No Logo Branding Die nächste Stufe der Markengestaltung

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No Logo Branding Die nächste Stufe der Markengestaltung
No Logo Branding

Die nächste Stufe der Markengestaltung

Sarra Ganouchi, HGKZ 2007
No Logo Branding Die nächste Stufe der Markengestaltung
TABLE OF CONTENT                                                                             EINLEITUNG
No Logo Branding                                                             No Logo Branding   
                                                       TABLE OF CONTENT       No Logo Branding

                       Einleitung                                       3-5                          Konnte Naomi Klein 2002 noch die Ära der Superbrands konsta-
                       Positionierungskreuz                              6                           tieren, in der das Produkt nur noch ein Attribut der Marke darstell-
                       Quadranten                                      7-21                          te, befinden wir uns kaum fünf Jahre später in einer veränderten
                           Anticonsumerism                             7-10                          Situation. Gerade der Erfolg ihres Buches ‚No Logo‘ hat dazu
                           Sophistication                             11-14                          beigetragen, das Image der Superbrands zu ramponieren und
                           Cleanliness                                15-17                          so das Feld für No Logo Brandings zu ebnen. Seither können
                           No-Frills                                  18-21                          wir beobachten, dass das Produkt an Stelle der Marke wieder
                       Marke                                         22-23                           ins Zentrum des Bewusstseins vieler Konsumenten gerückt ist.
                       Design                                        24-25                           Produktionsbedingungen und Umweltverträglichkeit werden
                       Produktion (und Distribution)                 26-27                           seither wieder gross geschrieben und als wichtige Verkaufsar-
                       Kommunikation                                 28-29                           gumente gehandelt.
                       Zusammenfassung und Ausblick                   30-31
                       Impressum                                        32                           Das beste Beispiel, an dem sich eine Reihe der neuen Prinzipien
                                                                                                     und Spielregeln des No Logo Brandings ablesen lassen, ist
                                                                                                     American Apparel (AA). Die Anti-Marke aus Downtown Los An-
                                                                                                     geles produziert jedes einzelne Stück vor Ort im Hochlohnland
                                                                                                     und verzichtet auf sichtbare Logos sowie teure Werbung. AA ist
                                                                                                     es gelungen, sich ein Image zu erarbeiten, das Kunden mit sozi-
                                                                                                     alem Gewissen anspricht.

                                                                                                     Die Ideologie hinter den No Logo Brandings basiert mehrheit-
                                                                                                     lich auf den Wertevorstellungen von nicht kapitalistischen Non
                                                                                                     Government Organisations, welche als oberstes Ziel die Nach-
                                                                                                     haltigkeit für Mensch und Umwelt verfolgen.

                                                                                                     No Logo Marken scheinen auf den ersten Blick als wären sie
                                                                                                     nicht gestaltet. Auf den zweiten Blick wird einem jedoch schnell
                                                                                                     klar, dass hinter der Ideologie eine weitere markentechnische
                                                                                                     Strategie lauert. Es handelt sich dabei um eine neue Stufe der
                                                                                                     Markenführung von Grossunternehmen, welche sich an die Re-
                                                                                                     geln von Non Government Organisations annähern.
No Logo Branding Die nächste Stufe der Markengestaltung
EINLEITUNG                                                                                   EINLEITUNG
No Logo Branding                                                                         No Logo Branding   
 No Logo Branding                                                    EINLEITUNG           No Logo Branding

