Nr. 14 DE - European Union

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Nr. 14 DE - European Union
DE     2019
                                                 14
                                           Nr.

     Sonderbericht   „Ihre Meinung zählt!“:
                     Bei den öffentlichen
                     Konsultationen der
                     Kommission werden die
                     Bürgerinnen und Bürger zwar
                     einbezogen, doch mangelt
                     es an Öffentlichkeitsarbeit
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Inhalt
                                                                               Ziffer

Zusammenfassung                                                                  I-VI

Einleitung                                                                     01-16
Die Verpflichtung der Kommission, die Bürgerinnen und Bürger
einzubeziehen                                                                  03-09
Die öffentlichen Konsultationen der Kommission                                 10-16

Prüfungsumfang und Prüfungsansatz                                              17-23

Bemerkungen                                                                   24-110
Der Rahmen der Kommission für öffentliche Konsultationen                       24-32
Die allgemeine Zufriedenheit der Teilnehmer mit dem Konsultationsprozess       24-26
Der Rahmen der Kommission weist zwar einen hohen Standard auf, doch ist
die Fokussierung auf die Überwachung und Bewertung unzureichend                27-32
Vorbereitung und Teilnahme an ausgewählten öffentlichen
Konsultationen                                                                 33-75
Konsultationsstrategien werden nicht immer gut vorbereitet und
veröffentlicht                                                                 35-50
Öffentliche Konsultationen mit unterschiedlicher Beteiligung                   51-60
Bedarf an einem breiten Sprachangebot und verständlicheren Fragebögen          61-72
Der Zeitrahmen für die Konsultation entsprach den erforderlichen Standards     73-75
Bereitstellung von Informationen über die
Konsultationstätigkeiten und deren Ergebnisse                                 76-110
Mängel bei der Datenverarbeitung                                               78-86
Unzulänglichkeiten bei der Datenanalyse                                        87-95
Unzureichende Rückmeldungen für die Befragten und eingeschränkte
Bekanntmachung der Ergebnisse                                                 96-110

Schlussfolgerungen und Empfehlungen                                          111-118
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Anhänge
Anhang I – Die vom Hof untersuchten öffentlichen
Konsultationen der Kommission
Anhang II – Sachverständigengremium
Anhang III – Meinungsumfrage
Anhang IV – Übersetzung der Antworten der Bürgerinnen und
Bürger
Anhang V – Anzahl der Teilnehmer nach Wohnsitzland

Abkürzungen und Akronyme

Glossar

Antworten der Kommission

Prüfungsteam

Zeitlicher Ablauf
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Zusammenfassung
I Gemäß Artikel 11 des Vertrags über die Europäische Union ist die Kommission
verpflichtet, die Bürgerinnen und Bürger und die repräsentativen Verbände in allen
Bereichen des Handelns der Union zu konsultieren. Bei Konsultationen der
Interessenträger – insbesondere bei öffentlichen Konsultationen – werden
Informationen und Meinungen von Bürgerinnen und Bürgern und anderen
Interessenträgern eingeholt, wenn die Kommission eine politische Initiative
vorbereitet oder laufende Interventionen evaluiert.

II Seit ihrem Weißbuch "Europäisches Regieren" aus dem Jahr 2001 ist die
Kommission fest entschlossen, die Interessenträger und die Bürgerinnen und Bürger in
alle Phasen des Politikzyklus einzubeziehen, damit die demokratische Legitimität und
Rechenschaftspflicht der Union im Rechtsetzungsprozess der EU gestärkt wird. Die
Kommission führt pro Jahr durchschnittlich mehr als 100 öffentliche Konsultationen
durch.

III Der Hof bewertete im Rahmen seiner Prüfung, ob die öffentlichen Konsultationen
der Kommission wirksam dazu beigetragen haben, die Bürgerinnen und Bürger und
Interessenträger zu erreichen und ihre Beiträge zu nutzen. Der Hof untersuchte die
Ausgestaltung des Rahmens der Kommission, die Art und Weise, wie die Kommission
eine Auswahl öffentlicher Konsultationen vorbereitet und durchgeführt hat und auf
welche Weise sie Informationen über die Konsultationstätigkeiten bereitstellte und die
Konsultationsarbeit nutzte. Der Hof untersuchte eine Stichprobe von 26 öffentlichen
Konsultationen der Kommission, die zwischen 2016 und 2018 von fünf
Generaldirektionen durchgeführt wurden. Er führte eine Meinungsumfrage durch, um
herauszufinden, wie zufrieden die Teilnehmer öffentlicher Konsultationen tatsächlich
waren. Darüber hinaus setzte er ein Sachverständigengremium ein, um seine Analyse
zu optimieren und den Schwerpunkt auf besonders relevante Bereiche zu legen, in
denen Verbesserungsbedarf besteht.

IV Das Fazit war, dass die Stichprobe öffentlicher Konsultationen der Kommission
insgesamt eine positive Bilanz verzeichnete und auch deren Wahrnehmung durch die
Teilnehmer generell zufriedenstellend war. Der Hof kam zu dem Schluss, dass der
Rahmen der Kommission für öffentliche Konsultationen einen hohen Standard
aufweist, die Öffentlichkeitsarbeit jedoch verbessert werden muss.

V Im Zuge seiner Prüfungsarbeit ermittelte der Hof weitere Bereiche, in denen in
Bezug auf den öffentlichen Konsultationsprozess Verbesserungsbedarf besteht:
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5

Fokussierung auf Überwachung und Bewertung, Werbemaßnahmen für die Strategien
der Kommission betreffend öffentliche Konsultationen und deren Inhalt,
Öffentlichkeitsarbeit, die Kriterien für die Kategorisierung der Initiativen, die Sprachen,
in denen Konsultationsunterlagen verfügbar sind, die Qualität der Fragebögen,
Datenverarbeitung und Sicherheit sowie Rückmeldungen zum Ergebnis der
Konsultationen an die Teilnehmer.

VI Der Hof hat der Kommission empfohlen, öffentliche Konsultationen besser zu
überwachen, ihre diesbezüglichen Strategien zu verbessern, wichtige
Konsultationsunterlagen für vorrangige Initiativen und Initiativen von breitem
öffentlichen Interesse in alle Amtssprachen zu übersetzen, gemeinverständliche
Fragebögen für die Öffentlichkeit und spezifische Fragen für Fachleute zu erstellen,
hohe Standards in Bezug auf Datenverarbeitung und Sicherheit anzuwenden und den
Teilnehmern zeitnahe Rückmeldungen zum Ergebnis der Konsultationen zu geben.
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6

Einleitung
01 Das Ergebnis einer öffentlichen Konsultation kann die Politikgestaltung der EU
beeinflussen. Ein markantes Beispiel liefert Kommissionspräsident Juncker in seiner
Rede zur Lage der Union 2018 am 12. September 2018, als er unter dem Leitsatz
"Einlösen, was wir versprochen haben" erklärte: "Doch die Europäer werden nicht
applaudieren, wenn wir weiterhin zweimal im Jahr aufgrund europäischer Regulierung
die Zeit umstellen müssen. Die Kommission schlägt heute vor, dies zu ändern. Die
Zeitumstellung gehört abgeschafft" 1. Die Europäische Kommission schlug vor, im
Jahr 2019 die jahreszeitlich bedingten Zeitumstellungen in Europa zu beenden und es
den Mitgliedstaaten zu überlassen zu entscheiden, ob sie dauerhaft die Sommer- oder
die Winterzeit anwenden wollen.

