Internet-basiertes Lernen in der Pflegebildung - besser, bunter, billiger?
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Internet-basiertes Lernen in der Pflegebildung – besser, bunter, billiger? Michael Kerres/ Andrea Kerres Der Beitrag diskutiert die Möglichkeiten des internetbasierten Lernens Prof. Dr. Michael Kerres in der Pflegebildung. Als entscheidender Vorzug eines mediengestütz- Ruhr-Universität Bochum ten Lernszenarios, das auf dem Internet basiert, wird – gerade gegen- Institut für Pädagogik über konventionellen Fernstudienangeboten – die Möglichkeit zu einer 44780 Bochum Email: michael@kerres.de intensiveren Kommunikation gesehen. Um jedoch die Lehrziele in der Pflegebildung zu erreichen, sind entsprechende Massnahmen durch Prof. Dr. Andrea Kerres Stiftungsfachhochschule Mün- verschiedene Elemente des Lernens in Präsenzseminaren zu ergänzen chen Fachbereich Pflege und Ge- sundheit Einleitung Preysingstr. 83 Die EDV hat sich in den verschiedenen Bereichen der Pflege etabliert und wird 81667 München zunehmend als selbstverständliches Werkzeug und Medium anerkannt. Nach Email: andrea@kerres.de der Einführung von PCs im Management und der Nutzung von Netzen für z.B. die interne Kommunikation und die Verbesserung abteilungsübergreifen- der Abläufe, wird nun etwa der Einsatz mobiler PCs für das Pflegepersonal auf der Station diskutiert. Einen Schritt weiter geht die Nutzung von PCs und neuen Medien in der Aus- und Weiterbildung zu Pflegethemen. Denn auch hier gibt es Überlegungen, wie neue Medien, z. B. im Rahmen von Studien- gängen oder Weiterbildungsangeboten Einsatz finden können. Die Erwartungen, die mit diesen neuen Angeboten verbunden werden, sind vielfach immens: Man spricht von den Potenzialen der neuen Medien zu Inno- vationen oder gar Revolutionen im Bildungssektor. Doch wird das Lernen in der Pflegeaus- und Weiterbildung mit neuen Medien tatsächlich besser, bun- ter und billiger? Im folgenden werden einige Aspekte dieses Problems diskutiert. Dabei soll deutlich werden, dass die Erwartungen, die den neuen Medien und insbeson- dere dem Internet in der Bildungsarbeit entgegen gebracht werden, vielfach unrealistisch sind. Bei einer angemessenen didaktischen Konzeption kann ihr Einsatz – gerade unter den besonderen Bedingungen des Lernens im Kontext der Pflege – jedoch eine attraktive Erweiterung von Bildungsangeboten dar- stellen. Schlüsselwörter Medientechnik als Bildungstechnologie Bildung Das Internet eröffnet neue Formen der Distribution und des Zugangs zu Bil- dungsangeboten. Das Interesse, das diesem Medium auch im Bildungsbereich Internet entgegengebracht wird, ist enorm, und es ist erfreulich, dass sich Unterneh- Tele-Lernen men ebenso wie die Bildungspolitik in verstärktem Masse der Förderung die- ser Technologie im Bildungsbereich zuwenden. Bildungstechnologie Gleichwohl sind einige Erwartungen aus mediendidaktischer Sicht mit Sorge Medientechnik zu beobachten. Gemeint ist die Illusion, dass Einführung und Nutzung neuer Medientechniken als solches bereits eine Innovation im Bildungsbereich dar- stellen. PFLEGEINFORMATIK 8 PR-INTERNET 10/99
Michael Kerres/ Andrea Kerres: Internet-basiertes Lernen in der Pflegebildung Abstract Die Geschichte der Mediendidaktik ist die Geschichte dieser Illusion. Mit der Einführung jeder neuen Medientechnik etabliert sich ein Bündnis von Wirt- The article discusses the schaft und Bildungspolitik, die die Hoffnung auf Bildungsinnovationen oder opportunities which are gar Bildungsrevolutionen verkünden. Diese regelmässige Fehleinschätzung und given when internet-based Überschätzung gefährdet den Erfolg pädagogischer Bemühungen, neue Me- dientechniken als Bildungstechnologien nutzbar zu