Podcasting für Bibliotheken - Hintergründe und Bericht zum Universitätslehrgangs-Abschlussprojekt "Research Library Podcast" der ...
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BIBLIOTHEK – Forschung und Praxis 2022; 46(1): 183–190 Martin Forster* Podcasting für Bibliotheken – Hintergründe und Bericht zum Universitätslehrgangs- Abschlussprojekt „Research Library Podcast“ der Universitätsbibliothek Wien https://doi.org/10.1515/bfp-2022-0001 Bereits seit den frühen 2000er-Jahren fanden Podcasts – allerdings noch nicht unter dieser Bezeichnung – ihr zu- Zusammenfassung: Dieser Beitrag beschäftigt sich mit nächst quantitativ überschaubares Publikum. Eine Reihe dem Thema Podcasting im bibliothekarischen Umfeld. Da- von technologischen Neuerungen, wie RSS-Feeds und vor für geht er zunächst zum einen auf das Phänomen Podcast allem das Hinzufügen von Podcasts zu Apple’s iTunes- im Allgemeinen ein und liefert andererseits einen praxis- Plattform, führten in der Folge zu einer beachtenswerten nahen Einblick am Beispiel des Research Library Podcast Steigerung der Nutzungszahlen. Frühe Podcasts wurden der Universitätsbibliothek Wien, an dem der Autor im noch als Audio-Blogs bezeichnet. Die nun nicht mehr weg- Rahmen seines Abschlussprojektes des Universitätslehr- zudenkende Bezeichnung Podcast ist ein kurze Zeit später gangs Library and Information Studies mitgearbeitet hat – entstandenes Kunstwort, welches sich aus dem englischen und weiterhin dafür tätig ist. „Broadcast“ (Rundfunkausstrahlung) und dem Namen des mobilen Abspielgeräts von Apple – dem iPod – zusammen- Schlüsselwörter: Podcast; Bibliothek; Forschung; Wis- setzt.1 senstransfer Spätestens seit der flächendeckenden Nutzung von Smartphones – die den iPod und andere MP3-Player fortan Podcasting for Libraries – Context and Recount in Regard obsolet machten – fanden Podcasts auch außerhalb von to the “Research Library Podcast” of the Library of the Early-Adopter-Kreisen ihr Publikum und die aktuell wei- University of Vienna terhin anhaltende Hochphase für Podcasts wurde einge- Abstract: This paper deals with podcasting in the context läutet. Befeuert wurde diese Entwicklung außerdem durch of the librarian domain. After a more overall look at the die immer größeren Bandbreiten für die Internetnutzung phenomenon of podcasts, it also takes a more practical auf Consumer-Ebene und dem damit verbundenen Wech- approach by a recount of the authors work on the research sel vom Download der Beiträge hin zur Streamingtechnik. library podcast of the Library of the University of Vienna, Podcasts werden nun u. a. auf Plattformen wie Spoti- as part of his final assignment of the library and informati- fy, Audible, Apple Music oder Youtube ausgespielt und on studies programme. konsumiert. Gleichzeitig wurde in den letzten 10 bis 20 Jahren (semi-)professionelles Produzieren von Audio-Ma- Keywords: Podcast; library; research; knowledge transfer terial durch immer bessere Software und günstigeres Equipment für immer mehr Menschen möglich, so dass das thematische Angebot größer wurde. 1 Das Phänomen Podcasts – Allgemein lässt sich daher der Appeal dieser Form von auditiver Vermittlung auf drei Hauptebenen erklären: die Storytelling und Verfertigung der niederschwellige, räumlich und zeitlich mobile Konsuma- Gedanken tionsmöglichkeit,2 die ebenfalls niederschwellige Möglich- keit zur Produktion für Special-Interest-Themen und die Auf einmal waren sie da und sie waren viele ... so oder über die Zeit entstandenen Charakteristika von Podcasts in zumindest so ähnlich haben wahrscheinlich viele Men- Bezug auf ihre „Tonalität“. schen das Phänomen Podcasts wahrgenommen. Tatsäch- lich handelt es sich aber eigentlich mehr um ein Comeback. 1 https://en.wikipedia.org/wiki/History_of_podcasting. *Kontaktperson: Mag. Martin Forster, martin.forster@onb.ac.at 2 Graier (2009) 45. Open Access. © 2022 Martin Forster, publiziert von De Gruyter. Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.