02 Einige Monate zuvor, zwischen dem 4. Juli und dem 16. August 2018, hatte die
Kommission eine öffentliche Konsultation durchgeführt, bei der
4,6 Millionen Antworten eingingen – so viele Antworten wie noch nie zuvor bei einer
von der Europäischen Kommission durchgeführten öffentlichen Konsultation.

Die Verpflichtung der Kommission, die Bürgerinnen und Bürger
einzubeziehen
03 Gemäß Artikel 11 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) ist die
Kommission verpflichtet, umfassende Konsultationen durchzuführen, um den
Bürgerinnen und Bürgern und anderen Interessenträgern die Möglichkeit zu geben,
sich in die Politikgestaltung einzubringen 2. Am 25. Juli 2001 nahm die Kommission das
Weißbuch "Europäisches Regieren"3 mit dem Ziel an, den politischen
Entscheidungsprozess zu öffnen, um mehr Menschen und Organisationen in die
Gestaltung und Umsetzung der EU-Politik einzubeziehen und so die demokratische
Legitimität und Rechenschaftspflicht der EU zu stärken. Um diesen Verpflichtungen

1
    Rede zur Lage der Union 2018 von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vom
    12. September 2018, S. 6.
2
    In Artikel 11 des Vertrags über die Europäische Union heißt es im Zusammenhang mit der
    partizipativen Demokratie: "[…] (3) Um die Kohärenz und die Transparenz des Handelns der
    Union zu gewährleisten, führt die Europäische Kommission umfangreiche Anhörungen der
    Betroffenen durch."
3
    KOM(2001) 428 endg.
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7

nachzukommen, erstellte die Kommission ein Papier über die Konsultation betroffener
Parteien 4, das auch zum Aktionsplan für eine bessere Rechtsetzung beitrug5.

04 In den Leitlinien für eine bessere Rechtsetzung wird die Konsultation der
Interessenträger – wobei Bürgerinnen und Bürger als "Interessenträger" rangieren –
als formaler Prozess definiert, bei dem die Kommission Informationen und Meinungen
von Interessenträgern zu ihrer Politik einholt 6. Dies ist ein zentraler Bestandteil der
Politik der Kommission für eine bessere Rechtsetzung. Bei einer "besseren
Rechtsetzung" geht es nicht um Regulierung oder Deregulierung, sondern darum
sicherzustellen, dass politische Entscheidungen offen und transparent sind, sich auf die
besten verfügbaren Fakten stützen und von Bürgerinnen und Bürgern und anderen
Interessenträgern wie etwa zivilgesellschaftlichen Organisationen und repräsentativen
Verbänden, die umfassend einbezogen werden, mitgetragen werden 7. Werden im
vorliegenden Bericht "Bürgerinnen und Bürger" genannt, so sind auch "andere
Interessenträger" gemeint.

05 Die aktuelle EU-Agenda für bessere Rechtsetzung der Juncker-Kommission wurde
im Jahr 2015 8 veröffentlicht und von Leitlinien ("Better Regulation Guidelines")
einschließlich eines Instrumentariums ("Better Regulation Toolbox") begleitet. Im
Jahr 2017 hat die Kommission eine umfassende Aktualisierung ihrer internen Leitlinien
und Instrumente für eine bessere Rechtsetzung abgeschlossen, um die Legitimität ihrer
Tätigkeiten zu erhöhen 9.

06 Im Oktober 2017 wies die Kommission nachdrücklich darauf hin, dass sie fest
entschlossen sei, die Bürgerinnen und Bürger einzubeziehen 10. Sie richtete die Website
"Beitrag zur Rechtsetzung" ein, mit der den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht
werden soll, in allen Phasen des Politikzyklus an der Arbeit der Kommission

4
     KOM(2002) 704 endg.
5
     KOM(2001) 726 endg. und KOM(2002) 278 endg.
6
     SWD(2017) 350 final: "Better Regulation Guidelines", S. 69:
     https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/better-regulation-guidelines.pdf.
7
     "Better Regulation Guidelines", S. 4.
8
     SWD(2015) 111 final.
9
     "Better Regulation Guidelines" SWD(2017) 350 final:
     https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/better-regulation-guidelines.pdf.
10
     Vollendung der Agenda für bessere Rechtsetzung: bessere Lösungen für bessere
     Ergebnisse. SWD(2017) 675 final.
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8

teilzunehmen 11. Bürgerinnen und Bürger können ihre Meinung von der Anfangsphase
bis zur Evaluierung von EU-Maßnahmen über das Internetportal "Ihre Meinung zählt"
kundtun 12 (Abbildung 1).

Abbildung 1 – Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, sich am
Politikzyklus der EU zu beteiligen

       POLITIK MITGESTALTEN                      Fahrplan und Folgenabschätzung: Die Kommission kündigt die in den einzelnen
                                                 Politikfeldern und im Rechtsetzungsbereich geplanten Arbeiten an.

                                                                                         4 Wochen

     Öffentliche Konsultation:                   Öffentliche Konsultation: Bei Einleitung neuer Initiativen können sich
     Bürger und Interessenträger                 Bürger und Interessenträger zu Umfang, Prioritäten und Mehrwert von
     können dazu Stellung
     nehmen, wie wirksam die                     Maßnahmen der EU äußern.
     jeweilige Maßnahme vor                                                              12 Wochen (Online-Fragebogen)
     Ort war.

 12 Wochen (Online-Fragebogen)

                                                                                         Nach der Annahme durch die
 Fahrplan: Die Kommission                                                                Kommissionsmitglieder
 kündigt eine Bewertung                                                                  besteht die Möglichkeit,
 bestehender einzelner                                                                   Rückmeldungen zu geben, die
 politischer Maßnahmen                                                                   an das Europäische Parlament
 (Evaluierung) oder eines                                                                und den Rat weitergeleitet
 gesamten Politikbereichs                                                                werden.
 (Eignungsprüfung) an.                   EU-BESCHLUSS-                                  8 Wochen
 4 Wochen                                  FASSUNGS-
                                          VERFAHREN                                      Durchführungsrechts akt: Di ent zur
 Bürokratieabbau ("Lighten the                                                           Fes tlegung von Bedingungen, durch di e eine
 load"): Bürger und
                                                                                         ei nheitliche Anwendung des EU-Rechts
 Interessenträger können jederzeit
 anregen, wie bestehende                                                                 gewä hrleistet wi rd.
 Rechtsvorschriften und Initiativen
 der EU vereinfacht und verbessert
                                                                                         Delegierter Rechtsakt: Di ent zur Ergä nzung
 werden können, damit sie
 wirksamer werden und                                                                    oder Änderung nicht wesentlicher Teile von
 Entlastungen bringen.                                                                   Rechts akten der EU.

      Immer möglich                                                                      4 Wochen

Quelle: Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SWD(2019) 156 final zu COM(2019) 178.

07 Im Jahr 2018 aktualisierte die Kommission die Website "Beitrag zur
Rechtsetzung" und nahm eine Reihe von Verbesserungen an ihrem Internetportal "Ihre
Meinung zählt" vor. Zu den wichtigsten Verbesserungen gehörten die Anzeige von
Möglichkeiten für Rückmeldungen auf einer Zeitachse, die Aufnahme aller offenen und
abgeschlossenen öffentlichen Konsultationen, die Veröffentlichung anstehender
Initiativen sowie die Übersetzung allgemeiner Informationen, die für alle öffentlichen
Konsultationen relevant sind, in alle EU-Sprachen.

