Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse einer sicherheitsrelevanten, bordautonomen Zugortung auf Grundlage von PROFUND - De Gruyter

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Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse einer sicherheitsrelevanten, bordautonomen Zugortung auf Grundlage von PROFUND - De Gruyter
at – Automatisierungstechnik 2021; 69(3): 186–199

Methoden

Andreas Dodinoiu*, Arne Geffert, Tianxiang Lan und Uwe Becker

Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse einer
sicherheitsrelevanten, bordautonomen Zugortung
auf Grundlage von PROFUND
Petri net-based dependability analysis of a safety-relevant, autonomous train localization on
the basis of PROFUND

https://doi.org/10.1515/auto-2020-0125                               ability of the system can be evaluated quantitatively using
Empfangen 31. Juli 2020; angenommen 2. Dezember 2020                 Petri net-based modeling and Monte Carlo simulation.
Zusammenfassung: Die bevorstehende Modernisierung                    Keywords: RAMS, reliability, GNSS, positioning, Stanford
des Schienenverkehrs wird sich auf die Zugsicherungs-                diagram
und Signaltechnik auswirken, z. B. auf die Zugortung, die
bordautonom und satellitenbasiert werden soll. Um schon
in frühen Entwicklungsstadien Aussagen über die Verläss-
lichkeit eines solchen Systems treffen zu können, ist ei-
                                                                     1 Einleitung
ne prospektive Risikoabschätzung auf funktionaler Ebe-
                                                                     Die Anbieter von Mobilitätsanwendungen der heutigen
ne erforderlich. Durch Weiterentwicklung der PROFUND-
                                                                     Zeit unterliegen den hohen gesellschaftlichen Erwartun-
Methode kann mithilfe einer petrinetzbasierten Modellie-
                                                                     gen, die Sicherheit, den Umweltschutz und die Wirtschaft-
rung und einer Monte-Carlo-Simulation eine quantitati-
                                                                     lichkeit ihrer Dienste zu verbessern. Dies ist nur durch ei-
ve Aussage über die Verlässlichkeit des Systems getroffen
                                                                     ne stetige Modernisierung möglich und trifft insbesonde-
werden.
                                                                     re auf den Schienenverkehr zu. Gerade im Hinblick auf
Schlagwörter: RAMS, Zuverlässigkeit, GNSS, Lokalisie-                ein Fortbestehen des Schienenverkehrs ist eine Moderni-
rung, Stanford-Diagramm                                              sierung, insbesondere des Eisenbahnverkehrsleitsystems,
                                                                     erforderlich. Für eine solche Modernisierung sind jedoch
Abstract: The upcoming modernization of rail transport
                                                                     neue Ansätze für die Zugsteuerung und -ortung unerläss-
will affect the train control and signaling technology, for
                                                                     lich. Als eine mögliche Ortungstechnologie bietet sich ein
example the train localization which should become on-
                                                                     multisensorielles System auf der Basis von Globalen Na-
board and satellite-based. In order to determine the de-
                                                                     vigationssatellitensystemen (GNSS) an. Hierfür werden al-
pendability of such a system at an early stage of develop-
                                                                     lerdings neue Ansätze zur Risikobewertung benötigt, für
ment, a prospective risk assessment at functional level is
                                                                     die im Folgenden eine neue Methode vorgestellt wird.
necessary. By refining the PROFUND method, the depend-
                                                                     Zu diesem Zweck werden im vorliegenden Beitrag zu-
*Korrespondenzautor: Andreas Dodinoiu, Technische Universität        nächst die Verlässlichkeitskenngrößen des Schienenver-
Braunschweig, Institut für Verkehrssicherheit und                    kehrs und der GNSS-basierten Ortung ineinander über-
Automatisierungstechnik, Hermann-Blenk-Straße 42, 38108              führt, anschließend werden nach der PROFUND-Methode
Braunschweig, Deutschland, E-Mail:                                   die entsprechenden Prozesse auf funktionaler Ebene mo-
a.dodinoiu@tu-braunschweig.de, ORCID:
                                                                     delliert. Das auf Petrinetzen basierende Modell eignet sich
https://orcid.org/0000-0002-8183-6816
Arne Geffert, Tianxiang Lan, Uwe Becker, Technische Universität      für eine Risikoanalyse, welche mithilfe einer Monte-Carlo-
Braunschweig, Institut für Verkehrssicherheit und                    Simulation durchgeführt wird. Der nachfolgend beschrie-
Automatisierungstechnik, Hermann-Blenk-Straße 42, 38108              bene Ansatz zeigt, wie sich – gemäß Anforderung aus der
Braunschweig, Deutschland, E-Mails:
                                                                     Bahn-Normung [1] – eine solche Analyse schon in einem
a.geffert@tu-braunschweig.de, t.lan@tu-braunschweig.de,
u.becker@tu-braunschweig.de, ORCID:
                                                                     frühen Stadium des Entwicklungsprozesses durchführen
https://orcid.org/0000-0001-5115-5908 (A. Geffert),                  lässt. Dadurch kann das zu analysierende System bereits
https://orcid.org/0000-0002-3943-1401 (T. Lan)                       auf funktionaler Ebene modelliert werden. Gerätetechni-

  Open Access. © 2021 Dodinoiu et al., publiziert von De Gruyter.   Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0
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sche Zuverlässigkeit, technologische Realisierungen o. ä.
werden nicht betrachtet.