                        Der Anticonsumerism als ursprüngliche Gegenbewegung zur                                  Diese Trends äussern sich in einer Verschiebung vom symbo-
                        Überflussgesellschaft hat tatsächlich dem Kapitalismus einmal                            lischen Mehrwert der Superbrands zum moralischen Mehrwert
                        mehr genützt als geschadet.                                                              hin, wie es im No Logo Branding zu beobachten ist. Die Anti-
                                                                                                                 Marken-Bewegung wird zum neuen Paradigma, das nach eige-
                        Viele Konsumprodukte, so Matthias Horx in seinem 2006 er-                                nen Regeln funktioniert und in sich ausdifferenziert ist.
                        schienen Buch ‚Wie wir leben werden‘, erzählen neben dem
                        ewigen Lied von Preis, Qualität und Status auch die Geschichte
                        eines sozialen Wandels, in dem Jüngere gegen Ältere neue Ge-                             From eco to ethics
                        wohnheiten durchsetzen und sich aus den Fesseln alter Abhän-
                        gigkeiten lösen. Mit dem Konsum wird gegen den Kodex der
                        Mässigung rebelliert. Lange Zeit stand der simple Genuss der                             Die wirtschaftliche Tätigkeit ist wieder zum Gegenstand gewor-
                        Aneignung in der Konsumwelt im Zentrum.                                                  den. Während bei der Produktion auf Nachhaltigkeit gesetzt
                                                                                                                 wird, verschiebt sich die Werbung immer mehr in das Feld der
                                                                                                                 Public Relations. 
                        Verändertes Verhältnis von Mensch und Marke
                                                                                                                 Anhand eines Rasters lassen sich die unterschiedlichen Kom-
                                                                                                                 ponenten und Motivationen aufzeigen, aus denen sich das No
                        Durch die Übersättigung an Informationen, Trends und Pro-                                Logo Branding zusammensetzt. Dies wird an einem Kreuz veran-
                        dukten beobachten wir in jüngster Zeit ein verändertes Verhält-                          schaulicht. Die Achsen sind: Ich / Wir, Ideologie / Design.
                        nis von Mensch und Marke. Die Grundbedürfnisse nach Beach-
                        tung, Anerkennung und Abwechslung bleiben bestehen, jedoch
                        ist eine spürbare Verschiebung innerhalb der komplementären
                        Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Abgrenzung und Individualität
                        zu erkennen.

                        Die zwei Trends in der Markenwelt bauen auf dem ‚grünen
                        Gewissen‘ des Konsums und auf der raschen Vermehrung von
                        alternativen Statussymbolen auf, welche sich im besonderen
                        durch humane Produktionsbedingungen auszeichnen. In einer
                        vom Massenkonsum und Globalisierung geprägten Welt gibt
                        es eine steigende Anzahl Konsumenten, welche lokale, authen-
                        tische und ökofreundliche Produkte suchen.
POSITIONIERUNGSKREUZ                                            ANTICONSUMERISM
No Logo Branding                                                                                   No Logo Branding   
                                                    POSITIONIERUNGSKREUZ

SOPHISTICATION                                   ICH                      CLEANLINESS

                                Bottega Veneta                        Jil Sander

                                                                                      ±0
                                                                Michael Kors

                   Manufactum                                             Filippa K

IDEOLOGIE                                   American Apparel                               DESIGN

                                 Crafting
                                                                       Zara

                                                                 Gap (Red)
      Greenpeace

                   Amnesty International
                                                                   Muji

ANTICONSUMERISM                                  WIR                           NO FRILLS
ANTICONSUMERISM                                                                                 ANTICONSUMERSIM
No Logo Branding                                                                                  No Logo Branding   

SOPHISTICATION                                   ICH                     CLEANLINESS                                      Während die Grossunternehmen seit Jahren die freie Wahl der
                                                                                                                          Verbraucher propagieren, beherrschen sie mit ihren Marken die
                                Bottega Veneta                       Jil Sander                                           Medien und den öffentlichen Raum. “Um die Kosten der Ver-
                                                                                     ±0                                   marktung der Superbrands wieder einzusparen, produzieren
                                                               Michael Kors                                               sie in Freihandelszonen, in ghettoähnlich abgeschirmten Sweat-
                                                                                                                          shops, frei von Steuern, Umweltauflagen und Sozialabgaben
                   Manufactum                                            Filippa K                                        und erzielen damit astronomische Gewinnspannen”. Zitat Nao-
                                                                                                                          mi Klein, No Logo, 2002.

