastensprünge / box jumps   
 Feldstufentest (dezentrale Tests)   

 Ausdauer / endurance Rampentest (VO2max)   

 Judospezifischer Belastungstest (BT4)   

 Functional Movement Screen (FMS)   

 Beweglichkeit/Koordination
 Oberschenkelrückseite   
 flexibility / coordination
 Beininnenseite   
 Brückenüberschläge / bridge drills   

Copyright © DJB 2019
2.4 Ergebnistransfer

Bei der Erfassung, Verarbeitung und Auswertung der leistungsdiagnostischen Testdaten erhält
der Deutsche Judo-Bund e.V. wissenschaftliche Unterstützung durch die FSL-Partner (OSP,
IAT) und externen Partner (Physiotherapeuten, Ärzte). Zur Sicherung eines erfolgreichen
Trainingsprozesses sind die erreichten Ergebnisse im Vergleich zu vorgegebenen Sollwerten
zu ermitteln und auszuwerten (Schnabel, Harre & Krug, 2016). Um diesen Vergleich zu
gewährleisten werden bei zentralen sowie dezentrale Maßnahmen einheitliche
Auswertungsroutinen eingehalten. Ausgehend von den unterschiedlichen Testverfahren
werden die erhobenen Testparameter interpretiert und deskriptiv für den Bundetrainer und
die Athleten aufgearbeitet. Der Ergebnistransfer wird durch die Bereitstellung eines zentralen
Datenbanksystems sichergestellt und kann auf die individuellen Interessen der
verantwortlichen Nutzergruppen angepasst werden (Abb. 10).

Abb. 10. Ergebnistransfer für die Leistungsdiagnostik im Deutschen Judo-Bund e.V.

2.4.1 Datentransfer innerhalb des Serviceverbundsystem
Um eine kontrollierte Trainingssteuerung und eine langfristig angelegte Leistungsdiagnostik
ohne Informationsverlust zu gewährleisten, müssen die gesammelten Leistungsdaten für alle
Mitglieder des Serviceverbundsystems (FSL-/WVL-Partner & externe Partner),

Copyright © DJB 2019
Trainerkollegiums (Landes- & Bundesstützpunkttrainer) sowie Verbandsvertreter
(Sportdirektor, Wissenschaftskoordinator, Krafttrainer & Verbandsarzt) zur Verfügung stehen.
Für einen schnellen und verlustfreien Austausch von Informationen zwischen dem
Serviceverbundsystem und dem Deutschen Judo-Bund e.V. ist eine Regelung von
Testvorbereitung, Testdurchführung, Datenanalyse, Datenauswertung und Datenarchivierung
zu treffen. Ausgehend von den aktuellen Kooperationsvereinbarungen und den verfügbaren
Leistungskapazitäten der Service-Partner sind die Datentransferwege in den Altersbereichen
Seniors (Abb. 11), und Juniors (Abb. 12), wie folgt geregelt.

Abb. 11. Abstimmung des Datentransfers in der Altersklasse Seniors (Stand 31.03.2019)

Die ersten drei Arbeitsschritte, Testvorbereitung, Testdurchführung und Datenanalyse/ -
auswertung, liegen in Verantwortung des jeweiligen Service-Partners. Eine Ausnahme stellt
die Datenverarbeitung der IsoMed-Messdaten dar, die als Rohdaten an die Mitarbeiter des
IAT (FG Biomechanik) gesendet und anschließend zentral analysiert werden. Der Transfer der
Testergebnisse erfolgt unmittelbar an die Bundestrainer und den verantwortlichen des
Datenbanksystems (FG Judo, IAT). Entscheidend für eine langfristige Leistungsdiagnostik ist
die einheitliche und vollständige Übertragung von leistungsrelevanten Parametern. Dieser
Datentransfer muss in der Archivierung der Testergebnisse erkennbar sein, um eine
zielgerichtete Trainingssteuerung und adäquate Trainingswirkungsanalyse zu ermöglichen.
Die Verantwortung und Steuerung des Datentransfers obliegt dem Sportdirektor des
Deutschen Judo-Bund.

