OBERÄGERI BRAUCHTUM Eine bebilderte Broschüre mit allerlei Wissenswertem über Traditionen und Bräuche aus unserem Dorf - Bürgergemeinde ...
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OBERÄGERI BRAUCHTUM Eine bebilderte Broschüre mit allerlei Wissenswertem über Traditionen und Bräuche aus unserem Dorf.
Unser Brauchtum lebt! Das Jahr 2008 wurde in der Schweiz zum Wir hoffen, mit dieser Broschüre Ihr Interes- Jahr des Brauchtums ausgerufen. Aus die- se an unserer Kultur zu wecken bzw. zu ver- sem Anlass hat die Gemeinde Oberägeri tiefen oder Sie gar zum aktiven Mitmachen eine Brauchtumsbroschüre über die hiesigen zu animieren, damit unsere Traditionen auch Traditionen und Bräuche herausgegeben. in 30 Jahren noch existieren. Und genauso wie sich unsere Lebensweise Unsere Anerkennung gilt all den Personen, seither verändert hat, haben sich auch un- die sich in Vorständen von Vereinen engagie- sere Sitten und Bräuche der Zeit und den Ge- ren und so den Weiterbestand von Traditio- gebenheiten angepasst. Und das ist gut so! nen zu ihrer Aufgabe gemacht haben, aber Das bedeutet nämlich, dass das Brauchtum auch denen, die mit Leidenschaft dem Brauch- gelebt wird. tum frönen und mit ihrem Enthusiasmus beste Botschafter unserer Traditionen sind. Wir freuen uns, Ihnen unsere Bräuche und Traditionen in einer überarbeiteten Version Bürgerrat Oberägeri zu präsentieren. Einiges ist leider verschwun- April 2021 den, anderes wurde angepasst, es haben sich aber auch neue Anlässe im Jahreska- lender etabliert.
Närrische Tage in Legorien Sobald der «Grind» am 5. Januar hängt, gehen die fasnächtlichen Tage los. Die Legoren- fasnacht gibt es seit dem 19. Jahrhundert. Es ist die älteste Fasnacht im Kanton Zug. Kaum sind die Weihnachtslieder verklungen, er- nenspiel wird in pointierter Reimform ein Jahres- öffnen die Legoren am 5. Januar mit der «Grind- rückblick proklamiert. Währenddessen warten die ufhänkete» die Fasnacht. Umrahmt von Legoren, Kinder ungeduldig auf das «Legorenpäckli», wel- Tirolern, Tambouren und begleitet von Klängen der ches sie nachher in Empfang nehmen dürfen. Guggen- und Ländlermusik, zelebriert der Legoren- vater die Fasnachtseröffnungsrede, während der Die Fasnacht vergraben Legorengrind feierlich aufgezogen wird. Am selben Abend, punkt 18.35 Uhr, scharen sich dann die Legoren und viele Schaulustige auf dem Der Legor Dorfplatz um den Legorenvater. Er zündet zwei Die Oberägerer Legorenfasnacht weist mit ihrem Kerzen an und lässt ein dreifaches «Läbi-Hoch» auf Namen auf die historische Figur des Hofnarren des Behörden, Geistliche, Lehrerschaft, Ärzte und alle habsburgischen Herzogs Leopold hin. Der Verlierer alten «Meitli» ausrufen. Dann folgt ein letzter Tanz der Morgartenschlacht von 1315 soll mit seinem der Tiroler, der Legorengrind wird heruntergeholt Heer auf dem Weg dorthin in Oberägeri gerastet und für