Pbi Rundbrief - Peace Brigades ...
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peace brigades international pbi Rundbrief Sommer 2018 In dieser Ausgabe ISSN 1619-2621 Bericht: 20 Jahre UN-Erklärung zu den Menschenrechtsverteidiger_innen Erfahrungsbericht: Stephanie Brause erzählt von ihrem Freiwilligendienst mit pbi in Guatemala making space for peace
Liebe_r Leser_in, in diesem Jahr feiern wir gleich zwei für pbi Die zahlreichen Freiwilligen, die in wichtige Jubiläen: Zum einen wurde am 10. den verschiedenen pbi-Projekten aktiv Dezember 1948 die Allgemeine Erklärung sind, sind von zentraler Bedeutung für der Menschenrechte von der Generalver- das Funktionieren der Schutzbegleitung. sammlung der Vereinten Nationen verkün- Stephanie Brause, ehemalige Freiwillige det. Zum anderen feiern wir dieses Jahr im Guatemalaprojekt von 2016 bis 2017, ebenfalls das 20-jährige Jubiläum der „Erklä- berichtet ab Seite 10 von ihrer Zeit vor Ort rung über das Recht und die Verpflichtung und ihren Eindrücken. von Einzelpersonen, Gruppen und Organen Die Regionalgruppe Hamburg ist wie- der Gesellschaft, die allgemein anerkannten der aktiv. Jetzt sollen weitere Interessierte Menschenrechte und Grundfreiheiten zu für die lokale Arbeit von pbi gewonnen wer- fördern und zu schützen“ – kurz: Erklärung den. Lesen Sie ab Seite 8 einen Beitrag über zu den Menschenrechtsverteidiger_innen die Regionalgruppenarbeit von pbi und den - einstimmig von der UN-Vollversammlung geplanten Aktivitäten der Hamburger Re- am 9. Dezember 1998 verabschiedet. gionalgruppe. Dieses Jubiläum wollen wir daher zum Wir wünschen Ihnen eine spannende Anlass nehmen, um über das gesamte Jahr Lektüre. hinweg noch mehr als sonst über bedrohte Menschenrechtsverteidiger_innen zu be- Für die Rundbriefredaktion richten. Im Hintergrundartikel zu dieser Er- klärung ab Seite 4 erfahren Sie mehr über Stefan Eikenbusch die Erklärung, warum sie für die Arbeit von pbi von zentraler Bedeutung ist und wo es vielleicht sogar noch Handlungsbedarf gibt. 2 pbi Rundbrief ► Sommer 2018
Migrant_innenherberge baut neues Refugium Mexiko ► In Mexiko ist die Zahl der Flüchtlinge grante de Saltillo (CMS) in Coahuila zusam- aufgrund der humanitären und sicher- men. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit heitspolitischen Krise in Ländern wie Hon- begann am 5. Februar der Bau eines neuen duras, El Salvador und Venezuela deutlich Refugiums in den Einrichtungen der CMS, gestiegen. Laut der mexikanischen Kom- der Anfang Juli fertiggestellt wurde. mission für Flüchtlingshilfe (COMAR) ha- pbi begleitet die CMS schon seit ben insgesamt 14.594 Menschen in Mexiko mehreren Jahren. Mitglieder der Zuflucht gesucht. Die COMAR hat jedoch Organisation werden immer wieder Opfer fast 60% der Anträge nicht bearbeitet. Sie von Drohungen und Diffamierungen in begründete das damit, dass ihre Büros seit der Presse. Angesichts der Risiken, denen dem Erdbeben im September 2017 in ei- die Mitarbeiter _innen der CMS ausgesetzt nem schlechten Zustand sind. Als Antwort sind, und der Bedeutung der Arbeit, die darauf arbeitet das Hochkommissariat für sie für Migrant_innen und Flüchtlinge in Flüchtlinge der Vereinten Nationen mit ver- Mexiko leisten, verpflichtete sich pbi daher schiedenen Geflüchtetenunterkünften im die CMS für mindestens zwei weitere Jahre Süden des Landes und mit der Casa del Mi- zu begleiten. pbi Schweiz sponsort Preis bei International internationalem Filmfestival in Genf ► Mitte März diesen Jahres verlieh die Geschichte einer Kindheit, die mit einer Jugend-Jury des „Festival du Film et Forum traurigen Realität konfrontiert ist.