Copyright © DJB 2019
Abb. 12. Abstimmung des Datentransfers in der Altersklasse Juniors (Stand 31.03.2019)

2.4.2 Datenmanagementsystem IDA
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt (Stand 31.03.2019) befindet sich das Datenbanksystem in der
Entwicklungs- und Testphase (Projektzeitraum: 07/2018 – 05/2020). Auf Grundlage des
bestehenden Datenmanagementsystem IDA (IAT) soll die Planung, Dokumentation und
Analyse von Diagnostikdaten zukünftig sichergestellt werden. Eine genaue Beschreibung zum
Anwendungsbereich und den Funktionsweisen ist dem Lasten-/Pflichtenheft zu entnehmen
(Leonhardt, Oswald, & Nowoisky, 2018). In der folgenden Tabelle 6 sind die vorgesehene
Arbeitsaufgaben und Maßnahmen aufgelistet.

Tab. 6. Zeitplan der Arbeitsaufgaben und Maßnahmen
 Organisation und
 Arbeitsaufgaben/Maßnahmen Zeitraum
 Verantwortlichkeiten
 Fertigstellung Lasten-/Pflichtenheft 07/2018 MINT
 Unterzeichnung Lasten-/Pflichtenheft 10/2018 FG
 Basisversion mit Nutzerverwaltung für 12/2018 MINT
 Sportler/Trainer
 Jahresplan für Planung von Wettkämpfen, 01/2019 MINT
 Lehrgängen und Leistungsdiagnostiken
 Erfassung Leistungsdiagnostikdaten 02/2019 MINT
 Beginn Testphase 1 FG/DJB
 Integration Richtwerte und Vorgabewerte 04/2019 MINT
 Rückmeldung (Ende Testphase 1) 05/2019 FG/DJB
 Handout 07/2019 MINT
 Beginn Testphase 2 FG/DJB
 Allgemeine Auswertung 08/2019 MINT
 IKKZ 10/2019 MINT

Copyright © DJB 2019
Rückmeldung (Ende Testphase 2) 10/2019 FG/DJB
 Spezifische Auswertungen 12/2019 MINT
 Beginn Testphase 3 FG/DJB
 Rückmeldung (Ende Testphase 3) 02/2020 FG/DJB
 Fehlerbehebung 04/2020 MINT
 Fertigstellung und Übergabe an FG/DJB 05/2020 MINT

In Abhängigkeit des Nutzerprofils (Funktionär, Trainer, Sportler, Wissenschaftler &
Physiotherapeut) erhalten die Personen des Kompetenzteams einen an die
Leistungsdiagnostikinhalte angepassten Zugang. Hier lassen sich sowohl aktuelle als auch
langfristige Testergebnisse nachvollziehen. Die Wartung und Pflege des
Datenmanagementsystems wird durch die FG Judo (IAT) gewährleistet.

2.5 Servicepartner und Verantwortlichkeiten

Für die Umsetzung einer langfristig und zuverlässig angelegten Leistungsdiagnostik im
Deutschen Judo-Bund e.V. sind die Verantwortlichkeiten aller beteiligten Instanzen von
entscheidender Bedeutung. Ausgehend von der Verbandsstrategie ist die Verzahnung von
Servicepartnern und DJB-Mitarbeitern innerhalb des sich entwickelnden Gesamtprozesses
(Testplanung, Testdurchführung, Datenerhebung, Datenauswertung, Trainingssteuerung &
Archivierung) immer wieder zu überprüfen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden die
Bundestrainer im Olympiazyklus 2020 von folgenden Personen innerhalb der
Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung unterstützt (Tab. 7)

Tab. 7. Servicepartner und Mitarbeiter des Deutschen Judo-Bund e.V.
 Einrichtung Ansprechperson Funktion/ E-Mail
 Schwerpunkt
 DJB e.V. Simon Schnell Athletiktrainer/ simon.schnell@gmx.ch
 Kraftdiagnostik
 IAT/FES e.V. Stefan Leonhardt FG Leiter Judo leonhardt@iat.uni-leipzig.de
 OSP Bayern Dr. Jens Geist Trainingswissenschaft/ JGeist@ospbayern.de
 Physiologie
 OSP Leipzig Dr. Frank Schiller Trainingswissenschaft/ frank.schiller@osp-leipzig.de
 Physiologie/Kraft
 OSP Niedersachsen Dr. Boris Ullrich Biomechanik ullrich@osp-niedersachsen.de
 OSP Niedersachsen Sebastian Zahn Trainingswissenschaft/ zahn@osp-niedersachsen.de
 Kraftdiagnostik
 OSP Rheinland Dr. Oliver Heine Trainingswissenschaft/ heine(at)osp-rheinland.de
 Physiologie
 OSP Rheinland Daniel Jacko Trainingswissenschaft/ jacko(at)osp-rheinland.de
 Physiologie
 OSP Stuttgart Dr. Ioannis Sialis Trainingswissenschaft sialis@osp-stuttgart.org
 Physiologie
 OSP Stuttgart Robert Bollinger Trainingswissenschaft bollinger@osp-stuttgart.org
 Biomechanik
 OSP Sachsen-Anhalt Dr. Guido Meyer Trainingswissenschaft meyer@osp-sachsen-anhalt.de
 Rumpfdiagnostik

