Paypal - reif für den deutschen Markt? - Die Bank 07/2004 INTERNET-ZAHLUNGSSYSTEME
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Die Bank 07/2004 Rubrik: IT & Kommunikation INTERNET-ZAHLUNGSSYSTEME Paypal - reif für den deutschen Markt? Mit dem Erwerb einer Lizenz als Electronic Money Institution (ELMI) in Großbritannien hat Paypal, ein Tochterunternehmen von eBay, die Weichen gestellt, seine Zahlungsverkehrsaktivitäten in Europa und in Deutschland zu intensivieren. Welche Implikationen sind für den E-Payment-Markt zu erwar- ten? Die Autoren stellen das PayPal-Modell vor und analysieren die Auswirkungen der neuen Strate- gie. Autoren: Dr. Jens-Werner Hinrichs / Dr. Malte Krüger / Karsten Stroborn Keywords: E-Commerce, Zahlungssysteme eBay boomt. Aktuelle Geschäftszahlen belegen eindrucksvoll den Erfolg seines Geschäftsmodells in Deutschland und der ganzen Welt. Zur riesigen Anzahl von Auktionen zwischen Privatpersonen tritt zunehmend das Geschäft mit Einzelhändlern, die eBay als attraktiven Vertriebsweg entdecken. Fix- preisgeschäfte ergänzen Auktionsmechanismen. Die Auktionsplattform entwickelt sich zu einem um- fassenden Marktplatz. Werden die dazugehörigen Zahlungen in Deutschland heute noch zumeist durch konventionelle Über- weisungen abgewickelt, stellt in den USA das Internet-Bezahlsystem PayPal (1) gleichsam einen De-facto-Standard dar. Ende des 3. Quartals 2003 konnten 88% der in Frage kommenden Angebote auf eBay.com mit Paypal bezahlt werden. 61% der adressierbaren Bruttohandelsumsätze wurden tat- sächlich mit Paypal abgeschlossen. Auch in anderen Ländern - so in Großbritannien - gewinnt PayPal bei Internet-Auktionen zunehmend an Bedeutung (2). 1. Wer ist PayPal? PayPal-Zielsetzung: “Enable any business or individual with e- mail to send and receive online payments se- curely, conveniently and cost-effectively” 1 Die amerikanische Firma PayPal bietet seit Oktober 1999 Internet-Zahlungen an. Nach stürmischem Wachs- tum ging PayPal im Februar 2002 an die Börse. Der Preis pro Aktie nach dem ersten Handelstag entsprach einem Firmenwert von 1,2 Mrd. USD. Nur fünf Monate später wurde PayPal vom Internet-Auktionshaus eBay für 1,5 Mrd. USD in Aktien übernommen. PayPal kann heute in 38 Ländern verwendet werden, wobei allerdings die Nutzer in vielen Ländern lediglich Geld versenden - nicht jedoch empfangen - können. Nach wie vor liegt der Schwerpunkt der Nutzung in den USA. So betrug der Anteil des US-Geschäfts an den Transaktions- einnahmen im 4. Quartal 2003 fast 77%.
