Offene Jugendarbeit und Schule

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Bern, November 2005

Offene
Jugendarbeit
und Schule
 Ein Leitfaden für die Zusammenarbeit

Autorinnen und Autoren:

Rahel Lischer, Jugendsekretariat Moosseedorf
Roger Kislig, Fachstelle Jugend, Amt Schwarzenburg
Eva Mosimann, Jugendarbeit Urtenen-Schönbühl
Sarah Lauper, Jugendzone Ost, TOJ
Daniel Lozano, Büro für offene Jugendarbeit, Kirchgemeinde Bethlehem
Christa Egger, Sozialräumliche Jugendarbeit Bern-West, TOJ
Impressum:
Texte: Rahel Lischer, Jugendsekretariat
Moosseedorf; Roger Kislig, Fachstelle Jugend,
Amt Schwarzenburg; Eva Mosimann, Jugend-
arbeit Urtenen-Schönbühl; Sarah Lauper,
Jugendzone Ost, TOJ; Daniel Lozano, Büro
für offene Jugendarbeit, Kirchgemeinde
Bethlehem; Christa Egger, Sozialräumliche
Jugendarbeit Bern-West, TOJ
Gestaltung/Korrektur: an|streicher
Bilder: Jugendsekretariat Moosseedorf,
Fachstelle Jugend, Amt Schwarzenburg,
Jugendarbeit Urtenen-Schönbühl,
Jugendzone Ost, TOJ & an|streicher

Kontaktadresse: Sekretariat VOJA
       Wydenstrasse 6, 3076 Worb
 T: 031 839 66 31; F: 031 839 66 03
        info@voja.ch; www.voja.ch
Inhalt
Seite
4
            Kapitel
            Vorwort aus dem VOJA-Vorstand
                                                   Seite
                                                   17
                                                            Kapitel
                                                         4. Institutionalisierung der Zusammen-
            Vorwort der Fachgruppe                          arbeit von Jugendarbeit und Schule
            Jugendarbeit und Schule                     4.1 Standards der Zusammenarbeit
5   1.      Ausgangslage                           18   4.2 Anforderungen
   1.1      Gesellschaftliche Aspekte              19   4.3 Checkliste zur Aufnahme
7 1.2       Auftrag der Kinder- und Jugendarbeit            der Zusammenarbeit
 1.2.1      Trägerverein «Vernetzte offene         21   4.4 Hilfreiche Tipps für
            Jugendarbeit Kanton Bern»                       die Zusammenarbeit mit der Schule
    1.2.2   Steuerungskonzept der offenen          21    5. Angebote und Produkte der offenen
            Kinder- und Jugendarbeit im                     Kinder- und Jugendarbeit gegenüber
            Kanton Bern der Gesundheits- und                der Schule
            Fürsorgedirektion (GEF)                     5.1 Pausenplatzaktionen
10 1.3      Grundsätze der offenen Kinder-              5.2 Öffentlichkeitsarbeit im
            und Jugendarbeit                                Klassenzimmer
11 1.4      Auftrag Schulsozialarbeit                   5.3 Schullager
  1.4.1     Auftrag / Pflichtenheft                     5.4 Gesundheitsförderung und
            Schulsozialarbeit                               Präventionskurse
131.4.2     Organisationsmodell                         5.5 Soziale Gruppenarbeit
    1.5     Auftrag Schule                              5.6 Mitwirkung bei Anlässen der Schule
15 2.       Schnittstellen zwischen den Arbeits-   22   5.7 Hilfe bei der Berufswahlvorbereitung
            bereichen der offenen Jugendarbeit          5.8 Beratung und Begleitung
            und der Schulsozialarbeit              22    6. Literatur
   2.1      Unterschiede                           23    7. Anhang
   2.2      Gemeinsamkeiten                             7.1 Münsingen: Leistungsvereinbarung
   2.3      Kooperationsmöglichkeiten                       Offene Kinder- und Jugendarbeit
16 3.       Gewinn, Chancen und Zusatznutzen       27   7.2 Ostermundigen: Ressourcen der
            einer Zusammenarbeit von Jugend-                Kinder- und Jugendarbeitenden als
            arbeit und Schule                               Angebot für die Schulen
     3.1    Chancen und Nutzen für die             31   7.3 Ergebnisse der Umfrage
            offene Kinder- und Jugendarbeit                 bei den VOJA-Institutionen
     3.2    Chancen und Nutzen für die Schule               betreffend Zusammenarbeit
                                                            mit den Schulen

                                                                                                   3
Vorwort aus dem VOJA-Vorstand                           Vorwort der Fachgruppe
                                                        «Jugendarbeit und Schule»

Die «Vernetzte offene Jugendarbeit Kanton Bern»         Dieser «Leitfaden für die Zusammenarbeit» ist eine
VOJA ist bestrebt, die Fachlichkeit und die Zu-         Handreichung, welche die Fachgruppe «Jugend-
sammenarbeit in der offenen Jugendarbeit des            arbeit und Schule» im Auftrag der VOJA (Vernetzte
Kantons Bern zu fördern. Der VOJA-Vorstand hat          offene Jugendarbeit Kanton Bern) erarbeitet hat.
deshalb im Jahr 2002 beschlossen, Fachgruppen           Dazu wurden diverse Veröffentlichungen über die
von Jugendarbeitenden einzusetzen, die je einen         Themenfelder der offenen Kinder- und Jugendarbeit,
gesellschaftlichen Brennpunkt besonders intensiv        der Schulsozialarbeit und der Schule gesichtet.
und kontinuierlich bearbeiten. Mittlerweile existie-    Besonders wertvoll für die Erarbeitung des Leit-
ren sieben so genannte FAG (Fachgruppen).               fadens waren die Ergebnisse quantitativer und qua-
                                                        litativer Befragungen von Jugendarbeitenden und
An seiner Retraite vom Januar 2003 hat der VOJA-        SchulsozialarbeiterInnen.
Vorstand ein Thesenpapier einer Gruppe von
Jugendarbeitenden diskutiert, das die Zusammen-         Jugendarbeit, Schulsozialarbeit und Schule gelten
arbeit zwischen offener Jugendarbeit und Schule         als fachlich gleichermassen qualifizierte Partner in
zum Thema hatte. Er kam dabei zum Schluss, dass         verwandten Arbeitsfeldern, die sich mit den glei-
die Fragen nach dem spezifischen Auftrag der offe-      chen Adressaten beschäftigen, nämlich Kindern und
nen Jugendarbeit und den geeigneten Formen der          Jugendlichen. Alle drei Bereiche sehen sich mit den
Zusammenarbeit mit der Schule der Klärung bedür-        veränderten Bedingungen des Aufwachsens in der
fen. Der Vorstand erteilte der Gruppe den Auftrag,      heutigen Gesellschaft konfrontiert. Die gemeinsa-
sich als FAG «Jugendarbeit und Schule» zu konstitu-     men Herausforderungen und Probleme ergeben
ieren, das Thema vertieft zu studieren und die          unserer Meinung nach einen plausiblen Ausgangs-
Ergebnisse in geeigneter Form zu dokumentieren.         punkt für eine Kooperation.
Die VOJA stellt sich damit auch der Tatsache, dass im
Kanton Bern zunehmend Stellen für Schulsozial-          Um eine Kooperation zu erreichen, müssen sich die
arbeit geschaffen werden, womit ein weiterer Part-      Kinder- und Jugendarbeit, die Schulsozialarbeit und
ner im gesellschaftlichen Beziehungsgeflecht be-        die Schule über Ziele gemeinsam verständigen und
rücksichtigt und in die Zusammenarbeit miteinbezo-      bereit sein, aus den unterschiedlichen Aufgaben re-
gen werden muss.                                        sultierende Widersprüche zu akzeptieren und be-
                                                        gleitende Lösungsansätze zu entwickeln. Damit
Der vorliegende Leitfaden ist das Ergebnis von          wird die Zusammenarbeit zwischen den Institu-
Gesprächen der FAG «Jugendarbeit und Schule» mit        tionen und auch zwischen den Professionen zur Vor-
Verantwortlichen von Schule und Schulsozialarbeit.      aussetzung. Diese Zusammenarbeit muss von allen
Er spiegelt den aktuellen Stand des Nachdenkens         Seiten gewollt und gelernt werden, und sie muss
über den eigenen Auftrag und die möglichen For-         Teil des Selbstverständnisses beider Seiten sein.
men der Zusammenarbeit aus der Sicht der offenen
Jugendarbeit. Im Namen des VOJA-Vorstands danke         Der Leitfaden soll als Fundgrube zum Thema
ich der FAG für ihre Arbeit und wünsche dem Leit-       Jugendarbeit, Schulsozialarbeit und Schule dienen
faden gute Aufnahme bei allen Interessierten.           sowie deren erfolgreiche Zusammenarbeit fördern
                                                        und unterstützen. Er soll helfen, die Unterschiede in
Andreas Berz                                            den Zielsetzungen, den Denkansätzen, den Metho-
                                                        den zu erkennen, zu verstehen und den Boden für
                                                        gemeinsames Handeln zu ebnen. Der Leitfaden rich-
                                                        tet sich an Fachkräfte aus den Bereichen Jugend-
                                                        arbeit, Schulsozialarbeit und Schule.

