Personalrecruiting und Mitarbeiterbindung in Zeiten der
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Fachbereich Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften „Personalrecruiting und Mitarbeiterbindung in Zeiten der Generationenvielfalt“ (urn:nbn:de:gbv:519-thesis 2018-0408-4) Bachelor-Thesis Studiengang Angewandte Betriebswirtschaftslehre vorgelegt von Meyer, Manuela Datum der Abgabe: 16.07.2018 Betreuer(in): Prof. Dr. (MBA) Steffi Kraehmer Diplom Volkswirt Peter Prosche
Inhaltsverzeichnis 1 Inhaltsverzeichnis Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ........................................................................... 2 Einleitung ......................................................................................................................... 3 Zielstellung ....................................................................................................................... 4 Vorgehensweise ................................................................................................................ 4 Kapitel I: Demografischer Wandel und dessen Bedeutung für die Unternehmen ....6 1.1) Aktuelle Zahlen und Entwicklungen ..................................................................... 6 1.2) Weitere Megatrends und deren Herausforderungen für Wirtschaft und Arbeitgeber ............................................................................................................ 12 1.2.1) Globalisierung und Wissenskultur .................................................................... 13 1.2.2) Digitalisierung erfordert neue berufliche Handlungskompetenzen ............... 15 1.3) Demografie-Bewusstsein der Unternehmen – Analysen zum Aktuellen Stand ....................................................................................................................... 17 Kapitel II: Generationenbilder in der Arbeitswelt – Versuch einer Ein- und ......... 21 Abgrenzung ................................................................................................. 21 2.1.1) Die Babyboomer – 1946 bis 1964 ....................................................................... 22 2.1.2) Generation X – 1965 bis 1980 ............................................................................. 23 2.1.3) Generation Y – 1981 bis 2000 ............................................................................. 25 2.1.4) Generation Z – 2000 bis 20XX ........................................................................... 27 2.2) Charakteristika und Einstellungen der Generationen im Vergleich ................ 30 2.3) Kritische Gedanken zur Generationendebatte ....................................................32 Kapitel III: Individuelle Personalrekrutierung und Mitarbeiterbindung in Zeiten der Generationenvielfalt ............................................................ 37 3.1) Möglichkeiten der internen Personalbeschaffung...............................................38 3.2) Möglichkeiten der externen Personalbeschaffung .............................................. 38 3.2.1) Stellenanzeigen in Printmedien .......................................................................... 38 3.2.2) Direct Sourcing in der „Offline-Welt“ .............................................................. 39 3.2.3) Online-Stellenbörsen, Firmen-Homepage und Karriereseiten im Internet ... 42 3.2.4) Social Media und Business Netzwerke als Rekrutierungskanal .....................45 3.2.5) Mobile Recruiting................................................................................................ 47 3.3) Rekrutierungstrends und ihre Relevanz für Unternehmen ...............................51 3.4) Mitarbeiter an das Unternehmen binden ............................................................57 3.4.1) Harte Wirkfaktoren und damit verbundene Anreizsysteme .......................... 61 3.4.2) Weiche Wirkfaktoren und damit verbundene Anreizsysteme ........................ 61 Zwischenfazit ................................................................................................................. 64 Zusammenfassung und Auswertung der anfänglichen Fragestellungen ................. 65 Literaturverzeichnis ......................................................................................................69 Eidesstattliche Erklärung ............................................................................................. 75
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 2 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abb. 1: Bevölkerungspyramide Deutschland im zeitlichen Vergleich ................................... 7 Abb. 2: Entwicklung des Jugend- und Altenquotienten .......................................................... 7 Abb. 3: Entwicklung der Erwerbstätigkeit ............................................................................... 8 Abb. 4: Erwerbstätigkeit nach Erwerbsformen und Geschlecht ............................................ 9 Abb. 5: Ungenutztes Arbeitskräftepotenzial............................................................................. 9 Abb. 6: Facetten von Globalisierung ....................................................................................... 12 Abb. 7: Auswirkungen der Digitalisierung auf die Berufshauptfelder ................................ 15 Abb. 8: Motive, Weiterbildung in Unternehmen anzubieten ................................................ 17 Abb. 9: Zustimmung der Familienunternehmen zu Aussagen über Demokrafie- Bewusstsein .............................................................................................................. 19 Abb. 10: Zustimmung der Familienunternehmen zu Aussagen über Demokrafie- Auswirkungen.......................................................................................................... 19 Abb. 11: Demografiemaßnahmen nach Unternehmensgröße ............................................... 20 Abb. 12: Zeitleiste der Generationen....................................................................................... 22 Abb. 13: Charakteristika des Babyboomers ........................................................................... 25 Abb. 14: Charakteristika Gen X .............................................................................................. 27 Abb. 15: Charakteristika Gen Y .............................................................................................. 27 Abb. 16: Charakteristika Gen Z .............................................................................................. 29 Abb. 17: Bewertung der Anforderungen an Arbeitgeber/ Unternehmen im Genera- tionenvergleich......................................................................................................... 32 Abb. 18: Gegenüberstellung Selbst- und Fremdeinschätzung .............................................. 33 Abb. 19: Vergleich der Arbeitsmotive zwischen den Generationen ..................................... 34 Abb. 20: Erwartungen an den Beruf im Altersvergleich ....................................................... 35 Abb. 21: Interne und externe Personalbeschaffungswege ..................................................... 37 Abb. 22: genutzte Maßnahmen/ Kanäle für Rekrutierung und Employer Branding aus Unternehmersicht ................................................................................................. 51 Abb. 23: genutzte Rekrutierungstrends und deren Wirksamkeit bei der Besetzung von Stellen………….…………………………………………………...……………….52 Abb. 24: zugelassene Bewerbungsarten der Unternehmen und Präferenzen der Kan- didaten ...................................................................................................................... 53 Abb. 25: hilfreiche Informationsquellen bei der Berufsorientierung ................................... 55 Abb. 26: Erwartungen der Arbeitnehmer an Unternehmen und Wirklichkeit .................. 58 Abb. 27: Flexibilität als Grundsatz für erfolgreiche Mitarbeitergewinnung und -bindung………………………………………………………………………………68 Tabelle 1: Charakteristika und Einstellungen der Generationen im Vergleich………. 30/31 Tabelle 2: Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile verschiedener Rekrutier- ungswege ........................................................................................................... 49/50 Tabelle 3: Mitarbeiterbindung als Wettbewerbsfaktor - Auswirkungen auf Fehlzeiten, Treue und Weiterempfehllungen ..…………………………………...…………59 Tabelle 4: weiche Wirkfaktoren und Instrumente/ Maßnahmen der Mitarbei- terbindung……………………………………………………...………..….…62/63
Einleitung 3 Einleitung Schlagwörter wie demografischer Wandel, Employer Branding, War for Talents, Genera- tionsmanagement etc. gehören im Personalmanagement mittlerweile zum Standardton. Effekte des demografischen Wandels wurden dabei in der Vergangenheit bereits ausführ- lich betrachtet und Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes rei- chen bis weit über das Jahr 2060 hinaus. Unternehmen, die qualifizierte und engagierte Mitarbeiter gewinnen und langfristig an das Unternehmen binden wollen wissen zwar, dass die bloße Bereitstellung eines Arbeitsplatzes längst nicht mehr ausreicht (Holste, 2012, S. V). Dennoch sind viele Unternehmen noch nicht in der Lage, die notwendigen Konsequenzen aus dem immer geringer werdenden Fachkräftepool für sich abzuleiten. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen scheinen Schwierigkeiten in der Umsetzung geeigneter Management- und Personalkonzepte zu haben, was sich meist schon bei der Thematik der Personalbeschaffung zeigt. Meine eigene Tätigkeit im Perso- nalbereich bei einem Bildungsdienstleister hat mich täglich mit diesen Herausforderun- gen konfrontiert. Sei es bei der Suche nach geeignetem Personal, welche bereits mit der Wahl des richtigen Suchweges beginnt. Der Koordinierung und Zusammensetzung der Mitarbeiterteams, deren Ausgestaltung nicht nur an interne Faktoren sondern auch exter- ne Anforderungen der Auftraggeber gebunden ist. Bis hin zur Altersstruktur im Unter- nehmen und der damit verbundenen langfristigen Personalplanung in Zeiten befristeter Maßnahmelaufzeiten und unsicherer Finanzierungen. Die gesichteten Bewerbungsunter- lagen zeigten dabei längst nicht mehr das bisher gewohnte Bild des traditionellen Lebens- laufs bestehend aus Phasen der Jugend/Ausbildung, Arbeitsphasen mit langen Laufzeiten bei einem Arbeitgeber und dem folgenden Ruhestand. Zukunftsorientierte Multigrafien ergänzen den Berufs- und Lebensweg um Phasen des Ausprobierens (z. B. Auslandsrei- sen, Praktika) und dem „Zweiten Aufbruch“, in denen insbesondere die Mitfünfziger be- ruflich und/oder privat noch einmal neu durchstarten (Kelber, et al., 2013, S. 5,). Auch anhaltende Veränderungsprozesse durch Globalisierung, technologische Neuheiten, Digi- talisierung, beschleunigte Kommunikation und die Individualisierung der Gesellschaft verlangen eine enorme Flexibilität als Grundstrategie für die Unternehmen, um im Wett- bewerb bestehen zu können (Rimser, Nachdruck 2014, S. 1). Auf der Grundlage dieser Überlegungen habe ich mich daher entschieden, die Aufgaben und Anforderungen an ein zukunftsfähiges und funktionales Personalmanagement mit dem Schwerpunkt Personal- rekrutierung und Mitarbeiterbindung im Fokus des Generationenaspektes zu betrachten.