2 Betriebliche Betrachtung der
  Zugsteuerung
Im europäischen Schienenverkehr erfolgt die Umsetzung
des Modernisierungsvorhabens (siehe Kapitel 1) durch die
Einführung eines einheitlichen europäischen Eisenbahn-
verkehrsleitsystems ERTMS (European Rail Traffic Ma-
                                                               Abb. 1: Zulässige Abweichungen bei der Zugortung mit konventio-
nagement System). Einen Bestandteil von ERTMS stellt da-
                                                               neller ETCS-Streckenausrüstung [4].
bei die Zugsteuerung ETCS (European Train Control Sys-
tem) dar. Der Ausbau von ETCS in Bestands- und Neu-
baustecken kann in drei Stufen erfolgen, jedoch sind nur
ETCS Level 2 und 3 für den Einsatz von GNSS relevant,          entstehenden Messabweichungen sollen mithilfe von Ba-
da hier teilweise bzw. vollständig auf streckenseitige Si-     lisen korrigiert werden. Balisen – fest im Gleiskörper ver-
gnaltechnik verzichtet werden kann. Nur bei einem über-        baute, elektromagnetische Transponder – gewährleisten
wiegenden oder vollständigen Verzicht auf die strecken-        somit eine punktförmige Zugortung. Abb. 1 zeigt das be-
seitige Signaltechnik ist der Einsatz einer sicherheitsrele-   schriebene Verfahren mit den zulässigen Messabweichun-
vanten, fahrzeugseitigen Ortung aus betrieblichen und fi-      gen [4]. Die Datenübertragung erfolgt dadurch, dass das
nanziellen Gesichtspunkten erstrebenswert, da hierdurch        Fahrzeug die Baliseninformation bei der Überfahrt einer
die Mehrkosten einer fahrzeugseitigen Ortung durch den         Balise mit einem entsprechenden Lesegerät ausliest. Um
Wegfall des Einbaus, des Betriebs und der Wartung der          ein sicheres Auslesen einer Balise und damit eine verläss-
streckenseitigen Signaltechnik kompensiert werden kön-         liche Ortung zu gewährleisten, werden diese nicht einzeln
nen [2]. ETCS Level 2 und 3 unterscheiden sich vor allem       verlegt, sondern immer in Gruppen von zwei bis acht. Die-
dadurch, dass in Level 2 die Blockabschnitte durch eine        se Balisengruppen werden dabei an Blockübergängen und
Gleisfreimeldung im Gleis baulich fest vorgegeben sind.        an relevanten Streckenabschnitten, wie z. B. an Weichen,
Dagegen wird bei ETCS Level 3 die Gleisfreimeldung – und       verlegt. Das Schienenfahrzeug meldet im Fall von ETCS
damit verbunden die Zugvollständigkeitskontrolle – fahr-       dem Stellwerk seine Position über eine Funkschnittstelle
zeugseitig realisiert. Die technische Umsetzung einer fahr-    und das Stellwerk gibt die weitere Fahrt des Zuges frei und
zeugseitigen Gleisfreimeldung bzw. Zugvollständigkeits-        stellt die Fahrstraße ein.
kontrolle hat nach aktuellem Stand von Wissenschaft und              Aktuelle Bestrebungen gehen dahin, physische Bali-
Technik noch einen großen Entwicklungsbedarf und wird          sen mithilfe einer fahrzeugseitigen Ortung auf Basis vir-
deshalb in dieser Veröffentlichung nicht weiter betrach-       tueller Balisen zu ersetzen, um so die Kosten auf weni-
tet [3]. Im Hinblick auf die später dargestellte Modellie-     ger stark befahrenen Nebenstrecken zu senken [2]. Bei sol-
rung sei angemerkt, dass auf die traditionelle Blocksiche-     chen virtuellen Balisen werden die zur verlässlichen Fahr-
rung zurückgegriffen wird, d. h., dass sich innerhalb eines    zeugführung benötigten Ortungsinformationen durch ei-
Blockabschnitts zu einem gegebenen Zeitpunkt in der Re-        ne alternative, fahrzeugseitige Ortungstechnologie ermit-
gel nur ein Schienenfahrzeug befinden darf, da sonst eine      telt. Dies kann durch eine Vielzahl von Sensorik und Mess-
Gefährdung entsteht. Ausnahmen hiervon stellen z. B. das       prinzipien geschehen und ist Gegenstand anderer For-
Rangieren und das Koppeln zweier Züge dar.                     schungsarbeiten: Es können z. B. Kamerasysteme, Gleisra-
     Die technische Umsetzung der Ortung eines Schienen-       dar, Wirbelstromsensoren, Inertialsensorik, terrestrische
fahrzeuges ist bei ETCS nicht fest vorgeschrieben. Es wer-     Funkortung oder satellitenbasierte Ortung eingesetzt wer-
den lediglich Funktionsumfang und Schnittstellen einer         den [5]. Die Ergebnisse verschiedener Forschungsprojekte
Ortungseinheit beschrieben, nicht jedoch die zu verwen-        [2, 6] legen nahe, dass sich die schienenfahrzeugseitige Or-
dende Sensorik oder Messprinzipien. Aus dieser Beschrei-       tung vorteilhaft mithilfe satellitenbasierter Ortungssyste-
bung geht hervor, dass sich das Schienenfahrzeug rela-         me realisieren lässt. Allerdings ist davon auszugehen, dass
tiv mittels Odometrie kontinuierlich orten soll. Die hierbei   die verwendeten Sensoren nicht unabhängig voneinander
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betrieben werden, sondern durch eine fehlertolerante In-           sinnvoll, dass diese Technologie für den Einsatz im Eisen-
formationsverarbeitung zu einer Ortungslösung fusioniert           bahnbereich zugelassen werden muss.
werden. Dies bietet den Vorteil, dass durch die Beobach-                Im Bahnbereich wird die Verlässlichkeit eines Sys-
tung der Messqualität auf die Präzision der Messung ge-            tems durch die RAMS(S)-Kenngrößen charakterisiert [1].
schlossen werden kann und eine Fehlereingrenzung mög-              Diese Kenngrößen sind die Zuverlässigkeit (reliablity), die
lich wird [7]. Dabei ist zu beachten, dass die häufig in ande-     Verfügbarkeit (availability), die Instandhaltbarkeit (main-
ren Domänen favorisierten, stochastischen Fusionsansät-            tainability) und die Sicherheit. Im Fall der Sicherheit ist
ze (z. B. Kalman- oder Partikel-Filter) dem im Bahnbereich         die deutsche Sprache durch den polysemen Charakter die-
aus Gründen der Zulassungsfähigkeit angestrebten Deter-            ses Terminus nicht eindeutig, da sowohl safety als auch
minismus zuwiderlaufen. Es gibt aber bereits Möglichkei-           security gemeint sein können. Während unter safety die
ten und Ansätze, die Sensordaten sowohl deterministisch            Freiheit von inakzeptablen Risiken verstanden wird, die
mit ausreichender Güte zu fusionieren [7] als auch zu plau-        nach außen wirken (Schutz der Umwelt vor Gefährdungen
sibilisieren, letzteres z. B. mittels Voting [8].
                                                                   durch das technische System), wird security als Schutz vor
     Durch die Nutzung neuer Ortungstechnologien erge-
                                                                   Eingriffen definiert, die von außen auf das System einwir-
ben sich bei der Betrachtung der zulässigen Messabwei-
                                                                   ken. Im weiteren Verlauf dieses Beitrags wird Sicherheit im
chung neue Herausforderungen, da das Konfidenzinter-
                                                                   Sinne von safety verstanden.
vall der Messabweichung nicht mit der klassischen Zug-
                                                                        Der Terminus der Sicherheit stellt dabei historisch
ortung entsprechend den ETCS-Bestimmungen überein-
                                                                   einen zentralen Bestandteil des Schienenverkehrs dar.
stimmt (vgl. Abb. 2). Aus diesem Grund müssen bestehen-
                                                                   Quantitativ lässt sich das mit dem Betrieb verbundene Ri-
de Methoden weiterentwickelt werden, um die Messcha-
                                                                   siko als Kombination aus Schadensschwere und Eintritts-
rakteristik der verschiedenen Ortungstechnologien mit
den Anforderungen aus dem Bahnbereich zu vereinheitli-             wahrscheinlichkeit des Schadens definieren. Ein System
chen.                                                              gilt als sicher, wenn das Risiko einen bestimmten Wert un-
                                                                   terschreitet, das sogenannte Grenzrisiko [1]. Die Risikobe-
                                                                   urteilung im Bahnbereich ist in den Common Safety Me-
                                                                   thods (CSM) [10] beschrieben und spaltet sich in drei Mög-
                                                                   lichkeiten auf (vgl. Abb. 3).

Abb. 2: Gegenüberstellung der Konfidenzintervalle von konventio-
neller und zukünftiger Zugortung [9].