                                                        Auszüge aus dem Leitfaden dürfen vervielfältigt werden.

4
1.      AUSGANGSLAGE
Die gesellschaftlichen Aspekte sind die Rahmenbedingungen.
Sie bilden die Grundlage für den Auftrag der Kinder- und Jugendarbeit.

1.1     Gesellschaftliche Aspekte
Die Anforderungen an die Gesellschaft sind durch       Dazu kommt, dass diese gesellschaftliche Ent-
die sozioökonomischen Veränderungen der letzten        wicklung in den letzten Jahren auch die Bedeutung
Jahrzehnte deutlich grösser geworden. Noch nie war     der Familie beeinflusst hat. Die tradierten Milieus,
eine Kultur so schnellen Veränderungen unterwor-       die Familien und Kindern das Gefühl von Sicherheit
fen wie die heutige.                                   und Geborgenheit, Verlässlichkeit von Beziehungen
                                                       und Berechenbarkeit der Zukunft geben, sind in der
Ursachen hierfür sind unterschiedliche Entwick-        Stadt wie auf dem Lande brüchig geworden.
lungen. Als Stichworte hierzu seien kurz genannt:
Neue Unübersichtlichkeiten, Globalisierung, Indivi-    Schliesslich drängen viele Einflüsse die Bedeutung
dualisierung, wirtschaftlich-strukturelle Einbrüche.   der Familie für die kindliche Sozialisation zurück.
                                                       Mit diesen Einflüssen kann die Familie kaum kon-
Bietet die Gesellschaft ein geringeres Mass an         kurrieren. Die Erfahrungen und Kompetenzen der
Zukunftsperspektive, schwinden die Grundlagen für      Elterngeneration wirken immer weniger identitäts-
Zuversicht, Lebens- und Berufsplanung. Von diesen      stiftend. Eltern sehen sich schwierigen Erziehungs-
Veränderungen der ökonomischen und sozialen            aufgaben gegenüber, die sie oft nicht alleine bewäl-
Basis sind Kinder und Jugendliche am stärksten be-     tigen können. Ausserfamiliäre Erziehungsinstanzen
troffen. Jugendliche stehen vor einer Zukunft, die     erhalten so eine immer grössere Bedeutung.
nicht selbstverständlich gesichert erscheint.

                                                                                                         5
Die Schule sieht sich Schülern und Schülerinnen           Offene Kinder- und Jugendarbeit hat den Auftrag,
gegenüber, die weniger von der Autorität der Älte-        soziale Brennpunkte aufzunehmen und möglichst
ren bestimmt sind, stattdessen stark vom Verhalten        flexibel auf Probleme, Bedürfnisse und aktuelle
und der Denkweise der Gleichaltrigen beeinflusst          Trends Jugendlicher einzugehen. Ziel und Heraus-
werden. Für sie hat ihre Freizeit Priorität, sie wollen   forderung muss zudem sein, Kindern und Jugend-
ihren Freiheitsdrang ausleben, stellen traditionelle      lichen, Schülerinnen und Schülern nicht nur aus der
Werte in Frage, sind mobil, und materielle Werte          Perspektive der Erwachsenen und ihrer Bedürfnisse
spielen eine wichtige Rolle.                              zu begegnen, sondern zugleich auch deren Perspek-
                                                          tiven und Bedürfnisse wie auch Lebenswelten zu be-
Zudem tragen Kinder und Jugendliche ihre persön-          rücksichtigen, unter dem Gesichtspunkt passender
lichen, familiär und sozial bedingten Probleme in die     Integrationshilfen und ganzheitlicher Bildung.
Schule. Die Schulen sind der Spiegel unserer Gesell-
schaft. Sie sind der Ort, wo soziale Brennpunkte, be-     vgl.:
dingt durch eine grosse soziale, kulturelle und            06. Mai 2005 / Internet: www.ljr-bw.de/ljr/download/
sprachliche Vielfalt und ein breites Begabungsspek-             borschueren/kooperationjuaschule.pdf
trum in den Schulklassen, in verschiedenster Form          06. Mai 2005 / Internet: www.ejwue.de/jugendpolitik/
aufbrechen. Dies stellt hohe Anforderungen an die               upload/kriterien_jugendarbeit_und_schule.pdf
Lehrpersonen und an die Schülerinnen und Schüler.          06. Mai 2005 / Internet: www.jugendfoerderwerk.de/
                                                                contentpapst/texte/arbeitshilfe-gts.pdf

6
1.2       Auftrag der Kinder-                            1.2.2 Steuerungskonzept
          und Jugendarbeit                                     der offenen Kinder- und
Im Kanton Bern gibt es in Bezug auf die Kinder- und            Jugendarbeit im Kanton Bern
Jugendarbeit so viele Pflichtenhefte, wie es Stellen           der Gesundheits- und
der Kinder- und Jugendarbeit gibt. Aus diesem                  Fürsorgedirektion (GEF)
Grund lehnen wir uns einerseits an die «Aufgaben         Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion hat sich
und Schwerpunkte der Kinder- und Jugendarbeit»,          zum Ziel gesetzt, die offene Kinder- und Jugend-
herausgegeben von der VOJA, andererseits ans             arbeit im Kanton Bern zu vereinheitlichen. Dazu hat
«Steuerungskonzept der offenen Kinder- und               sie im Oktober 2000 ein Steuerungskonzept heraus-
Jugendarbeit im Kanton Bern», welches jede               gegeben, an welchem sich die einzelnen Gemeinden
Gemeinde des Kantons bis spätestens im Jahr 2008         zu orientieren haben.
umgesetzt haben muss.
                                                         Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion legitimiert
                                                         die offene Kinder- und Jugendarbeit durch gesetzli-
1.2.1 Trägerverein «Vernetzte                            che Grundlagen. Die GEF hat den Wirkungsbereich
      offene Jugendarbeit                                der offenen Kinder- und Jugendarbeit verankert im
      Kanton Bern» (VOJA)                                Artikel 3 des kantonalen Sozialhilfegesetzes (SHG):
Der Trägerverein «Vernetzte offene Jugendarbeit              • Prävention
Kanton Bern» repräsentiert seit 1999 die offene              • Hilfe zur Selbsthilfe
Kinder- und Jugendarbeit in Stadt und Region Bern            • Verhinderung von Ausgrenzung
und seit 2003 im Kanton Bern. Die VOJA ist eine              • Förderung der Integration
Dachorganisation, in welcher Gemeinden mit pro-
fessionellen Angeboten der offenen Kinder- und               Definition der offenen Kinder-
Jugendarbeit zusammengeschlossen sind.                       und Jugendarbeit:
                                                         Offene Kinder- und Jugendarbeit umfasst die von
          Vision                                         den Gemeinden in Zusammenarbeit mit dem Kanton
Die offene Jugendarbeit begleitet und fördert            bereitgestellten professionellen pädagogischen
Jugendliche auf dem Weg zur Selbstständigkeit.           Angebote, welche Kinder und Jugendliche stützen
Dabei setzt sie sich dafür ein, dass Jugendliche im      (Prävention), fördern (Partizipation) und ihnen ei-
Gemeinwesen partnerschaftlich integriert sind, sich      nen angemessenen Platz in unserer Gesellschaft er-
wohl fühlen und an den Prozessen unserer Gesell-         möglichen (Integration).
schaft beteiligt werden. Die Jugendarbeit versteht
sich als Mittler zwischen den Jugendlichen und den       Die Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit
übrigen Anspruchsgruppen. Sie folgt mit geeigne-         richten sich primär an Kinder und Jugendliche zwi-
ten animatorischen und partizipativen Methoden           schen 6 und 20 Jahren sowie an deren Bezugs-
dieser Vision. Die offene Jugendarbeit richtet sich an   personen und Umfeld, insofern die Interessen der
Jugendliche zwischen 12 und 20 Jahren sowie an ihr       Kinder und Jugendlichen im Zentrum stehen.
Umfeld (junge Erwachsene, Bezugspersonen, Kin-
der). Die Angebote der offenen Kinder- und Jugend-       Offene Kinder- und Jugendarbeit richtet sich un-
arbeit gehören zum Grundangebot jeder Gemeinde.          mittelbar an einzelne junge Menschen und an insti-
(vgl. Leitbild der VOJA, 2004)                           tutionell nicht organisierte Gruppen von Kindern
                                                         und Jugendlichen auf der Basis von niederschwel-
                                                         ligen, integrationsfördernden Freizeitangeboten
                                                         und Begegnungsmöglichkeiten, welche die Kinder
                                                         und Jugendlichen im ausserschulischen / ausserbe-
                                                         ruflichen Freizeit- und Bildungsbereich ansprechen