Veränderungen innerhalb der prozessbegleitenden Leistungsdiagnostik bzw. des
Leistungsdiagnostikkonzeptes (z.B. neue Auswertungsroutinen, Veränderung der

Copyright © DJB 2019
Testbatterie, Relevanz von Testverfahren oder Neuentwicklungen) sind nur in Abstimmung
mit dem Sportdirektor zu treffen. Um die Hierarchie der Richtlinienkompetenz innerhalb des
Verbundsystems (Abb. 13) zu bewahren, werden die diagnostischen und
forschungsbezogenen Anforderungen an die Service-Partner durch den Deutschen Judo-Bund
e.V./ Sportdirektor bestimmt. Zur gegenseitigen Arbeitsgrundlage werden diese
Anforderungen in Kooperationsvereinbarungen oder Gesprächsrunden (u. a. FSL-
/Meilensteingespräche) festgehalten.

Abb. 13. Hierarchisch angeordnete Verantwortlichkeiten von Spitzenverband und Servicepartnern

Um den Informationsaustausch zwischen Leistungssportpraxis und Sportwissenschaft zu
optimieren steht der Wissenschafts-Koordinator im engen Kontakt mit den Service-Partnern.
Neben dem Erkennen von Fragestellungen, Problemen und Erkenntnisdefiziten ist der
Wissenschaft-Koordinator bestrebt u. a. die Reserven innerhalb der Leistungsdiagnostik mit
den Service-Partnern zu erschließen (Killing, 2011). Die verantwortlichen Bundestrainer
(Seniors & Juniors) stehen ebenfalls im engen Kontakt zu den Mitgliedern ihrer
Kompetenzteams und erhalten die unmittelbare Zuarbeit bzw. diagnostischen Einschätzungen
durch die Experten. Die Bundestrainer sind verantwortlich den Transfer von diesen
Erkenntnissen an die Athleten und Trainerkollegen (z.B. BSP-Trainer, Heimtrainer)
sicherzustellen.

Copyright © DJB 2019
2.5.1 Abstimmung mit den FSL- und externen Partnern
Die Abstimmung der zentralen bzw. dezentralen Leistungsdiagnostiken erfolgen durch
Anfrage des Deutschen Judo-Bund e.V. im Rahmen der FSL-Gespräche. Hier werden die
notwendigen Ressourcen und Verantwortlichkeiten für den aktuellen Olympiazyklus geklärt.
Als Grundlage für eine Kooperationsvereinbarung wird die Zusammensetzungen der
Kompetenzteams sowie die Aufgabenverteilung innerhalb der Altersbereiche festgelegt.

2.5.2 Abstimmung mit den WVL-Partnern
Maßnahmen und trainingswissenschaftliche Unterstützungsleistungen im Rahmen der WVL-
Partner werden nach Anfrage und Anforderung durch den DJB e.V. gesteuert.

