No Logo Branding Die nächste Stufe der Markengestaltung
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TABLE OF CONTENT EINLEITUNG No Logo Branding No Logo Branding TABLE OF CONTENT No Logo Branding Einleitung 3-5 Konnte Naomi Klein 2002 noch die Ära der Superbrands konsta- Positionierungskreuz 6 tieren, in der das Produkt nur noch ein Attribut der Marke darstell- Quadranten 7-21 te, befinden wir uns kaum fünf Jahre später in einer veränderten Anticonsumerism 7-10 Situation. Gerade der Erfolg ihres Buches ‚No Logo‘ hat dazu Sophistication 11-14 beigetragen, das Image der Superbrands zu ramponieren und Cleanliness 15-17 so das Feld für No Logo Brandings zu ebnen. Seither können No-Frills 18-21 wir beobachten, dass das Produkt an Stelle der Marke wieder Marke 22-23 ins Zentrum des Bewusstseins vieler Konsumenten gerückt ist. Design 24-25 Produktionsbedingungen und Umweltverträglichkeit werden Produktion (und Distribution) 26-27 seither wieder gross geschrieben und als wichtige Verkaufsar- Kommunikation 28-29 gumente gehandelt. Zusammenfassung und Ausblick 30-31 Impressum 32 Das beste Beispiel, an dem sich eine Reihe der neuen Prinzipien und Spielregeln des No Logo Brandings ablesen lassen, ist American Apparel (AA). Die Anti-Marke aus Downtown Los An- geles produziert jedes einzelne Stück vor Ort im Hochlohnland und verzichtet auf sichtbare Logos sowie teure Werbung. AA ist es gelungen, sich ein Image zu erarbeiten, das Kunden mit sozi- alem Gewissen anspricht. Die Ideologie hinter den No Logo Brandings basiert mehrheit- lich auf den Wertevorstellungen von nicht kapitalistischen Non Government Organisations, welche als oberstes Ziel die Nach- haltigkeit für Mensch und Umwelt verfolgen. No Logo Marken scheinen auf den ersten Blick als wären sie nicht gestaltet. Auf den zweiten Blick wird einem jedoch schnell klar, dass hinter der Ideologie eine weitere markentechnische Strategie lauert. Es handelt sich dabei um eine neue Stufe der Markenführung von Grossunternehmen, welche sich an die Re- geln von Non Government Organisations annähern.
EINLEITUNG EINLEITUNG No Logo Branding No Logo Branding No Logo Branding EINLEITUNG No Logo Branding Der Anticonsumerism als ursprüngliche Gegenbewegung zur Diese Trends äussern sich in einer Verschiebung vom symbo- Überflussgesellschaft hat tatsächlich dem Kapitalismus einmal lischen Mehrwert der Superbrands zum moralischen Mehrwert mehr genützt als geschadet. hin, wie es im No Logo Branding zu beobachten ist. Die Anti- Marken-Bewegung wird zum neuen Paradigma, das nach eige- Viele Konsumprodukte, so Matthias Horx in seinem 2006 er- nen Regeln funktioniert und in sich ausdifferenziert ist. schienen Buch ‚Wie wir leben werden‘, erzählen neben dem ewigen Lied von Preis, Qualität und Status auch die Geschichte eines sozialen Wandels, in dem Jüngere gegen Ältere neue Ge- From eco to ethics wohnheiten durchsetzen und sich aus den Fesseln alter Abhän- gigkeiten lösen. Mit dem Konsum wird gegen den Kodex der Mässigung rebelliert. Lange Zeit stand der simple Genuss der Die wirtschaftliche Tätigkeit ist wieder zum Gegenstand gewor- Aneignung in der Konsumwelt im Zentrum. den. Während bei der Produktion auf Nachhaltigkeit gesetzt wird, verschiebt sich die Werbung immer mehr in das Feld der Public Relations. Verändertes Verhältnis von Mensch und Marke Anhand eines Rasters lassen sich die unterschiedlichen Kom- ponenten und Motivationen aufzeigen, aus denen sich das No Durch die Übersättigung an Informationen, Trends und Pro- Logo Branding zusammensetzt. Dies wird an einem Kreuz veran- dukten beobachten wir in jüngster Zeit ein verändertes Verhält- schaulicht. Die Achsen sind: Ich / Wir, Ideologie / Design. nis von Mensch und Marke. Die Grundbedürfnisse nach Beach- tung, Anerkennung und Abwechslung bleiben bestehen, jedoch ist eine spürbare Verschiebung innerhalb der komplementären Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Abgrenzung und Individualität zu erkennen. Die zwei Trends in der Markenwelt bauen auf dem ‚grünen Gewissen‘ des Konsums und auf der raschen Vermehrung von alternativen Statussymbolen auf, welche sich im besonderen durch humane Produktionsbedingungen auszeichnen. In einer vom Massenkonsum und Globalisierung geprägten Welt gibt es eine steigende Anzahl Konsumenten, welche lokale, authen- tische und ökofreundliche Produkte suchen.
