Krebs - was ist das? Hirntumoren - Deutsche Kinderkrebsstiftung
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Impressum Erstellt von Stephan Tippelt, Ruth Mikasch, Gudrun Fleischhack, Universitätsklinikum Essen, Klinik für Kinderheilkunde III, Beate Timmermann, Westdeutsches Protonentherapiezentrum Essen (WPE), Universitätsklinikum Essen unter Berücksichtigung der bisherigen Vorlagen der Deutschen Kinderkrebsstiftung. Redaktion: Klaus Riddering Alle Rechte dieser Ausgabe vorbehalten, insbesondere das Recht des Nachdruckes in Zeitschriften oder Zeitungen, des öffentlichen Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile. Gestaltung: www.amedes.de Illustrationen: Jan Buckard Druck: medienHaus PLUMP, Rheinbreitbach 1. Auflage 2014 (2.000) Besonderer Dank gilt der Bohne Junius-Stiftung in Duisburg für die finanzielle Unterstützung bei der Herstellung dieser Informationsschrift. Kompetenznetz Pädiatrische Onkologie Deutsche Kinderkrebsstiftung und Hämatologie (KPOH) Adenauerallee 134 | 53113 Bonn Charité - Universitätsmedizin Berlin Tel. 02 28.6 88 46-0 Augustenburger Platz 1 Fax 02 28.6 88 46-44 13353 Berlin info@kinderkrebsstiftung.de www.kinderkrebsinfo.de www.kinderkrebsstiftung.de info@kinderkrebsinfo.de
Liebe Eltern! Bei Ihrem Kind wurde ein Tumor im zentralen Nervensystem (ZNS-Tumor) festgestellt. Zu diesen Tumoren zählt man die Tumoren, die im Gehirn oder Rückenmark entstehen (primäre ZNS-Tumoren). Diese Nachricht traf Sie sicher unerwartet und wirft bei Ihnen bestimmt viele Fragen auf. Diese Broschüre soll Ihnen helfen, sich in dem für Sie zunächst verwirrend erscheinenden medizinischen Wortschatz zurechtzufinden. Es werden Ihnen hier die einzelnen Tumorarten des ZNS und ihre Behandlung laienverständlich vorgestellt. Machen Sie sich in aller Ruhe mit den für Sie relevanten Informationen vertraut und besprechen Sie diese mit den behan- delnden Ärzten und / oder dem Pflegepersonal. Die hier wiedergegebenen medizinischen Informationen finden Sie auch als Patienten- Kurzinformationen auf der Internetseite www.kinderkrebsinfo.de, dem Informationsportal der Fachgesellschaft für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie (GPOH). Dort können Sie sich außerdem noch ausführlicher informieren, wenn Sie weitere Details wissen möchten. Gut zu wissen Das Wort Tumor stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Schwellung oder Geschwulst. Damit ist noch nichts über die Eigenschaften der Schwellung gesagt. Es ist einfach die Beschreibung für eine feste (solide), örtlich umschriebene Zunahme von körpereigenem, reifem (differenziert), unreifem (primitiv; undifferenziert) oder embryonalem, also noch völlig ursprünglichem Gewebe.
Krebs – was ist das? Inhalt Informationen für Eltern............................................................................ 3 Krankheitsbild ZNS-Tumoren..................................................................... 6 Funktion und Aufbau des Zentralnervensystems ................................. 6 Was sind ZNS-Tumoren und warum entstehen sie? ............................. 8 Was sind Warnsignale / welche Symptome machen diese Tumoren? ... 9 Welche Untersuchungen sind notwendig? ............................................. 9 Klinische Untersuchung.......................................................................... 10 MRT / CT ................................................................................................. 10 Lumbalpunktion ................................................................................ 11 Weitere Untersuchungen................................................................... 11 Tumorarten.............................................................................................. 12 Wie werden ZNS-Tumoren eingeteilt?............................................... 12 Gliome (Astrozytom, Ponsgliom, Optikusgliome, Glioblastom) ..... 15 Medulloblastom / PNET ................................................................ 15 4 Ependymome................................................................................. 17 Atypischer Teratoider Rhabdoidtumor (AT/RT) .............................. 17 Tumoren der Hypophysen-Region (Kraniopharyngeom, Keimzelltumor) 18 Neurinome .................................................................................... 19 Plexuskarzinom / Plexuspapillom ................................................... 19 Die Behandlung / Therapie....................................................................... 20 Operation / Biopsie........................................................................... 21 Chemotherapie ................................................................................. 22 Zentraler Venenkatheter ................................................................... 24 Strahlentherapie (Radiotherapie) ...................................................... 26 Was merkt mein Kind von der Bestrahlung? .................................. 26 Was sind die möglichen Nebenwirkungen einer Bestrahlung? ....... 27 Welche Art der Strahlentherapie ist die richtige? ........................... 27
Inhaltsverzeichnis Der Alltag neben dem Krankenhaus......................................................... 30 Empfehlungen für zu Hause .............................................................. 30 Normalität für eine Weile ein Fremdwort ......................................... 31 Rehabilitation ................................................................................... 31 Nachsorge ......................................................................................... 32 Was, wenn es nicht (so) gut läuft? .................................................... 32 Anhang .................................................................................................... 34 Literaturempfehlungen ..................................................................... 34 Einige wichtige Adressen .................................................................. 36 Studienzentralen ............................................................................... 36 Erklärung einiger Begriffe.................................................................. 40 Informationen für Patienten .................................................................... 58 5 Hallo! ...................................................................................................... 59 Was ist überhaupt ein Tumor? ................................................................. 60 Wie entsteht ein Tumor? ......................................................................... 61 Warum macht ein Tumor krank? .............................................................. 63 Woher kommt ein bösartiger Tumor? ...................................................... 64 Wie wird ein Tumor behandelt? .............................................................. 65 Wie geht’s weiter?................................................................................... 70
Krankheitsbild ZNS-Tumoren Funktion und Aufbau des Steuerung von Herz, Kreislauf, Atmung, Temperatur Zentralnervensystems und der Hormonproduktion. Das Zentralnervensystem, kurz auch ZNS genannt, Das Gehirn ist von dem knöchernen Schädel und besteht aus dem Gehirn, dem Rückenmark und dem das Rückenmark von den knöchernen Wirbelbögen Nervenwasser. Das Gehirn ist ein hocheffizientes umgeben, um vor Verletzungen geschützt zu sein. und spezialisiertes Organ, das in unserem Körper Zwischen Schädelknochen und Gehirn bzw. Wirbel- die Steuerung vieler Vorgänge oder Prozesse über- körpern und Rückenmark befinden sich die Hirn- bzw. nimmt. Neben vielen weiteren Funktionen besteht Rückenmarkshäute Das Nervenwasser umgibt unser die Aufgabe des Gehirns darin, wichtige Körper- Gehirn und das gesamte Rückenmark wie ein Flüs- funktionen zu steuern. Dazu gehören die Wahrneh- sigkeitspolster und bietet dadurch einen zusätzlichen mung und das Verarbeiten von Sinnesreizen (wie Schutz. Auch im Inneren des Gehirns befinden sich z.B. Sehen), die Koordination von Bewegungen, das Nervenwasserräume, die in ihrer Gesamtheit als Hirn- Gedächtnis und die Lernfähigkeit, das Verstehen kammer- oder Ventrikelsystem bezeichnet werden. und Wiedergeben von Sprache, der Ausdruck von Gefühlen, die Persönlichkeitsentwicklung sowie die