3 Zulassung neuer Technologien im
  Bahnbereich
Für den Schienenverkehr muss nicht nur die Machbarkeit
einer fahrzeugseitigen GNSS-Ortung untersucht, sondern
auch die Verlässlichkeit eines solchen Systems nachgewie-          Abb. 3: Ablaufschema zur Risikobeurteilung – Ausschnitt aus der
sen werden. Dies ist vor allem unter dem Gesichtspunkt             CSM-Verordnung [10].
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     Die Risikobeurteilung eines technischen Systems                     4 Modellierung der
kann über bestehende Regelwerke, über einen Vergleich
mit einem Referenzsystem oder über eine explizite Risi-
                                                                           Ortungsverlässlichkeit
koabschätzung durchgeführt werden. Da es sich bei dem
                                                                         Um die Ortungstechnologie bewerten zu können, müs-
betrachteten System um eine noch im Forschungsstadi-                     sen im Folgenden sowohl das Messumfeld als auch die
um befindliche Ortungstechnologie handelt, kann zur Ab-                  Messqualität betrachtet werden. Der Einsatz einer GNSS-
schätzung auf keine bestehenden Regelwerke zurückge-                     basierten Ortung für sicherheitsgerichtete Funktionen ist
griffen werden. Auch werden in diesem Beitrag keine ähn-                 beispielsweise in der Luftfahrt bereits üblich. In diesem
lichen Referenzsysteme analysiert, da es noch keinen ver-                Umfeld sind verschiedene Methoden zur Überwachung si-
gleichbaren Einsatz von GNSS im Landverkehr gibt. Am                     cherheitsrelevanter bzw. -bezogener Funktionen, wie z. B.
ehesten vergleichbar wäre zwar (wegen ähnlicher Umge-                    RAIM, etabliert [2]. Der Eisenbahnbereich stellt jedoch
bungsbedingungen) der Automobilbereich, der momen-                       durch seine Anforderungen in zweierlei Hinsicht eine Her-
tan aber für sicherheitsrelevante Aufgaben der Fahrzeug-                 ausforderung für eine GNSS-basierte Ortung dar. Zum ei-
führung größtenteils umfelderfassende Sensorik (z. B. Ra-                nen zeigen GNSS-Empfänger ein probabilistisches Verhal-
dar, Lidar, Kamera) statt GNSS einsetzt [11]. Darüber hin-               ten [14], welches nur schwer mit den im Bahnbereich üb-
aus wird im Automobilbereich zurzeit noch diskutiert, wie                lichen Absicherungsansätzen in Einklang zu bringen ist.
die Absicherung der Sollfunktion erfolgen soll [12], un-                 Zum anderen ist das Gleisumfeld mit seiner Bebauung
ter die auch die in diesem Beitrag betrachtete Verlässlich-              und mit seinen Tunneln ein weitestgehend neuer Anwen-
keit des Ortungssystems fällt. Daher ist es naheliegend, für             dungsbereich für GNSS-basierte Ortungssysteme mit Si-
den Bahnbereich eine explizite Risikoabschätzung durch-                  cherheitsverantwortung, da ein solches Umfeld in ande-
zuführen. Der PROFUND-Ansatz wurde ausgewählt, da ei-                    ren Domänen, außer dem Landverkehr, kaum zu finden
ne formale Risikoanalyse auf Basis von Petrinetzen in den                ist [15]. Hierbei sind vor allem Abschattungseffekte, Mehr-
CSM-Richtlinien [10] empfohlen wird. Dazu werden ge-                     wegeempfang und Nicht-Sichtverbindungen (NLOS) zu be-
mäß CSM-Methodik zunächst Szenarien und Sicherheits-                     rücksichtigen (vgl. Abb. 4). Dies ist auf das Funktionsprin-
                                                                         zip von GNSS zurückzuführen, welches eine direkte Sicht-
kriterien definiert. Anschließend wird das Risiko über die
                                                                         verbindung zu den Satelliten (LOS) benötigt, um eine ge-
Bestimmung der Schadensschwere und -häufigkeit abge-
                                                                         naue Positionslösung berechnen zu können.
schätzt. Insbesondere eignet sich dieser Ansatz im Hin-
blick auf eine spätere Zulassung für den Schienenverkehr,
da hierfür aufgrund der durch die einschlägige Normung
[1] vorgeschriebenen, analytischen Methoden zur Risiko-
ermittlung eine reine Erprobung nicht ausreicht. Eine sol-
che Erprobung kann jedoch ergänzend – zur abschließen-
den Demonstration der Sicherheit – erfolgen. Ferner wird
in diesem Beitrag der Ansatz verfolgt, dass eine neue Tech-
nologie mindestens das gleiche Sicherheitsniveau errei-
chen muss wie die bestehende. Dafür werden die tolerier-
baren Gefährdungsraten (THR) der bestehenden Technik
(siehe Tab. 1) herangezogen.

Tab. 1: Gefährdungsraten einer Balise [9, 13].

Beschreibung der Gefährdung                      Gefährdungsrate
                                                           (THR)         Abb. 4: Empfangswege GNSS (NLOS: es gibt nur einen Signalpfad
                                                                         ohne direkten Sichtkontakt zum jeweiligen Satelliten) [17].
Nichterkennung einer Balisengruppe                      10−7
                                                               h−1

(fahrzeugseitig)
Erkennung Ausfall einer Balisengruppe                   10−9 h−1
(streckenseitig)                                                             Diese Effekte können – obwohl durch die ergänzende
                                                                         Sensorik (z. B. Odometer) abgemildert – sowohl die Mess-
                                                                         qualität in gefährdender Weise beeinträchtigen als auch
Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse einer sicherheitsrelevanten, bordautonomen Zugortung auf Grundlage von PROFUND - De Gruyter
190 | A. Dodinoiu et al., Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse

zu einer Funktionsunfähigkeit der Ortungseinheit führen.         da die Verteilungsfunktion der Positionsabweichung we-
Die sich hieraus ergebenden Risiken sind dadurch charak-         gen der lokalen, dynamischen Umgebungseinflüsse durch
terisiert, dass sie durch keine Fehlfunktion – also durch        erhebliche Ausreißer, schwere Ränder, Asymmetrien etc.
keinen Defekt im gerätetechnischen Sinne – ausgelöst wer-        gekennzeichnet ist.
den. Das heißt, dass eine Gefährdung auftritt, obwohl das            Deshalb wird mithilfe der Integrität – eine Überwa-
technische System – zumindest vordergründig – spezi-             chung – ein Maß für die Vertrauenswürdigkeit der Mess-
fikationsgemäß funktioniert. Daher werden Risiken die-           werte geschaffen. Diese Kenngröße stellt somit gerade im
ser Art der Sollfunktion zugeordnet. Diese Risiken wer-          Hinblick auf sicherheitsrelevante Aufgaben ein besonders
den beispielsweise im Automobilbereich nicht durch die           wichtiges Kriterium dar. Genauigkeit und Integrität inter-
klassische funktionale Sicherheit abgedeckt, sodass sich         agieren dabei miteinander. Die Positionsabweichung (PE)
für das automatisierte Fahren im Straßenverkehr gerade           in Abb. 6 zwischen der wahren und der gemessenen Posi-
die SOTIF-Norm [16] (safety of the intended functionali-         tion repräsentiert hierbei die Genauigkeit.
ty, dt. Sicherheit der Sollfunktion) etabliert. Deren wesent-
liches Ziel besteht darin, eine möglichst hohe Anzahl an
kritischen Situationen zu identifizieren (Abdeckung/Voll-
ständigkeit), die im Anschluss abgesichert werden kön-
nen. Demgegenüber muss bei der Modernisierung und Au-
tomatisierung des Schienenverkehrs die Absicherung im
Rahmen bestehender Regelwerke erfolgen, die bedarfsge-
recht zu erweitern und zu ergänzen sind.
     Da im weiteren Verlauf nur auf die funktiona-
len Aspekte des GNSS-basierten Zugortungssystems
eingegangen wird, werden nun dessen Messquali-
tätskenngrößen analog zu den im Bahnbereich eta-
blierten RAMS(S)-Kenngrößen betrachtet [18]. Diese
RAMS(S)-Kenngrößen werden in Abb. 5 den aus der Or-
tung bekannten Messqualitätskenngrößen Verfügbarkeit
(availability), Integrität (integrity), Genauigkeit (accura-
cy) und Kontinuität (continuity) gegenübergestellt. Die
Genauigkeit gibt an, wie weit die gemessene Position ei-         Abb. 6: Funktionsprinzip der Integritätsüberwachung [19].
nes Messobjektes von seiner wahren Position – i. A. nicht
bekannt – entfernt liegt. Eine Sicherheitsbetrachtung,
ausgehend nur von der Verteilungsfunktion der Genauig-
                                                                      Die Integritätsüberwachung bestimmt auf statisti-
keit, ist im Bereich der GNSS-Ortung nicht ausreichend,
                                                                 scher Basis ein Protection Level (PL) variabler Größe, wel-
                                                                 ches einen geometrischen Bereich angibt, in dem mit ho-
                                                                 her Wahrscheinlichkeit die wahre Position liegt. Für eine
                                                                 sichere Nutzung der Ortung muss das PL kleiner sein als
                                                                 das Alarm Limit (AL), das ein für eine Anwendung spe-
                                                                 zifisch ausgelegter Wert ist und – vereinfacht betrachtet
                                                                 – die maximal zulässige Streuung der Messabweichung
                                                                 für den jeweils betrachteten Einsatzfall angibt. Aus der
                                                                 Integrität lassen sich außerdem Verfügbarkeit und Konti-
                                                                 nuität ableiten. Die Verfügbarkeit beschreibt die mittlere
                                                                 Wahrscheinlichkeit, dass ein Messwert ermittelt und ge-
                                                                 nutzt werden kann. Demgegenüber ist die Kontinuität als
                                                                 Wahrscheinlichkeit definiert, dass Messwerte für einen be-
                                                                 stimmten Zeitraum ununterbrochen ermittelt und genutzt
                                                                 werden können.
Abb. 5: Gegenüberstellung von GNSS-Messqualitätskenngrößen            Die Integritätsüberwachung kann durch die komple-
und RAMS(S)-Kenngrößen [18].                                     xe Messumgebung im realen Betrieb fehlerhafte Entschei-
Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse einer sicherheitsrelevanten, bordautonomen Zugortung auf Grundlage von PROFUND - De Gruyter
A. Dodinoiu et al., Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse    | 191

                                                                        Tab. 2: Notation der Petrinetzelemente.