“ International sur les Droits Humains“ Kim-Mai Vu, die Advocacy- FIFDH den von pbi mit 500 Schweizer Koordinatorin von pbi Schweiz, führte mit Franken gesponsorten Preis in der Sektion der Unterstützung des Centre de conseils „kreativer Dokumentarfilm“ an den et d’appui pour les jeunes en matière de Dänen Simon Lereng Wilmont für seinen droits de l’Homme (CODAP) zuvor einen Film „The Distant Barking of Dogs“. Workshop zum Konsensprinzip durch, Die von pbi Schweiz mit einem um der Jugend-Jury bei der Auswahl des Konsens-Workshop geschulte Jugend-Jury Films zu helfen. Sie mussten sich in der begründete ihre Wahl vom 17. März mit Gruppe auf fünf von 15 Objekten einigen, folgenden Worten: „Der Regisseur hat welche sie im Fall einer Evakuierung ihres uns durch seine poetische Seite und sein Wohnorts einpacken. Die Übung sollte den filmerisches Talent berührt. Er erzählt die Jugendlichen veranschaulichen, dass die Geschichte eines Krieges ganz in unserer Relevanz verschiedener Objekte individuell Nähe, von dem wir nichts Genaues erfahren. sehr unterschiedlich eingestuft wird und Eine Geschichte aus der Sicht von Kindern, dieser Fall auch in der Auswahl des zu die uns mitten im ukrainischen Konflikt auf prämierenden Filmes eintreten kann. eine ästhetische Reise mitnehmen. Eine pbi Rundbrief ► Sommer 2018 3
Jahresthema 20 Jahre Erklärung zu Menschenrechts- verteidiger_innen: Wie Personen, die sich für Menschenrechte einsetzen, geschützt werden Das Herzstück der Arbeit von pbi sind die Projekte und die Begleitung bedrohter Menschenrechtsverteidiger_innen vor Ort. Diese Arbeit lässt sich allerdings nicht ohne politische Lobby- und Advocacyarbeit auf internationaler Ebene realisieren. Dabei richtet pbi nicht nur immer wieder die Aufmerksamkeit politischer Entscheidungsträger_innen auf die Situation von Aktivist_innen, sondern erinnert Staatenvertreter_innen an internationale Verpflichtungen und fördert den Ausbau und die Umsetzung von Mechanismen und Politiken zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen. 4 pbi Rundbrief ► Sommer 2018
Vor knapp 20 Jahren, genauer gesagt die die Auswirkungen von Wirtschafts- und am 9. Dezember 1998, verabschiedete die Entwicklungsprojekten auf die Rechte indi- Generalversammlung der Vereinten Natio- gener Völker öffentlich bekannt machen. nen eine wegweisende Resolution. Die „Er- Sie gedenken der Opfer von Bürgerkriegs- klärung über das Recht und die Verpflich- verbrechen und fordern Gerechtigkeit und tung von Einzelpersonen, Gruppen und Aufarbeitung der Vergangenheit ein. Sie Organen der Gesellschaft, die allgemein an- sind Gewerkschaftler_innen, die die Rechte erkannten Menschenrechte und Grundfrei- von Arbeiter_innen verteidigen. Sie orga- heiten zu fördern und zu schützen“ (kurz: nisieren Protestmärsche und informieren die Erklärung zu den Menschenrechtsvertei- über Frauenrechte. Sie fungieren als Rechts- diger_innen) schrieb für alle Menschen auf beistand für Opfer von Menschenrechtsver- der Welt erstmals das Recht fest, sich für die letzungen oder reichen Beschwerde gegen Verteidigung der Menschenrechte einzuset- geplante, menschenrechtsverletzende Ge- zen. Angesichts der nach wie vor schwieri- setze ein. Dabei werden Menschenrechts- gen Umstände, in denen Menschenrechts- verteidiger_innen auf lokaler, nationaler verteidiger_innen ihre Arbeit verrichten, hat und internationaler Ebene von zivilgesell- das Anliegen der Erklärung nichts an Aktua- schaftlichen Organisationen bis hin zu sup- lität eingebüßt. ranationalen Institutionen tätig. Was genau wird denn nun aber unter dem sperrigen Begriff „Menschenrechtsver- Menschenrechte teidiger_in“ verstanden? Der Begriff „Men- sind universell und unteilbar schenrechtsverteidiger_in“ bezeichnet jede Person, die sich alleine oder zusammen Dieses vielfältige Aktivitätenspektrum mit anderen gewaltfrei für den Schutz und ist möglich, weil Menschenrechtsverteidi- die Förderung von Menschenrechten und ger_innen sich für die Verwirklichung von Grundrechten einsetzt. Die Bezeichnung ist allen Rechten, die in der Allgemeinen Erklä- an den englischen Ausdruck „Human Rights rung der Menschenrechte (AEMR) und an- Defender“ angelehnt und ersetzt immer deren internationalen Standards verankert häufiger die früher gebräuchlichen Begriffe sind, einsetzen und die Universalität und Menschenrechtler_in und Menschenrechts- Unteilbarkeit der Menschenrechte anerken- aktivist_in, auch wenn inhaltlich kein Unter- nen. Denn alle Menschen haben Anspruch schied vorhanden ist. darauf, in einer Welt zu leben, in der all ihre Die Bandbreite an Themenbereichen Rechte und Freiheiten respektiert werden - und Aktivitäten ist für Menschenrechtsver- ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach teidiger_innen nahezu unerschöpflich. Sie „Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, können vor dem Regierungssitz ihres Lan- politischer oder sonstiger Anschauung, na- des demonstrieren, weil der Staat seiner tionaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Verpflichtung nicht nachkommt, die Men- Geburt oder sonstigem Stand“ (Art. 2 der schenrechte zu garantieren und zu schüt- AEMR). zen. Sie können Journalist_innen sein, die In vielen Ländern ist Menschenrechts- über Menschenrechtsverletzungen berich- arbeit leider nach wie vor mit erheblichen ten. Sie sind indigene Umweltaktivist_innen, Schwierigkeiten verbunden. So auch in pbi Rundbrief ► Sommer 2018 5
Mexiko, Guatemala, Honduras, Kolumbi- tion von Menschenrechtsverteidiger_innen en, Kenia, Indonesien und Nepal, wo pbi international anerkannt. Wohlgemerkt momentan Projekte durchführt. Aktivist_in- einstimmig. In insgesamt 20 Artikeln veran- nen werden überwacht, diffamiert, ange- kert sie Rechte von Menschenrechtsvertei- griffen oder bedroht, sogar mit Folter und diger_innen und Pflichten der Staaten. Die dem Tode. Sie werden kriminalisiert, indem Erklärung schreibt fest, dass jeder Mensch versucht wird, juristisch mit erfundenen das Recht hat, „einzeln wie auch in Gemein- Anklagen gegen sie vorzugehen und sie so- schaft mit anderen, den Schutz und die mit zum Schweigen zu bringen. Restriktive Verwirklichung der Menschenrechte und Gesetzesvorhaben sollen ihre Arbeit behin- Grundfreiheiten auf nationaler wie auch dern, die Versammlungsfreiheit einschrän- auf internationaler Ebene zu fördern und ken und die Finanzierung von Menschen- darauf hinzuwirken.“ Die primäre Verant- rechtsorganisationen erschweren. In den wortung, Menschenrechtsverteidiger_in- schlimmsten Fällen werden sie misshandelt, nen zu schützen, liegt bei den Staaten ermordet oder verschwunden gelassen. selbst, die durch geeignete Schutzmaßnah- Viel zu viele Menschen verlieren men, Gesetze und Institutionen den Inhalt aufgrund ihres Engagements für der Erklärung umsetzen sollen. Menschenrechte ihr Leben. Für bestimmte Die Erklärung ist zwar völkerrechtlich Bevölkerungsgruppen wie Indigene und nicht bindend, doch sie beförderte maß- ländliche Aktivist_innen, aber vor allem geblich die internationale Anerkennung für auch Frauen, ist die Situation besonders die oft mit Risiko verbundene Arbeit von schwierig. Oft gehen Übergriffe auf Menschenrechtsverteidiger_innen und ver- Menschenrechtsverteidiger_innen vom stärkte den internationalen Druck, der bei Staat oder elitären Gruppen aus, die am Nichteinhaltung der Erklärung aufgebaut Status quo festhalten. Aber zunehmend wird. Das Vertragsdokument fördert den spielen dabei auch wirtschaftliche Akteure präventiven und nachhaltigen Charakter oder deren „Sicherheitspersonal“ eine von Menschenrechtsarbeit und nimmt eine große Rolle. bedeutende Schutzfunktion ein. Bevor das Dokument im Jahr 1998 ver- Restriktive Gesetzesvorhanden abschiedet werden konnte, sind dem Text sollen die Arbeit der Aktivist_innen 14 Verhandlungsjahre vorausgegangen. Während des Kalten Krieges hatten die behindern Staaten beider Blöcke im Zusammenhang Mit dem Einsatz für Menschenrechte mit der Konferenz über Sicherheit und riskieren Menschenrechtsverteidiger_innen