Pflege - aber richtig - Wie eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung funktioniert - PKV-Verband

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Pflege - aber richtig - Wie eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung funktioniert - PKV-Verband
HERBST 2020

Ein Informations-Angebot des PKV-Verbandes

            Pflege – aber richtig.
                        Wie eine nachhaltige und generationengerechte
                                              Finanzierung funktioniert
Pflege - aber richtig - Wie eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung funktioniert - PKV-Verband
Editorial

                                                                         D
SPEZIAL: PFLEGEREFORM

                                                                                  ie Reform der Pflegeversicherung                        In jedem Fall würde sie nicht das zentrale
                                                                                  ist ein echtes Zukunftsthema – mit                  Demografie-Problem der Pflege lösen. Die
                                                                                  weitreichenden Folgen bis in die                    großen Jahrgänge der Babyboomer gehen ab
                                                                          nächsten Generationen und zugleich mit                      2030 in den Ruhestand, zahlen dann deutlich
                                                                          widersprüchlichsten Forderungen aus den                     weniger Beitrag und kommen zusehends ins
                                                                          verschiedenen politischen Richtungen. Umso                  pflegebedürftige Alter. Das führt zu enorm
                                                                          bemerkenswerter ist es, dass Bundesgesund-                  steigenden Kosten, die zu Lasten von immer
                                                                          heitsminister Jens Spahn die Energie auf-                   weniger aktiven Erwerbstätigen gehen. Dabei
                                                                          gebracht hat, mitten in der Corona-Krise auch               ist es letztlich egal, ob die Jüngeren diese
                                                                          noch dieses Großprojekt anzupacken.                         Pflegekosten durch Sozialbeiträge oder
                                                                              Die gesetzliche Pflegeversicherung wird                 Steuern aufbringen müssen – in jedem Fall
                                                                          auch nach der Reform eine Teilkaskover-                     stellt sich die Frage nach der Generationen-
                                                                          sicherung bleiben. Da ist es nur konsequent,                gerechtigkeit.
                                                                          dass der Minister zugleich einen zusätzlichen                   Hinzu kommt die Sorge, dass eine Decke-
                                                                          Ausbau der privaten Pflegevorsorge fördern                  lung der pflegerischen Anteile auf 700 Euro im
                        Dr. Florian Reuther                               will. Denn für jeden Einzelnen bleibt auch                  Monat falsche Anreize setzen würde: Überall
                        Direktor des Verbandes der Privaten               nach der Reform eine zusätzliche Absicherung                dort, wo heute schon die Eigenanteile darü-
                        Krankenversicherung e. V.                         des immer teurer werdenden Pflegerisikos                    ber liegen, spielte dann bei der Auswahl des
                                                                          notwendig. Weil das Pflegerisiko meist erst                 Pflegeheims das individuelle Kostenbewusst-
                                                                          im hohen Alter eintritt, kann man sich darauf               sein keine Rolle mehr.
                                                                          mit langfristiger Eigenvorsorge sehr gut vor-                   Wie auch in der Energie- und Klima-
                                                                          bereiten – die übrigens viel günstiger ist, als             politik gilt für die Pflege das Gebot einer
                                                                          die meisten denken.                                         nachhaltigen Politik, die sich ihrer Ver-
                                                                              Jetzt ist die Diskussion eröffnet – und sie             antwortung für die Lebensgrundlagen der
                                                                          wird die sozialpolitische Debatte des Jahres                nachfolgenden Generationen stellen muss.
                                                                          2021 dominieren. Die geplante Deckelung                     In diesem Magazin wollen wir Ihnen einen
                                                                          der Eigenanteile für den Bereich der reinen                 Überblick zu wichtigen Daten und Fakten
                                                                          Pflegekosten bei stationärer Versorgung ist                 rund um die Pflege und die Probleme ihrer
                                                                          im Ergebnis eine Ausweitung der Leistungs-                  zukünftigen Finanzierung geben. Minister
                                                                          ansprüche an die Pflegeversicherung – mit                   Spahn betont zu Recht: „Pflege ist die soziale
                                                                          beträchtlichen Kostenfolgen. Schon die ers-                 Frage der 20er-Jahre.“ Wir sind bereit, uns
                                                                          ten kritischen Einwände legen nahe, dass                    dieser Herausforderung zu stellen.
                                                                          die geplante Finanzierung zu Lasten der
                                                                          Steuerzahler noch nicht der Weisheit letzter
                                                                          Schluss ist.                                                Mit besten Grüßen, Ihr

                                                                                                                                      Dr. Florian Reuther

                                                              IMPRESSUM                        PKV publik |   Herbst 2020

                                                              Herausgeber                                        Verantwortlich                         Fotos
                                                              Verband der Privaten Krankenversicherung e.V.      Dr. Florian Reuther                    Titel, S. 4: iStock/smartboy10
                                                              Postfach 51 10 40 · 50946 Köln                     Redaktion                              S. 11: AdobeStock/macgyverhh
                                                              Gustav-Heinemann-Ufer 74 c · 50968 Köln            Stefan Reker, Stephan Caspary,         S. 12: iStock/fizkes
                                                              Telefon (0221) 99 87-0 · Telefax -39 50            Patrick Härtel-Jansen                  S. 14: AdobeStock/Yakobchuk Olena
                             ISSN 0176-3261                   www.pkv.de | presse@pkv.de

                                                                                                                                                                                      2
Pflege - aber richtig - Wie eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung funktioniert - PKV-Verband
Inhalt
                                                                                                       Vorsorge statt Kostenexplosion

                                                                                                                                                                                                          SPEZIAL: PFLEGEREFORM
                                                                                                       Die Pflegereform wird viel Geld kosten – vor allem für
                                                                                                       jüngere Generationen. Alternativen wie die private
                                                                                                       Vorsorge bieten sich an. �������������������������������������������������������������������� 4

                                                                                                       Pflege in Deutschland
                                                                                                       Auf einen Blick. Die wichtigsten Daten und Fakten
                                                                                                       rund um das Thema Pflege und Pflegeversicherung. ��������������� 8

                                                                                                       „Armutsfalle Pflege“?
                                                                                                       Das stimmt nicht ganz.
                                                                                                       Neue Studien zeichnen ein anderes Bild. ���������������������������������� 10

                                                                  4
Die Pflegezusatzversicherung
                                                                                                                                                                                              10
Teure Pflegevorsorge? Weit gefehlt. Es gibt zahlreiche
Möglichkeiten, preiswert vorzusorgen. Privat und
auch betrieblich. ������������������������������������������������������������������������������ 12

