Nr.58 Dezember2020 - Stiftung Studienbibliothek zur Geschichte der ...
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Nr. 58 Dezember 2020 STUDIENBIBLIOTHEK INFO Bulletin der Stiftung Studienbibliothek zur Geschichte der Arbeiterbewegung Editorial »The falling leaves drift by the Doch am 15. Juli konnten wir die Der Text von Michael Koltan window …« singt Bob Dylan wäh- Generalversammlung des För- über das ›Archiv soziale Bewegun- rend ich dieses Editorial schreibe. dervereins im neu renovierten gen e. V.‹ gibt einen Einblick, wie Plane ich jetzt wieder Veranstal- sogar Theater durchführen und sich die Archivarbeit in den letz- tungen wie für 2020, obwohl sie im Anschluss daran eine Veran- ten Jahren verändert hat und vielleicht auch diesmal nicht rea- staltung zu Frans Masereel und welche technischen Herausforde- lisiert werden können? Wer weiss Stefan Zweig mit Julia Glunk aus rungen damit einhergehen. Die es? Oder wieder mit Bob Dylan ge- Freiburg. Auf der nächsten Seite Studienbibliothek hat seit der 2. antwortet »The answer my friend präsentiert Karl-Heinz Kles eine Hälfte der 1980er Jahre in einem is blowin in the wind«. Übersicht der Ausstellungen, die produktiven Austausch mit Ar- Schade, dass die Filmvorfüh- ab sofort bis 2022, dem 50sten To- chiven der deutschsprachigen rung von ›Heimat ist ein Raum aus desjahr von Masereel gezeigt wer- Arbeiterbewegung und der neuen Zeit‹ im April der Pandemie zum den. sozialen Bewegungen gestanden Opfer fiel. Und jetzt also 2021. und ist heute als Referenz für die Im Januar wollen wir mit einer Bestände, die in der ZB Zürich Buchvorstellung starten. Es ist untergebracht sind, eine Anlauf- Einladung zum nicht das erste Mal, dass der His- stelle. Jahresend-Apéro toriker Peter Huber bei uns Re- 2020 mussten wir wieder Ab- am Mittwoch, 16. Dezember ferent ist. 1995 hat er in der Pinkus schied nehmen von zwei Förder- 2020, ab 17 Uhr in der Stiftung Buchhandlung in Anwesenheit verein-Mitgliedern. Trudi Wein- Studienbibliothek zur Geschich- von Amalie Pinkus sein Buch ›Sta- handl und Waldemar Lippmann te der Arbeiterbewegung, lins Schatten in die Schweiz‹ zur haben ihre letzten Jahre im Al- Quellenstrasse 25, 8005 Zürich, Diskussion gestellt. Einige Jahre terszentrum Limmat verbracht, Parterre rechts. später dann seine Recherchen wo die Studienbibliothek-Mitar- Um 18 Uhr ein Vortrag zu: Spa- über die Schweizer Spanienfrei- beiter/innen regelmässig zu Mit- nischer Bürgerkrieg, italieni- willigen und nun das Buch zu den tag essen. So kam es immer wie- sche Resistenza, ›Terrorismus‹ Schweizer Freiwilligen in der Ré- der zu erfreulichen Begegnungen der deutschen RAF. Der schotti- sistance. und Gesprächen mit diesen bei- sche Schriftsteller Stuart Hood Auch das ›Berliner Adressbuch‹ den aufgeschlossenen und poli- hat in seinen Romanen histori- von John Heartfield möchte ich tisch interessierten Menschen. sche Knotenpunkte des politi- empfehlen. Theo Pinkus hat da- B.W-R schen Widerstands behandelt. rin einen Eintrag. Zeitlebens hat Der Übersetzer Stefan Howald er Heartfields Fotomontagen be- stellt anhand des soeben er- wundert und war mit einer Wan- schienenen Romans ›Das Buch derausstellung unermüdlich un- Judith‹ Leben und Werk von Stu- terwegs, um an dessen politische art Hood vor. In der edition 8 lie- Kunst zu erinnern. gen von Hood bereits ›Carlino‹ Im letzten Info hat Bernd-Rai- und ›Das verrohte Herz‹ vor. ner Barth über die Vorgeschichte Da es nur eine begrenzte Sitz- von Ruth Werners ›Sonjas Rap- zahl gibt, bitten wir um Anmel- port‹ berichtet. Jetzt ist in England dung per Mail oder Telefon. ein Buch, geschrieben von einem Wir freuen uns auf euer Kom- Journalisten, erschienen mit dem men und bedanken uns herz- Titel ›Agent Sonya‹. Wer sich für lich bei allen Spenderinnen und die Spionage während des 2. Welt- Spendern für ihre Unterstüt- kriegs interessiert und sich für zung der Studienbibliothek im Agentengeschichten im populä- Jahr 2020 und wünschen allen ren Stil begeistert, dem kann das ein gutes Jahr 2021. Buch empfohlen werden. Info_58_2020.indd 1 18.11.20 16:20
