ORANGERIE VOLLGAS - 72STAGPOWER
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Sport · Jägermeister Racing-Sammlung von 72 Stagpower
VOLLGAS
ORANGERIE [ TEXT Gregor Messer FOTOS Aleksander Perkovic ]
Drei Jahrzehnte lang gestaltete
Sponsor Jägermeister mit seinen
orange lackierten Wagen die Renn-
sport-Landschaft. 20 davon finden
sich heute in der kleinen, feinen
Sammlung von 72 Stagpower
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Sport · Jägermeister Racing-Sammlung von 72 Stagpower
R
1974/75 PORSCHE CARRERA RSR ot ist die Farbe der Liebe. Grün die dungskunst, um für seinen ersten Start bei der
Schimpf steuerte den GT auf der Rundstrecke der Hoffnung. Schwarz sind die Rallye Monte Carlo 1972 etwas Geld lockerzu-
und am Berg. 2005 holte er sein noch hundert- Rennreifen. Und Orange steht für machen. „Wie, nur 500 Mark?“, fragte Mast sei-
prozentig originales Auto aus Amerika zurück eines der legendärsten Motorsport- nen Vetter Eckhard, „komm’, nimm’ 1000 Mark,
Sponsorings, das die deutsche Rennsport-Land- das ist was Genaues.“ „Wir sind ja nicht mal ins
schaft je erlebt hat. Die knallorange lackierten Ziel gekommen. Vorher rausgerutscht sind wir“,
Jägermeister-Autos mit ihrer aggressiven Far- erinnert sich Schimpf. Aber Cousin Günther zeig-
bigkeit hauten auf der Strecke nicht minder rein te sich weiterhin großzügig: „Mach’ ein richtiges
als allzu reichhaltiger Verzehr des 38-prozenti- Racing Team. Und verpflichte einen Star.“ Klare
gen Kräuterlikörs. In den 70er-, 80er- und 90er- Ansage für „Ecki“ Schimpf: Mit Doppel-Welt-
Jahren saßen oft Top-Fahrer auf Top-Autos, weit meister Graham Hill schloss der Enkel des Fir-
gestreut in vielen Kategorien und Klassen. Vom mengründers einen Vertrag für die Formel-2-Sai-
kleinen NSU TTS bis zum Formel-1-March – Jä- son 1972 ab. Für bescheidenes Geld übrigens.
germeister präsentierte sich auf breiter Front. Hinter jedem Exponat verstecken sich klasse
Heute stehen 20 der insgesamt weit über 50 Anekdoten. So auch hinter Hills Verpflichtung:
Jägermeister-Boliden in Braunschweig. 72 Stag- „Graham flog mit seiner Cessna nach Braun-
power heißt die Firma, die sie betreut, auf sie schweig“, erzählt Schimpf, „kaum gelandet,
Zwischen 1972
und 2000
wurden in über
2500 Rennen
über 130 Fah-
rer mit Jäger-
1973 ALPINA-BMW 3.0 CSL
meister-Autos
Niki Lauda fuhr das Coupé zum
24h-Sieg auf der Nordschleife eingesetzt
aufpasst, ihnen revitalisiertes Rennsportleben meinte er: ‚Ich hatte schon Angst, ich wäre in
einhaucht und sie in einem tollen, aber nichtöf- Russland!‘ Wir hatten damals ja nur 20 Kilometer
1976 MARCH 761 Wie schon beim GP Deutschland 1974 fentlichen Museum beherbergt. Hier ein Capri, bis zur DDR-Grenze.“
steuerte Hans-Joachim Stuck auch 1976 einen orangefarbenen dort ein Porsche 962, in der Ecke gegenüber ein Der O-beinige Gentleman war nicht der einzige
March über die Nordschleife. Die Deals mit March-Boss Max Brabham BT38. Dazu Porsche, ein paar March- prominente Sieger auf einem von Jägermeister
Mosley schloss Schimpf immer per Handschlag ab Monopostos, einige BMW 320. Der Name 72 Stag- gesponserten Rennwagen. Niki Lauda, Jacky
power leitet sich vom Gründungsjahr des Engage- Ickx, Stefan Bellof, Hans-Joachim Stuck, Jochen
ments ab. Stag ist das englische Wort für Hirsch. Mass, Klaus Ludwig, Vic Elford trugen ebenso
den Hubertus-Hirsch auf dem Overall wie die na-
1972 FORD CAPRI RS 2600 Große Namen, große Erfolge tionale Elite oder das Heer kaum bekannter
Der Ex-Röhrl-Capri aus der Werkstatt Angefangen hatte alles mit Eckhard Schimpf. Der Rundstrecken-Amateure. Schimpf galt dabei nie
der Gebrüder Kleint wurde 1973 von gelernte Journalist der Braunschweiger Zeitung als der großzügige Onkel mit der Geld-Gießkan-
Schimpf bei der Monte gefahren gehörte zur Jägermeister-Besitzerfamilie Mast. ne. Aber er wusste, wann es sich lohnte, in einen
Ein junger Motorsport-Fan, der sich schon früh Piloten oder ein Projekt zu investieren – wenn
für den Automobilsport begeisterte – und irgend- die mediale Gegenleistung stimmte. Das war er
wann selbst fahren wollte. Erstes Objekt seiner dem Unternehmen seiner Familie schuldig.