Zielstellung 4 Im Folgenden sollen dabei die einzelnen Zielstellungen der Thematik näher betrachtet und die Vorgehensweise zur Themenbearbeitung skizziert werden. Zielstellung Diese Arbeit soll sich mit den An- und Herausforderungen an das Personalmanagement von Unternehmen in Zeiten des demografischen Wandels und dem damit verbundenen steigenden Fachkräftebedarf beschäftigen. Hauptfokus der Ausarbeitungen stellen dabei die Aspekte der Generationendiskussion dar und die Frage nach einer zielgruppengerech- ten Personalrekrutierung sowie der anschließenden Mitarbeiterbindung. Ziel ist es, neben den bereits zahlreich vorhanden Diskussionen über die Alterung der Gesellschaft, zahl- reichen Statistiken, Grafiken und Prognosen, konkrete Methoden und Modelle für die Personalgewinnung und –bindung im Hinblick auf die generationenspezifische Kompo- nente zu analysieren. Folgende Fragestellungen sollen dabei bearbeitet und beantwortet werden: 1. Sind alters- und generationsspezifische Betrachtungen in der Personalarbeit in Zeiten von Diversität und Individualisierung notwendig? 2. Generation X, Y, Z – Wie sinnvoll sind Abgrenzungen der Generationen und sind diese überhaupt möglich? Gibt es typische Wesensmerkmale, Charakteristika etc. die sich auf den Arbeitsprozess und die Personalarbeit auswirken? 3. Welche Herausforderungen bestehen im Rahmen von Personalbeschaffung und langfristiger Mitarbeiterbindung? In der Bachelor-Thesis sollen parallel die folgenden Hypothesen betrachtet werden: 1. Unternehmen sollten den demografischen Wandel nicht nur zur Kenntnis nehmen sondern auch mit angemessenen Strategien darauf reagieren, um langfristige Wettbewerbsvorteile zu sichern. 2. Die Senkung des Altersdurchschnitts im Unternehmen durch junge Mitarbeiter- strukturen ist kein „Allheilmittel“ gegen den demografischen Wandel. Ein ausge- wogener Mix verschiedener Altersstufen ist zielführender. Vorgehensweise Die Bearbeitung des Themas soll vorwiegend durch Literaturrecherche, Auswertung von Statistiken und bereits vorhandenen Untersuchungen und Studien zum Thema erfolgen. Einführend werden im Kapitel I hierzu allgemeine Fakten und Daten zum aktuellen sta-
Kapitel I: Demografischer Wandel und dessen Bedeutung für die Unternehmen 5 tistischen Stand der demografischen Entwicklung in Deutschland betrachtet und die da- mit verbundenen Auswirkungen bzw. „Megatrends“ beleuchtet. Grundlegende Begriff- lichkeiten werden kurz dargestellt. Nachdem eine Datenbasis als Ausgangslage geschaf- fen wurde, soll eine Auswertung verschiedener Studien das aktuelle Demografie- Bewusstsein der Unternehmen genauer beleuchten, um die Ausgangslage bezüglich der demografischen Thematik besser einschätzen zu können. Im weiteren Verlauf wird die Generationendiskussion im Kapitel II ausführlicher betrach- tet werden. Hierzu wird vorwiegend die vorhandene Literatur mit den folgenden Schwer- punkten analysiert: x Abgrenzungsmöglichkeiten der Generationen x Charakteristika und typische Merkmale x Kritische Auseinandersetzung mit Generationensystematiken Abschließend sollen im Kapitel III Anforderungen und Möglichkeiten der Personalbe- schaffung und Mitarbeiterbindung im Kontext permanenter Veränderungsprozesse und Wettbewerbsfähigkeit betrachtet werden. Die Ausführungen sollen einen allgemeinen Einblick in Personalbeschaffungsmethoden und Suchwege geben, aktuelle Trends und deren Relevanz für die Arbeitgeber beleuchten und grundlegende Handlungsempfehlun- gen herausfiltern. Nachdem die Möglichkeiten und Grenzen der zielgruppengerechten Personalbeschaffung erörtert wurden, werden im Anschluss gängige Instrumente und Unterstützungsmaßnahmen für die Mitarbeiterbindung betrachtet. Auch in diesem Kapitel werden vorwiegend die Bearbeitungsmethoden der Literaturrecherche und die Auswer- tung bereits vorhandener Umfragen und Untersuchungsergebnisse heran gezogen werden.