2 STUDIENBIBLIOTHEK INFO Stuart Hood Das Buch Judith, Roman Aus dem Englischen übersetzt und mit einem Nachwort von Stefan Howald, 216 Seiten, gebunden, Fr. 23.–, ISBN 978-3-85990-406-4, auch als e-Book Ein Diktator liegt im Sterben. Eine revolutionäre Gruppe plant einen Anschlag. Doch was ist der Preis poli- tischen Engagements? Und welche Berliner Adressbuch Rollen sind darin Mann und Frau zugewiesen? Diese Fragen stellt der Bei der Vorbereitung der Heartfield-Ausstellung der Akademie der Küns- schottische Autor Stuart Hood in te fanden Christine Fischer-Defoy und Michael Krejsa das Adressbuch einem ebenso atmosphärisch dichten des Künstlers, daraus ist jetzt ein Buch geworden. wie tiefschürfenden Roman. Das Buch Das im Archiv der Akademie der Künste in Berlin überlieferte Adress- Judith stellt die Frage nach Tod und buch des Fotomonteurs, Plakatkünstlers, Bühnenbildners und Buchge- Leben, nach Töten und Überleben. stalters John Heartfield benutzte dieser seit seiner Rückkehr aus dem Was also bleibt einer modernen Londoner Exil in die DDR. Die Einträge stammen aus der Zeit zwischen Judith zu tun? www.edition8.ch 1950 und seinem Tod 1968. Sie reichen von Tierärzten und Hundepen- sionen über Fotolabore und Druckereien, Theater und Buchhandlun- gen, Mitglieder aus der Akademie der Künste, Freunde und Kollegen aus West-Berlin und dem Londoner Exil, bis zum ZK der SED und der Einladung zur DDR-Regierung. Zu vielen Einträgen finden sich im John-Heartfield- Buchvorstellung Archiv der Akademie der Künste noch unveröffentlichte Korresponden- am Mittwoch, 20. Januar 2020 zen und Fotografien, die eine profunde Kommentierung ermöglichen. um 19 Uhr im bücherraum f, Auszüge aus dem Adressbuch werden um biografische Anmerkungen, Jungstrasse 9, 8050 Zürich Anekdoten und Briefzitate von etwa 120 Adressatinnen und Adressaten bereichert – von Becher und Brecht über Havemann und Heym bis zu Peter Huber: In der Résistance. Piscator und Seghers. So entsteht ein detailreiches Bild der Lebens- und Schweizer Freiwillige auf der Arbeitssituation Heartfields in der DDR. Seite Frankreichs (1940–1945) Christine Fischer-Defoy / Michael Krejsa: John Heartfield. Das Berliner Adress- Schweizer Freiwillige im Zwei- buch 1950–1968, 200 Seiten, 91 Abbildungen, ISBN 978-3-947215-75-1, c 18.– ten Weltkrieg in den Reihen der Alliierten hatten bei der Rückkehr in die Schweiz einen schweren Stand. Obwohl sie auf der Seite der Sieger stan- den, empfing sie die Heimat mit Gleichgültigkeit und dem Vorwurf, das Land im Stich gelassen und zu Kriegszeiten geschwächt zu haben. Die Mi- litärjustiz verurteilte sie wegen fremden Kriegsdiensts zu Ge- fängnisstrafen. Auf dem Sie- gerpodest standen ausschliess- lich General Guisan, die Armee und die sorgsam konstruierte »wehrhafte Schweiz«. Eine Re- habilitierung und Würdigung dieser Freiwilligen haben Bun- desrat und Parlament ein letz- Theo Pinkus eröffnet 1977 in der Elefanten-Press-Galerie in Berlin die Heartfield- tes Mal im Jahr 2008 abgelehnt. Ausstellung. Foto: Jürgen Henschel Info_58_2020.indd 2 18.11.20 16:20
STUDIENBIBLIOTHEK INFO 3 Ausstellungen zu und mit Frans Masereel von 2021 bis 2022 Karl Hubbuch – anlässlich des dann fünfzigjäh- seren Part bei Henrik Elburn und Das Kunstmuseum Bayreuth rigen Todestages Frans Masereels Julia Hartnick vom K8. Peter Riede zeigt noch bis zum 21.2.2021 die – eine Retrospektive zu dessen gehört auch zum Kuratorenteam. Ausstellung ›Karl Hubbuch – Ein Werk, die sich nicht nur auf dessen Hamid Suleiman (Syrien) hat nicht zu überhörendes Werk!‹. Zu grafische Arbeiten und seine Male- zum Thema ›Masereels Leben‹ ei- den ausgestellten Künstlerinnen rei beziehen, sondern die gesamte nen Auftrag von einem französi- und Künstlern gehört auch Frans Bandbreite seines künstlerischen schen Verlag erhalten. Masereel. Er ist dort mit den Holz- Schaffens aufzeigen soll. Land of memory schnitten ›L’armée nouvelle‹ von ›Frans Masereel und Hamid In der Grossregion (Frankreich, 1954 und ›La dernière bombe‹ von Suleiman‹ plus Begleitprogramm Luxemburg, Belgien, Deutsch- 1959 vertreten. ›Masereel und Suleiman‹ mit dem land) wird es zwischen 2020 bis Big City Life Schwerpunkt auf Menschen- 2022 zusätzlich zur webite https: Die Ausstellung in Basel wird sich rechtsfragen und der Antikriegs- //1933–1945.land-of-memory.eu/ dem Leben in der Stadt widmen. thematik soll 2022 im Museum de/ an verschiedenen Orten ei- Ausgangspunkt ist dabei das Buch der Résistance in Esch sur Alzet- gens konzipierte Ausstellungen ›Die Stadt‹ bzw. ›La ville‹ von Frans te (Luxemburg) zu sehen sein. geben. Der Plan beinhaltet, an je- Masereel. Dessen Kritik an der Esch ist dann europäische Kul- dem dieser Orte mindestens ein