machen. learning is introduced to Aus mediendidaktischer Sicht ist zu fragen, welches Bildungsproblem sich mit nurses training. Compared dem Einsatz bestimmter Medien wie lösen lässt? Es gibt keinen Grund, be- to traditional tele-lear- stimmte Medien anderen vorzuziehen. Es gibt keine innovativen oder anti- quierten Medien im Lehr-Lernkontext. Neue Medien erweisen sich im Bil- ning, the internet offers dungskontext nur dann als erfolgreich, wenn sie gegenüber bisherigen Medien means of intensive commu- einen spezifischen Vorzug bei der Lösung eines Bildungsproblems aufweisen. nication. For a complete Bei einer Reihe von Massnahmen reduziert sich der Vorzug der neuen Medien- technik auf einen (kurzfristigen!) Imagegewinn für die Institution, die das training it is nevertheless Medium einsetzt oder propagiert. Auf diese Weise wird deren dauerhafte Eta- necessary to have in-class blierung in der Bildungsarbeit jedoch gefährdet, da organisatorische Massnah- men zur Verankerung mediengestützter Lehr-Lernangebote vernachlässigt meetings on a regular werden. basis. Der Einsatz neuer Medien erfordert die Bereitschaft, die Bildungsarbeit ange- messen umzuorganisieren: In den seltensten Fällen lassen sich Medien einfach austauschen ohne entsprechende organisatorische Sicherungsmassnahmen vorzunehmen. Leider reduziert sich in der öffentlichen Diskussion der Einsatz von PCs und Netzen im Bildungsbereich vielfach auf ein rein technisch zu lösendes Pro- blem. Dabei wird das Ziel verfolgt, Bildungseinrichtungen mit Computern und Netzzugängen auszustatten. Bildungsanbieter, so scheint es, müssen dann le- diglich motiviert werden, für Inhalte im Netz zu sorgen, d.h. sie sollen ihre Bildungsinhalte möglichst auf dem Netz verfügbar machen, so dass diese von überall abgerufen werden können. Will man das Internet als technische Basis eines Fernstudiensystems nutzen, sind die technischen Strukturen im Internet gelöst. Um die mediendidaktische Anwendung zu lösen sind dagegen nicht unerhebliche Anstrengungen von Nöten, um die notwendigen Unterstüt- zungs- und Kommunikationssysteme aufzubauen. Im folgenden soll dies the- matisiert werden. Zur Klärung: Mediengestütztes Lernen, Fernstudium und Tele-Lernen – was ist das? Jeder Unterricht besteht aus einer Informations- und einer Kommunikations- komponente. Es gilt, Informationen zu präsentieren und Kommunikations- prozesse anzuregen, die die Auseinandersetzung mit Lehr-Lerninhalten för- dern. Im personalen Unterricht sind diese beiden Komponenten auf natürliche Weise integriert. Beim mediengestützten Lernen stellt sich die Frage, welche Bedeutung die Kommunikationskomponente hat. Kommunikation scheint beim Lernen mit Medien auf den ersten Blick obsolet zu werden, da die Lernsituati- on auf die Auseinandersetzung des Einzelnen mit einem technischen Medium reduziert ist. Das autodidaktische Lernen mit Medien ist eine uns selbstverständliche Art des Wissenserwerbs und kommt per definitionem ohne interpersonelle Kommuni- kation zwischen Lehrperson und Lernenden und den institutionellen Rahmen einer schulischen Organisation aus. Da diese Lernsituation jedoch in ihren Ziel- setzungen eingeschränkt bleibt, ist zu überlegen, wie sich das autodidaktische Lernen mit Medien durch Betreuung anreichern lässt. Eine Überlegung, die insbesondere für berufliche Zusammenhänge wichtig ist, in denen Kommuni- kation einen hohen Stellenwert hat, wie es für den Bereich der Pflege und des Pflegemanagements gilt. Im Fernstudium haben wir eine Situation, bei der eine entfernte Institution den Lernprozess des Einzelnen unterstützt. Um hierbei die zeitlich/räumliche PFLEGEINFORMATIK 9 PR-INTERNET 10/99