ein Jahr zur Ruhe gelegt. Gefeiert – «glego- haben. Hans Kuoni von Stockach, der herzögliche ret», – wie man sagt –, wird noch bis in die Mor- Spassmacher, gab während des Aufenthalts dem genstunden des Aschermittwochs. Ebenso originell Volk seine Scherze zum Besten. Er trug dabei eine sind auch die fasnächtlichen Feierlichkeiten in den Narrenkappe mit herunterhängenden Zipfeln – da- Weilern Alosen und Morgarten. Sie werden durch raus entstand der Begriff «Leg-Ohren», abgekürzt zwei eigene Fasnachtsgesellschaften organisiert. «Legoren». Die Legorenfasnacht findet am «Güdel- zyschtig» ihren Höhepunkt. Ein farbenprächtiger Umzug mit Start um 13.15 Uhr bahnt sich seinen Weg durch das Dorf. Beim anschliessenden Büh-
Man könnte meinen, es seien Wale Holz flössen über den Ägerisee ist einzigartig in der Schweiz. Die Stämme werden zusammengebunden und übers Wasser geschifft. Förster sagen, der Bergwald auf der südlichen See- einen offenen Rahmen aus Stämmen, in den sie seite sei ein wüchsiger Wald. Sowohl die Unter- dann die restlichen Bäume mithilfe des «Flösser- ägerer wie auch die Oberägerer Korporation nutzen hakens» und viel Balancierkunst eingliedern. Zum ihn. Ein grösseres Stück Land, die «Bergmatt», ist Schluss wird das Dreieck geschlossen und mit als Exklave ganz von Unterägerer Gemeindegebiet Drahtseilen quergebunden. Das Floss ist für die umgeben. Eine weitere Eigenschaft zeichnet diesen Überfahrt bereit. Wald aus: Das Gelände ist sehr steil und schlecht erschlossen; für den Abtransport der gefällten Zwei Kilometer pro Stunde Stämme bleibt nur der Seeweg. Die Fällarbeit im Es muss windstill sein am Tag der Überfahrt. Der abfallenden Gelände ist anspruchsvoll. Sind die Föhn würde das gewichtige Paket abtreiben auf sei- Bäume gefällt und entastet, hilft die Schwerkraft ner Fahrt nach Ober- oder Unterägeri. Als Antrieb weiter. Mithilfe des sogenannten Zappi oder mit dienen zwei Motorboote. Im Jahr 2004 wurde auf Stockwinden werden die Stämme in Fahrt gebracht diese Art das grösste je gebaute Floss im Ägeri- – oder «gereistet», wie die Forstarbeiter sagen. see in einer Stunde nach Oberägeri gestossen. Oft rutschen sie gar bis ins Wasser, tauchen Die Eckdaten waren eindrücklich: Das Dreieck war spritzend ein und erscheinen lautlos an der Ober- 200 Meter lang, hinten 40 Meter breit, enthielt 800 fläche, wie wenn sie Wale wären, begleitet von Kubikmeter Holz und war 700 Tonnen schwer – ein perlenden Luftblasen. veritabler Koloss, der da schwamm. Im Mai 2004 fand ein erstes Flösserfest statt, um das Flössen Ein grosses Dreieck der Bevölkerung näherzubringen. Weitere Flös- Die Forstarbeiter bringen die Stämme nun in die serfeste wurden und werden in unregelmässigen Form eines Dreiecks. Zuerst formen die Arbeiter Abständen von den Korporationen Ober- und mit speziellen Ketten, genannt «Guntelketten», Unterägeri durchgeführt.