                                                                                                       Ein neuer Generationenvertrag
                                                                                                       für die Pflege
                                                                                                       Der PKV-Verband hat ein Konzept vorgelegt,
                                                                                                       wie die Pflege nachhaltig und generationengerecht
                                                                                                       gestaltet werden kann. ��������������������������������������������������������������� 14

                                                                                                       Wettbewerb, gute Arbeit und
                                                                                                       demografiefeste Finanzierung

                                             12
                                                                                                       Wie sich eine Initiative aus Vertretern der Wirtschaft,
                                                                                                       der Pflege sowie der Beamten gegen Gesundheits­-
                                                                                                       minister Spahns Reformpläne stellt. �������������������������������������� 15

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Pflege - aber richtig - Wie eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung funktioniert - PKV-Verband
Vorsorge statt
SPEZIAL: PFLEGEREFORM

                        Kostenexplosion
                        Bei der Pflegereform geht es um hohe Milliardenbeträge. Was die Älteren beru-
                        higen soll, wird ein finanzieller Sprengsatz für die Jüngeren und ein Risiko für die
                        Wettbewerbsfähigkeit deutscher Arbeitsplätze. Der geplante Steuerzuschuss zur
                        Pflege steigt schon bis 2030 von 6 Milliarden auf über 16 Milliarden Euro pro Jahr.
                        Durch mehr private Vorsorge ließe sich eine Überlastung der nachfolgenden
                        Generationen verhindern.

                                                                                                               4
Pflege - aber richtig - Wie eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung funktioniert - PKV-Verband
SPEZIAL: PFLEGEREFORM
    P
               flege ist die soziale Frage der 20er-            zuschuss würden die Kosten der Reform die
               Jahre.“ Mit diesen Worten hat                    Pflege-Beiträge so stark erhöhen, dass die
               Bundesgesundheitsminister Jens                   40-Prozent-Grenze gerissen würde. Schon in
               Spahn die Debatte über seine Pläne               der konjunkturell guten Lage vor der Corona-
    zur Reform der Pflegeversicherung eröffnet.                 Pandemie ist der Beitragssatz stark gestiegen.
    Die enormen Kosten der Pflege machen sie                    Denn die Leistungen wurden bereits durch
    auch zu einer ökonomischen Frage, und das                   die Reformen der letzten Jahre deutlich aus-
    weit über die 20er-Jahre hinaus – mit beträcht-             geweitet. Die Folge: Die Kosten steigen schneller
    lichen Folgen insbesondere für die jüngeren                 als die Einnahmenbasis.
    Generationen.
        Die Pläne sehen eine deutliche Ausweitung               Demografischer Wandel mit
    der Leistungen vor, indem die Eigenanteile der              explosiven Folgen
    Pflegebedürftigen bei stationärer Pflege für 36
    Monate auf 700 Euro gedeckelt und dann ganz                 Hinzu kommt der demografische Wandel –
    von der Pflegeversicherung übernommen wer-                  immer weniger Beitragszahler müssen die
    den sollen. Hinzu kommen Impulse für höhere                 Leistungen für immer mehr Pflegebedürftige
    Tariflöhne der Pflegekräfte und neue Hilfen für             bezahlen. Das Wissenschaftliche Institut der PKV
    pflegende Angehörige. Die zusätzlichen Aus-                 (WIP) hat daher analysiert, wie sich die Beitrags-
    gaben beziffert Spahn auf anfangs 6 Milliarden              last der Gesetzlichen Pflegeversicherung in den
    Euro im Jahr. Sie sollen über einen dauerhaften             kommenden Jahren entwickeln wird.
    steuerfinanzierten Zuschuss aus dem Staats-                      Schon das günstigste Szenario prognosti-
    haushalt an die Pflegeversicherung finanziert               ziert eine starke Beitragserhöhung. Es unter-
    werden.                                                     stellt, dass Ausgaben und Einnahmebasis der
        So soll verhindert werden, dass die Sozial-             Pflegeversicherung jährlich mit derselben Rate
    abgaben über die 40-Prozent-Grenze steigen,                 wachsen. So werden die Zusatzkosten in Folge
    die als Obergrenze für die wirtschaftlich noch              der Alterung der Bevölkerung sichtbar. Selbst
    verkraftbaren Lohnzusatzkosten in Deutsch-                  ohne zusätzlichen Kostendruck stiege der
    land angesehen wird, um nicht den Erhalt von                Pflege-Beitragssatz demnach auf 4,1 Prozent
    Arbeitsplätzen zu gefährden. Ohne den Steuer-               im Jahr 2040 – also um mehr als ein Drittel.

    Folgen für die Steuerzahler
    Mögliche Entwicklung des Bundeszuschusses für die SPV*
    bei einer Dynamisierung mit der pflegespezifischen                                                7,6
    Inflation, in Milliarden Euro

        6,0

        2021        2022        2023         2024        2025   2026     2027      2028      2029         2030

    Quelle: Wissenschaftliches Institut der PKV (2020)                                    * Soziale Pflegeversicherung

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Pflege - aber richtig - Wie eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung funktioniert - PKV-Verband
„Der Steuerzuschuss verdeckt, dass die Reformpläne jeden
                          Durchschnittsverdiener über 13 Prozent mehr Beitrag
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                          kosten würden.“
                                                                                                                         Frank Wild, Leiter des WIP

