Persönlichkeitsbildung - Inside Paradeplatz
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[ alumni ] Juni 2011 zhaw-impact [Wirtschaftsjournalist] «Recherche ist das Herzstück des Journalismus» Schon als Knabe versuchte sich Lukas Hässig als Reporter. Während seiner KV-Lehrjahre träumte er von einer Karriere als Profifussballer. Nach seinem Betriebswirtschaftsstudium an der HWV wurde er faute de mieux Journalist. Letztes Jahr erhielt er den Medienpreis für unabhängigen Journalismus. Armin Züger D as Büro von Lukas Hässig etwas genauer an, die zu dieser eh- tung mit der er aufwuchs – sein Vater im trendigen Steinfels- renvollen Auszeichnung führten. war Korrektor beim Tages-Anzeiger areal in Zürich ist nicht gewesen – eine der raren Stellen als leicht zu finden. Gleich Der Traum vom Fussballer endet Journalismus-Praktikant zu erhal- mehrere Eingangstüren tragen die- im Journalismus ten. In der Schlussrunde der letzten selbe Hausnummer. Freundlich Geboren wurde Lukas Hässig vier Anwärter beantwortete Hässig kommt uns der grossgewachsene, 1964, er wuchs in Langnau am Albis die Frage des Chefredaktors Viktor schlanke Wirtschaftsjournalist zur und in Urdorf auf, wo er zur Schule Schlumpf, weshalb er denn in den Begrüssung entgegen: «Ich muss Be- ging. Tatsächlich war Radiokommen- Journalismus wolle, mit: Er wisse sucher immer hier vor dem Kinoein- tator als Bub sein Berufswunsch. Er nicht, was sonst tun. Die Replik über- gang abholen, sonst finden sie mich sei oft auf der Bettdecke gesessen zeugte Schlumpf nicht wirklich. Aber nie!». Wir steigen die Treppe zu und habe über Ereignisse in ein ima- kurze Zeit später klappte es. Hässig einem modernen Grossraum-Archi- ginäres Mikrofon berichtet. Später, hatte sich mit einem selbstgedrehten tekturbüro hinauf. Auf grossen Ti- als Teenager, träumte er von einer Video bei Radio 24 beworben, in wel- schen stehen Gebäudemodelle. Jun- Profifussballer-Karriere. Doch wie chem er zum Fasnachtsanfang am ge Leute sitzen über Plänen an der bei vielen, zerschlugen sich die Pläne. 11.11.1990 in Zürich «Böögen» inter- Arbeit. «Dort hinten ist mein Ar- Er sei aber als Fussballer gut gewesen, viewt hatte. Das Band gefiel. Hässig beitsplatz», Hässig weist auf zwei mit «vielleicht besser als als Journalist», bekam eine Stelle und lernte so bei Büchern und Zeitschriften belegte lacht Hässig. Stattdessen absolvierte Roger Schawinski das Recherchier- Tische. Unweigerlich spürt man, hier er eine KV-Lehre bei der Schweize- handwerk. schwingt eine kreative Atmosphäre rischen Nationalbank. 1987 ent- im Raum. Da also schreibt der Zür- schloss er sich zu einem Betriebs- Vom Wirtschaftsjournalisten cher Wirtschaftsjournalist seine Bü- wirtschaftsstudium an der HWV in zum Unternehmenssprecher cher und Texte. Für den Artikel «Ver- Zürich – der heutigen ZHAW School Zwei Jahre arbeitete er für Radio schwörung gegen die USA» wurde of Management and Law. 24. Danach wechselte Hässig als Wirt- Lukas Hässig letztes Jahr der alle zwei Mit dem Studienabschluss 1990 schaftsredaktor für ein Jahr zur Fi- Jahre vergebene Medienpreis für ging auch die damalige Hochkon- nanz und Wirtschaft und dann für freischaffende Journalisten verlie- junktur zu Ende. Ab 1991 herrschte weitere vier zur SonntagsZeitung. hen. Schauen wir uns die Stationen Krise. Hässig versuchte, bei der Zei- Gleichzeitig mit einem Abgang in 7
Juni 2011 zhaw-impact [ alumni ] der dortigen Chefredaktion bekam und aufschlussreich, seine Welt war Ausland mancher Ex-Sprecher oder Lukas Hässig vom Flughafen Zürich dies jedoch nicht. Ihm fehlte bei -Berater später ein Buch über die das Angebot als Unternehmensspre- Unique das, was er als «die echte Lei- miterlebte Zeit. Und drittens sei die cher zu wirken. Für den Wirtschafts- denschaft des Journalisten» bezeich- Transparenz, die man mit einem sol- journalisten eine einmalige Chance, net. Hässig wollte zurück in den Jour- chen Buch bezwecke, ein höheres Gut einen Karriereschritt zu wagen und nalismus und hielt immer etwas die und stärker zu gewichten als die Tat- einer Geschäftsleitung anzugehören. Augen offen. Schliesslich erfuhr er sache, etwas Internes könnte an die So arbeitete er von Januar 1999 bis von einem Wechsel bei der