11
       Website "Beitrag zur Rechtsetzung": https://ec.europa.eu/info/law/contribute-law-
       making_de.
12
       https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say_de.
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08 Die Verpflichtung der Kommission zur stärkeren Einbeziehung der Bürgerinnen
und Bürger stieß auf internationale Anerkennung. Dem "Ausblick
Regulierungspolitik 2018" der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD) zufolge liegt die Kommission hinsichtlich des Indikators
"Akteursbeteiligung", bei dem die Bürgerinnen und Bürger unter "Öffentlichkeit"
rangieren, bei der Ausarbeitung gesetzlicher wie auch untergesetzlicher Rechtsnormen
auf dem ersten Platz vor allen OECD-Ländern 13. Laut dem Bericht setzen die Länder
weiterhin verschiedenste Instrumente ein, um die Öffentlichkeit bzw. – mit gezielteren
Ansätzen – ausgewählte Akteure zu konsultieren 14. Diese Vielzahl von
Konsultationsinstrumenten ist Gegenstand zahlreicher weiterer Berichte zu diesem
Thema. So wird in einer Studie für den Europarat und andere die Beziehung zwischen
den Teilnehmern und der Intensität der Beteiligung analysiert (Abbildung 2). Es wird
davon ausgegangen, dass (öffentliche) Online-Konsultationen, die den Schwerpunkt
des vorliegenden Berichts bilden, hohe Teilnehmerzahlen generieren.

Abbildung 2 – Spektrum an Verfahren zur Unterrichtung und Beteiligung
der Öffentlichkeit
 Anzahl der
 Teilnehmer

                   Diskussionsforen         Online-Konsultation                  E-Communities
          Elektronischer Newsletter
                                    Bürgerversammlungen des      Genossenschaften
       Online-Veröffentlichungen
                                    21. Jahrhunderts
                                                            Bürgervereinigung
      Informationssitzungen Partizipative Haushaltsplanung
                                                          Gemeinschaftsausschüsse
       Bürgerzentrum          Zukunftskonferenzen
                                                                Basisbewegungen
                           Planungszellen

                     Rat der Weisen ("Wisdom Council")

       Information     Konsultation      Gemeinsame Steuerung   Selbstorganisation          Intensität der
                                                                                            Beteiligung

Quelle: https://rm.coe.int/public-participation-and-democratic-innovations-assessing-democratic-
i/168075f47b, Hervorhebung von "Online-Konsultation" durch den Europäischen Rechnungshof.

09 Die Wahl der Volksvertreter ist ihrem Wesen nach das fundamentalste
demokratische Instrument zur Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in den
Rechtsetzungsprozess. Neben demokratischen Wahlen reichen demokratische

13
     OECD (2018), OECD-Ausblick Regulierungspolitik 2018, OECD Publishing, Paris, S. 48.
14
     OECD (2018), OECD-Ausblick Regulierungspolitik 2018, OECD Publishing, Paris, S. 54.
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10

partizipative Instrumente, die während des gesamten Politikzyklus zur Rechtsetzung
beitragen, von Volksabstimmungen und Referenden über andere Formen der
Konsultation (z. B. Eurobarometer-Umfragen, Fokusgruppen und öffentliche
Anhörungen) bis hin zu Bürgerdialogen 15 und zufällig ausgewählten
Bürgerversammlungen 16. Die Kommission führt öffentliche Online-Konsultationen
durch, um Informationen und Meinungen von Interessenträgern zu ihrer Politik
einzuholen. Laut dem OECD-Bericht gehören die internetbasierte öffentliche
Konsultation (die in Abbildung 2 aufgeführte "Online-Konsultation"), bei der Bürger
Gelegenheit haben, sich zu äußern, sowie Beratungsgruppen oder
Vorbereitungsausschüsse, bei denen Interessenträger im Vorfeld ausgewählt
werden 17, zu den gebräuchlichsten Formen der Akteursbeteiligung.

Die öffentlichen Konsultationen der Kommission
10 Die Konsultationen der Kommission sollen ihre umfassendere Interaktion mit den
Bürgerinnen und Bürgern und sonstigen Interessenträgern ergänzen 18. In den Leitlinien
für eine bessere Rechtsetzung werden die beiden Methoden erläutert, wie die
Kommission diese Konsultationen durchführt 19:

o      Die öffentliche Konsultation steht jeder Person offen, die einen Beitrag leisten
       möchte. Die Kommission führt öffentliche Konsultationen mithilfe von Online-
       Fragebögen durch. Bürgerinnen und Bürger äußern sich zu einem bestimmten
       Thema, indem sie einen Fragebogen in "EU Survey" 20, dem offiziellen Instrument
       der Kommission zur Verwaltung von Umfragen, beantworten.

o      Die gezielte Konsultation richtet sich an bestimmte klar definierte Gruppen von
       Interessenträgern. Bei einer gezielten Konsultation werden Interessenträger im

15
     Bei Bürgerdialogen handelt es sich um öffentliche Debatten mit EU-Kommissionsmitgliedern
     und anderen Entscheidungsträgern der EU wie Mitgliedern des Europäischen Parlaments
     sowie         nationalen,         regionalen         und         lokalen      Politikern.
     https://ec.europa.eu/info/events/citizens-dialogues_de.
16
     Siehe "Citizens' Participation Using Sortition", Bertelsmann Stiftung, Oktober 2018.
17
     OECD (2018), OECD-Ausblick Regulierungspolitik 2018, OECD Publishing, Paris, S. 54.
18
     "Better Regulation Guidelines" 2017, S. 69 (2015, S. 64).
19
     "Better Regulation Guidelines" 2017, S. 79 (2015, S. 76).
20
     https://ec.europa.eu/eusurvey/?language=de.
11

       Vorfeld ausgewählt, und nur ausdrücklich eingeladene Gruppen von
       Interessenträgern oder Personen können an der Konsultation teilnehmen.

11 Die Kommission ist der Ansicht, dass öffentliche Konsultationen unter den von ihr
durchgeführten Konsultationstätigkeiten 21 am transparentesten und am besten
zugänglich sind 22. Laut den Ergebnissen der öffentlichen Konsultation zur Bilanz der
Bemühungen der Kommission um eine bessere Rechtsetzung sind öffentliche
Konsultationen darüber hinaus der bekannteste und am meisten geschätzte Weg,
einen Beitrag zur Politikgestaltung zu leisten 23.

12 Öffentliche Konsultationen können ein breites Spektrum von Befragten erreichen,
die freiwillig Rückmeldungen geben. In den Leitlinien für eine bessere Rechtsetzung
der Kommission wird klargestellt, dass die bei öffentlichen Konsultationen erhobenen
Daten keinen repräsentativen Überblick über die EU-Bevölkerung bieten 24. Dies ist auf
die Selbstauswahl der Befragten zurückzuführen, was bedeutet, dass die Antworten
nicht aus einer repräsentativen Stichprobe stammen 25.

13 Gemäß den Leitlinien der Kommission für eine bessere Rechtsetzung sind
öffentliche Konsultationen obligatorisch für Initiativen mit Folgenabschätzungen,
Evaluierungen, Eignungsprüfungen, konsultative Mitteilungen der Kommission und
Grünbücher 26. Einige der neuen Initiativen werden zu Legislativvorschlägen führen, bei
anderen (in erster Linie Evaluierungen) wird es sich um nichtlegislative Initiativen
handeln (z. B. Berichte für das Europäische Parlament und den Rat sowie
Empfehlungen für Verhandlungen über internationale Abkommen).