                                                Die Kosten der bevorstehenden Reform kämen             zahler dafür im Zeitraum 2022 bis 2030 zusätzlich
                                            da noch obendrauf. Auf Basis der Eckpunkte von             nochmals 40,8 Milliarden Euro aufbringen (siehe
                                            Minister Spahn haben die Ökonomen des WIP                  Grafik). Die Summe aus Inflations- und Demografie-
                                            abgeschätzt, was die neue Reform kosten würde.             Effekt kostet dann 2030 schon 16,1 Milliarden Euro
                                            Die Rechnung basiert u.a. auf einem Anstieg der            zusätzlich – pro Jahr.
                                            Personalkosten um 3 Prozent im Jahr, die etwa                  Kritik kommt denn auch von Vertretern der
                                            zwei Drittel der Pflegekosten ausmachen. Dies ist          deutschen Wirtschaft, der Pflege-Branche sowie
                                            eine vorsichtige Annahme, denn tatsächlich sind            des Beamtenbundes, die sich zu einer „Initiative
                                            die Pflegelöhne zuletzt um 4 bis 5 Prozent im Jahr         für eine nachhaltige und generationengerechte
                                            gestiegen, wie die FAZ berichtete. Wenn der Bundes-        Pflegereform“ zusammengeschlossen haben (siehe
                                            zuschuss um diese „pflegespezifische Inflation“            Seite 15): Die Reformpläne seien weder nachhaltig
                                            dynamisiert wird, kämen auf die Steuerzahler von           noch generationengerecht. Derartige Leistungs-
                                            2021 bis 2030 somit zusätzliche Lasten von ins-            ausweitungen ohne Rücksicht auf die finanzielle
                                            gesamt 67,8 Milliarden Euro zu (siehe Grafik Seite 5).     Tragfähigkeit im demografischen Wandel würden
                                                                                                       Steuer- und Beitragszahler massiv belasten. Die
                                            16 Mrd. Euro Zusatzlast pro Jahr                           Einführung eines Steuerzuschusses sei eine weitere
                                                                                                       Hypothek zu Lasten der jüngeren Generationen und
                                            Wenn die Politik ihr erklärtes Ziel erreichen will,        des Wirtschaftsstandorts. Um die Pflege finanziell
                                            den Pflege-Beitragssatz stabil zu halten, müsste sie       langfristig zu sichern, müsse noch stärker auf die
                                            überdies auch die Kosten ausgleichen, die beim             private Pflegevorsorge gesetzt werden.
                                            bestehenden Leistungsniveau allein durch die                   Dafür hat der Verband der Privaten Kranken-
                                            demografische Alterung erwachsen. Bei wiederum             versicherung (PKV) einen „neuen Generationen-
                                            sehr vorsichtiger Schätzung müssten die Steuer-            vertrag“ vorgeschlagen. Er soll die Belastung der

                        Der Preis der Demografie
                        Notwendige Bundeszuschüsse, um den
                                                                                                        8,50
                        Pflege-Beitragssatz konstant zu halten,                                      7,60
                        in Milliarden Euro
                                                                                      6,39
                                                                           5,44
                                                               4,56
                                                                                                                                Selbst im günstigsten
                                                    3,58                                                                        Fall, ohne Inflations-
                                           2,61                                                                                 effekt, werden die
                                                                                                                                Pflegeausgaben allein
                                  1,47                                                                                          durch die demografische
                          0,68                                                                                                  Alterung steil ansteigen.
                                                                                                                                Die Summe der Mehr-
                                                                                                                                kosten von 2022 bis 2030
                                                                                                                                beträgt 40,8 Mrd. Euro
                           2022     2023    2024      2025       2026       2027        2028         2029     2030

                                                                                                                                                      6
Pflege - aber richtig - Wie eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung funktioniert - PKV-Verband
Älteren infolge steigender Eigenanteile gezielt            „Pflege wird abhängig
abfedern und zugleich die Jüngeren beim Aufbau
einer privaten Eigenvorsorge unterstützen. So
könnte der Beitragssatz zur Pflegeversicherung
                                                            vom Finanzminister“
langfristig auf dem heutigen Niveau nahe 3 Prozent         Interview mit Frank Wild, Leiter des
stabilisiert werden (siehe Seite 14).
                                                           Wissenschaftlichen Instituts der
    Eine Steuerfinanzierung hingegen „macht das
System sehr intransparent“, warnt Prof. Dr. Martin         PKV (WIP)
Werding, Professor für Sozialpolitik und öffentliche
Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum. „Die Ver-         Herr Wild, kann der vom Minister Spahn
suchung ist groß, Mehrausgaben in den Sozialkassen         vorgesehene Steuerzuschuss in Höhe von
über Steuererhöhungen zu finanzieren.“                     6 Milliarden Euro helfen, den Beitrags-
                                                           satz in der Pflegeversicherung stabil zu
Die Jüngeren zahlen drauf                                  halten?
                                                           Der vorgeschlagene Steuerzuschuss
Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft         dient zur Finanzierung von Mehrausgaben
(IW Köln) zeigt überdies, dass eine pauschale Ent-         der geplanten Pflegereform, die sonst einen
lastung der älteren Generation auch sozialpolitisch        Anstieg des Beitragssatzes von 3,05 auf 3,45 Prozent
fragwürdig wäre. Denn entgegen der gesellschaft-           auslösen würde (bei Kinderlosen von 3,3 auf 3,7 Prozent).
lichen Wahrnehmung sind die Älteren im Schnitt öko-        Für einen Durchschnittsverdiener wäre dies eine Erhöhung
nomisch keineswegs schlechter gestellt als jüngere         von 94,50 auf 106,90 Euro, also um über 13 Prozent. Wenn
Generationen, im Gegenteil (siehe Seite 10).               der Beitragssatz bei einer absehbar zunehmenden Zahl von
    Auch Werding warnt vor einem „Verstoß gegen            Pflegebedürftigen stabil gehalten werden soll, müsste der
die Generationengerechtigkeit“. Die Sozialabgaben          Steuerzuschuss Jahr für Jahr erhöht werden. Nach unseren
belasteten die Jüngeren auf Dauer fast doppelt so          Berechnungen müsste er 2030 bereits 16,1 Milliarden Euro
stark wie die Älteren. Ein heute 10-jähriges Kind          betragen, wenn trotz der Mehrausgaben der Beitragssatz wie
werde in seinem Leben insgesamt über 54 Prozent            angekündigt auf dem heutigen Niveau gehalten werden soll.
seines Erwerbseinkommens an Sozialabgaben
abführen müssen, während es für einen heute                Ist ein Steuerzuschuss sinnvoll, um den gesamten Sozialbeitrag
80-Jährigen nur 34 Prozent seien. Um die Belastung         unter 40 Prozent zu halten?
nachfolgender Generationen zu begrenzen, sei eine          Eine Steuerfinanzierung erzeugt eine Finanzierungsillusion.
private, kapitalgedeckte Vorsorge notwendig.               Die bisherige Transparenz in der Pflegeversicherung über
    Ein innovatives Modell für eine solche Vorsorge        den Beitragssatz ginge verloren. Zudem müssen die Steuer-
hat soeben die Chemie-Branche vorgelegt und in             mittel ebenso wie die Sozialbeiträge auch erarbeitet wer-
ihrem Tarifvertrag eine betriebliche Pflegezusatz-         den. Jede Erhöhung der Abgabenlast wirkt negativ auf die
versicherung für alle Beschäftigten vereinbart (siehe      wirtschaftliche Entwicklung. Das können wir gerade jetzt, wo
Seite 13). Dass eine umfassende Pflege-Vorsorge            die Corona-Rezession zu überwinden ist, nicht gebrauchen.
auch individuell zu sehr günstigen Konditionen mög-        Und eine Steuerfinanzierung funktioniert genauso wie die
lich ist, zeigt eine Marktanalyse der Rating-Agentur       Sozialversicherung als Umlageverfahren, in dem die aktuellen
Assekurata (siehe Seite 12/13).                            Einnahmen dazu verwendet werden, die aktuellen Ausgaben
    Es gibt also konkrete Alternativen zu einer Politik,   zu decken. Wenn die Ausgaben wie erwartet zukünftig stei-
die die Kosten der heutigen Leistungsversprechen           gen, nimmt in beiden Varianten die Belastung der jüngeren
auf nachfolgende Generationen verschiebt. Die              Generation zu.
Debatte ist eröffnet.
                                                           Frage: Kann sich der Pflegebedürftige wenigstens zukünftig auf
                                                           die Finanzierung durch seine Pflegeversicherung verlassen?
                                                           Der dauerhafte Einstieg in einen Steuerzuschuss zur Pflegever-
                                                           sicherung bringt die Pflege in zunehmende Abhängigkeit vom
                                                           Finanzminister. Sie kommt dann in Konkurrenz mit anderen
                                                           Zielen wie Investitionen in Digitalisierung oder Klimaschutz.
                                                           In der Corona-Krise werden momentan historisch hohe Staats-
      Die WIP-Analysen stehen auf der Website              schulden gemacht. Es ist abzusehen, dass früher oder später
www.wip-pkv.de zum Download zur Verfügung.                 eine zunehmende Priorisierung bei der Verteilung von Steuer-
Informationen zur Initiative für eine nachhaltige und      mitteln notwendig wird. Daher ist offen, ob die Leistungsver-
generationengerechte Pflegereform finden Sie auf           sprechen, die jetzt gegeben werden, auch zukünftig gewährt
www.generationengerechte-pflege.de.                        werden können. Gedeckt sind diese Versprechen nicht.