IDEOLOGIE                                   American Apparel                              DESIGN                          Die gegenläufige Entwicklung zeichnet sich im Anticonsumerism
                                 Crafting                                                                                 der Lovos (Life of voluntary simplicity) ab, die sich als Regulativ
                                                                      Zara
                                                                                                                          zur konsumorientierten, an Affluenza (Wohlstand, Reichtum) lei-
                                                                Gap (Red)                                                 denden Überflussgesellschaft verstehen. Sie orientieren sich an
     Greenpeace                                                                                                           einem einfachen, genügsamen und ausgewogenen Lebensrhyt-
                                                                                                                          mus abseits des konsumorientierten „American way of life“.
                   Amnesty International
                                                                  Muji

                                                                                                                          Die Wertevorstellungen hinter dem Anticonsumerism, welches
                                                                                                                          sich im Feld zwischen Wir und Ideologie aufspannt, ist stark von
                                                                                                                          Non Government Organisations geprägt, welche sich haupt-
ANTICONSUMERISM                                  WIR                          NO FRILLS                                   sächlich gegen die Ausbeutung von Menschen und der Umwelt
                                                                                                                          einsetzen. Wie bei Amnesty International nimmt nicht das Indi-
                                                                                                                          viduum, sondern das Wohlergehen des Kollektivs die höchste
                                                                                                                          Priorität ein.

                                                                                                                          Gemeinnutz vor Eigennutz

                                                                                                                          Die Produktionsbedingungen gewinnen durch die Lovos wieder
                                                                                                                          an Wert und werden zu einem der wichtigsten Entscheidungs-
                                                                                                                          träger über Kauf oder Nichtkauf. Besonders profitiert davon die
                                                                                                                          Craftingbewegung, welche nicht in das Rennen um Pseudo-In-
                                                                                                                          novationen eingestiegen ist. Sie sieht ihren Zweck bereits in der
ANTICONSUMERSISM                                         SOPHISTICATION
No Logo Branding   10                                                                      No Logo Branding   11

                        Tätigkeit des handwerklichen Herstellens selbst und stellt nicht
                        den späteren Besitz des Gegenstandes in den Vordergrund.

                        Die Antimarke aus Downtown L.A. nutzte die Entwicklung des
                        Anticonsumersim geschickt aus und wurde durch den Verzicht
                        auf Logos, teure Werbung und insbesondere durch den Verzicht
                        auf ausbeuterische Dritt-Welt-Sweatshop-Produktionen zum In-
                        begriff des coolen Unterstatements. Es ist American Apparel ge-
                        lungen, sich ein Image zu erarbeiten, das Kunden mit sozialem
                        Gewissen anspricht. „Jeder soll sich American Apparel leisten
                        können“, erklärt Gründer und CEO Dov Charney.
SOPHISTICATION                                                                                   SOPHISTICATION
No Logo Branding    12                                                                             No Logo Branding   13

SOPHISTICATION                                   ICH                     CLEANLINESS                                       Zu Beginn des 21. Jahrhunderts zeichnet sich eine neue Gruppe
                                                                                                                           ab: Bobos, das ist der Name, den David Brooks der neuen Elite
                                Bottega Veneta                       Jil Sander                                            des Informationszeitalters gegeben hat.
                                                                                     ±0
                                                               Michael Kors                                                Der Lebensstil der Bobos führt zusammen, was bisher als un-
                                                                                                                           vereinbar galt: Reichtum und Rebellion, beruflicher Erfolg und
                   Manufactum                                            Filippa K                                         eine nonkonformistische Haltung, das Denken der Hippies und
                                                                                                                           der unternehmerische Geist der Yuppies (young urban profes-
                                                                                                                           sionals). Der „bourgeoise Bohemien“ ist ein neuer Typus, der
IDEOLOGIE                                   American Apparel                              DESIGN                           sich durch einen ausgeprägten Individualismus auszeichnet,
                                 Crafting                                                                                  der idealistisch lebt, einen sanften Materialismus pflegt, wert
                                                                      Zara
                                                                                                                           auf Kennerschaft legt, korrekt und kreativ zugleich ist und unser
                                                                Gap (Red)                                                  gesellschaftliches, kulturelles und politisches Leben zunehmend
     Greenpeace                                                                                                            prägt.