Michael Kerres/ Andrea Kerres: Internet-basiertes Lernen in der Pflegebildung Distanz zwischen Lernenden und einer betreuenden Institution zu überwin- den, zerfallen die be- schriebenen Kompo- nenten in zwei Subsysteme (vgl. Abb. 1). Ein Subsystem verteilt Informationen üblicher- weise auf der Basis von Printmedien, aber auch mit audiovisuellen Me- dien auf analogem oder digitalem Datenträger oder aber über Rund- funk und Fernsehen an ein disperses Publikum. Die Kommunikation mit der betreuenden Institu- tion im Fernstudium er- fordert das Überbrük- ken räumlicher Distanzen mit techni- schen Medien. Die Kom- munikation zwischen Lernenden und der betreuenden Instanz basiert auf Medientechniken wie z. B. der Post, dem Telefon oder dem Telefax. Darüber hinaus werden in Prä- Abb. 1: Konventionelles senzphasen, etwa in Studienzentren, weitere Kommunikationsangebote ge- Fernstudium macht, die der Studienberatung und -betreuung dienen. Beim Tele-Lernen werden für beide Komponenten – Information wie Kommunikation – Netze als Transportmedium genutzt wie das Internet (vgl. Abb. 2). Aus didaktischer Sicht ist das Tele-Lernen auf der Basis des Internet besonders attraktiv, da sich die Kommunikation zwischen Lernenden und Lehrenden ebenso wie unter den Lernenden deutlich in- tensiver ge- stalten lässt als bei den bisher ge- Abb. 2: nannten Va- Netzbasiertes rianten des Fernstudium medienge- stützten Ler- nens. Die in- terpersonelle Kommunika- tion kann dabei syn- chron, also zeitgleich, oder asyn- chron, also zeitversetzt, sein. Typische Varianten der interperso- nellen Kom- munikation in solchen PFLEGEINFORMATIK 10 PR-INTERNET 10/99
Michael Kerres / Andrea Kerres: Internet-basiertes Lernen in der Pflegebildung Szenarien wären etwa: • push- vs. pull-Nachrichten, die in das persönliche Postfach des Lerners ab- gelegt oder an einem Schwarzen Brett abgeholt werden müssen, sowie • 1:1 (individuelle) und 1:N (Rundschreiben) Nachrichten (vgl. Abb. 3). Den individuellen Kommunikationsbedürfnissen kann dabei wesentlich mehr entgegen gekommen werden als in der vergleichsweise isolierten Situation im konventionellen Fernstudium. Dabei ist zu bedenken, dass die Etablierung entsprechender so- zialer Prozesse der Gruppenbil- dung einen bestimmten Zeit- raum sowie ein gemeinsames Ziel voraussetzt. Die interperso- nelle Kommunikation stellt sich keineswegs dadurch ein, dass entsprechende technische Kom- munikationsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Es be- darf einer gezielten Formulie- rung entsprechender Anforde- rungen und überlegten Anleitung der Beteiligten zur Kommunika- tion. Natürlich kann es auch in einer solchen Form des Lernens zu Konflikten kommen, wenn sich z. B. jemand bei einer Gruppenauf- gabe auf die anderen Personen verlässt und den eigenen Part nicht erarbeitet, oder zu Tele- Konferenzen nicht erscheint. Auch hier müssen Formen und Modelle der Auseinandersetzung gefunden werden, die zur Lösung beitragen. Abb3: Kommunikation beim Für Lernende ergibt sich beim Tele-Lernen eine Lernumgebung, die zusam- Tele-Seminar menfassend folgende Besonderheiten aufweist: • Die Zeit, die für die postalische Distribution der Informationsmedien benötigt wird, entfällt. (Die Information ist praktisch unmittelbar nach Einspeisung im Netz verfügbar.) • Es sind beliebige Distanzen überbrückbar (der physische Ort des Anbieters wird für den Lerner unbedeutend). • Informations- und Kommunikationskomponenten lassen sich in einem Me- dium integrieren. • Durch die technische Vereinfachung der interpersonellen Kommunikation besteht die Möglichkeit zur Intensivierung der Kommunikation zwischen Lerner und betreuender Institution (Autor- und Tutor/innen), sei es durch synchrone Kommunikation (Audio- oder Videokonferenzen) oder durch