    7
Entwicklung des                                                               Leistungen der Pflegeversicherung
Pflegebedarfs                                                                  Geldleistungen in Abhängigkeit vom Pflegegrad und
                                                                              den erbrachten Leistungen
Prognostizierte Anzahl der
Pflegebedürftigen in Millionen

                                                                                                                                                                                                                   2.005 €
                                                  6,1

                                                                                                                                         1.995 €

                                                                                                                                                                               1.995 €
                                                                                  5

                                                                                                                                                                                                               1.775 €
                                                                                                                               1.612 €

                                                                                                                                                                     1.612 €
6                                                                                 4
                                          5,3

                                                                                                                          1.298 €

                                                                                                                                                                1.298 €

                                                                                                                                                                                                         1.262 €
5                            4,8                                                  3

                                                                                                     901 €
                 4,2

                                                                                                                                                                                                 770 €
                                                                                  2

                                                                                                  728 €

                                                                                                                  689 €

                                                                                                                                                        689 €
4

                                                                                               545 €

                                                                                                                                                                                         125 €
                                                                                  1

                                                                                           316 €
                                                                                           0€

                                                                                                             0€

                                                                                                                                                   0€
3       2,4
                                                                                               PFLEGE-        PFLEGESACH-                               TEILSTAT.                                VOLLSTAT.
                                                                                PFLEGE-         GELD           LEISTUNG                                  PFLEGE                                   PFLEGE
2                                                                                GRAD
           2010        2020        2030        2040     2050                                         AMBULANT                                                      (TEIL-)STATIONÄR

Quelle: Statistisches Bundesamt                                                                                                                                     Quelle: Statistisches Bundesamt

                                                                                                  Pflege
Monatliche Eigenanteile bei
Unterkunft im Pflegeheim

                                                                                                     in De
Durchschnittswerte in Euro je Bundesland, ohne Sonder-
einrichtungen, Einrichtungseinheitlicher Eigenanteil (EEE)
inklusive Ausbildungsvergütung, Stand: 01.09.2020

                                          SCHLESWIG-
                                           HOLSTEIN
                                                                MECKLENBURG-
                                           1.803,62 €
                                                                VORPOMMERN

                           BREMEN
                                           HAMBURG
                                           2.198,25 €
                                                                  1.521,30 €
                                                                                                                   Alterungsrückstellungen
                          1.995,88 €
                                                                            BERLIN
                                                                                                                   pflichtversicherung
                                                                          2.076,86 €
                                          NIEDERSACHSEN                                                            Jede Generation trägt durch ihre Alterungsrücks
                                             1.665,80 €
                                                            SACHSEN-        BRANDENBURG
                                                                                                                   ihre im Alter steigenden Pflegekosten
                                                             ANHALT           1.785,91 €
             NORDRHEIN-                                     1.511,41 €
             WESTFALEN                                                                                             40
                                                                                                                                                                                           2019:

                                                                                                                                                                                     39
              2.502,01 €
                                                                           SACHSEN
                                                                           1.547,87 €                              35
                                   HESSEN             THÜRINGEN
                                  2.044,09 €           1.648,11 €
                                                                                                                   30
                                                                                                                                                     2009:                                  Mrd. €
                                                                                                                                                    20
         RHEINLAND-                                                               BUNDES-
            PFALZ
          2.187,33 €
                                                                               DURCHSCHNITT                        25
                                                                                 2.057,11 €
                                                                                                                                                        Mrd. €                                                               20,4
                                                                                                                   20                                                                                         17,2
    SAARLAND                                                  BAYERN                                                                                                                 14,6
    2.462,03 €                 BADEN-                        2.079,36 €                                            15
                             WÜRTTEMBERG                                                                                                                    11,8
                              2.395,29 €
                                                                                                                   10                          8,6

                                                                                                                      5
                                                                                                                                              2001               2003                    2005                      2007      2009
Quelle: PKV-Verband
Einrichtungen und Beschäftigte in der Pflege
         15.000                                                                           Pflegeheime*                                  Anzahl der Beschäftigten
                                  Ambulante                                                                                             in Tausend                                                    716
         14.000
                                 Pflegedienste
         13.000

         12.000                                                                                                                                                 398              443
         11.000
                                                                                                                                               185
         10.000
                                                                     *) davon Pflegeheime mit
                                                                                                                                               2000             2018             2000                 2018
          9.000                                                     vollstationärer Dauerpflege

                                                                                                                                                 AMBULANTE                        STATIONÄRE UND
                                                                                                                                                   PFLEGE                         TEILSTATIONÄRE
                           2007              2009             2011                          2013         2015           2017
                                                                                                                                                                                      PFLEGE
         Quelle: Statistisches Bundesamt