städtischen Gesellschaft, seiner turhauptstadt zusammen mit der Werk Masereels zu integrieren. Reflektion des Alltags und der litauischen Stadt Kaunas. Karl-Heinz Kles (Frans Sicht auf die Schönheit der Stadt Die Projektleitung liegt für un- Masereel Stiftung Saarbrücken) möchte das Cartoon-Museum in Basel zeitgenössische Positionen (Art Spiegelman, Lorenzo Mat- totti, Gabriela Giandelli, Tardi, Liebe Interessierte am bücherraum f Sempé, Thierry van Hasselt, Eric Wir hoffen, Ihr befindet Euch wohlauf. Die gute Nachricht: Den bücher- Drooker u.v.m) gegenüberstellen. raum f gibt es weiterhin; wir sind entschlossen, ihn weiterzuführen. Nach Ab Mitte Februar bis über die der Zwangspause ab Anfang März haben wir am 2. September unsere ART Basel Mitte Juni beabsich- Bibliotheken wieder geöffnet und seither auch erfolgreich drei Veran- tigt das Museum neben diesen staltungen mit Hans Fässler, Ruedi Küng und Liselotte Lüscher durchge- Holzschnitten Masereels weitere führt. Berichte, inklusive podcasts, findet Ihr auf www.buecherraumf.ch. seiner Werke zur Thematik des Angesichts der verschärften pandemischen Lage werden wir aber un- Grossstadtlebens (dazu sollen ser Programm kurzfristig zurückfahren oder vorübergehend ganz einstel- dann auch andere Holzschnit- len müssen. Die Bibliotheken versuchen wir offenzuhalten und darüber te sowie Radierungen, Lithogra- hinaus weitere attraktive Aktivitäten anzubieten. phien, Tuschzeichnungen und Die schlechte Nachricht, Ihr habt es geahnt: Das alles kostet Geld. Der Aquarelle – die ab 1913 bis in die Vermieter ist uns im Sommer zwar etwas entgegengekommen, dennoch sechziger Jahre des letzten Jahr- sind die laufenden Kosten beträchtlich. hunderts entstanden sind – gehö- Seit dem Start unseres Projekts 2018 sind wir von Privaten grosszügig ren) zu präsentieren. finanziell und moralisch unterstützt worden. Dank dessen konnten wir Die Revolte der Maschinen mittlerweile über 30 Veranstaltungen durchführen. Jetzt sind wir wieder Das Film und Grafik Novel Projekt auf Unterstützung angewiesen. Am besten ist uns mit regelmässigen des K8 ›Die Revolte der Maschi- Zuwendungen geholfen. Ein Mitgliedsbeitrag in unserem Trägerverein nen‹ (Rolland/Masereel mit Sym- kostet 60 Franken, ein Fördermitglied zahlt 240 Franken. Jederzeit sind posion, Publikation und Ausstel- natürlich Spenden willkommen. lung ist Covid 19 bedingt bereits Über unsere, notgedrungen flexiblen, Pläne werden wir Euch auf dem zwei Mal verschoben worden, weil Laufenden halten. Unsere beiden Bibliotheken mit mittlerweile rund vorgesehene TeilnehmerInnen 21’000 Büchern und Broschüren können an drei Tagen in der Woche be- aus den USA, Belgien und Frank- nützt werden. Regelmässig berichten wir auf der Website über neue und reich abgesagt haben. Der nächs- alte Bücher aus unseren Beständen. Zudem werden wir versuchen, eine te Versuch soll jetzt im 1. Halbjahr kleine Bibliothek mit podcasts aufzubauen. Neben der Website sind wir 2021 erfolgen. Eine website ist in auch auf Twitter unterwegs, wo wir über unsere Aktivitäten berichten (@ Vorbereitung. buecherraum). Wir hoffen also, weiterhin auf Euer Wohlwollen zählen zu dürfen. Hilfreich wäre es für uns auch, wenn Ihr zusätzliche Kreise auf Retrospektive zum Werk Masereels unser Projekt aufmerksam machen könntet. Mit bestem Dank und in der im Kunstmuseum Reutlingen Hoffnung, Euch nächstens wieder (oder erstmals) im bücherraum f be- Ab Oktober 2021 bis ins erste Vier- grüssen zu dürfen. Monika Zemp, Stefan Howald tel des Jahres 2022 hinein, plant das Kunstmuseum in Reutlingen bücherraum f, Jungstr. 9, 8050 Zürich, IBAN CH63 0900 0000 6107 6601 1 Info_58_2020.indd 3 18.11.20 16:20
4 STUDIENBIBLIOTHEK INFO Das Freiburger Archiv Soziale Bewegungen e.V. Eigentlich hätte es dieses Jahr Baden-Württemberg machen es Doch diese Vorstellung war naiv. etwas zu feiern gegeben: Vor 35 möglich. Schon recht früh stellten wir fest, Jahren, am 1. Mai 1985, öffnete Ursprünglich war das Archiv dass es nicht die Bewegungsakti- das Archiv Soziale Bewegungen einmal gedacht als ein Archiv von vist*innen waren, die das Archiv in Freiburg im Breisgau erstmals den Bewegungen für die Bewe- aufsuchten. Es waren Student*in- seine Türen für ein interessiertes gungen, um einen Selbstreflexi- nen, die Material für Seminarar- Publikum. Die Bestände waren onsprozess der Bewegungen zu beiten suchten. Und wir wuchsen damals sehr