184 Martin Forster Die räumlich und zeitlich uneingeschränkte Verfüg- würde, welches zum Anfang der Rede auch ein Ende fin- barkeit machen Podcasts für viele Menschen zu einer opti- den wolle – und dass dieses Ende eben erstaunlich oft die malen Nebenbeschäftigung, d. h., sie werden von den Hö- Lösung des ursprünglichen Problems wäre: rer*innen konsumiert, wenn sie im eigenen Auto oder in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, während des „Es liegt ein sonderbarer Quell der Begeisterung für denjenigen, der spricht, in einem menschlichen Antlitz, das ihm gegenüber- Aufräumens oder Kochens in den eigenen vier Wänden. steht; und ein Blick, der uns einen halb ausgedrückten Gedan- Verglichen mit einem klassischen linearen Radiosender ken schon als begriffen ankündigt, schenkt uns oft den Ausdruck müssen die Konsument*innen keine Angst haben, eine für die ganz andere Hälfte desselben. [...] Ein solches Reden ist Ausstrahlung der Lieblingssendung zu verpassen – man wahrhaft lautes Denken.“5 kann sie ja nach Belieben jederzeit streamen. Das thematische Angebot von Podcasts speist sich Kleist argumentiert den Gedanken so, dass bei einer der- mittlerweile aus scheinbar unendlich vielen Wissensge- artigen Form des Sprechens die Sprache kein Hemmschuh bieten und Unterhaltungsgenres. Es reicht von Wissen- für den Geist, sondern ein parallellaufendes „Rad an sei- schafts- über True Crime- bis hin zu Comedy-Podcasts. Vor ner Achse“6 sei. allem Podcasts von aus anderen Kulturbereichen oder aus Dass die von Kleist beschriebene Art des Sprechens – der Politik bekannten Persönlichkeiten erreichen hohe im besten Fall – bei Unterhaltungen bzw. Interviews in Nutzungszahlen. Dazu zählen Podcasts die nicht in einem Podcasts vorkommt und sie zumindest einer der Mitgründe Spotify-Abo etc. integriert sind, sondern hinter einer Pay- ist, warum das Format solchen Anklang findet, liegt dem- wall eigens zu erwerben sind (aktuelles Beispiel wäre hier nach nahe: sie stehen im Gegensatz zu der endlosen An- z. B. Absolutely Mental vom britischen Comedian Ricky zahl von Politiker*innen-Interviews im TV oder Radio, in Gervais). denen zwar viel gesprochen, aber wenig gesagt wird, um Ein nicht zu vernachlässigender Faktor für den Erfolg nur ja nicht auf eine Aussage „festgenagelt“ werden zu von Podcasts ist die gefühlt informelle Gesprächssituation, können. z. B. im Vergleich zu offiziellen Interviews im Radio oder Im Gegensatz dazu können in Podcasts Expert*innen- Fernsehen oder verschriftlichten Ausfertigungen. Man Gespräche auch persönliche Hintergründe preisgeben kann das Format getrost als Storytelling-Format bezeich- bzw. kann thematisch in die Tiefe gegangen werden, weil nen und es generell in der Tradition der mündlichen Wis- man nicht an zeitliche Vorgaben, Werbeblöcke etc. gebun- sensweitergabe verorten. Bei Gesprächen in Podcasts hat den ist. Man muss nicht zwischen einer meinungsbezoge- man oft eher das Gefühl, einer Unterhaltung im Kaffeehaus nen oder tatsachenbezogenen Stilistik wählen, sondern zu lauschen – man kann den Sprechenden sozusagen kann sich einen geeigneten Standpunkt in diesem Spek- beim Denken zuhören, nicht unähnlich der Kleist‘schen trum suchen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass gut Beobachtung über die Verfertigung der Gedanken beim funktionierende Podcasts sich im wissenschaftlichen Be- Reden.3 Kleist beschreibt in diesem Essay Situationen, in reich an einer Schnittstelle zwischen Unterhaltung und denen er brütend am Schreibtisch sitzt und bei einer Denk- Wissenstransfer positionieren – und im Idealfall sogar aufgabe nicht zum gewünschten Ergebnis kommt, bis er beides schaffen. darüber mit seiner hinter ihm sitzenden Schwester darüber spricht: 2 Podcasts in Bibliotheken „Und siehe da, [...] so erfahre ich, was ich durch ein vielleicht stundenlanges Brüten nicht herausgebracht haben würde. Nicht, Warum nun Podcasts in Bibliotheken, in diesen Burgen als ob sie es mir, im eigentlichen Sinne, sagte; den sie kennt des Schriftguts? Nun es ist unbestritten: Auch das biblio- weder das Gesetzbuch, noch hat sie den Euler oder den Kästner studiert. Auch nicht, als ob sie mich durch geschickte Fragen auf thekarische Umfeld befindet sich im Wandel – aufgrund den Punkt hinführte, auf welchen es ankommt, wenn schon dies von technischen Neuerungen, geändertem Nutzer*innen- letzte häufig der Fall sein mag.“4 verhalten etc. Es gilt, die aktuellen und besonders die zukünftigen Leser*innen dort abzuholen, wo sie ihre Infor- Kleist führt in der Folge weiter aus, dass die Interaktion mit mationen tatsächlich beziehen. Das Web 2.0 mit all seinen Gesprächspartner*innen das Gemüt auf eine Art beflügeln neuen Möglichkeiten bringt hier einen Paradigmenwech- 3 Kleist (1805). 5 Ebd. 4 Ebd. 6 Ebd.