Bis der Legor explodiert Mit dem Verbrennen des Legors werden nach der kalten und dunklen Jahreszeit dem warmen und schönen Frühling Tür und Tor geöffnet. tifaschte-Füür, em Leben, zuerst am Mittefastensonntag, später «Stür, Stür, Stür zumänä Mit nämmer au!» wechselte man zum Samstag. Der Hohe Legorenrat Studä oder Strau, alti Meitli marschiert in Begleitung von Harmoniemusik und Kindern, die brennende Fackeln tragen, zum Holz- Das Sprüchlein ertönte früher im Dorf, wenn Kinder stapel am See. Ein «Legorengrind» thront zuoberst. in der Fastenzeit durchs Dorf zogen und Brennma- Auf Kommando fliegen nun die Fackeln der Kinder terial – gebündeltes Holz und Stroh – sammelten. in den Holzstoss und setzen ihn in Brand. Bald Dann schichteten sie es zu einem Holzhaufen. lodern die Flammen in die Höhe, unvermittelt ex- Angezündet wurde das Feuer am Laetare-Sonntag, plodiert der «Grind» mit einem lauten Knall. Die also dem dritten Sonntag vor Ostern. Der Brauch Flammen schiessen in den Himmel, geben Licht, hat wohl heidnische Wurzeln. Götter der Fruchtbar- Wärme und die Hoffnung, dass nach den kalten keit sollten gnädig gestimmt werden. Oder dem und dunklen Wintertagen das Osterfest und damit Winter wurde symbolisch der Garaus gemacht, um der Frühling Einzug halten möge. der neuen, warmen Jahreszeit, dem Frühling, die Tür zu öffnen. Schöne Erinnerungen Während das Feuer allmählich kleiner wird, bege- Mit lautem Knall ben sich die Legoren in ein Oberägerer Gasthaus Heutzutage übernimmt die Legorengesellschaft und lassen die närrischen Tage Revue passieren. die Arbeit des Holzaufschichtens. Der Brauch des Sie zeigen den Film, der vom Umzug gedreht wur- Mittefastenfeuers war im 2. Weltkrieg in der gan- de. In der Erinnerung zu schwelgen ist bekanntlich zen Schweiz wegen der Verdunkelungsvorschriften immer wieder schön. Mit viel urchiger Ländlermu- verboten worden und lebte vielerorts nicht mehr sik, Essen, Getränken und Mittefastentanz findet auf. 1955 erweckte ihn der Legorenrat zu neu- dann der Anlass seinen Ausklang.
Farbige Sterne am Himmel Das wichtigste Volksfest des Ägeritals ist das Sommernachtsfest. Visueller Höhepunkt ist das Feuerwerk über dem Ägerisee. Dort, wo sich am Vortag die Läuferinnen und Läu- Düfte von gegrilltem Fleisch, frittiertem Fisch oder fer ins Ziel des Ägeriseelaufes kämpften, wird am Pizza erfüllen die Luft. Die Harmoniemusik spielt Tag darauf gemütlich gefeiert. Das Sommernachts- auf. Das Fest nimmt seinen schönen, sommerlichen fest ist beliebter Treffpunkt für Einheimische, Zuge- Lauf. Die Unterhaltungsband lockt Tanzfreudige zogene und Touristen, für Jung und Alt. Man freut auf die Bühne. Das Stimmungsbarometer steigt. sich am südländischen Ambiente und auf einige Schön, wenn auch Petrus mitmacht und eine laue ausgelassene Stunden. Sommernacht beschert. Dorfvereine am Werk Heimkehr in der Früh Vereine engagieren sich gerne an Volksfesten. Das Sobald es dunkel wird, geht das Fest auf seinen gibt ihnen die Gelegenheit, ihre Vereinskasse zu Höhepunkt zu: Das halbstündige Feuerwerk steigt füllen. Das ist auch am Sommernachtsfest der in den Himmel. Die farbigen Lichtpunkte, die sich Fall. Die Schützen, der Skiklub, der Turnverein, die im Nachthimmel entfalten, entlocken manches Trachtentänzer, die Legorengesellschaft und wei- «Ah» und «Wow» bei Gross und Klein. Damit ist tere Dorfvereine stellen im Verlauf des Samstag- der Anlass nicht fertig. Sommernachtsfeste dauern nachmittags Stände auf und bereiten vor, was die in der Regel bis weit in die Nacht hinein. Dieje- Kehle und den Magen abends erfreuen wird. Etwas nigen in Ägeri seien so aussergewöhnlich, dass länger sind die Flossbauer und Feuerwerkspezialis- schon manch ein Besucher oder eine Besucherin ten am und auf dem See am Werk. Es gilt, ein rund erst bei Tageslicht den Heimweg angetreten habe. 50 Meter langes Floss zu bauen, draussen im See Im Bauch ein wohliges Gefühl, im Kopf die Erinne- zu verankern und mit den Raketen zu bestücken. rung an eine wunderschöne Sommernacht. Allmählich trudeln die Gäste ein, verpflegen sich, treffen Bekannte und kommen ins Gespräch.