überschaubar, die ermöglichen. Die ›Neuen Sozialen mit unserer Klientel: Bald wur- Räumlichkeiten in der Remise ei- Bewegungen‹, so der in den 70er den die ersten Magisterarbeiten ner ehemaligen Kohlenhandlung Jahren geprägte Name, hatten mit Hilfe unseres Materials ge- zugig und die Finanzen ungesi- die Art und Weise verändert, was schrieben, dann Doktorarbeiten, chert. Doch auch wenn wir be- man unter demokratischer Poli- schliesslich Habilitationen. Inzwi- dingt durch die Pandemie dieses tik verstand: Statt die Politik ei- schen kommen Forscher*innen Jahr nicht feiern konnten: In den ner Minderheit zu überlassen, die aus der ganzen Welt, um diese dreieinhalb Jahrzehnten seither sich über die Parteien an die po- inzwischen nicht mehr so ganz hat sich einiges getan. Inzwischen litischen Machtpositionen nach neue Welt der politischen Inter- lagern buchstäblich Tausende von oben geboxt hatte, sollten auch vention jenseits der Parteipolitik Zeitschriften und Broschüren, die einfachen Bürger*innen auf wissenschaftlich zu erforschen. Zehntausende von Flugblättern die gesellschaftlichen Entschei- Anfänglich haben wir etwas re- (ehrlich gesagt können es auch dungsprozesse Einfluss nehmen: signiert zur Kenntnis genommen, Hunderttausende sein, so genau Selbstorganisation von unten dass wir, statt die Bewegungen wissen wir das selbst nicht), Filme, statt Diktat von oben. zu unterstützen, nur dem Wis- Photos, Tondokumente, Transpa- Doch Bewegungspolitik hat ei- senschaftsapparat Material zur rente, Sticker, Buttons … auf drei nen entscheidenden Nachteil ge- Verfügung stellen. Bis uns irgend- Stockwerken in einer ehemaligen genüber Parteipolitik. Es fehlen wann die Einsicht dämmerte, Eisengiesserei am Rande der Frei- verbindliche Strukturen, Kontinu- dass das kein Widerspruch war burger Innenstadt. itäten reissen ab, einmal erarbei- und ist. Ganz im Gegenteil. Zum Die Finanzierung ist nach wie tetes Wissen geht schnell wieder einen sind die Wissenschaftler*in- vor nicht üppig, aber wir kön- verloren. Dem sollte das Archiv nen, die unser Archiv aufsuchen, nen uns jetzt zumindest eine entgegenwirken, indem es den Er- meist nicht zu trennen von den hauptamtliche Stelle leisten fahrungen, die in den Bewegun- Aktivist*innen. Oft sind sie bei- (wenn auch nicht in Vollzeit) und gen gemacht wurden, Beständig- des: Aktivistisch unterwegs in einen Minijob. Spenden eines keit und Kontinuität verlieh und den Bewegungen und gleichzeitig Fördervereins und Zuschüsse der damit die politische Schlagkraft eingebunden in den Universitäts- Stadt Freiburg und des Landes stärkte. betrieb. Und sie studieren natür- lich das, was sie auch ausserhalb der Universität umtreibt. Und mit ihrer Forschung machen sie das, was an Neuem innerhalb der Be- wegungen entstand und entsteht, zu einem Teil des gesellschaftlich gesicherten Wissens. Dadurch wandelt sich auch die politische Dynamik, ironischer- weise gar nicht so sehr auf der Sei- te der Bewegungen, die nach wie vor die selben Fehler machen wie vor Jahrzehnten, als vielmehr auf der Seite der institutionalisierten Politik. Hier hat sich in den letzten 50 Jahren enorm viel verändert. Der alte paternalistische Gestus hat an Glaubwürdigkeit verloren, erinnert sei nur an das allgemeine Gelächter, das Christian Lindner entgegenschlug, als er den Akti- vist*innen von Fridays for Future Info_58_2020.indd 4 18.11.20 16:20
STUDIENBIBLIOTHEK INFO 5 gebrannt: Das schon gar keine Artikel, in denen digitale Zeit- nur das Wort Havanna vorkommt. alter hatte be- Deswegen ist ein gut verschlag- gonnen. worteter Bestand eigentlich eine Unser Archiv Notwendigkeit. Wenn alle Artikel, war damals die sich mit Kuba befassen, auch an vorderster mit der zugehörigen Identifika- Front. Der ers- tionsnummer 4033340-1 der Ge- te Scanner, den meinsamen Normdatei verschlag- wir uns in der wortet sind, können sie gefunden zweiten Hälfte werden, unabhängig davon, ob der 90er Jahre das Wort auftaucht oder nicht. angeschafft ha- Doch leider haben die wenigsten ben, kostete Archive die Resourcen, um eine uns die enor- gründliche Verschlagwortung ih- me Summe von rer Bestände durchführen zu kön- empfahl, Klimapolitik »den Pro- 5000 DM. Aber uns war schon da- nen. Unser Archiv ist dabei keine fis« zu überlassen. mals bewusst, dass die Zukunft Ausnahme. Verschlagwortung ist Es gibt sicherlich eine ganze des Archivwesens digital sein zeitaufwendig und