14 In den Leitlinien der Kommission für eine bessere Rechtsetzung wird der
öffentliche Konsultationsprozess in drei Interaktionsphasen unterteilt: (1)

21
     "Better Regulation Toolbox" 2017, S. 395 (2015, S. 317): Konferenzen, öffentliche
     Anhörungen und Veranstaltungen; Eurobarometer-Umfragen; Expertengruppen;
     Fokusgruppen; Befragungen; öffentliche Konsultationen; auf KMU ausgerichtete
     Konsultationen, KMU-Panels; Workshops, Tagungen und Seminare.
22
     "Better Regulation Toolbox" 2017, S. 396 (2015, S. 319. Stärken der offenen öffentlichen
     Online-Konsultation: erreicht ein breites Spektrum und eine große Anzahl von
     Interessenträgern).
23
     COM(2019) 178, S. 15.
24
     "Better Regulation Toolbox" 2017, S. 424 (2015, S. 319).
25
     "Better Regulation Toolbox" 2017, S. 423 (2015, S. 319).
26
     "Better Regulation Guidelines" 2017, S. 71 (2015, S. 66).
12

Ausarbeitung der Konsultationsstrategie, (2) Durchführung von
Konsultationstätigkeiten, (3) Berücksichtigung bei der Politikgestaltung. Jede Phase
besteht aus mehreren aufeinanderfolgenden Schritten, die den Rahmen für eine
hochwertige, transparente Konsultation der Interessenträger bilden sollen 27
(Abbildung 3).

Abbildung 3 – Der Konsultationsprozess

                     1         VORBEREITUNG                             2       BETEILIGUNG                           3        UNTERRICHTUNG

                                                                         ÖFFENTLICHE                                                 LEGISLATIV-
      FAHRPLÄNE                                                                                                                      VORSCHLAG
                                                                         KONSULTATIONEN
      werden für jede Evaluierung                                                                                                   Die Kommission schlägt ein Gesetz
                                           Rückmeldungen zu             Die politischen Optionen       Faktenbericht (nicht         vor und übermittelt es dem
      oder Eignungsprüfung                 Fahrplänen und
                                                                        oder Evaluierungskriterien     obligatorisch)               Parlament und dem Rat zur
      ausgearbeitet. Sie                   Folgenabschätzungen in                                                                   Erörterung und Annahme.
      o beschreiben das zu lösende                                      werden zur Konsultation        o bietet einen
                                           der Anfangsphase                                                                         Der Vorschlag wird den
         Problem;                                                       zur Verfügung gestellt.          allgemeinen
                                           o Bürgerinnen und Bürger                                                                 Bürgerinnen und Bürgern zur
      o umreißen politische                                             Bürgerinnen und Bürger                                      Verfügung gestellt. Sie können
                                              können diese                                               Überblick über das
         Optionen;                            Dokumente während         können ihre Meinung                                         während eines Zeitraums von
                                                                                                         quantitative Ergebnis
      o legen die wesentlichen                eines Zeitraums von       innerhalb von                                               8 Wochen Rückmeldungen
                                                                                                         der öffentlichen
         Merkmale der                         4 Wochen                  12 Wochen auf der                                           geben.
                                                                                                         Konsultation;
         Konsultationsstrategie dar.          konsultieren und hierzu   entsprechenden Website
                                                                                                       o sollte so schnell wie      DURCHFÜHRUNGS-
                                              Rückmeldungen geben.      der Kommission abgeben.
                                                                                                         möglich verfügbar          UND DELEGIERTE
 FOLGEN-                                   KONSULTATIONS-               https://ec.europa.eu/
                                                                                                         sein.                      RECHTSAKTE
                                                                        info/consultations
 ABSCHÄTZUNGEN IN                          STRATEGIE                                                                                 Rechtsakte, die generell von der
                                           beschreibt sämtliche
 DER ANFANGSPHASE                                                                                                                    Kommission erlassen werden und
                                           Konsultationstätigkeiten.    GEZIELTE                                                     die nicht wesentliche Elemente
     werden vorbereitet, wenn die                                                                    Zusammenfassender               eines Rechtsakts ergänzen oder
     potenziellen Auswirkungen                   Sie sollte Folgendes   KONSULTATIONEN               Bericht (obligatorisch)         ändern. Bürgerinnen und Bürger
     ei nes Gesetzes oder einer                  umfassen:                                                                           können innerhalb von
     Pol i tik a uf Wirtschaft, Umwelt                                  ergänzen öffentliche         o enthält eine umfassende
     oder Gesellschaft so groß s ind,     o Umfang und Ziele der                                       Analyse sämtlicher
                                                                                                                                     4 Wochen Rückmeldungen
     da ss eine Folgenabschätzung           Konsultation,
                                                                        Konsultationen mit                                           geben.
                                                                        gezielteren oder               Konsultationstätigkeiten;
     erforderlich ist.
     o Si e enthalten detailliertere
                                          o Festlegung der
                                                                        spezialisierten              o sollte die Bürger darüber    NICHTLEGISLATIVE
                                            Interessenträger,
         Informationen als
                                          o geplante
                                                                        Konsultationen von             informieren, wie ihre        INITIATIVEN
         Fa hrpläne, einschließlich der                                 bestimmten Gruppen
         geplanten Konsultation der         Konsultationstätigkeiten,                                  Beiträge berücksichtigt      Vorschläge für interinstitutionelle
         Bürgeri nnen und Bürger.                                       von Interessenträgern          wurden.                      Vereinbarungen oder neue
                                          o zeitliche Planung und
                                                                        oder Sachverständigen.                                      politische Rahmenwerke
                                            Sprachenregelung.
                                                                                                                                    (Mitteilungen, Weißbücher,
                                                                                                                                    Strategiepapiere und
                                                                                                                                    Aktionspläne).

Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission für eine bessere
Rechtsetzung.

15 Die Kommission führte im Zeitraum 2015-2018 durchschnittlich mehr als
100 öffentliche Konsultationen pro Jahr (insgesamt 417) durch 28. Die Teilnahmequoten
schwankten dabei erheblich. Die folgenden Teilnahmequoten waren für die einzelnen
Jahre die höchsten:

o           Bei der öffentlichen Konsultation zur Sommerzeit im Jahr 2018 gingen
            4,6 Millionen Antworten ein. Dies war die höchste Zahl, die jemals bei einer
            öffentlichen Konsultation der Kommission erzielt wurde.

27
       "Better Regulation Guidelines" 2017, S. 73 (2015, S. 69).
28
       COM(2019) 178, S. 5.
13

o   Bei der öffentlichen Konsultation zur Modernisierung und Vereinfachung der
    Gemeinsamen Agrarpolitik im Jahr 2017 gingen 63 000 Antworten ein
    (ausgenommen eine große Kampagne mit 260 000 Antworten).

o   Die öffentliche Konsultation zur europäischen Säule sozialer Rechte im Jahr 2016
    erzielte 16 500 Antworten.

o   Im Jahr 2015 gingen bei der öffentlichen Konsultation zum EU-Naturschutzrecht
    (Vogelschutzrichtlinie, Habitatrichtlinie) 550 000 Antworten ein.

16 Die jährliche durchschnittliche Teilnehmerzahl aller öffentlichen Konsultationen
ohne die Konsultation des betreffenden Jahres mit der höchsten Teilnehmerzahl
betrug in den Jahren 2015 und 2016 rund 500 Teilnehmer und in den
Jahren 2017 und 2018 rund 2 000 Teilnehmer.
14

Prüfungsumfang und Prüfungsansatz
17 Der Hof stellte in seiner Strategie für 2018-202029 fest, dass der gefühlte Abstand
zwischen den Bürgern der EU und ihren Institutionen an einem Punkt angelangt war,
wo er für die EU eine Bedrohung darstellte. Im Februar 2018 forderte das Europäische
Parlament den Hof auf zu bewerten, wie die Bürgerinnen und Bürger direkt am
gesamten EU-Rechtsetzungsprozess teilnehmen und Beiträge leisten können, und die
Wirksamkeit, Angemessenheit, Transparenz und Offenheit der verwendeten
Instrumente zu beurteilen. Der Schwerpunkt der Prüfung des Hofes liegt auf
öffentlichen Konsultationen, da die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in den
öffentlichen Konsultationsprozess unerlässlich ist, um das Vertrauen in die EU zu
stärken und Rechtsvorschriften von hoher Qualität zu erreichen.