Zeitschrift Öffentlichkeit dringen, was nicht für August 2001 bei der Unique AG. Kurz «Facts». Er bewarb sich und erhielt diese bestimmt war. danach, am 2. Oktober 2001, passier- die Stelle als Ressortleiter Wirtschaft. Heute sieht Hässig alles etwas te das Grounding der Swissair. selbstkritischer. Er würde sich an ei- Kritik für das erste Buch nigen Stellen wohl stärker zurückhal- Ein Journalist ist kein Als zwei Jahre später im August ten. Sein Fehler sei gewesen, nicht Unternehmenssprecher 2003 sein erstes Buch «Kloten-Clan besser erklärt zu haben, was der Bei Unique machte Lukas Hässig – Hintergründe und Verantwortliche Zweck des Buches war, nämlich erste Manager-Erfahrungen und fand der Zürcher Airport-Wirren» er- Transparenz in die heillos zerstrit- dies nicht so spannend wie erwartet. schien, kam Hässig unter Beschluss. tenen Meinungen, Fakten und Über- Während langer Geschäftsleitungs- Journalistenkollegen warfen ihm un- legungen zu bringen. «Ja, das Buch sitzungen realisierte er, dass stun- ethisches Verhalten vor und verur- hat mir geschadet», sagt Hässig, denlang tagen nicht unbedingt seine teilten seinen Buchentscheid. Ein Ex- «gleichzeitig war es Anreiz, weitere Sache war. Spannend war die schwie- Unternehmenssprecher dürfe kein ‹richtige› Bücher zu schreiben, ohne rige Phase am Flughafen trotzdem, Buch über frühere Arbeitgeber den Makel sozusagen eine Abkür- mit der starken Zunahme des Flug- schreiben. Lukas Hässig verteidigte zung gewählt zu haben.» Eigentlich verkehrs sowie dem Wechsel von sich damals mit den Argumenten: sei es ja interessant, wenn jemand einem staatlichen Betrieb zu einem Erstens sei Unique über das Buch in- aus dem Inneren einer Firma erzähle, privaten Unternehmen mit Börsen- formiert und zum Dialog aufgefor- aber man müsse dabei die eigene Rol- gang. Für Hässig war diese Zeit lehr- dert worden. Zweitens schreibe im le ganz genau definieren. Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften CAS Certificates of Advanced Studies • CAS Kinder- und Jugendhilfe Soziale Arbeit • CAS Dissozialität, Delinquenz und Kriminalität • CAS Konfliktmanagement und Mediation • CAS Soziale Gerontologie Soziale Arbeit hat viele Seiten. • CAS Soziokultur Und immer eine Perspektive. • CAS Diakonie – Soziale Arbeit in der Kirche • CAS Leiten in Nonprofit-Organisationen • CAS Betriebswirtschaft in Nonprofit-Organisationen CAS mit MAS-Perspektive • CAS Organisationen verstehen und entwickeln Für welchen CAS Certificate of Advanced Studies • CAS Praxisausbildung und Personalführung Sie sich auch entscheiden – Sie können Ihre • CAS Sozialversicherungsrecht Weiterbildung in jedem Fall fortsetzen und den Titel eines Master of Advanced Studies (MAS) erwerben. MAS Master of Advanced Studies Den Zeitrahmen dafür bestimmen Sie. • MAS Kinder- und Jugendhilfe • MAS Dissozialität, Delinquenz, Kriminalität, Integration Bestellen Sie jetzt unser Jahresprogramm oder • MAS Soziokultur/Gemeinwesenentwicklung Detailprospekte zu unseren CAS im Internet. • MAS Sozialmanagement www.sozialearbeit.zhaw.ch/weiterbildung • MAS Supervision, Coaching und Mediation ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Departement Zürcher Fachhochschule Soziale Arbeit, Auenstrasse 4, 8600 Dübendorf, Telefon 058 934 86 36 8 Inserat_Impact_Juni.indd 1 02.05.2011 11:12:09
Lukas Hässig [ Persönlichkeitsbildung ] Juni 2011 zhaw-impact arbeitet seit 2006 als freischaffender Jour- nalist mit Fokus auf Finanz- und Wirt- schaftsthemen. Abgesehen von Publika- tionen und recherchen für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, hat er bisher drei Bücher publiziert: Kloten-Clan – Hintergründe und Verantwort- liche der Zürcher Airport-Wirren, 232 S., Werd Verlag, Zürich 2003. Der UBS-Crash – Wie eine Grossbank Milliar- den verspielte, 223 S., Hoffmann und Campe Verlag, Ham- burg 2008. Paradies Perdu – Vom Ende des Schweizer Bankgeheimnisses, 255 S., Hoffmann und Campe Verlag, Ham- burg 2010. im november 2010 wurde Lukas Hässig der «medienpreis für Freischaffende – Preis für unabhängigen Journalismus» verliehen. Der Schritt in den unabhängigen den Dollar. Erst zwei Drittel der Wegstrecke, in der Schweiz einen schweren Stand zu ha- Journalismus wie wir heute