          Was kostet es, die Pflege-                                                                                  Das wird
                                                                                                                    befürchtet
                                                                                                                                                  Das ist man
                                                                                                                                               bereit auszugeben
                                                                                                                                                                                     So günstig ist
                                                                                                                                                                                      es wirklich
          vorsorgelücke zu schließen?
           Was die Deutschen an Kosten erwarten, was sie
           bereit sind auszugeben – und was es tatsächlich kostet
           * Beispielbeitrag bei Abschluss im Alter von 35 Jahren

           Quelle: Allensbach 2019, Assekurata-Stude "Absicherung im Pflegefall" 2020                                   161 €                             77 €                               34 €*

eutschland
 der Privaten Pflege-                                                                               Beitragsentwicklung der Pflege-
                                                                                                   versicherung
stellungen Vorsorge für                                                                            Monatliche Beiträge in der Sozialen (SPV) und der Privaten (PPV)

                                                 39                                                Pflegeversicherung seit 1995*                                                                                  Quelle: PKV-Verband

                                                                                                         Gesetzliche Leistungsausweitungen
                                                                                                         2015: Pflegestärkungsgesetz 1
                                                                                                                                                                                             155 €
                                     34,5                                                                2017: Pflegestärkungsgesetz 2
                                                                                                         2019: Pflegepersonalstärkungsgesetz
                        30,0
           27,1                                                                                                                                                                              115 €
                                                                                                                                                      SPV-Höchstbetrag
 24,0
                                                                                                                                                                                                                   * jeweils am 1. Januar, Werte gerundet

                                                                                                                                                         (kinderlos)

                                                                                                                                                  SPV-Beitrag                                 72 €
                                                                                                                                               Arbeitnehmer mit
                                                                    Quelle: PKV-Verband

                                                                                                                                                 Durchschnitts-
                                                                                                                                                  einkommen
                                                                                                     29 €
                                                                                                                                                                              PPV: Realer Beitrag eines privat-
                                                                                                     26 €                                                  PPV                versicherten Arbeitnehmers,
                                                                                                     22 €                                                                     der 1995 beim Start der Pflege-
                                                                                                                                                                              versicherung 35 J. alt war

  2011      2013         2015         2017          2019                                                         1995          2000       2005           2010          2015        2020
„Armutsfalle Pflege“?
SPEZIAL: PFLEGEREFORM

                                    Das stimmt nicht ganz.

                                                          D
                                                                   ass die Pflegeversicherung neu organisiert     Für die allermeisten Rentnerhaushalte besteht
                                                                   werden muss, steht vor allem wegen der         mithin kein Armutsrisiko, stellt das IW Köln fest.
                                                                   absehbaren Belastung der jüngeren Gene-        Die Ökonomen schlussfolgern: Bei einer Deckelung
                                                          rationen außer Frage. Politisch jedoch wird der         der Eigenanteile im Pflegeheim sei die Kritik nicht
                                                          Reformbedarf meist mit einer Überforderung der          von der Hand zu weisen, dies sei für einen Teil der
                                                          heute bereits Älteren begründet: Die aktuell Pflege-    Bevölkerung ein „Erbenschutzprogramm“.
                                                          bedürftigen und die pflegenahen Jahrgänge tappten
                                                          in die „Armutsfalle“, heißt es da häufig.               „Ältere“ Haushalte deutlich
                                                              Dabei ist es um die Finanzen der heute älteren      vermögender als „jüngere“
                                                          Generation vergleichsweise gut bestellt. So hat das
                                                          Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) im Som-     Bereits früher hatte das IW Köln nachgewiesen, dass
                                                          mer dieses Jahres ermittelt, inwiefern die aktuellen    sich die Einkommens- und Vermögenssituation der
                                                          Rentnerhaushalte ihre Eigenanteile für längere Auf-     Rentnerhaushalte in den letzten Jahren – anders als
                                                          enthalte im Pflegeheim selbst bezahlen können. Das      oft behauptet – keineswegs verschlechtert hat: So
                                                          Ergebnis:                                               besitzen die Generationen der 65- bis 74-Jährigen
                                                                                                                  im Vergleich zu 25-Jährigen nahezu das 30fache an
                                                          → 71,9 Prozent der Rentnerhaushalte (mit Haus-          Vermögen und mehr als doppelt so viel wie die 35- bis
                                                            haltsvorstand über 65 Jahren) verfügen über aus-      44-Jährigen.
                                                            reichend Einkommen und Vermögen, um einen                 Dazu kommt: Auch jene etwa 30 Prozent Rentner-
                                                            einjährigen Pflegeheimaufenthalt zu finanzieren.      haushalte, die nicht über ausreichend Mittel für
                                                          → 69,5 Prozent hätten genug Mittel, um einen drei-      einen Heimaufenthalt verfügen, würden im Pflegefall
                                                            jährigen Pflegeheimaufenthalt zu finanzieren.         menschenwürdig versorgt. Sie hätten Anspruch auf
                                                          → 67,0 Prozent könnten sich einen bis zu fünfjährigen   „Hilfe zur Pflege“, eine Form der Sozialhilfe, die für
                                                            Aufenthalt leisten.                                   alle Kosten aufkommt, die man selbst nicht stemmen
                                                                                                                  kann. Erstaunlicherweise wird diese sozialpolitische
                                                                                                                  Errungenschaft von einigen Parteien schlecht
                                                                                                                  geredet: Eine solche Unterstützung beantragen zu
                         Empfänger von „Hilfe zur Pflege“                                                         müssen, sei menschenunwürdig. In dieser Logik
                                                                                                                  ist ein Anstieg der Inanspruchnahme von „Hilfe zur
                         Als Anteil an allen vollstationär versorgten                                             Pflege“ natürlich besonders alarmierend:
                         Pflegebedürftigen in Prozent
                                                                                                                  „Wie mit Toten Pflegepolitik gemacht
                        33,1                                                                                      wird“
                            %                                                                  29,4               „Die steigenden Pflegekosten werden für immer mehr
                                                                                                                  Bürger zur Armutsfalle“, zitierte unlängst die Süd-
                                                                                                   %              deutsche Zeitung den Linken-Fraktionsvorsitzenden
                                                                                                                  Dietmar Bartsch. Er berief sich auf Zahlen des
                                                                                                                  Statistischen Bundesamtes (Destatis), wonach 36
                                                                                                                  Prozent aller pflegebedürftigen Heimbewohner auf
                                                                                                                  Sozialhilfe angewiesen seien. Auch der SPD-Vorstand
                                                                                                                  begründete seinen Ruf nach einer Begrenzung der
                          1999                                                                    2018            Pflege-Eigenanteile mit diesem Wert.
                        Quelle: Statistisches Bundesamt