Copyright © DJB 2019
3 Bestimmung der Kraftfähigkeiten
Ausgehend vom Fähigkeitskonzept existieren verschiedene komplexe Kraftfähigkeiten, die je
nach Bedeutung für die Wettkampfleistung unterschiedlich strukturiert und beschrieben sein
können. Im Judo, wo hohe Widerstandsgrößen auftreten, stellt die Kraftfähigkeit der
Maximalkraft (MK) eine Basisgröße dar, die im engen Zusammenhang u.a. mit den komplexen
Fähigkeiten der Schnellkraft bzw. Explosivkraft, Kraftausdauer sowie auch Ausdauerkraft steht
(Güllich & Schmidtbleicher, 1999; Martin, Carl, & Lehnertz, 1993; Schlumberger &
Schmidtbleicher, 2000; Schnabel et al., 2016). Die MK wird als die höchste Kraft definiert, die
das neuromuskuläre System bei einer maximalen willkürlichen Kontraktion entfalten kann.
Die Maximalkraftfähigkeit wird dabei in eine statische und dynamische Arbeitsweise (bzw.
auch Beanspruchungsform) der Muskulatur unterschieden. Bei einer statischen Arbeitsweise
kontrahiert die Muskulatur isometrisch, d.h. bei der Muskelkontraktion findet keine
Veränderung der Muskellänge statt. Die dynamische Kraftfähigkeit kann sowohl als
konzentrische (Widerstand überwindend) als auch exzentrische (Widerstand nachgebend,
bzw. „abbremsend“) Beanspruchungsform der Muskulatur auftreten. Als wesentliche
Einflussgrößen der Maximalkraft sind die aktive (fettfreie) Muskelmasse, der physiologische
Muskelquerschnitt, die Faserzusammensetzung, intra- und intermuskuläre Koordination,
anaerob-alaktazider Stoffwechsel sowie psychische Faktoren bekannt (Höss-Jelten, 2004;
Schnabel et al., 2016).
Für die Schnellkraftfähigkeit existieren unterschiedliche Definitionsansätze in der Literatur,
die auf (zumeist bewegungsspezifische) Anforderungen, Realisierungs- und
Erscheinungsformen beruhen (Ballreich, 1996; Bührle, 1993; Grosser et al., 2008; Höss-Jelten,
2004; Lüdemann, 2013). Daher wird für eine weitergehende oder eingrenzende Beschreibung
der Schnellkraft die Einnahme einer sportartspezifischen Perspektive gewählt. Nach Gain,
Hartmann und Tünnemann (1980, S.36) äußert sich die Schnellkraftfähigkeit durch „die Größe
der Geschwindigkeit und Beschleunigung, mit der das Nerven-Muskel-System in der Lage ist,
äußere Kräfte (…) zu überwinden“. Beispielsweise müssen relativ große (gegnerische)
Körpermassen in sehr kurzer Zeit beschleunigt werden. Dadurch kann die Schnellkraft als die
Fähigkeit des neuromuskulären Systems beschrieben werden, die in der zur Verfügung
stehenden Zeit einen möglichst großen Kraftstoß (Impuls) entfalten kann (Güllich &
Schmidtbleicher, 1999; Grosser, Starischka & Zimmermann, 2004). Bei schnellen Bewegungen
(
Zur Einschätzung der Größe der Kraftfähigkeiten werden sich zumeist biomechanischer
Messverfahren (BMV) und sportmotorischer Tests (SMT) bedient. Die biomechanischen
Messverfahren können mithilfe von Kraftmaschinen oder spezieller Testgeräte umgesetzt
werden, wo u.a. anhand entsprechender isometrischer und isokinetischer Tests
dynamografische Messungen durchgeführt werden. Bei sportmotorischen Krafttests werden
aus einer erreichten Leistung bei einer Spezialübung (bspw. Kraftübung) auf den
Ausprägungsgrad der entsprechenden Kraftfähigkeit geschlossen. Unabhängig vom
verwendeten Verfahren müssen standardisierte Testbedingungen sowie variierbare
Kraftmaschinen oder Testgeräte (um leistungsbeeinflussende Unterschiede der Körpermaße
auszugleichen) sichergestellt werden (Schnabel, Harre & Krug, 2016).

 Tab. 8. Übersicht der verwendeten Testverfahren zur statischen und dynamischen Kraftfähigkeiten
 Kraftfähigkeiten Statische Testverfahren Dynamische Testverfahren
 Maximalkraft BMV (Isometrischer Test) SMT (Kraftübung)
  Beinpresse (Isomed)  Bankdrücken
  Sagittale Rumpfrotation  Bankziehen
 (Isomed)  Tiefe Nackenkniebeuge
  Transfersale Rumpfrotation  Kreuzheben
 (Isomed)  Umsetzen
  Griffkraft (Lorenz)  Reißen
  Klimmzug
 BMV (Isokinetischer Test)
  Beinpresse (Isomed)
  Sagittale Rumpfrotation (Isomed)
  Transfersale Rumpfrotation (Isomed)
 Schnellkraft/ BMV (Isometrischer Test) SMT (Kraftübung)
 Explosivkraft  Beinpresse (Isomed)  Standumsetzen
  Reißen
 BMV (Isokinetischer Test)
  Beinpresse (Isomed)
 Kraftausdauer/ SMT (Kraftübung SMT (Kraftübung)
 Ausdauerkraft  „Hängen an der Judojacke“  Bankdrücken
  Bankziehen
  Tiefe Nackenkniebeuge
  Bourban-Test
  Kastensprünge
  Anristen
  Klimmziehen
 BMV (Isokinetischer Test)
  Transfersale Rumpfrotation (Isomed)

