Pertussis update 2020 - infektiologie.co.at
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Pertussis update 2020 Univ. Prof. Dr. Ursula Wiedermann Leiterin des Zentrums für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie; Instituts f. Spezifische Prophylaxe u. Tropenmedizin & Titel der Präsentation ODER des Vortragenden Spezialambulanz f. Impfungen der Medizinische Universität Wien Kinderspitalgasse 15, 1090 Wien www.meduniwien.ac.at/tropenmedizin Univ. Prof. Dr. Ursula Wiedermann Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin 1
Offenlegung potentieller Interessenskonflikte [x] Es bestehen KEINE potentiellen Interessenskonflikte bzgl. der Inhalte meines Vortrags. Zusatzinformation über letzte 5 Jahre: Finanzielle Unterstützung/wirtschaftliche Interessen: (a) Finanzierung von Klinische Studien (Phase I-IV) der MedUniWien durch folgenden Sponsoren: Pfizer, GSK, Themis Bioscience; UW ist PI in diesen Studien (b) CSO (2015-bis 2018) von Biotech Immugene Australia zur Entwicklung einer Krebsvakzine Mitglied des Advisory Boards von Imugene (kein Honorar) (c) Keine Firmenhonorare für Vorträge, Advisory Boards etc (d) Mitglied des Österr. Nationalen Impfgremiums und Mitglied der STIKO 13.3.2020 2
Übersicht • Erreger, Krankheitsbild, Diagnostik • Epidemiologie • Mögliche Ursachen für Pertussisanstieg • maternale Impfung • Therapie Titel der Präsentation ODER des Vortragenden Organisationseinheit 3
Bordetella pertussis • unbeweglich, bekapselt, aerob, gramnegativ • Reservoir: Mensch • Toxine und Virulenzfaktoren: • Pertussis-Toxin (PT), • filamentöses Hämagglutinin (FHA), • Trachea-Zytotoxin Schwächung • Pertactin lokaler • Hitzelabiles Toxin Abwehrkräfte, • Adenylatzyklase-Toxin Gewebeschäden. • Andere Bordetella species: B. parapertussis (B.Pa.), B. bronchiseptica (B.B.), B. holmesii (B.H.) Reservoir: Mensch und Schaf Quelle: www.rki.de
Erregerantigene Die häufigsten Bordetella species o B. pertussis (B.P.) o B. parapertussis (B.Pa.) o B. bronchiseptica (B.B.) o B. holmesii (B.H.) Bordetella antigene: Pertussis toxin: NUR B.P. Filamentous hemaggl.: BP, B.Pa., BB Pertactin: BP, Bpa, BB Fimbriae: BP, BPa, BB From: Alison Weiss, ASM News, 1997 Adenylatcyclase: BP, Bpa, BB
Infektion und Infektionsweg Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen, Sprechen) • Kontakt innerh. ca. 1 Meter • Vermehrung der Bordetellen auf zilientragenden Epithelien der Atemwegsschleimhaut • Anhaltendes Trägertum nicht beschrieben, aber asymptomatische Personen im Umfeld von erkrankten Säuglingen und bei Ausbrüchen nachgewiesen (bzw. serologische Evidenz für kürzlich erfolgte Infektion gefunden) Inkubationszeit • 9-10Tage (Spanne 6-20 Tage) Ansteckungsfähigkeit • Hoch kontagiös (Kontagiositätsindex 90%); R0= 12-17 (vgl Masern)! • Höhepunkt während der ersten beiden Wochen • ca. 5 Tage nach Erkrankungsstart - bis zu 3 Wochen nach Beginn d. Stad. convulsivum Quelle: www.rki.de
Klinik • Pertussis kann mehrere Wochen bis Monate dauern!! • Drei typ. Stadien: • Stadium catarrhale (1–2 Wochen): grippeähnlich, höchste Ansteckungsgefahr • Stadium convulsivum (4–6 Wochen): Stakkatohusten (nachts), inspiratorischem Ziehen, zäher Schleim, Erbrechen (kein Fieber) • Stadium decrementi (6–10 Wochen) • Säuglinge: häufig untypischer Verlauf: Beginn mit Schnupfen, Niesen und leichtem Husten. Stadium convulsivum: Husten, Luftschnappen und Würgen, hervortretende Augen, Bradykardie, Apnoe, Zyanose und Erbrechen. Säuglinge haben größtes Risiko für Komplikationen und Hospitalisierungen • Jugendliche und Erwachse: lang dauernder Husten, keine typ. Hustenanfälle, „Halskratzen“, Schweißausbrüche Komplikationen: • Pneumonie bes. durch Pneumokokken und Hämophilus influenzae -> bei 10% der Säuglinge, bei 9% der erkrankten Personen > 50J • Otitis media, Sinusitis, Hernien, Rippenfrakturen, subkonjunktivale und zerebrale Blutungen, Krämpfe und Enzephalopathien • Todesursache: bei Säuglingen Hyperleukozytose, schwere Hyoxämie, pulmonale Hypertension, akutes Organversagen Quelle: www.rki.de