18 Der Hof bewertete, ob die öffentlichen Konsultationen der Kommission wirksam
dazu beigetragen haben, die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen und ihre Beiträge zu
nutzen. Der Hof untersuchte insbesondere, ob

a)    die Ausgestaltung des Rahmens der Kommission für öffentliche Konsultationen
      bewährten Verfahren entspricht;

b)    die Kommission die ausgewählten öffentlichen Konsultationen so vorbereitet und
      durchgeführt hat, dass den Bürgerinnen und Bürgern eine einfache und wirksame
      Teilnahme ermöglicht wurde (Phasen 1 und 2 des Konsultationsprozesses in
      Abbildung 3);

c)    die Kommission die Dateneingaben aus Fragebögen angemessen auswertet und
      transparente und umfassende Informationen über die Konsultationstätigkeiten
      und deren Ergebnisse vorgelegt hat (Phase 3 in Abbildung 3).

19 Der Hof untersuchte eine Stichprobe von 26 öffentlichen Konsultationen, die die
Kommission zwischen 2016 und 2018 durchführte. Die Stichprobe des Hofes umfasste
fünf Generaldirektionen (GD), die anhand der Anzahl der durchgeführten
Konsultationen, des Spektrums der Initiativen, des Grads der Beteiligung und der
Relevanz der Themen für die Bürgerinnen und Bürger ausgewählt wurden. Die
Stichprobe umfasste zwei vom Generalsekretariat, zwei von der GD Landwirtschaft und
ländliche Entwicklung (AGRI), fünf von der GD Bildung, Jugend, Sport und Kultur (EAC),

29
     https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/STRATEGY2018-2020/STRATEGY2018-
     2020_DE.pdf.
15

sieben von der GD Migration und Inneres (HOME) und 10 von der GD Mobilität und
Verkehr (MOVE) durchgeführte Konsultationen (Anhang I) 30.

20 Die Prüfungsarbeit umfasste:
a)     Befragungen der Mitarbeiter aller in der Stichprobe enthaltenen
       Generaldirektionen und Kontaktaufnahme mit einer Reihe weiterer relevanter
       Generaldirektionen, Organe und Einrichtungen der EU31;

b)     Prüfbesuche in zwei Mitgliedstaaten 32 und bei der OECD, um ein besseres
       Verständnis des Rahmens der Kommission in einem internationalen Kontext zu
       erlangen;

c)     eine Durchsicht und Analyse zentraler Dokumente zur Einbeziehung der
       Interessenträger, zum Konsultationsrahmen der Kommission und zur
       Gesamtbilanz der vom Hof ausgewählten öffentlichen Konsultationen;

d)     die Konsultation einer Expertengruppe, um die Analyse des Hofes zu optimieren
       und den Schwerpunkt auf besonders relevante Bereiche zu legen, in denen
       Verbesserungsbedarf besteht (Anhang II).

21 Darüber hinaus führte der Hof eine Meinungsumfrage unter 16 007 Bürgerinnen
und Bürgern durch, die an den öffentlichen Konsultationen in der Stichprobe des Hofes
teilgenommen hatten, und erhielt 2 224 Antworten. Der Hof analysierte die Antworten
und verwendete sie, um seine eigenen Prüfungsfeststellungen zu ergänzen. Die
Teilnehmer bewerteten ihre Zufriedenheit mit den einzelnen Phasen des
Konsultationsprozesses und ihre Übereinstimmung mit den allgemeinen Aussagen der
Kommission (Anhang III). Außerdem teilten sie dem Hof ihre Ansichten und Vorschläge
zum öffentlichen Konsultationsprozess mit (Kasten 1 bis Kasten 8)33. Die Abschnitte im

30
     Die untersuchten öffentlichen Konsultationen werden als ÖK bezeichnet (siehe Referenzen
     von ÖK 1 bis ÖK 26).
31
     GD Kommunikation, GD Informatik und GD Kommunikationsnetze, Inhalte und
     Technologien der Kommission, Europäisches Parlament, Europäischer Ausschuss der
     Regionen, Europäischer Bürgerbeauftragter und Ausschuss für Regulierungskontrolle
     (innerhalb der Kommission).
32
     Estland und Deutschland.
33
     Die in den Kästen dargestellten ausgewählten Meinungen und Ansichten von Bürgerinnen
     und Bürgern wurden in die Berichtssprache übersetzt. Die Originalfassungen aller
     ausgewählten Kommentare sind Anhang IV zu entnehmen.
16

Bericht des Hofes, die die Ansichten der Befragten wiedergeben, sind mit dem
folgenden Symbol gekennzeichnet:

22 Die Prüfungskriterien des Hofes basierten auf
a)     den OECD-Leitsätzen für eine offene und inklusive Politikgestaltung ("OECD
       Guiding Principles for Open and Inclusive Policy Making") 34;

b)     der Empfehlung der OECD zur Regulierungspolitik und Governance 35;

c)     den Leitlinien der Kommission für eine bessere Rechtsetzung und dem
       dazugehörigen Instrumentarium.

23 Obwohl der Hof nicht verpflichtet ist, die Zustimmung oder Genehmigung der
Kommission einzuholen, um personenbezogene Daten zu verarbeiten 36, ist die
Kommission einigen Datenanfragen des Hofes während der Prüfung unter Berufung
auf ihre eigene Auslegung der Datenschutzbestimmungen nicht nachgekommen. Um
seine Prüfungsziele zu erreichen, hat der Hof in Zusammenarbeit mit der Kommission
viel Zeit und Ressourcen darauf verwendet, alternative Lösungen zu finden, was den
Berichterstattungsprozess verzögerte.

34
     http://www.oecd.org/gov/46560128.pdf.
35
     https://www.oecd.org/governance/regulatory-policy/49990817.pdf.
36
     Artikel 287 Absatz 3 AEUV: "Die anderen Organe der Union, die Einrichtungen oder sonstigen
     Stellen, die Einnahmen oder Ausgaben für Rechnung der Union verwalten, die natürlichen
     oder juristischen Personen, die Zahlungen aus dem Haushalt erhalten, […] übermitteln dem
     Rechnungshof auf dessen Antrag die für die Erfüllung seiner Aufgabe erforderlichen
     Unterlagen oder Informationen."
17

Bemerkungen

Der Rahmen der Kommission für öffentliche Konsultationen

Die allgemeine Zufriedenheit der Teilnehmer mit dem
Konsultationsprozess

24 Die Meinungsumfrage des Hofes ergab, dass insgesamt 65,5 % der Teilnehmer,
die bestätigten, an einer der öffentlichen Konsultationen in der Stichprobe des Hofes
teilgenommen zu haben, den Konsultationsprozess für zufriedenstellend oder recht
zufriedenstellend hielten (Abbildung 4).

Abbildung 4 – Allgemeine Zufriedenheit mit dem öffentlichen
Konsultationsprozess der Kommission

    23,1 %             42,4 %               13.4 %           7,9 %           13.2 %

                                                                           weiß nicht
    zufrieden        recht zufrieden    eher unzufrieden   unzufrieden
                                                                         keine Meinung

Quelle: Umfrage des Europäischen Rechnungshofs.