                                                                                                          7
und von diesen freiwillig angenommen werden. Die      Dienstleistungen ab. Zudem werden unter diesem
offene Kinder- und Jugendarbeit wird politisch und    Titel keine Leistungen an Tagesschulen resp. Mit-
konfessionell neutral angeboten.                      tagstische ausgerichtet, die dem Steuerungskon-
                                                      zept «familienexterne Betreuungsangebote» zuge-
Die offene Kinder- und Jugendarbeit grenzt sich per   ordnet werden. Die offene Kinder- und Jugendarbeit
Definition von der Schulsozialarbeit ab; die Zusam-   grenzt sich über die Altersbegrenzung ab zu
menarbeit mit der Schule wird jedoch angestrebt.      Angeboten im Bereich der Kleinkinder (0 bis 6 Jahre)
Die offene Kinder- und Jugendarbeit grenzt sich       und der jungen Erwachsenen (über 20 Jahre).
ebenfalls von medizinischen und therapeutischen       (vgl. Steuerungskonzept der offenen Kinder- und Jugendarbeit
                                                      Kanton Bern, S. 7)

                              Angebotspalette
                      Der Kanton unterteilt die Arbeit der offenen
                      Kinder- und Jugendarbeit in folgende Bereiche:
                         A: Animation / Begleitung
                         B: Information / Beratung
                         C: Entwicklung / Fachberatung

                      A:      Animation / Begleitung
                      Beschreibung:
                      Aktive Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen als Ausgangspunkt für
                      vielfältiges und soziales Lernen, zudem orientieren sich die Angebote an
                      übergeordneten kinder- und jugendrelevanten Brennpunkten, Problemberei-
                      chen und Themen und beinhalten deren gezielte Bearbeitung mit gruppen-
                      und gemeinwesenorientierten Methoden:
                        • Animation zur aktiven Freizeitgestaltung
                        • Unterstützung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen bei der
                          Umsetzung ihrer Anliegen und Initiativen
                        • Durchführung von Freizeitanlässen und -projekten unter Mitwirkung von
                          Kindern und Jugendlichen
                        • Bereitstellung von Ressourcen zur Ermöglichung von Freizeitaktivitäten
                        • Begleitung von Einzelnen und Gruppen sowie Intervention in Konflikt-
                          situationen. Durchführung von Präventionsveranstaltungen (z.B. Sucht-
                          und Gewaltprävention)
                        • Durchführung von Projekten zu kinder- und jugendspezifischen Themen
                        • Durchführung von geschlechtsspezifischen Projekten
                        • Unterstützung von Kinder- und Jugendgruppen bei Konfliktlösungen
                        • Unterstützung und Begleitung von Kindern, Jugendlichen und Betroffenen
                          in Mitwirkungsprozessen auf der politischen Ebene oder bei der
                          Gestaltung des Lebensraumes
                        • Motivieren von Kindern und Jugendlichen zu Mitwirkung

                      Zielgruppe:
                        • Kinder und Jugendliche sowie themenspezifisch Betroffene (Eltern,
                          Behörden, Schule, weitere Institutionen und Einzelpersonen im Gemein-
                          wesen)

                      Orte der Dienstleistungserbringung:
                        • Kinder- und Jugendtreffs, Gemeinwesen, Spielplätze, informelle Kinder-
                          und Jugendtreffs, Schulen

8
B:     Information / Beratung
Beschreibung:
Wissensvermittlung und beratende Unterstützung:
  • Information von Kindern und Jugendlichen sowie
    deren Bezugspersonen über kinder- und jugendrelevante Fragen
  • Beratung von Kindern und Jugendlichen unter Miteinbezug
    betroffener Bezugspersonen und Institutionen
  • Vermittlung von Kindern und Jugendlichen an weiterführende
    professionelle Institutionen
  • Durchführung von Informationsveranstaltungen und Kursen
    für Kinder, Jugendliche und Bezugspersonen

Zielgruppe:
  • Kinder und Jugendliche, Bezugspersonen und betroffene Institutionen

Orte der Dienstleistungserbringung:
  • Kinder- und Jugendtreffs, Spielplätze, informelle Kinder- und
    Jugendtreffs im Gemeinwesen, Informations- und Koordinationsstellen
    für Kinder- und Jugendfragen

C:     Entwicklung / Fachberatung
Beschreibung:
Förderung geeigneter Rahmenbedingungen
für Anliegen von Kindern und Jugendlichen:
  • Öffentlichkeitsarbeit / Sensibilisierung
  • Kommunale und regionale Vernetzung und Koordination
    mit Behörden und anderen Institutionen
  • Beratung und Unterstützung von Behörden und Institutionen
    in kinder- und jugendspezifischen Fragen
  • Unterstützung von Behörden und Institutionen bei
    der Konzeptionierung von kinder- und jugendspezifischen
    Massnahmen sowie bei sozialplanerischen Aufgaben
  • Unterstützung von Behörden und Institutionen bei
    der Einführung, Verankerung und Umsetzung
    von Mitwirkungsmöglichkeiten und -projekten
  • Durchführung von Informationsveranstaltungen und Kursen für
    Behörden und Institutionen zu kinder- und jugendspezifischen Fragen
  • Lobbyarbeit

Zielgruppe:
  • Behörden, Eltern, Institutionen (Fachstellen, Schulen, Vereine, Polizei, ...)

Orte der Dienstleistungserbringung:
  • Institutionen des Gemeinwesens, Gemeinwesen

                                                                                    9
Der Kanton sieht im Steuerungskonzept vor, dass         1.3.1 Freiwilligkeit
die Kinder- und Jugendarbeit in den Aufgaben der        Freiwilligkeit ist ein wichtiges Prinzip der offenen
Animation / Begleitung und der Entwicklung / Fach-      Kinder- und Jugendarbeit, wenn es um Projekte,
beratung im Bereich Schule tätig ist. Seitens der       Veranstaltungen, Informationen, Beratungen oder
Kinder- und Jugendarbeit bestehen diese Kontakte        das Angebot der Jugendtreffs geht.
bereits. Je nach Institution arbeiten die Kinder- und
Jugendarbeitenden eng mit der Schule zusammen.          In der Zusammenarbeit mit der Schule gilt das
Die Kontakte zur Schule sind verschiedener Art, von     Prinzip der Freiwilligkeit nicht ohne weiteres. Bietet
unverbindlichen, sporadischen Angeboten bis hin         die offene Kinder- und Jugendarbeit während der
zu institutionalisierten Gesundheits- und Präven-       Schulzeit Präventionskurse, konstruktive Konflikt-
tionskursen in Schulklassen.                            bearbeitung, Berufsorientierungs-, Arbeitsfindungs-
(vgl. Steuerungskonzept offene Kinder- und              hilfe etc. an, sind die Schülerinnen und Schüler zur
Jugendarbeit Kanton Bern (GEF, 2000))                   Teilnahme grundsätzlich verpflichtet.

1.3      Grundsätze der offenen                         1.3.2 Beziehungsarbeit
         Kinder- und Jugendarbeit                       Der Aufbau einer Beziehung bildet die Grundlage
Grundsätze, an denen sich die Kinder- und Jugend-       der Arbeit der offenen Kinder- und Jugendarbeit.
arbeit im Kanton Bern orientiert, findet man im Leit-   Dabei spielt die Präsenz und Ansprechbarkeit eine
bild der VOJA, im Steuerungskonzept der Gesund-         grosse Rolle. So befinden sich die Einrichtungen der
heits- und Fürsorgedirektion (GEF) und in der Fach-     offenen Kinder- und Jugendarbeit möglichst in
literatur.                                              Wohnortnähe und strahlen eine Atmosphäre aus,
                                                        die für Kinder und Jugendliche ansprechend ist und
Zu den Grundsätzen der offenen Kinder- und Jugend-      möglichst wenig Schwellenangst auslöst. Zudem
arbeit gehören Freiwilligkeit, Beziehungsarbeit,        sind die administrativen Formalitäten auf ein Mini-
Lebensweltorientierung, Gesundheitsförderung,           mum reduziert und die Öffnungszeiten der Freizeit
Prävention, Partizipation, Lösungsorientierung und      der Kinder und Jugendlichen angepasst.
Vernetzung.
                                                        Von den Jugendarbeitenden werden
Diese Grundsätze basieren auf folgenden                 folgende Eigenschaften gefordert:
Wissensbeständen:                                           Emotionale Wärme, Akzeptieren und
                                                            Achten der Kinder und Jugendlichen
  • Wissen um die Lebenswelt                                (Akzeptanz), einfühlendes Verstehen
    der Kinder und Jugendlichen                             (Empathie), Echtheit im Verhalten
  • Erklärungswissen aus der Sozialarbeit,                  der beratenden Person (Kongruenz).
    der Soziokulturellen Animation,
    der Psychologie, der Soziologie und
    der Heil- und Sozialpädagogik
  • Wissen über Verfahren und Techniken                 1.3.3 Gesundheitsförderung /
    der Jugendsozialarbeit                                    Prävention
  • Werteorientierung nach dem                          Der Grundsatz der Gesundheitsförderung / Präven-
    Berufskodex der sozialen Arbeit                     tion bedeutet, dass die offene Kinder- und Jugend-
(vgl. Schweizer Berufsverband                           arbeit nicht erst dann zu helfen versucht, wenn
Soziale Arbeit SBS/ASPAS, 1999)                         Schwierigkeiten auftreten und sich verhärten, son-
                                                        dern bereits dann agiert, wenn Schwierigkeiten zu
                                                        erwarten sind. So bietet die offene Kinder- und
                                                        Jugendarbeit z.B. Präventionskurse an Schulen an
                                                        oder engagiert sich in Früherfassungsgremien.