Podcasting für Bibliotheken 185 sel mit sich. Podcasts können für Bibliotheken nicht zu- keit der Hörer*innen zu gewinnen – und zu halten – ist letzt deshalb spannend sein, weil sie genau diesen Para- schließlich kein einfaches Unterfangen, dafür sollte man digmenwechsel diskursiv begleiten könn(t)en. zunächst selbst beantworten können, ob man dieses For- Die Implementierung von Podcasts in den Bibliothek- mat wirklich in Angriff nehmen möchte, was einen daran salltag ist im deutschsprachigen Raum noch relativ jung, interessiert und was beim Publikum ankommen soll. es finden sich aber bereits einige ambitionierte und gut Wenn die Ressourcenfrage geklärt ist, ist die nächste gelungene Versuche. Im englischsprachigen Raum ist die und wichtigste Frage die sich stellt, sicher jene nach dem Vielfalt bereits deutlich größer. Im Anhang zu diesem Zielpublikum und den Themenkreisen, die sich für diese Artikel finden sich einige Beispiele, von eher nüchtern- Gruppe eignen. Je nachdem, welche Antworten sich hier wissenschaftlichen Varianten bis hin zum humorvollen finden, kann man sich danach entscheiden, wie man den Drunk-Librarians-Podcast. Bisher lassen sich grob gesagt Podcast ausrichten möchte, nicht nur inhaltlich, sondern zwei Bereiche erkennen, für die Podcasts an Bibliotheken auch in Bezug auf die Erscheinungsfrequenz. Allgemein eingesetzt werden: Wissenstransfer und Öffentlichkeits- gilt, dass das Format gut funktioniert, wenn es so regel- arbeit. Wenn man sich als Institution an das Thema Pod- mäßig wie möglich erscheint: Die Hörer*innen sollen wis- cast heranwagen möchte, sollte man sich zunächst ein sen, wann sie mit neuem Content rechnen können. Das klares Bild über die eigenen Nutzer*innen machen und stärkt die Bindung und das Vertrauen in die jeweilige mögliche Zielgruppen definieren, um so festzustellen, wo Institution. Zusätzlicher, anlassbezogener Content ist stets in diesem Spektrum man sich positionieren möchte. zu begrüßen. Die thematischen Möglichkeiten sind jedenfalls sehr Für die redaktionelle Betreuung des Blogs könnte ein vielfältig der Podcast kann als Companion-Piece für alles, abteilungsübergreifendes Team aus bestehenden Mitar- was im Haus passiert gesehen werden: Von der Begleitung beiter*innen gebildet werden, die sich aus den Bereichen von Veranstaltungen im Haus, Vorstellung der Biblio- Kommunikation und Marketing sowie von wissenschaftli- theksservices, Hintergrundgespräche zu aktueller For- chen Mitarbeiter*innen andererseits zusammensetzt. Falls schung, Faktenchecks zu aktuellen Themen, historisches das technische Know-how für die Aufzeichnung und Be- zur Institution selbst, bis hin zum oben angesprochenen arbeitung von Audiomaterial nicht vorhanden ist, könnte Paradigmenwechsel in den Bibliotheken scheinen die man interessierte Mitarbeiter*innen dafür schulen las- Möglichkeiten schier unendlich zu sein und können so- sen – oder eine neue Arbeitskraft dafür einstellen. Schu- wohl für Nutzer*innen als auch für Bibliothekar*innen lungen werden z. B. vom Forum Journalismus und Me- und Forschende spannend und informativ sein. dien Wien angeboten.7 Auf die technischen Aspekte der Gerade in Bezug auf aktuelle Maßnahmen wie z. B. Produktion und Bearbeitung von Audiomaterial wird im