25 Aus den Ergebnissen der Umfrage des Hofes geht hervor, dass die Teilnehmer das
übergeordnete Ziel des Prozesses der öffentlichen Konsultation erkannt haben,
welches darin besteht, den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, einen
Beitrag zur Politikgestaltung zu leisten (Ziffer 03). In Bezug auf die Frage des Hofes,
warum sie an einer öffentlichen Konsultation der Kommission teilgenommen hatten,
gaben die Befragten die folgenden drei Hauptgründe an:

o      Sie wollten Einfluss auf das legislative Ergebnis nehmen (58 %).

o      Sie interessierten sich für das Thema (56 %).

o      Sie hielten ihre Teilnahme für ihre bürgerliche Pflicht (49 %).
18

Die Befragten schätzten die Möglichkeit, sich an der EU-Rechtsetzung und einem
demokratischen Prozess zur Förderung einer aktiven Unionsbürgerschaft zu
beteiligen

26 Die drei Aspekte, die die Befragten an der öffentlichen Konsultation, an der sie
teilgenommen hatten, am meisten schätzten, waren die folgenden (Kasten 1):

o   Sie bot Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich an der Rechtsetzung der EU
    zu beteiligen.

o   Sie leistete einen Beitrag zur Stärkung der demokratischen Legitimität der EU.

o   Sie trug zur Entwicklung der Unionsbürgerschaft bei.
19

Kasten 1

Bürgerantworten – Beispiele: Sie schätzten die Möglichkeit, an
öffentlichen Konsultationen teilzunehmen
Bürger/in 1: "Die Möglichkeit, außerhalb von Wahlen meine Meinung mitzuteilen
und diese in die Gestaltung Europas einzubringen." (Original DE)

Bürger/in 2: "Die Möglichkeit, ohne Mittelsmann seine Meinung direkt zu äußern."
(Original IT)

Bürger/in 3: "Die Möglichkeit, als Bauer seine Gedanken und Wünsche
auszudrücken." (Original LV)

Bürgerantworten – Beispiele: Sie schätzten die Tatsache, dass
öffentliche Konsultationen demokratisch sind
Bürger/in 4: "Abgesehen von den Wahlen zum Europäischen Parlament gibt es nur
sehr wenige Möglichkeiten, Einfluss darauf zu nehmen, wie sich die EU mit
verschiedenen Themen befasst. Eine Beteiligung an einer öffentlichen Konsultation
der EU trägt daher dazu bei, diese demokratische Lücke zu schließen." (Original EN)

Bürger/in 5: "[…] Dass er überhaupt stattfindet. Ein wichtiger Meilenstein auf dem
Weg zur Demokratisierung der EU." (Original DE)

Bürger/in 6: "Ich finde diese Art der Konsultation interessant, solange ihre
Ergebnisse für Entscheidungen verwendet und Bürgerinnen und Bürger nicht
lediglich bei Wahlen konsultiert werden. Wir müssen auf Formen direkter
Demokratie hinarbeiten, da wir bei der repräsentativen Demokratie so langsam das
Interesse am Wählen verlieren und uns somit immer öfter enthalten. Ich glaube, das
ist eine ernste Angelegenheit." (Original ES)

Bürgerantworten – Beispiele: Sie schätzten die Tatsache, dass
öffentliche Konsultationen eine aktive Unionsbürgerschaft fördern
Bürger/in 7: "Eine Gelegenheit, als europäischer Bürger Gehör zu finden." (Original
EN)

Bürger/in 8: "Dass ich mich endlich als europäischer Bürger gefühlt habe." (Original
EN)

Bürger/in 9: "Die 'normalen" Bürgerinnen und Bürger und kleinen Unternehmen
nach ihren Standpunkten zu fragen." (Original HR)

Quelle: Umfrage des Europäischen Rechnungshofs.
20

Der Rahmen der Kommission weist zwar einen hohen Standard auf, doch
ist die Fokussierung auf die Überwachung und Bewertung unzureichend

27 Der Rahmen der Kommission für Konsultationen ist in ihren Leitlinien für eine
bessere Rechtsetzung und dem dazugehörigen Instrumentarium festgelegt. Diese
wurden im Mai 2015 verabschiedet. Im Juli 2017 nahm die Kommission eine Reihe
aktualisierter Leitlinien an, in denen die allgemeinen Regeln für die Konsultation der
Bürger durch die Kommission bestätigt und präzisiert wurden.

28 Entsprechend den Leitlinien der Kommission für eine bessere Rechtsetzung
sollten Konsultationen nach vier allgemeinen Grundsätzen geführt werden 37:

1)     Partizipation: Verfolgung eines inklusiven Ansatzes durch eine möglichst
       umfassende Konsultation;

2)     Offenheit und Rechenschaftspflicht: Transparenz des Konsultationsprozesses und
       dessen Auswirkungen auf die Politikgestaltung gegenüber den Beteiligten und der
       Öffentlichkeit;

3)     Wirksamkeit: Konsultation zu einem Zeitpunkt, zu dem die Ansichten der
       Bürgerinnen und Bürger noch etwas bewirken können, Achtung der
       Verhältnismäßigkeit und bestimmter Beschränkungen;

4)     Kohärenz: Sicherstellung einheitlicher Konsultationsprozesse in allen
       Dienststellen sowie Evaluierung, Überprüfung und Qualitätskontrolle.

29 Diese vier allgemeinen Grundsätze werden durch Standards38 ergänzt, die für die
drei Phasen des Konsultationsprozesses gelten (Abbildung 3). Die Kommission wurde
von der OECD anhand dieser Grundsätze und Standards in Bezug auf die
Akteursbeteiligung an erster Stelle eingestuft (Ziffer 08).

30 Der Hof hat den Rahmen der Kommission mit den Leitsätzen der OECD für eine
offene und inklusive Politikgestaltung und ihrer Empfehlung zur Regulierungspolitik
und Governance verglichen. Er stellte fest, dass die Ausgestaltung des Rahmens der
Kommission für öffentliche Konsultationen generell zu einem inklusiven
Gesetzgebungsprozess und transparenten öffentlichen Konsultationen, einer
frühzeitigen Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger und zur Kohärenz ihrer
Konsultationsprozesse beiträgt. Im Hinblick auf die Überwachung und Bewertung

37
     "Better Regulation Guidelines" 2017, S. 70 (2015, S. 65).
38
     "Better Regulation Guidelines" 2017, S. 70-71 (2015, S. 65-66).
21

besteht jedoch noch Verbesserungsbedarf. Den Leitlinien der Kommission für eine
bessere Rechtsetzung fehlt es an

a)     spezifischen Indikatoren, die für einzelne öffentliche Konsultationen auf Ebene
       der Generaldirektionen und auf Ebene der Kommission insgesamt überwacht und
       ausgewiesen werden;

b)     einer Methodik für die Bewertung der mit öffentlichen Konsultationen
       verbundenen Kosten;

c)     einer systematischen Bewertung, ob alle Ziele im Rahmen der öffentlichen
       Konsultationen erreicht werden.

31 Den Leitlinien der Kommission zufolge gilt es als bewährtes Verfahren, eine
angemessene interne Qualitätsbewertung des Konsultationsprozesses vorzunehmen 39.
Das Erheben von Informationen über die Qualität öffentlicher Konsultationen trägt
dazu bei, Informationen über die Umsetzung der Konsultationsstrategie und die
Erreichung ihrer Ziele zu erhalten. Darüber hinaus helfen systematische zielorientierte
Bewertungen dabei, empfehlenswerte Verfahren zu ermitteln und aus früheren
Erfahrungen Lehren zu ziehen, um künftige Konsultationen zu verbessern.