10
1.3.4 Partizipation                                      1.4   Auftrag Schulsozialarbeit
Ein wichtiger Grundsatz der offenen Kinder- und          1.4.1 Auftrag / Pflichtenheft
Jugendarbeit ist das Ermöglichen von Beteiligung               Schulsozialarbeit
und Mitbestimmung der Kinder und Jugendlichen.           Gemäss Matthias Drilling (2002, S. 95) ist Schul-
Das heisst, dass die Jugendarbeit zusammen mit           sozialarbeit «ein eigenständiges Handlungsfeld der
Kindern und Jugendlichen nach Artikulationsmög-          Jugendhilfe, das mit der Schule in formalisierter und
lichkeiten wie z.B. SchülerInnenräten und Mitwir-        institutionalisierter Form kooperiert. Schulsozial-
kungsanlässen sucht. In SchülerInnenräten und an         arbeit setzt sich zum Ziel, Kinder und Jugendliche im
Mitwirkungsanlässen lernen Kinder und Jugend-            Prozess des Erwachsenwerdens zu begleiten, sie bei
liche, ihre Bedürfnisse zu formulieren und nach          einer für sie befriedigenden Lebensbewältigung zu
Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Dadurch können           unterstützen und ihre Kompetenzen zur Lösung von
sie ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln. Sie       persönlichen und/oder sozialen Problemen zu för-
fühlen sich ernst genommen und machen die                dern. Dazu adaptiert Schulsozialarbeit Methoden
Erfahrung, etwas bewirken zu können.                     und Grundsätze der Sozialen Arbeit auf das System
                                                         Schule.»

1.3.5 Lösungsorientierung                                Im Kanton Bern gibt es keinen einheitlichen Auftrag
Der Grundsatz der Lösungsorientierung verlangt die       und kein einheitliches Pflichtenheft für die Schul-
Haltung, dass Kinder und Jugendliche die Fähigkeit,      sozialarbeit. Die bestehenden Schulsozialarbeiter-
die sie zur Lösung ihrer Probleme brauchen, bereits      stellen haben jeweils ein eigenes Pflichtenheft.
in die Beratung mitbringen. In der Beratung geht es
darum, bereits vorhandenes Wissen der Kinder und         Daniel Brechbühl, Leiter der Schulsozialarbeit
Jugendlichen nutzbar zu machen und in Kooperation        der Stadt Bern, definiert den Tätigkeitsbe-
und Verhandlung mit den Kindern und Jugendlichen         reich der Schulsozialarbeit folgendermassen:
passende Lösungswege zu finden.
                                                           • Schulsozialarbeit findet während
                                                             der Schulzeit statt.
1.3.6 Vernetzung                                           • Schulsozialarbeit ist ein Unterstützungsan-
Ein weiteres Arbeitsprinzip der Kinder- und Jugend-          gebot für die Schule, ihre Schülerinnen und
arbeit ist die geplante, zielgerichtete, möglichst in-       Schüler und deren Eltern.
stitutionalisierte Vernetzung in regionalen und            • Schulsozialarbeit ist Sozialarbeit im
überregionalen Strukturen.                                   klassischen Sinn, also Einzelfallhilfe,
                                                             welche das umgebende System einbezieht.
Das heisst, Kinder- und Jugendarbeitende vernetzen         • Schulsozialarbeit kann im Rahmen der Schule
im Sozialraum, arbeiten in interdisziplinären Früh-          auch Gruppenarbeit anbieten.
erfassungs- bzw. Präventionskommissionen mit, ko-
ordinieren Präventions- und Gesundheitsförde-
rungsbemühungen in der Gemeinde und managen
Themenprojekte zu «Gewalt», «Drogen», «Gestal-
tung des öffentlichen Raumes» etc. Ausserdem sind
der kollegiale Austausch und die Mitarbeit in Fach-
gruppen eine wichtige Tätigkeit der offenen Kinder-
und Jugendarbeit.

                                                                                                           11
Tibor Beregszaszy, Schulsozialpädagoge
in Liebefeld (BE), hat folgenden Auftrag:

                                      Beratung / Begleitung

SchülerInnen                                  Lehrpersonen                                   Eltern
   Beratung                                   Beratung                                       Information
   Begleitung                                 «Coaching»                                     Anlaufstelle
   Information                                Vermittlung von Schülerinnen                   Beratung
   Triage / Vermittlung                       und Schülern (kein Abschieben)                 Vermittlung
   Intensivbegleitung
   Time-out-Begleitung                        Gemeinsame Projekte
   (Lösungen suchen)                          Mitarbeit Schulentwicklung
   Kontaktaufnahme:                           Kontaktaufnahme:                               Kontaktaufnahme:
   Schulhaus, Pausenplatz, Mittagstisch,      in Pausen, Ausfallstunden,                     Telefon, Natel,
   Büro (offene Tür), Briefkasten, Telefon,   vereinbarten Besprechungen,                    E-Mail
   Natel, E-Mail, über Eltern, Lehrpersonen   Teilnahme an allen LehrerInnen-
   oder durch SozialpädagogInnen              und Kollegiumstagen und den
                                              meisten Stufensitzungen 5/6

                                      Projekte

Schulklassen                                  Stufen                                         Gesamte Schule
   bei Ausgrenzungssituationen                Präventionskonzepte                            SchülerInnenrat
   bei Konflikten                             Geschlechtsspez. Projekte                      Elternpodien
   Kriseninterventionen                                                                      Gewaltprävention
   Soziale Themen                                                                            Schulhausprojekte
   Themen- und Projektwochen                                                                 Erlebniswochen
                                                                                             mit Elternrat

                                  … und ausserdem

Vernetzung                                    Lager                                          Administration
   Kontakt mit Fachstellen                    Landschulwochen                                Berichte
   gemeinsame Projekte                        Winterlager                                    Telefonate
   Infoaustausch und Sitzungen                (in der Regel nach «sozialpäda-                Konzeptarbeit
                                              gogischen Überlegungen»)                       Literaturstudium

                                                    In aller Regel berät die Schulsozialarbeit auf freiwil-
                                                    liger Basis. In gravierenden Fällen (wiederholtes
                                                    Schuleschwänzen, Suchtmittelprobleme etc.) kann
                                                    es sinnvoll sein, dass Schülerinnen und Schüler und
                                                    ihre Eltern dazu angehalten werden, mit Hilfe der
                                                    Schulsozialarbeit die in der Schule manifestierten
                                                    Probleme zu bearbeiten, damit die Schule auf
                                                    weitergehende Massnahmen (Gefährdungsmel-
                                                    dung, Lager- oder Schulausschluss) verzichten
                                                    kann. In solchen Fällen ist eine sorgfältige Ab-
                                                    sprache unter allen Beteiligten unerlässlich, bevor
                                                    bei den Schülerinnen und Schülern und deren Eltern
                                                    in dieser Hinsicht interveniert wird. Die Schul-
                                                    sozialarbeit befasst sich nicht mit dem Bereich
                                                    Freizeit.
                                                    (vgl. Ausführungen des Schulsozialarbeiters
                                                    an der Schule Liebefeld Steinhölzli in Liebefeld)

12
Quelle: Mitteilung der Direktion für Bildung, Umwelt und Integration der Stadt Bern,
                            Infoblatt 4 – 2004, Schulsozialarbeit, S. 8