                                                                             Platz         Fusionsplatz       agglomerierter          Kante
                                                                                                                   Platz

                                                                        agglomerierte        Testkante        Inhibitorkante         kausale
                                                                            Kante                                                   Transition

                                                                        zeitbewertete      agglomerierte     stochastische Transition
                                                                          Transition         Transition           (e-Verteilung)

                                                                        se erfolgen mit dem π-Tool [21]. Dieses Tool ermöglicht
                                                                        es, die in der vorliegenden Publikation vorgestellten Pe-
                                                                        trinetzmodelle auf totale Verklemmungen zu überprüfen.
                                                                        Des Weiteren wurden partielle Verklemmungen durch eine
Abb. 7: Stanford-Diagramm [20], angepasst an die in dieser Veröf-
fentlichung verwendete Terminologie.                                    manuelle Analyse der Petrinetze und durch eine gezielte
                                                                        Fehlerinjektion während des Markenspiels aufgezeigt und
                                                                        behoben. Daher kann davon ausgegangen werden, dass
                                                                        das hier vorgestellte Modell keine Verklemmungen mehr
dungen treffen und somit nicht sichere Ortungsinforma-
                                                                        aufweist.
tionen als sicher klassifizieren. Hierdurch entsteht eine
                                                                             In dieser Publikation werden ausschließlich erwei-
Gefährdung. Die Zustände der Integritätsüberwachung,
                                                                        terte generalisierte stochastische Petrinetze (EGSPN) ver-
die sich aus dieser Betrachtung ergeben, können am Bei-
                                                                        wendet. Diese stellen eine mehrfach erweiterte Form der
spiel der Positionsinformation in einem so genannten
                                                                        Bedingungs-Ereignis-Netze dar, indem sie Gewichtungen
Stanford-Diagramm (Abb. 7) veranschaulicht werden.
                                                                        und Prioritäten ermöglichen und die Transitionen um sto-
     Bei dieser Darstellung werden die Größen PL und PE
                                                                        chastische Verteilungen erweitern [22]. Durch die Verwen-
auf den Koordinatenachsen aufgetragen. Die fünf Zustän-
                                                                        dung von EGSPN können die meisten Herausforderungen
de aus dem Standford-Diagramm müssen weiter aggre-
giert werden, um sie mit dem konservativen Sicherheits-                 bei der Modellierung adressiert werden: Das stochastische
verständnis des Schienenverkehrs in Einklang zu bringen.                Verhalten der GNSS-Empfänger lässt sich modellieren und
Aus diesem Grund wird das Verhalten des Ortungssys-                     es kann auf eine umfangreiche Tool-Unterstützung zu-
tems mit den beiden Termini Vertrauenswürdigkeit und Si-                rückgegriffen werden. Jedoch ist dieses Beschreibungsmit-
cherheit charakterisiert, welche auch für die spätere Mo-               tel nicht imstande, gleichzeitig auftretende Ereignisse ab-
dellierung genutzt werden [19]. Eine Positionsinformation               zubilden, wodurch Teile des Ortungsprozesses, welche in
ist vertrauenswürdig, wenn die Ortungseinheit einen ver-                der Realität parallel ablaufen, als serielle Prozesse appro-
wendbaren Wert erzeugt (Positionslösung liegt vor, Inte-                ximiert werden müssen. Um darüber hinaus detaillierte
grität erzeugt keinen Alarm). Ist die Positionsinformation              Petrinetze übersichtlicher darstellen zu können, werden
entsprechend dem Stanford-Diagramm nicht irreführend,                   in der vorliegenden Publikation an geeigneter Stelle agglo-
wird diese als sicher klassifiziert. Zu beachten ist, dass die          merierte Netze verwendet. Diese Komponenten stellen ei-
Zustandsgröße Messwert sicher im realen Betrieb nicht be-               ne Zusammenfassung hierarchisch darunterliegender Net-
obachtbar ist.                                                          ze dar (Super-/Subsysteme) und können daher in komple-
     Die beschriebenen Zustände lassen sich in einem Pe-                xere Strukturen dekomponiert werden.
trinetz modellieren, um die Verlässlichkeit des Ortungs-                     In Abb. 8 ist die Erfassung eines Messwerts über die
systems abzubilden. Die Notation der verwendeten Ele-                   Zustände Messwert vertrauenswürdig und Messwert nicht
mente ist in Tab. 2 aufgeführt. Eine Besonderheit stellen               vertrauenswürdig sowie über die Zustände Messwert sicher
die Fusionsplätze dar, die eine Informationsverknüpfung                 und Messwert gefährdend dargestellt. Sie werden mithil-
zu anderen Plätzen abbilden. Modellierung und Analy-                    fe des hierarchisch darüberliegenden Modells der Verläss-
Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse einer sicherheitsrelevanten, bordautonomen Zugortung auf Grundlage von PROFUND - De Gruyter
192 | A. Dodinoiu et al., Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse

Abb. 8: Modelle der Messwerterfassung [19].

lichkeit der Ortung aggregiert, vgl. Abb. 9. Dieses Modell
umfasst die folgenden Zustände:
– Positionsinformation sicher und funktionsfähig,
    wenn Messwert sicher und vertrauenswürdig
– Positionsinformation nicht funktionsfähig, wenn
    Messwert nicht vertrauenswürdig
– Positionsinformation nicht sicher, wenn Messwert ge-
    fährdend und vertrauenswürdig.

Zwischen den Zuständen Positionsinformation nicht funk-
tionsfähig und Positionsinformation nicht sicher muss un-
terschieden werden, da im ersten Fall eine sicherheits-
gerichtete Ausfallreaktion (fail-safe) ausgelöst wird. Die-
se Reaktion bewirkt vordergründig eine Verringerung der
Verfügbarkeit. Im zweiten Fall kann jedoch ein Fehlzu-
stand des Messwerts nicht erkannt werden (System funk-
tionsfähig trotz fehlerhafter Positionsinformation), sodass
eine Gefährdung entsteht, da eine eigentlich erforderli-
che Ausfallreaktion unterbleibt. Die theoretisch mögliche
Zustandskombination aus Messwert nicht vertrauenswür-
dig und Messwert gefährdend (Abb. 8) wird nicht berück-
sichtigt, weil sie aus funktionaler Sicht nicht auftreten
kann, da bei dem Zustand Messwert nicht vertrauenswür-
dig die Überwachung schon eine Integritätsverletzung er-
kannt hat.
                                                                 Abb. 9: Ortungsverlässlichkeit (Fusionsplätze mit der Beschriftung
                                                                 „Ortung 2.[…]“ beziehen sich auf die Zustände aus Abb. 8).
Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse einer sicherheitsrelevanten, bordautonomen Zugortung auf Grundlage von PROFUND - De Gruyter
A. Dodinoiu et al., Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse   | 193

5 PROFUND-Modellierung des                                              tenplanung ist hier nur der Vollständigkeit halber auf-