32 Der Hof stellte fest, dass in lediglich zwei der von ihm untersuchten 26 Fälle eine
interne Evaluierung vorgenommen wurde, um aus den gewonnenen Erkenntnissen
Schlussfolgerungen zu ziehen, wobei einige Indikatoren Anwendung fanden. Beispiele
für bewährte Verfahren für Indikatoren, die in einem der vom Hof besuchten
Mitgliedstaaten verwendet wurden, reichen von der Anzahl der Beiträge über die
Vielfalt der Teilnehmer (z. B. Kategorien von Interessenträgern, Herkunftsort oder
Wohnort, verwendete Sprachen) bis hin zu der für die Vorbereitung, Durchführung und
Berichterstattung über die Konsultation benötigten Zeit und dem Grad der
Zufriedenheit der Teilnehmer.

39
     "Better Regulation Guidelines" 2017, S. 88 (2015, S. 85).
22

Vorbereitung und Teilnahme an ausgewählten öffentlichen
Konsultationen
33 Der Hof untersuchte die folgenden Aspekte der Vorbereitung durch die
Kommission einschließlich ihrer Konsultationsstrategie und der Durchführung der
ausgewählten öffentlichen Konsultationen (Phase 1 und 2 in Abbildung 3):

a)     Informationen, die den Bürgerinnen und Bürgern in Bezug auf die Beweggründe
       für die Konsultation bereitgestellt wurden;

b)     Tätigkeiten und Kommunikationskanäle, mit denen sichergestellt werden soll,
       dass die Bürgerinnen und Bürger Kenntnis von der Konsultation haben;

c)     für die Konsultation verwendete Sprachen und Verständlichkeit der Fragebögen;

d)     Zeitpunkt und Dauer der Konsultation.

34 Insgesamt stellte der Hof fest, dass Vorbereitung und Durchführung der vom Hof
untersuchten öffentlichen Konsultationen durch die Kommission zufriedenstellend
waren. Gleichzeitig ermittelte der Hof aber einige Bereiche, in denen
Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Sicherstellung einer einfachen und wirksamen
Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger besteht.

Konsultationsstrategien werden nicht immer gut vorbereitet und
veröffentlicht
Vorabinformationen und Rückmeldungen zu bevorstehenden
Konsultationstätigkeiten

35 Ein als "Fahrplan" (Roadmap) oder "Folgenabschätzung in der Anfangsphase"
(Inception Impact Assessment, IIA) bezeichnetes Dokument ist der erste Schritt, um
Bürgerinnen und Bürgern deutlich zu machen, aus welchem Grund die Kommission
eine bestimmte Initiative vorbereitet und was mit ihr erreicht werden soll. Gemäß den
Leitlinien der Kommission sollte der Fahrplan oder die IIA einen Hinweis auf die
geplanten Konsultationstätigkeiten enthalten und frühzeitig auf dem Internetportal
der Kommission "Ihre Meinung zählt" veröffentlicht werden 40.

40
     "Better Regulation Guidelines" 2017, S. 91 (2015, S. 91) und "Better Regulation
     Toolbox" 2017, S. 38.
23

36 Mit der Veröffentlichung des Fahrplans oder der Folgenabschätzung in der
Anfangsphase sollen Bürgerinnen und Bürger über die geplanten Initiativen und
Konsultationstätigkeiten der Kommission informiert und ihre Teilnahme vorab
vorbereitet werden 41.

37 Laut dem Instrumentarium der Kommission für eine bessere Rechtsetzung von
Juli 2017 sollten vor Veröffentlichung der entsprechenden Fahrpläne oder IIA keine
öffentlichen Konsultationen eingeleitet werden 42. In den Leitlinien und dem
Instrumentarium der Kommission ist nicht festgelegt, wie lange vor Beginn der
öffentlichen Konsultation diese Veröffentlichung stattfinden soll. Es wird dort lediglich
angegeben, dass Fahrpläne oder Folgenabschätzungen in der Anfangsphase so schnell
wie möglich fertiggestellt und veröffentlicht werden und einen Überblick über die
geplante Konsultationsstrategie enthalten müssen 43.

38 Zum Zeitpunkt der Vorbereitung und der Einleitung einiger öffentlicher
Konsultationen in der Stichprobe bestand noch keine Verpflichtung, den Fahrplan im
Voraus zu veröffentlichen. Die Kommission hatte die Fahrpläne oder
Folgenabschätzungen in der Anfangsphase, einschließlich eines Überblicks über die
Konsultationsstrategie, bei 22 von 26 öffentlichen Konsultationen in der Stichprobe
des Hofes vorbereitet und bei nur 16 mindestens vier Wochen vor Beginn der
öffentlichen Konsultation veröffentlicht, um Überschneidungen zwischen dem
Rückmeldungszeitraum (Ziffer 39) und der Durchführung der öffentlichen Konsultation
zu vermeiden. Im Durchschnitt wurden Fahrpläne oder Folgenabschätzungen in der
Anfangsphase, sofern sie vor Beginn der öffentlichen Konsultation verfügbar waren,
ein halbes Jahr im Voraus veröffentlicht (Abbildung 5).

41
     "Better Regulation Guidelines" 2017, S. 91 (2015, S. 91).
42
     "Better Regulation Toolbox" 2017, S. 37.
43
     "Better Regulation Guidelines" 2017, S. 7 und S. 67.
24

Abbildung 5 – Erhebliche Unterschiede bei den Vorabinformationen, die
für künftige Konsultationstätigkeiten verfügbar waren

Nr.       GD
ÖK 25     MOVE            -464
ÖK 8      EAC                    -407
ÖK 20     MOVE                          -305
ÖK 14     HOME                          -301
ÖK 1      GS                             -299
ÖK 15     HOME                            -291
ÖK 5      EAC                                    -231
ÖK 19     MOVE                                    -218
ÖK 11     HOME                                     -207
ÖK 23     MOVE                                       -186
ÖK 12     HOME                                          -154
ÖK 24     MOVE                                            -130
ÖK 9      EAC                                                -93
ÖK 10     HOME                                                 -69
ÖK 13     HOME                                                       -31
ÖK 4      AGRI                                                       -28
ÖK 7      EAC                                                          -6
ÖK 2      GS                                                           -6
ÖK 22     MOVE                                                          -4
ÖK 3      AGRI                                                          -2
ÖK 16     HOME                                                           0
                                                                             132
ÖK 17     MOVE
ÖK 6      EAC
ÖK 18     MOVE
ÖK 21     MOVE
ÖK 26     MOVE

        Fahrplan oder Folgenabschätzung in der                  Öffentliche Konsultation (Länge der
        Anfangsphase (Tage vor Einleitung der                   Balken auf der Grundlage der Dauer der
        öffentlichen Konsultation)                              öffentlichen Konsultation in Tagen)

Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Kommission.

39 Bei Veröffentlichung von Fahrplänen oder Folgenabschätzungen in der
Anfangsphase können Bürgerinnen und Bürger während eines Zeitraums von vier
Wochen Rückmeldungen geben 44. Der Hof stellte fest, dass zu vier der sechs im
Jahr 2017 veröffentlichten Fahrpläne oder IIA 45 Rückmeldungen eingegangen sind
(durchschnittlich 22 Rückmeldungsbeiträge).

44
     "Better Regulation Toolbox" 2017, S. 37, 38 und 438 (2015, S. 264, 280 und 305).
45
     Fahrpläne und Folgenabschätzungen in der Anfangsphase wurden erstmals im Jahr 2017
     auf dem Website-Portal "Ihre Meinung zählt" veröffentlicht.
25

40 In drei der vier Fälle war die Anzahl der eingegangenen Rückmeldungsbeiträge im
Vergleich zur Anzahl der während der öffentlichen Konsultation eingegangenen
Beiträge sehr gering. Beispielsweise gingen zu den IIA in Bezug auf die Konsultation zur
Modernisierung und Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik
10 Rückmeldungsbeiträge ein, während die öffentliche Konsultation 63 000 Antworten
verzeichnete 46. Die Kommission räumte ein, dass die begrenzte Anzahl an
Rückmeldungsbeiträgen darauf hindeutet, dass in Bezug auf die Sensibilisierung für
EU-Instrumente und deren Reichweite eindeutig Verbesserungsbedarf besteht 47.