Heute hat PayPal über 40 Mio. Kundenkonten, von denen über 13 Mio. aktiv sind. Im Jahr 2003 beliefen sich die Transaktionseinnahmen auf rund 430 Mio. USD. Davon kamen rund 79% aus den USA. Die Anzahl der abgewi- ckelten Transaktionen belief sich 2003 auf 230 Mio. und der Transaktionswert betrug 12,2 Mrd. USD. Rund 67% des Transaktionsvolumens beruht auf Online-Auktionen. Die Wachstumsraten sind weiterhin beachtlich. Transak- tionen und Zahlungsvolumen nahmen im vergangenen Jahr um rund 80% zu. Im Bereich Person-to-Person Internetzahlungen ist Pay- Pal unbestritten die Nummer 1 in der Welt. Um in diese Position zu gelangen, mussten jedoch eine Reihe von Problemen bewältigt werden. PayPal hatte gleich mehre- re Auseinandersetzungen mit den Kreditkartenorganisa- tionen. So gab es Diskussionen wegen des Sub-Acquiring- Modells (siehe Text) und die zunächst sehr hohen Charge- Back-Raten veranlassten Visa und MasterCard, PayPal mit Strafgebühren zu belegen. Auch aufsichtsrechtlich gab es Probleme. Lange Zeit war nicht klar, ob Einlagen bei PayPal als Sichteinlagen anzusehen sind. In diesem Fall hätte PayPal eine Banklizenz gebraucht. In den USA verfügt PayPal in den meisten Bundesstaaten über eine Money-Transmitter-Lizenz. In Europa hat PayPal mit Er- werb einer E-Geld-Lizenz die aufsichtlichen Hürden über- wunden. 2. PayPal-Verwendung bei eBay USA Großbritannien Q3/02 Q3/03 Q3/02 Q3/03 Angebotsquote der ge- 74% 88% 55% 76% listeten Auktionen Abschlussquote des adressierbaren Brut- 44% 61% 13% 37% toumsatzes Zunächst war PayPal insbesondere ein US-amerikanisches Phänomen - geboren, um Restriktionen bestehender Zahlungsverkehrsgegebenheiten zu überwinden. So stellt die verbreitete Verwendung von Schecks immer dann eine Hürde dar, wenn Zahlungspflichtiger und Zahlungsempfänger räumlich getrennt sind. Der Einsatz der Kreditkarte für Zahlungen zwischen Privatpersonen ist nicht ohne weite- res möglich. So gelang es PayPal gerade im Bereich der Internet-Auktionen einen hohen bestehenden Bedarf zu befriedigen. Trotz der Ausrichtung auf den US-Markt hat PayPal auch außerhalb der USA Verbreitung gefunden. Grenzüberschreitende Zahlungen werden durch PayPal vergleichsweise kostengünstig ermöglicht. Der (außeramerikanische) Inlandeinsatz war bisher jedoch durch fehlende lokale Anpassungen limitiert, die bislang auch deshalb vermieden werden mussten, um nicht in Konflikt mit nationalen Regulie- rungsbestimmungen für Banken und Zahlungsverkehr zu geraten.
Zunächst wurde die PayPal-Tätigkeit in Deutschland als reines Auslandsgeschäft klassifiziert, das nicht der Aufsicht durch die BAFin unterliegt. Spezifische Anpassungen an den deutschen Markt, z. B. ein deutscher Internetauftritt, hätten PayPal als Anbieter im grenzüberschreitenden Dienstleistungs- verkehr in die Einflusssphäre der BAFin gebracht. 2004 hat eBay mit Paypal Europe Ltd. die Weichen gestellt, die Zahlungsverkehrsaktivitäten in Euro- pa und in Deutschland zu intensivieren. (3) erläutert die von PayPal gewählte Vorgehensweise, mit Hilfe der europäischen E-Geld-Richtlinie aufsichtlichen Anforderungen in Europa zu genügen. 