Zusammenarbeit in Europa (KSZE) Men- häufig nicht nur ihre physische und psychi- schenrechte zu einem Prinzip internationa- sche Integrität, sondern auch ihren Arbeits- ler Beziehungen erklärt. Aufgrund der zu- platz. Immer wieder geraten auch Familien- nehmenden Sensibilisierung für das Thema angehörige und Freunde in die Schusslinie. richtete die Menschenrechtskommission Mit der Erklärung zu den Menschen- der Vereinten Nationen im Jahr 1984 eine rechtsverteidiger_innen der UN-Generalver- blockübergreifende Arbeitsgruppe zum sammlung wurde die besondere Risikositua- Thema Menschenrechtsverteidiger_innen 6 pbi Rundbrief ► Sommer 2018
Eleanor Roosevelt mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, November 1949 ein. Die Arbeitsgruppe setzte sich aus Staa- im Jahr 2008. In den Leitlinien werden kon- tenvertreter_innen zusammen, war aber krete Maßnahmen zur Unterstützung von auch für Nichtregierungsorganisationen Menschenrechtsverteidiger_innen durch zugänglich. EU-Missionen sowie im politischen Dialog Der Zeitpunkt der Annahme der Er- mit Drittstaaten vorgeschlagen. klärung war symbolträchtig. Sie wurde im Trotz dieser internationalen Instrumen- Rahmen der Feierlichkeiten des 50-jährigen te spielen auch die Zivilgesellschaft und Jubiläums der Allgemeinen Erklärung der Nichtregierungsorganisationen wie pbi Menschenrechte verabschiedet und gab beim Schutz von Menschenrechtsverteidi- Impulse für weitere Entwicklungen von ger_innen eine entscheidende Rolle, um Schutzmechanismen. Zwei Jahre später Staaten an ihre eingegangenen Verpflich- führte die UN-Menschenrechtskommission tungen zu erinnern und die Umsetzung (welche 2006 zum UN-Menschenrechtsrat konkreter Schutzmaßnahmen einzufor- umbenannt wurde) das Amt eine(s)_r dern. Dabei wird pbi in den Projektländern Sonderberichterstatter(s)_in für Menschen- auch selbst zur Zielscheibe von Diffamie- rechtsverteidiger_innen ein, um die Umset- rungen. Am besten begegnen wir solchen zung der Erklärung zu überwachen und zu Aggressionen mit einem Netzwerk aus en- unterstützen. Die Europäische Union zog gagierten Menschen, die uns helfen, mehr nach. Ihr Ministerrat verabschiedet 2004 internationalen Druck aufzubauen. Jede_r auf der Grundlage der UN-Erklärung zu den kann Menscherechtsverteidiger_in sein – Menschenrechtsverteidiger_innen die EU- auch du! Leitlinien zum Schutz von Menschenrechts- verteidiger_innen und überarbeitete diese Text: Stephanie Brause pbi Rundbrief ► Sommer 2018 7
Deutschland Macht mit bei der Regionalgruppe Hamburg! Derzeit gibt es bei pbi Deutschland fünf Regionalgruppen: Berlin, Köln-Bonn, Rhein-Main, München und Hamburg. Die Regionalgruppen sind ein wichtiger Bestandteil der Basisarbeit von pbi Deutschland. Vor der Gründung von pbi - Deutscher und zurückgekehrte Freiwillige ein, die bei Zweig e.V. und der Einrichtung der Veranstaltungen über die Situation vor Ort Geschäftsstelle in Hamburg Anfang der berichten. Zudem bieten die Regionalgrup- 90er-Jahre war die Arbeit von pbi vor pen Raum für die inhaltliche Auseinander- allem in regionalen, ehrenamtlichen setzung mit verschiedenen Themen. Gruppen organisiert. Ab 1986 gab es erste Ebenso vielfältig wie die Arbeit der Re- ehrenamtliche Gruppen in Deutschland. gionalgruppen sind auch die Gründe sich Den Auftakt machte der pbi-Arbeitskreis dort einzubringen. Viele zukünftige Freiwil- in Trier. Nach wie vor ist ehrenamtliches lige nutzen die Beteiligung in einer der Re- Engagement von großer Bedeutung für pbi gionalgruppen, um sich mit der Arbeit von und die Regionalgruppen bieten vielfältige pbi vor ihrem Einsatz im Projektland besser Möglichkeiten, sich einzubringen. vertraut zu machen. Für andere stehen Die regionalen Gruppen haben ein der Austausch mit Gleichgesinnten über hohes Maß an Gestaltungsspielraum. Eh- Friedens- und Menschenrechtsthemen, Be- renamtliche Mitglieder organisieren Ver- rufsorientierung