1.4.2 Organisationsmodell                                1.5      Auftrag Schule
Im Raum Bern sind zwei Organisationsmodelle              Der gesellschaftliche Auftrag der Schule kann allge-
für die Schulsozialarbeit bekannt. Die Modelle sind:     mein als die Vermittlung von Wissen und Bildung
                                                         umschrieben werden. Gleichzeitig soll sie die Ent-
        Integrierte Schulsozialarbeit                    wicklung der Persönlichkeit der Schülerinnen und
Die Schulsozialarbeiterstelle befindet sich direkt im    Schüler fördern. Im schweizerischen Schulsystem
Schulhaus und ist dadurch sehr niederschwellig an-       gilt die allgemeine Schulpflicht, womit schon gesagt
gelegt. Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch         ist, dass wir uns hier nicht mehr auf dem Boden der
die Lehrpersonen haben täglich in diversen Situ-         Freiwilligkeit bewegen.
ationen Kontakt mit der Schulsozialarbeit. Der
Schulsozialarbeiter oder die Schulsozialarbeiterin       «Die Schulen führen ihren Erziehungs- und Bil-
ist ein Bestandteil des Schulhauses und erlebt und       dungsauftrag auf der Grundlage des Volksschul-
prägt in seiner täglichen Arbeit das Schulklima mit.     gesetzes, des Lehrplans und weiterer Erlasse aus.
                                                         Dies geschieht an jeder Schule vor dem Hintergrund
        Zentrale Schulsozialarbeit                       unterschiedlicher Bedingungen: Lage, Grösse und
Die Schulsozialarbeiterstelle befindet sich ausser-      besondere Merkmale des Ortes und der Region,
halb des Schulhauses, d.h. sie ist zum Beispiel dem      Grösse der Schule, Zusammensetzung der Lehrer-
Gesundheitsdienst der Gemeinde oder des Stadt-           und Schülerschaft usw. stellen verschiedenartige
quartiers angegliedert. Die Nutzung des Angebots         Voraussetzungen für die Erziehungs- und Bildungs-
bedingt ein gezieltes Aufsuchen. Diese Hoch-             arbeit dar. Da sich diese Bedingungen stets verän-
schwelligkeit kann für Schülerinnen und Schüler ein      dern, muss die Schule flexibel auf neue Situationen
Hindernis darstellen. Der Schulsozialarbeiter oder       reagieren können. Die Delegation von Entschei-
die Schulsozialarbeiterin nimmt den Alltag des           dungsbefugnissen an die Schule soll es ihr ermög-
Schulhauses nicht hautnah wahr.                          lichen, ihren Auftrag situationsgerecht zu erfüllen.
                                                         In Zusammenarbeit mit den Schulbehörden und un-
In der Stadt Bern werden beide Modelle angewandt.        ter Einbezug der Eltern gestalten die Lehrerinnen
                                                         und Lehrer ihre Schule als Ort,
                                                            • wo der verantwortungsbewusste Umgang mit
                                                              sich selbst, mit andern Menschen und mit der
                                                              Mitwelt erfahren und geübt wird;
                                                            • wo auf die Ziele des Lehrplans
                                                              hingearbeitet wird;

                                                                                                           13
• wo Lernen gelernt wird und elementare                        Zusammenarbeit
    Kulturtechniken erworben werden;                             Schule – Eltern
  • wo es Raum für Musse und Spontaneität                «Die Schule unterstützt die Familie in der Erziehung
    sowie Gestaltungsmöglichkeiten für die               der Kinder. Während die Erziehungsverantwortung
    Beteiligten gibt.»                                   im engeren Sinn bei den Eltern liegt, übernehmen
(vgl. Lehrplan für die Volksschule,                      Lehrerinnen und Lehrer die Verantwortung für die
Erziehungsdirektion des Kantons Bern, S. 11)             schulische Bildung. Aus der gemeinsamen Verant-
                                                         wortung ergibt sich die Notwendigkeit der Zusam-
         Die Schule in der Gesellschaft                  menarbeit. Die Vielfalt der Werthaltungen erfordert
«Die Schule ist für die Kinder und Jugendlichen ein      von der Schule und von den Eltern die Bereitschaft,
wesentlicher Lebensbereich und ein wichtiges sozi-       Fragen der Erziehung im Rahmen der schulischen
ales Umfeld. Die Gesellschaft, an der die Schule teil-   Bildung gemeinsam zu erörtern. Eltern begegnen
hat, stellt vielfältige, teilweise auch widersprüch-     heute einer Schule, die nicht mehr derjenigen ent-
liche Anforderungen. Die Schule muss deshalb             spricht, die sie selbst als Schülerinnen und Schüler
Schwerpunkte setzen; sie kann nicht alle Ansprüche       seinerzeit erlebt haben.
erfüllen. Die Wirkungsmöglichkeiten der Schule
sind begrenzt. Weder für die Bildung noch für die        Das Schulleitbild kann den Lehrerinnen und Lehrern
Erziehung hat sie eine Monopolstellung: Vor und          eine wertvolle Orientierungshilfe für ihre Erzie-
nach der Schulpficht und ausserhalb der Schule           hungsarbeit und für die Zusammenarbeit mit den
werden Bildung und Erziehung in unterschiedlich-         Eltern sein. Gemeinsame Arbeit der Erziehungs-
ster Form vermittelt.                                    verantwortlichen setzt gegenseitiges Vertrauen vor-
                                                         aus. Dieses entsteht, wenn Kontakte rechtzeitig ge-
         Mündigkeit als Bildungsziel                     sucht werden und die Zusammenarbeit mit den
Die Schule unterstützt die Kinder und                    Eltern regelmässig und in gegenseitiger Offenheit
Jugendlichen auf deren Weg zur Mündigkeit.               erfolgt.» (ebenda, S. 15)
  • Mündigkeit zeigt sich in Selbstkompetenz,
    Sozialkompetenz und Sachkompetenz.                   Neben Veranstaltungen zu erzieherischen oder un-
  • Selbstkompetenz bedeutet die Fähigkeit,              terrichtlichen Fragen sind auch Schulfeste, Feiern,
    für sich selber Verantwortung zu übernehmen          Theater, Ausstellungen usw. wichtig. Hier sind es oft
    und entsprechend zu handeln.                         die Kinder, die helfen, Brücken zwischen den Er-
  • Sozialkompetenz bedeutet die Fähigkeit,              wachsenen zu schlagen.
    in Gemeinschaft und Gesellschaft zu leben,
    Verantwortung wahrzunehmen und entspre-                      Zusammenarbeit mit
    chend zu handeln.                                            aussenstehenden Personen
  • Sachkompetenz bedeutet die Fähigkeit,                        und Institutionen
    sachbezogen zu urteilen und entsprechend             «Die Schule steht in vielfältigen Kontakten mit
    zu handeln.                                          Stellen, die sie in ihrer Arbeit unterstützen (Erzie-
                                                         hungsberatung, Kinder- und Jugendpsychiatrischer
Die Heranwachsenden sind gleichermassen in ihren         Dienst, Schulsozialarbeit, Kinder- und Jugendarbeit,
intellektuellen, emotionalen und handlungsmässi-         Berufsberatung, Schulärztlicher Dienst, Zentral-
gen Möglichkeiten in Bezug auf Selbstkompetenz,          stelle für Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung, Schul-
Sozialkompetenz und Sachkompetenz zu fördern.            inspektorat und seine Beratungsdienste). Damit
Die drei Kompetenzen sind nicht getrennte Be-            aussenstehende Stellen wirksam Unterstützung
reiche, und sie sind auch nicht einzelnen Fächern        leisten können, müssen sie rechtzeitig beigezogen
zuzuordnen; sie sollen sich vielmehr gegenseitig         werden; der gegenseitige Austausch von Informa-
durchdringen und ergänzen.                               tionen muss gewährleistet sein.» (ebenda, S. 14)

Neben diesen Leitideen verfolgt die Schule auch
ganz konkrete Ziele. Der Bildungsauftrag, den die
Schule gemäss Gesetz zu verfolgen hat, findet sich
in einer operationalisierten Form im Lehrplan wie-
der.» (ebenda, S. 7)

14
2.       SCHNITTSTELLEN ZWISCHEN
         DEN ARBEITSBEREICHEN
         DER OFFENEN JUGENDARBEIT
         UND DER SCHULSOZIALARBEIT
Die Schule steht in Bezug auf ihre Entwicklung und das Vermitteln von
Lebensperspektiven insbesondere für sozioökonomisch und kulturell aus-
gegrenzte Kinder und Jugendliche vor massiven Herausforderungen. Hier
nehmen die Schulsozialarbeit und die Jugendarbeit unterschiedliche, je-
doch komplementäre Funktionen ein. Zwischen Schulsozialarbeit und offe-
ner Jugendarbeit gibt es viele Kooperationsmöglichkeiten, aber auch we-
sentliche Unterschiede.