3. Implikationen der E-Geld-Richtlinie der EU für PayPal Die ELMI (Electronic Money Institution)-Richtlinie der EU (2000/45/EG) ermöglicht es Anbietern elektronischen Geldes (im weit gefassten Sinne) wie PayPal, eine modifizierte Bankli- zenz zu erwerben, die das Anbieten ausgewählter Zahlungsver- kehrs-Dienstleistungen erlaubt. Das Kreditwesengesetz (KWG) erklärt den Umgang mit E-Geld in Deutschland zum Bankgeschäft. Kreditinstitute nach KWG sind automatisch berechtigt, E-Geld herauszugeben. Nichtban- ken wird der Zugang jedoch erschwert, da sie eine Art be- schränkte Banklizenz beantragen müssen und dem KWG unter- liegen. In der Folge gibt es bislang kein deutsches ELMI. In an- deren europäischen Ländern wird die Richtlinie weniger restrik- tiv gehandhabt. In England z. B. unterliegen zugelassene ELMIs zwar der Aufsicht der FSA, die Zulassung ist jedoch für Nicht- banken vergleichsweise einfach. In England wurden bereits drei ELMI-Volllizenzen erteilt. Zusätzlich gibt es in England Small E- Money Institutes, von denen 13 von der FSA bereits anerkannt sind. Diese sind von der Notwendigkeit, eine ELMI-Lizenz zu be- antragen, freigestellt, sofern sie bestimmte Anforderungen er- füllen. ELMIs, die in einem EU-Land eine Zulassung haben, dürfen in der gesamten EU ihre Dienste anbieten. Daher wird PayPal Eu- rope dank seiner britischen ELMI-Lizenz den Wettbewerb im eu- ropäischen elektronischen Zahlungsverkehr deutlich beleben. Die amerikanischen und britischen Erfahrungen lassen erwarten, dass PayPal seinen Dornröschen- schlaf in Deutschland beenden und die bisher bescheidene Abschlussquote von weniger als 2% der adressierbaren eBay-Bruttoumsätze deutlich steigern wird. Dies gilt trotz geringerer Bedarfslücke als in den USA. Der Verbreitungszuwachs innerhalb von eBay zuzüglich der weiteren eBay-Expansion könnte dafür sorgen, dass das System auch außerhalb der eBay-Welt an Attraktivität gewinnt. Mögli- cherweise kann damit die kritische Masse gewonnen werden, die den einzelnen Bezahlverfahren im Internet bisher größtenteils fehlt. Relevanz für die Kreditwirtschaft resultiert aus Komplementär- und Substitutionswirkungen mit be- stehenden Verfahren, die Erträge und zukünftige Ertragspotenziale im Internetzahlungsverkehr der Banken und Sparkassen beeinflussen. Dazu gehören Veränderungen der Kreditkartenerträge sowie mögliche Behinderungen bei der Einführung und Verbreitung neuer Verfahren – beispielsweise einer
in den Bezahlprozess integrierten Online-Überweisung: gemäß ePI-Initiative (ePI - electronic Payment Initiator) oder wie von der Postbank AG bzw. der ePrompt GmbH in Deutschland angeboten. Wie funktioniert PayPal? PayPal bietet ein breites Spektrum von Bezahlfunktionen für Privatpersonen und Unternehmen. Die Erfüllung der Mindestvoraussetzung der Existenz einer E-Mail-Adresse sowie eines Bankkontos können für alle aktiven Internetnutzer vorausgesetzt werden. Um PayPal aktiv nutzen zu können, ist die Eröff- nung eines PayPal-Kontos im Internet erforderlich. Sie ist in wenigen Minuten abgeschlossen. Die Ein- richtung eines kostenlosen Basis-Kontos erlaubt grundsätzlich das einfache Empfangen und Senden von Geld. < Ubiquität, leichter Zugang zur Grundfunktionalität Es reicht die Kenntnis der E-Mail-Adresse des Gegenparts aus, die Kenntnis einer kompletten Bank- verbindung ist auch im internationalen Verkehr nicht notwendig. < Hohe Usability Die E-Mail-Adresse ist auch die Basis, um Elemente des viralen Marketings einzusetzen: So kann Geld auch an Personen gesandt werden, die (noch) nicht registriert sind. Sie erhalten dann eine PayPal- Nachricht, die sie zur Registrierung auffordert, um anschließend über den bereitgehaltenen Betrag verfügen zu können. < Hohe Viralität Das Basis-Konto weist jedoch Limitierungen bezüglich der Höhe der Zahlungen sowie ihrer Herkunft auf. Zum Bezahlen muss zunächst ein entsprechendes Guthaben auf dem PayPal-Konto geschaffen werden. Seit April 2004 ist es möglich, das Verfahren zu verkürzen und mittels Überweisung Geld vom eigenen Bankkonto direkt auf fremde PayPal-Konten zu senden. Die Entgegennahme von