damit sehr Reihe von Gründen, warum er- würde. Wir entwickelten ein ei- teuer, weshalb wir keine Chance hebliche Teile der institutionali- genes Datenbanksystem namens haben, die vielen Digitalisate von sierten Politik einen demokrati- Alexandria, um die digitalisierten Hand zu verschlagworten. schen Lernprozess durchgemacht Materialien effizient verwalten Aus dieser Not wurde eine Idee haben. Aber die Tatsache, dass zu können. Inzwischen sind über geboren, die sich ›Der Digitale Ar- die Bewegungen inzwischen von 27’000 Dokumentdateien in die- chivar‹ nennt (https://staccared. Historiker*innen, Soziolog*innen ser Datenbank erfasst. Daneben com/). Die Idee selbst ist ausge- und Politolog*innen zum Unter- haben wir rund 500 Zeitschriften sprochen simpel: Die Dokumen- suchungsgegenstand gemacht digitalisiert, wirklich Zeitschrif- te werden einer Software über- werden und die gesellschaftliche ten, nicht Zeitschriftennummern. geben, die über eine künstliche Dynamik besser begriffen wird, Das sind mehr als 14’000 Pdf-Da- Intelligenz verfügt. Und die erle- dürfte zu diesem Transformati- teien mit zusammen mehr als digt dann die Verschlagwortung onsprozess hin zu mehr Transpa- 600’000 Seiten. Diese sind über für uns. So simpel diese Idee ist, renz und echter Beteiligung mit einen Gesamtindex erschlossen, so komplex ist sie in der Um- beigetragen haben. Das ist sicher der eine Volltextsuche über den setzung. Wir haben deshalb ein nicht die Revolution, von der wir gesamten digitalisierten Zeit- Team von erfahrenen Informatik- vielleicht einmal geträumt ha- schriftenbestand erlaubt – ein für spezialisten zusammengestellt, ben, aber wir haben auch mehr unsere Nutzer*innen wertvolles die diesen ›Digitalen Archivar‹ in erreicht, als einfach nur Nach- Recherchewerkzeug. Zusammenarbeit mit uns entwi- wuchswissenschaftler*innen Ar- Auch wenn die Volltextsuche ckeln wollen. Ein Prototyp wurde beit zu verschaffen. aus den Beständen sehr prak- bereits gebaut, der zeigt, dass das So wie sich die Zielsetzung des tisch erscheinen mag, so hat sie Ganze im Prinzip funktioniert; Archivs verändert hat, so auch doch einen grossen Nachteil: Sie aber natürlich sind die Ergebnisse seine Arbeitsmethoden. Deutlich findet nur Stellen, wo das Such- selbst noch nicht so, dass die Soft- wird dies an der ›Chronologie der wort exakt so auftaucht, wie es in Fortsetzung Seite 6 Sozialen Bewegungen‹, die wir seit die Suchmas- 1986 herausgeben. Vierteljährlich ke eingegeben fassen wir alles zusammen, was wird. Nehmen es Neues an Flugblättern, Bro- wir ein Bei- schüren, Zeitschriften im Frei- spiel: Wenn burger Raum gibt. In den ersten eine Nutzer*in Jahren wurden diese kopiert und Artikel zur Cu- gebunden, um diese Zusammen- ba-Solidari- stellung dann an verschiedene tät sucht und wissenschaftliche Institutionen als Suchwort auszuliefern. Der letzte derar- ›Cuba‹ verwen- tig zusammengestellte Band er- det, dann fin- schien 1998. Von da an wechselte det sie keine das Medium: Statt kopiert und Texte, in de- gebunden erschienen die Druck- nen Kuba an- erzeugnisse der Bewegungen nun- ders geschrie- mehr gescannt und auf CD-ROM ben wird. Und Info_58_2020.indd 5 18.11.20 16:20
6 STUDIENBIBLIOTHEK INFO sondern di- Darin liegt eine gewisse Para- rekt ins Netz doxie: Eigentlich gibt es – social verlagert. media Plattformen und messen- Was früher ger apps sei Dank – einen deutlich als Flugblatt höheren Grad der Dokumentation erschien, ist als früher, wo viel mehr Kommu- heute ein nikation ausschliesslich mündlich Fa c e b o o k - erfolgte. Andererseits ist es sehr Post, der schwierig, diese Daten zu archi- auch den Ak- vieren. Hier stehen wir vor gros- tivist*innen sen Herausforderungen. Wenn wir selbst nicht diese nicht bewältigen, wird die als Datei vor- aktuelle Bewegungsgeschichte in liegt. Und ein paar Jahrzehnten nicht mehr noch kom- nachvollziehbar sein. plizierter So gehen uns auch im 35. Jahr wird es, unseres Bestehens die Aufgaben Fortsetzung von Seite 5 wenn die Mobilisierung über ir- nicht aus. ware produktiv eingesetzt wer- gendwelche chat-Gruppen er- Michael Koltan, Freiburg i.Br. den kann. Wir befinden uns jetzt folgt. in der Phase, wo wir uns um die Finanzierung kümmern, um die Software zur Produktreife weiter- Gertrud Weinhandl-Kägi, 21. Juli 1929 – 27. Mai 2020 entwickeln zu können. Die aktuelle Pandemie hat uns Viele Jahre brachte Trudi uns als pulse