                   Amnesty International
                                                                  Muji
                                                                                                                           Ostentatives Understatement

ANTICONSUMERISM                                  WIR                          NO FRILLS                                    Eine Verschiebung von Werten aus dem Anticonsumerism ist
                                                                                                                           auch hier spürbar. Nicht nur noch das Produkt sondern auch die
                                                                                                                           Kenntnisse um Produktionsbedingungen haben sich zu einem
                                                                                                                           Interessensfeld der idealistisch veranlagten Bobos etabliert.

                                                                                                                           Im Zeitalter der Überflutung der globalen Märkte durch Masse
                                                                                                                           und Menge ist es einigen Handwerksunternehmen gelungen,
                                                                                                                           sich in einem Nischenmarkt zu etablieren, in welchem die Kon-
                                                                                                                           sumenten Wert auf Kennerschaft legen. Ein weiteres Merkmal
                                                                                                                           dafür, dass der Endverbraucher heute nicht mehr so sehr die
                                                                                                                           Identifikation mit einer Marke sucht, sondern vielmehr wieder
                                                                                                                           ein starkes Vertrauen in die ureigenen Qualitäten einer Marke
                                                                                                                           von Bedeutung ist.
SOPHISTICATION                                     CLEANLINESS
                                                                                                                    CLEANLINESS
No Logo Branding   14                                                                     No Logo Branding   15
                                                                                                                  CLEANLINESS

                        Das vom Bastlertum abgeleitete gewerbliche Handwerk, bei
                        dem ein Produkt auf Bestellung gefertigt wird, steht der indus-
                        triellen und somit unpersönlichen Massenproduktion auf Vorrat
                        gegenüber.

                        Unternehmen wie Bottega Veneta haben es verstanden, sich als
                        italienische Meister des Handwerks auf dem globalen Mode-
                        markt zu etablieren. Geschickt wissen sie mit dem Stilelement
                        des Understatements umzugehen und damit bei den Konsu-
                        menten ein Gefühl des „Savoire-vivre“ auszulösen.
CLEANLINESS                                                                                     CLEANLINESS
No Logo Branding    16                                                                             No Logo Branding   17

SOPHISTICATION                                   ICH                     CLEANLINESS                                       Bereits zur Zeit der Bauhausbewegung drückt sich Kultiviertheit
                                                                                                                           in Schlichtheit aus. So argumentierte Adolf Loos in seinem be-
                                Bottega Veneta                       Jil Sander                                            rühmten Artikel ‚Ornament und Verbrechen‘ von 1908, dass Funk-
                                                                                     ±0                                    tionalität und Abwesenheit von Ornamenten im Sinne mensch-
                                                               Michael Kors                                                licher Kraftersparnis ein Zeichen hoher Kulturentwicklung seien.

                   Manufactum                                            Filippa K                                         Ornamentale Verzierungen oder andere besonders künstleri-
                                                                                                                           sche Gestaltungsversuche an einem Gebrauchsgegenstand
                                                                                                                           seien eine unangemessene wie überflüssige Arbeit.
IDEOLOGIE                                   American Apparel                              DESIGN