Positionierung der Bibliotheken als moderne, zukunftsori- nächsten Punkt noch genauer eingegangen. entierte Teaching Libraries können Podcasts eine unter- In der Initiierungsphase sollte man vor allem Geduld stützende Funktion haben. Sie können wesentlich dazu haben – ein gutes Format erfordert entsprechende Vor- beitragen, bestehenden Nutzer*innen eine persönlichere bereitungszeit. Nicht nur redaktionelle Abläufe, sondern Bindung an die jeweilige Institution zu ermöglichen und auch ein auditives „Look & Feel“ des Podcast, wie z. B. die neue Zielgruppen durch inspirierende Inhalte, die span- Signation, sowie die Einbettung in die Webpräsenz und nend präsentiert werden, zu erreichen. Das wiederum die Corporate Identity des eigenen Hauses muss über- kann zu einer Erhöhung des Bekanntheitsgrads der Insti- legt werden. Möglicherweise kann man zunächst eine tution zu höheren Entlehnzahlen und eventuell sogar Testfolge produzieren, mit Kolleg*innen des Hauses als zu mehr eigenem Einbringen der so entstandenen „Com- Interviewgäste – so kann sich das Projektteam ohne Ver- munity“ (z. B. im Rahmen von Crowdsourcing-Projekten) öffentlichungsdruck an den verschiedenen Arbeitsschrit- führen. ten ausprobieren. Im Falle eines gelungenen Ergebnisses hat man eine Pilotfolge gewonnen und auch ohne Ver- öffentlichung kann man das Ergebnis einer Analyse unter- 3 Konzeption und Positionierung ziehen und mögliche Verbesserungen vornehmen. Generell ist sicher der Initialaufwand – die Konzeption Der Ressourcen-Aufwand für einen Podcast ist sicher in sowie das Setup der redaktionellen und technischen Pro- den meisten Institutionen ein schwieriges Thema. Wenn man sich aber dafür entschließt, dann sollte man mög- lichst alles dafür tun, ein gut ausgearbeitetes Format in 7 https://www.fjum-wien.at/kurse/podcast-institut-grundkurs-02-20 guter Audioqualität zu produzieren. Die Aufmerksam- 21-2-2/.
186 Martin Forster zesse bis hin zur Fertigstellung von ersten Pilotfolgen/- Im Wesentlichen kann man dabei folgende Punkte un- beiträgen – sicher sehr hoch und man tut gut daran, eine terscheiden: entsprechende Vorlaufzeit einplanen. – Recording (Interviews, Anmoderationen, Signations, Im laufenden Prozess ist es wichtig, dass die redak- ...), tionelle Vorbereitung und die technische Nachbereitung, – Editing und Soundshaping, aber auch die organisatorische und inhaltliche Abstim- – Betreuung der Ausspielkanäle. mung mit Gesprächspartner*innen etc. (Terminplanung, Kommunikation zur Gesprächsfreigabe im Nachhinein Während für die beiden letzteren eine Standard-Workstati- etc.) möglichst geordnet abläuft und die Arbeitsschritte im on (Laptop, Desktop-PC) mit der entsprechenden Software Projektteam sich gut einspielen können. Der Idealfall wäre reicht, ist das Recording sicher jener Punkt, wo man den hier sicher, wenn eine Person dezidiert als Chefredak- größten Unterschied zwischen professionellem Equipment teur*in/Moderator*in agiert und für die Inhalte, Termin- und Consumer-Equipment hörbar merken wird. Hier sollte organisation und für die technische Betreuung und Nach- man wenn möglich nicht sparen und zumindest in ein bearbeitung der Aufzeichnungen sowie der Betreuung ei- semi-professionelles Equipment –Mikrofone, ein mehr- ner auszuwählenden