Krankheitsbild ZNS-Tumoren Im Focus Gliederung des Gehirns in seine Hauptabschnitte (von der Seite) 6 Großhirn 4 Zwischenhirn (Telencephalon) (Diencephalon) Vorn Hinten 3 Mittelhirn 7 (Mesencephalon) 5 Kleinhirn (Cerebellum) 1 Verlängertes Mark (Medulla oblongata) 2 Brücke (Pons)
Krebs – was ist das? Das Gehirn kann im Wesentlichen in das Großhirn, Was sind ZNS-Tumoren und das Zwischenhirn, das Kleinhirn und den Hirnstamm warum entstehen sie? aufgeteilt werden. Diese einzelnen Teile sind für bestimmte Aufgaben zuständig. Das Kleinhirn ist ZNS-Tumoren sind die größte Gruppe der soliden (= fes- vor allem für die Koordination der Bewegungsabläufe ten, zunächst örtlich begrenzten) Tumoren im Kindes- und das Gleichgewicht zuständig. Der Hirnstamm und Jugendalter. Sie können gutartig oder bösartig kontrolliert und reguliert die lebenswichtigen Funk- sein. Sie gehören zu den Krebserkrankungen des zen- tionen der Atmung, des Kreislaufs und den Blut- tralen Nervensystems (Gehirn und Rückenmark) und druck. Ein Teil des Zwischenhirns (Hypothalamus) können von unterschiedlichen Zellen des Gehirns, wie übernimmt in Wechselwirkung mit der Hirnanhangs- z.B. Glia-Zellen (Astrozyten und Oligodendrozyten) drüse (Hypophyse) die zentrale Steuerung des Hor- oder Ependymzellen ausgehen. Der Tumor wird am monhaushaltes. Das Großhirn kann in verschiedene Ort des Entstehens als Primärtumor (=Ursprungstumor) Regionen mit ihren spezifischen Aufgaben unterteilt bezeichnet, bei ZNS-Tumoren ist dieser Primärtumor werden. So übernimmt zum Beispiel das Stirnhirn meist im Kopf (=intrakraniell) und selten im Rücken- (Frontallappen) die Koordination von Bewegung und mark (=spinaler Tumor). Eventuelle Absiedlungen dieses Sprache, der Schläfenlappen (Temporallappen) ist Tumors an anderen Stellen des Gehirns und des Rücken- wichtig für unsere Emotionen, Gefühle und unsere markes nennt man Metastasen. 8 Gedächtnisleistung, im Scheitellappen (Parietallap- pen) werden Sprache und viele abstrakte Denkvor- Für die Entstehung von ZNS-Tumoren gibt es trotz gänge wie mathematische Überlegungen verarbeitet großer wissenschaftlicher Anstrengungen nur wenige und im Hinterhauptlappen (Okzipitallappen) sitzt gesicherte Risikofaktoren wie ionisierende Strahlung, unser Sehzentrum, das alle mit den Augen aufgenom- lang anhaltende Immunschwäche und selten eine menen Bilder verarbeitet. genetische Veranlagung. Ein ursächlicher Zusammen- hang mit Stress, bestimmten Viruserkrankungen oder Oft wird das Gehirn auch in eine weiße und in eine elektromagnetischen Feldern konnte bisher nicht graue Substanz aufgeteilt. In der grauen Substanz lie- sicher bewiesen werden. gen zum größten Teil Nervenzellen, aber auch Stütz- zellen (=Glia) und Mikrogliazellen. Die weiße Substanz Da die wenigsten Kinder den oben genannten Risiko- besteht hauptsächlich aus den Fortsätzen der Nerven- faktoren ausgesetzt waren oder an einer der genannten zellen, welche die einzelnen Gebiete miteinander ver- Erkrankungen leiden, bleibt die Ursache für die Ent- schalten und deren Kommunikation ermöglichen. Zur stehung des ZNS-Tumors Ihres Kindes zumeist unklar. Versorgung dieser Zellen sind natürlich große Gefäße (Arterien) bis hin zu feinen Blutgefäßen (=Kapillaren), die das Gehirn durchziehen, lebensnotwendig.
Krankheitsbild ZNS-Tumoren 9 Was sind Warnsignale / welche schneller Ermüdbarkeit, vermehrtem Schlafbedürfnis Symptome machen diese Tumoren? sowie Kopfschmerzen äußern. Spezifische Symptome werden durch die Lage und Eigenschaften des Tumors Die Krankengeschichte eines ZNS-Tumors geht oft im Gehirn oder Rückenmark bestimmt. So kann ein nur wenige Tage oder Wochen zurück. Selten kommt Tumor des Kleinhirns zu Gleichgewichtsstörungen es bei sehr langsam wachsenden Tumoren zu einer führen, wohingegen ein Tumor des Schläfenlap- über mehrere Monate oder sogar mehrere Jahre pens kurzzeitige Gedächtnisverluste auslösen kann. andauernden Symptomatik. Anhand solcher spezifischen Symptome kann der Arzt Rückschlüsse auf den möglichen Ort eines Tumors im Die Symptome können in unspezifische Allgemein- Zentralnervensystem ziehen. symptome und spezifische Symptome unterteilt wer- den. Unspezifische Allgemeinsymptome haben ihren Ursprung meist in der langsam zunehmenden Druck- Welche Untersuchungen sind steigerung im Schädelinneren (intrakraniell) und notwendig? können sich in Wesensveränderung, Konzentrations- störungen, Leistungsknick, fehlendem Appetit und Als Erstes ist es wichtig, mit Ihnen als Eltern und Nahrungsverweigerung, Erbrechen, Gewichtsverlust, Ihrem betroffenen Kind ausführlich zu sprechen.
Krebs – was ist das? Nur so können die Ärzte die spezielle Krankengeschich- MRT te (Anamnese) Ihres Kindes herausfinden und die Für ein MRT muss Ihr Kind für mindestens 30 Minu- richtigen Untersuchungen für eine schnelle Diagnose- ten, mitunter auch 40 bis 60 Minuten, still auf einer findung anordnen. Dafür ist dem Arzt jeder kleine Hin- sich bewegenden Liege ausharren können. Bei allen weis ein wichtiger Puzzlestein, so dass Sie alle Fragen Kindern, für die das aufgrund des Alters oder ande- und vermeintlichen Zusammenhänge nennen sollten. rer Gründe nicht möglich ist, muss man das MRT in Narkose durchführen. In einem MRT wird der Kör- per durch wechselnde Magnetfelder dargestellt. Klinische Untersuchung Diese sind für unseren Körper unbedenklich und es entsteht keine Strahlenbelastung für Ihr Kind. In Neben der normalen Untersuchung von Herz, Lunge den MRT-Raum können Sie Ihr Kind, wenn es keine und Bauch, die Sie sicher von Ihrem Kinderarzt ken- Narkose bekommt, begleiten und so zu seiner Beru- nen, gehört zu einer Untersuchung bei Verdacht auf higung beitragen. Dort dürfen Sie aufgrund der dort einen ZNS-Tumor eine neurologische Untersuchung. vorhandenen starken Magnetfelder keine Magnet- Hierbei versucht der Arzt die Funktionen der ein- karten (z.B. auch nicht Kreditkarten) und vor allem zelnen Teile des ZNS (siehe oben) durch spezifische keine Metallgegenstände mitnehmen (z.B. Metall- Untersuchungen zu überprüfen. Um die Funktionen schmuck, Metallgürtel, Metallknöpfe an Kleidung). 10 des Sehens und Hörens ausreichend einschätzen zu Machen Sie die Untersucher gegebenenfalls auch können, müssen diese Untersuchungen durch den auf im Körper befindliche metallische Implanta- jeweiligen Spezialisten wie Augenarzt und HNO- te (z.B. Zahnspangen, Implantate nach OP, Shunts, Arzt durchgeführt werden. Piercing etc.) aufmerksam. CT MRT / CT Ein CT funktioniert wie ein Röntgen-Bild mit Rönt- gen-Strahlen. Dies hat den Vorteil, dass die Unter- Besteht durch die Krankengeschichte (Anamnese) suchung fast überall und zu jeder Zeit verfügbar ist und die neurologische Untersuchung der Verdacht und die Durchführung auch nur einen Bruchteil der auf einen ZNS-Tumor oder kann dieser z.B. im Rah- Zeit eines MRT benötigt. Jedoch ist Ihr Kind einer men der Abklärung von wiederkehrenden, heftigen gewissen Strahlenbelastung ausgesetzt und die Kopfschmerzen oder Übelkeit und Erbrechen nicht Bildqualität der entstandenen Schnittbilder reicht sicher ausgeschlossen werden, muss eine bildgeben- oft für eine genauere Diagnose des Tumors nicht de Untersuchung des Gehirns durchgeführt werden. aus. Das CT ist mitunter nur eine orientierende Hierzu eignet sich eine Magnet-Resonanz-Tomogra- Untersuchung im Notfall oder bei bestimmten Fra- phie (MRT) am besten. Nur in seltenen Fällen bietet gestellungen wie z.B. zum Nachweis von Verkalkun- eine Computer-Tomographie (CT) eine Alternative. gen im Tumor.