                                                                                                                                                                  10
SPEZIAL: PFLEGEREFORM
   Die 36 Prozent beruhen allerdings auf einer       zent, seit 2017 liegt sie darunter. So bewährt sie
sehr speziellen Betrachtungsweise: Sie leiten        sich als gezielte Sozialleistung für Menschen mit
sich aus der Zahl aller Hilfeempfänger her, die      geringer Altersversorgung.
im Laufe eines Jahres in einer Pflegeeinrichtung        Auf Basis der Daten des IW-Köln sowie der „Hilfe
untergebracht waren – und sei es nur vorüber-        zur Pflege“ liegt die kritische Frage nahe, ob eine
gehend. Für 2018 kommt man so auf 318.580            pauschale Ausweitung der Pflegeleistungen zu
Personen. Bei diesen Jahresverlaufs-Daten wer-       Gunsten älterer Jahrgänge mit der Folge einer
den aber „Kurzzeit“-Bewohner und auch bereits        höheren Belastung der jüngeren Generationen
verstorbene Pflegebedürftige mitgezählt – was die    wirklich notwendig ist. 
FAZ einmal mit der Überschrift aufspießte: „Wie
mit Toten Pflegepolitik gemacht wird.“

Bewährte Unterstützung bei
geringen Alterseinkünften                                Rücklagenstarke Rentnerhaushalte
Objektiver sind da schon die Stichtags-Zahlen am         Anteil derjenigen, die sich die vollstationäre Versorgung
Jahresende: Für den 31.12.2018 meldet Destatis           für ... Jahre aus Vermögen und Einkommen leisten können
245.206 Personen mit Hilfe zur Pflege. Bezogen auf
die Berechnungsgrundlage der Linken-Fraktion,
die Zahl der verfügbaren Heimplätze, entspricht          1 Jahr                                             71,9 %
das einem Anteil von 27,96 Prozent – also fast ein
Viertel weniger als in den Schlagzeilen berichtet.
                                                         2 Jahre                                            70,4 %
   Im Gesetz zur Einführung der gesetzlichen             3 Jahre                                           69,5 %
Pflegeversicherung 1995 wird darauf hingewiesen,
dass der Anteil der von Sozialhilfe abhängigen           4 Jahre                                           67,8 %
Heimbewohner damals bei rund 80 Prozent lag.
Hier hat die Pflegeversicherung eine beträchtliche       5 Jahre                                           67,0 %
Entlastung geschaffen: Seit fast 20 Jahren bewegt
sich die „Hilfe zur Pflege“ regelmäßig um 30 Pro-        Quelle: IW-Report 44/2020

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SPEZIAL: PFLEGEREFORM

                        Die Pflegezusatzversicherung
                        Günstiger als gedacht – und staatlich gut zu fördern

                                                  D
                                                           ie aktuell geplante Reform der Pflege-                übernimmt, wird auch die geplante Reform grundsätz-
                                                           finanzierung enthält auch eine verstärkte             lich nichts ändern. So ist zwar vorgesehen, das System
                                                           Eigenvorsorge. In der Bevölkerung träfe das auf       durch Steuermittel zu stützen, doch einen beträcht-
                                                   Bereitschaft: So hat das Meinungsforschungsinstitut           lichen Teil der Kosten müssen die Pflegebedürftigen
                                                   Allensbach im Auftrag des PKV-Verbandes heraus-               und ihre Angehörigen weiterhin selbst tragen.
                                                   gefunden, dass sich nur einer von sechs Befragten
                                                   überhaupt nicht vorstellen kann, das Pflegerisiko             Bürger überschätzen Kosten der
                                                   ergänzend privat abzusichern. Die anderen gaben im            privaten Pflegezusatzversicherung
                                                   Durchschnitt an, 77 Euro pro Monat für die private
                                                   Pflegevorsorge ausgeben zu können.                            Dabei ist auch das in der Bevölkerung „gelernt“: Die
                                                       Diese Bereitschaft ist gleichermaßen erfreulich wie       meisten von Allensbach Befragten (78 Prozent) wis-
                                                   notwendig: Denn daran, dass die gesetzliche Pflicht-          sen, dass man im Pflegefall allein mit der gesetzlichen
                                                   versicherung nur einen Teil der Kosten im Pflegefall          Pflichtversicherung nicht ausreichend abgesichert ist.
                                                                                                                 57 Prozent ist es wichtig, so gut vorzusorgen, dass sie
                                                                                                                 nicht auf weitere Unterstützung von Familie, Freunden
                                                                                                                 oder Staat angewiesen sind.
                        Voller Schutz für wenig Geld                                                                 Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass erst 3,77
                                                                                                                 Millionen Menschen eine private Pflegezusatzver-
                        So preiswert ist eine private Pflegezusatzversicherung                                   sicherung haben. Ein Grund dafür könnte sein, dass
                                                                                                                 diese Vorsorgemöglichkeit gemeinhin als relativ teuer
                        Möglicher Monatsbeitrag in Euro bei Abschluss                                            eingeschätzt wird. Die Allensbach-Umfrage zeigt: Die
                                                                                                                 Befragten gehen im Schnitt davon aus, dass es 161
                        ... mit Alter 25                   ab   20 €                                             Euro im Monat kosten würde, die sogenannte Pflege-
                                                                                                                 lücke zu schließen, also die Differenz zwischen den
                        ... mit Alter 35                         ab 34 €                                         Leistungen der gesetzlichen Pflichtversicherung und
                        ... mit Alter 45                                       ab   55 €                         dem tatsächlichen Aufwand. Damit aber werden die
                                                                                                                 Kosten der Eigenvorsorge deutlich überschätzt.
                        ... mit Alter 55                                                             ab   89 €        In ihrer aktuellen Analyse „Absicherung im Pflege-
                                                                                                                 fall – mit der Pflegezusatzversicherung von der Teil- zur
                        Quelle: Morgen und Morgen, ermittelt durch ASSEKURATA, Stand: Februar 2020

                                                                                                                                                                   12
Vollkasko“ kommt die Ratingagentur Assekurata                 Die individuelle Pflegelücke − und damit der
zu dem Ergebnis, dass sich der Eigenanteil an             individuelle Versicherungsbedarf – ist nämlich von
den Pflegekosten zu weitaus niedrigeren Prämien           Fall zu Fall sehr unterschiedlich und hängt von vie-

