ORL im internistischen Alltag - Aktuelle Therapie und red flags - Tobias Kleinjung
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ORL im internistischen Alltag – Aktuelle Therapie und red flags Tobias Kleinjung ORL-Klinik UniversitätsSpital Zürich
Ursachen der akuten Halsschmerzen 5% 5% 10% Viral S. pyogenes andere Bakterien idiopathisch 80% 1 Pichichero et al. 1995, Annals of emergency medicine 25:3 2 Wessels, 2011, New England Journal of Medicine, 364;7 25.09.2019 4
Krankheitsverlauf der akuten bakteriellen Tonsillitis Inkubationszeit von 2-5 Tagen Abrupter Krankheitsbeginn - Halsschmerzen, Schluckschmerzen, Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen - Kinder: Scharlach (Erdbeerzunge, Exanthem) Spontane Heilung, ohne spezifische Therapie In 90% der Fälle nach 4 – 7 Tagen. 3 Spinks A et al. 2013, Cochrane Database Syst Rev. Komplikationen
Bakterielle Tonsillitis und Pfeiffersches Drüsenfieber Diagnostik Klinik Labor - EBV Serologie - Lymphozyten-Leukozyten Index Abstrich (Strep. A Schnelltest)
Bakterielle Tonsillitis Group A beta-hemolytic streptococcus (GABHS)
Pfeiffersches Drüsenfieber Arch Otolaryngol Head Neck Surg 133, 2007, 61 Lymphozyten- zur Leukozyten-Gesamtzahl mehr als 0,35, dann ist ein "Pfeiffersches-Drüsenfieber" mit 90-prozentiger Sensitivität und 100- prozentiger Spezifität die richtige Diagnose. Bei einer Ratio von < 0,20 ist eine Mononukleose nahezu 100-prozentig ausgeschlossen;
Pfeiffersches Drüsenfieber Therapie Symptomatisch (Analgesie, Rehydrierung) Ggf. Dalacin (Cave: Exanthem bei Amoxicillin)
Bakterielle Tonsillitis Therapie Die Streptokokken-Angina hat meist einen benignen Verlauf mit spontaner Besserung innert einer Woche mit oder ohne AB (symptomatische Behandlung) Antibiotika können bei positivem Schnelltest meist verzögert eingesetzt werden, d.h. bei Symptomverschlechterung oder Nichtbesserung innert 72 Stunden Gem. internationalen Guidelines sind AB nicht indiziert, um einen Peritonsillarabszess oder ein rheumatisches Fieber zu verhindern AB verringern im Vgl. zu Placebo die Symptomdauer um 1-2 Tage
Bakterielle Tonsillitis Therapie Centor-Score oder McIsaac >2: Eine Therapie mittels Antibiotika (Penicillin oder Amoxicillin) abhängig vom Zustand des Patienten bzw. bei Verschlechterung der Symptomatik empfohlen. Ein Abstrich kann erwogen werden (asymptomatische Träger)
Negativer Abstrich und klares Bild einer akuten Tonsillitis soll behandelt werden
Red flags: Infektiöse Mononukleose protrahierter Verlauf (Wochen bis Monate), Milzruptur Hepatitis ARDS Meningoenzephalitis
Komplikationen: Peritonsillarabszess
Red flags: bakterielle Tonsillitis Lokal: Peritonsillarabszess, Parapharyngealabszess, Hals-Abszess, Mediastinitis Septisch: Thrombose der V. jugularis interna mit Lemièrre-Syndrom, Endokarditis Immunologisch als Folge bei Infekt mit β-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A: rheumatisches Fieber, Glomerulonephritis (beides eher im Sinne von Raritäten!)
Entzündungen des äusseren Ohres Otitis externa (Gehörgangsentzündung, swimmer’s ear) Pathogenese: Mischinfekt der Gehörgangshaut Gramnegative Keime (Pseudomonas, Proteus) Anaerobier Grampositive Keime (Staphylokokken) Gelegentlich auch Trommelfell mitbetroffen (Myringitis)
Otitis externa (swimmer’s ear) Anamnese: Nach dem Schwimmen, Tauchen? Schmerzen? Schwerhörigkeit? Ausfluss? Klinik: Juckreiz Schmerzen, v.a. bei Zug und Druck der Ohrmuschel Bei Verlegung des Gehörganges Schallleitungsschwerhörigkeit
Otitis externa (swimmer’s ear) Diagnostik: Inspektion, Otoskopie (im Idealfall Ohrmikroskopie) Stimmgabelprüfung Eventuell Abstrich
Otitis externa (swimmer’s ear)
Red flags: Otitis externa (swimmer’s ear) Komplikationen: Ohrmuschelperichondritis, Erysipel Otitis externa necroticans/maligna (bei Diabetes!)