Schiessen zur Erinnerung Alljährlich am 15. November findet das Morgartenschiessen statt. Der Anlass erinnert an die legendäre Schlacht im Jahr 1315. «Zur Erinnerung an die erste Freiheitsschlacht am über abgerissene Schüsse zu ärgern. Das «Ordi- Morgarten und um freundeidgenössische Kame- näri», diese spezielle Suppe aus Rindfleisch, Kartof- radschaft zu pflegen, wird alljährlich am 15. No- feln und Gemüse, lustigerweise auch «Spatz» ge- vember, am historischen Gedenktag, das Morgar- nannt, ist bei den Schützen und Gästen sehr beliebt tenschiessen abgehalten. Dasselbe hat auf dem und am grössten historischen Schiessanlass der Denkmalplatze oder in dessen unmittelbarer Nähe Schweiz nicht wegzudenken. stattzufinden.» Paragraph zwei der Statuten des Morgarten-Schützenverbandes ist klipp, klar und Reden in Morgarten und Sattel alljährlich Wirklichkeit. Seit 1912 wird in Morgarten Zu Ehren der Kämpfer von Morgarten wird aller- geschossen. Oberhalb des Denkmals legen sich dings nicht nur geschossen. Von Sattel aus zieht ein 1800 bis 2000 Schützen ins Stroh und geben dann feierlicher Zug zum Schlachtgelände in der Schor- während exakt vier Minuten ihre zehn Schüsse in nen auf Schwyzer Boden, wo jeweils gegen elf Uhr Richtung der Scheiben ab. Diese sind in 300 Metern abwechslungsweise ein Redner aus Schwyz oder Distanz aufgestellt. Bei schönem Herbstwetter ist Zug seine Gedanken darlegt. Die Morgarten-Feier das kein Problem. Schwieriger und ungemütlicher wäre nicht vollständig ohne den offiziellen Teil – die wird es, wenn es schneit, und gar unmöglich, wenn «Morgarten-Schützengemeinde» in der Festhütte Nebel aufzieht und er jegliche Sicht versperrt. unterhalb des Denkmals. Nach den statuarischen Geschäften folgt die Ansprache. Patriotisch und Das «Ordinäri» in der Morgartenhütte zeitgemäss soll sie sein. Abwechslungsweise sind Allerdings tut schlechtes Wetter der speziellen Stim- es Offiziere oder Politiker, die ans Rednerpult mung wenig an. Was gibt es Schöneres, als mit schreiten. Auch Bundesräte gaben sich hier ein Gleichgesinnten über das gemeinsame Hobby zu Stelldichein. fachsimpeln, sich über gute Treffer zu freuen und «Anschlagen, Feuer!»
Wenn die Rotten ins Dorf ziehen Am Abend vor dem 6. Dezember zieht Sankt Nikolaus im Dorf ein. Schmutzli, Trychler, Geislächlöpfer und Iffelenträger begleiten ihn. Wir wissen uns zu helfen, wenn im Herbst die Weg zum nächsten Haus unter die Füsse. Manch- Nächte lang werden. Licht einschalten und wir ver- mal ist ein echter Esel dabei, ganz sicher aber der gessen, dass draussen in der dunklen Nacht viel- sogenannte Chlausesel. Dann treffen die Rotten im leicht Geister ihr Unwesen treiben. Unsere heid- Talboden ein, eine nach der anderen ziehen sie in nischen Vorfahren waren da anderer Ansicht. Sie das Dorf hinab. Ein letztes Mal ertönen Schwyzer- waren überzeugt davon, dass üble Dämonen Haus örgeliklänge, Geisselgeknall und urige Herdenglo- und Hof bedrohen. Lärm war ein probates Mittel, cken. Auf dass die Geister gebannt seien, mindes- um diese Geister zu verscheuchen. Geisselknallen tens bis zum nächsten «Chlauseslä» im folgenden und lauter Kuhglockenklang galten als wirkungs- Jahr. volle Waffen für die Jagd auf diese Kreaturen. Der Kopf auf der Stange Von Hof zu Hof Dieser Eselskopf ist das eigentliche Symbol des Diese dumpfen Klänge beeindrucken heute noch. Anlasses. Er ist mit farbigen Bändern geschmückt. Am Abend vor dem 6. Dezember ziehen die Klaus- Sein Maul lässt sich aufsperren, wenn der Besitzer rotten mit Schmutzli, Iffelenträgern und Trychlern in an einer Schnur zieht. In diesem Schlund verschwin- weissen Hirthemden vom Berg ins Dorf. Auf ihrem det der Obulus, den die Besuchten ihm zustecken. Weg besuchen sie Häuser und deren Bewohner. Schon am Nachmittag hat man diese eigentümli- Vor dem Haus folgt die Zeremonie: Die Trycheln che Figur entdecken können. Ab drei Uhr ziehen verstummen. Chlaus und Schmutzli treten ein. Gruppen von Kindern mit diesen Köpfen auf langen Während sie in der warmen Stube den Gedichten Stangen von Haus zu Haus, lassen ihre Schellen der Kinder zuhören, lassen die «Geislächlöpfer» ertönen und erhalten den begehrten Batzen. ihre Schafgeisseln knallen. Dann spielen Schwyzer- gäll örgeler lüpfige Melodien. Bald nimmt die Rotte den «Samichlaus du liebe Maa, ich muess kei Ruete ha.»