oder persönliche Weiterbil- anstaltungen, nehmen an Aktionen und dung im Vordergrund. Kampagnen teil, sprechen Interessierte an, Am 16. April fand nach einer längeren akquirieren Spenden oder treffen sich auch Pause wieder ein Treffen der Hamburger einfach mal zum Kochen. Was genau umge- Regionalgruppe statt. Bei Tee und Keksen setzt wird, hängt stark von den Ideen, dem wurde beschlossen, sich nun regelmäßig je- Einsatz und der Anzahl der Aktiven ab. Zu den ersten Mittwoch im Monat zu treffen. den einzelnen Veranstaltungen der Regio- So kam es schon zwei Wochen später zu nalgruppen gehören unter anderem Vorträ- einem nächsten Treffen. Nach einem ersten ge, Seminare, Lesungen, Flohmärkte, Spen- Kennenlernen sammelten die Anwesenden den sammeln, Filmabende, Konzerte oder fleißig Ideen für die zukünftige Gestaltung Infotage für Interessierte. Je nach Gruppe der Regionalgruppe. Ganz konkret wurde nehmen die dort Aktiven auch an Netz- dann die Planung des pbi-Infostands beim werktreffen und Advocacy-Gesprächen teil, Stadtteilfest „altonale20“. Hierfür gab es gestalten Flyer und Infomaterialien oder Anfang Juni zwei Bastelaktionen. laden Menschenrechtsverteidiger_innen In den letzten Jahren hat es sich zudem 8 pbi Rundbrief ► Sommer 2018
Mitmachaktion im Juni 2018 am pbi-Infostand in Hamburg etabliert, dass sich die Hamburger Regio- nalgruppe der Planung und Durchführung Engagement in Deutschland von zwei jährlich stattfindenden Veranstal- tungsreihen annimmt. Die Veranstaltun- Menschenrechtsverteidiger_innen gen, die pbi im Rahmen der Lateinamerika- brauchen Schutz – pbi braucht tage und der Romerotage durchführt, sind dafür Ihr Engagement. Sie sehr verschieden. Im März diesen Jahres können pbi unterstützen, indem gab es bei den Romerotagen etwa Konzer- Sie sich ehrenamtlich in einer der te und Vorträge von Menschenrechtsvertei- pbi-Regionalgruppen – Berlin, diger_innen. Hamburg, Köln-Bonn, München, Aber nicht nur in Hamburg gibt es neue Rhein-Main – engagieren. Wenn Sie Entwicklungen bezüglich der Regionalgrup- selbst in einer weiteren Stadt oder pen. Auch in Marburg gibt es Bestrebungen Region eine pbi-Gruppe aufbauen eine ehrenamtliche Gruppe zu gründen. möchten, wenden Sie sich gerne an Wer Interesse hat, sich zu beteiligen oder die pbi-Geschäftsstelle in Hamburg. auch einfach nur eine der Regionalgruppen kennenlernen möchte, kann sich gerne bei Für weitere Informationen können uns melden oder sich direkt an die jeweilige Sie sich unter der Telefonnummer Regionalgruppe wenden. 040 / 3890437 – 0 melden oder eine E-Mail schicken an: info@pbi-deutschland.de Text: Maren Voigt pbi Rundbrief ► Sommer 2018 9
Guatemala Ein Erfahrungsbericht der ehemaligen pbi-Freiwilligen Stephanie Brause Im August 2016 erfüllte ich mir einen lang gehegten Traum: Ich arbeitete und lebte als Freiwillige ein Jahr lang im Guatemalapro- jekt der peace brigades international. Zusammen mit Freiwilligen aus Frankreich, Spanien, Chile, Deutschland, der Schweiz, Italien, Tschechien, Großbritannien, Kolumbien und Belgien begleitete ich bedrohte Menschenrechtsverteidiger_innen im ganzen Land. Ob indigene Gemeinden in Landkonflikten, Menschenrechts- anwält_innen bei Gerichtsverhandlungen von Bürgerkriegsver- brechen, Widerstandsgruppen bei der Einforderung menschen- rechtlicher Standards bei wirtschaftlichen Großprojekten oder bäuerliche, von Vertreibung bedrohte Gemeinden in Naturschutz- gebieten – wir begleiteten im Sinne der internationalen Solidarität mutige und ausdauernde Menschen in ihrem Kampf für Gerech- tigkeit. Aber auch innerhalb des Teams schufen wir ein solidari- sches Gemeinschaftsgefühl, das mich auch Monate nach meiner Rückkehr nach Deutschland nicht loslässt. 10 pbi Rundbrief ► Sommer 2018