Kapitel I: Demografischer Wandel und dessen Bedeutung für die Unternehmen 6 Kapitel I: Demografischer Wandel und dessen Bedeutung für die Unternehmen Nicht erst seit der Generationendebatte ist klar, dass der Mitarbeiter einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens ist. Auch wenn der technische Fortschritt in vielen Industriebereichen Einzug gehalten hat, teilweise von Vollautomatisierung gespro- chen wird, sind die Unternehmen auf ihre Mitarbeiter angewiesen, da mit ihnen Innovati- onskraft und Produktivität einhergehen (vgl. Troger 2016, S. 16). Um die Auswirkungen des demografischen Wandels und des davon abhängigen Arbeitskräftepotentials für die Unternehmen zu betrachten, gilt es im Vorfeld die aktuelle Ausgangslage zu analysieren und Entwicklungen zu verdeutlichen. 1.1) Aktuelle Zahlen und Entwicklungen Zunächst erscheint es verwunderlich, dass angesichts des rasanten Anstieges der Weltbe- völkerung um ein Vielfaches binnen eines Jahrhunderts; von 1,5 Mrd. um 1900 auf 7,3 Mrd. Ende 2014; dennoch die Thematik des akuten Fachkräftemangels, der Geburten- rückgänge und der Überalterung der Bevölkerung in Aller Munde ist. Schaut man sich die Daten jedoch genauer an, sieht man, dass sich dieser Bevölkerungszuwachs vorder- gründig in den Entwicklungsländern vollzieht und die Bevölkerungszahlen in den Indust- rieländern nahezu konstant bleiben. Für Deutschland wird, ebenso wie für andere europä- ische Länder, sogar ein Rückgang von heute rund 81 Mio. auf ca. 70 Mio. prognostiziert (vgl. Troger 2016, S. 3 f). Betrachtet man sich die Altersverteilung der deutschen Bevöl- kerung näher, wird deutlich, dass sich im zeitlichen Verlauf die typische idealisierte Bie- nenstock-Form der Alterspyramide (um 1950) hin zur Zwiebel-Form gewandelt hat, wel- che Sinnbild für die Überalterung der Bevölkerung ist (vgl. Troger 2016, S.5). Die fol- gende Grafik stellt diese Entwicklung anschaulich dar.
Aktuelle Zahlen und Entwicklungen 7 Abb. 1: Bevölkerungspyramide Deutschland im zeitlichen Vergleich (vgl. www.destatis.de, Abruf: 26.05.2018) Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung, den immer größer werdenden Bedarf an Fach- und Führungskräften zu schließen. Bereits in naher Zukunft (2020) werden die Vertreter der sogenannten Babyboomer-Generation, den Renteneintritt vollziehen. Eben- so werden aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge immer weniger junge Menschen dem Ausbildungs- und somit dem späteren Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Folgt man den Prognosen, so stehen im Jahr 2060 lediglich noch 39 Mio. Erwerbsfähige den Unternehmen in Deutschland zur Verfügung (vgl. Schirmer 2015, S. 4). Eine nicht uner- hebliche Tatsache, welche nicht nur für den Wirtschaftsprozess an sich bedeutend ist. Wirft man einen Blick auf die stetig steigende Lebenserwartung der Menschen, wird klar, dass immer weniger Erwerbsfähige einen stetig größer werdenden Bedarf bezüglich der Absicherung des sozialen Systems in Deutschland schultern müssen. Sprach man um 1900 noch von einer durchschnittlichen Lebensdauer von ca. 45 Jahren bei Männern und 47 Jahren bei Frauen, betrug diese im Jahr 2014 bereits durchschnittlich 76 Jahre bei Männern und knapp 80 bei den Frauen (vgl. www.destatis.de; Stand: 26.05.2018). Die folgende Grafik zeigt das prognostizierte Verhältnis zwischen Jung und Alt noch einmal deutlich. Abb. 2: Entwicklung des Jugend- und Altenquotienten (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017, S. 55)
Aktuelle Zahlen und Entwicklungen 8 Erfreulicherweise steigt die Geburtenrate in Deutschland seit 2015 wieder auf 1,5 Kinder je Frau (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017, S.35). Jedoch werden die Folgen der gebur- tenschwachen Jahrgänge von über 40 Jahren (1,4 Geburten je Frau) langwieriger sein. Experten sind sich bereits dahingehend einig, dass weder steigende Geburtenzahlen, noch die schneller steigende Lebenserwartungen den Bevölkerungsrückgang verhindern kön- nen (vgl. Stracke und Schöneberg in Nerdinger, et al., 2016, S. 11f). Ergänzt man die Fakten der Alterststruktur um Kennzahlen des Arbeitsmarktes, ergibt sich für den gegenwärtigen Fachkräftepool u. a. das folgende Bild. Abb. 3: Entwicklung der Erwerbstätigkeit (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017, S. 351) Die Grafik zeigt einen Anstieg der Erwerbstätigkeit seit ca. 2003. Waren im Jahr 1991 von knapp 80 Mio. Menschen in Deutschland 38,8 Mio. erwerbstätig (48,6%), so betrug die Zahl im Jahr 2016 von 82,4 Mio. Gesamtbevölkerung schon 43,5 Mio. Erwerbstätige (52,8%) (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017, S. 352). Die steigende Erwerbstätigkeit wird von der Tatsache des steigenden Renteneintrittsalters und der Zunahme der Beschäf- tigung älterer Menschen mit begünstigt. Gingen 2006 noch rund 48% der 55 – 65jährigen einer Beschäftigung nach, waren es 2016 bereits mehr als 64% dieser Gruppe. Die Zahlen in den höheren Altersgruppen haben sich im Vergleich sogar fast verdoppelt. So waren im Jahr 2006 366.000 Menschen im Alter von 65 bis 70 Jahren in Arbeit und 693.000 65- bis 70jährige im Jahr 2016. Die Zahl der Erwerbstätigen im Alter von 70 bis 75 Jahren stieg von 117.000 im Jahr 2006 auf 249.000 Menschen Ende 2016 (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017, S. 364). Dennoch ist auffällig, dass mit steigender Erwerbstätigkeit ein kontinuierlicher Abfall der geleisteten Arbeitsstunden einher geht. Gründe hierfür könn-
Aktuelle Zahlen und Entwicklungen 9 ten in der Form der Beschäftigung liegen. So ist die Zahl der Normalbeschäftigten1 im Vergleich von 79 % im Jahr 1991 auf 69 % im Jahr 2016 gesunken und die Zahl der Aty- pisch Beschäftigten2 von 13 % (1991) auf 21% im Jahr 2016 angestiegen (vgl. Statisti- sches Bundesamt, 2017, S. 351). Dabei sind insbesondere Frauen viel häufiger von einer atypischen Beschäftigung betroffen als Männer. Die folgende Grafik stellt diesen Aspekt dar: Abb. 4: Erwerbstätigkeit nach Erwerbsform und Geschlecht (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017, S. 358) Dem umkämpften Fachkräftepool stehen weitere Faktoren des Ausbildungs- und Ar- beitsmarktes ungünstig gegenüber. So zeigen aktuelle Zahlen, dass längst nicht alle Er- werbsfähigen dem Markt auch wirklich zur Verfügung stehen. Im Jahr 2016 betrug die Quote des ungenutzten Arbeitskräftepotenzials 12,4% von insgesamt rund 62 Mio. Men- schen in Dtl. zw. 15 und 74 Jahren (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017, S. 362). Abb. 5: Ungenutztes Arbeitskräftepotenzial 2016 (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017, S. 362) Wie die Grafik zeigt, liegen die größten Reserven in der Kategorie der Unterbeschäftig- ten, Erwerbslosen und in der stillen Reserve. Dabei sollte jedoch auch der Aspekt berück- 1 Normalbeschäftigte/ Normalarbeitsverhältnisse sind gekennzeichnet durch Vollzeittätigkeit bzw. Teilzeittätigkeit mit mindestens ½ der üblichen vollen Wochenarbeitszeit, unbefristetes Beschäftigungsverhältnis, Integration in sozialen Sicherungssysteme und der Identität von Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis (vgl. www.destatis.de, Abruf: 27.05.2018) 2 Atypisch Beschäftigte befinden sich in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, welches befristet ist, Teilzeitbe- schäftigung mit 20 oder weniger Stunden darstellt, ein Arbeitsverhältnis auf Zeit und geringfügige Beschäftigung dar- stellt. Ein oder mehrere Merkmale können dabei zutreffend sein. Häufig geht hiermit die prekäre Beschäftigung einher. Diese ist nicht geeignet den Lebensunterhalt einer Person dauerhaft sicherzustellen und/oder deren soziale Sicherung zu gewährleisten (vgl. www.destatis.de, Abruf: 27.05.2018).