Krankheitsbild ZNS-Tumoren Lumbalpunktion genannten regulären Untersuchungen zusätzliche Untersuchungen anstehen können. Hierzu gehö- Eine Nervenwasseruntersuchung (Lumbalpunktion) ren insbesondere die Überprüfung des Herz-Kreis- gehört bei fast allen ZNS-Tumoren zu den Erstun- lauf-Systems (Echokardiografie=Ultraschall vom tersuchungen. Im Nervenwasser wird nach Tumor- Herzen, EKG=Ableitung der Herzströme) und der zellen gesucht, um hierüber eine minimale (im MRT Nieren- und Leberfunktion (Labor, Urinuntersu- nicht sichtbare) Ausbreitung des bei Ihrem Kind dia- chung, Sonografie). gnostizierten ZNS-Tumors zu erkennen. In wenigen Fällen kann es auch notwendig sein, so genannte Tumormarker im Nervenwasser zu bestimmen. Das Im Focus sind Botenstoffe, die in seltenen Fällen von dem Tumor produziert und ins Nervenwasser abgegeben werden. Die Nervenwasserentnahme wird meistens in einer kurzen Sedierung (Kurznarkose ohne Beatmung) oder nach lokaler Betäubung mit einem Schmerz- 11 pflaster durchgeführt. Die Punktion erfolgt an der Lendenwirbelsäule bei dem nach vorn gebeugten Kind. Die Nervenwasserentnahme wird von den meisten Kindern gut vertragen. Gelegentlich können aber danach Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbre- Lumbalpunktion chen als Nebenwirkung auftreten. Mit einer langen Nadel wird aus dem Nervenwas- serkanal im Bereich der Lendenwirbelsäule, dem so genannten Spinalkanal, Gehirn-Rückenmark-Flüs- Weitere Untersuchungen sigkeit (Liquor) entnommen, um diese auf bösartige Zellen zu untersuchen. Hier können auch Medika- Als Standarduntersuchungen erhalten alle Kinder mente verabreicht werden, die über den Spinalka- mit einem ZNS-Tumor eine Hirnstromableitung nal direkt ins Gehirn gelangen sollen (intrathekale (EEG), eine Untersuchung der Augen, einen Hörtest Behandlung). Damit die Nadel zwischen die Wirbel sowie eine Blutuntersuchung auf Hormone. Im Falle gleiten kann, beugt sich der Patient / die Patientin einer notwendigen Chemo- und / oder Strahlenthe- so weit wie möglich vor. Die Einstichstelle wird rapie werden im Allgemeinen alle Körperfunktio- zuvor lokal mit einem Schmerzpflaster betäubt. nen überprüft, so dass bei Ihrem Kind neben den
Tumorarten Wie werden ZNS-Tumoren dieses Tumors von einem Pathologen untersucht eingeteilt? werden. Neben dieser feingeweblichen Untersuchung (Histologie) und der Zuordnung des Tumors zu seinem ZNS-Tumoren kann man nach Ihrem Ursprungsgewe- Ursprungsgewebe kann man durch zusätzliche spezi- be in verschiedene Untergruppen unterteilen. Neben fische Untersuchungen (z.B. die Immunhistochemie den bekannten Nervenzellen finden wir im Gehirn oder genetische Untersuchungen) an weitere Infor- unter anderem insbesondere die Stützzellen (Glia- mationen über den Tumor gelangen. Diese erlau- zellen), Blutgefäße, die Hirnkammern auskleidenden ben mitunter eine Zuordnung zu einer spezifischen Ependymzellen sowie die Nervenfasern umgebenden Untergruppe einer Tumorart, was in Zukunft mög- Schwann-Zellen. Aus all diesen Zellen können ZNS- licherweise einen zunehmenden Einfluss auf die Art Tumoren entstehen, wobei sich aus den eigentlichen der Behandlung haben wird. Die Gewebeprobe wird Nervenzellen keine Tumoren bilden. meistens durch eine offene Operation gewonnen, bei der versucht wird, den Tumor vollständig zu entfer- Um den bei Ihrem Kind festgestellten ZNS-Tumor nen oder zumindest zu verkleinern. In seltenen Fällen dem oben genannten Ursprungsgewebe zuordnen wird die Gewebeprobe durch eine kleine Punktion zu können, muss ein repräsentatives Gewebestück (Biopsie) des Tumors gewonnen.
Tumorarten Alle ZNS-Tumoren werden anhand ihrer Bösartigkeit Während man bei den WHO-Grad-I- und Grad-II- / Aggressivität von der Welt-Gesundheits-Organisa- Tumoren von so genannten „gutartigen“ Tumoren tion (WHO) in vier verschiedene Gruppen eingeteilt. mit meist langsamer Wachstumsgeschwindigkeit Die Bösartigkeit wird unter anderem definiert durch spricht, gelten WHO-Grad-III und -IV-Tumoren mit die Wachstumsgeschwindigkeit, die Wahrscheinlich- ihrem deutlich schnelleren Wachstum als bösartig keit zur Bildung von Tochtergeschwülsten und durch (hoch-maligne). weitere feingewebliche Eigenschaften des Tumors. Im Focus Modifizierte WHO-Klassifikation für ZNS-Tumoren nach Louis et al. 2007 WHO-Gradierung Beschreibung Beispieltumoren von ZNS-Tumoren WHO-Grad I sehr gutartig, bei entsprechender Lokalisation Pilozytisches Astrozytom, Kraniopha- häufig durch Operation allein behandelbar, ryngeom, Neurinom, Plexuspapillom, 13 langsam wachsend Gangliogliom, Gangliozytom, DNET WHO-Grad II bedingt gutartig, langsam, aber oft in das Ependymom Grad II, Oligodendro- umgebende Gewebe einwachsend gliom, pilomyxoides Astrozytom WHO-Grad III bösartig, unterschiedliche Prognose anaplastisches Ependymom, anaplasti- sches Astrozytom, Plexuskarzinom WHO-Grad IV sehr bösartig (hoch-maligne), rasches und Medulloblastom, PNET, Glioblastom, diffuses Tumorwachstum, teilweise schlechte AT/RT, Pineoblastom Prognose Zur vollständigen Beschreibung eines ZNS-Tumors anhand des unten stehenden Schemas durch ein gehört neben der feingeweblichen Zuordnung zu „M“ für Metastasen und einer Zahl zwischen 0-4 einer Untergruppe und der WHO-Gradierung auch für die Lokalisation der Mestastase. eine Aussage über das Vorhandensein von Tochter- geschwülsten (Metastasen). Diese Einteilung erfolgt
Krebs – was ist das? Im Focus Modifizierte Stadieneinteilung für Medulloblastome nach Chang (Chang et al. 1969) Angelehnt an die Originalklassifikation heute für alle primären ZNS Tumoren anwendbar. Stadium Definition der Metastasierung M0 Kein Hinweis auf Metastasen im ZNS und gesamten Körper M1 Mikroskopischer Tumorzellnachweis im Nervenwasser (Liquor) M2 Im MRT sichtbare Metastasen im Bereich des Groß- bzw. Kleinhirns und / oder in den inneren und äußeren Nervenwasserräumen des Kopfes (Seitenventrikeln oder im III. Ventrikel) M3 Im MRT sichtbare Metastasen im Rückenmark und / oder in den umgebenden Nervenwasserräumen M4 Fernmetastasen außerhalb des ZNS 14 Pinealistumoren AT/RT Häufigkeitsverteilung 3% 2% der ZNS-Tumoren Tumoren des Plexus 3% Meningeale Tumoren 1% Tumoren der Sellaregion / Keimzelltumoren 10% 10% 35% Ependymale Astrozytäre Tumoren (WHO °I & °II) Tumoren 18% 18% Medulloblastome / Astrozytäre Tumoren PNET (WHO °III & °IV)