wissen. Marcel Ospel musste ben, sagt Hässig. Das Buch ist schliesslich in Zwei Jahre leitete Lukas Hässig das Wirt- zurücktreten. «Eigentlich viel zu spät», Deutschland im renommierten Hoffmann schaftsressort von «Facts». Nach einem Ma- meint Hässig, «schliesslich war nicht ir- und Campe Verlag erschienen und von der nagementwechsel arbeitete er weitere zwei gendwo zuunterst im Maschinenraum et- Kritik lobend rezensiert worden. Laut Häs- Jahre für «Die Weltwoche» und «Bilanz». Im was schief gelaufen, sondern ganz oben!» sig wäre «Der UBS-Crash» noch stärker Hinterkopf trug er sich jedoch schon lange Fazit des Buches ist, dass ausgerechnet wahrgenommen worden, wenn das Buch in mit dem Gedanken, es als unabhängiger die vermeintlich sehr vorsichtige Gross- der Schweiz erschienen wäre. Journalist zu versuchen. Da 2006 der Markt bank UBS in der Kreditkrise den tiefsten Fall für Wirtschaftsjournalisten gut war und zu- aller globalen Finanzinstitute erlebte und Das Schweizer Bankgeheimnis am Ende dem die Weltwoche personell abbaute, be- einen historischen Jahresverlust verschul- Im zweiten Buch «Paradies Perdu» geht schloss Hässig, den Schritt zu wagen, den er dete. «Der unglaubliche Absturz einer der es um die Schweiz und ihren Finanzplatz, bisher nie getan hatte. glänzendsten Marken des internationalen die beide jahrzehntelang gut vom Bankge- Ob er als selbstständiger Journalist frei- Bankings ist nicht, wie es uns die Verant- heimnis lebten. Innert Kürze wurde dieses er ist, kann er so nicht sagen. Einen Vorteil wortlichen glaubhaft machen wollen, die 2009 geopfert. Verantwortlich waren in er- sieht er aber darin, dass man eine Strategie Folge einer Naturkatastrophe, sondern das ster Linie die UBS und ihr Topmanagement. entwickeln muss wie eine Firma. Man muss Ergebnis des Ignorierens von Warnungen Auf der Jagd nach Rekordgewinnen unter- sich spezialisieren, eine Marke werden, sich und Gier nach Macht, Grösse und Geld.» hielt die UBS in den USA ein Betrugssystem. selbst eine Nische schaffen. Und die grosse Mit dieser These und einem angefan- Als die US-Justiz diesem Treiben auf die Chance ist, dass man dies in Eigenregie be- genen Manuskript ging Lukas Hässig auf Spur kam, flogen nicht nur die UBS-Ma- stimmen kann. Als im Herbst 2007 die UBS die wenigen Schweizer Verlage zu, die für chenschaften auf, auch die Schweiz musste in Schieflage geriet, konnte er als «Freier» eine solche Publikation in Frage kamen. Er aus Furcht vor einer Anklage gegen die UBS entscheiden, das ist mein Thema, da bleibe dachte, es sei ein Kinderspiel, dieses Buch ihr Bankgeheimnis opfern. ich dran. Auf einer Redaktion übernimmt zu publizieren, da er bereits viele Artikel Während beim ersten UBS-Buch aus plötzlich ein Kollege das Thema oder der über die UBS-Probleme geschrieben hatte heutiger Sicht ein paar Lücken bestanden – Chef will nur wenig Ressourcen freigeben. und das Thema in aller Munde war. Zu Häs- es gab damals noch keine umfassende Auf- sigs grossem Erstaunen lehnten alle Schwei- arbeitung der Subprime-Verluste –, sind bei Die Publikation zum UBS-Crash zer Verlage ab. Nach der Rettungsaktion «Paradies Perdu» alle zentralen Aussagen Hässig ist immer noch erstaunt, wie lan- durch den Staat im Herbst 2008 unternahm und Erkenntnisse durch Fakten abgestützt. ge es in der Schweiz dauerte, bis Konsens er einen zweiten Anlauf. Das Ergebnis war Allein aus englischsprachigen Quellen wie herrschte, dass bei der UBS auf der obersten identisch. Bereits in drei Monaten sei die US-Gerichtsdokumenten und anderen Un- Ebene – salopp gesagt – ein Riesenmist ge- UBS kein Thema mehr, wurde argumen- terlagen sind 135 Fussnoten entstanden. baut wurde. Im Frühling 2008 entschloss er tiert. Hässig vermutet, dass damals viele Hässig kann sich vorstellen, weitere Bü- sich deshalb, zu diesem Thema ein Buch zu Schweizer Verlage davor zurückschreckten, cher zu schreiben. Er betont jedoch, zuerst schreiben. Damals betrug der Abschreiber die UBS hart anzupacken. Kritische Bücher müsse er wieder einmal etwas Geld verdie- bei den Subprime Papieren etwa 37 Milliar- über einflussreiche Institutionen scheinen nen. Mit Büchern sei dies schwierig. 9
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