POSITIONIERUNGSKREUZ ANTICONSUMERISM No Logo Branding No Logo Branding POSITIONIERUNGSKREUZ SOPHISTICATION ICH CLEANLINESS Bottega Veneta Jil Sander ±0 Michael Kors Manufactum Filippa K IDEOLOGIE American Apparel DESIGN Crafting Zara Gap (Red) Greenpeace Amnesty International Muji ANTICONSUMERISM WIR NO FRILLS
ANTICONSUMERISM ANTICONSUMERSIM No Logo Branding No Logo Branding SOPHISTICATION ICH CLEANLINESS Während die Grossunternehmen seit Jahren die freie Wahl der Verbraucher propagieren, beherrschen sie mit ihren Marken die Bottega Veneta Jil Sander Medien und den öffentlichen Raum. “Um die Kosten der Ver- ±0 marktung der Superbrands wieder einzusparen, produzieren Michael Kors sie in Freihandelszonen, in ghettoähnlich abgeschirmten Sweat- shops, frei von Steuern, Umweltauflagen und Sozialabgaben Manufactum Filippa K und erzielen damit astronomische Gewinnspannen”. Zitat Nao- mi Klein, No Logo, 2002. IDEOLOGIE American Apparel DESIGN Die gegenläufige Entwicklung zeichnet sich im Anticonsumerism Crafting der Lovos (Life of voluntary simplicity) ab, die sich als Regulativ Zara zur konsumorientierten, an Affluenza (Wohlstand, Reichtum) lei- Gap (Red) denden Überflussgesellschaft verstehen. Sie orientieren sich an Greenpeace einem einfachen, genügsamen und ausgewogenen Lebensrhyt- mus abseits des konsumorientierten „American way of life“. Amnesty International Muji Die Wertevorstellungen hinter dem Anticonsumerism, welches sich im Feld zwischen Wir und Ideologie aufspannt, ist stark von Non Government Organisations geprägt, welche sich haupt- ANTICONSUMERISM WIR NO FRILLS sächlich gegen die Ausbeutung von Menschen und der Umwelt einsetzen. Wie bei Amnesty International nimmt nicht das Indi- viduum, sondern das Wohlergehen des Kollektivs die höchste Priorität ein. Gemeinnutz vor Eigennutz Die Produktionsbedingungen gewinnen durch die Lovos wieder an Wert und werden zu einem der wichtigsten Entscheidungs- träger über Kauf oder Nichtkauf. Besonders profitiert davon die Craftingbewegung, welche nicht in das Rennen um Pseudo-In- novationen eingestiegen ist. Sie sieht ihren Zweck bereits in der
ANTICONSUMERSISM SOPHISTICATION No Logo Branding 10 No Logo Branding 11 Tätigkeit des handwerklichen Herstellens selbst und stellt nicht den späteren Besitz des Gegenstandes in den Vordergrund. Die Antimarke aus Downtown L.A. nutzte die Entwicklung des Anticonsumersim geschickt aus und wurde durch den Verzicht auf Logos, teure Werbung und insbesondere durch den Verzicht auf ausbeuterische Dritt-Welt-Sweatshop-Produktionen zum In- begriff des coolen Unterstatements. Es ist American Apparel ge- lungen, sich ein Image zu erarbeiten, das Kunden mit sozialem Gewissen anspricht. „Jeder soll sich American Apparel leisten können“, erklärt Gründer und CEO Dov Charney.