Schlüsselelemente der Konsultationsstrategie

41 Nach den Fahrplänen oder Folgenabschätzungen in der Anfangsphase wird eine
Konsultationsstrategie ausgearbeitet. Ziel der Strategie ist es, einen wirksamen und
effizienten Konsultationsansatz auszugestalten.

42 Die Konsultationsstrategie muss auf der Grundlage der während des
Rückmeldungszeitraums eingegangenen Kommentare fertiggestellt und aktualisiert
werden. Der Hof fand keine Nachweise dafür, dass die Rückmeldungsbeiträge bei der
Ausarbeitung der Konsultationsstrategien berücksichtigt wurden (z. B. bei der
Entscheidung über Konsultationstätigkeiten oder bei der Ausgestaltung von
Fragebögen).

43 Die Konsultationsstrategie sollte auf der Konsultationswebsite für die
entsprechende Initiative der zuständigen GD veröffentlicht oder beschrieben
werden 48. Sie sollte die folgenden Schlüsselelemente abdecken 49:

o      Umfang und Ziele der Konsultation;

o      Festlegung der Interessenträger;

o      geplante Konsultationstätigkeiten;

o      zeitliche Planung und Regelungen in Bezug auf das Sprachangebot.

46
     Darüber hinaus gab es eine große Kampagne, auf die 260 000 Antworten eingingen.
47
     KOM(2019) 178, S. 12.
48
     "Better Regulation Toolbox" 2017, S. 380 (2015, S. 303).
49
     "Better Regulation Toolbox" 2017, S. 379 (2015, S. 61 und 301).
26

44 Der Hof stellte fest, dass nur zwölf der 22 vorbereiteten Konsultationsstrategien
auf der Website der Kommission für die entsprechende Initiative veröffentlicht
wurden. Nach Auffassung des Hofes erhöhen rechtzeitige Informationen über das Ziel
der öffentlichen Konsultation und die beabsichtigte Verwendung der Ergebnisse in der
Vorbereitungsphase die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Bürger einbezogen fühlen.
Darüber hinaus tragen sie dazu bei, die Qualität der Antworten zu verbessern.

45 So hatte die Kommission beispielsweise abgesehen von einer Weiterverfolgung
einer Entschließung des Europäischen Parlaments weder eine Konsultationsstrategie
noch andere Vorabinformationen zur Verfügung gestellt, bevor sie die öffentliche
Konsultation zur Sommerzeit einleitete. Da die Bürgerinnen und Bürger in der
Vorbereitungsphase über das Ziel der Konsultation und die beabsichtigte Verwendung
ihrer Ergebnisse informiert werden müssen, führt das Fehlen solcher Information
höchstwahrscheinlich dazu, dass das Ergebnis nicht nur hinsichtlich der allgemeinen
und regionalen Beteiligung, sondern auch inhaltlich anders ausfällt. Der Hof stellt fest,
dass die Kommission Informationen über das Ziel dieser öffentlichen Konsultation erst
bei ihrer Einleitung bereitgestellt hat.

46 Alle 22 verfügbaren Strategien enthielten Abschnitte zu "Umfang und Zielen". Die
Kommission hat für alle ihre Konsultationstätigkeiten jedoch nur allgemeine Ziele
festgelegt. Bei öffentlichen Konsultationen waren die am häufigsten verwendeten
Ziele, "der Öffentlichkeit und den Interessenträgern die Möglichkeit zu geben, ihre
Ansichten zu allen für die Bewertung des Bereichs, in dem Konsultationen der
Interessenträger stattfinden, relevanten Elementen zu äußern", "Ansichten und
Meinungen zusammenzutragen" und "die Ansichten der nicht spezialisierten größeren
Gruppen von Interessenträgern einzuholen". In anderen Fällen wurde das Ziel
allgemein beschrieben: "Die öffentlichen und gezielten Konsultationen werden als
grundlegende Quelle für Anregungen dienen."

47 Aus den Leitlinien der Kommission geht hervor, dass die Festlegung von
Interessenträgern eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Erhebung von
Informationen ist und um Interessenträgern angemessene Möglichkeiten zu bieten,
einen Beitrag zur EU-Politikgestaltung zu leisten. Anschließend sollten sie anhand einer
sogenannten Stakeholder Mapping Matrix gemäß ihrem Interesse und Einfluss
geordnet (bzw. priorisiert) werden 50. Die Kommission erstellte bei 18 von 26 ÖK eine
Mapping Matrix für Interessengruppen. Unter den verbleibenden acht Fällen lagen in
fünf Fällen unstrukturierte Informationen zu den Interessenträgern vor, in drei Fällen

50
     "Better Regulation Toolbox" 2017, S. 385 (2015, S. 313).
27

fehlten diese wichtigen für den nächsten Schritt, d. h. die Auswahl geeigneter
Konsultationstätigkeiten, notwendigen Informationen – sei es in strukturierter oder
unstrukturierter Form 51.

48 Öffentliche Konsultationen können gegebenenfalls durch andere
Konsultationstätigkeiten ergänzt werden, um alle einschlägigen Interessenträger
einzubeziehen und potenzielle Informationslücken zu schließen 52. Dies ist wichtig, um
die Kommunikationskanäle an den Bedarf aller Zielgruppen anzupassen und
sicherzustellen, dass alle einschlägigen Parteien die Möglichkeit haben, ihre Meinung
zu äußern 53. Darüber hinaus ist es wichtig, die Ergebnisse der verschiedenen
Konsultationstätigkeiten am Ende des Konsultationsprozesses zu vergleichen, damit
Wechselwirkungen, Übereinstimmungen oder Widersprüche in den Beiträgen und die
Hauptkategorien von Interessenträgern ermittelt werden können. In keiner der vom
Hof überprüften Konsultationsstrategien wurde erläutert, wie die öffentliche
Konsultation andere Konsultationstätigkeiten ergänzen würde.

49 Was das Sprachangebot anbelangt, so waren in vier Konsultationsstrategien keine
Angaben zu den geplanten Regelungen enthalten. In diesen vier Fällen verzögerten
sich die Übersetzungen und standen der Öffentlichkeit zu Beginn der Konsultation
nicht zur Verfügung. In drei weiteren Fällen spiegelten die Strategien die
Sprachregelung nur teilweise wider, indem sie sich ausschließlich auf die für die
Fragebögen oder Rückmeldungen verwendeten Sprachen bezogen.

Den Befragten waren die Ziele der öffentlichen Konsultationen nicht klar

50 Die Ergebnisse der Umfrage des Hofes ließen erkennen, dass die Kommission die
Darstellung und Bekanntmachung ihrer Ziele sowie die Ermittlung von
Interessenträgern für öffentliche Konsultationen weiter verbessern sollte. Die
Befragten waren insgesamt der Auffassung, dass die Ziele der öffentlichen
Konsultationen nicht klar waren (Kasten 2).

51
     "Better Regulation Toolbox" 2017, S. 391 (2015, S. 7).
52
     "Better Regulation Toolbox" 2017, S. 391 und 394 (2015, S. 59 und 280).
53
     "Better Regulation Toolbox" 2017, S. 7 und 376 (2015, S. 7).
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