3.1 Statische Testverfahren

Da es zwischen isometrischen und konzentrischen Beanspruchungen enge Zusammenhänge
gibt, kann diese mit Testverfahren sowohl zur statischen als auch zur dynamischen
Maximalkraftfähigkeit erhoben werden. Wenn aber „das Ziel einer Kraftmessung darin
besteht, den höchsten willkürlich zu erzielenden Maximalkraftwert zu erfassen, muss in jedem

Copyright © DJB 2019
Fall isometrisch gemessen werden, da die Kraftwerte bei isometrischer Testung höher liegen
als bei dynamischer Testung“ (Schlumberger & Schmidtbleicher, 2000, S. 224).
Die isometrische Maximalkraftmessung hat das Ziel den höchsten willkürlich zu erzielenden
Maximalkraftwert zu bestimmen und eignet sich insbesondere für die Dokumentation und
Darstellung von Kraftentwicklungen (Suchomel, Nimphius, & Stone, 2016). Dabei werden die
Kraftwerte anhand eines unüberwindlichen Widerstandes dynamometrisch gemessen. Die
isometrische Maximalkraft entspricht dann dem höchsten Punkt auf der gemessenen Kraft-
Zeit-Kurve (Schlumberger & Schmidtbleicher, 2000). Ein Vorteil bei der isometrischen
Maximalkraftmessung besteht in der gleichzeitigen Bestimmung weiterer Kraftkomponenten,
wie Schnell- bzw. Explosivkraft (McGuigan, Winchester, & Erickson, 2006; Suchomel et al.,
2016). Als ein Nachteil wird das Fehlen einer direkten Erfolgskontrolle angesehen. Daher wird
empfohlen, den Athleten nach jeder Testausführung eine Rückmeldung auf die
Ausführungsqualität anhand des Kurvenverlaufs der Kraft-Zeit-Kurve zu geben (Schlumberger
& Schmidtbleicher, 2001). Einen großen Einfluss auf den Kraftwert haben die Positionen der
Körpersegmente und der Körpergelenke und die sich daraus ergebenden Kraft-Längen-
Verhältnisse des Muskels. Daher ist bei der isometrischen Messung auf eine Standardisierung
der Gelenkwinkel sowie auf eine Erfassung der Körpersegmentlängen zu achten.
Beispielsweise wird als optimaler Arbeitswinkel für die Armstreckung ein Ellenbogenwinkel
von 60-120 Grad angegeben (Höss-Jelten, 2004). Bei der Kniestreckung liegt der optimale
Arbeitswinkel bei 110-120 Grad. Dennoch wird zumeist ein „tiefer“ Kniewinkel (90 Grad oder
kleiner) empfohlen, da isometrische Maximalkraftwerte bei tiefen Kniewinkel stärker mit dem
Einer-Widerholungsmaximum korrelieren (Bazyler, Beckham, & Sato, 2015). Die Reliabilität
der isometrischen Maximalkraftmessungen wird im Allgemeinen als sehr hoch (r = 0,98)
angegeben. Dabei hat aber ebenfalls die Position der Körpersegmente ein Einfluss auf die
Genauigkeit der Kraft-, insbesondere auf die Drehmoment-Messung. In der Tabelle XX sind die
in der DRB-Testbatterie verwendeten isometrischen Krafttests mit der dazugehörigen
Genauigkeit aufgezeigt.

Tab. 9. Genauigkeit der verwendeten isometrischen Maximalkrafttests auf Grundlage von IAT-Daten.
 Isometrischer Maximalkrafttest Reliabilitäts- Standardfehler Literatur
 koeffizient
 Beinpresse (Legpress-Modul Test-Retest SEMFrauen = 22 N Schleichardt, 2015
 Isomed 2000) ICC(3,1) ≥ 0,97 SEMMänner‘ = 43 N
 Armzug (IAT-Isobank) Test-Retest SEM = 47 N Modifiziert nach
 ICC(3,1) = 0,95 Lüdemann, Büsch &
 Nowoisky, 2010;
 Nowoisky & Lüdemann,
 2010
 Sagittale Rumpfrotation Abhängig von der
 (Extensionsmodul Isomed 2000) Oberkörperlänge
 uges = 23 – 41 Nm
 Transversale Rumpfrotation Vergleichsmessung Abhängig von der Modifiziert nach
 (Back-Modul Isomed 2000) Pegasus Schulterbreite Ehrlicher, 2018
 ICC(3,1) ≥ 0,79 uges = 18 – 24 Nm

Copyright © DJB 2019
Sie können auch lesen