SOPHISTICATION SOPHISTICATION No Logo Branding 12 No Logo Branding 13 SOPHISTICATION ICH CLEANLINESS Zu Beginn des 21. Jahrhunderts zeichnet sich eine neue Gruppe ab: Bobos, das ist der Name, den David Brooks der neuen Elite Bottega Veneta Jil Sander des Informationszeitalters gegeben hat. ±0 Michael Kors Der Lebensstil der Bobos führt zusammen, was bisher als un- vereinbar galt: Reichtum und Rebellion, beruflicher Erfolg und Manufactum Filippa K eine nonkonformistische Haltung, das Denken der Hippies und der unternehmerische Geist der Yuppies (young urban profes- sionals). Der „bourgeoise Bohemien“ ist ein neuer Typus, der IDEOLOGIE American Apparel DESIGN sich durch einen ausgeprägten Individualismus auszeichnet, Crafting der idealistisch lebt, einen sanften Materialismus pflegt, wert Zara auf Kennerschaft legt, korrekt und kreativ zugleich ist und unser Gap (Red) gesellschaftliches, kulturelles und politisches Leben zunehmend Greenpeace prägt. Amnesty International Muji Ostentatives Understatement ANTICONSUMERISM WIR NO FRILLS Eine Verschiebung von Werten aus dem Anticonsumerism ist auch hier spürbar. Nicht nur noch das Produkt sondern auch die Kenntnisse um Produktionsbedingungen haben sich zu einem Interessensfeld der idealistisch veranlagten Bobos etabliert. Im Zeitalter der Überflutung der globalen Märkte durch Masse und Menge ist es einigen Handwerksunternehmen gelungen, sich in einem Nischenmarkt zu etablieren, in welchem die Kon- sumenten Wert auf Kennerschaft legen. Ein weiteres Merkmal dafür, dass der Endverbraucher heute nicht mehr so sehr die Identifikation mit einer Marke sucht, sondern vielmehr wieder ein starkes Vertrauen in die ureigenen Qualitäten einer Marke von Bedeutung ist.
SOPHISTICATION CLEANLINESS CLEANLINESS No Logo Branding 14 No Logo Branding 15 CLEANLINESS Das vom Bastlertum abgeleitete gewerbliche Handwerk, bei dem ein Produkt auf Bestellung gefertigt wird, steht der indus- triellen und somit unpersönlichen Massenproduktion auf Vorrat gegenüber. Unternehmen wie Bottega Veneta haben es verstanden, sich als italienische Meister des Handwerks auf dem globalen Mode- markt zu etablieren. Geschickt wissen sie mit dem Stilelement des Understatements umzugehen und damit bei den Konsu- menten ein Gefühl des „Savoire-vivre“ auszulösen.
CLEANLINESS CLEANLINESS No Logo Branding 16 No Logo Branding 17 SOPHISTICATION ICH CLEANLINESS Bereits zur Zeit der Bauhausbewegung drückt sich Kultiviertheit in Schlichtheit aus. So argumentierte Adolf Loos in seinem be- Bottega Veneta Jil Sander rühmten Artikel ‚Ornament und Verbrechen‘ von 1908, dass Funk- ±0 tionalität und Abwesenheit von Ornamenten im Sinne mensch- Michael Kors licher Kraftersparnis ein Zeichen hoher Kulturentwicklung seien. Manufactum Filippa K Ornamentale Verzierungen oder andere besonders künstleri- sche Gestaltungsversuche an einem Gebrauchsgegenstand seien eine unangemessene wie überflüssige Arbeit. IDEOLOGIE American Apparel DESIGN Crafting Statt dessen plädiert Loos für die Verwendung edelster Materi- Zara alien, soweit die Anmutung von Sinnlichkeit und Reichtum erzielt Gap (Red) werden soll. Greenpeace Die Designerin Filippa Knutsson, die hinter dem skandinavischen Amnesty International Muji Label Filippa K steht, wird von Kennern gerne für ihre Cleanli- ness gelobt. Ihr puristisches Design weist eine kühle Schlichtheit auf, welche sich subtil, dezent und in vollkommener Reinheit ausdrückt. ANTICONSUMERISM WIR NO FRILLS Schlichtheit und Feinheit Der Trend der Cleanliness hat selbst im Elektronikmarkt Einzug gehalten: Das Konzept „Simplexity“ stellt eine Balance zwischen beschleunigter Alltagskomplexität und persönlicher Zufrieden- heit her und meistert komplexe Situationen mit Hilfe von sim- plen Mitteln. Die Funktionen werden wie beim iPod nach innen verlagert, währenddem das Erscheinungsbild geradezu steril, simple und schlicht gehalten wird.