                                 Crafting                                                                                  Statt dessen plädiert Loos für die Verwendung edelster Materi-
                                                                      Zara
                                                                                                                           alien, soweit die Anmutung von Sinnlichkeit und Reichtum erzielt
                                                                Gap (Red)                                                  werden soll.
     Greenpeace
                                                                                                                           Die Designerin Filippa Knutsson, die hinter dem skandinavischen
                   Amnesty International
                                                                  Muji                                                     Label Filippa K steht, wird von Kennern gerne für ihre Cleanli-
                                                                                                                           ness gelobt. Ihr puristisches Design weist eine kühle Schlichtheit
                                                                                                                           auf, welche sich subtil, dezent und in vollkommener Reinheit
                                                                                                                           ausdrückt.
ANTICONSUMERISM                                  WIR                          NO FRILLS

                                                                                                                           Schlichtheit und Feinheit

                                                                                                                           Der Trend der Cleanliness hat selbst im Elektronikmarkt Einzug
                                                                                                                           gehalten: Das Konzept „Simplexity“ stellt eine Balance zwischen
                                                                                                                           beschleunigter Alltagskomplexität und persönlicher Zufrieden-
                                                                                                                           heit her und meistert komplexe Situationen mit Hilfe von sim-
                                                                                                                           plen Mitteln. Die Funktionen werden wie beim iPod nach innen
                                                                                                                           verlagert, währenddem das Erscheinungsbild geradezu steril,
                                                                                                                           simple und schlicht gehalten wird.
NO-FRILLS                                                                                 NO-FRILLS
No Logo Branding   18               No Logo Branding    19

                                    SOPHISTICATION                                   ICH                     CLEANLINESS

                                                                    Bottega Veneta                       Jil Sander

                                                                                                                         ±0
                                                                                                   Michael Kors

                                                       Manufactum                                            Filippa K

                                    IDEOLOGIE                                   American Apparel                              DESIGN

                                                                     Crafting
                                                                                                          Zara

                                                                                                    Gap (Red)
                                         Greenpeace

                                                       Amnesty International
                                                                                                      Muji

                                    ANTICONSUMERISM                                  WIR                          NO FRILLS
NO-FRILLS                                                                                   NO-FRILLS
No Logo Branding   20                                                                          No Logo Branding   21

                        Aus dem Englischen übersetzt bedeutet „no frills“ ohne Schnick-                                Im Web Design galt Google lange Zeit als Pionier des schlichten
                        schnack. Schlichtheit in allem.                                                                Designs. Auf der Startseite, welche sich auch heute noch als ein-
                                                                                                                       faches Suchfenster präsentiert, wird alles weggelassen, was als
                        Durch das Weglassen von nicht essentiellen Teilen einer Ware                                   störend empfunden wird.
                        oder Dienstleistung können die Herstellungskosten derart ge-
                        senkt werden, dass die Verkaufspreise gegenüber vergleich-
                        baren Angeboten deutlich niedriger liegen.

                        Das japanische Einrichtungslabel Muji als Beispiel einer typischen
                        No-Frills-Marke setzt auf funktionale und puristisch gestaltete All-
                        tagsgegenstände zu günstigen Preisen, von Zahnpasta bis zum
                        Alu-Klapprad, ohne Logo und Schnörkel.

                        Style on Budget

                        Tadamitsu Matsui, Chef von Muji, setzte mit seinem Minimalis-
                        mus-Konzept zur Zeit der Label-Manie, als Menschen wie wan-
                        delnde Plakatsäulen durch die Welt stolzierten, auf das richtige
                        Pferd. „Natürlich gibt es viele Kunden, die auf Marken fixiert
                        sind“, sagt Tadamitsu, „aber zu jeder Bewegung gibt es auch
                        eine Gegenbewegung.“

                        Mit dem Namen Muji – „Keine Marke, gute Qualität“ – setzt sich
                        der Konzern in Zeiten hoher Markenfixierung von der Konkur-
                        renz ab. Zum Minimalismus der Produkte gehört auch, dass die
                        Namen der Designer nicht genannt werden.