gab. Dies führte sie zur SP, in der Herangehensweise be- Beilage zum Programm zu ihren die sie später wieder verliess, weil stärkt, konsequent auf Digitali- Führungen im Friedhof Sihlfeld sie ihr zu wenig kämpferisch war. sierung zu setzen. In Zeiten, in einen selbstgebackenen Kuchen Sie wollte gesellschaftlich etwas denen jeder vernünftige Mensch mit. bewegen, setzte sich für das Frau- versuchen sollte, auf längere Rei- Politisch engagiert und dabei enstimmrecht ein und engagier- sen zu verzichten, ist auch bei uns immer praktisch tätig, das war te sich bei den ›Frauen für den die Zahl der Besucher*innen stark Trudi. Sie strickte für den Bazar Frieden‹, bei der ›Frauenliga für eingebrochen. Was aber ebenso der PdA, fotografierte bei den Frieden und Freiheit‹ und begann stark zugenommen hat, sind die Veranstaltungen, verteilte Flug- über das Leben von bekannten Anfragen über das Internet. Und blätter, sammelte Unterschriften, Frauen zu recherchieren. So ent- wir bemühen uns redlich, allen schrieb Artikel und Frauenpor- stand ihre viel beachtete Biogra- Forschenden so gut es geht die für traits. fie über Clara Ragaz. Trudi las mit sie relevanten Quellen auf digita- Eigentlich wollte sie Lehre- grossem Interesse die Ragaz-Lite- lem Wege zukommen zu lassen. rin werden, aber die bescheide- ratur und wurde Mitglied bei der Natürlich ist das kein Ersatz für ei- nen Verhältnisse, aus denen sie ›Religiös-Sozialistischen Vereini- nen echten Archivbesuch; aber als stammte, erlaubten es nicht. gung‹. Notbehelf ist es besser als nichts. Mit elf Jahren schlossen sich ihr Trudi war so vielfältig aktiv, dass Nicht nur die Digitalisierung Bruder und sie der sozialistischen ich nicht abschliessend alles auf- analogen historischen Materials Jugendgruppe Rote Falken an, die zählen kann. In Erinnerung ist mir ist eine Herausforderung. Tat- ihnen die ersten politischen Im- ihre Mitarbeit im ›Historischen sächlich ist das sogar der einfa- Verein Aussersihl‹ und später bei chere Teil. Ein viel grösseres Pro- der PdA-Altersorganisation ›Avi- blem wirft das Material auf, das vo‹, für deren Informationsheft sie gar nicht mehr physisch greifbare zahlreiche Frauenportraits, auch Form annimmt. Andere Archi- eines über Amalie Pinkus, verfass- ve, die klassischen Akten, wie sie te. von Behörden produziert werden, Lange Zeit machte sie kenntnis- sammeln, sind davon gar nicht reiche Führungen auf dem Fried- so sehr betroffen: Statt Schrift- hof Sihlfeld, wo sie auf Grabstät- stücken sind eben Office-Datei- ten von bekannten Sozialisten wie en zu archivieren. Das wirft zwar August Bebel oder auf die von Jo- auch einige Probleme auf, aber hanna Spyri und Gottfried Keller die sind harmlos im Vergleich zu hinwies. unserem Sammlungsgebiet, den Am 5. Juni wurde Trudi dort im sozialen Bewegungen. Denn dort Urnen-Reihengrab Nr. 5456 beer- ist ganz viel nicht nur ins Digitale, digt. B.W-R Info_58_2020.indd 6 18.11.20 16:20
STUDIENBIBLIOTHEK INFO 7 Waldemar Lippmann, 27. Dezember 1927 – 29. März 2020 Wir trauern um unseren Freund Doch sein Sohn Hans, der spä- dende Jugendfest. Das hätte ihm und Genossen Waldemar Lipp- tere Vater von Waldemar, woll- Spass gemacht, erzählte Walde- mann. Unsere Gedanken sind bei te etwas Eigenes machen. Statt mar bei einem Treffen, denn an seiner Tochter Inge und seiner Kaufmann zu werden, wählte er der Langstrasse hätten praktisch Partnerin Irene. für sich den handwerklichen Ma- alle Geschäfte Preise gespendet – Waldemar Lippmann war ein lerberuf – und als seine Frau keine die jüdischen Textilien, die italie- Freigeist, der sich nicht in dogma- Jüdin. Maria Tschan, aufgewach- nischen Lebensmittel. tische Schemata pressen liess. Er sen in einer evangelischen Familie Waldemar fiel es leicht, Kontak- erwähnte oft, dass das Lied ›Die in Sigriswil im Berner Oberland, te zu knüpfen und zu halten. An Gedanken sind frei‹ sein liebstes liebte das Bücherlesen, und ihr der Abdankung für seinen Vater sei. Mit dem Liedtext hat er sich Herz schlug nicht nur anatomisch Hans sprach Theo Pinkus. Durch identifiziert. Er liess sich von nie- links. ihn und natürlich durch seine El- mandem vorschreiben, was er zu So war es naheliegend, dass sie tern, kannte Waldemar alle Kom- denken oder zu tun hatte und leb- als Bibliothekarin für die Unions- munisten und später alle Mitglie- te sein Leben, wie er es für richtig bibliothek im Volkshaus arbeitete. der