Host-Site verantwortlich ist. Einen kanaliges Recording-Interface, ein gutes Paar Kopfhörer gesonderten Punkt stellt noch die Monetarisierung über für das Monitoring/Editing und zusätzlich ein gutes mobi- die Ausspielkanäle dar, diese Frage stellt sich allerdings les Recording-Device – investieren. nur bei entsprechend vielen Abonnent*innen und hohen Wenn man ein Interview für einen Podcast plant, soll- Nutzungszahlen und ist ein Spezialthema für sich. te man zunächst das Ziel verfolgen, die Audioaufnahme Grob lassen sich die regelmäßigen Arbeitsschritte des an die jeweilige Gesprächssituation anpassen zu können. laufenden Betriebs in folgende Bereiche untergliedern: Es empfiehlt sich daher, eine gewisse Auswahl an techni- – Redaktionelle Vorbereitung der Themen, schem Equipment zur Verfügung zu haben, um einerseits – Kontaktaufnahme und Terminkoordination mit Inter- eine angenehme Gesprächssituation zu erzeugen und an- viewpartner*innen, dererseits um das Gespräch auditiv in möglichst hoher – Recherche und Interviewvorbereitung („Drehbuch“ Qualität aufzuzeichnen. Bezüglich der Aufnahmequalität und technische Vorbereitung), wäre das im Idealfall mit einer Samplerate von 48kHz mit – Durchführung der Interviews, 24bit Tiefe (zum Vergleich: CDs arbeiten mit einer Sample- – Redaktionelle Nachbearbeitung, rate von 44kHz und 16bit), da am Ende der Bearbeitung die – Aufnahme von Intro/Outro zur jeweiligen Episode, Audiofiles auf jeden Fall komprimiert werden und daher – Audioschnitt des Interviews und Einbetten in den Rah- eine möglichst hohe Ausgangsqualität wünschenswert ist. men der Episode, Hier ein Beispiel zur besseren Veranschaulichung: Wenn – Veröffentlichung/Channelbetreuung (plus eventuell man weiß, das Gespräch findet in einem großen Raum Monetarisierung), mit einer dementsprechenden Hallentwicklung statt, soll- – Eventuell Archivierung der Audiodateien und anderer te man versuchen, die Mikrofone möglichst nah an den Materialien im hauseigenen Repository. Schallquellen – den Gesprächsteilnehmer*innen – zu po- sitionieren (z. B. durch den Einsatz von Ansteckmikrofo- nen), so dass möglichst wenig vom Störsignal und mög- 4 Recording & Editing – Tools, lichst viel vom gewünschten Signal aufgezeichnet wird. Für mobiles Recording können Handheld-Devices (z. B. Ausspielkanäle Zoom H2) verwendet werden, wobei diese leider oft einen gewissen Kompromiss bei der Aufnahmequalität und den Besonderes Augenmerk bei der Erstellung von Podcasts Möglichkeiten der Nachbearbeitung darstellen. Die we- muss auf die technische Umsetzung gelegt werden. Das sentlich vorteilhaftere Aufnahme-Situation ist sicherlich, reicht vom notwendigen Know-how seitens der Mitarbei- je ein eigenes Mikrofon für jede sprechende Person zur ter*innen, über die Anschaffung von technischem Equip- Verfügung zu haben, welche über ein Recording-Interface ment und Software-Lizenzen für das Recording/Editing bis mit dem Computer und einer DAW-Software (Digital Audio hin zur Betreuung der Ausspielkanäle. Workstation) verbunden sind. Während man einzelne Punkte wie z. B. die Erstellung von Signations eventuell extern vergeben kann, gibt es im laufenden Betrieb eine Reihe von Arbeitsschritten, die von den Mitarbeiter*innen beherrscht werden müssen.