Singende Engel auf Wanderschaft Drei mutige Mädchen aus Alosen erfanden einen neuen Brauch und schlugen damit den Buben aus dem Dorf ein Schnippchen. Am 24. Dezember nachmittags und gegen Abend len erregt. Derart gekleidet, zogen sie zu zweit von kann es sein, dass kleine, weiss gekleidete Engel Haus zu Haus und sangen ihre Lieder. Der Start in mit einem Krönlein auf dem Kopf an der Haustür Alosen gelang. Die dortige Bevölkerung wusste die läuten. Sie spielen auf ihren Flöten eine Melodie vorweihnächtlichen Melodien zu schätzen. Als Be- vor oder geben ein oder zwei weihnächtliche Lie- lohnung erhielten die Mädchen einen Batzen, den der zum Besten. Dieser Brauch, der ausschliess- sie in den Anfangsjahren vor das Fenster legten, lich Mädchen vorbehalten ist, soll ums Jahr 1920 um ein Weihnachtsgeschenk zu erhalten. herum entstanden sein als Folge eines Affronts gegen das weibliche Geschlecht: Offenbar schickten Überall in der Gemeinde damals die Knaben anlässlich des Klausjagens vom Das Engelen wird mittlerweile im gesamten Ober- 5. Dezember die Mädchen nach Hause. Klausjagen ägerer Gemeindegebiet betrieben, seit etwa 1945 sei ein Brauch für Buben und nicht für Mädchen, auch im Dorf und seit etwa 1980 auch in Morgarten. meinten sie. Die Mädchen in ihren liebevoll und oft aufwendig geschmückten Engelskleidern bringen mit ihren Ein Brauch entsteht musikalischen Vorträgen Weihnachtsstimmung zu Doch das liess sich eine Gruppe mutiger Mädchen den Leuten. Der Geldbetrag, der ihnen dafür zu- nicht bieten. Auf dem Heimweg von der sogenann- gesteckt wird, mausert sich oft zu einer stattlichen ten Christenlehre, also der religiösen Unterwei- Summe. sung, entschieden sie, den Brauch des «Engelens» einzuführen. Sie übten weihnächtliche Lieder ein. Dann kleideten sie sich in weisse Nachthemden und bedeckten ihr Gesicht mit einem Schleier. Es hätte ja sein können, dass das Vorhaben Missfal-
Weitere Bräuche in Oberägeri – kurz und bündig KULTUR Das neue Jahr anwünschen Kleider machen Tänzer Die Idee zu einem Anlass am Sich rhythmisch bewegen und beschwingt drehen. Neujahrstag stammt aus dem So lässt sich der Trachtentanz beschreiben. Im Ägeri- Jahr 1999. Die Bevölkerung wird eingeladen, sich am tal sind es zwei Gruppen, die sich diesem Brauch ersten Tag des Jahres zu treffen und sich gegenseitig widmen: die Trachtengruppe Ägerital, deren Unter- alles Gute zu wünschen. Seit 2008 steht der Neu- haltungsabend Anfang Oktober zu den beliebten jahrsapéro unter dem gemeinsamen Patronat der jährlichen Dorfanlässen zählt. Als Zweite im Bunde Einwohnergemeinde, der katholischen und refor- sorgt sich die Kindertrachtentanzgruppe Ägerital um mierten Kirchgemeinden, der Korporation und der den Nachwuchs. Beide Gruppen tragen die typi- Bürgergemeinde. schen Zuger Trachten. Betteln an der Haustür Es duftet nach Wurst und Zuckerwatte In Oberägeri existiert