Diagnostik Pertussis Wahl der diagnostischen Methode ab Beginn der Symptome Antibiotika sinnvoll o Kultur: 1-2 Wochen (untergeordnete Rolle f. Routinediagnostik) PCR (hohe Sensitivität) o PCR: ideal bis ca. 3 Wochen Kultur (geringe Sensitivität) Serodiagnostik (anti-PT IgG + IgA!) o Serologie: ab ca. 2 Wochen Inkuba- 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 tion Erkrankungsdauer in Wochen Stad. Catarrhale Stad. Convulsivum INFEKTION Stad. Decrementi
Hintergrund: Surveillance Österreich – epidemiologische Entwicklung • Meldepflichtige Erkrankung seit 1950 • Beobachtung der epidemiologischen Entwicklung erfolgt durch AGES, seit 2014, beauftragt durch MoH • Nach Einführung der Pertussis-Impfung, 1974 erreichte die Pertussis-Inzidenz 1993 mit 1,1/100.000 Personen ihren Tiefstand seit Einführung der Meldeverpflichtung. • In den kommenden Jahren bis einschließlich 2008: registrierte jahresdurchschnittliche Inzidenz - 1,6/100.000 Personen. • Seit 2009 nimmt das Auftreten von Pertussis in Gesamtpop. zu • Seit 2014 – 2018 besonders steiler Inzidenz-Anstieg
1-Jahres Inzidenz, 1950-2018, Österreich WP aPV
1-Jahres Inzidenz, 2009-2019, gesamt + Events
Jährliche Anzahl der Pertussis Fälle, 2009-2018, alters-spezifisch
Jährliche Anzahl der Pertussis Fälle, 2009-2018, alters-spezifisch, 10-14, 15-19, 20-29 Jährige Fallzunahme bei 10-14, 15-19 Jährigen
Jährliche Anzahl der Pertussis Fälle, 2009-2019, alters-spezifisch, 30-39, 40-49, 50-59 Jährige Ansteigender Trend bei 30-39 Jährigen im Jahr 2019 fortgesetzt
Mögliche Ursachen für Pertussis Anstieg • Ganzzell vs azellulärer Impfstoff - Fehlender Einfluss auf Kolonisierung – fehlender Herdenschutz • Verzögerung in Grundimmunisierungs- und Auffrischungsimpfungen • Rasche Abnahme der Immunantwort – „antibody waning“ • Reduzierte Impfantigenkomponenten • Abnehmender Impfschutz durch genetische Veränderung („genetic escape of cirucling strain from vaccine strain“) • Fehlender maternaler Schutz 17
Ganzzell- (wPV) versus azellulärer Impfstoff (aPV) Effekte einer Universalimpfung mit wPV in < 2 Jährige: Direkter protektiver Effekte – Individualschutz der Geimpften • Prävention von Infektion in Geimpften (Vakzin-Zielgruppe), long-lived immunity (ca 10 J, vgl Erkrankung) • Prävention von (Re) Kolonisation in Geimpften -> Reduktion der Anteil der Kolonisierten in Geimpften - Indirekter protektiver Effekt – Herdenschutz bei Vaccine Coverage 95% (R0 12-17 -> 92-95% VC) • Durch Schutz vor Kolonisation in Geimpften -> Reservoir-Abnahme Reduktion der Transmission von Kolonisierten/Infizierten > indirekter Schutz vor Infektion in Nicht-/inkomplett Geimpften erhöhte Reaktogenität Titel der Präsentation ODER des Vortragenden Organisationseinheit 18