                                                                                                                                          SPEZIAL: PFLEGEREFORM
absichern lässt. Eine vollständige Absicherung der        len Faktoren ab. Daher, so der Rat der Experten, sei
Pflegelücke wäre beispielsweise mit einer Zusatz-         eine fachkundige Beratung bei der Produktauswahl
versicherung möglich, welche die gesetzlichen             wichtig.
Leistungen bei ambulanter Pflege verdoppelt und
im Falle stationärer Pflege in den Graden 2 bis 5 ein     Private Vorsorge staatlich fördern
zusätzliches Pflegegeld von monatlich rund 2.000
Euro vorsieht.                                            „Wer seine Zusatzversicherung in jungen Jahren
                                                          abschließt, liegt beim Beitrag oft nur im niedrigen
‚Vollkaskoabsicherung‘ für den                            zweistelligen Euro-Bereich,“ erklärt auch Florian Reu-
Pflegefall zu bezahlbaren Preisen                         ther, Direktor des PKV-Verbandes. „Umso wichtiger ist
                                                          es, den Einstieg in diese Vorsorge möglichst zeitig zu
Eine derartige „Vollkasko“ im Pflegefall gibt es          finden – der Staat könnte dafür entsprechende Anreize
Assekurata zufolge für Personen im Alter von 35           setzen und die private Pflegevorsorge gezielt fördern.“
Jahren schon ab 34 Euro im Monat. Dabei gilt grund-
sätzlich: Je früher eine Pflegezusatzversicherung         Dabei sind diverse Instrumente denkbar:
abgeschlossen und mit dem Aufbau von Alterungs-
rückstellungen begonnen wird, desto geringer fällt        → Förderung betrieblicher Pflegeversicherungen
der zu zahlende Beitrag aus.                                durch Steuer- und Sozialabgabenfreiheit.
     „Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass           → Steuerabzug für Beiträge zur Pflegezusatzver-
die PKV-Unternehmen individuell bedarfsgerechte             sicherung
Pflegetagegeld- und Pflegekostenversicherungen            → Zuschüsse für Personen, die nicht von einer
anbieten, mit denen eine ‚Vollkaskoabsicherung‘             Steuerbegünstigung profitieren würden, weil sie
für den Pflegefall zu bezahlbaren Preisen möglich           keine oder nur wenig Steuern zahlen.
ist“, so Assekurata. In den meisten Fällen dürfte aber
ein geringeres Pflegemonatsgeld ausreichen, um            Die Ankündigung des Gesundheitsministers, verstärkt
ausreichend für den Pflegefall vorzusorgen – dann         auch auf Eigenvorsorge zu setzen, lässt hoffen, dass
reduziert sich der Beitrag entsprechend.                  er solche Fördermöglichkeiten in Betracht zieht.

    Tarifvertragliche Pflege-Vorsorge der Chemiebranche

    Im Bedarfsfall 1.000 € pro Monat zusätzlich
     Am 1. Juli 2021 ist es soweit: Dann          im Pflegeheim, gibt es im Bedarfsfall       Möglichkeit, Leistungen individuell
     starten die Verträge zur betrieblichen       zusätzlich 1.000 Euro monatlich in den      aufzustocken sowie Angehörige mitzu-
     Pflegeversicherung für bis zu 580.000        Pflegegraden 2 bis 5. Und auch bei          versichern. Und auch nach Beendigung
     Beschäftigte aus der Chemiebranche.          ambulanter häuslicher Pflege in den         des Arbeitsvertrags geht der Schutz
     Ein Novum in Deutschland und aus             Pflegegraden 2 bis 4 besteht Anspruch       nicht verloren: Sie können dann ihre
     Sicht vieler Experten ein effektives         auf 300 Euro monatlich zur freien Ver-      Versicherung zu den günstigen Bei-
     Instrument, um die Pflege nachhaltig         fügung.                                     trägen ihres früheren Einstiegsalters
     abzusichern.                                      Der Arbeitgeber übernimmt die Bei-     individuell weiterführen.
         Mit dieser im Tarifvertrag verein-       träge für seine Beschäftigten: pro Kopf          Christian Jungvogel, Abteilungs-
     barten Zusatzversicherung wird für           33,65 Euro im Monat. Möglich sind diese     leiter Tarifpolitik der IG Bergbau Chemie
     die Chemie-Beschäftigten die Lücke           niedrigen Beträge, weil sich die Risiken    Energie, berichtet von großem Interesse
     geschlossen, die bei den Teilkasko-          im großen Kollektiv der Beschäftigten       anderer Branchen an diesem innovati-
     Leistungen der gesetzlichen Pflege-          versicherungsmathematisch gut kalku-        ven Modell. Er hält es für sinnvoll, die
     versicherung verbleibt. Das Ergebnis         lieren lassen. Eine Gesundheitsprüfung      betriebliche Pflegeversicherung nun
     ist beeindruckend: Für das teuerste          ist dadurch ebenfalls nicht erforderlich.   ebenso steuerlich zu begünstigen wie
     Risiko, die stationäre Unterbringung              Beschäftigte haben zudem die           die betriebliche Altersvorsorge.