Aktuelle Zahlen und Entwicklungen 10 sichtigt werden, dass längst nicht jeder Erwerbsfähige auch unbedingt den Wunsch ver- spürt, ein Beschäftigungsverhältnis zu suchen und aufzunehmen. Das Thema der Lang- zeitarbeitslosigkeit, fehlende oder falsche Qualifikationen und weitere Integrations- hemmnisse, u. a. fehlende Motivation, sind sehr komplexe Themenfelder, denen sich die Arbeits- und Sozialpolitik bereits ausführlich widmet. Eine Vertiefung dieser Aspekte kann an dieser Stelle im Rahmen der Arbeit jedoch nicht gewährleistet werden. Unge- nutztes Potenzial spiegelt sich ebenso in den aktuellen Zahlen der Ausbildungsverhältnis- se wider. Von 805.794 erfassten Jugendlichen, die 2017 an einer Ausbildung interessiert waren, mündeten lediglich 64,9% in eine der 556.347 gemeldeten betrieblichen Ausbil- dungsstellen ein. 8,8% dieser Stellen blieben nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit und des Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) unbesetzt. Dem gegenüber standen 13,3% unversorgte Bewerber, in Zahlen ausgedrückt 80.221 Jugendliche, die teils in al- ternative Bildungswege und Qualifikationen einmündeten (vgl. BIBB 2018 b, S. 1). Die seit Jahren sinkende Ausbildungsplatznachfrage begründet sich teils in der sinkenden Zahl der Schulabgänger und der strukturellen Verschiebung der Schulabschlüsse. So mi- nimierte sich die Zahl der nichtstudienberechtigten Schulabgänger, die den Hauptteil der Ausbildungssuchenden ausmachen, von 748.200 Abgängern im Jahr 2004 auf 557.700 im Jahr 2016. Dem entgegen steht ein Zuwachs an Abiturienten von 238.000 (2004) auf 268.000 (2014), die vordergründig das Studium anstreben (vgl. BIBB, 2018a, S. 17). Be- reits 2014 warnten die Medien diesbezüglich vor einer Überfüllung der Hörsäle und dem Kampf um Auszubildende seitens der Betriebe und Unternehmen (vgl. Troger 2016, S. 20). Abschließend lassen sich die demografische Entwicklung und die damit eng verbundenen Trends schwerpunktmäßig wie folgt zusammenfassen: ¾ Fortschreitende Alterung: Deutschlands Bürger zählen mit einem durchschnitt- lichen Sterbealter von 78,4 Jahren (2016) mit zu den Ältesten im europäischen Vergleich. Mit ca. 46,3 Jahren (2015) haben wir die sogenannte Lebensmitte er- reicht, was nur von Japan mit 46,5 Jahren getoppt werden kann. Laut Berechnun- gen der Uno werden die Deutschen im Jahr 2100 bereits ein mittleres Alter von 51,1 Jahren erreicht haben (vgl. Elmer unter Spiegel Online, Abruf: 27.05.2018). ¾ Wachsende Weltbevölkerung vs. schrumpfende Bevölkerung in Europa: Trotz sinkender Geburtenraten der 50iger Jahre wird die Weltbevölkerung auf Grundlage von Prognosen der Vereinten Nationen auf 9 Mrd. ansteigen. Schwer-
Aktuelle Zahlen und Entwicklungen 11 punkte des Zuwachses werden in Asien und Afrika sein (vgl. Troger 2016, S. 11f). Angesichts des statistischen Wertes von 2,1 Kindern pro Frau, die für eine ausgeglichene Altersstruktur der Bevölkerung notwendig wären, liegt der Wert in Europa jedoch lediglich bei 1,6 Kindern je Frau. Bis 2050 rechnet man mit einem Rückgang der europäischen Bevölkerung von derzeit 745 Mio. auf 700 Mio. (vgl. Troger 2016, S. 11f) ¾ Gesundheit als Wachstumsmarkt: Aufgrund der steigenden Lebenserwartung erhält die Frage nach gesunden, qualitativen und möglichst arbeitsfähigen Lebens- jahren besondere Bedeutung. Neben der Früherkennung und Heilung von Krank- heiten nimmt die Eigenverantwortung zur Gesunderhaltung beim Einzelnen zu. Neue Märkte mit diversen Produkten von Wellness, über Bioprodukte bis hin zu Fitness-Angeboten florieren stark und machen das Thema Gesundheit zu einer Ressource (vgl. Heß, 2008, S. 14). ¾ Migrationsströme: Die Zuwanderung aus Ost- und Südeuropa und Staaten au- ßerhalb der EU wird aufgrund der anhaltend guten Wirtschaftsentwicklung an- dauern (vgl. Troger 2016, S. 13). ¾ Steigende Verstädterung: Wirtschaftlich und kulturell attraktive Großstädte und Ballungsräume werden vom demografischen Wandel eher verschont bleiben und können stattdessen eher mit einem Zuwachs rechnen, da der Trend dahin geht, dass ländliche Regionen, Dörfer und Kleinstädte durch den Wegzug der Bevölke- rung aussterben. Dadurch verschwinden auch Investoren, Betriebe, Ausbildungs- stätten aus der Region und siedeln sich eher in den Stadtzentren an (vgl. Troger 2016, S. 12f). ¾ Neue Familienmodelle: Das klassische Bild von der Eltern-Kind-Familie wird durch neue Lebensmodelle wie der Patch-Work-Familie, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit oder ohne (Adoptiv-)Kindern, Alleinerziehenden und Paaren ohne Kinder vermischt. Großfamilien mit 4 und mehr Kindern gehören dabei praktisch schon der Vergangenheit an (vgl. Troger 2016, S. 12f). ¾ Single-Gesellschaft/ Vereinzelung: Die Statistik zeigt, dass der Trend immer häufiger zum allein leben tendiert, was sich ebenfalls in dem Rückgang der Ge- burtenraten widerspiegeln dürfte. Waren es 1996 noch 38% Alleinstehende und 35% Familien, so haben sich die Zahlen im Jahr 2016 zu Gunsten der Alleinste- henden auf 45% erhöht. Der Anteil der Familien lag in diesem Jahr bei nur noch 28% (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017, S. 62). Regionale Unterschiede zeigen
Weitere Megatrends und deren Herausforderungen für Wirtschaft und Arbeitgeber 12 dabei, dass insbesondere in ländlichen Regionen das klassische Familienmodell weit verbreitet ist. In Großstädten und Ballungszentren scheint das Single-Dasein eher einen neuen Trend zu beschreiben (vgl. Troger 2016, S. 12f). ¾ Neue Lebens- und Arbeitszeitzyklen, (Down)Aging: Trotz steigender Lebens- erwartung wird die Gesellschaft jedoch nicht vergreisen, da neue Lebensmuster eher für eine Verjüngung des Verhaltens und der inneren Einstellung sorgen (vgl. Horx, 2007, S. 5). Der klassische Lebensweg Lernen-Arbeiten-Freizeit ist längst überholt und wird von einem Wechselspiel dieser 3 Phasen abgelöst. Abschlüsse, die auf dem 2. Bildungsweg nachgeholt werden, ein weiterführendes berufsbeglei- tendes Studium, Erholungsphasen mit Auslandsaufenthalt oder diverse Praktika in Großkonzernen im Ausland sind Zeichen für den neuen Wertewandel. Die Selbst- erfüllung und eine möglichst ausgewogene Freizeit treten in den Vordergrund, in dem Jeder seinen eigenen Lebensweg aktiv gestalten kann (vgl. Troger 2016, S. 12f). In diesem Zusammenhang ist es nicht verwunderlich, dass das Durch- schnittsalter, mit dem Frauen ihr erstes Kind bekommen, steigt. Waren Frauen 1990 mit ca. 26 bis 27 Jahren bei den Geburtenziffern am stärksten vertreten, so hat sich dieses Alter im Jahr 2015 bereits auf knapp 32 Jahre erhöht (vgl. Statisti- sches Bundesamt, 2017, S. 35). 1.2) Weitere Megatrends und deren Herausforderungen für Wirtschaft und Ar- beitgeber Neben den demografischen Fakten gibt es weitere „Megatrends“, welche die Fachkräfte- sicherung einerseits zu einer Herausforderung machen können, aber auch Potenziale ber- gen. Begrifflich finden die „Megatrends“ dabei ihren Ursprung in der Zukunftsforschung von John Naisbitt um 1982. Im Gegensatz zu allgemeinen Trends, die meist nicht länger als 5 Jahre andauern, schwingen mit Megatrends starke ökonomische und soziokulturelle Veränderungskräfte mit, die langandauernd sind. Typisch für sie ist, dass sie über eine mindestens 30 jährige Halbwertszeit verfügen, sich auf alle Lebensbereiche auswirken, eher globaler Natur sind auch wenn es regional unterschiedliche Ausprägungen geben kann und das sie auch bei Rückschlägen nicht aufzuhalten sind (vgl. Horx, 2007, S. 1). Im Folgenden sollen die wichtigsten Megatrends näher beleuchtet werden, die neben dem Aspekt des demografischen Wandels Einfluss auf den Fachkräftepool haben.