2.1      Unterschiede
Der Schwerpunkt in der Schulsozialarbeit liegt in so-   Schulsozialarbeit und Jugendarbeit wirken, direkt
zialpädagogischen Hilfen für Schülerinnen und           oder indirekt, in der Schule und haben damit
Schüler in psychosozialen Problemlagen, während         Einfluss auf die Schulqualität und das Schulklima.
sich die Angebote der offenen Kinder- und Jugend-       Beide Angebote leisten einen Beitrag zur Öffnung
arbeit auf den Freizeitbereich konzentrieren. Bei der   der Schule. Beide Arbeitsweisen verfolgen in unter-
Jugendarbeit und Schule geht es weniger um eine         schiedlicher Ausprägung eine gesamtgesellschaftli-
Kooperation mit der Schule in ihrem Sozialraum,         che Perspektive und den Anspruch, beizutragen zur
vielmehr um ein jugendarbeiterisches Angebot für        Integration. (GEF 2003, Schuster 2004, Müller 2004)
Kinder und Jugendliche als Schüler und Schüle-
rinnen. Grundsätze sind unter anderem Freiwil-
ligkeit, Verzicht auf Leistungsorientierung, Alters-    2.3     Kooperationsmöglichkeiten
heterogenität sowie vielfältige Möglichkeiten der       Offene Angebote der Kinder- und Jugendarbeit kön-
Mitbestimmung und Selbstorganisation; sie können        nen die Schulsozialarbeit unterstützen und ergän-
schulischen Prinzipien entgegenstehen.                  zen, indem sie einen niederschwelligen Zugang zur
(Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) 2003;         Zielgruppe herstellen. Sie bieten unverbindliche
Schuster 2004, Müller 2004)                             Kontaktmöglichkeiten. Dadurch wird ein gegenseiti-
                                                        ges Kennenlernen ermöglicht, welches spätere in-
                                                        tensive Kontakte möglicherweise stark erleichtern
2.2      Gemeinsamkeiten                                kann. Offene Angebote können daher auch eine
Die zwei Arbeitsbereiche Schulsozialarbeit und offe-    Rolle bei der Vermittlung der konkreten Hilfe-
ne Jugendarbeit sehen sich idealerweise als ver-        angebote an die Schülerinnen und Schüler spielen.
netzte Jugendpflege. Diese Form der vernetzten          Die Zusammenarbeit von Jugendarbeit und Schul-
Jugendpflege versteht sich als ein umfassender          sozialarbeit, insbesondere im Bereich der offenen
Ansatz. Das Fehlen eines Teils vernachlässigt die an-   Angebote, sollte vor Ort verbindlich geregelt wer-
gegebene Zielgruppe und wird dem Grundsatz, dass        den, da sie für die Qualitätsentwicklung beider
alle Jugendlichen gleichermassen angesprochen           Leistungen unerlässlich ist.
werden sollen, nicht gerecht. Nur mit einer transpa-
renten Vorgehensweise wird es möglich sein,             Weitere niederschwellig ausgerichtete Angebote
Doppelspurigkeiten und Missverständnisse zu ver-        sind z.B. Projekte zu gemeinsamen Themen (z.B.
meiden.                                                 Gewalt, Drogen), Hilfen zur Alltagsbewältigung
                                                        (Freizeitangebote, Elternarbeit etc.) und Hilfen zur
                                                        Bewältigung des schwierig gewordenen Übergangs
                                                        in den Beruf. (z.B. Projekte mit «schulmüden»
                                                        Jugendlichen) (GEF 2003)

                                                                                                         15
3.      GEWINN, CHANCEN UND ZUSATZ-
        NUTZEN EINER ZUSAMMENARBEIT
        VON JUGENDARBEIT UND SCHULE
Kooperation ist ein Prozess mit Höhen und Tiefen und kein selbstverständ-
liches, von allein funktionierendes Unterfangen. Sie etabliert sich nur
durch Nutzen, der von beiden Partnern als Gewinn erlebt wird. Erst der
Versuch einer Zusammenarbeit ermöglicht die Überprüfung, ob vermehrte
Belastung mit Kooperation verbunden ist, oder ob gute Erfahrungen ge-
macht werden und Ergebnisse entstehen, die alleine nicht möglich gewe-
sen wären.

In der Kooperation von Jugendarbeit und Schule        mit verbundenen pädagogischen Hintergrund ge-
kommen jene Partner zusammen, deren Interessen        prägt, doch können in einer Zusammenarbeit ge-
und Ziele in relativ hoher Übereinstimmung zuein-     meinsame Ziele in einem hohen Masse realisiert
ander stehen. Besonders im Hinblick auf die Ziel-     werden. Die Kooperation beinhaltet das Potenzial,
gruppen verdeutlichen sich die gemeinsamen Inte-      verschiedene Lernformen in einen einheitlichen Bil-
ressen und Anliegen.                                  dungsprozess zu integrieren. Von einer guten
                                                      Zusammenarbeit können und sollen alle Beteiligten
Die konkreten Beweggründe der Beteiligten sind        profitieren.
zwar von ihrem spezifischen Arbeitsfeld und dem da-

3.1     Chancen und Nutzen für                        3.2     Chancen und Nutzen
        die offene Kinder- und                                für die Schule
        Jugendarbeit                                    • Synergien im Hinblick auf Zielgruppe,
  • Die Zielgruppen werden umfassend                      Unterricht und Teamarbeit.
    und effizient erreicht.                             • Impulse von aussen für Kommunikation
  • Für viele Kinder und Jugendliche ist im ge-           und Auseinandersetzung.
    schützten Rahmen der Schule ein einfacher und       • Unterstützungs- und Ergänzungsangebote in
    niederschwelliger Erstkontakt mit der Kinder-         unterschiedlichen Bereichen ihres Bildungs-
    und Jugendarbeit möglich.                             und Erziehungsauftrags (Suchtprävention,
  • Synergien im Hinblick auf die Zielgruppe.             Gewaltprävention, demokratische Erziehung,
  • Präsenz in der Öffentlichkeit.                        interkulturelles Lernen usw.).
  • «Raum» für die Realisierung und Durchführung        • Ergänzungsangebote in den Bereichen
    spezifischer Angebote (Suchtprävention,               Persönlichkeitsstärkung, soziale Kompetenzen,
    Gewaltprävention, Teambildung, geschlechter-          Teamfähigkeit, Konfliktlösung usw.
    spezifische Angebote).                              • Erlernte soziale Kompetenz wirkt sich auf das
  • Kinder- und Jugendarbeit wird gezwungen, ihre         Schulklima positiv aus, im Verband erlerntes
    Leistungen zu präsentieren, was zu einer klare-       Engagement kann zum Engagement für die
    ren Vorstellung des eigenen Wertes und zu             Schule werden.
    Selbstbewusstsein hinsichtlich eigener              • Die Schule wird unterstützt durch die
    Fähigkeiten führen kann.                              sozialpädagogische Kompetenz der
  • Kinder- und Jugendarbeit könnte erfahren, dass        Kinder- und Jugendarbeit.
    die Schule etwas von ihr will, weil das Angebot     • Niederschwelliges Beratungsangebot /
    attraktiv und bereichernd ist.                        Austausch in Bezug auf «schwierige» und
  • Anerkennung ihrer Fachkompetenzen.                    «auffällige» Kinder.
  • Impulse zur Weiterentwicklung von                   • Kollegiale Beratung, Feedback von aussen
    Arbeitsansätzen.                                      und Unterstützung sind möglich.