der PdA persönlich. Ihnen hielt. Waldemars Mutter schrieb aber stand er nahe. Er selber war je- Dass sich Waldemars Gedanken auch eigene Beiträge für Zeitun- doch nie Parteimitglied. Trotzdem wahrscheinlich oft auch um Poli- gen wie ›Vorwärts‹ oder ›Die rote fragte die PdA ihn an, ob er sich tik und um soziale Fragen drehten, Fahne‹. Sie verstand sich eher als als Kandidat für ein parlamenta- war nicht verwunderlich. Hat er Anarchistin, während der Vater risches Amt auf ihre Liste setzen doch das politische Bewusstsein ein bekennender Kommunist war. wolle. Waldemar wollte nicht. Erst quasi mit der Muttermilch auf- Als Handwerker engagierte er sich viel später übte er als Schulpfleger gesogen. Denn seine Eltern Hans bei der Maler- und Gipser-Ge- im Kreis 3 ein politisches Amt aus. und Maria waren nicht gerade werkschaft und nahm an Streiks Als Mitglied der SP, der er beige- ein angepasstes, gutbürgerliches teil. Er war Geschäftsleiter der treten ist, obwohl er selber sich Paar. Ohne Trauschein lebte es in ›Roten Hilfe‹, einer der KP nahe- immer als Sozialist und nicht als Zürich an der Schoffelgasse in wil- stehenden Organisation, die sich Sozialdemokrat bezeichnet hat. der Ehe zusammen – trotz des da- hauptsächlich um Geflüchtete In der SP ist er geblieben, trat aber mals herrschenden Konkubinat- aus Nazi-Deutschland kümmerte zusätzlich der ›Alternativen Liste‹ verbots. und um Heimkehrende aus dem bei. Irgendwann wurde der juristi- Spanischen Bürgerkrieg. Beruflich und privat war Walde- sche und soziale Druck jedoch so Irgendwie logisch, dass Walde- mar eher bereit, sich festzulegen. gross, dass Waldemars zukünftige mar mit solch engagierten Eltern Er wurde diplomierter Zolldekla- Eltern 1921 doch noch heirateten. selber schon früh politisiert wor- rant und übte diesen Beruf zehn Sechs Jahre später, 1927, kam den ist. Bereits in jungen Jahren Jahre aus, bevor er in die Textil- der kleine Waldemar nicht an der machte Waldemar aktiv bei den branche wechselte, wo er das Im- Schoffel- sondern an der Kuttel- ›Jungen Pionieren‹ und später bei port/Export-Geschäft betrieb, um gasse auf die Welt. Seine Wohnad- der ›Freien Jugend‹ mit – beides danach aber wieder zur Zollde- resse sollte nicht zum letzten Mal Gruppierungen, die der Kommu- klaration zurückzukehren. Eine ändern. Lippmanns mussten oft- nistischen Partei nahestanden. grosse berufliche Veränderung mals umziehen. Ausser im Kreis Eine von Waldemars Aufgaben kam erst 1967. Waldemar nahm 12, wohnte Waldemar Zeit seines war das Sammeln von Tombola- im Betreibungs- und Konkursamt Lebens in jedem Zürcher Stadt- Preisen für das jährlich stattfin- Kreis 9 die Stelle als Rechnungs- kreis. In unguter Erinnerung ist führer an. Das blieb er, später im ihm als Wohnadresse die Limmat- Kreis 5, bis zu seiner Pensionie- strasse geblieben. Damals, als Ju- rung 1991. Diese Aufgabe übte er gendlicher, so erzählte Waldemar, mit Engagement aus. Die Schick- sei im Quartier der Antisemitis- sale der Menschen, die in eine mus weit verbreitet und deutlich finanzielle Bredouille gerieten, hör- und spürbar gewesen. Dar- liessen ihn nicht kalt. Sich in ihre unter habe er sehr gelitten. Situation hineinzuversetzen und Denn Waldemar stammte vä- ihnen so weit als möglich zu hel- terlicherseits aus einer jüdischen fen, das war Waldemar wichtig. Familie. Ganz nach seinem Motto »Der Sein Grossvater war ein kleiner Mensch, der auf ein schlechtes Kaufmann, der 1899 von Berlin Gleis geraten ist, ist noch immer nach Zürich auswanderte. Hier zuallererst ein Mensch.« eröffnete er ein Geschäft für Re- Privat war Waldemar Ehemann klametafeln. Fortsetzung Seite 8 Info_58_2020.indd 7 18.11.20 16:20
8 STUDIENBIBLIOTHEK INFO Anzeige schule besuchte. Waldemar nahm AG SPAK Bücher vier Wochen Ferien und kümmer- te sich um seine Töchter und um den ganzen Haushalt. Das war gar keine Selbstverständlichkeit zu je- ner Zeit! Gisela Notz (Hg.) Als Pensionierter hat er seine Neu Kalender 2021 Kontakte zur Linken stets ge- Wegbereiterinnen XIX pflegt. So kam er zu uns, zur ISBN 978-3-945959-49-7 I 2020 Avivo. Zwei Jahre nach seinem 15 Seiten I DIN A3 I Ringbindung I 14,50 € Beitritt, 1996, wurde er ihr Prä- Der Wandkalender 2021 im DIN A3-Format mit 12 Wegbe- reiterinnen der emanzipatorischen Frauenbewegung infor- sident. Die Avivo als kämpferi- miert über Frauen, die in ihrer Zeit viel bewegt haben. sche Interessenvertreterin