1.2.1) Globalisierung und Wissenskultur 13 1.2.1) Globalisierung und Wissenskultur Seit Beginn der menschlichen Zeitrechnung findet Globalisierung und damit auch globa- ler Handel statt, seitdem die Menschen begonnen haben, sich die Kontinente eigen zu machen. Waren es früher noch große Schiffe, vollbepackt mit Waren, welche die Meere monatelang überquerten, können wir heute dank rasant wachsender und verbesserter Mobilitätstechnik andere Länder binnen Stunden per Flugzeug erreichen (vgl. Horx, 2007, S.1f). Ebenso können imaginäre Länder- und kontinentale Grenzen über das World Wide Web ausgehebelt werden und ermöglichen u. a. simultane Gespräche von einem zum anderen Ende der Welt. Durch Öffnung der nationalen Märkte für den Welthandel, Digitalisierung und drastisch gesunkener Transport- und Kommunikationskosten mini- mierten sich ökonomische Distanzen zwischen den Ländern und sorgten für eine globale Gestaltung von Wertschöpfungsketten, die Standortvorteile weltweit nutzbar machten (vgl. Heß, 2008, S. 9f). Entscheidungen wurden und werden daher zunehmend dezentral über Unternehmens- und Landesgrenzen hinweg getroffen. Regelrechte Wertschöpfungs- netzwerke agieren zeitgleich in diversen regionalen Wertschöpfungsketten und bewirken, dass nicht mehr nur der weltweite Handel von Waren, sondern auch die globale Arbeits- teilung bei der Herstellung der Produkte wesentliche Merkmale der Globalisierung sind. Der globale Wettbewerb der Güter- und Dienstleistungsmärkte sowie der Kapitalmärkte hat dabei drastisch zugenommen. Lag der Offenheitsgrad3 für Deutschland im Jahr 1990 noch bei ca. 40%, hat sich dieser bis 2015 auf 86% mehr als verdoppelt und spiegelt den Einfluss internationaler Märkte beeindruckend wider (vgl. BMAS, 2017, S. 25). Unter- nehmen stehen auch zukünftig vor der Herausforderung, eine weltweite Kundschaft zu bedienen und Arbeitsprozesse und Unternehmensstrategien entsprechend anzupassen. Aufgrund kurzer Produktlebenszyklen, geringer Stückzahlen, individueller Kundenwün- sche und hohem Wettbewerbsdruck ist die unternehmensinterne Anpassungsfähigkeit enorm wichtig. In Bezug auf den Faktor Arbeit bedeutet dies, dass Unternehmen zuneh- mend auf flexible Beschäftigungsformen wie Zeit- und Leiharbeit, befristete Verträge bzw. Werkverträge, Teilzeit und selbstständige Tätigkeiten setzen, um Flexibilität und Geschwindigkeit zu erhöhen (vgl. BMAS, 2017, S. 26). Die notwendigen Restrukturie- rungsprozesse führen in den westlichen Industriestaaten dazu, dass einfache Produktions- und Dienstleistungsprozesse in andere Länder ausgelagert werden und der Anteil der Wissenskultur enorm ansteigt. Produktionsfaktoren, wie Kapital und Rohstoffe, werden 3 Der Offenheitsgrad bemisst den Anteil der Summe aus Ein- und Ausfuhren am Bruttoinlandsprodukt. (vgl. BMAS, 2017, S. 25)
1.2.1) Globalisierung und Wissenskultur 14 zunehmend durch Ideen, Know-How und Kreativität abgelöst und erfordern eine perma- nente Bereitschaft der Fachkräfte, stets dazulernen zu wollen. Nicht nur die Arbeitswelt wird sich auf diesen Wandel einstellen müssen, sondern auch das Bildungssystem. Soft Skills wie Teamarbeit, Kommunikation, Medienkompetenz und Selbstlernen werden zu- kunftsweisende Kompetenzen im Bildungsprozess (vgl. Heß, 2008, S. 9f). Durch die weltweit steigende Digitalisierung und Vernetzung knüpft sich der Megatrend „Wissens- kultur“ somit an den der Globalisierung an. Der immer leichtere Zugang zu digitalen Me- dien ermöglicht den Zugriff auf eine permanent wachsende Datenmenge an Wissen, die jede Sekunde weltweit gespeist wird. Auf Grundlage des lebenslangen Lernens wird Bil- dung damit zum Schlüssel für den eigenen Erfolg, der Innovationsfähigkeit von Unter- nehmen und ganzen Wirtschaftssystemen. Schlagwörter wie Bildungsbusiness4, Massive Open Online Course (MOOP)5, Sharing Economy6 und Tutorial Learning7 sind nur einige Anhaltspunkte dafür, wie rasant sich dieser Bereich entwickelt und es notwendig macht, durch eigene Weiterbildung am Ball zu bleiben (vgl. www.zukunftsinstitut.de Stand:29.05.2018). Die neben- stehende Grafik fasst die allge- meinen Tendenzen der Globalisie- rung noch einmal zusammen. Abb. 6: Facetten von Globalisierung (vgl. BMAS, 2017, S. 27) 4 Bildungsanbieter erkennen und nutzen den Trend der steigenden Nachfrage an Bildung, sei es in Form von privaten Nachhilfeangeboten für Schüler oder Weiterbildungsangeboten an Hochschulen etc. (vgl. www.zukunftsinstitut.de; Stand: 29.05.2018) 5 für hohe Teilnehmerzahl (über 150 Personen) konzipierte Online-Studienangebote, frei von Zulassungsvoraussetzun- gen, Kernelement der Wissensvermittlung sind Video-Clips, Webinare, Wikis und Blogs (vgl. www.zukunftsinstitut.de; Stand: 29.05.2018) 6 Grundlegend ist eine Konsumentengeneration, die mit dem Tauschen und Teilen im Internet aufgewachsen ist und ei- ne neue Logik von Geben und Nehmen verinnerlicht hat. Durch die Übertragung auf Wertschöpfungsprozesse hilft der Grundgedanke insbesondere da, wo Ressourcen knapp sind (vgl. www.zukunftsinstitut.de; Stand:29.05.2018). 7 Wegweisend für diese Form des Lernens ist das Youtube-Tutorial, welches nicht nur auf den Bildschirmen der Pri- vathaushalte abgerufen wird. Durch ansprechende Kurzfilme werden diverse Themen der breiten Öffentlichkeit zu- gänglich gemacht und ermöglichen eine mediale Kompetenzvermittlung vom Kochrezept bis hin zur Programmierung von Software (vgl. www.zukunftsinstitut.de; Stand: 29.05.2018).