  Schienenverkehrs                                                      geführt, da sie in der Regel keine Sicherheitsfunktionen
                                                                        erfüllt. Die Zugortung wird in diesem Beispiel durch ei-
                                                                        ne GNSS-basierte Ortung (vgl. Abb. 8 und 9) gewährleis-
Der im Bahnbereich etablierte PROFUND-Ansatz [23] folgt
                                                                        tet und die Fahrwegsteuerung durch das Stellwerk so-
dem Modell der Risikogenese nach Schnieder [24], vgl.
                                                                        wie durch die entsprechenden Weicheneinheiten. Da die
Abb. 10. Nach diesem Modell kann ein Schadensfall nur
                                                                        Verlässlichkeit des Stellwerks und die Verlässlichkeit der
dann (auf probabilistische Weise) eintreten, wenn so-
                                                                        dazugehörigen Fahrwegsteuerung nicht im Fokus dieses
wohl ein exponiertes Rechtsgut als auch eine Gefähr-
                                                                        Beitrags stehen, werden beide nur durch eine Ausfallrate
dung desselben vorliegen. Dieser Beitrag konzentriert
                                                                        entsprechend den Anforderungen nach dem Sicherheits-
sich auf den letzteren Bestandteil der Risikogenese, näm-
                                                                        Integritätslevel (SIL) 4 mithilfe der stochastischen Transi-
lich auf die verkehrliche Gefährdung ausgehend von der
                                                                        tion „Z1 Einfahrt ohne sichere Fahrterlaubnis“ (bzw. mit-
GNSS-basierten Ortung. Dazu werden bei der PROFUND-
                                                                        hilfe von „Z2 […]“) modelliert (vgl. Abb. 13). Eine solche
Methode der Prozess, die Funktion und die Verlässlichkeit
                                                                        Vereinfachung wurde gewählt, da die Fahrwegsteuerung
(siehe Kapitel 3 und 4) des zu untersuchenden Systems
                                                                        in ihrer Gesamtheit ein komplexes System aus verschiede-
modelliert. Auf diese Weise können Rückschlüsse auf die
                                                                        nen Komponenten darstellt, welche je nach Komponente
entscheidenden Kenngrößen der Verlässlichkeit – in die-
                                                                        entweder nur auf den einzelnen Verkehrsteilnehmer wir-
sem Beitrag auf die Sicherheit – gezogen werden.
                                                                        ken (Weichenlage) oder auf die Gesamtheit des Systems
     Diesem Ansatz entsprechend werden im Folgenden
                                                                        über die zentrale Steuerung im Stellwerk. Die daraus resul-
der Verkehrsprozess, die Funktionen der Ortung und der
                                                                        tierende Gefährdungsrate müsste in einem eigenen, kom-
Zugsicherung sowie die zugehörigen Verlässlichkeiten an-
                                                                        plexen, dem PROFUND-Ansatz unterliegenden Petrinetz
hand eines Beispielszenarios modelliert. Als ein solches
                                                                        modelliert werden. Die damit verbundene Modellkomple-
Szenario dient der Gegenfahrschutz, welcher im Betrieb
                                                                        xität stünde in einem Konflikt mit dem Ziel des vorliegen-
verhindert, dass zwei Schienenfahrzeuge gemeinsam in                    den Beitrags, eine Methode zur Absicherung einer sicher-
einen Blockabschnitt einfahren können (vgl. Abb. 11). Dies              heitsrelevanten, bordautonomen Zugortung vorzustellen.
wird durch die drei Funktionen der Zugortung, der zentra-               Daher wird an dieser Stelle von einer detaillierten Model-
len Fahrwegsteuerung durch das Stellwerk und durch ei-                  lierung der Fahrwegsteuerung abgesehen und stattdessen
ne übergeordnete Routenplanung gewährleistet. Die Rou-                  das Verhalten näherungsweise mit der bei SIL 4 zulässigen
                                                                        Gefährdungsrate von 10−9 pro Stunde beschrieben. Dabei
                                                                        wird vereinfachend davon ausgegangen, dass diese Ge-
                                                                        fährdungsrate nur am Gefahrenpunkt, also für 0,l Sekun-
                                                                        den pro Prozessdurchlauf, wirksam ist. Diese Annahme ist
                                                                        zwar diskussionswürdig, könnte aber in weiteren Arbeiten
                                                                        durch eine Skalierung der Ausfallrate (wegen des Expo-
                                                                        nentialansatzes problemlos möglich) auf einfache Weise
                                                                        angepasst werden. Ferner wird die Gefährdungsrate von
                                                                        10−9 pro Stunde für die Transition „Z1 Einfahrt ohne siche-
                                                                        re Fahrterlaubnis“ (bzw. für „Z2 […]“) angenommen (vgl.
                                                                        Abb. 13), wohl wissend, dass es sich hierbei um eine kon-
                                                                        servative Abschätzung handelt.
                                                                             Abb. 12 zeigt das Modell des Verkehrsprozesses in kon-
                                                                        densierter Darstellung. Darin wird über eine regelmäßi-
                                                                        ge Generierung von Schienenfahrzeugen ein Verkehr auf
Abb. 10: Risikogenese nach Schnieder [24].                              dem Gleis simuliert. Dabei tritt eine Gefährdung ein, wenn

Abb. 11: Szenario des Gegenfahrschutzes: sicher gestellte Fahrstraße (grün), gefährdend gestellte Fahrstraße (rot).
Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse einer sicherheitsrelevanten, bordautonomen Zugortung auf Grundlage von PROFUND - De Gruyter
194 | A. Dodinoiu et al., Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse

                                                                 trachtung am Gefahrenpunkt ein gedächtnisloser Prozess
                                                                 innerhalb des Ortungsmodells näherungsweise ausreicht.
                                                                      Abb. 13 zeigt ein detailliertes Modell dieses Prozes-
                                                                 ses für eines der beiden Schienenfahrzeuge (Zug 1 bzw.
                                                                 Z1). Mithilfe der Parametrierung der Prozesssteuerung
                                                                 (Abb. 14) wird eine geringe bis mittlere Streckenauslas-
                                                                 tung mit vier Zügen pro Stunde in beiden Richtungen
                                                                 modelliert, entsprechend einer Nebenstrecke. Ortung und
                                                                 Fahrwegsteuerung müssen sicherstellen, dass nicht zwei
                                                                 Schienenfahrzeuge gleichzeitig in einen Streckenblock
                                                                 fahren. Jedes Schienenfahrzeug besitzt jeweils ein eige-
                                                                 nes, unabhängiges Ortungssystem identischer Modellie-
                                                                 rung und Parametrierung. Die Zug- bzw. Fahrwegsteue-
                                                                 rung wird, wie bereits oben erwähnt, als ein zentrales Sys-
                                                                 tem modelliert. Eine Gefährdung tritt ein, wenn entwe-
                                                                 der eine fehlerhafte Positionsinformation oder ein nicht
                                                                 detektierter Ausfall der Fahrwegsteuerung zu einer unzu-
                                                                 lässigen Fahrterlaubnis führen und es damit möglich ist,
                                                                 dass beide Züge gemeinsam in einen Blockabschnitt ein-
                                                                 fahren. Die auftretenden Risiken werden aufgrund des er-
                                                                 eignisdiskreten Charakters der Petrinetze nicht kontinu-
                                                                 ierlich simuliert, sondern nur am Gefahrenpunkt der ein-
                                                                 mal pro Prozessdurchlauf stattfindenden Weichenüber-
                                                                 fahrt bestimmt. Dies gilt sowohl für die mit der Fahrweg-
                                                                 steuerung als auch für die mit der GNSS-basierten Ortung
                                                                 verbundenen Risiken.
                                                                      Im Rahmen der bestehenden Modellierung werden
                                                                 nur die komplementären Zustände sicher und gefährdend
                                                                 betrachtet. So führt ein sicherer Ausfall der Ortung im
                                                                 Verkehrsprozess zu einem Fail-Safe-Zustand und damit
Abb. 12: Kondensiertes PROFUND-Modell des Verkehrsprozesses      nicht zu einer Gefährdung. Dieser verkehrliche Fail-Safe-
(rot umrahmter Bereich ist in Abb. 13 im Detail dargestellt).    Zustand, welcher sich im Betrieb von einer Degradations-
                                                                 stufe bis hin zur Notbremsung des Schienenfahrzeuges
                                                                 offenbaren kann, wird im vorliegenden Beitrag nicht im
                                                                 Detail betrachtet, da ein solcher Detaillierungsgrad für
eines der beiden Schienenfahrzeuge durch einen unsi-             die Erläuterung der (weiter-)entwickelten Absicherungs-
cheren Fahrbefehl, bedingt durch eine fehlerhafte Ortung         methode nicht erforderlich ist. Vielmehr besteht das Ziel
oder Fahrwegsteuerung, ungewollt in den betrachteten             dieses Beitrags darin, die Forschungsergebnisse anhand
Gleisabschnitt (Block) einfährt. Der eigentlich kontinuier-      eines verständlichen Beispiels zu erklären. Um ferner den
lich wirkende Prozess der Ortung wurde bei dem gewähl-           zeitlichen Ablauf der Zug-Generierung, der Ortung und
ten Modellierungsansatz als eine diskrete Stützstelle am         der Zugeinfahrt zu berücksichtigen, werden diese Prozesse
Gefahrenpunkt gewählt, da es sich bei der bestehenden            über die Prozesssteuerung geführt (vgl. Abb. 14).
Zugsicherungstechnik auch um eine diskrete Lokalisie-                 Durch die Prozesssteuerung und die dadurch vorge-
rung an den im Gleis eingelassenen Balisen handelt. Zwar         nommene Abstraktion des realen Prozesses werden Zu-
wird durch diesen Ansatz vernachlässigt, dass die Posi-          standsübergänge, welche in der Realität zeitlich simul-
tionslösung des Ortungssystems auch vor dem Gefahren-            tan ablaufen, innerhalb des Modells seriell modelliert.
punkt in einen gefährdenden Zustand wechseln kann, die-          Konkret werden in einem realen GNSS-Empfänger die Po-
ser bestehen bleibt und das Schienenfahrzeug in diesem           sition und die Integrität quasi zeitgleich berechnet. Die
Zustand in den Gefahrenpunkt einfährt, jedoch konnte so          Modellierung mithilfe ereignisdiskreter Petrinetze erlaubt
die Komplexität des Modells deutlich verringert werden.          die Abbildung dieser Parallelität jedoch nicht, sodass die
Dies ist auch dadurch bedingt, dass für die diskrete Be-         Teilprozesse in der Simulation für jeweils 0,1 Sekunden
Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse einer sicherheitsrelevanten, bordautonomen Zugortung auf Grundlage von PROFUND - De Gruyter
A. Dodinoiu et al., Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse   | 195