NO-FRILLS NO-FRILLS No Logo Branding 18 No Logo Branding 19 SOPHISTICATION ICH CLEANLINESS Bottega Veneta Jil Sander ±0 Michael Kors Manufactum Filippa K IDEOLOGIE American Apparel DESIGN Crafting Zara Gap (Red) Greenpeace Amnesty International Muji ANTICONSUMERISM WIR NO FRILLS
NO-FRILLS NO-FRILLS No Logo Branding 20 No Logo Branding 21 Aus dem Englischen übersetzt bedeutet „no frills“ ohne Schnick- Im Web Design galt Google lange Zeit als Pionier des schlichten schnack. Schlichtheit in allem. Designs. Auf der Startseite, welche sich auch heute noch als ein- faches Suchfenster präsentiert, wird alles weggelassen, was als Durch das Weglassen von nicht essentiellen Teilen einer Ware störend empfunden wird. oder Dienstleistung können die Herstellungskosten derart ge- senkt werden, dass die Verkaufspreise gegenüber vergleich- baren Angeboten deutlich niedriger liegen. Das japanische Einrichtungslabel Muji als Beispiel einer typischen No-Frills-Marke setzt auf funktionale und puristisch gestaltete All- tagsgegenstände zu günstigen Preisen, von Zahnpasta bis zum Alu-Klapprad, ohne Logo und Schnörkel. Style on Budget Tadamitsu Matsui, Chef von Muji, setzte mit seinem Minimalis- mus-Konzept zur Zeit der Label-Manie, als Menschen wie wan- delnde Plakatsäulen durch die Welt stolzierten, auf das richtige Pferd. „Natürlich gibt es viele Kunden, die auf Marken fixiert sind“, sagt Tadamitsu, „aber zu jeder Bewegung gibt es auch eine Gegenbewegung.“ Mit dem Namen Muji – „Keine Marke, gute Qualität“ – setzt sich der Konzern in Zeiten hoher Markenfixierung von der Konkur- renz ab. Zum Minimalismus der Produkte gehört auch, dass die Namen der Designer nicht genannt werden. „To us, it‘s all about a product that‘s simple and functional. Once you remove the price tag from our products, there‘s nothing to indicate what the brand is.“
MARKE MARKE No Logo Branding 22 No Logo Branding 23 sein, Ethik und Moral erhalten in diesem Zusammenhang eine ganz neue Bedeutung und werden auf die oberste Stufe der Wertehierarchie gehoben. So laden No Logo Brandings eine Marke mit Sinn, Zweck und Nutzen auf und verschieben dadurch den symbolischen Mehrwert hin zu einem moralischen. Reflex auf eine Überdosis an Marketingmassnahmen Es bestätigt sich daraus aufs Neue, dass es sich beim No Logo Branding nicht um eine neuartige, ideologisch angehauchte Marken-, sondern vielmehr um eine neue Marketingstrategie handelt. Die Hohe Kunst des No Logo Brandings basiert auf dem Para- dox der Vermarktung von Anti-Marken. Denn die Nicht-Marke ist immer auch schon eine Marke. Auf eine Markenstrategie wird nur scheinbar verzichtet. Das No Logo Branding streift lediglich das Logo ab, welches zwar einen relevanten aber nur minimalen, komprimierten Teil des visuellen Erscheinungsbildes gemäss Corporate Design darstellt. Dieses Vorgehen kann als Reflex auf eine Überdosis an Marketingmass- nahmen verstanden werden. Die Markenstrategie führt die vorhandenen moralischen Män- gel der Gesinnungsgemeinschaft weiter und passt sich an den veränderten Rahmen-bedingungen des Marktes an. Corporate Responsibility, Nachhaltigkeit, Sweatshop free, Umweltbewusst-