    13
Ein neuer
Generationenvertrag
für die Pflege

U
          m die Pflege in unserer alternden Gesell-       → Damit lässt sich der Beitragssatz zur Pflegever-
          schaft finanziell dauerhaft zu sichern, setzt     sicherung bis zum Jahr 2040 auf dem heutigen
          sich der Verband der Privaten Krankenver-         Niveau nahe 3 Prozent stabilisieren.
sicherung (PKV) für einen „neuen Generationen-            → Auch Lohnsteigerungen für Pflegekräfte sind
vertrag“ ein. Er soll die Belastung der Älteren infolge     vorgesehen und gleich im ersten Jahr mit einem
steigender Eigenanteile gezielt abfedern und parallel       Volumen von 3,5 Milliarden Euro berücksichtigt.
die Jüngeren beim Aufbau einer privaten Eigenvor-
sorge unterstützen. Zugleich würde der Beitragssatz       Pflegevorsorge gezielt fördern
zur Pflegeversicherung langfristig stabilisiert.
    Der Vorschlag des PKV-Verbandes baut eine Brü-        Um die private Pflegevorsorge in möglichst allen
cke zwischen den Generationen. Denn wer die Pflege        Schichten der Gesellschaft zu verankern, sind
sozial gerecht reformieren will, darf nicht nur an die    diverse Förderinstrumente denkbar:
heutigen Pflegebedürftigen denken. Genau da aber
liegt die Schwäche vieler anderer aktuell diskutierter    → Förderung betrieblicher Pflegeversicherungen
Modelle: Ob Zuschüsse aus Steuergeldern, Pflege-            durch Steuer- und Sozialabgabenfreiheit. So las-
Vollversicherung oder „Sockel-Spitze-Tausch“ – dies         sen sich ganze Belegschaften gegen das Pflege-
alles würde die Jüngeren noch weiter belasten und           risiko absichern
den Wirtschaftsstandort Deutschland schwächen.            → Steuerabzug für Beiträge zur Pflegezusatzver-
    Der Vorschlag des PKV-Verbands verbindet                sicherung (bei Produkten mit angemessenem
solidarische Unterstützung für die Älteren mit              Leistungsumfang)
Gerechtigkeit für die jüngeren Generationen:              → Zuschüsse für Personen, die nicht von einer
                                                            Steuerbegünstigung profitieren würden, weil
→ Die ältere Bevölkerung erhält erstmals in der             sie keine oder nur wenig Steuern zahlen
  Geschichte der gesetzlichen Pflegeversicherung
  eine regelmäßige Dynamisierung der Leistungen.          Mit dem Aufbau dieser kapitalgedeckten Pflegevor-
→ Die jüngeren Jahrgänge müssen schrittweise              sorge würde eine nachhaltige und demografiefeste
  mehr privat vorsorgen, werden dabei aber durch          Finanzierungsbasis für eine angemessen honorierte
  eine finanzielle Förderung unterstützt.                 und menschenwürdige Pflege geschaffen.

       Weitere Informationen finden Sie unter www.pkv.de/neuer-generationenvertrag

                                                                                                               14
Wettbewerb, gute Arbeit und
demografiefeste Finanzierung
Leitplanken für die Zukunft der Pflege in einer alternden Gesellschaft

I
    m Fokus der aktuellen Debatte über die          sationen sind sich einig, dass dazu die folgenden
    Pflegefinanzierung stehen die wachsenden        Leitplanken unverzichtbar sind:
    Eigenanteile der Pflegebedürftigen an den
Pflegekosten, häufig verbunden mit der Forde-       → Wenn zukünftig immer mehr Leistungs-
rung nach Leistungsausweitungen der Sozialen          empfängern immer weniger erwerbstätige
Pflegeversicherung (SPV).                             Beitragszahler gegenüberstehen, stößt der
    Anfang Oktober 2020 hat Bundesgesund-             alte Generationenvertrag mit seiner Umlage
heitsminister Jens Spahn Eckpunkte für eine           von jung zu alt an Grenzen. Die nächste Pflege-
Reform vorgelegt. Diese sehen unter anderem           finanzreform muss daher die Auswirkungen
eine Deckelung des Eigenanteils bei stationärer       auf die Generationengerechtigkeit, die
Pflege auf 700 Euro pro Monat für höchstens 36        Belastung der Erwerbstätigen und Arbeitgeber
Monate vor. Kostenpunkt rund sechs Milliarden         mit Sozialabgaben und die Wettbewerbs-
Euro, vollständig finanziert aus Steuermitteln.       fähigkeit unseres Landes berücksichtigen.
    Mit Steuerzuschüssen mögen zwar die akuten        Eine nachhaltige Strategie zur Absicherung
Probleme von heute gemildert werden – nämlich         der Kosten im Pflegefall muss viel stärker auf
derzeit Pflegebedürftige bei den Eigenanteilen        die Pflegevorsorge, wie z. B. private Pflege-
partiell zu entlasten. Aber das demografische         zusatzversicherungen oder betriebliche
Problem, dass immer weniger Beitrags- und             Absicherungen des Pflegerisikos, setzen.
Steuerzahler für eine immer größer werdende
Zahl von Leistungsempfängern aufkommen              → Wettbewerb ist auch in der ambulanten und
müssen, wird dadurch nicht gelöst.                    stationären Pflege ein Instrument der Quali-
    Deshalb muss sich jeder Reformansatz              tätssicherung und ein Motor für bedarfs-
daran messen lassen, ob er den demografischen         gerechte Angebote. Eine plurale Träger-
Herausforderungen für die Finanzierbarkeit            struktur ist unabdingbar, um sowohl die
der Pflegeversicherung gerecht wird. Steuer-          Wahlmöglichkeit für die Pflegebedürftigen
zuschüsse sind nicht nachhaltig, belasten die         als auch die Wirtschaftlichkeit der Ver-
jüngeren Generationen und schwächen den               sorgung sicherzustellen.
Wirtschaftsstandort Deutschland.
    In gut 15 Jahren wird der letzte Baby-          → Der Bedarf an professioneller Pflege wird wei-    Eine gemeinsame Initia-
boomer in Rente gegangen sein. Um die                 ter zunehmen und mit Blick auf die absehbar       tive von Bundesverband
Herausforderungen der alternden Gesellschaft          steigende Zahl pflegebedürftiger Menschen         der Betreuungsdienste
                                                                                                        (BBD) e.V., Bundesver-
zu meistern, muss Deutschland jetzt die richtigen     nur über attraktive Arbeitsbedingungen und        einigung der Deutschen
Weichen stellen. Das gilt insbesondere für die        Gehälter zu decken sein. Die Lohnfindung          Arbeitgeberverbände
Sicherung einer menschenwürdigen pflegeri-            muss dabei auch zukünftig regionale               (BDA), Denkschmiede
                                                                                                        Gesundheit, Die
schen Versorgung. Die unterzeichnenden Organi-        Besonderheiten berücksichtigen.                  Familienunternehmer
                                                                                                        e. V., Verband der Privaten
                                                                                                        Krankenversicherung e. V.
                                                                                                        (PKV), Verband Deutscher
                                                                                                        Alten- und Behinderten-
         Weitere Informationen finden Sie unter www.generationengerechte-pflege.de                      hilfe e. V. (VDAB)

    15
Mit privater Vorsorge die
Pflege von morgen stärken
bezahlbar · generationengerecht · sicher

Die gesetzliche Pflegeversicherung kann nicht alle Pflegekosten decken. Eine Zusatz­
versicherung hilft, die Lücke zu schließen. Durch mehr private Vorsorge lässt sich auch
eine Überforderung der jüngeren Generationen verhindern, die sonst von den stark
steigenden Pflegeausgaben unserer alternden Gesellschaft massiv belastet würden.
Diese ergänzende Eigenvorsorge ist übrigens günstiger, als Sie vermutlich denken.

www.pkv.de/pflege-zukunft
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