                        „To us, it‘s all about a product that‘s simple and functional. Once
                        you remove the price tag from our products, there‘s nothing to
                        indicate what the brand is.“
MARKE                                                                                   MARKE
No Logo Branding   22                                                                     No Logo Branding   23

                                                                                                                  sein, Ethik und Moral erhalten in diesem Zusammenhang eine
                                                                                                                  ganz neue Bedeutung und werden auf die oberste Stufe der
                                                                                                                  Wertehierarchie gehoben. So laden No Logo Brandings eine
                                                                                                                  Marke mit Sinn, Zweck und Nutzen auf und verschieben dadurch
                                                                                                                  den symbolischen Mehrwert hin zu einem moralischen.

                                                                                                                  Reflex auf eine Überdosis an
                                                                                                                  Marketingmassnahmen

                                                                                                                  Es bestätigt sich daraus aufs Neue, dass es sich beim No Logo
                                                                                                                  Branding nicht um eine neuartige, ideologisch angehauchte
                                                                                                                  Marken-, sondern vielmehr um eine neue Marketingstrategie
                                                                                                                  handelt.

                        Die Hohe Kunst des No Logo Brandings basiert auf dem Para-
                        dox der Vermarktung von Anti-Marken. Denn die Nicht-Marke ist
                        immer auch schon eine Marke.

                        Auf eine Markenstrategie wird nur scheinbar verzichtet. Das No
                        Logo Branding streift lediglich das Logo ab, welches zwar einen
                        relevanten aber nur minimalen, komprimierten Teil des visuellen
                        Erscheinungsbildes gemäss Corporate Design darstellt. Dieses
                        Vorgehen kann als Reflex auf eine Überdosis an Marketingmass-
                        nahmen verstanden werden.

                        Die Markenstrategie führt die vorhandenen moralischen Män-
                        gel der Gesinnungsgemeinschaft weiter und passt sich an den
                        veränderten Rahmen-bedingungen des Marktes an. Corporate
                        Responsibility, Nachhaltigkeit, Sweatshop free, Umweltbewusst-
DESIGN                                                                                        DESIGN
No Logo Branding   24                                                                         No Logo Branding   25

                                                                                                                      Funktion des Logos ein, um als Identifikations- und Wiedererken-
                                                                                                                      nungsmerkmale zu fungieren.

                                                                                                                      In ihrer Rolle als stille Schaffer werden Designer zum unverzicht-
                                                                                                                      baren Pluspunkt in der Wahrnehmung einer Marke, wie es am
                                                                                                                      Exempel von Bottega Veneta und Tomas Maier konstatiert wer-
                                                                                                                      den kann.

                                                                                                                      Ausser dem ostentativen Understatment, d.h. der bewusst zur
                                                                                                                      Schau gestellten Untertreibung, wird auf vordergründige Effekte
                                                                                                                      oder im Trend liegende Stilelemente bewusst verzichtet.

                                                                                                                      Schlichtheit in allem

                                                                                                                      Aufgrund der kritischen Auseinandersetzung mit der Gesell-
                                                                                                                      schaft ist ein starker Rückgriff auf traditionelle Techniken und
                                                                                                                      Handwerk spürbar.
                        No Logo Marken wie AA wirken zwar, als wären sie nicht gestal-
                        tet. Doch der Eindruck täuscht, worin sich auch die Schwierigkeit
                        für die Disziplin des Designs zeigt, etwas nicht gestaltet ausseh-
                        en zu lassen.

                        Die Schlichtheit in allem ist zum Kodex der No Logo Bewegung
                        vorangeschritten. Einfachheit, Funktionalität und Neutralität – von
                        der Materialität, Gestaltung bis hin zur Umsetzung.

                        Das Branding, d.h. die Entwicklung und Betreuung einer Marke,
                        folgt denselben Regeln wie die Markenführung von regulären
                        Superbrands. Mit dem Unterschied, dass das visuelle Erschei-
                        nungsbild bewusst weggelassen wird. Die intangiblen (unbe-
                        rührbaren) und unsichtbaren Attribute der Marke nehmen die
PRODUKTION (UND DISTRIBUTION)                                                            PRODUKTION (UND DISTRIBUTION)
No Logo Branding   26                                                                     No Logo Branding   27

                                                                                                                  Während es früher umgekehrt der Fall war, heisst es heute lokal
                                                                                                                  denken, global handeln.