noch eine Form von Geld- Im Erntemonat Oktober ist in Oberägeri Chilbi. sammeln, die als «Betteln» bezeichnet wird. Es sind Ursprünglich war dieses Fest ein Kirchweih-/Ernte- die Legorengesellschaften und der Schützenverein, dankfest. Heutzutage ist es ein fröhliches Volksfest deren Mitglieder abends an der Haustür läuten. mit zahlreichen Attraktionen. Vereine nehmen die Sie ersuchen um einen Zustupf für ihre Vereinsakti- Gelegenheit wahr, sich zu präsentieren. Auch aus- vitäten. Die Schützen betteln um Gaben für das wärtige Marktfahrer preisen ihre Ware an, seien es Endschiessen, das können Geld oder Naturalien Sportsocken, Zuckerwatte oder buntes Spielzeug. sein. Die Legoren verwenden das gesammelte Geld für die «Legorendividende». Dies sind «Päckli» Breitenjass gefüllt mit Orangen, Schokolade, Wurst und Brot, Eingefleischte Jasserinnen und Jasser freuen sich welche den Kindern nach den Fasnachts- auf den Breitenjass, der immer an einem Nachmit- umzügen abgegeben werden. tag im November im Zentrum Breiten stattfindet. Ursprünglich hiess der Anlass «Gitzijass», da der Mühlentag in «Sebelis Sagi» Sieger oder die Siegerin ein junges Geisslein, eben Die Wasserkraft des Dorfbaches zwischen Oberägeri ein Gitzi, nach Hause nehmen durfte. Der Jassanlass und Alosen trieb einst zahlreiche Wasserräder an. hat sich gehalten, als Preis winkt nun aber ein Als letzter Zeuge dieser frühen Gewerbezone des Geldbetrag. Vorerst gilt es aber, sich in mehreren 19. und 20. Jahrhunderts steht «Sebelis Sagi». Der Runden mit zugelosten Partnern im Schieberjass verantwortliche Verein ist Mitglied der Vereinigung zu bewähren. Schweizer Mühlenfreunde (VSM). Sie organisiert jährlich am Samstag nach Auffahrt den «Schweizer Die Bretter der Welt Mühlentag». Es gibt Fotos, die belegen, dass schon Anfang des 20. Jahrhunderts Theater gespielt wurde. Heute ist Chriesiglogge am Ägerer Chriesitag die Theatergruppe Oberägeri, die als Verein 1979 Nachdem sie für rund 150 Jahre verstummt war, gegründet wurde, dafür verantwortlich, dass alle läutet sie seit 2010 wieder, die Chriesiglogge. Früher Jahre im November ein Schwank wurde damit Mitte Juli zum Kirschenpflücken ge- oder eine Komödie gespielt wird. läutet, heute stimmt sie den Ägerer Chriesitag ein, der im ZVB-Areal zusammen mit dem Wuchämärcht Vom See auf den Teller stattfindet. Der Verein Ägeri Chriesi setzt sich damit Der Fisch diente in Zug bis ins für die Förderung der Ägerer Bergkirsche ein. Spätmittelalter als Zahlungsmit- Zu kaufen gibt es Tafelkirschen, tel, so wertvoll war er. Tatsäch- Gebäck mit Chriesi und selbst- lich ist der Rötel oder Seesaibling heute noch eine verständlich gebrannten Kirsch, Spezialität des Ägeri- und Zugersees. Fangzeit ist im begleitet von Attraktionen und November und Dezember. Die Köstlichkeit kann in lüpfiger Ländlermusik. spezialisierten Restaurants gegessen werden.