Zahlungen, die auf einer Kreditkartenbelastung basieren, ist nicht möglich. Sie stellt jedoch einen wesentlichen Mehrwert von PayPal dar. Über kurz oder lang wird deshalb die Einrichtung eines Premium-Kontos notwendig. In diesem Fall ist eine Kreditkarte zu registrieren. Dies grenzt jedoch den Kreis der tat- sächlichen Nutzer deutlich ein. < Derzeit de facto Beschränkung auf Kreditkarteninhaber Danach stehen alle wesentlichen PayPal-Funktionen zur Verfügung. Der Nutzer kann ad hoc Zahlun- gen an Privatpersonen und Händler auslösen, die den Saldo seines PayPal-Kontos überschreiten – zum Salden-Ausgleich wird die registrierte Kreditkarte belastet. < Ad hoc-Zahlungsfähigkeit
Zudem kann er nun Zahlungen empfangen, die ihrerseits einer Kreditkartenbelastung entstammen, ohne einen direkten Akzeptanzstellenvertrag mit Kreditkartengesellschaften zu haben. Allerdings ver- pflichtet er sich, für jeden Zahlungseingang ein Disagio hinzunehmen. < Kostenpflichtige Zahlungseingänge Das PayPal-Modell lässt sich als ein Sub-Acquiring-Modell interpretieren. Durch einen Vertrag mit PayPal können Kunden auf indirektem Weg als Kreditkartenakzeptanzstellen auftreten. Dieses Vor- gehen ist zunächst bei den Kreditkartenorganisationen auf Kritik gestoßen. Es ist jedoch gelungen, ei- ne einvernehmliche Lösung zu finden. Davon profitieren vor allem kleine Internet-Händler. Im Wesent- lichen wird durch diese Funktionalität jeder Konsument zum potenziellen Händler im Sinne der Kre- ditkartenwelt. < Sub-Acquiring Inhaber eines Business-Kontos nutzen alle Dienste des Premium-Kontos und darüber hinaus weitere Funktionalitäten. Einen Überblick über den Zahlungsfluss im Paypal-System gibt (4). 4. Zahlungsfluss im PayPal-System alternativ: Überweisungs- lauf 3-4 Tage PayPal Hausbank Hausbank Zahlungs- Zahlungs- pflichtiger X EUR abzgl. Provision empfänger 3,4% * X EUR Provision/Gebühr X EUR + 0,35 EUR abzgl. 1 EUR abzgl. Kontosaldo1) übliche Überweisungs- Einzugs- Premium-Konto Premium-Konto lauf 5-7 Tage intervalle Zahlungs- Zahlungs- pflichtiger X EUR abzgl. empfänger Provision/Gebühr X EUR abzgl. X EUR Sofortbuchung Kontosaldo abzgl. Kontosaldo Kreditkarte PayPal-Buchung Zahlungs- Sofortbuchung Bank-Überweisung pflichtiger Kreditkartenlastschrift 1) genau X EUR bei Direktüberweisung Das Ausfallrisiko verteilt sich nach den üblichen Regeln zwischen Zahlungsempfänger, Acquirer und kartenausgebender Bank. Wichtig gerade für das Auktionsgeschäft ist, dass die Zahlungen zwischen den PayPal-Konten sofort gebucht werden und der Empfänger benachrichtigt wird. Dies bringt gegen- über dem deutschen Standardverfahren Überweisung deutliche Zeitvorteile (ein bis drei Tage).
< Verfahrensbeschleunigung durch Sofortbuchung der Zahlung Zu beachten ist jedoch: Möchte der Zahlungsempfänger außerhalb der PayPal-Welt über das Geld ver- fügen, ist es notwendig das Guthaben auf ein heimisches Bankkonto zu transferieren. Dafür berech- net PayPal einerseits eine Gebühr von zurzeit 1 EUR, andererseits nimmt dieser Vorgang mit fünf bis sieben Werktagen bis zum Eingang auf dem Empfängerkonto noch relativ viel Zeit in Anspruch. Au- ßerhalb von PayPal beschränkt sich der Zeitvorteil dann auf das Zahlungsavis. < Eingeschränkte Liquidität PayPal könnte aber mit relativ beschränkten Mitteln eine Anpassung an übliche innerdeutsche Über- weisungszeiten realisieren. In den USA steht zusätzlich die GAA-Verfügung mittels einer Debitkarte zur Verfügung. Die Rolle der Kreditinstitute PayPal erweitert durch Sub-Acquiring die Zahl der Akzeptanzstellen für Kreditkarten im Internet und erhöht die Menge der kreditkarten-bezogenen