Podcasting für Bibliotheken 187 Produzieren sein. Dabei muss vor allem berücksichtigt werden, dass die Nachbereitung der aufgenommenen Ma- terialen im Durchschnitt ca. ein Dreifaches der aufgenom- menen Zeit benötigt (für ein Interview mit 30 Minuten Lauf- zeit benötigt man etwa 90 Minuten in der Editing-Phase) – das kann je nach Know-how und Übung etwas variieren. Wenn man den Podcast auf einer eigenen Webpräsenz hostet, empfiehlt es sich auf jeden Fall, den RSS-Feed auf anderen Ausspielkanälen wie z. B. Spotify einzutragen. Anleitungen wie genau das funktioniert, finden sich bei den jeweiligen Anbietern. Man kann aber auch Plattfor- men wie z. B. Podigee, Podbean u. v. m. als Vertriebsporta- le nutzen. Mit einem Account bei einer solchen Plattform Abb. 1: Interview für den Research Library Podcast mit zwei Mikrofonen und Verkabelung zum Audiointerface, Kopfhörer für lassen sich Ausspielportale wie Spotify, iTunes etc. zentral Soundcheck, Laptop mit Recording-Software Logic X Pro (links im beliefern. Die Nutzung einer solchen Plattform würde au- Bild: Martin Forster/rechts: Paul Sommersguter, © Ingrid Oentrich) ßerdem statistische Auswertungen und die Analyse der Nutzungszahlen durch eine gesammelte Darstellung er- Für die Aufnahme von Remote-Interviews über eine Inter- leichtern. Ein speziell auf Podcasts zugeschnittenes neues netverbindung wäre auch ein Abo von RingR oder ähn- Tool ist die App Auphonic, die viele Arbeitsschritte, die lichen Apps anzudenken. Das ist eine Software, die das sonst von Hand zu erledigen wären, automatisiert erledigt Audiosignal der zwei (oder mehrerer) Gesprächspart- und Features wie Transkription und Belieferung der Aus- ner*innen jeweils am eigenen Computer aufnimmt und spielchannels integriert. Das wäre aber in jedem Fall eine dann dem Host des Gesprächs als getrennte und somit gut zusätzliche Software und kein Ersatz für die oben genann- nachzubearbeitende Audiosignale zur Verfügung stellt. te Schnittsoftware. Generell ist der Markt hier im Moment Professionelle DAW-Software für das Recording, Edi- sehr dynamisch, durch den Hype und die noch immer ting und Soundshaping gibt es von vielen verschiedenen steigende Popularität von Podcasts entstehen hier laufend Anbietern (z. B. Adobe Audition, Apple Logic X Pro, Magix neue Tools. Samplitude, Cubase, Pro Tools, ...) wobei der Leistungs- umfang etwas variiert. Natürlich wird zudem die Budgetsi- tuation bei dieser Entscheidung zum Tragen kommen. Es 5 Aus der Praxis: Bericht zum gibt sowohl Möglichkeiten von monatlichen Abonnements als auch eines einmaligen Kaufpreises. Vom Einsatz frei ULG-Abschlussprojekt „Research zugänglicher Software wie Audacity ist für ein professio- Library Podcast“ nell klingendes Format eher abzuraten. Einige der oben genannten Hersteller bieten ihre Software auch in Educa- Im Rahmen meiner Projektarbeit für den Universitätslehr- tional-Varianten gratis oder preisreduziert an. gang „Library and Information Studies“ habe ich, gemein- Im Editing-Prozess geht es im Wesentlichen darum, sam mit meinen Studienkolleginnen Barbara Laimer und das Gespräch durch möglichst unhörbar gesetzte Schnitte Patricia Zeindl, am Research Library Podcast der Univer- zu verschönern, z. B. „äh’s“ oder Wiederholungen zu ent- sitätsbibliothek Wien mitgearbeitet: fernen, ohne dabei die Sprechrhythmik der Gesprächsteil- nehmer*innen zu zerstören. Im anschließenden Sound- „Der Podcast, der von Martin Gasteiner produziert wird, verfolgt shaping (oder Mixdown) versucht man, die Tonqualität das Ziel, Services der Universitätsbibliothek (UB) vorzustellen und zu diskutieren. Darüber hinaus versucht das Format, die durch verschiedene Tools (Noise Gate, Equalizer, De-Es- Verschränkungen von Forschung und Bibliotheken an der Uni- ser, Kompressor etc.) zu verbessern. Ziel ist es, die Hinter- versität Wien genauer zu beleuchten und diesen Prozess zu be- grundgeräusche zu minimieren und die Sprachverständ- fördern. In den Gesprächen und Interviews mit ForscherInnen lichkeit zu erhöhen, was sich direkt auf die Aufmerk- geht es daher im Zentrum um deren Forschung und Forschungs- samkeitsspanne der Hörer*innen auswirken kann: Wenn projekte und was daraus für die Services und Infrastrukturen der etwas nicht gut oder angenehm klingt, wird niemand gern Universitätsbibliothek abgeleitet werden kann.“8 zuhören. Für eine etwa zweiwöchige Frequenz (und zusätz- 8 https://www.univie.ac.at/rlp/2020/06/17/rlp-research-library-pod lich eventuell anlassbezogen) wird man fortlaufend am cast/.