1.2.2) Digitalisierung erfordert neue berufliche Handlungskompetenzen 15 1.2.2) Digitalisierung erfordert neue berufliche Handlungskompetenzen Einer der einflussreichsten Faktoren auf die Arbeit der Zukunft ist die Digitalisierung, die durch den anhaltenden rasanten technologischen Fortschritt Einfluss auf sämtliche Le- bensbereich hat. Dabei nutzen fast 80% der Beschäftigten in Deutschland digitale Infor- mations- und Kommunikationstechnologien für die Erfüllung ihrer beruflichen Tätigkeit. Das Internet vernetzt nicht nur die Menschen, die es nutzen, sondern auch Daten aussen- dende Dinge, wie Smart-Watches mit Schrittzählern, Stau- und Reisewarnsysteme auf dem Smartphone etc. (vgl. BMAS, 2017, S. 19). Das Negativimage, modernste Techno- logien könnten bisherige reale Arbeitsplätze automatisierbar, ersetzbar und damit über- flüssig machen, kann angesichts aktueller Studien und Entwicklungen jedoch entkräftet werden. Anfängliche Prognosen (u. a. Bowles 2014; Brzeski/Burk 2015) schätzten ein, dass 51% bis 59 % der Arbeitsplätze in Deutschland aufgrund des technisch Machbaren substituierbar seien. Dass das technisch Machbare nicht immer das Sinnvollste ist und meist lediglich Tätigkeitsfelder und nicht ganze Berufe ersetzt werden, belegen neuere Studien, die ein Minus von „lediglich“ 60.000 Arbeitsplätzen im Verhältnis zu 43 Mio. Beschäftigten für das Jahr 2030 prognostizieren (vgl. Lang, 2018,S. 7ff). Die Szenarien zeigen vielmehr eine strukturelle Veränderung des Arbeitsmarktes. So sei der höchste Beschäftigungsrückgang vor allem in der Metall- und Elektrobranche (u. a. Metallbau, Installation), bei Maschinen steuernden und wartenden Berufen sowie Hilfsarbeiten/ Haus- meistertätigkeiten zu erwarten, da ins- besondere Arbeitsplätze mit vorherseh- baren Routinearbeiten verloren gehen werden. Einen enormen Zuwachs wird Berufen im Bereich Medien-, Geistes- und Sozialwissenschaft, den sozial pflegenden Berufen und der IT-Branche zugeschrieben. Abb. 7: Auswirkungen der Digitalisierung auf die Berufshauptfelder (vgl. Lang, 2018, S. 10)
1.2.2) Digitalisierung erfordert neue berufliche Handlungskompetenzen 16 Komplexe Spezialistentätigkeiten werden den Arbeitsmarkt zukünftig bestimmen und höhere Anforderungen an die Beschäftigten stellen (vgl. Lang 2018, S. 9ff). Regelmäßige Untersuchungen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass es bereits zum jetzigen Zeitpunkt erhebliche Schwierigkeiten gibt, Fachkräfte im IT-Bereich zu rekrutieren. So hatten im Jahr 2016 bereits 6 von 10 Unternehmen erhebliche Probleme, ausgeschriebenen Stellen mit entsprechenden Fachkräften zu besetzen. Angesichts der bereits ausführlich beschriebenen demografischen Tendenzen gilt es daher, den Weiterbildungsschwerpunkt auf die neuen Technologien zu richten. Ein Trend, den die Unternehmen bereits erkannt haben, was die folgende Grafik zeigt (Lang, 2018, S. 20). Mit knapp 53% Zu- stimmung liegt die Qualifikation aufgrund neuer Technologien in der Umfrage an erster Stelle, gefolgt von dem Motiv der Fachkräfte- sicherung. Abb. 8: Motive, Weiterbildung in Unternehmen anzubieten (vgl. Lang, 2018, S. 10) Entwicklungen wie die Nanotechnologie8, Ambient Intelligence9 und „das Internet der Dinge“ zeigen dabei den anhaltend rasanten Fortschritt in diesem Bereich und die Anfor- derungen an die Arbeitnehmer, neue berufliche Kompetenzen zu entwickeln. Verschiede- ne Studien und Umfragen benennen dabei folgende Kompetenzschwerpunkte: x Selbstständiges Arbeiten/ Planungs- und Organisationsfähigkeit x Netzwerkdenken, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, interdisziplinäre Arbeitsweise x Technisches Fachwissen, Entwicklung von IT, Softwareanwendung x Informationssammlung und –filterung, Online-Kompetenzen, Arbeiten unter ho- her geistiger Belastung (Lang, 2018, S. 21f). 8 Durch Mikrosystemtechnik werden elektronische Systeme/Bauteile immer kleiner, komplexer und intelligenter und bilden die Grundlage für Nanotechnologien. In diesem Bereich geht es um Strukturen, die kleiner als ein zehntau- sendstel Millimeter sind (vgl. Heß, 2008, S. 20). 9 Vernetzung elektronischer Systeme zur intelligenten Umgebung, die sich selbstständig und situativ auf den Benutzer einstellen. Das „intelligente Haus“ ist eines der Synonyme für diese Zukunftstechnik (vgl. Heß 2008, S. 22f).