Transaktionen, ohne dass es dazu eigener Aktivitäten der Kreditwirtschaft bedarf. < Mehr Akzeptanzstellen und Transaktionen Verfügt der Zahlungsempfänger über ein Premium oder Business-Konto, so zieht PayPal von ihm ein Disagio in Höhe von derzeit 2,7% bis 3,4% zuzüglich einer Transaktionsgebühr ein. Bei grenzüber- schreitenden Zahlungen werden zusätzlich 0,5% fällig. Dieses Disagio wird zwischen PayPal und dem Kreditkartenacquirern aufgeteilt, soweit der Bezahlbetrag einer Kreditkarte belastet wurde. Das kar- tenausgebende Kreditinstitut wiederum erhält einen Anteil („Interchange“) von den Acquirern. Soweit zusätzliche Kreditkartentransaktionen generiert werden – dies ist in Deutschland derzeit im Wesentli- chen der Fall -, ergeben sich weitere Erlöse. Werden herkömmliche Kreditkartenzahlungen durch Pay- Pal-Transaktionen substituiert, die ihrerseits auf Kreditkartenzahlungen beruhen, ergibt sich für die Kreditwirtschaft zunächst kein Verlust. < PayPal-Transaktionen erhöhen die Kreditkartenerträge der Kreditwirtschaft Dem positiven Effekt einer Erweiterung der Transaktionen stehen jedoch eine Reihe möglicher gegen- läufiger Effekte gegenüber: • Ein Teil der Kreditkartenerlöse kann durch die Ausgabe einer Co-Brandingkarte abgeschöpft werden. • Ein Riskomanagement-gesichertes Lastschriftverfahren kann Kreditkartenbelastungen substituieren. • Kunden können ihr Basis-Konto mittels einer Überweisung auffüllen. • PayPal Guthaben können verstärkt einen eigenen Zahlungskreislauf bilden. PayPal und eBay sind bestrebt, den eigenen Anteil am Disagio zu maximieren. In den USA gibt PayPal schon lange Co-Branding-Kreditkarten aus. eBay emittiert seit 2003 in Deutschland eine VISA-Karte
(zusammen mit der Citibank). Cash-Back-Angebote (eine Art Bonusverfahren) locken in den USA die Kunden zu Transaktionen mit der PayPal-Kreditkarte. In Deutschland werden für die eBay-Kreditkarte ebenfalls Guthabenverzinsung und andere Dienstleistungen (eBay-Services für Verkäufer und Revol- ving Credit) angeboten. Ein PayPal-Konto kann auch mittels Bank-Überweisung oder durch einen PayPal-Zahlungseingang aufgefüllt werden. In diesem Fall erhält die Bank des Kunden allenfalls eine Überweisungsgebühr – jedoch keine Interchange. Sofern die PayPal-Transaktion eine reguläre Kartenzahlung ersetzt, gehen dem Kreditgewerbe damit Einnahmen verloren. Momentan ist der Einsatz der Überweisung zur Aufla- dung des Paypal-Kontos noch (prohibitiv) zeitaufwendig (4). PayPal ist dabei, dieses Problem zu beheben. In einem ersten Schritt hat man seit April 2004 die Banküberweisung stärker in den Zahlungsvorgang integriert. Ein Kunde kann jetzt an einen anderen PayPal-Kunden Geld senden, in dem er eine Banküberweisung an PayPal vornimmt und dabei einen zuvor auf der PayPal-Website generierten Transaktionscode verwendet. Der Empfänger erhält die PayPal-Gutschrift, sobald das Geld bei PayPal eingegangen ist. Dies er- scheint zunächst umständlich, hat aber gegenüber dem herkömmlichen Verfahren den Vorteil, dass der Zahlende den Zahlungsvorgang vollständig abschließen kann und nicht erst auf den Eingang der Gelder auf sein Konto warten muss. Die Zeit, bis der Empfänger sein Geld erhält, wird dadurch hinge- gen nicht verkürzt. < PayPal-Strategien beeinflussen die Verteilung der Erträge Ein wichtiger Effekt könnte langfristig wirken: Eine Integration von PayPal in die Auktionsplattform von eBay Deutschland wird die Anzahl der wirklichen und potenziellen Nutzer erheblich erhöhen. Je höher die Nutzerzahl ist, desto eher kann sich PayPal als Standard-Bezahlverfahren etablieren und auch für andere Online-Shops