Wir biegen rechts in eine kleine Querstraße Schutz bedrohter Menschenrechtsvertei- ein. Nach etwa 50 Metern kommt das Auto diger_innen in Guatemala einzusetzen, zum Stehen. Ein paar Worte zum Dank und würde mir die Möglichkeit geben, neue Fer- zum Abschied an unseren Fahrer, ein Blick tigkeiten zu lernen und an zahlreichen Her- nach links und rechts den Bürgersteig ent- ausforderungen zu wachsen. Doch mir war lang. Dann steigen wir aus dem Fahrzeug nicht klar gewesen, wie viel mir dieses Jahr und betreten die stille, im Dunkeln liegen- und die Menschen, die es ausfüllten, geben de Straße. Mit schnellen, geübten Griffen würden. Ich hatte keine Vorstellung davon, sperren wir ein Metallgitter auf, danach wie viele neue Perspektiven mir diese Men- eine massive Holztür. Im Inneren des Hau- schen aufzeigen und welche Solidarität wir ses empfängt uns das gelbliche Licht des gemeinsam erleben würden. Und am we- Wohnzimmers und der Geruch vom vege- nigsten war mir bewusst, wie sehr sich mei- tarischen Abendessen. Wir blinzeln, um uns ne Wahrnehmungen und Empfindungen an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen. nachhaltig verändern würden. Da springt auch schon unser Team vom Ess- tisch auf, eilt uns entgegen und schließt uns Alltag mit in überschwängliche Umarmungen. „Wie Menschenrechtsverteidiger_innen geht‘s euch?“, „Wie war die Reise?“, „Wir haben euch vermisst!“ Außenstehende wür- Wie die meisten Personen, die sich für ei- den meinen, wir wären wochenlang fort ge- nen Freiwilligendienst mit pbi entscheiden, wesen, so groß ist die Wiedersehensfreude. motivierte mich die Aussicht, mit Men- Dabei waren es nicht einmal drei Tage, die schenrechtsverteidiger_innen vor Ort zu- wir wegen einer Begleitung im Osten des sammenzuarbeiten. Ich hatte mich bereits Landes verbracht haben. Wir setzen uns an zuvor mit der menschenrechtlichen Situ- den Tisch, wo sich unser Team beeilt, unse- ation Guatemalas beschäftigt und einige re Teller mit dampfendem Linseneintopf zu Persönlichkeiten kannte ich aus Zeitungs- füllen, damit wir uns von der anstrengen- artikeln, Blogbeiträgen oder Dokumentar- den Busfahrt mit dem üblichen, stundenlan- filmen. Es war mir eine Ehre, diese starken gen Stau erholen können. Währenddessen Frauen und Männer, die sich unermüdlich erzählen wir von den Vorkommnissen der und mit großer Ausdauer gegen sämtliche letzten Tage, die wir aus Sicherheitsgründen Widrigkeiten für ihre Rechte und gegen die nicht per Telefon besprechen. Ich schaue in Ungerechtigkeiten in ihrem Land einsetzen, die Runde und lächle. Ich bin wieder zu Hau- bei ihrer Arbeit begleiten zu dürfen. Doch se. Bei meiner pbi-Familie. es waren die alltäglichen Momente und Als ich mich Monate zuvor auf den Weg kleinen Gesten mit ihnen, die sich in mein von Berlin nach Guatemala gemacht habe, Herz geschrieben haben: Im Auto mit dem war ich aufgeregt und gleichzeitig seltsam Menschenrechtsanwalt Edgar Peréz, der ruhig. Ich wusste, dass das kommende Jahr den ehemaligen Diktator Efrain Ríos Montt mein zukünftiges Leben entscheidend be- wegen Völkermord angeklagt hatte, über einflussen würde. Ein Jahr als Freiwillige mit seine sportliche Vergangenheit als Wrest- einem internationalen Team zusammen ler zu plaudern. Oder Tränen zu lachen, als zu arbeiten und zu leben und sich für den die taffe, indigene Aktivistin Lolita Chávez pbi Rundbrief ► Sommer 2018 11
lustige Anekdoten über guatemaltekische einen Teil der Schuld, die mein Lebensstil, Behördengänge erzählte. Besonders prägte mein Heimatstaat und vorangegangene mich auch, Guatemala weit ab touristischer Generationen angehäuft hatten (und Pfade kennenzulernen. Ich kommunizierte weiterhin anhäufen), abzutragen. über Sprachbarrieren hinweg mit der indi- Die Arbeit mit den Menschenrechts- genen Bevölkerung, stapfte bei sengender verteidiger_innen war unumstritten eine Hitze durch eine Milpa, bewegte mich durch unvergleichliche Erfahrung, aber sie ist nicht unwegsames Gelände im Dschungel und das erste, was mir in den Sinn kommt, wenn erfreute mich in einer Garageneinfahrt, wo ich auf mein Jahr mit pbi zurückblicke. Statt- ich vor monsunartigem Regen Schutz such- dessen erinnere ich mich an ein starkes Ge- te, an köstlicher, frittierter Brotfrucht. meinschaftsgefühl, Zuneigung, Vertrauen, Solidarität, Fürsorge, Rückhalt, Verständnis, „Mir war nicht klar gewesen, wie viel Trost und Geborgenheit. Ich denke an ein mir dieses Jahr und die Menschen, sanftes Streicheln über meinen Rücken im Vorbeigehen und unzählige Umarmungen die es ausfüllten, geben würden.