Abb. 13: Detaillierte Darstellung des Verkehrsprozesses für den Zug 1 (Z1). Fusionsplätze mit den Beschriftungen „Ortung 1.[…]“ und „Pro-
zesssteuerung.[…]“ beziehen sich auf die Zustände aus Abb. 9 bzw. 14; Verkehrsprozess des Zuges 2 ist symmetrisch dazu.

                                                                       Tab. 3: Randbedingungen der Monte-Carlo-Simulation.

                                                                       Simulationsumfang (samples)                  109
                                                                       Signifikanz (p-Wert)                       0,1 %
                                                                       Transition
                                                                       λS (Messwerterfassung)           10−1 –10−5 h−1     neg. e-Verteilung
                                                                       μS (Messwerterfassung)               36000 h−1      neg. e-Verteilung
                                                                       λV (Messwerterfassung)           10 –10−4 h−1
                                                                                                          −0
                                                                                                                           neg. e-Verteilung
                                                                       μV (Messwerterfassung)               36000 h−1      neg. e-Verteilung
Abb. 14: Prozesssteuerung des Szenarios.                               Z1 Einfahrt ohne sichere               10−9 h−1     neg. e-Verteilung
                                                                       Fahrterlaubnis
                                                                       Z2 Einfahrt ohne sichere                10−9 h−1 neg. e-Verteilung
                                                                       Fahrterlaubnis
nacheinander ablaufen (entsprechend einer Messrate von                 T2 (Prozesssteuerung)                       0,1 s   determinist. Dauer
10 Hz). Um die mit der Simulation verbundene Rechen-                   T3 (Prozesssteuerung)                       0,1 s   determinist. Dauer
komplexität zu verringern, wurde überdies angenommen,                  T5a (Prozesssteuerung)                      0,1 s   determinist. Dauer
dass ein kompletter Zyklus des Prozesses in 0,4 Sekunden               T5b (Prozesssteuerung)                      0,1 s   determinist. Dauer

abläuft, wohingegen der reale Verkehrsprozess mit 4 Zü-
gen pro Stunde (Dauer von 900 Sekunden pro Zug) von-
stattengeht. Daher müssen die in der Simulation ermit-
telten Gefährdungsraten des Verkehrsprozesses durch ei-                    In diesem Beitrag soll beispielhaft anhand der Über-
nen konstanten Faktor von ca. 2250 dividiert werden. Der               gangsraten λS und λV (vgl. Abb. 8 und 15) untersucht wer-
so modellierte Verkehrsprozess wird mithilfe eines Monte-              den, wie sich die Qualität der GNSS-basierten Ortung auf
Carlo-Ansatzes simuliert, und zwar mehrfach hintereinan-               die Gefährdungsrate des Verkehrsprozesses auswirkt. Da-
der mit variierten Parametern. Die gewählten Randbedin-                zu müssen die komplementären Parameter μS und μV (vgl.
gungen der Monte-Carlo-Simulation sind in Tab. 3 gesam-                Abb. 8) heuristisch mit einer Rate von 10 pro Sekunde an-
melt aufgeführt. Da das verwendete Tool zur Durchfüh-                  genommen werden. Diese Werte sind sehr von der Mess-
rung der Monte-Carlo-Simulation keine Einsicht in die ver-             umgebung, vom verwendeten Empfänger sowie von des-
wendeten Anfangsverteilungen ermöglicht, kann darüber                  sen Integritätsalgorithmen abhängig und müssen daher
keine Aussage getroffen werden. Die zugehörigen Ergeb-                 vom Entwickler (z. B. auf Basis von Erfahrungswerten oder
nisse befinden sich in Abb. 15.                                        Sensorsimulationen) abgeschätzt werden. Um das Ver-
196 | A. Dodinoiu et al., Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse

Abb. 15: Ergebnisse der Monte-Carlo-Simulation mit den dazugehörigen Konfidenzintervallen (99,9 % statistische Sicherheit, strichlierte
Linien); simulierte Modelle, bestehend aus den Petrinetzen gemäß Abb. 8, 9, 12, 13 und 14.

halten des Modells analysieren zu können, werden an-                   servatives Verständnis des ausgehenden Risikos zu gewin-
schließend die Parameter λV und λS variiert, da bei ih-                nen, ist in weiteren Arbeiten eine Betrachtung der Scha-
nen ein starker Einfluss auf die Verlässlichkeit der Or-               densraten gemäß dem Risikogenesemodell (vgl. Abb. 10)
tung und damit auf die entstehende Gefährdung vermu-                   notwendig.
tet werden kann. Die Simulation kann nun wie folgt zur                      Ein Vergleich mit der einschlägigen Normung [1] zeigt
Systemauslegung genutzt werden: Sollten die simulierten                allerdings, dass die betrachteten Ausfallraten für λV und
Kenngrößen nicht mit den makroskopischen Anforderun-                   λS und damit die entstehenden Gefährdungsraten größer
gen an das System übereinstimmen, können die Parame-                   sind als die zulässigen (10−9 pro Stunde für SIL 4). Zwar
ter λV und λS so lange variiert werden, bis die Simula-                war dies bereits vor der Simulation abzusehen, da die Er-
tionsergebnisse mit diesen Anforderungen übereinstim-                  mittlung kleinerer Ausfallraten im Rahmen der vorliegen-
men. Hieraus ergeben sich Anforderungen an das Ortungs-                den Simulationsstudie nicht mit vertretbarem Rechenauf-
system.                                                                wand durchführbar war. Aber es ist davon auszugehen,
     Im Rahmen dieser beispielhaften Simulation ist die
                                                                       dass die Gefährdungsrate aus Abb. 15 dem dargestellten
Gefährdungsrate die einzige Kenngröße für die Verläss-
                                                                       Trend weiter folgt und gegen eine Sättigung konvergiert.
lichkeit des Verkehrssystems. Es ist in Abb. 15 zu erken-
                                                                       Diese Sättigung ergibt sich aus der Gefährdungsrate der
nen, dass die Variation von λS (Transition vom siche-
                                                                       nach SIL 4 ausgelegten Fahrwegsteuerung.
ren in den gefährdenden Lokalzustand des Ortungssys-
                                                                            Das Ziel der Simulation zur Ermittlung der Gefähr-
tems) einen stärkeren Einfluss auf die Gefährdung des Ver-
                                                                       dungsrate besteht darin, zu zeigen, dass sowohl ein ge-
kehrsprozesses hat als die Variation von λV (Transition
                                                                       sellschaftlich als auch normativ akzeptables Risikoniveau
vom vertrauenswürdigen in den nicht vertrauenswürdigen
                                                                       erreicht werden kann. Dies kann über verschiedene Ri-
Lokalzustand des Ortungssystems). Dieses Ergebnis er-
                                                                       sikoakzeptanzkriterien erfolgen, wobei in dem betrachte-
scheint plausibel, da ein häufiger Wechsel in den nicht ver-
trauenswürdigen Zustand technisch gleichbedeutend ist                  ten Beispiel das Prinzip der mindestens gleichen Sicher-
mit einer Erhöhung der Alarmhäufigkeit (Alarm mit dem                  heit angewandt werden sollte, da in diesem Fall eine be-
Hinweis, den Messwert nicht zu nutzen). Bei gleichblei-                stehende von einer neuen Technologie abgelöst werden
bender Entscheidungsgüte der Überwachung (λS ) führt                   soll. Die in der vorliegenden Publikation erfolgte Ausle-
eine Erhöhung von λV lediglich zu einer höheren Ein-                   gung deckt jedoch nur die minimalen Anforderungen aus
trittswahrscheinlichkeit des Fail-Safe-Zustandes. Dieser               den gesetzlichen Vorgaben ab, welche von allen sicher-
Zustand verringert zwar die Verfügbarkeit des Systems und              heitskritischen Komponenten zusammen erfüllt werden
damit die Einsatzmöglichkeiten im Schienenverkehr, birgt               müssen. Um die mindestens gleiche Sicherheit nachwei-
aber für sich gesehen keine grundsätzlichen Gefahren-                  sen zu können, muss zunächst das bestehende Risiko,
quellen. Dagegen führt eine nicht funktionsfähige Über-                das mit dem Betrieb der momentan im Einsatz befindli-
wachung der Ortung – konservativ betrachtet – direkt zu                chen Technologie verbunden ist, anhand von Szenarien
einer Gefährdung. Um ein tieferes und damit weniger kon-               bestimmt werden.
A. Dodinoiu et al., Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse   | 197