an Attraktivität gewinnen (Netzwerkeffekt). Steigende Transaktionszah- len führen zunächst zu steigenden Kreditkartenumsätzen, aber auch dazu, tendenziell mehr Geld auf den PayPal-Konten zu halten. Dies kann zu mehr PayPal-Transaktionen ohne Beteiligung von Kredit- karten führen und die Kreditkarten-Erträge (relativ) senken. < Steigende PayPal-Umsätze führen langfristig nicht unbedingt zu höheren Kreditkarten-Erträgen Der Gesamteffekt aus Umsatz- und Transaktionswachstum und den Substitutionswirkungen PayPal- eigener Aktivitäten kann noch nicht abgeschätzt werden. Kurz- und mittelfristig sind steigende Erträge wahrscheinlich. Langfristig könnte es jedoch zu wieder sinkenden Erträgen kommen. PayPal wird sich insbesondere dann etablieren, wenn Internet-Käufer bzw. Verkäufer keine bessere oder zumindest vergleichbare Bezahlalternative finden. Die Existenz eines verbreiteten Bezahlverfah- rens mit gleichem oder höherem Kundennutzen ist ein wesentlicher (Miss-)Erfolgsfaktor. Die Ergeb- nisse der Online-Umfrage „Internet-Zahlungsverfahren aus Sicht der Händler“ (IZH2)2, durchgeführt
von der Universität Karlsruhe (IWW), der Universität zu Köln (ECC-Handel) und der fiveforces GmbH, legen nahe, dass die Händler derzeit keine ausgeprägte Präferenz für ein bestimmtes Bezahlverfah- ren hegen. Noch ist das Feld der Bezahlverfahren nicht nur für die Verbraucher, sondern auch für die Händler zu unübersichtlich. Ein wichtiges Argument für ein Zahlungssystem ist für beide Seiten die Verbreitung. In Deutschland spricht mit 30 Mio. Online-Konten in dieser Hinsicht vieles für die (ePI- ähnliche) Online-Überweisung. Die Kreditkarte ist mit ca. 20 Mio. Karten (inklusive Mehrfachausstat- tungen) weniger verbreitet. Zahlen über deutsche PayPal-Konten sind derzeit nicht öffentlich. Von den über 40 Mio. Konten insgesamt lagen im 3. Quartal 2003 über 35 Mio. in den USA und 2 Mio. in Groß- britannien. Kreditkarten und Online-Überweisung stellen somit die wesentliche Konkurrenz im Händ- lergeschäft dar. Sie bieten allerdings bisher keine - im Auktionsgeschäft bedeutsame - Person-to- Person-Funktionalität. Autoren: Dr. Jens-Werner Hinrichs ist Geschäftsführer der fiveforces GmbH für Research, Consulting, Management, Barendorf. Dr. Malte Krüger ist gegenwärtig Lehrstuhlvertreter am Institut für Wirt- schaftspolitik und Wirtschaftsforschung, Sektion Geld und Währung, Universität Karlsruhe und Unter- nehmensberater bei der PaySys Consultancy GmbH, Frankfurt/Main. Karsten Stroborn ist wissen- schaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung der Universität Karlsruhe. Kompakt PayPal verfügt als umfassendes Bezahlsystem über eine Reihe attraktiver Funktionen, die in Deutschland - für sich betrachtet - jedoch keine Zahlungsverkehrs-Innovationen darstellen. Die symbiotische Beziehung mit der eBay-Auktionswelt lässt dennoch eine weite Verbreitung in der Zukunft erwarten – zumindest, wenn der Zusatznutzen von PayPal auf Kundenseite die für deut- sche Konsumenten ungewohnte Tatsache überwindet, für einzelne Bezahltransaktionen Gebüh- ren bezahlen zu müssen. Für die Kreditwirtschaft sind dann kurz- und mittelfristig zunächst stei- gende Erträge aus Kreditkarten-Interchanges wahrscheinlich. Die durch den Erwerb der ELMI- Lizenz gewonnenen Spielräume wird PayPal jedoch selbst intensiv nutzen, um die eigenen Erträge deutlich auszubauen. Insofern sind langfristig Ertragsrückgänge der Kreditwirtschaft zumindest denkbar. 1 eBay Analyst Day 2003, 29. Oktober 2003, Begleit-Präsentation, S. 211. 2 Siehe www.iww.uni-karlsruhe.de/izv
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