Ganzzell- (wPV) versus azellulärer Impfstoff (aPV) Effekte einer Universalimpfung mit aPV – „inkompletter Impfstoff“ Direkter protektiver Effekte – Individualschutz der Geimpften • Prävention von Infektion in Geimpften (Vakzin-Zielgruppe), nach 2 Dosen VE von 60%, short-lived immunity • Kein Schutz vor (Re) Kolonisation in Geimpften -> kein indirekter protektiver Effekt • Anteil der Kolonisierten in Population steigt -> • „silent transmission“ Rate steigt Kein / geringer indirekter Effekt Geringere Reaktogenität Titel der Präsentation ODER des Vortragenden Organisationseinheit 19
Hypothese für Pertussisanstieg bei < 1 Jährigen Fehlender Schutz bei den noch ungeimpften Säuglingen oder angeimpften Kleinkindern Fehlende Übertragung von schützenden AK durch Mutter (wenn nicht in SS geimpft) „silente Transmission“ durch fehlende Beeinflussung der NP-Besiedelung bei Erwachsenen (kein indirekter Schutz - „Cocooning“) Verzögerter Impfbeginn mit 6 fach-Impfstoff und verzögerte 2 Impfung -> Anstieg bei 3-5 Monate alten Kleinkindern • Auswertung aus Impfregister in Tirol für Jahrgänge 2013-2017: Durchimpfung mit 3 Impfungen (im Folgejahr) zw. 57%-61% !! 20
Einfluss von reduzierten Impfstoffantigen fraglich? Einfluss von genetisch Veränderten zirkulierenden Stämmen (Pertaktin-frei) fraglich
Hypothese für Pertussisanstieg bei 5-9 Jährigen und Adoleszenten (10-14 J)- Antibody waning Impfempfehlung laut Österr. Imfplan: Auffrischungsimpfung mit Schuleintritt (1. Schulstufe) – gelebte Praxis: Auffrischung erst ab 9 Jahren Schwartz K.L. et al, CMAJ, 2016 22
Hypothese für Pertussisanstieg bei Erwachsenen (Daten aus Pertussisreferenzzentrale) 2016 2017 2018 34,7% 26,6 % Kein oder geringer Schutz 62% 61,5% 73,4% Fehlende Auffrischungsimpfungen im Erwachsenenalter Titel der Präsentation ODER des Vortragenden Organisationseinheit 23
Was tun zum Schutz der Säuglinge? -> Maternale Impfung 24
Sicherheit und Immunogenität von maternaler Impfung im 3. Trimenon (SSW 30-32) Empfehlung im österr. Impfplan und der STIKO -> maternale Impfung im 3 Trimenon!!! Barug D et al, Lancet 2019 25
Impfprävention - Zusammenfassung • 1. Maternale Impfung führt zu 22x höheren Pertussis Titern im Nabelschnurblut und 9x höheren Titern im Blut von Säuglingen bis zu 3 Monaten nach Geburt!! • 2+1 Schema vergleichbare Impftiter wie 3+1 Schema !! (auch Deutschland stellt nun nach ausführlichem Literatur Recherche auf 2+1 um!) • Wichtig ist Einhaltung des Impfschemas : 3., 5., 11./12. Lm (Grundimmunsierung NICHT in das 2 Lebensjahr ausdehnen!) • Auffrischung mit 6 Jahren -> bei Schuleintritt!! • Regelmäßige Auffrischung mit Pertussis-hältigen Impfschutz im Erwachsenen Alter (zum eigenen Schutz vor Erkrankung) Titel der Präsentation ODER des Vortragenden Organisationseinheit 26
Therapie • Die antibiotische Therapie verkürzt die Dauer der Ansteckungsfähigkeit um 3-7 Tage! • Sie soll so früh wie möglich begonnen werden: vor Beginn oder 1-2 Wochen ab Hustenbeginn und kann zur Unterbrechung der Infektionskette erheblich beitragen • Die Antibiotikagabe ist nur sinnvoll solange der Pat. Bordellen ausscheidet – i.e. pos. PCR im Nasenrachenabstrich, bzw vom Ende der Inkubationszeit im Stadium catarrhale bis zu 3 (max 6) Wochen nach Beginn des Stadiums convulsivum • Azithromycin führt nach 2-3 Tagen zu 97%, nach 5 Tagen zu nahezu 100% Eradikation aus dem Nasopharyx • Isolierung von Pat. bis zu 5 Tagen nach Therapiebeginn • P Pertussis RKI-Ratgeber 27
Besonderen Dank an: • Abteilung für Infektionsepidemiologie Leiterin: Doz. Daniela Schmid Österr. Referenzlabor für Pertussis im Institut f. Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin, MedUniWien Joanna Jasinska, Dipl. Ing Karin Baier Maria Orola Ute Scheikl, PhD 28
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