Begierde: Ein VW-Porsche 914/6, 120 PS stark. „Über 130 Fahrer starteten auf Jägermeister-
Schimpf brauchte bei Jägermeister-Boss Gün- Autos in über 2500 Rennen“, bilanziert Schimpf.
ther Mast, seinem Cousin, nicht viel Überre- An die Deals mit March-Besitzer Max Mosley – >
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später die rechte Hand und Mitstreiter von Ex- ker. „Zwölf Autos, die wir hier stehen haben, sind
Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone und rennfertig“, erläutert Schimpf, „zudem arbeiten
schließlich FIA-Präsident – erinnert sich Schimpf wir am Neuaufbau einiger Modelle.“ 72 Stagpo-
heute noch gerne: „Das haben wir per Hand- wer ist nicht nur zum Selbstzweck erdacht, ist
schlag gemacht. Anwälte, die ein hundertseitiges nicht nur die großzügige Pflege eines aufwändi-
Vertragswerk prüfen, wie das heute unabdingbar gen Hobbys. Die Firma ist auch ein Business
ist, brauchten wir keine.“ Case und verkauft Klassiker: „Replica ist so ein
In den sauber gepflegten Räumen auf 600 Qua- schrecklicher Begriff“, sagt Schimpf, „mir gefällt
dratmetern, die durchaus Studio-Charakter be- Reloaded besser.“ Als „Two-of“ bezeichnet der
80-Jährige die Herstellung neu aufgebauter
Renn-Oldies aus Original-Teilen – mehr als zwei
Im Privatmu- neue pro Typ soll es nicht geben.
seum befindet Regelmäßig wird im nahen Oschersleben die
sich auch eine orange Armada von Profis bewegt. „Viele Fahrer
Rennsport- von früher rufen an und fragen, ob sie mal wieder
Bibliothek und
manch weite-
rer Schatz
1974 PORSCHE CAR-
RERA Auch Rallye-Star
Walter Röhrl fuhr den
ehemaligen Berg-RSR/935 1985 PORSCHE 956 Der einst
bei historischen Events vom Porsche-Kundenteam Brun
eingesetzte Sport-Prototyp mit
2,65-Liter-Biturbo-Boxer wurde
Eckhard bei 72 Stagpower neu aufgebaut
Schimpf,
Enkel des
Firmengrün-
ders, ist die
treibende 1972 PORSCHE 914/6 Das erste
Jägermeister-Rennauto startete am Berg
Kraft hinter und auf der Rundstrecke – auch in Le Mans
72 Stagpower 1977 MARCH-BMW 772
Jochen Mass dominierte
damit beim Gaststart auf der
sitzen, finden sich nicht nur Sieger-Kränze aus Gas geben dürfen.“ Zu Klassik-Rallyes werden Nürburgring Nordschleife
gewonnenen Rennschlachten. Sitzgarnitur, Ess- die Autos als bunte Highlights gerne eingeladen.
tisch, Espressomaschine, Modellauto-Vitrine und Schimpf möchte am liebsten von jedem seiner
Bücherwand verleihen eine wohnliche Gemüt- Rennwagen ein Exemplar in der Halle stehen ha-
lichkeit. Helme ehemaliger Jägermeister-Fahrer ben: „Ein Trabant, wie wir ihn nach der Wende im
sorgen für zusätzliche Authentizität. In der hellen Osten unterstützt hatten, kommt auf jeden Fall
Werkstatt zieren Porträts der wichtigsten und dazu. Aber auch ein Kremer-Porsche K3 wäre ein
erfolgreichsten Jägermeister-Piloten die Wände. Wunschobjekt.“ Die orangenen Zeiten, sie wer-
Zurzeit schrauben drei festangestellte Mechani- den noch rosiger. n
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