Demografie-Bewusstsein der Unternehmen – Analysen zum Aktuellen Stand 17 Dass sich Tätigkeitsfelder und die Art wie wir arbeiten ändern werden, ist dabei keine Prognose mehr. In den letzten 20 Jahren hat die Tertiärisierung10 der Wirtschaft bereits erste Grundsteine für ein neues Arbeitsverständnis gelegt und den Arbeitsmarkt neu strukturiert. Waren im Jahr 1991 von knapp 39 Mio. Erwerbstätigen rund 39% im Sektor Land- und Fortswirtschaft/Fischerei sowie dem produzierenden Gewerbe beschäftigt und 61% im Dienstleistungssektor, stieg der prozentuale Anteil des Letzteren im Jahr 2016 bereits auf rund 74 % (von 43,6 Mio. Erwerbstätigen) (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017, S. 355). Die industriell geprägte Arbeit mit festen Organisationsstrukturen, hoher Arbeitsteilung und festen Zeitplänen, die an Produktionsprozesse gekoppelt sind, wird zum überholten Modell. Es wird von einem neuen Arbeitsverständnis, geprägt von Mobilität und Flexibilität, abgelöst (vgl. Horx 2007, S.8). Die anfänglichen Betrachtungen des demografischen Wandels und weiterer tendenzieller Einflüsse haben bisher gezeigt, dass sich Arbeitnehmer und Unternehmen in einem komplexen Setting stetig wechselnder und wachsender Anforderungen bewegen, die sich zukünftig immer rasanter verändern werden. 1.3) Demografie-Bewusstsein der Unternehmen – Analysen zum Aktuellen Stand Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass der demografische Wandel große Her- ausforderungen mit sich bringt und die Unternehmen schon in Kürze treffen wird. Dass erste Auswirkungen bereist jetzt schon in den Betrieben spürbar sind, wird durch ver- schiedene Untersuchungen deutlich. In der bundesweiten Studie „Demografie Exzellenz“ aus dem Jahr 2015 gaben 46,4% der Betriebe bereits an, dass sie einen deutlichen Fach- kräftemangel spüren, 29,4 % sind ebenso von einem Mangel an Führungskräften und 26,1% von einem Mangel an Auszubildenden betroffen (vgl. Schirmer, 2015, S.4). Auch andere Studien belegen diese Entwicklungen. So führen Zahlen des BMAS auf, dass je- der 4. Betrieb Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung hat und 61% von einem deutli- chen Fachkräfteengpass (tatsächlich unbesetzte Stellen und/oder knapperes Angebot an Bewerbern) für die nahe Zukunft ausgehen. Waren es 2009 noch 16% der ausgeschriebe- nen Stellen, die nicht besetzt werden konnten, stieg dieser Anteil im Jahr 2014 bereits auf 26% an (vgl. BMAS, 2015, S.6). Klein- und Mittelständische Unternehmen (KMU), die regional bei uns am häufigsten vertreten sind, befinden sich in dieser Hinsicht mehrfach in der Zwickmühle. KMU besitzen oft nicht die Strukturen und Mittel, um entsprechende 10 wirtschaftliche Entwicklung von einer ursprünglich landwirtschaftlich und industriell geprägten Wirtschaft hin zur Dienstleistungsgesellschaft (tertiärer Sektor) (www.wikipedia.org)
Demografie-Bewusstsein der Unternehmen – Analysen zum Aktuellen Stand 18 Strategien und HR-Konzepte einzuführen und umzusetzen. Sofern eigenständige Perso- nalbereiche überhaupt vorhanden sind, arbeiten diese meist administrativ, der Firmenall- tag wird vom operativen Geschäft beschlagnahmt und lässt keine Zeit für langwierige Planungen und strategische Fragestellungen. Zudem sind KMU oft in ländlichen Regio- nen angesiedelt und durch die Landflucht der jüngeren Generation häufiger von der Überalterung ihrer Belegschaften betroffen. Chancen im Wettstreit um die Fachkräfte ge- gen große, namhafte und bekanntere Unternehmen scheinen gering zu sein. Dennoch be- sitzen KMU einen Wettbewerbsvorteil. Durch die Nähe der Führungskräfte zur Beleg- schaft, zum einzelnen Mitarbeiter, haben sie direkteren Bezug zu ihnen und können indi- viduelle Bedarfe schneller wahrnehmen und darauf reagieren (vgl. Nagel-Jachmann in Schirmer, 2016, S.6f). Aber auch Großkonzerne mit teilweise mehr als 30.000 Beschäf- tigten, die über eine bessere finanzielle Ausgangslage für HR-Recruiting und Personal- marketing verfügen, haben beim Thema Fachkräftesicherung zunehmend Schwierigkei- ten. Entsprechend der Kienbaum HR-Trendstudie 2015 beklagen die Unternehmen zu- nehmend geringere und qualitativ schlechtere Bewerbungen, eine sinkende Akzeptanz von Vertragsangeboten und steigende Marktvergütungen für relevante Berufsgruppen, die den Kampf um geeignetes Personal erschweren (vgl. Kienbaum, 2015, S.14f). Dem ge- genüber steht die Tatsache, dass unternehmenskonkrete Konsequenzen der demografi- schen Entwicklungen von den Firmen unterschätzt werden (vgl. Schirmer, 2015, S.8f). In der Erhebung von Schirmer (2015) gaben 77,4% der Unternehmen an, dass ein demografieorientiertes Personalmanagement Chefsache ist und in der Praxis meist am fehlenden Budget scheitert. 63% der Befragten verankern demografieorientierte Werte im Leitbild. Lediglich 30% der Firmen gaben an, dass ein demografieorientiertes Personal- management in den strategischen Unternehmenszielen eingebettet ist. Mitarbeiterstruk- turanalysen und –prognosen, die den Kern für eine gezielte Personalplanung und – entwicklung darstellen, werden lediglich von 26,1% der Unternehmen realisiert, nur 17,9% der befragten Unternehmen planen über einen Zeithorizont von 5 Jahren hinaus. 58,8% verfolgen eine solche Planung nur teilweise oder gar nicht (vgl. Schirmer, 2015, S.8). Die Daten des BMAS bestätigen diese eher kurzfristige Personalplanung in den Betrieben. Im Jahr 2014 planten lediglich 28% der Unternehmen über einen Zeitraum von 3 Jahren hinaus (vgl. BMAS, 2015, S.7). Die Befragung von Geschäftsführung und Personalverantwortlichen in Familienunternehmen durch Frohne und Team (2015) ergab folgendes Bild:
Demografie-Bewusstsein der Unternehmen – Analysen zum Aktuellen Stand 19 Abb. 9: Zustimmung der Familienunternehmen zu Aussagen über Demokratie-Bewusstsein (vgl. Frohne, et al., 2015, S. Die aktuelle Altersstruktur der Belegschaft ist bei 75,8% der Unternehmen ebenso be- kannt, wie die Altersstruktur der nächsten fünf bis zehn Jahre bei 58,3%. Die Kenntnis über den Personalbedarf der kommenden 5 bis 10 Jahre jedoch lediglich nur noch bei 37,4% der Befragten vorhanden. Für ein wirksames Personalmanagement sind aber eben diese Kenntnisse bezüglich der demografieorientierten Kennzahlen, Einschätzungen des künftigen Personal- und Qualifikationsbedarfs, der gegenwärtigen und künftigen Alters- struktur unablässig (vgl. Frohne, et al., 2015, S.12f). Die konkreten demografischen Auswirkungen und damit verbundenen Risiken für das eigene Unternehmen wurden von den Beteiligten ebenfalls sehr neutral eingeschätzt. Abb. 10: Zustimmung der Familienunternehmen zu Aussagen über Demokratie-Auswirkungen (vgl. Frohne, et al., 2015, S.12)