alter Er erscheint 2021 zum neunzehnten Mal. Menschen, entsprach ganz dem Vorgestellt werden diese Frauen: Juliette Caron (1882–1940) Französische Bauarbeiterin in der Geist von Waldemar. So führte er Belle Époque I Gertrud Düby-Blom (1901–1993) Radikale die Avivo-Abordnung am 1. Mai- Umweltschützerin I Minna Faßhauer (1875–1949) Ministerin, Spartakistin, Antifaschistin I Minna Flake (1886–1958) Ärztin Umzug an, er organisierte Anläs- im Dienste des Sozialismus I Netty Honeyball (1871– nach se und sogar Ferienreisen ins Aus- 1901) Gründerin des ersten britischen Frauenfußballteams I Florence Kelley (1859–1932) Vorkämpferin für Arbeitsrechte land und er sorgte dafür, dass die von Frauen I Františka Plamínková (1875–1942) Tschechos- lowakische Feministin I Amparo Poch y Gascón (1902–1968) Avivo-Mitglieder Zugang zu einer Spanische Schriftstellerin, Anarchistin I Emmeline Stegmann kompetenten Sozialberatung hat- (1865–1946) Erste (Genossenschafts-)Bankdirektorin I Alfon- sina Morini Strada (1891–1959) Italienische Radsportlerin I ten. Er hat mit Schwung und En- Bertha Thalheimer (1883–1959) Von der Spartakusaktivistin zur Opposition gegen Stalin I Clara Belle Williams (1885–1994) gagement mitgeholfen, Sozialab- Erste Schwarze Absolventin der New Mexico State University bau zu verhindern – nur den un- Wegbereiterinnen XVIII: ermüdlich angestrebten Ausbau Kalender 2021 + Postkartenset 2021 der Sozialversicherungen, kann er POSTKARTENSETS Gisela Notz (Hg.) zusammen 20 Euro – ISBN 978-945959-50-3 jetzt nicht mehr erleben. 2008 hat Wegbereiterinnen XIX ISBN 978-3-945959-51-0 I 2020 I 9 € Waldemar den Vorsitz abgegeben AG SPAK Bücher Burlafinger Str. 11 Tel.: (07308) 91 92 61 spak-buecher@leibi.de und wurde zum Avivo-Ehrenprä- 89233 Neu-Ulm Fax: (07308) 91 90 95 www.agspak-buecher.de sidenten ernannt. Seine letzten Jahre verbrachte Waldemar im Alterszentrum Lim- Fortsetzung von Seite 7 dem Fest lud er sie zu einer Schiff- mat. Dahin ist er 2008 gezogen, und Vater. 1954 lernte er an ei- fahrt auf dem Zürichsee ein. Ganz nachdem seine Frau Mary 2003 an nem Musikfest auf dem Linden- Mann plusterte er sich vor ihr zum Krebs gestorben war. Ihm begeg- hof Maria kennen. Ob ihm damals Reiseführer auf, der alles rund um nete auch noch einmal das Glück. aufgefallen ist, dass sie denselben den See kannte. Dumm nur, dass Bei einem Tanzanlass lernte er Namen und dieselbe Religion wie er die Au auf der rechten Seeseite Irene Wolfahrth kennen – und seine Mutter hatte? Wie auch im- zu sehen glaubte. Maria, die sich lieben. So bleibt uns Waldemar mer, Maria gefiel ihm und nach zeitlebens Mary nannte, heirate- als glücklicher Mann und als po- te ihn trotzdem litisch engagierter Genosse in Er- zwei Jahre spä- innerung. Und als Mensch, dem Enteignen fürs Gemeinwohl Anzeige ter, zog ihn aber Gerechtigkeit am wichtigsten war Die Beiträge befassen sich mit Konflikten um Verteilung mit dieser An- und dessen Persönlichkeit weit und Herstellung von Eigentum. Zunehmend prägen sie ekdote immer über das Mittelmass hinausstrahl- gesellschaftliche Debatten, die von globalisierungs wieder auf. te. Marco Medici kritischen Bewegungen nach Jahren des Burgfriedens angestossen wurden – und thematisieren, dass die Mary und besitzende Klasse die Welt verschluckt: Boden und Waldemar be- Ozeane, Arbeit, Kultur und Bildung. Wie in der kapitalis kamen zwei tischen Konkurrenz Besitz Töchter. 1958 Impressum ideologisch gerechtfertigt Herausgeberin: Stiftung Studienbi- und juristisch abgesichert kam Inge, 1961 bliothek zur Geschichte der wird – und wo Initiativen Maja auf die Arbeiterbewegung Zürich; Bulletin zur breiten Verteilung und Welt. Wie ernst der Mitglieder des Fördervereins. subversive Projekte an Waldemar seine Erscheint mindestens 1 x jährlich setzen können. Adresse: Quellenstrasse 25, Postfach, Rolle als Vater 8031 Zürich, Telefon 044 271 80 22, 224 Seiten, Fr. 25.– nahm, zeigte er, Email: info@studienbibliothek.ch 978-3-85869-895-7 als Mary für ei- Internet: www.studienbibliothek.ch (Jahresabonnement für 2 Hefte Fr. 40.–) zu beziehen im Buchhandel nen Monat nach Redaktion: Brigitte Walz-Richter, oder unter vertrieb@widerspruch.ch Neuseeland Korrektur: Geri Balsiger, Layout: Heinz Scheidegger, www.widerspruch.ch reiste eine und dort Sprach- Druck: Druckerei Peter, Zürich Info_58_2020.indd 8 18.11.20 16:21
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