asynchrone Kommunikation (z.B. in Form von Schwarzen Brettern oder Newsgroups). • Es lassen sich fernstudienmethodische Ansätze realisieren, die auf einer in- tensivierten Kommunikation der Teilnehmenden basieren, wie z.B. der An- satz des verteilten, kooperativen Lernens. Hierbei erhalten Gruppen räum- lich entfernter Teilnehmer Aufgaben, die sie als Gruppe bearbeiten und lösen sollen. Zum Beispiel könnte es folgende Aufgabe geben: Ein Verwaltungslei- ter, ein ärztlicher Direktor sowie eine Pflegedienstleitung bekommen die Aufgabe innerhalb von einem Monat ein Strategiepapier für ein Kranken- haus mit vorgegebenen Betten- und Personalzahl sowie entsprechenden PFLEGEINFORMATIK 11 PR-INTERNET 10/99
Michael Kerres/ Andrea Kerres: Internet-basiertes Lernen in der Pflegebildung Abteilungen usw. zu entwickeln. Nachdem festgelegtem Zeitraum wird das Papier der nachfolgenden Führungsebene vorgestellt. Die Rolle der Pädagog/innen Für einen Bildungsanbieter stellen sich bei der Durchführung von Massnah- men des Tele-Lernens die gleichen aufbau- und ablauforganisatorischen An- forderungen wie beim konventionellen Fernstudium. Der Übergang zum Tele- Lernen eröffnet jedoch die Möglichkeit zur Reintegration didaktischer Rollen, die im konventionellem Fernstudium arbeitsteilig organisiert waren. Peters (1973) hat als zentralen Aspekt von Fernstudiensystemen deren höhere Arbeitsteiligkeit gegenüber personalem Unterricht herausgearbeitet. Sie er- gibt sich als Folge der Aufspaltung von Informations- und Kommunikations- komponente bei der Unterrichtsvorbereitung und -durchführung, da es nicht die selbe Person ist, die die Lehrmaterialien erstellt, bei den Präsensphasen anwesend oder telephonisch zu erreichen ist. Beim Tele-Lernen lässt sich diese von vielen Beteiligten als negativ erlebte Ar- beitsteiligkeit in Massen reduzieren. So kann der Autor eines Kurses wesentlich einfacher gleichzeitig die Funktion von Betreuer, Tutor sowie Prüfer überneh- men – falls dies gewünscht wird. Für zukünftige Pflegepädagog/innen eröffnen sich in diesem Zusammenhang neue Arbeits- und Aufgabenfelder, die auch in der Ausbildung und Studien- gängen zur Pflegepädagogik schon heute ihre Berücksichtigung finden müs- sen. Zum einen gilt es, das traditionelle Rollenverständnis der Pädagog/innen zu reflektieren. Der traditionelle Kontakt zu den Lernenden („face-to-face“) ist eingeschränkt ebenso wie die Überprüfung des Lernfortschrittes durch wechselseitige, direkte Rückmeldung. Darüber gilt es, Lerngruppen im Inter- net als soziale Gruppen zu etablieren, in deren Rahmen auch z. B. über Pro- blemfälle und persönliche Schwierigkeiten gesprochen werden kann. Das An- sprechen emotionaler Anteile, von persönlicher Betroffenheit und das Erleben von Gruppenzugehörigkeit sind im Rahmen internetbasierter Kommunikation zwar möglich, allerdings unter deutlich erschwerten Bedingungen. Die Tutor/ innen müssen lernen, Kommunikation unter den Teilnehmenden unter den Bedingungen dieses Mediums anzuregen. Gleichzeitig ist auch die psychoso- ziale Situation der Tutor/innen zu bedenken, d.h. wie deren Bedürfnis nach Austausch und Unterstützung entsprechen werden kann – auch im Hinblick auf die Akzeptanz und Psychohygiene solcher Tätigkeiten. Neue Medien für die Pflegebildung? Der Einsatz von PCs hat sich in der Pflege durchgesetzt. Die EDV hat neue Berufsbilder geprägt ebenso wie Studien- und Ausbildungsinhalte. Der mögli- che Nutzen computer- und netzbasierter Angebote in der Pflegebildung ist jedoch noch keineswegs so offensichtlich und muss unter verschiedenen Aspek- ten untersucht werden. Ein Aspekt betrifft die Zusammensetzung der möglichen Zielgruppen. Es zeigt sich, dass Personen der Zielgruppe überwiegend