Tumorarten Gliome (Astrozytom, Ponsgliom, (WHO-Grad III und IV) zusätzlich mit einer Strahlen- Optikusgliome, Glioblastom) und / oder Chemotherapie behandelt werden. Je nach Einteilung s. Kasten Seite 16 Lage und Ausdehnung kann nicht immer der gesamte Tumor entfernt werden, ohne schwerwiegende Fol- Gliome, die bei Kindern und Jugendlichen mit ca. 50 geschäden oder Nebenwirkungen hervorzurufen. Bei bis 60% die größte Gruppe aller ZNS-Tumoren aus- niedriggradigen Gliomen (WHO-Grad I und II) wird machen, stammen von den glialen Stützzellen (Astro- deshalb ein verbliebener Tumorrest z.T. über Jahre zyten oder Oligodendrozyten) ab. Der häufigste gut- und mitunter Jahrzehnte als stabiler Restbefund nur artige ZNS-Tumoren im Kindes- und Jugendalter, das beobachtet, so lange keine neuen neurologischen pilozytische Astrozytom vom WHO-Grad I, geht zum Symptome auftreten oder diese durch ein erneutes Beispiel aus Astrozyten hervor. Aus dem gleichen Tumorwachstum drohen. Ursprungsgewebe stammt auch das Glioblastom vom WHO-Grad IV (Glioblastoma multiforme), hier han- delt es sich aber um eine sehr bösartige Variante mit Medulloblastom / PNET schlechter Prognose. Neben diesen beiden Tumoren gibt es noch weitere Astrozytome (siehe Tabelle Seite Das Medulloblastom und der so genannte PNET 16) mit einer mittleren „Bösartigkeit“ (WHO-Grad (Primitiv NeuroEktodermaler Tumor) stammen ver- 15 II und III), deren Prognose von ihrer Lage und ihrem mutlich von ähnlichen unreifen Vorläuferzellen des klinischen Verlauf abhängig ist. Insbesondere können Gehirns ab, werden aber abhängig von Ihrer Lage diese Tumoren unter einer Therapie ihre Eigenschaf- im Gehirn unterschiedlich genannt. Findet man die- ten ändern und sich dadurch, in seltenen Fällen, zu se Tumorzellen im Großhirnbereich (supratentoriell), einer bösartigeren Variante entwickeln. spricht man von einem PNET, ist der Tumor jedoch im Kleinhirnbereich (infratentoriell) lokalisiert, wird er Aus den Oligodendrozyten kann sich das so genann- als Medulloblastom bezeichnet. Medulloblastome und te Oligodendrogliom entwickeln. Es wird zu den PNET machen etwa 20 bis 25% aller ZNS-Tumoren aus. gutartigen WHO-Grad-II-Tumoren gezählt und hat, wenn es sich operativ gut entfernen lässt, eine gute Beide Varianten werden zu den aggressiven WHO- Prognose. Die Therapie hängt bei den Gliomen im Grad-IV-Tumoren gezählt und kommen hauptsäch- Wesentlichen davon ab, zu welcher Untergruppe der lich im Kindes- und Jugendalter vor. Die Progno- jeweilige Tumor gehört und welchen WHO-Grad er se eines Patienten mit Medulloblastom oder PNET hat. Während bei niedriggradigen Gliomen (WHO- hängt stark von der Operabilität des Tumors, dem Grad-I und II) die möglichst vollständige neurochir- Vorhandensein von Tochtergeschwülsten (Metas- urgische Tumorentfernung eine ausreichende Thera- tasen) und dem Ansprechen der Erkrankung auf die pie sein kann, müssen Tumoren höherer Aggressivität immer notwendige Chemotherapie ab.
Krebs – was ist das? Im Focus Histologische Einteilung der astrozytären Tumoren WHO-Grad Histologie I • Pilozytisches Astrozytom • Subependymales Riesenzellastrozytom • Dysembryoplastischer neuroepithelialer Tumor • Desmoplastisches infantiles Gangliogliom / Astrozytom • Rosettenbildender glioneuronaler Tumor des IV. Ventrikels • Angiozentrisches Gliom II • Pilomyxoides Astrozytom • Pleomorphes Xanthoastrozytom • Oligodendrogliom 16 • Oligoastrozytom • Astrozytom - Fibrilläres Astrozytom - Protoplasmatisches Astrozytom - Gemistozytisches Astrozytom III • anaplastisches Astrozytom • anaplastisches Oligodendrogliom • anaplastisch gemischtes Gliom / anaplastisches Oligoastrozytom • anaplastisches pilozytisches Astrozytom • anaplastisches Gangliogliom • anaplastisches pleomorphes Xanthoastrozytom IV • multiformes Glioblastom • großzelliges Glioblastom • Gliosarkom
Tumorarten Die Behandlung beinhaltet meist eine Kombination aus die in Deutschland einheitlich sind und von der Operation, Strahlen- und Chemotherapie und richtet Studienzentrale ständig weiterentwickelt und aktu- sich nach dem Alter des Kindes, dem Vorhandensein alisiert werden. Die Prognose hängt vom Erkran- von Metastasen und dem Resektionsgrad (d.h. wieviel kungsalter, von der Operabilität des Tumors (kann bei der Operation von dem Tumor komplett oder teil- der Tumor komplett entfernt werden, ohne zu große weise entfernt werden konnte). Für jede Gruppe gibt Schäden zu riskieren) und dem Vorhandensein von es abgestimmte Behandlungspläne, sogenannte The- Metastasen ab. rapieprotokolle, die die z.Zt. optimale Therapie für Ihr Kind vorschlagen. Diese Protokolle werden von den Spezialisten in den Studienzentralen der jeweiligen Atypischer Teratoider Erkrankung entwickelt und immer wieder aktualisiert. Rhabdoidtumor (AT/RT) Der Atypische Teratoide Rhabdoidtumor (AT/RT) Ependymome gehört zu einer Gruppe von seltenen aggressi- ven Tumoren (WHO-Grad IV), die an verschiedenen Ependymome, die 6 bis 10% aller ZNS-Tumoren im Orten im Körper entstehen können. Entsteht die- Kindes- und Jugendalter ausmachen, stammen von ser Tumor im zentralen Nervensystem (ZNS, Gehirn 17 den Ependymzellen ab, welche die Hirnkammern von oder Rückenmark), bezeichnet man ihn als AT/RT. In Innen auskleiden. In den meisten Fällen handelt es Deutschland erkranken nur ca. 15 bis 22 Kinder pro sich um WHO-Grad-III-Tumoren (seltener WHO- Jahr an diesem seltenen ZNS-Tumor. Weil er ein sehr Grad II), die sich auf Grund ihres Ursprungs und ihrer schnell wachsender Tumor ist, bestehen oft schon bei Lage typischerweise nicht im Gehirngewebe, sondern Diagnosestellung Tochtergeschwülste (Metastasen). innerhalb der Nervenwasserräume (Liquorräume), Zum Behandlungskonzept des AT/RT gehört in erster d.h. den Hirnkammern bzw. dem Rückenmarkskanal, Linie eine systemische (über die Vene) und intrathe- ausbreiten. kale (in das Nervenwasser gegebene) Chemothera- pie. Neben der Chemotherapie spielt die Strahlen- Zur erfolgreichen Therapie des Ependymoms wer- therapie zur Unterstützung des Therapieerfolges eine den, neben einer Operation zur möglichst vollstän- wichtige Rolle. digen Tumorentfernung, häufig die Strahlenthera- pie und, je nach Grad der Bösartigkeit des Tumors, Die Prognose ist sehr von der Möglichkeit einer kom- teilweise auch die Chemotherapie als wichtige pletten Tumorentfernung und den bei Diagnose vor- Behandlungsmethoden eingesetzt. Auch bei den handenen Tochtergeschwülsten abhängig. Da jedoch Ependymomen gibt es für Ihr Kind abgestimmte häufig keine komplette chirurgische Entfernung erreicht Behandlungspläne, so genannte Therapieprotokolle, werden kann und Tochtergeschwülste bestehen, ist die Langzeitprognose leider noch unbefriedigend.