DESIGN DESIGN No Logo Branding 24 No Logo Branding 25 Funktion des Logos ein, um als Identifikations- und Wiedererken- nungsmerkmale zu fungieren. In ihrer Rolle als stille Schaffer werden Designer zum unverzicht- baren Pluspunkt in der Wahrnehmung einer Marke, wie es am Exempel von Bottega Veneta und Tomas Maier konstatiert wer- den kann. Ausser dem ostentativen Understatment, d.h. der bewusst zur Schau gestellten Untertreibung, wird auf vordergründige Effekte oder im Trend liegende Stilelemente bewusst verzichtet. Schlichtheit in allem Aufgrund der kritischen Auseinandersetzung mit der Gesell- schaft ist ein starker Rückgriff auf traditionelle Techniken und Handwerk spürbar. No Logo Marken wie AA wirken zwar, als wären sie nicht gestal- tet. Doch der Eindruck täuscht, worin sich auch die Schwierigkeit für die Disziplin des Designs zeigt, etwas nicht gestaltet ausseh- en zu lassen. Die Schlichtheit in allem ist zum Kodex der No Logo Bewegung vorangeschritten. Einfachheit, Funktionalität und Neutralität – von der Materialität, Gestaltung bis hin zur Umsetzung. Das Branding, d.h. die Entwicklung und Betreuung einer Marke, folgt denselben Regeln wie die Markenführung von regulären Superbrands. Mit dem Unterschied, dass das visuelle Erschei- nungsbild bewusst weggelassen wird. Die intangiblen (unbe- rührbaren) und unsichtbaren Attribute der Marke nehmen die
PRODUKTION (UND DISTRIBUTION) PRODUKTION (UND DISTRIBUTION) No Logo Branding 26 No Logo Branding 27 Während es früher umgekehrt der Fall war, heisst es heute lokal denken, global handeln. Beim mittlerweilen grössten Textilhersteller der USA geschieht alles unter einem (Solar-) Dach: Von der Stoffproduktion über Zuschneiderei und Näherei bis hin zur Distribution. Erst dank der vertikalen Integration von American Apparel kann sich die Nicht- Marke einer weltweiten einzigartigen Nachfrage erfreuen. Auf Zwischenhändler wird gänzlich verzichtet. Die firmeneige- nen Läden liegen meist in angesagten Gegenden von Gross- städten. Lokal denken, global handeln (Don Trapscott) In den letzten Jahren hat die Globalisierung der Produktion bis hin zur Distribution stark zugenommen. Hierbei spielen die bei- den Hauptmotive der Kostensenkung und Markterschliessung die Schlüsselrollen. Im Gegensatz zu den Superbrands handeln Unternehmen mit ei- ner No-Logo-Branding-Strategie gegen diesen Trend. Sie setzen sich gegen die Zerstörung lokaler Strukturen ein und verzichten dadurch auf die Produktion in Billiglohnländern. Das Wissen um Produktionsbedingungen und –zusammenhän- gen ist für die Kennerschaft von zentraler Bedeutung. Der Aus- beutung von Menschen und der Umwelt wird ein Riegel vorge- schoben.