weiblich und berufstätig sind, Familie haben und somit entsprechende Verpflichtungen. Für diese Zielgrup- pe sind Fernstudienangebote in vielen Fällen vorteilhaft, da diese eine höhere Flexibilität bei der Wahl von Ort und Zeit der Lernaktivitäten eröffnen. Tatsächlich sind denn auch bei den Teilnehmenden von internetbasierten Kur- sen etwa der Tele-Akademie der FH Furtwangen, als einem der grösseren An- bieter entsprechender Kurse in Deutschland, bereits etwa die Hälfte der Teil- nehmenden weiblichen Geschlechts (Jechle & Kerres 2000). Dies ist insofern aufschlussreich, wenn man bedenkt, dass der überwiegende Anteil der Nutzer des Internets männlich ist. Zu bedenken ist sicherlich, dass die Voraussetzungen für die erfolgreiche Nut- PFLEGEINFORMATIK 12 PR-INTERNET 10/99
Michael Kerres/ Andrea Kerres: Internet-basiertes Lernen in der Pflegebildung CareLit-echerche zung eines entsprechenden Angebotes nicht trivial sind: Neben den eigentli- chen Lehrinhalten ist das selbstgesteuerte Lernen (wieder) zu erlernen, eben- Haamel,B et. al.: so der Umgang mit der Technik. Es ist jedoch eine Anforderung an die didak- Studieren via Internet - tische Konzeption entsprechender Angebote, die Lernenden bei diesen Fragen funktioniert das?Lehrende und angemessen zu unterstützten, sei es durch eine Einführung in die Techniknut- Studierende berichten über ein zung im Rahmen einer Präsenzveranstaltung, sei es durch eine Hotline, die die pflegewissenschaftliches Kon- Teilnehmenden bei allen Fragen der Nutzung unterstützt etc. Erste Studien zu taktfernstudium entsprechenden Bildungsangeboten zeigen, dass die – zu Beginn vielleicht un- Pflegezeitschrift, Stuttgart gewohnte – Technik faktisch keine Hürde darstellt, die den Lernerfolg solcher Jahrgang 51, Heft 1, Erschei- Szenarien infrage stellen würde. nungsdatum: 01.01.1998 Seite: 50 bis 53 Das eigentliche Problem derartiger Angebote liegt vielmehr in der Frage, ob das Lernszenario so gestaltet wird, dass zentrale Lehrinhalte und –ziele tat- Lüthy,A.: sächlich vermittelt werden können: Pflege definiert sich ganz wesentlich als Was das Internet der Pflege Kommunikationsberuf. Ausbildungs- und Studienangebote müssen sich von bietet, Heilberufe, Berlin den Lehrinhalten ebenso wie den Lehrmethoden auf diese Definition einstel- Jahrgang 50, Heft 2, Erschei- len. Und genau das ist das Problem bisheriger, konventioneller Fernstudienan- nungsdatum: 01.02.1998 gebote, bei denen schriftliche Textmaterialien versendet werden. Lernen voll- Seite: 42 bis 44 zieht sich hier zunächst als eine individuelle Auseinandersetzung mit den gelieferten Materialien. Die Lernenden können Zeitpunkt und Ort ihrer Lern- Meurer,P.F.: aktivitäten bestimmten, es bleibt jedoch in der Regel ein „einsames“ Lernen. Lernen im World Wide Web Denn die Kommunikation mit anderen ist eher die Ausnahme, sie läuft über Pflege Aktuell, Eschborn Einsendeaufgaben an eine entfernte Einrichtung oder vergleichsweise selten Jahrgang 52, Heft 10, Erschei- an Studienzentren. nungsdatum: 01.10.1998 Seite: 555 bis 559 Zur Einschätzung der Möglichkeiten internetbasierter Bildungsangebote ist demnach die Frage zu stellen, ob diese das hier angedeutete Problem besser Wagner,St.: adressieren. Entscheidend ist die Frage, ob entsprechende Lernszenarien hin- Lernen - Schule oder Online?Die reichend interpersonelle Kommunikation anregen können, um die in den je- praktische Alternative wird weiligen Curricula definierte Lehrziele erreichen zu können? Denn es ist offen- selten genutzt, Heim und sichtlich, dass die angesprochenen Lehrziele im Verhaltens- und Pflege, Kulmbach Einstellungsbereich nur begrenzt durch kognitive Lernprozesse und die indivi- Jahrgang 30, Heft 2, Erschei- duelle