                                                       vgl.
                                                       06. Mai 2005 / Internet: www.ljr-bw.de/ljr/download/
                                                            borschueren/kooperationjuaschule.pdf
                                                       06. Mai 2005 / Internet: www.ejwue.de/jugendpolitik/
                                                            upload/kriterien_jugendarbeit_und_schule.pdf
                                                       06. Mai 2005 / Internet: www.jugendfoerderwerk.de/
                                                            contentpapst/texte/arbeitshilfe-gts.pdf
16
4.       INSTITUTIONALISIERUNG
         DER ZUSAMMENARBEIT
         VON JUGENDARBEIT UND SCHULE
 Die Stellenkonzepte in vielen Schulen lassen vermu-   sich beide Bereiche zur Zusammenarbeit, stecken
 ten, dass eine Kooperation zwischen Jugendarbeit      ihre Kompetenzen ab und regeln Detailfragen. Ein
 und Schule von Seite der Schule gewünscht wird,       solcher Vertrag zwischen offener Kinder- und
 denn in der Regel sehen diese Konzepte durchaus       Jugendarbeit und Schule ist auf Jugendarbeitsseite
 Tätigkeiten im Bereich der Pädagogik und der          vom Träger und auf der Schulseite von der Schule
 Schulentwicklung vor. Dass es in der Praxis relativ   und der Schulkommission abzuschliessen. Insbe-
 selten zur umfassenden Umsetzung dieser präventi-     sondere müssen rechtliche und organisatorische
 ven Funktion der offenen Kinder- und Jugendarbeit     Bedingungen vertraglich geregelt werden (z.B.
 in der Schule kommt, mag damit zusammenhängen,        Zuständigkeiten, formale Kompetenzen, konzeptio-
 dass der Erfolg der betreffenden Tätigkeiten an die   nelle Aspekte, Formen der Zusammenarbeit, Wahr-
 Kooperation mit den Lehrkräften gebunden ist und      nehmung der Verantwortung, Fortbildung etc.).
 diese Kooperation oft nicht in gewünschtem Aus-
 mass möglich ist. Dafür kann es verschiedene          Auch die Finanzierung muss geklärt werden. Das
 Gründe geben:                                         Prinzip der gemeinsamen Verantwortung erfordert,
                                                       dass beide Seiten zur finanziellen Absicherung bei-
     • Fehlende finanzielle und zeitliche Ressourcen   tragen.
       behindern Absprachen und Abstimmungen
       unter den Berufsgruppen.
     • Unklare Zuständigkeiten und                     4.1     Standards der Zusammenarbeit
       Entscheidungskompetenzen.                         • Die Interessen der beiden Parteien – Schule
     • Mangelnde gegenseitige Bereitschaft, sich           und Jugendarbeit – sind abgeklärt.
       auch in die Rolle des anderen zu versetzen.       • Die Kooperation ist von beiden Seiten gewollt.
       Man geht von der Erfüllung der eigenen Auf-       • Die verschiedenen Mitglieder des lokalen
       gabe aus und klammert das Denken und die            Netzwerks «Bildung» (Elternrat, Schulkom-
       Aufgabe der anderen Berufsgruppen aus.              mission, Vormundschaftsbehörde, heilpädago-
     • Fachliche Rolle, Funktion und die Ziele der         gisches Ambulatorium etc.) sind mit in die
       offenen Kinder- und Jugendarbeit sind zu            Überlegungen der Kooperation einbezogen.
       wenig bekannt.                                    • Die beiden Partnerinnen Schule und
                                                           Jugendarbeit sind gleichberechtigt.
 Damit dieses Konfliktpotential entschärft werden        • Eine abgesicherte Kontinuität und die Nach-
 kann, braucht es die Benennung der obengenann-            haltigkeit des Projekts werden angestrebt.
 ten Barrieren und die Institutionalisierung der         • Die Professionalität wird von der Schule und
 Zusammenarbeit, das heisst es braucht Aufträge,           der Jugendarbeit weiterentwickelt. Dabei wird
 Verträge, Pflichtenhefte und klare Strukturen.            berücksichtigt, dass für die unterschiedlichen
                                                           Berufsgruppen je eigene Perspektiven auf
 Zusammenarbeitsverträge können vor Ort vor allem          Situationen, Zusammenhänge und Menschen
 durch Vereinbarungen und Kontakte zwischen den            erforderlich sind.
 Beteiligten geschaffen werden. Darin verpflichten

                                                                                                       17
4.2     Anforderungen
Damit Schule und offene Jugendarbeit erfolgreich
zusammenarbeiten können, ist es sinnvoll, vorher
folgende Fragen zu stellen:

  • Welches sind die Interessen der beiden Parteien      • Die Zusammenarbeit zwischen Jugendarbeit
    Schule und Jugendarbeit? Ist absehbar, dass bei-       und Schule hat nur dann Aussicht auf Erfolg,
    de Seiten auf ihre Kosten kommen und dadurch           wenn das Projekt von der Konzeptionsentwick-
    Gewinn aus der Kooperation ziehen können?              lung bis zur weiteren Profilierung kein einseiti-
  • Ist die Kooperation beiderseits gewollt?               ger Akt ist, sondern als partnerschaftlicher
  • Sind Schülerinnen und Schüler sowie Eltern,            Prozess erfolgt.
    aber auch die Schulkommission, die Vormund-          • Werden Verantwortungsübernahme und Kom-
    schaftsbehörden, das heilpädagogische Ambu-            petenzen wechselseitig zugestanden und die
    latorium und andere PartnerInnen des lokalen           Kontrolle gemeinsam verabredet?
    Netzwerks «Bildung» mit in die Überlegungen          • Die unterschiedlichen Berufsgruppen mit je ei-
    einbezogen? Wird die angestrebte Kooperation           genen Perspektiven auf Situationen, Zusam-
    auch von diesen Stellen unterstützt?                   menhänge und Menschen erfordern, dass die
  • Sind die beiden Partner Schule und Jugendar-           Professionalität auch gemeinsam weiterentwi-
    beit gleichberechtigt? Gestehen sich die Partner       ckelt wird. Mehrperspektivität ist in diesem Fall
    die jeweils andere Fachkompetenz zu?                   ein Gewinn und kommt der Gestaltung einer
  • Kooperationsbemühungen machen dann Sinn,               kinder- und jugendgerechten Schule zugute.
    wenn sie nicht nur Augenblicksprojekte sind.           Werden gemeinsame Fortbildungen für schul-,
    Wie steht es um die angestrebte und abgesi-            sozial- und gemeindepädagogische Fachkräfte
    cherte Kontinuität und Nachhaltigkeit des Pro-         durchgeführt oder geplant? Sind dafür ausrei-
    jekts? Ist langfristige Arbeit auch finanziell und     chend Mittel vorhanden? Befürwortet das auch
    personell sichergestellt?                              die Schulkommission?

18
4.3    Checkliste zur Aufnahme
       der Zusammenarbeit
Damit die Kinder- und Jugendarbeit in der Schule Fuss
fassen kann, gilt es folgende Punkte zu klären:

        A: Wie sieht der Auftrag der Kinder- und Jugendarbeit innerhalb des Quartiers oder
        der Gemeinde aus? Dazu hilft ein Blick ins Pflichtenheft der Kinder- und Jugendarbeit.
        B: Wie sieht die zeitliche Kapazität der Kinder- und Jugendarbeit aus, um Projekte
        und Angebote innerhalb der Schule anzubieten?
        C: Wie sehen die fachlichen Ressourcen der Kinder- und Jugendarbeitenden aus,
        um mögliche Projekte und Angebote innerhalb der Schule anzubieten?
        D: Wie sehen die finanziellen Ressourcen der Kinder- und Jugendarbeit aus?
        Je nach Projekt und Angebot sind diese mit Kosten verbunden (Material, externe
        Fachpersonen, Fahrkosten, eventuell spezielle Räumlichkeiten etc.). Ist es der
        Kinder- und Jugendarbeiterstelle möglich, Projekte im Rahmen des regulären
        Budgets durchzuführen, oder benötigt es zusätzliche finanzielle Ressourcen? Sollte
        aus den Verhandlungen mit den Schulverantwortlichen ersichtlich werden, dass ein
        spezielles Bedürfnis seitens der Schule besteht (z.B. Gesundheits- und Präven-
        tionskurse in sämtlichen 5. bis 9. Klassen), muss verhandelt werden, ob die Schule
        sich finanziell beteiligen oder ob das Budget der Jugendarbeiterstelle diesbezüglich
        erhöht werden kann.
        E: Wenn die Punkte A bis D geklärt sind, kann mit der Vorarbeit begonnen werden.
        Diese kann auch aus kleineren Projekten oder Angeboten bestehen, die im Rahmen
        des Schulbetriebs getätigt werden (siehe dazu Kapitel 6: Angebote und Produkte der offenen
        Kinder- und Jugendarbeit gegenüber der Schule).
        F: Bevor die Kontaktaufnahme mit den zuständigen Personen der Schule getätigt
        wird, ist es sinnvoll, sich Gedanken darüber zu machen, welche Projekte oder
        Angebote die Kinder- und Jugendarbeiterstelle anbieten kann und welches
        Alterssegment man ansprechen will. Es ist hilfreich, sich ein Bild über die Situation
        der Kinder und Jugendlichen im Quartier oder der Gemeinde zu verschaffen, um
        Brennpunkte aufnehmen zu können. Zudem muss geklärt sein, ob es in den entspre-
        chenden Schulhäusern eine Schulsozialarbeiterstelle bereits gibt. Sollte dies der Fall
        sein, gilt es Angebote zu erstellen, die ergänzend zu der Schulsozialarbeit sind. Ein
        Gespräch mit der zuständigen Person der Schulsozialarbeit bezüglich möglicher
        Lücken oder Bedürfnisse innerhalb der Schule ist unumgänglich! Es ist sinnvoll, im
        Alterssegment Mittelstufe einzusteigen, um Beziehungsarbeit zu leisten, damit die-
        se in der Oberstufe wissen, an wen sie sich wenden können, wenn sie Unterstützung
        brauchen.
        G: Sind mögliche Projekte oder Angebote im Grundgerüst erstellt, gilt es, Kontakt
        mit den zuständigen Personen der Schule aufzunehmen. Dazu müssen folgende
        Informationen eingeholt werden:
           • Welcher Stelle ist die Kinder- und Jugendarbeiterstelle unterstellt? Beste
             Voraussetzung bietet die Unterstellung unter den Gemeinderat. Sollte dies nicht
             der Fall sein, gilt es abzuklären, ob und wie allenfalls der Gemeinderat in die
             Kinder- und Jugendarbeit einbezogen ist.
           • Wer ist die vorgesetzte Person seitens der Schule? Bei der Gemeinde herausfin-
             den, wer das Ressort Bildung betreut und wer das Präsidium der Schulkom-
             mission führt.
           • Wer ist die zuständige Schulleitungsperson auf der Ober- und Mittelstufe?
             Diese Personen können Anliegen und Informationen weiterleiten und ermög-
             lichen, dass die Kinder- und Jugendarbeit in der Schule Fuss fassen kann.
           • Sind der Schule auch Kleinklassen angegliedert? Kleinklassen sind nicht im
             Rahmen des regulären Schulbetriebs, sondern meist als Kleinklassenverbund or-
             ganisiert, und sind anderen Personen unterstellt. Diese gilt es ebenfalls ausfin-
             dig zu machen, um auch in diesen Klassen tätig zu sein.