Krebs – was ist das? Tumoren der Hypophysen- schieden werden sollte. Häufig ist eine Totalentfer- Region (Kraniopharyngeom, nung des Tumors nicht möglich, weil sonst schwere Keimzelltumor) Schäden an den benachbarten Gehirnteilen entste- hen, die neben einer lebenslangen Einnahme von Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) steuert die Hormonen zu allen zuvor genannten Symptomen füh- Funktion und Aktivität der meisten Hormondrüsen ren können. Alternativ oder zusätzlich zur Operation in unserem Körper. Es wird dabei vom Zwischen- kann eine Bestrahlung eventueller Rest- oder Rezidiv- hirn (Hypothalamus) überwacht. Wenn Tumoren der tumoren angeraten sein. Im Einzelfall wird auch eine Hypophysenregion die Funktion der Hirnanhangsdrü- lokale Chemotherapie durchgeführt. Die Prognose se oder des Zwischenhirns beeinträchtigen, kann der ist aufgrund der Gutartigkeit dieses Tumors sehr gut. Hormonhaushalt (verantwortlich z.B. für Wachstum, Dennoch können diese Tumoren durch die genannten Gewichtsregulation, Pubertätsentwicklung, Flüssig- tumor- oder therapiebedingt ausgelösten Komplika- keitshaushalt und Reaktion auf Stress) beeinträch- tionen oder Ausfälle zu erheblichen Beeinträchtigun- tigt sein. Häufig bestehen die ersten Beschwerden gen der Lebensqualität führen. der Patienten in Ausfallerscheinungen einzelner oder mehrerer der dort produzierten Hormone. Durch die Keimzelltumoren Nähe dieser Tumoren zum Mittelhirn können sie bei Generell werden drei Gruppen von Keimzelltumoren 18 Druck auf das Mittelhirn zu Schlaf-, Temperaturregu- des ZNS unterschieden. Mit etwa 60% am häufigs- lations- und Verhaltensstörungen sowie zu Störungen ten sind Germinome. Die zweite Gruppe bilden die der Konzentrationsfähigkeit und des Essverhaltens nichtgerminomatösen Keimzelltumoren, zu denen führen. Die Nähe zum Sehnerv kann Sehbeeinträchti- das Embryonalzellkarzinom, der Dottersacktumor und gungen bis hin zum Sehverlust verursachen. das Chorionkarzinom gehören. Die dritte Gruppe bil- den die Teratome. Zur Diagnose der Keimzelltumoren Kraniopharyngeom müssen neben den üblichen Verfahren, wie MRT und Das Kraniopharyngeom ist ein gutartiger Tumor, der Biopsie, auch Tumormarker im Blut und Hirnwasser durch eine Fehlbildung von Restgewebe im Bereich der bestimmt werden. Hierüber kann eine Einteilung in Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) entsteht. Die Fehlbil- die unterschiedlichen Untergruppen und z.T. auch eine dung entsteht schon vor der Geburt (embryonal). Die Prognoseeinschätzung erfolgen. Gründe für diese Störung sind bislang nicht bekannt. Die Therapie der Germinome und Nicht-Germinome Die Behandlung besteht meist aus einer Operation, besteht, je nach Tumorart, aus einer Kombination dessen Ausmaß unter dem Wissen möglicher Kompli- von Operation (Biopsie), Chemotherapie und / oder kationen im interdisziplinären Team aus Neurochirurg, Strahlentherapie. In manchen Fällen kann bei MRT Kinder-Endokrinologen und -Onkologen genau ent- mit typischer Lokalisation des Tumors und erhöhten
Tumorarten Tumormarkern auf eine Gewebeentnahme verzichtet Die Therapie besteht in einer möglichst vollstän- werden. Die Prognose der Germinome ist auch bei digen operativen Entfernung des Neurinoms ohne Metastasierung sehr gut, bei den Nicht-Germinomen Verletzung des betroffenen Nervs. Beeinträchtigt gut, jedoch bei bestimmten Risikofaktoren (Resttu- der Tumor die Funktion des umliegenden Gewebes mor nach Therapie, Tumormarker sehr hoch) etwas nicht (z.B. Nerven, Muskeln oder Gelenke), kann die- schlechter. ser gutartige Tumor aber auch zunächst ohne Thera- pie beobachtet werden. Das Neurinom hat eine sehr Teratome sind primär gutartige Tumoren, die bei voll- gute Prognose, kann jedoch an gleicher oder anderer ständiger operativer Entfernung eine sehr gute Prog- Stelle erneut auftreten. Hierzu neigen besonders Kin- nose haben. Ist eine operative Entfernung nicht mög- der mit einer genetisch bedingten Veranlagung für lich, ist eine Bestrahlung zu erwägen. solche Tumoren, zum Beispiel Kinder mit einer Neu- rofibromatose vom Typ 1 oder Typ 2. Sonstige seltene Tumoren der Hypophysenregion Selten gibt es in dem Bereich der Hypophysenregion oder darüber (=suprasellär) auch pilozytische Astrozy- Plexuskarzinom / Plexuspapillom tome (WHO-Grad I) oder andere niedriggradige Glio- me (WHO-Grad I oder II). Die Prognose und Therapie Das Plexuskarzinom ist ein seltener bösartiger 19 sind entsprechend der jeweiligen Tumorart und Tumor- ZNS-Tumor, der nach der WHO-Klassifikation dem ausdehnung unterschiedlich. WHO-Grad III zugeteilt wird. Er entsteht aus dem Adergeflecht der Hirnkammern (Plexus choroideus), wobei überwiegend Kinder im ersten Lebensjahr, Neurinome aber auch selten Jugendliche betroffen sind. Häu- fig handelt es sich um isoliert auftretende Fälle, Neurinome sind seltene, gutartige Tumoren. Sie ent- bei denen kein Zusammenhang mit einer erblichen wickeln sich aus den Hüllzellen (Schwann-Zellen), Erkrankung erkennbar ist. Beim Li-Fraumeni-Syndrom, die die Nerven umgeben. Neurinome können im einem Syndrom mit einer genetischen Veranlagung Gehirn auftreten, sind jedoch viel häufiger außerhalb zur Entwicklung von Tumoren im frühen Lebensal- des zentralen Nervensystems entlang verschiedener ter, treten Plexuskarzinome gehäuft auf. Die Therapie Nerven zu finden. Einer der häufigsten Nerven, der des Plexuskarzinoms besteht in einer Kombination durch ein Neurinom beeinträchtigt wird, ist der achte aus Operation und Chemotherapie und altersabhän- Hirnnerv (Nervus akustikus), der für den Gehör- und gig auch aus einer Strahlentherapie. Ein gutartiger Gleichgewichtssinn verantwortlich ist. Der Tumor Tumor des Adergeflechtes wird als Plexuspapillom wird entsprechend Akustikusneurinom genannt. bezeichnet. Er kann durch eine komplette operative Entfernung geheilt werden.