Auseinandersetzung mit (multi-) medial vermittelten Lehrinhalten er- nungsdatum: 01.02.1999 reicht werden können. Seite: 58 bis 60 Es wird deutlich, dass hierzu eine Mixtur verschiedenartiger methodischer Zugänge erforderlich ist und es auf die didaktische Gesamtkonzeption ent- Menzenberger,K. sprechender Bildungsangebote ankommt, inwieweit diese Ziele erreicht wer- Neue Medien in der Kranken- den können. Bei entsprechenden Bildungsangeboten wäre also zu untersu- pflegeschule chen, welche Lehrinhalte bzw. Lehrziele welche kommunikativen Zeitschrift: PR-InterNet, Lernszenarien für deren Vermittlung benötigen. Nehmen wir den offensicht- Mönchaltorf lichsten Fall: Die Vermittlung von Fertigkeiten in der Gesprächsführung wird Jahrgang 1, Heft 5, Erschei- man kaum über Netze realisieren (wollen). Der Erwerb entsprechender Fer- nungsdatum: 01.05.1999 tigkeiten erfordert äusserst anspruchsvolle soziale Gruppenstrukturen und - Seite: 120 bis 128 prozesse, die bereits im Kontext von Präsenzveranstaltungen schwierig „her- zustellen“ sind und in einer Situation des Fernlernens wohl kaum anzustreben Isfort,M. ist. Gleichwohl wird gerade im Weiterbildungssektor zunehmend erwogen, Moderne Kommunikationstech- klassische Trainingsseminare mit Lehrzielen im Verhaltens- und Einstellungsbe- nologie in der Pflegelehre reich durch vor- und nachgeschaltete Schulungen auf Medienbasis zu ergän- Zeitschrift: PR-InterNet, zen. Denn entsprechende Präsenzveranstaltungen sind einfach zu teuer, als Mönchaltorf dass man diese mit der Vermittlung kognitiver Wissensinhalte, etwa durch Jahrgang 1, Heft 5, Erschei- Vorträge, zeitlich allzu sehr belasten möchte. nungsdatum: 01.05.1999 Seite: 108 bis 117 Damit wird die Richtung zukünftiger Bildungskonzepte – wohl auch in der Pflegebildung – deutlich: Es kann keineswegs darum gehen, konventionelle Angebote der Aus- und Weiterbildung oder Studiengänge mehr oder weniger vollständig durch entsprechende computer- und mediengestützte Massnah- men zu ersetzen. Die Aufgabe der Zukunft besteht vielmehr darin, eine Kom- bination entsprechender Elemente von Präsenzseminaren, mediengestützten Lernangeboten, tutorieller Betreuung, Studienberatung und Lernkontrolle zu finden, die einerseits den anzustrebenden Lehrzielen und anderseits den Be- dingungen der Zielgruppe tatsächlich gerecht wird. Es ist eine durchaus an- spruchsvolle Aufgabe zur Ableitung einer mediendidaktischen Konzeption PFLEGEINFORMATIK 13 PR-INTERNET 10/99
Michael Kerres / Andrea Kerres: Internet-basiertes Lernen in der Pflegebildung Literatur (s.Kerres 1998) und dem Kombinieren solcher hybrider Lernarrangements (vgl. Jechle, T. / Kerres, M. (2000). Neue Kerres & Jechle 1999). Die Erfahrung mit bisherigen Projekten zum Einsatz Bildungsmedien: Erfahrungen mit neuer Medien zeigt, dass diese keineswegs regelmässig einen höheren Lerner- internetbasierter Weiterbildung. folg, eine höhere Akzeptanz oder gar Effizienz nach sich ziehen, sondern nur In J. Wedekind (Hg.), Virtueller wenn entsprechende mediendidaktischer Überlegungen im Zentrum solcher Campus . Münster: Waxmann. Projekte stehen. Kerres, M. (1998). Multimediale und telemediale Lernumgebungen. Konzeption und Entwicklung. München: R. Oldenbourg. Kerres, M. / Jechle, T. (1999). Hybride Lernarrangements: Personale Dienstleistungen in multi- und telemedialen Lernumgebungen. Jahrbuch Arbeit - Bildung - Kultur, 17. Kerres, M. / Jechle, T. (2000). Betreuung des mediengestützten Lernens in telemedialen Lernumgebungen. Unterrichtswissenschaft. weiterführende Verweise im Internet: http://www.kerres.de http://www.mediendidaktik.de http://www.tele-ak.de PFLEGEINFORMATIK 14 PR-INTERNET 10/99
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