SPORT POLITIK Im Sägemehlring Politik hat Tradition Liebhaber des Schwingspor- Zweimal im Jahr sind die Stimmbürgerinnen und tes haben bei uns zweimal Stimmbürger eingeladen, ihre politischen Rechte im Jahr Gelegenheit, ein und Pflichten wahrzunehmen. Die Juni-Gemeinde- Schwingfest zu besuchen. versammlung gilt als Rechnungsgemeinde, welche Das Morgartenschwinget wird am Pfingstsamstag die Zahlen des verflossenen Jahres genehmigt. beim Morgartendenkmal ausgetragen. Alosen ist Im Dezember beschäftigt der Austragungsort eines Nachwuchsschwingens, sich die Versammlung dann das Ende Juni stattfindet. Organisiert werden beide mit dem Budget. Ähnliche Anlässe vom Schwingklub Ägerital. Versammlungen kennen die beiden Kirchgemeinden, die Rund um den See Korporation und die Bürger- Die Premiere des Ägeriseelaufes war im Jahr 1998. gemeinde. Seither erfreut sich der Lauf grosser Beliebtheit. Der Anlass findet jeweils an einem Freitagabend um «Trölen» und Stimmen fangen Mitte Juli statt und wird vom Verein Ägeriseelauf Alle vier Jahre werden die politischen Behörden des organisiert. Jeweils über 1000 Teilnehmer nehmen Kantons Zug gewählt, allen voran der Gemeinderat, die 14.5 km lange Strecke unter die Füsse. Schon Kantonsrat und Regierungsrat. Ein spezielles politi- Wochen zuvor bemerkt man anhand der vielen sches Brauchtum kommt im Kanton Zug noch vor: joggenden Personen entlang des Ägerisees, dass Es nennt sich «trölen». Dabei gehen die Kandidatin- der Lauf kurz bevorsteht. nen und Kandidaten selber oder deren Parteivertre- ter von Haustür zu Haustür, um den direkten Kontakt Endschiessen zur Wählerschaft zu pflegen. Manche politische Dis- Der Schiesssport hat eine lange Tradition im Äge- kussion ist daraus entstanden, hie und da bei einem rital. 2017 haben sich drei Ägerer Schützenvereine Glas Wein oder einem Kaffee. zum Verein «Schützen Ägerital-Morgarten» zusam- mengeschlossen. Zum Abschluss der Schiesssaison, 1.-August-Feier gegen Ende September, findet das traditionelle Etwa Mitte Juli flattert die Einladung zur jährlichen «Endschiessen» statt. Dieser Anlass ist für alle offen, schweizerischen Nationalfeier ins Haus. Kultur Waffen werden zur Verfügung gestellt und ungeüb- Oberägeri organisiert diesen Anlass. Wenn möglich tere Schützen fachlich betreut. Es stehen zwei findet die Feier im Freien statt. Die Rede einer Schiessprogramme zur Auswahl: der Ägeritalstich bekannten Persönlichkeit mit Gedanken zur Zeit, (Zehnerscheibe) und der Bergwaldstich (Hunderter- musikalische Unterhaltung und ein offeriertes scheibe). Ein paar Wochen später am sogenannten Abendessen geben der Veranstaltung eine ganz Absenden können die Schützen ihre Preise (Natural- spezielle, attraktive Note. gaben, Gutscheine, Bargeld) im Gabentempel aus- lesen. An diesem Absenden wird auch das Schützen- jahr im gemütlichen Rahmen abgeschlossen. Eine Mischung aus Sport und Show Mit 400 Mitgliedern ist der Turnverein einer der grössten Vereine von Oberägeri. Nebst dem normalen Turnbetrieb organisiert der STV alle paar Jahre ein «Turnerchränzli». Dieser Anlass zeigt auf unterhalt- same Art und Weise, was im Verein so läuft. Er präsen- tiert sich als bunte Mischung aus Sport, Spiel und Spass für grosse und kleine Fans des Turnvereins.