Die Behandlung / Therapie Die Behandlung aller Krebserkrankungen im Kin- verläufe an die Studienzentrale erreicht man eine des- und Jugendalter, inklusive der ZNS-Tumoren, schnelle Aussage über die Wirksamkeit oder die erfolgt in Deutschland im Rahmen so genannter Nebenwirkungen einer neuen Therapie. Außerdem Therapieoptimierungsstudien. Hierunter versteht werden auf diese Weise wichtige Qualitätsstandards man ein deutschlandweites (z.T. auch über Deutsch- in der Diagnostik der Erkrankung sowie der Therapie land hinaus oder europaweites) standardisiertes dieser Kinder gesichert. Wichtige Untersuchungen Behandlungsschema für jede Erkrankung, das durch und Therapieentscheidungen werden nicht nur an die jeweilige Studienzentrale herausgegeben und der behandelnden Klinik, sondern auch in den nati- nach den neusten wissenschaftlichen Erkenntnis- onalen Referenzzentren (Zentrum zur Zweitbeurtei- sen aktualisiert wird. Im Rahmen solcher Thera- lung wichtiger Befunde) oder in der Studienzentrale pieoptimierungsstudien werden neue Therapien ausgewertet, kontrolliert und dokumentiert. Durch eingeführt und, im Vergleich zu bereits bewährten einen solchen Austausch zwischen Studienzentrale Therapierichtlinien, im Hinblick auf ihre Wirksam- und behandelnder Klinik kann eine optimale Thera- keit und Nebenwirkungen überwacht. Durch den pie für Ihr Kind gefunden werden. Zusammenschluss aller kinderonkologischen Zentren in Deutschland und die Meldung aller Behandlungs-
Die Behandlung / Therapie Die Therapieoptimierungsstudien der ZNS-Tumoren durch eine kleine Punktion des Tumors zu erhalten, sind im so genannten „HIT-Netzwerk“ zusammen- um hieraus in einer feingeweblichen Untersuchung geschlossen, das von der Deutschen Kinderkrebs- so viel wie möglich über den Tumor und seine Her- stiftung gefördert wird. Hiermit können wichtige kunft zu erfahren. Eine Biopsie hat nicht das Ziel Einrichtungen, wie z.B. die Referenzzentren für einer vollständigen Entfernung des ZNS-Tumors. Die- Neuropathologie, Radiologie und Strahlentherapie se Operationsform wird immer dann gewählt, wenn gemeinsam genutzt werden. In einem jährlichen der Tumor nicht ohne schwerwiegende Komplikatio- Treffen werden dann die gewonnenen Erfahrungen, nen vollständig entfernt werden kann, eine Untersu- z.B. über neue Diagnostik- und Therapiemöglichkei- chung des Gewebes aber wichtig für die Auswahl der ten, zwischen den Teilnehmern der einzelnen Thera- bestmöglichen Therapie ist. Hierbei wird eine feine pieoptimierungsstudien ausgetauscht und gemein- Nadel durch ein kleines Bohrloch durch das Gehirn sam diskutiert. Alle zwei Jahre findet dieses Treffen bis in den Tumor vorgeschoben, um dort mehrere gemeinsam mit Betroffenen und deren Angehörigen Gewebeproben zu entnehmen. Diese Punktion wird statt und ermöglicht so den regen Austausch zwi- computergesteuert und in Narkose am fixierten Kopf schen den Patienten und Behandelnden. durchgeführt. So kann man sich sicher sein, dass das entnommene Gewebe aus dem im MRT sichtbaren Tumor stammt und man vermeidet die Verletzung 21 Operation / Biopsie des übrigen Gewebes. Für die einzelnen ZNS-Tumorarten gibt es ganz Bei einer offenen neurochirurgischen Operation ist unterschiedliche Häufigkeiten, Diagnosezeitpunkte das Ziel, den Tumor möglichst vollständig zu ent- und Operationsmethoden. Das ist bedingt durch die fernen. Die größte Herausforderung für den Neuro- unterschiedliche Lage und Ausdehnung der Tumoren chirurgen ist hierbei jedoch, möglichst kein bzw. so (Lokalisation), die unterschiedlichen Arten der Tumo- wenig wie möglich gesundes Gewebe zu verletzen. ren (Histologie, WHO-Grad) sowie dem eventuellen Jede Verletzung gesunden Gehirngewebes kann mit Vorhandensein von Tochtergeschwülsten (Metasta- vorübergehenden, aber auch bleibenden Funktions- senbildung). störungen des Gehirns Ihres Kindes einhergehen. Deshalb kann z.B. bei einem gutartigen, aber mitun- Unter den Operationsarten unterscheidet man ter auch bei einem bösartigen ZNS-Tumor eine nur grundsätzlich die Gewebeentnahme (Biopsie) und die teilweise oder unvollständige Tumorentfernung rich- offene neurochirurgische Operation. Beide Operati- tig und sinnvoll sein. Dem Neurochirurgen stehen onsformen werden von Neurochirurgen in Narkose heute moderne Operationstechniken zur Verfügung, durchgeführt. Eine Biopsie (Gewebeentnahme) hat die ihn in seiner schwierigen Aufgabe unterstützen. zum Ziel, eine möglichst aussagekräftige Tumorprobe
Krebs – was ist das? Er wird mit Ihnen über die bei Ihrem Kind anstehende Injektion mittels Spritze). Es gibt aber auch Zyto- Operation ausführliche Gespräche führen und über statika in Tabletten- oder Kapselform. Bei einigen mögliche Risiken und Folgen sprechen. ZNS-Tumoren wird auch ein Zytostatikum in die Hirn- kammern über so genanntes Rickham- oder Ommaya- In manchen Fällen kommt es durch den Tumor oder Reservoir verabreicht, um mögliche Tumorzellen im die Operation zu einer Abflussbehinderung und Auf- Nervenwasser direkt zu erreichen. stauung des Nervenwassers (Hydrocephalus). Dies macht sich oft durch unspezifische Symptome wie Die klassischen Zytostatika zerstören schnellwach- z.B. Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen bemerk- sende Zellen oder unterbrechen sie in der Teilung und bar. Bestätigt sich dieser Verdacht in einem MRT oder Vermehrung. Neben diesen klassischen Zytostatika CT, kann es nötig sein, eine künstliche Abflussmög- werden zunehmend Medikamente entwickelt, die lichkeit zu schaffen. Es gibt verschiedene Systeme: die zielgerichtet auf die Krebszellen wirken. Sie spielen externe Drainage (Ableitung des Nervenwassers nach allerdings noch eine untergeordnete Rolle in der Erst- außen in einen sterilen Behälter, in der Regel nur vor- therapie von ZNS-Tumoren. übergehend vor und wenige Tage nach der operativen Tumorentfernung), VP-Shunt (Verbindung zwischen Da das Tumorgewebe oft aus schnell wachsen- Hirnkammer und Bauchraum), VA-Shunt (Verbindung den Zellen besteht, können hier die Zytostatika am 22 zwischen Hirnkammer und Herzbeutel). Diese Syste- besten wirken. Im Gegensatz zu Nervenzellen des me werden alle operativ eingepflanzt (=implantiert). Gehirns, die sich fast gar nicht mehr teilen, gibt es Ob eine solche Ableitung bei Ihrem Kind notwen- in unserem Körper aber auch noch andere schnell dig ist, wird der Neurochirurg mit Ihnen ausführlich wachsende, sich teilende Zellen wie z.B. Haarwurzel- besprechen. zellen, Blutzellen sowie Haut- und Schleimhautzellen. Neben dem erwünschten Effekt auf die Tumorzellen haben Zytostatika daher wegen ihrer „systemischen“ Chemotherapie Wirkung auch Auswirkungen auf alle diese anderen, sich schnell teilenden Zellen. Als Folge davon kann Die Chemotherapie ist eine so genannte „systemi- es zu Übelkeit, Müdigkeit, Durchfall, schmerzhaften sche“ Therapie, die auf den gesamten Körper wirkt. Mundschleimhautentzündungen, Geschmacksverän- Sie wird insbesondere deshalb eingesetzt, um eine derungen, trockener Haut und auch Haarausfall kom- Ausbreitung im ZNS und Körper zu verhindern. Die men. Überdies kann Ihr Kind durch die verminderte Chemotherapie besteht oft aus einer Kombination Zahl an Blutkörperchen stark abwehrgeschwächt und von Medikamenten, den so genannten Zytostati- besonders anfällig für Infektionen sein. Zusätzlich ka. Die meisten Zytostatika werden über eine Vene kann es während der Chemotherapie nötig sein, den verabreicht (z.B. als mehrstündige Infusion oder als roten Blutfarbstoff oder die Blutplättchen vorüberge-