188 Martin Forster Abb. 1: Editing und Soundshaping in Logic X Pro (Screenshot) Die erste Folge des Podcast ging am 8. Mai 2020 online, proben. Außerdem wurde beschlossen, für die von der gefolgt von bisher 10 weiteren Folgen. Der Podcast wird Projektgruppe produzierten Episoden eine eigene Signati- auf der Webpräsenz der UB Wien gehostet, ist aber auch on zu erstellen. Eine willkommene Gelegenheit für mich, auf Ausspielkanälen wie Spotify, Apple Podcast, Audible um ein paar Takte Musik einzuspielen! etc. verfügbar. Für meine Episode des Podcast wollte ich mich mit Das Projektziel war, dass jedes Mitglied der Projekt- dem Thema User Experience Design auseinandersetzen, da gruppe eine eigene Folge des Podcast konzipieren und an der Österreichischen Nationalbibliothek kurz zuvor ei- produzieren soll, d. h. von der Ideenfindung und konzep- ne Crowdsourcing-Initiative namens #ichteilwissen mit tionellen/redaktionellen Vorarbeiten, über die Gesprächs- der ersten Kampagne („Österreich aus der Luft“)9 online vorbereitung und Gesprächsführung, die komplette tech- ging. Ich fragte bei meinem damaligen Kollegen und Pro- nische Umsetzung bis hin zur Veröffentlichung. Das jektleiter der Initiative, Paul Sommersguter, um ein Inter- Projektteam konnte die Themen frei wählen. view an, für das ich mich mit Literaturstudium und Aus- Die Terminplanung sowie die generelle Form der Zu- arbeitung eines Fragenkataloges vorbereitet habe. sammenarbeit waren ab März 2020 sehr stark durch die Durch die erwähnte Kollegenschaft, ergab sich trotz Coronapandemie geprägt und musste mehrere Male adap- Corona die Möglichkeit, das Interview in einem Sozial- tiert werden. Die Kommunikation des Projektteams wur- raum in der ÖNB durchzuführen. So konnte auf den Ein- de in dieser Zeit über diverse Plattformen zur e-Collabora- satz von Remote-Aufnahmelösungen wie RingR verzich- tion (vor allem Zoom, Jitsi, Slack) abgewickelt. In mehre- tet und eine direkte Aufnahme beider Gesprächspartner ren Treffen mit dem Projektleiter wurden sowohl alle vor Ort erstellt werden. Das Aufnahmesetting bestand notwendigen Planungsunterlagen für die Lehrgangslei- aus zwei Kleinmembran-Kondensatormikrofonen, die auf tung als auch die Herangehensweise an das Thema Pod- Tischstativen positioniert waren und mit XLR-Kabeln mit cast erarbeitet – was aufgrund des recht unterschiedlichen dem Audiointerface verbunden wurden. Als Interface kam Vorwissens im Hinblick auf technisches Equipment und ein Arturia Audiofuse zum Einsatz, dass via USB-Schnitt- Software sehr wichtig war. Auch Themen wie Interview- stelle an ein Apple MacBook Pro angeschlossen war. Das führung, Sprachrhythmik und redaktionelle Vorbereitung wurden vertieft, zum Teil wurden gegenseitige Übungs- interviews durchgeführt, um für die Gesprächssituation zu 9 https://crowdsourcing.onb.ac.at/blog/.
Podcasting für Bibliotheken 189 Recording erfolgte schließlich mit der Audiosoftware Lo- Wie bei allen Vermittlungsangeboten ist es das Wich- gic X Pro, die ich in weiterer Folge ebenfalls für den Schnitt tigste, das Format ganz bewusst für die eigene Zielgruppe bzw. tontechnische Aufbereitung (Noise Gate, EQ, De-Es- zu gestalten und den richtigen Ton für diese zu treffen, ser, Kompression etc.) der Episode verwendet habe. ohne dabei die diesbezüglichen Vorgaben des eigenen Zur Einstimmung bzw. als Warm-up wurde zunächst Hauses aus dem Auge – respektive dem Ohr – zu verlieren. ein für einige Minuten informell geplaudert – bevor zum Gleich wichtig ist die bewusste und realistische Einpla- Thema übergeleitet und die Aufnahme gestartet wurde. In nung von Ressourcen. Wenn beim Budget für das tech- Folge fand ein ca. 50-minütiges Gespräch bzw. Interview nische Equipment/Software und bei den personellen Res- statt, das einerseits durch die vorbereiteten Fragen struk- sourcen