RELIGION Karfreitags-Rätsche St. Jost-Fest In katholischen Gebieten wird als Zeichen der Trauer Die Lichtung auf St. Jost ist ein spezieller Ort. am Karfreitag keine Messe abgehalten und nicht Die Kapelle und das Bruderhaus liegen am Pilger- geläutet. Gemäss einer Sage sind die Glocken in weg nach Einsiedeln. An Mariä Himmelfahrt am Rom. An ihrer Stelle wird eine «Karfreitagsraffel 15. August treffen sich die Gläubigen der katho- oder -rätsche» in Bewegung gesetzt. Dieser Holzkas- lischen Pfarrei zum traditionellen Pfarreifest. Wer ten mit seinen Klöppeln ist im Kirchturm platziert dieses Fest besuchen will, braucht gutes Schuh- und erzeugt einen harten Ton. Es braucht zwei ältere werk; der St. Jost ist nur zu Fuss erreichbar. Ministranten, die Kraft genug aufbringen, um diese Rätsche rund zehn Minuten lang zu drehen. Ökumenische Andacht Am eidgenössischen Buss- und Bettag am dritten Nach Einsiedeln pilgern Sonntag im September hat sich eine ökumenische Seit dem Mittelalter findet alljährlich an der Auffahrt Tradition für Katholiken und Reformierte eingebür- die Landeswallfahrt des Standes Zug statt. Mitglie- gert. Es sind reformierte Pfarrer, die in den Messen der sämtlicher katholischer Pfarreien machen sich in der katholischen Pfarrkirche als Gastprediger auf den Weg. Brauch ist es, auf dieser Wanderung sprechen. Die Andacht beim «Chlausechappeli», das den Rosenkranz zu beten. Nach dem Gottesdienst zwischen dem Raten und dem Gottschalkenberg sind die Regierung des Kantons, die Geistlichen, die liegt, ist ökumenisch gestaltet. Vertreter der Gerichtsbarkeit und die Kirchenräte beim Abt zur Vesper eingeladen. Bunte Fenster in dunkler Nacht Seit den neunziger Jahren wird auch in Ober- Bike-Gottesdienst mit Aussicht ägeri unter der Obhut der katholischen Pfarrei der Der Pfarrer der reformierten Kirche Bezirk Ägeri hat schweizweite Brauch der Adventsfenster gepflegt. 1998 sein Hobby mit seinem Beruf verbunden und Jedes Fenster ist einmalig. Oft wird es mit einer erstmals zu einem Bike-Gottesdienst in offenen Stube verbunden, wo den Besuchern der Bruhst Höchi eingeladen. Seither neh- vorweihnächtliche Köstlichkeiten offeriert men immer am Pfingstmontag Velofahrer werden. Der junge Brauch wird von der den anstrengenden Aufstieg zur Bruhst reformierten Kirchgemeinde unterstützt. Höchi unter die Räder und finden sich zu einem Gottesdienst an diesem wun- Wenn jemand stirbt derschönen Aussichtspunkt ein. Vor der In der katholischen Pfarrei hat sich ein alter rasanten Rückfahrt ins Dorf wird noch die kirchlicher Brauch erhalten: Wenn jemand Geselligkeit bei einem Risottoessen gepflegt. stirbt, wird eine spezielle Glocke, das «Endglöck- lein», geläutet – und zwar von Hand. Stirbt eine Fronleichnamsprozession Frau, so ertönen 3 mal 70 Glockenschläge. Bei Während des Jahres wird die berühmte Kaiser- männlichen Toten sind es 4 mal 50 Schläge. Für Kin- monstranz, ein liturgisches Schaugerät der katholi- der schlägt der Sigrist 50 Schläge ohne Unterbruch schen Pfarrei, im Tresor aufbewahrt. Für den Got- an. Somit weiss die Bevölkerung, ob die verstorbe- tesdienst an Fronleichnam wird sie hervorgeholt. ne Person eine Frau, ein Mann oder ein Kind war. Die Messe findet um neun Uhr im Birkenwäldli am See statt. Anschliessend wird die Monstranz in einer Prozession in die Kirche zurückgetragen.
IMPRESSUM Herausgeberin: Bürgergemeinde Oberägeri Texte/Redaktion: Evelin Schuler, Klaus Bilang Layout/Korrektorat: clauderotti layout & grafik 6314 Unterägeri lllustrationen/Vignetten: Rahel Winiger Erscheinungsjahr: Januar 2008 / Einwohnergemeinde Oberägeri Online-Ausgabe: Juni 2021 / Bürgergemeinde Oberägeri www:buergergemeinde-oberaegeri.ch
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