KOMMUNIKATION KOMMUNIKATION No Logo Branding 28 No Logo Branding 29 In Werbung und Sponsoring ging es schon immer darum, Pro- dukte durch die geeignete Bildersprache mit positiven kultu- rellen oder sozialen Erfahrungen gleichzusetzen. So werden wir jeden Tag mit einer gigantischen Menge an Informationen konfrontiert – und das nahezu pausenlos. Die Kommunikation löst sich von den ausgedachten Marken- welten ab, welche über das Produkt reden und bewegt sich hin zu den Menschen, die das Produkt herstellen. Selbst im Luxus- segment werden die Produzenten sowie die Produktionsbe- dingungen ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Andere Formen der Konsumentenbeeinflussung wie Public Relations werden dadurch immer wichtiger. Ablösung von ausgedachten Markenwelten Dov Charney, Gründer und CEO von American Apparel, ver- zichtet ganz auf Stars in der Werbung und setzt für seine Kam- pagnen ausschliesslich auf unverbrauchte junge Gesichter. Für die Amateurmodels gibt es neben Ruhm und Ehre pro Shoo- ting 50 Dollar. In seinen Werbekampagnen steht nicht das Produkt im Vorder- grund. Vielmehr soll das Produktwissen der Konsumenten ge- steigert und ihr Empfinden gegenüber dem Produkt verbessert werden, um schliesslich das Verhalten nachhaltig zu beeinflus- sen. Sympathisch wirken Marken wie Bottega Veneta, die durch ihr Understatement relativ unauffällig bleiben und kaum Werbung betrieben.
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK No Logo Branding 30 No Logo Branding 31 ger verschwiegen sondern in die Kommunikation integriert, um das Vertrauen der Konsumenten zu wecken. In einer vom Massenkonsum und Globalisierung geprägten Welt gibt es eine steigende Anzahl Konsumenten, welche loka- le, authentische und ökofreundliche Produkte suchen. Mit der Anti-Marken-Bewegung appelliert man an das grüne Gewissen dieser Personen, um den simplen Genuss der Aneignung zu rechtfertigen. Die Anti-Markenbewegung kann jedoch auch als Indiz für den Aufbruch in eine neue Marktwirtschaft gewertet werden. Denn der alten, kapitalistischen Wirtschaft, die nur noch mit zahllosen verwechselbaren Produkten um sich wirft, geht langsam die Luft aus. So wird die nächste grosse Frage unserer Zeit sich auf das Quantum verschieben, das auf die Dimension ‚wie viel‘ und ‚wie gross‘ verweisst. Es wird zum unverzichtbaren Mittler zwischen Die kapitalistische Marktwirtschaft hat sich die Ideologien hinter der Qualität und der Quantität als Masse. dem Anticonsumerism einmal mehr zu Eigen gemacht. Schliess- lich haben alle Suchbewegungen der Bohème nach alternativen Lebensentwürfen, humaneren Produkten und bedeutsamen Er- fahrungen nur dazu geführt, den Superbrands neue Impulse zu verleihen und Marktlücken aufzudecken. Die Markenführung funktioniert nach wie vor nach denselben Regeln, denn eine Nicht-Marke ist immer auch schon eine Mar- ke. Die No Logo Bewegung muss deshalb vielmehr als kosme- tischer Eingriff in eine Marke als eine neue Markenstrategie ver- standen werden. Kurzfristig wird sich alles um die Moralisierung des Marktes dre- hen. Die Herkunft und Herstellung der Ware wird nicht mehr län-
IMPRESSUM No Logo Branding 32 Modul: Das nächste grosse Ding! Interpretation der Oberflächen der Konsumkultur und einzelner Produkte als Symptome allgemeiner Markt- und Gesellschaftst- rends. Lerninhalte: Das Seminar vermittelt das analytische Rüstzeug, um mit dem Raster grundlegender ökonomischer, technologischer und sozi- aler Trends die Dynamik in einzelnen Märkten und Lebensberei- chen zu beschreiben. Produkte, Moden, Werbung, kulturelle und soziale Phänomene werden als Symptome tiefer gehender ge- sellschaftlicher Strömungen interpretiert und zu Themenfeldern geclustert. An der Schnittstelle von Journalismus, qualitativer Marktfor- schung und strategischem Planning werden die Erkenntnisse in ein eigenes Wording übersetzt, grafisch aufbereitet und das so generierte Material in Form eines Dossiers verdichtet, das auch strategische Ableitungen und Ansätze für Produktinnovationen enthält. Dozent: Holm Friebe, Zentrale Intelligenz Agentur Berlin Studentin: Sarra Ganouchi (Inhalt und Gestaltung) Quellen: No Logo! Naomi Klein, Goldmann Verlag, 2002, ISBN 3442153123 (Quellen nicht vollständig aufgelistet! ) All rights Sarra Ganouchi und Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich, reserved: 2007
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