                                                                                                                  Beim mittlerweilen grössten Textilhersteller der USA geschieht
                                                                                                                  alles unter einem (Solar-) Dach: Von der Stoffproduktion über
                                                                                                                  Zuschneiderei und Näherei bis hin zur Distribution. Erst dank der
                                                                                                                  vertikalen Integration von American Apparel kann sich die Nicht-
                                                                                                                  Marke einer weltweiten einzigartigen Nachfrage erfreuen.
                                                                                                                  Auf Zwischenhändler wird gänzlich verzichtet. Die firmeneige-
                                                                                                                  nen Läden liegen meist in angesagten Gegenden von Gross-
                                                                                                                  städten.

                                                                                                                  Lokal denken, global handeln
                                                                                                                  (Don Trapscott)

                        In den letzten Jahren hat die Globalisierung der Produktion bis
                        hin zur Distribution stark zugenommen. Hierbei spielen die bei-
                        den Hauptmotive der Kostensenkung und Markterschliessung
                        die Schlüsselrollen.

                        Im Gegensatz zu den Superbrands handeln Unternehmen mit ei-
                        ner No-Logo-Branding-Strategie gegen diesen Trend. Sie setzen
                        sich gegen die Zerstörung lokaler Strukturen ein und verzichten
                        dadurch auf die Produktion in Billiglohnländern.

                        Das Wissen um Produktionsbedingungen und –zusammenhän-
                        gen ist für die Kennerschaft von zentraler Bedeutung. Der Aus-
                        beutung von Menschen und der Umwelt wird ein Riegel vorge-
                        schoben.
KOMMUNIKATION                                                                 KOMMUNIKATION
No Logo Branding   28                   No Logo Branding   29

                                                                In Werbung und Sponsoring ging es schon immer darum, Pro-
                                                                dukte durch die geeignete Bildersprache mit positiven kultu-
                                                                rellen oder sozialen Erfahrungen gleichzusetzen. So werden
                                                                wir jeden Tag mit einer gigantischen Menge an Informationen
                                                                konfrontiert – und das nahezu pausenlos.

                                                                Die Kommunikation löst sich von den ausgedachten Marken-
                                                                welten ab, welche über das Produkt reden und bewegt sich hin
                                                                zu den Menschen, die das Produkt herstellen. Selbst im Luxus-
                                                                segment werden die Produzenten sowie die Produktionsbe-
                                                                dingungen ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Andere
                                                                Formen der Konsumentenbeeinflussung wie Public Relations
                                                                werden dadurch immer wichtiger.

                                                                Ablösung von ausgedachten Markenwelten

                                                                Dov Charney, Gründer und CEO von American Apparel, ver-
                                                                zichtet ganz auf Stars in der Werbung und setzt für seine Kam-
                                                                pagnen ausschliesslich auf unverbrauchte junge Gesichter. Für
                                                                die Amateurmodels gibt es neben Ruhm und Ehre pro Shoo-
                                                                ting 50 Dollar.

                                                                In seinen Werbekampagnen steht nicht das Produkt im Vorder-
                                                                grund. Vielmehr soll das Produktwissen der Konsumenten ge-
                                                                steigert und ihr Empfinden gegenüber dem Produkt verbessert
                                                                werden, um schliesslich das Verhalten nachhaltig zu beeinflus-
                                                                sen.

                                                                Sympathisch wirken Marken wie Bottega Veneta, die durch ihr
                                                                Understatement relativ unauffällig bleiben und kaum Werbung
                                                                betrieben.
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK                                                                     ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
No Logo Branding   30                                                                        No Logo Branding   31

                                                                                                                     ger verschwiegen sondern in die Kommunikation integriert, um
                                                                                                                     das Vertrauen der Konsumenten zu wecken.