“ meiner Teamgeschwister. An Gelächter und Musik in unserem Innenhof bei einem Es gibt zahlreiche solcher einfachen, Feierabendbier. An ein „Wie geht‘s?“, das aber unvergesslichen Augenblicke, dass ernst gemeint ist und eine ehrliche Antwort ich ein ganzes Buch damit füllen könnte. erwartet. An weitestgehend harmonische, In Erinnerung blieb mir auch, wie dankbar im Konsens geführte Versammlungen mit die von uns begleiteten Personen für 20 Leuten, die die Vielfalt des Projekts ver- den Schutz, den wir ihnen boten, und anschaulichten und in denen etwas Bedeu- die Möglichkeiten waren, die wir ihnen tungsvolles gemeinschaftlich konstruiert eröffneten. So oft hörte ich Worte des wurde. An einen nicht enden wollenden Dankes und jedes Mal wusste ich nicht, Nachschub an Keksen, wenn ich als Einzi- was ich sagen sollte und winkte ab. Wofür ge an unserem freien Tag arbeiten musste. mussten sie mir schon dankbar sein? Ich An Frühstücksvorbereitungen zu zehnt in war nur anwesend. Einfach da. Ich hatte einer kleinen Küche ohne zusammenzusto- keine besonderen Fähigkeiten, sondern ßen. An offen geführte Diskussionen und lediglich eine leuchtend rote Weste mit dem das freimütige Laufenlassen von Emotio- Logo einer internationalen Organisation nen. Daran, dass mich jemand in den Arm an. Und ich hatte das „Glück“ gehabt in nimmt, wenn ich Trost brauche, und mit einer Industrienation geboren zu sein, mir herumblödelt, wenn ich Stress abbauen deren Wohlstand auf dem Rücken von möchte. Ich erinnere mich an ein reflektier- Menschen in weniger „entwickelten“ tes Leben im Hier und Jetzt. Ländern erwirtschaftet wird. Sie mussten mir nicht danken. Wenn meine Präsenz Eine Familie namens pbi auch nur in irgendeiner Weise dazu beitrug, pbi zeigte mir, was gelebte Solidarität ist. dass sie ihre Menschenrechte wahrnehmen Auch wenn selbstverständlich nicht jede konnten, war es für mich das Mindeste, Sekunde meines pbi-Jahres konfliktfrei war. was ich tun konnte, um zu beginnen, Unstimmigkeiten kommen in den besten 12 pbi Rundbrief ► Sommer 2018
Das Team des pbi-Guatemalaprojekts Familien vor, ebenso in der pbi-Familie. Doch ich lernte, wie ich konstruktiv mit Konflikten Engagement im Ausland umgehen und durch eine offene Kommu- nikation sinnvolle und für alle tragbare Ent- Menschenrechte brauchen Schutz – scheidungen treffen kann. pbi braucht dafür Ihr Engagement. pbi gab mir Menschen, mit denen ich Haben Sie Interesse als Freiwillige_r in der Seele verbunden bin und die mir ein Menschenrechtsverteidiger_innen zu Leben lang zur Seite stehen werden. Egal, begleiten und in einem internationa- auf welchen Kontinenten wir leben. Und len Team zu leben und zu arbeiten? das Beste ist, diese Familie wird mit jeder Aktuelle Ausschreibungen zu Frei- Versammlung, jedem Skype-Gespräch und willigenstellen finden Sie auf unserer jeder E-Mail innerhalb der verschiedenen Webseite. pbi-Ebenen und mit jedem Treffen von Ehrenamtlichen und Freiwilligen anderer Um mehr Informationen zum Frei- Projekte größer. willigendienst bei pbi zu bekommen, Ich mag vielleicht nur ein Jahr Teil eines melden Sie sich bitte unter pbi-Projekts gewesen sein, doch pbi und die info@pbi-deutschland.de oder rufen Erfahrungen, die ich gemacht habe, werden Sie an unter 040 / 3890437 – 0. für immer ein Teil von mir sein. Text: Stephanie Brause pbi Rundbrief ► Sommer 2018 13