6 Fazit und Ausblick                                          die Hürde für die Modellerstellung senken und damit zur
                                                              Verbreitung der Methode beitragen. Jedoch stellt die im-
Die in diesem Beitrag vorgestellte Methode zeigt auf funk-    mer weiterwachsende Komplexität der Netze eine Heraus-
tionaler Ebene einen neuen Ansatz zur Charakterisierung       forderung für den Anwender und die Toolunterstützung
der Messqualität einer GNSS-basierten Ortungseinheit.         dar. Sich anschließende Forschungsarbeiten müssen zei-
Durch die Betrachtung des Verkehrs-, Ortungs- und Über-
                                                              gen, an welchen Stellen eine Vereinfachung des Modells
wachungsprozesses können in einer frühen Phase des Ent-
                                                              zulässig ist und inwieweit die hier verwendete Modellie-
wicklungsprozesses sowohl Kenntnisse über die Verläss-
                                                              rungssoftware optimiert werden muss.
lichkeitskenngrößen des Schienenverkehrs gewonnen als
auch Anforderungen an die Ortungseinheit präzisiert wer-
den. Die in diesem Beitrag gezeigten Ergebnisse betonen       Danksagung: Wir danken Rasmus Rüdiger sowie Philipp
die Bedeutung der Funktionsüberwachung gegenüber der          Leder für die inhaltliche Unterstützung und Christian
Funktion und ebenso, wie durch eine Kombination dieser        Frohn sowie Julia Rosenau für Korrektur und Formatie-
beiden komplementären Prinzipien die Verlässlichkeit des      rung dieses Beitrags.
Gesamtsystems gesteigert werden kann. Dies ist insoweit
für den Einsatz als sicherheitsrelevante Anwendung inner-
halb des Schienenverkehrs wichtig, da eine satellitenba-
sierte Ortung – ohne Überwachungsfunktionen – auf ab-         Literatur
sehbare Zeit nicht die erforderliche Verlässlichkeit errei-
                                                              1.   DIN EN 50126: Bahnanwendungen – Spezifikation
chen können wird.
                                                                   und Nachweis von Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit,
     In weiteren Arbeiten muss der Einfluss des Simula-
                                                                   Instandhaltbarkeit und Sicherheit (RAMS) – Teil 1 & 2: DIN EN
tionsumfangs (sample size) untersucht und der Prozess-             50126:2018-10, Deutsche Fassung EN 50126:2018-10, 2018.
ablauf optimiert werden, damit die mit der Monte-Carlo-       2.   STARS: D5.4 EGNSS Services Evolution
Simulation ermittelten Konfidenzintervalle verringert und          for railways and ETCS impacts. 2018,
zugleich kleinere Gefährdungsraten ermittelt werden kön-           www.stars-rail.eu/wp-content/uploads/2019/08/D5.4_EGNSS_
                                                                   Services_Evolution_for_railways_and_ETCS_impacts.pdf,
nen – dies bei einem vertretbaren Rechenaufwand. Wei-
                                                                   Stand: 01.10.2020.
terhin müssen gemäß Risikogenesemodell – aufbauend            3.   smartrail 4.0 – Technologiebericht PoC GLAT, 2020, https:
auf den Gefährdungsraten – die Schadensraten bestimmt              //www.smartrail40.ch/service/download.asp?mem=0&
werden, um das entstehende Risiko umfassend beurteilen             path=/download/downloads/Anlage%20LCS_05%20-
zu können. Eine umfassende Analyse der Verlässlichkeit             %20Technologiebericht-PoC_GLAT_v1.00.pdf, Stand:
                                                                   14.01.2021.
erfordert zusätzlich die Betrachtung einer weiteren, zur
                                                              4.   STARS: D5.3 EGNSS Target Performances to meet railway
Sicherheit orthogonalen Systemeigenschaft, nämlich der
                                                                   safety requirements. 2018, http://www.stars-rail.eu/wp-
Verfügbarkeit. Hierzu sind die Modelle dahingehend zu              content/uploads/2018/07/STR-WP5-D-ANS-034-07_-_D5.3_-
erweitern, dass mittlere Aufenthaltswahrscheinlichkeiten           _EGNSS_Target_Performances_to_meet_railway_safety_
von Zuständen ermittelt werden können. Überdies muss               requirements_.pdf, Stand: 01.10.2020.
im Modell des Verkehrsprozesses zwischen gefährlichen         5.   Grimm, M.; Hartwig, K.; Meyer zu Hörste, M.: Anforderungen
                                                                   an eine sicherheitsrelevante Ortung im Schienenverkehr. In:
und sicheren Ausfällen unterschieden werden. Die entwi-
                                                                   20. Verkehrswissenschaftliche Tage, Grenzenloser Verkehr in
ckelte Methode muss ferner durch reale Messdaten aus               einem Grenzenlosen Europa. 20. Verkehrswissenschaftliche
dem Schienenverkehr oder durch andere methodische An-              Tage, Dresden, 2005.
sätze validiert werden.                                       6.   GaLoROI: D8.3: Final Report. 2014, http://www.galoroi.eu/
     Zum aktuellen Zeitpunkt setzt die vorgestellte Metho-         smart-railway-localisation/results/, Stand: 01.10.2020.
                                                              7.   Kiriczi, S.: Signaltechnisch sichere Fehlergrenzen für die
de bei der manuellen Modellierung der Ortungs- und Ver-
                                                                   Erfassung der Bewegungszustände von Bahnen. Dissertation,
kehrsprozesse ein umfangreiches Fachwissen in den Be-
                                                                   Technische Universität Braunschweig, Institut für Regelungs-
reichen Ortung, (Schienen-)Verkehr und Petrinetzmodel-             und Automatisierungstechnik, VDI Verlag Düsseldorf, 1996.
lierung voraus. In weiteren Arbeiten muss deshalb der Mo-     8.   Lu, D.: GNSS for Train Localisation Performance Evaluation
dellierungsprozess weiter vereinheitlicht werden. Hierzu           and Verification. Dissertation, Technische Universität
kann die der PROFUND-Methode zugrundeliegende Mo-                  Braunschweig, Braunschweig, Juni 2014, https://
                                                                   publikationsserver.tu-braunschweig.de/receive/dbbs_mods_
dularisierung der einzelnen Bestandteile genutzt werden,
                                                                   00057180, Stand: 01.10.2020.
um eine teilautomatisierte Modellerstellung zu ermögli-       9.   European Railway Agency: UNISIG SUBSET-036, FFFIS for
chen. So könnte der Einsatz bzw. die Bereitstellung vorge-         Eurobalise, https://www.era.europa.eu/sites/default/
fertigter Module und Muster, z. B. für die Ortungseinheit,         files/filesystem/ertms/ccs_tsi_annex_a_-_mandatory_
198 | A. Dodinoiu et al., Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse

      specifications/set_of_specifications_3_etcs_b3_r2_gsm-
      r_b1/index009_-_subset-036_v310.pdf, Stand: 01.10.2020.
                                                                          Autoreninformationen
10.   European Railway Agency: Guideline for the application of
      harmonized design targets (CSM DT) for technical systems                                    Andreas Dodinoiu, M. Sc.
      as defined in (EU) Regulation 2015/1136 within the risk                                     Technische Universität Braunschweig,
      assessment process of Regulation 402/2013, 2017.                                            Institut für Verkehrssicherheit und
11.   European GNSS Agency: Report on Road User Needs and                                         Automatisierungstechnik,
      Requirements, 2019, https://www.gsc-europa.eu/sites/                                        Hermann-Blenk-Straße 42, 38108
      default/files/sites/all/files/Report_on_User_Needs_and_                                     Braunschweig, Deutschland
      Requirements_Road.pdf, Stand: 01.10.2020.                                                   a.dodinoiu@tu-braunschweig.de
12.   Schnieder, L.; Krumbach, P.: Positive Risikobilanzierung als
      ein Zulassungskriterium des hochautomatisierten Fahrens, in
      safe.tech 2019, München, 2019.                                      Andreas Dodinoiu studierte Maschinenbau mit der Vertiefungsrich-
13.   Beugin, J.; Legrand, C.; Marais, J.; Berbineau, M.; El-Miloudi,     tung Kraftfahrzeugtechnik an der Technischen Universität Braun-
      E.: Safety Appraisal of GNSS-Based Localization Systems             schweig und erwarb anschließend im Jahr 2017 seinen Masterab-
      Used in Train Spacing Control, In: IEEE Access. 1-1.                schluss an derselben Universität. Seit 2017 ist er am Institut für
      10.1109/ACCESS.2018.2807127.                                        Verkehrssicherheit und Automatisierungstechnik der Technischen
14.   Spiegel, D.; Geffert, A.; Schnieder, E.; Lu, D.: Stochastic         Universität Braunschweig als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig
      behaviour quantification of GNSS receivers. Coordinates 11/16,      und forscht an der Ortung auf Basis satellitengestützter Ortungssys-
      S. 12-16, 2016, https://mycoordinates.org/pdf/nov16.pdf,            teme im Bodenverkehr. Hierbei befasst er sich vor allem mit den As-
      Stand: 01.10.2020.                                                  pekten der Risikobeurteilung im Bereich der funktionalen Sicherheit
15.   Dodinoiu, A.; Wagner, J.; Geffert, A.; Lu, D.; Becker, U.:          mithilfe von formalen Beschreibungsmitteln und mit der Einbindung
      Qualification of satellite-based localization systems for railway   neuer Technologien in den Zulassungsprozess des Bahnbereichs.
      safety-related applications. In: 7th Transport Research Arena
      TRA 2018. Wien, 2018, DOI: 10.5281/zenodo.1440954.
16.   ISO/PAS 21448:2019, Road vehicles — Safety of the intended
                                                                                                  Arne Geffert, M. Sc.
      functionality, 2019.
                                                                                                  Technische Universität Braunschweig,
17.   Geffert, A.; Dodinoiu, A.; Lan, T.; Rüdiger, R.; Becker, U.:
                                                                                                  Institut für Verkehrssicherheit und
      Formalization of automation risks for dependability-based
                                                                                                  Automatisierungstechnik,
      safeguarding of the nominal function, 9. Tagung
                                                                                                  Hermann-Blenk-Straße 42, 38108
      Automatisiertes Fahren, 2019, TU München mit TÜV SÜD
                                                                                                  Braunschweig, Deutschland
      Akademie, https://mediatum.ub.tum.de/doc/1535147/
                                                                                                  a.geffert@tu-braunschweig.de
      1535147.pdf, Stand: 01.10.2020.
18.   Geffert, A.; Dodinoiu, A.; Becker, U.: Multiperspektivischer
      Ansatz zur domänenübergreifenden Formalisierung von
      Verlässlichkeit am Beispiel der fahrzeugautonomen Ortung,           Arne Geffert studierte Maschinenbau mit der Vertiefung Mechatro-
      safe.tech 2019, München, 2019.                                      nik. Seinen Bachelorabschluss erwarb er im Rahmen eines dualen
19.   Geffert, A.; Dodinoiu, A.; Lan, T.; Becker, U.: Towards an          Studiums an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaf-
      Integrity-Based GNSS Measurement Quality Model for an               ten, seinen Masterabschluss an der Technischen Universität Braun-
      In-Depth Understanding of Localization Dependability. In: 2020      schweig. Seit dem Jahr 2015 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter
      European Navigation Conference (ENC), Dresden, Germany,             am Institut für Verkehrssicherheit und Automatisierungstechnik der
      2020, pp. 1–10. DOI: 10.23919/ENC48637.2020.9317430.                Technischen Universität Braunschweig und beschäftigt sich mit Si-
20.   Walter, T.; Hansen, A.; Enge, P.: Validation of the WAAS MOPS       cherheit und Verlässlichkeit für den automatisierten Verkehr. Seine
      Integrity Equation, http://web.stanford.edu/group/scpnt/            Forschungsgebiete umfassen die Simulation GNSS-basierter Multi-
      gpslab/pubs/papers/Walter_IONAM_1999_WAAS_MOPS_                     Sensor-Ortungssysteme, das auf Petrinetzen basierende PROFUND-
      Integrity_Validation.pdf, Stand: 01.10.2020.                        Modellkonzept sowie Ansätze zur sicherheitsgerichteten Entwick-
21.   Institute for Quality, Safety and Transportation, π-Tool,           lung in frühen Phasen von Entwicklungsprozessen. Dabei befasst
      http://www.iqst.de/?page_id=24, Stand: 01.10.2020.                  er sich sowohl mit dem Straßen- als auch mit dem Schienenverkehr
22.   Schnieder, E.: Methoden der Automatisierung:                        und sucht stets nach Synergien zwischen beiden Verkehrsdomänen.
      Beschreibungsmittel, Modellkonzepte und Werkzeuge für
      Automatisierungssysteme. Vieweg+Teubner Verlag, 1999.
23.   Slovák, R.: Methodische Modellierung und Analyse von
      Sicherungssystemen des Eisenbahnverkehrs. Dissertation,
      Technische Universität Braunschweig, 2006.
24.   Schnieder, E.: (Verkehrs)sicherheit als regelungstechnische
      Aufgabe. at 12/14, S. 829–841, 2014, https://www.degruyter.
      com/downloadpdf/j/auto.2014.62.issue-12/auto-2014-
      1133/auto-2014-1133.pdf, Stand: 01.10.2020.
A. Dodinoiu et al., Petrinetzbasierte Verlässlichkeitsanalyse   | 199

                        Tianxiang Lan, M. Sc.                                                      Dr.-Ing. Uwe Becker
                        Technische Universität Braunschweig,                                       Technische Universität Braunschweig,
                        Institut für Verkehrssicherheit und                                        Institut für Verkehrssicherheit und
                        Automatisierungstechnik,                                                   Automatisierungstechnik,
                        Hermann-Blenk-Straße 42, 38108                                             Hermann-Blenk-Straße 42, 38108
                        Braunschweig, Deutschland                                                  Braunschweig, Deutschland
                        t.lan@tu-braunschweig.de                                                   u.becker@tu-braunschweig.de

Tianxiang Lan erwarb im Jahr 2015 seinen Bachelor in Maschinen-          Uwe Becker studierte Maschinenbau und erhielt seinen Dipl.-Ing.
bau an der Chonqing Universität in China und 2018 seinen Master          im Jahr 1985 und seinen Dr.-Ing. im Jahr 2004, beide an der Techni-
in Maschinenbau in der Vertiefungsrichtung Mechatronik an der            schen Universität Braunschweig. Vor seiner Pensionierung hatte er
Technischen Universität Braunschweig. Zurzeit ist er wissenschaft-       als kommissarischer Leiter des Instituts für Verkehrssicherheit und
licher Mitarbeiter am Institut für Verkehrssicherheit und Automa-        Automatisierungstechnik eine Verwaltungsprofessur inne. Er verfügt
tisierungstechnik und beschäftigt sich mit Datenfusion und Voting        über vertiefte Kenntnisse der Systemtheorie, Automatisierungs- und
für satellitenbasierte, integrierte Ortungssysteme sowie mit der         Steuerungstechnik und hat langjährige Erfahrung in den Bereichen
Charakterisierung satellitenbasierter Ortungssysteme für den Stra-       Verkehrssicherheit und formale Methoden.
ßenverkehr mithilfe des maschinellen Lernens.
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