Andere Veränderungen der Ohrmuschel Herpes zoster oticus (starke Schmerzen, ggf. mit Facialisparese, Schwindel, Schwerhörigkeit) Umschriebene Infekte, (z.B. nach Piercing)
Otitis externa (swimmer’s ear) Therapie: Lokale Applikation von antibiotischen und abschwellenden Tropflösungen (ggf. auf Schwämmchen, Gazestreifen) Selten systemische Antibiotikatherapie erforderlich (Ciprofloxacin) Bei Persistenz der Beschwerden über mehr als 2-3 Tage Überweisung zum ORL- Arzt/Hausarzt
Otitis externa (swimmer’s ear) Panotile® (Neomycin, Polymyxin, Fludrocortison, Lidocain) Cave: TF-Perf. Polydexa ® (Polymyxin, Neomycin, Dexamethason) Ciproxin HC ® (Ciprofloxacin, Hydrocortison) Ethanol 70% H2O2 (3%-ig) Desomedin ® (Hexamedin)
Otitis externa (swimmer’s ear)
Otitis Media Pathogenese: Virale und/ oder bakterielle Infektion Erreger: Strep. Pneumoniae Hämophilus influenza Moraxella catarrhalis Influenzaviren; Herpesviren
Otitis media: Therapie Therapie Konservativ (NSAR; AB; Steroide) Parazentese/ Paukenröhrcheneinlage Antrotomie
Otitis media: Therapie
www.thelancet.com Vol 392 August 18, 2018 557
Otitis media: Red flags/Komplikationen Hochfrequenter Tinnitus Schwindel/ Nystagmus KIT Weber
Hörsturz «Der Hörsturz ist eine ohne erkennbare Ursache plötzlich auftretende, in der Regel einseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit cochleärer Genese von unterschiedlichem Schweregrad bis hin zur Ertaubung. Schwindel und/oder Ohrgeräusche können zusätzlich auftreten.» Leitlinie «Hörsturz» der Dt. Gsellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, AWMF 017/010, akt. Stand 01/2014 http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/017-010l_S1_Hoersturz_2014-02.pdf
Kleinjung, Huber, SMF, 2016;16(48):1038–1045
Sudden sensorineural hearing loss (USA) SSSNHL is defined as a rapid onset, occuring over a 72-hour-period, hearing impairment in one or both ears. The most frequently used audiometric criterion is a decrease in hearing of ≥ 30 dB HL, affecting at leat 3 consecutive frequencies. Hearing loss is defined as related to the opposite ear’s threshold.1 In clinical practice the definition to cases with less than 30 dB HL may be considered.2 1National Institute of Deafness and Communication Disorders.Sudden deafness. 2000. http://www.nidcd.nih.gov/health/hearing/sudden.htm 2Clinical Practice Guideline: Sudden hearing loss http://oto.sagepub.com/content/146/3_suppl/S1.full.pdf+html
Hörsturz - Diagnose
Pathogenese des Hörsturzes Aetiologie weiterhin unklar Verschiedene modellhafte Vorstellungen Virale, bzw. inflammatorische Theorie (inflammatorische Veränderungen in postmortalen Felsenbeinuntersuchungen, Nachweis von Antikörpern, zeitlicher Zusammenhang im Auftreten mit oberen Atemwegsinfekten, Tierexperimente) Vaskuläre, bzw. cochleäre Ischämie Theorie (plötzliches Auftreten, Zusammenhang mit cardiovaskulären Risikofaktoren, Tiermodell Wahrscheinlich unterschiedliche Ursachen, die in einem gemeinsamen «cellular stress pathway» münden
Therapie des Hörsturzes Bei Unsicherheit bzgl. der Aetiologie ist der Hörsturz ein Symptom und keine klare Diagnose Bei hoher Spontanremissionsrate (gemäss Lit. bis 68%) kein Notfall, sondern Eilfall (innerhalb 48-72h Abklärung empfohlen) Datenlage bzgl. Evidenz unklar Unterschiedliche Leitlinien (USA, D) Suggestive positive Effekte für Steroide und HBO-Therapie Steroidbehandlung derzeit international favorisiert, allerdings in unterschiedlichen Darreichungs- und Dosierungsformen (z.B. 60 mg Prednison vs. 250 mg Prednison)
Hörsturz – the «Zurich» approach Therapie po: Dexamethasone 40 mg d1-3 Dexamethasone 10 mg d4-6 Cave Nebenwirkungen!
Hörsturz – the «Zurich» approach Systemische Therapie unmöglich (DM, SS, Immunosuppression,...) oder als «Salvage» Therapie bei ungenügender Hörerholung nach oraler Therapie Drei intratympanale Injektionen (6.6 mg Dexamethasone mit 2.2 mg Hyaluronsäure) innert 1Woche
Schwindel HINTS Head Impulse Test Nystagmus Test of Skew
HINTS A benign HINTS exam is defined as abnormal HIT + direction-fixed horizontal nystagmus + absent skew deviation. A dangerous HINTS exam is defined as any one of: Normal/untestable HIT or direction-changing horizontal nystagmus present/untestable or skew deviation present/untestable Author | file name |00.00.2019 46
Peripher vestibuläre Störung z.B. BPLS, M. Menière, Vestibularis-Ausfall, Vestibularisschwannom, Labyrinthitis Charakteristika D r e h -Schwindel Nystagmus richtungsbestimmt horizontal vegetative Symptome ( Ohrsymptome ) HINTS pathologischer KIT kein Blickrichtungsnystagmus (Spontannystagmus immer zur gleichen Seite) keine Skew Deviation
Zentral vestibuläre Störung / Red flags Hirninfarkt, Blutung, Tumor, vertebrobasiläre insuffizienz Charakteristika Systematischer Schwindel ( Unsystematischer Schwindel ) verschiedene Nystagmusbefunde wenig ausgeprägte veget. Symptome neurologische Symptome (Kopfschmerz) HINTS KIT normal Wechselnder Blickrichtungsnystagmus (evt. auch vertikal) Skew Deviation vorhanden
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