Die Behandlung / Therapie hend durch gespendete Blutbestandteile (rote Blut- Die Nebenwirkungen des Medikamentes Methot- körperchen als Erythrozyten-Konzentrat, Blutplätt- rexat manifestieren sich überwiegend an der Haut chen als Thrombozyten-Konzentrat) zu ersetzen. und den Schleimhäuten von Mund und Darm sowie anogenital (Po, Penis bzw. Scheide). Dadurch können Obwohl diese Nebenwirkungen meist nach der Ausschläge, Schluckbeschwerden und sogar schmerz- Behandlung verschwinden, sind sie oft sehr unan- hafte offene Stellen an den betroffenen Schleimhäu- genehm und können das Wohlbefinden stark beein- ten oder der Haut entstehen. Auch die Nieren- und trächtigen. Deshalb ist eine unterstützende Behand- Leberfunktion müssen unter diesem Medikament lung in Form von Medikamenten gegen Übelkeit, regelmäßig überwacht werden. gegen bakterielle Infektionen (Antibiotika) und Pilz- infektionen (Antimykotika) sowie eine besonders Ihr Kind erhält Medikamente, um den Mund und den sorgfältige Mundpflege notwendig. Darm zu schützen und es muss auf besondere Mund- hygiene achten. Vermeiden Sie auch möglichst Son- Jedes Zytostatikum hat zudem noch seine eigenen nenbäder, cremen Sie Ihr Kind gut ein und lassen Sie Nebenwirkungen, die akut oder verzögert auftreten es im Freien eine Kopfbedeckung tragen. können. Bei einigen Medikamenten kann es zu aller- gischen Reaktionen kommen die während der Gabe, Carboplatin und Cisplatin können Hörminderungen 23 aber durchaus auch erst Stunden nach der Infusion verursachen. Es müssen deshalb regelmäßige Hörtes- sichtbar werden können. Deshalb kann manchmal tungen durchgeführt werden, damit mögliche Verän- eine längere Überwachung notwendig sein. derungen frühzeitig erkannt und die Medikamente ggf. durch andere ersetzt werden können. Ihr Kind Häufig in der Therapie von ZNS-Tumoren eingesetzte sollte während der Therapie auch möglichst keine Substanzen sind Cyclophosphamid, Ifosfamid, Vin- laute Musik hören (auch nicht über Kopfhörer), da cristin, Etoposid, Cisplatin und Carboplatin, CCNU diese das Gehör zusätzlich schädigen kann. Neben und Temozolomid. der Hörschädigung können Carboplatin und Cisplatin die Funktion der Niere einschränken, weshalb auch Medikamente wie z.B. Ifosfamid und Cyclophospha- regelmäßige Kontrollen der Nierenfunktion vorgese- mid können Nieren- und Blasenschädigungen verur- hen sind. sachen. Daher werden unter einer solchen Behand- lung Blut und Harn regelmäßig kontrolliert und, wenn Vincristin kann die Leitungsfähigkeit der Nervenbah- notwendig, spezifische Medikamente zum Schutz der nen beeinträchtigen. Dies kann zu Kieferschmerzen, Harnwege gegeben. einem hängenden Augenlid, einem prickelnden oder tauben Gefühl in Fingern und Zehen oder einer ver- ringerten Muskelkraft in Händen und Unterschenkeln
Krebs – was ist das? führen. Dadurch kann Ihr Kind besondere Schwierig- Behandlungsteam informiert, welche Medikamen- keiten beim Gehen oder Schreiben entwickeln. Auch te bei Ihrem Kind infrage kommen. Eine detaillierte Verstopfungen kommen als Nebenwirkung oft vor. Auflistung der in der Kinderonkologie eingesetzten Wichtig ist es, die Symptome wahrzunehmen und Medikamente und deren Nebenwirkungen finden Sie dem behandelnden Arzt mitzuteilen, da man eventu- in der Broschüre „Mein Kind hat Krebs“, die bei der ell durch regelmäßige Bewegungsübungen unter phy- Deutschen Kinderkrebsstiftung erhältlich ist. siotherapeutischer Anleitung entgegenwirken kann. In manchen Fällen ist es auch notwendig, auf eine weitere Gabe von Vincristin zu verzichten oder es für Gut zu wissen einen bestimmten Zeitraum auszusetzen. Nach Been- digung der Therapie nehmen die Symptome langsam Sie kennen Ihr Kind am besten, und während der wieder ab. Anfangsbehandlung ist es am meisten gefährdet. Scheuen Sie sich nicht, auf die Klingel zu drücken Temozolomid ist ein Beispiel für eine Chemotherapie, oder von zuhause anzurufen, wenn Sie denken, die fast ausschließlich als Kapsel und selten über die dass etwas nicht stimmt. Vene verabreicht wird. Hierunter können dieselben allgemeinen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbre- 24 chen, trockene Haut, Hautausschläge oder Haaraus- fall auftreten. Diese sind jedoch meistens etwas mil- der als bei anderen intensiven Chemotherapiegaben Zentraler Venenkatheter über die Vene. Für die Gabe einer Chemotherapie über die Vene ist Schließlich können sich manche Zytostatika auch ein sicherer und für längere Zeit verfügbarer venöser nachteilig auf die Fruchtbarkeit auswirken. Jungen kann Zugang Voraussetzung. Um Ihrem Kind nicht zu jeder die Möglichkeit geboten werden, Sperma (Samenzel- eventuell wöchentlichen Gabe einen vorübergehen- len) einzufrieren, für Mädchen ist das Einfrieren von den zentralen Katheter (ZVK) legen zu müssen, gibt Eizellen bislang erst an wenigen Zentren möglich und es Systeme, die für einen langen Zeitraum im Körper noch nicht Routine. verbleiben können. Hierzu gehört der Port-Katheter sowie der Broviac- bzw. Hickman-Katheter. Beide Auch kann durch einige Zystostatika das Risiko für Systeme müssen in Vollnarkose durch einen Chirur- spätere „Zweittumoren“ ansteigen. gen angelegt werden. Nicht alle der hier aufgeführten Medikamente werden Der Port ist die häufiger verwendete Variante. Hier bei allen Erkrankungen eingesetzt. Sie werden vom liegt in einem großen Halsgefäß ein kleiner Schlauch
Die Behandlung / Therapie der mit einer unter der Haut liegenden Kammer ver- bunden ist. Diese Kammer ist von außen nicht sicht- bar (unter der Haut versteckt) und ist somit vor äuße- ren Einflüssen (Unterhemd, Wasser, Schmutz, usw.) geschützt. Wenn eine Blutentnahme oder eine Chemotherapie durchgeführt werden muss, wird diese Kammer mit einer kleinen Nadel durch die Haut angepiekt und somit eine Verbindung zwischen der Infusionsleitung und dem Blutkreislauf Ihres Kindes geschaffen. Nach Beendigung der Therapie wird die Nadel entfernt und Ihr Kind kann ohne Beeinträchtigung nach Hause gehen. Beim Broviac- bzw. Hickman-Katheter wird eben- falls ein kleiner Schlauch in die Blutbahn ihres Kin- 25 des gelegt; er reicht jedoch durch die Haut bis nach außen. Ein großer Vorteil dieses Systems ist, dass man ohne erneutes Pieksen Blut entnehmen oder eine Infusion anschließen kann. Der entscheidende Nachteil gegenüber dem Port ist, dass keine schüt- zende Haut über dem Ende des Katheters liegt und man die nach außen tretenden Anschlüsse zwar unter dem Pullover verstecken kann, bei nacktem Oberkör- per jedoch sieht. Ein zusätzlicher Vorteil, der insbe- sondere für eine sehr intensive Therapie wichtig ist, ist die Möglichkeit, mehrere Infusionen / Medika- mente gleichzeitig über verschiedene Anschlüsse des Broviac- bzw. Hickman-Katheters laufen zu lassen. Ihr behandelnder Kinderonkologe wird mit Ihnen besprechen, welches der oben beschriebenen Systeme für Ihr Kind vorteilhafter ist.