Demografie-Bewusstsein der Unternehmen – Analysen zum Aktuellen Stand 20 Die größten Auswirkungen sehen 52,8% der Befragten im Bereich des steigenden Quali- fizierungs- und Weiterbildungsbedarfs ihrer Belegschaft gefolgt von dem Risiko (51,7% der Befragten), dass mit dem Ausscheiden von Beschäftigten wichtiges Know-How für die Firma verloren gehen. Wohingegen das Risiko, Stellen künftig mit geeignetem Perso- nal besetzen zu können, lediglich von 37,4% der Beteiligten kritisch wahrgenommen wird. Bei 27,5% trifft dies auf die Besetzung der Ausbildungsstellen zu (vgl. Frohne, et al., 2015,S.12f). Die Ergebnisse von Schirmer (2015) zeigen ebenfalls eher eine Unter- schätzung der unternehmenskonkreten Risiken, wenn man sich die Ausprägung einzelner Demografiemaßnahmen in den Unternehmen betrachtet. Abb. 11: Demografiemaßnahmen nach Unternehmensgröße (vgl. Schirmer, 2015, 28) In größeren Unternehmen ist eine Vielzahl der Maßnahmen markanter vertreten als bei Kleineren. Dennoch zeigt die oben stehende Grafik, dass höhere Indexwerte über 4 auch bei ihnen nur in den schon ohnehin klassischen Demografie-Tools wie z. B. Elternzeiten und Gesundheitsmanagement auftreten. In Bereichen der Wissensvermittlung, Qualifizie- rung und Weiterbildung punkten insbesondere die Kleinunternehmen, was logisch er- scheint, wenn man sich der Tatsache bewusst ist, dass insbesondere bei ihnen bereits bis zu 40% der Mitarbeiter über 55 Jahre alt sind. Wenn der Kampf um neue Fachkräfte schwierig ist, gilt es, dass vorhandene Potential entsprechend zu schulen (vgl. Schirmer, 2015, S.30). Zwischenfazit Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Fakten zum Demografischen Wandel in den Firmen generell bekannt sind, dauerhafte und strategisch eingebundene Maßnahmen zur
Kapitel II: Generationenbilder in der Arbeitswelt – Versuch einer Ein- und 21 Bewältigung der demografischen Herausforderungen jedoch meist noch großes Aufhol- potential besitzen. Einfache Instrumente, wie eine grundlegende Altersstrukturanalyse, und –auswertung, werden von vielen Unternehmen nicht genutzt, sei es aus Unkenntnis bzw. Zeitdruck im Zusammenhang mit den umfangreichen Anforderungen des alltägli- chen operativen Geschäfts. Oft sind Größe des Unternehmens und finanzielle Mittel für die Einführung und Umsetzung entsprechender Maßnahmen entscheidend. Kapitel II: Generationenbilder in der Arbeitswelt – Versuch einer Ein- und Abgrenzung Um das Fachkräftepotenzial aller Altersgruppen nutzen zu können und diese bei der Per- sonalsuche zielgruppengerecht anzusprechen, erscheint eine Segmentierung auf Basis von Generationen hilfreich, da die kategorische Einstufung Komplexität bündeln und Orien- tierungshilfe bieten kann. Generell bleibt jedoch zu beachten, dass derartige Einstufungen niemals präzise Instrumente sind, die individuelles Verhalten ganzheitlich erklären kön- nen, da eine Vielzahl von Faktoren (Geschlecht, Familienstrukturen, soziale Herkunft etc.) auf den Einzelnen einwirken und ihn prägen (vgl. Klaffke, 2011, S.6). Im Sinne der Generationen-Kritiker soll daher bereits zu Beginn angemerkt werden, dass das oberste Ziel einer gelungenen Personalarbeit die generelle Beachtung des Diversity11-Ansatzes sein sollte und jeder Mitarbeiter, unabhängig seines Alters, Geschlechts etc., als Indivi- duum mit individuellen Bedürfnissen zu betrachten ist (vgl. Ruthus, 2014, S.5f). Der Generationenzugehörigkeits-Ansatz ist daher nur eine Möglichkeit, typisches Erleben und Einstellungsunterschiede zwischen den Angehörigen der verschiedenen Altersgruppen zu betrachten (vgl. Klaffke, 2014, S.8f). Mit Generation wird dabei insbesondere im sozio- logischen Kontext „die Gesamtheit der Menschen ungefähr gleicher Altersstufe mit ähn- licher sozialer Orientierung und Lebensauffassung“ definiert (Duden Online 2018). Sie teilen sich prägende kollektive Ereignisse (wie z. B. Mauerfall, 11. September) in Kind- heit und Jugend und können nur im historisch-gesellschaftlichen Kontext betrachtet wer- den. So wird das Verhalten eines chinesischen Jugendlichen durch die vorherrschende Ein-Kind-Politik anders sein, als das eines gleichaltrigen deutschen Jugendlichens, der mit Geschwistern aufgewachsen ist (vgl. Klaffke, 2014, S.9f). Auch wenn die Generatio- nen-Debatte nicht neu ist und sich widersprüchliche Ansichten zu derartigen Klassifizie- 11 Diversity (engl.): Unterschiedlichkeit, Vielfältigkeit. Im Zusammenhang mit dem Arbeitsleben berücksichtigt man die Unterschiedlichkeit der Mitarbeiter hinsichtlich Alter, Geschlecht, Nationalität etc. Unter dem Aspekt der Vielfalt bezüglich der Sichtweisen, Lebenserfahrungen, Werte etc. wird Diversity-Management damit positiv besetzt und soll einen individuellen und verantwortungsvollen Umgang mit diesen Unterschiedlichkeiten sicherstellen (vgl. www.wirtschaftslexikon.gabler.de; Stand: 31.05.2018).
2.1.1) Die Babyboomer – 1946 bis 1964 22 rungen in der Literatur finden lassen, sollen die folgenden Ausführungen einen Überblick darüber geben, welche Generationen-Gruppen existieren, welche Merkmale und Charak- teristika ihnen zugeschrieben werden und welches Potential für die Deckung des Fach- kräftebedarfs in ihnen steckt. Trotz bisher fehlender allgemeingültiger Generationen- Gliederung, geht die Mehrheit der themenbezogenen Literatur von bis zu 5 relevanten Generationen aus, die im Folgenden kurz skizziert werden: Abb. 12: Zeitleiste der Generationen (vgl. Holste, 2012, S.19) Die in der Abbildung gewählten Jahrgangsgrenzen zeigen eine der gängigsten Einteilun- gen der Generationen. Dabei sind die Grenzen fließend, so dass ein Vertreter aus dem Jahr 1966 durchaus Eigenschaften der Generation Babyboomer teilen kann, da es sich trotz Generationensystematiken immer noch um Individuen handelt, die in ihnen vertre- ten sind (vgl. Holste, 2012, S.19). Aufgrund des bereits vollzogenen Renteneintritts, fin- den die Vertreter der „Silent Generation“ an dieser Stelle keine detailliertere Betrachtung. 2.1.1) Die Babyboomer – 1946 bis 1964 Ihren Namen haben die Vertreter dieser Generation der Tatsache zu verdanken, dass sie zu den geburtenreichsten Jahrgängen gehören. 1,4 Mio. Kinder erblickten in Deutschland im Jahr 1964 das Licht der Welt (792.131 Lebendgeborene im Vergleich dazu 2016) und der Babyboom erreichte in diesem Jahr seinen Höhepunkt (vgl. Destatis, 2018). Gemein- sam mit den Vertretern der Folgegeneration X gehören sie derzeit noch zu den zahlenmä- ßig stärksten Jahrgängen, die in der Arbeitswelt vertreten sind und stellen damit einen er- heblichen Teil des Fachwissens, Erfahrungspotenzials und Firmen-Know-Hows sicher bzw. haben diverse Führungspositionen inne (vgl. Ruthus, 2014, S. 6). Die jüngsten Ver- treter dieser Generation sind derzeit um die 54 Jahre und werden in absehbarer Zukunft den Arbeitsmarkt verlassen und damit große Lücken in jeglicher Hinsicht hinterlassen. So steigt laut Schätzungen bereits im Jahr 2020 der Anteil der 67-Jährigen (und Älteren) al- lein in Mecklenburg-Vorpommern von 20,5% (2015) auf 22,9%. Bezogen auf 1,6 Mio. Einwohner sind dies in Zahlen ca. 32.000 ehemals Beschäftigte, die dem Markt nicht mehr zur Verfügung stehen (vgl. Destatis, 2018). Wie für jede Generation typisch, ver-
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