                                                                                                                     In einer vom Massenkonsum und Globalisierung geprägten
                                                                                                                     Welt gibt es eine steigende Anzahl Konsumenten, welche loka-
                                                                                                                     le, authentische und ökofreundliche Produkte suchen. Mit der
                                                                                                                     Anti-Marken-Bewegung appelliert man an das grüne Gewissen
                                                                                                                     dieser Personen, um den simplen Genuss der Aneignung zu
                                                                                                                     rechtfertigen.

                                                                                                                     Die Anti-Markenbewegung kann jedoch auch als Indiz für den
                                                                                                                     Aufbruch in eine neue Marktwirtschaft gewertet werden. Denn
                                                                                                                     der alten, kapitalistischen Wirtschaft, die nur noch mit zahllosen
                                                                                                                     verwechselbaren Produkten um sich wirft, geht langsam die Luft
                                                                                                                     aus.

                                                                                                                     So wird die nächste grosse Frage unserer Zeit sich auf das
                                                                                                                     Quantum verschieben, das auf die Dimension ‚wie viel‘ und ‚wie
                                                                                                                     gross‘ verweisst. Es wird zum unverzichtbaren Mittler zwischen
                        Die kapitalistische Marktwirtschaft hat sich die Ideologien hinter                           der Qualität und der Quantität als Masse.
                        dem Anticonsumerism einmal mehr zu Eigen gemacht. Schliess-
                        lich haben alle Suchbewegungen der Bohème nach alternativen
                        Lebensentwürfen, humaneren Produkten und bedeutsamen Er-
                        fahrungen nur dazu geführt, den Superbrands neue Impulse zu
                        verleihen und Marktlücken aufzudecken.

                        Die Markenführung funktioniert nach wie vor nach denselben
                        Regeln, denn eine Nicht-Marke ist immer auch schon eine Mar-
                        ke. Die No Logo Bewegung muss deshalb vielmehr als kosme-
                        tischer Eingriff in eine Marke als eine neue Markenstrategie ver-
                        standen werden.

                        Kurzfristig wird sich alles um die Moralisierung des Marktes dre-
                        hen. Die Herkunft und Herstellung der Ware wird nicht mehr län-
IMPRESSUM
No Logo Branding   32

Modul:                  Das nächste grosse Ding!
                        Interpretation der Oberflächen der Konsumkultur und einzelner
                        Produkte als Symptome allgemeiner Markt- und Gesellschaftst-
                        rends.

Lerninhalte:            Das Seminar vermittelt das analytische Rüstzeug, um mit dem
                        Raster grundlegender ökonomischer, technologischer und sozi-
                        aler Trends die Dynamik in einzelnen Märkten und Lebensberei-
                        chen zu beschreiben. Produkte, Moden, Werbung, kulturelle und
                        soziale Phänomene werden als Symptome tiefer gehender ge-
                        sellschaftlicher Strömungen interpretiert und zu Themenfeldern
                        geclustert.

                        An der Schnittstelle von Journalismus, qualitativer Marktfor-
                        schung und strategischem Planning werden die Erkenntnisse in
                        ein eigenes Wording übersetzt, grafisch aufbereitet und das so
                        generierte Material in Form eines Dossiers verdichtet, das auch
                        strategische Ableitungen und Ansätze für Produktinnovationen
                        enthält.

Dozent:                 Holm Friebe, Zentrale Intelligenz Agentur Berlin

Studentin:              Sarra Ganouchi
                        (Inhalt und Gestaltung)

Quellen:                No Logo! Naomi Klein, Goldmann Verlag, 2002, ISBN 3442153123
                        (Quellen nicht vollständig aufgelistet! )

All rights              Sarra Ganouchi und Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich,
reserved:               2007
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