Krebs – was ist das? Strahlentherapie (Radiotherapie) Häufig wird zur vollständigen Vernichtung des Tumors zusätzlich ionisierende Strahlung eingesetzt, was dann als „Strahlentherapie“ bezeichnet wird. Ob dies für Ihr Kind zutrifft, erfahren Sie vom Behand- lungsteam. Eine Strahlentherapie wirkt – anders als eine Chemotherapie – ausschließlich lokal und ist damit im Gegensatz zur Chemotherapie keine sys- temische Maßnahme, sondern eine „Lokaltherapie“ wie die Operation. Allerdings wirkt sie auf zellulärer Ebene (lokal) eher wie die Chemotherapie, indem sie insbesondere schnell wachsende Zellen zerstört oder meist mittels Planungs-CT und/oder -MRT erstellt sie an einer weiteren Teilung hindert. und Computersimulationen durchgeführt. Die The- rapie erfolgt fast immer ambulant und alle normalen Die unterschiedlichen Wirkungsgebiete werden je Aktivitäten des Lebens (wie Schule und Sport) kön- 26 nach Ausbreitungs- und Risikomuster entsprechend nen zumeist weiter wahrgenommen werden, solange eingesetzt und oftmals auch kombiniert. nicht andere Umstände oder Komplikationen, z.B. durch eine parallele Chemotherapie, dagegen spre- Zur Vorbereitung der Bestrahlung wird man Ihnen chen. Wenden Sie sich hierzu vertrauensvoll an Ihren den Kontakt mit dem Team der Strahlentherapie behandelnden Arzt. vermitteln. Dort werden Sie und Ihr Kind im Ein- zelnen über das Vorgehen und die zu empfehlende Was merkt mein Kind von der Bestrahlung? Bestrahlungstechnik, die Wirkungen und möglichen Die Strahlentherapie ist unsichtbar und nicht spür- Nebenwirkungen der Strahlentherapie aufgeklärt. Je bar. Manchmal machen die Geräte und mechanische präziser die tägliche Behandlung mit Hilfe der vor- Umstellungen der Geräte allerdings Geräusche. Ihr bereitenden Maßnahmen und der Mitwirkung des Kind wird aber von den eigentlichen Strahlen nichts Kindes erfolgen kann, umso schonender und sicherer bemerken, ähnlich wie bei einer Röntgenaufnahme wird die Therapie. Da die modernen Techniken immer mit Röntgenstrahlen; allerdings muss es kurzzeitig präziser und schonender werden, ist die Vorbereitung während der Bestrahlung alleine in einem großen der Therapie von größter Bedeutung. Hier werden die Raum unter einem großen Apparat und meist auch Lagerungen festgelegt, Lagerungshilfen (wie Masken) noch unter einer Maske ruhig liegen, was von Ihrem angefertigt und individuell angepasst, Körpermodelle Kind viel Mut und Geduld erfordert.
Die Behandlung / Therapie Über einen Monitor und / oder eine Gegensprech- Andere Risiken wie Zweittumoren, Seh- und Hör- anlage haben Sie und die Behandler Kontakt zu störungen sind zwar selten, aber nicht immer aus- ihm. Eine Kassette oder CD mit Musik oder einer zuschließen. Die individuellen Risiken sind wesent- Geschichte kann für Ablenkung sorgen. Ihr Kind licher Inhalt des Aufklärungsgespräches vor der kann ein Beruhigungsmittel bekommen oder, wenn Strahlenbehandlung. nötig, ein Schlafmittel bzw. auch eine Narkose. Medizinisch-technische Mitarbeiter und Mitarbei- terinnen werden Ihnen sagen, was Sie tun können, Gut zu wissen um Ihr Kind zu unterstützen. Besprechen Sie alle möglichen Folgen und even- Was sind die möglichen Nebenwirkungen einer tuellen Fragen mit Ihrem Arzt / Ihrer Ärztin für Bestrahlung? Strahlentherapie und Ihrem betreuenden Kinder- Die Strahlentherapie kann mit spezifischen Neben- onkologen. wirkungen einhergehen, die sich in der Regel in Form lokaler Reizerscheinungen bemerkbar machen. So kann die bestrahlte Haut oder Schleimhaut wund werden und muss entsprechend geschützt und Welche Art der Strahlentherapie ist die richtige? 27 gepflegt werden. Manchmal kann es zu Gewebe- Grundsätzlich gibt es heute viele verschiedene schwellungen kommen, die schlimmstenfalls mit Möglichkeiten, Strahlung zur Bekämpfung eines Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen einherge- ZNS-Tumors einzusetzen. Das Ziel aller Techni- hen, und die Gabe von Dexamethason (Cortison) ken ist es, den Tumor so viel wie möglich der für kann notwendig sein. Einige Kinder sind etwas lust- ihn schädlichen Strahlung auszusetzen und das loser, müder und haben weniger Appetit („Strah- umliegende gesunde Gewebe zu schonen. Bei ZNS- lenkater“). Was speziell im Falle Ihres Kindes mög- Tumoren kann es aber auch notwendig sein, neben licherweise auftreten kann, wird man Ihnen sagen dem Tumor bzw. der ehemaligen Tumorregion (nach und auch, was Sie eventuell dagegen tun können. einer Operation) das gesamte ZNS (Gehirn, Rücken- Die akuten Reizerscheinungen gehen nach einer mark, Nervenwasser und Hirnhäute) zu bestrahlen. gewissen Zeit wieder vorbei. Aber es gibt unter Dies macht immer dann Sinn, wenn man bereits Umständen auch später auftretende, bleibende einen Hinweis auf eine Ausbreitung des Hirntumors Folgen. Hierbei kann z. B. das Wachstum oder der hat oder man aus Erfahrung weiß, dass dieser Tumor Stoffwechsel betroffen sein. Andere Kinder haben sich häufig auch ohne sichtbare Hinweise schon aus- später (insbesondere nach einer Schädelbestrah- gebreitet haben kann. lung) Konzentrationsprobleme oder brauchen für das Lösen einer Aufgabe etwas länger als Gleichaltrige.
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