Deine Aktion für die Menschenrechte Du willst einen Beitrag für die Unterstützung von Menschenrechtsverteidiger_innen leisten? Dann sei sportlich oder kreativ und starte deine Aktion. Es gibt viele Möglichkeiten, Menschenrechtsverteidiger_innen zu unterstützen: ► den nächsten Marathon läufst Du sowieso? Dann sammle damit Spenden für pbi. ► Du wolltest mal wieder aussortieren? Mache den nächsten Flohmarkt für die Menschenrechte. ► wunschlos glücklich? Beim nächsten Geburtstag wünscht Du Dir Spenden für pbi. ► Du gehst wandern oder Rad fahren und lässt Dich dabei von Familie, Freunden und Nachbarn für jeden Kilometer unterstützen. ► auf der Sommergrillparty sammelst Du Spenden für die Begleitung von Menschenrechtsverteidiger_innen. Es gibt weitere Möglichkeiten sich zu beteiligen. Wenn Du willst, veröffentlichen wir deine Aktion auf unserer Webseite. Gerne kannst Du auch mit Freunden eine ge- meinsame Aktion starten oder Dich einer unserer Regionalgruppen anschließen. Bei Fragen oder Ideen schreibe mir gerne eine E-Mail: melanie.ruecker@pbi-deutschland.de oder rufe an unter: 040 / 3890437 – 0 Demnächst mehr Infos unter: www.pbi-deutschland.de/spenden/aktionen 14 pbi Rundbrief ► Sommer 2018
Impressum ► peace brigades international – Deutscher Zweig e.V. Bahrenfelder Str. 101a, 22765 Hamburg Tel. 040 / 3890437 – 0 ► info@pbi-deutschland.de ► Redaktion: Alex Weber, Maren Voigt, Sandra Brammann, Stefan Eikenbusch (V.i.S.d.P.) ► Bilder: Franklin D. Roosevelt Library, pbi ► Mit freundlicher Unterstützung des Zivilen Friedensdienstes Kontaktformular Über pbi Ich möchte mehr Informationen und … ► peace brigades international (pbi) ist abonniere den halbjährlichen Rundbrief eine von den Vereinten Nationen aner- abonniere den Newsletter (E-Mail) kannte Menschenrechtsorganisation möchte Informationsmaterial zu: ______________ und seit 1981 in Krisengebieten tätig. pbi arbeitet unabhängig von wirtschaftli- Name, Vorname: ____________________________ chen Interessen und hat keine bestimmte Adresse: ___________________________________ politische oder religiöse Ausrichtung. Auf ausdrückliche Anfrage lokaler Gruppen, E-Mail: _____________________________________ die von politisch motivierter Gewalt be- Telefon: ____________________________________ droht sind, organisiert pbi eine schützen- de Präsenz mithilfe internationaler Frei- willigenteams. Auf diese Weise bleiben Ich unterstütze pbi und …. Handlungsräume für eine gewaltfreie spende einmalig _____________________________ Konfliktbearbeitung erhalten. Hierbei sind beide – Beschützte und Begleitende spende monatlich 10€ | 25€ | 50€ | ___________ – durch ein weltweites Alarmnetzwerk mit Bitte buchen Sie den oben genannten Betrag von Kontakten zur Politik, Diplomatie und Zi- meinem Konto: vilgesellschaft abgesichert. IBAN/Kto-Nr: ________________________________ BIC/BLZ: ____________________________________ Wenn Sie mehr Informationen über pbi erhalten möchten, schicken Sie das Bank: ______________________________________ ausgefüllte Formular an unsere Adresse, Datum: ___________ Unterschrift: _____________ oder schreiben Sie eine E-Mail an: info@pbi-deutschland.de Spendenkonto: GLS Bank IBAN: DE14 4306 0967 2020 4060 00 BIC: GENODEM1GLS Spenden an pbi sind steuerlich absetzbar.
»pbi schützt die Mitarbeiter_innen der Migrant_innenherberge und somit auch die Menschenrechte der rund 6000 Migranten_innen, die jedes Jahr bei uns Zuflucht suchen.« Juan José Villagómez Hernández Mitarbeiter der Migrant_innenherberge Casa del Migrante in Saltillo (Mexiko) Juan José Villagómez Hernández setzt sich für Migrant_innen ein, die Mexiko auf ihrem Weg in die USA durchqueren. pbi begleitet ihn und die anderen Mitarbeiter_innen der Herberge zu ihrem Schutz. www.pbi-deutschland.de making space making space for forpeace peace
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