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• Gibt es eine Früherfassungs- oder Präventionsgruppe innerhalb der (Schul-)Ge-
         meinde? In verschiedenen Gemeinden oder Schulgemeinden gibt es Früher-
         fassungsgruppen oder eine Fachgruppe Prävention. In solchen Gruppen sind
         meist zuständige Gemeinderäte, Schulkommissionsmitglieder, Schulleitungs-
         personen und Personen aus dem Bereich Sozialarbeit vertreten. In dieser
         Gruppe werden Themen zur Prävention erarbeitet und Ideen entwickelt, zudem
         wird über Kinder und Jugendliche, die negativ auffallen, gesprochen. In dieser
         Gruppe Einsitz zu bekommen, wäre sehr hilfreich für die Zusammenarbeit mit
         der Schule und ermöglichte die Einbringung der Perspektive des Freizeitbereichs
         von Kindern und Jugendlichen.
     H: Kommunikation / Arbeitsauftrag einholen:
     Wenn die Punkte im Abschnitt G geklärt sind, kann die Verhandlung beginnen.
     Wichtig ist, das Gespräch möglichst mit dem Gemeinderat zu führen, evtl. in
     Begleitung der vorgesetzten Person der Kinder- und Jugendarbeiterstelle. Professio-
     nelles Auftreten ist wichtig! Es geht darum, die Stärken und Ressourcen der Kinder-
     und Jugendarbeiterstelle aufzuzeigen und am Auftrag festzuhalten. Es geht darum,
     dass die leitenden Personen der Schule realisieren, dass die Kinder- und Jugend-
     arbeiterstelle für sie ausserordentlich interessant ist. Die Kinder- und Jugendarbeit
     kann Teilbereiche abdecken und die Lehrpersonen und die Schulsozialarbeit unter-
     stützen. Verhandlungen mit einzelnen Lehrpersonen können für Teilaufgaben und
     Kurzaufträge gut sein, nicht aber für die Institutionalisierung der Kinder- und
     Jugendarbeit im Bereich Schule.
     I: Arbeitsauftrag gegenüber den Lehrpersonen kommunizieren:
     Wichtig ist, Aufträge nicht nur mündlich zu kommunizieren,
     sondern schriftlich festzuhalten.

     Die folgenden Punkte müssen im Arbeitsauftrag klar geregelt werden:
       • Ziel des Auftrages
       • Kompetenzen der Kinder- und Jugendarbeit
       • Rahmenbedingungen und finanzielle Aspekte des Angebots
       • Ansprechperson für die Kinder- und Jugendarbeitenden bei Problemen
       • Verbindlichkeit und Regelmässigkeit des Angebots
       • Abläufe und Prozedere sind klar festgehalten
       • Grenzen der Kinder- und Jugendarbeitenden sind formuliert und
         transparent gemacht

     Der Gemeinderat muss zusammen mit dem Schulkommissionspräsidium die
     Lehrpersonen über ein mögliches Angebot informieren. Die Kinder- und Jugend-
     arbeitenden können, nachdem die Lehrpersonen offiziell über die Zusammenarbeit
     und die klare Aufgabenstellung informiert wurden, sich dem Kollegium an einer
     Konferenz vorstellen.
     K: Kommunikation aufrechterhalten:
     Ein regelmässiger Austausch mit den Schulleitungspersonen ist für die Arbeit in der
     Schule unumgänglich. Es ist hilfreich, wenn die Kinder- und Jugendarbeitenden regel-
     mässig im Lehrerzimmer sind und die Beziehung zu den Lehrkräften pflegen.
     Informationen über die Angebote der Kinder- und Jugendarbeiterstelle allgemein
     können ebenfalls in der Elternpost oder im Infoblatt der Schule eingebracht werden.

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4.4     Hilfreiche Tipps
        für die Zusammenarbeit
        mit der Schule
  • Die Schlüsselpersonen im System Schule soll-         • Öffentlichkeitsarbeit und Informationsaus-
    ten bekannt sein und die Kontakte entspre-             tausch zu planen und sich an den Zeitplan zu
    chend gepflegt werden. Wichtige Personen sind          halten, erleichtert die Zusammenarbeit.
    die Schulleitung, ältere und/oder erfahrene          • Es braucht Kontinuität.
    Lehrpersonen (informelle Machtträger) und der        • Es ist von Vorteil, die Lehrpersonen nicht mit
    Hauswart oder die Hauswartin.                          Angeboten zu überhäufen und in Absprache
  • Es ist wichtig, die Organigramme, Zuständig-           mit ihnen Abläufe wie das Verteilen von Flyern
    keiten und Abläufe zu kennen, z. B. ob es an der       oder das Versenden eines Elternbriefes zu pla-
    Schule eine/n Gesundheitsbeauftragte/n gibt.           nen und die Abmachungen einzuhalten.
  • Es ist nützlich, sich bei einem neuen Mitarbei-
    ter oder einer neuen Mitarbeiterin vorzustellen.

5.      ANGEBOTE UND PRODUKTE DER
        OFFENEN KINDER- UND JUGEND-
        ARBEIT GEGENÜBER DER SCHULE

5.1.    Pausenplatzaktionen                            5.4     Gesundheitsförderung
Die Kinder- und Jugendarbeitenden konfrontieren                und Präventionskurse
die Schülerinnen und Schüler auf dem Pausenplatz       Die Kinder- und Jugendarbeitenden führen inner-
gezielt mit themenspezifischen Aktionen (wzB.: ge-     halb von Schulklassen der Mittel- und Oberstufe
sunde Ernährung, Suchtproblematik, Bewegung im         Lektionen zu den Themen Sucht, Liebe, Sexualität
Alltag etc.).                                          und Gesundheit durch. Dies kann in institutionali-
                                                       sierter Form, aber auch gezielt auf Anfrage einer
Die Kinder- und Jugendarbeitenden stehen den           Lehrperson hin geschehen.
Schülerinnen und Schülern für einen «Schwatz» zur
Verfügung und fördern dadurch den Beziehungs-          5.5     Soziale Gruppenarbeit
aufbau.                                                Die Kinder- und Jugendarbeitenden können in
                                                       schwierigen Klassensituationen der Lehrperson
5.2.    Öffentlichkeitsarbeit                          Hilfe anbieten und themenspezifisch mit der Klasse
        im Klassenzimmer                               arbeiten. Bestehende Beziehungen seitens der
Die Kinder- und Jugendarbeit aus dem Einzugs-          Kinder und Jugendlichen zu den Kinder- und Jugend-
gebiet des Schulkreises stellt sich und ihr Angebot    arbeitenden sind in solchen Situationen oftmals för-
den Klassen vor.                                       derlich.

5.3     Schullager                                     5.6     Mitwirkung bei
Die Kinder- und Jugendarbeitenden begleiten gezielt            Anlässen der Schule
Schulklassen in Klassenlager (Wintersportlager,        Sporttage, Tage der offenen Tür, Projektwochen,
Landschulwochen etc.). Sie können den Lehr-            Schulfestivitäten, Elternabende etc. Die Kinder- und
personen bei schwierigen Klassensituationen Hilfe      Jugendarbeitenden können sowohl personelle als
bieten (Streitschlichtungsprogramme, Gewaltprä-        auch fachliche Ressourcen mit einbringen und ent-
ventionskurse, SchülerInnenmediation etc.).            lastend sowie unterstützend bei solchen Anlässen
                                                       mitwirken.
Ausserdem lernen die Kinder- und Jugendarbei-
terInnen alle Kinder und Jugendlichen einer Klasse
kennen.

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