zu sehr gespart wird, wird sich das zwangsläufig turiert war und andererseits dem Gesprächsfluss folgte. auf das Ergebnis auswirken. Ein Format, das schlecht Der Rohschnitt des Gesprächs umfasste 42 Minuten und klingt und/oder formal und inhaltlich unausgereift wirkt, wurde Paul Sommersguter für eventuelle Fragen oder wird sich schwer tun, Hörer*innen zu finden und zu hal- Wünsche einige Wochen vor der Veröffentlichung zur Frei- ten. Bei entsprechender Recherche im Internet findet sich gabe vorgelegt. genügend – teils humoriges – Material zu den Gründen für Die fertige Episode wurde mit folgendem Begleittext Podcast-Fails.11 versehen: Ich hoffe, dass dieser Artikel einigen Kolleg*innen Lust darauf gemacht hat, ein Podcast-Projekt zu starten – „Die Österreichische Nationalbibliothek hat im Herbst 2018 ihre und dabei hilft, einige der möglichen Gefahren zu vermei- Crowdsourcing-Initiative namens ‚#ichteilwissen’ mit der ers- den bzw. ein Bewusstsein für die Eigenheiten des Formats ten Kampagne ‚Österreich aus der Luft’ gestartet. Die Initiative verfolgt das Ziel, die interessierte Öffentlichkeit in die Erschlie- zu schaffen. ßung von Bildbeständen einzubinden. In dieser Episode des RLP spricht Martin Forster mit Paul Sommersguter über die Aufga- ben des Projektteams Crowdsourcing, über die Entstehung der 7 Anhang Crowdsourcing-Webplattform an der Österreichischen National- bibliothek und warum Crowdsourcing eine Bereicherung für wissenschaftliche Bibliotheken ist.“10 Beispiele für bibliothekarische Podcasts: RESEARCH LIBRARY PODCAST der Universitätsbibliothek Die Arbeit am Research Library Podcast war definitiv eine Wien: https://www.univie.ac.at/rlp sehr spannende Erfahrung, gerade weil ich generell sehr BÜCHEREICAST der Büchereien Wien: https://buecherei gern mit Audiomaterial arbeite. Die Zusammenarbeit so- en.wien.gv.at/Büchereien-Wien/Veranstaltungen/Bü wohl im Projektteam, wo jede*r die jeweiligen Kompeten- chereicast-unser-Podcast zen zum Erfolg der ganzen Gruppe eingesetzt hat, als auch STIMMEN DER BIBLIOTHEK der Staatsbibliothek zu Ber- die volle Unterstützung durch unseren Projektleiter Mar- lin: https://blog.sbb.berlin/stimmen-der-bibliothek-d tin Gasteiner haben zu einer sehr entspannten Arbeitsat- er-neue-podcast-der-staatsbibliothek mosphäre und einem vollends positiven Projektergebnis Auflistung von Podcasts von Stadtbibliotheken in Deutsch- geführt – wofür ich mich in diesem Rahmen nochmals land: https://bibliotheksportal.de/bibliothekarische- bedanken möchte. Ganz besonders freue ich mich, dass podcasts/ ich weiterhin – neben meiner Tätigkeit an der Österreichi- CYBERPUNK LIBRARIAN: https://podcasts.apple.com/us/ schen Nationalbibliothek – den Research Library Podcast podcast/cyberpunk-librarian/id510825688 der Universitätsbibliothek Wien mitgestalten darf. DEWEY DECIBEL PODCAS by American Libraries Ma- gazine: https://soundcloud.com/dewey-decibel-7034 53552 6 Mögliche Gefahren verhindern THE LIBRARIAN IS IN by the New York Public Libary: https://podcasts.apple.com/us/podcast/the-librarian Abschließend möchte ich in aller Kürze noch einige Ge- -is-in/id1070595177 danken formulieren, die die wichtigsten Punkte für einen THE LIBRARIANS GUIDE TO TEACHING: https://anchor. gelungenen Podcast zusammenfassen – und ein mögli- fm/librariansguidetoteaching ches Scheitern eines solchen Formates verhindern sollen. 10 https://www.univie.ac.at/rlp/2021/01/20/rlp-007-ulg-podcast-01- 11 https://www.weeditpodcasts.com/the-top-10-reasons-why-podca martin-forster-im-gespraech-mit-paul-sommersguter/. sts-fail/.
190 Martin Forster DRUNK LIBARIANS PODCAST: https://drunklibrarianspo dcast.podbean.com/ LIBRARY FIGURES: https://podcasts.apple.com/us/pod cast/library-figures/id1450570057 Literaturverzeichnis Graier, Melanie Christel (2009): Bildung über den Äther. Vom Schul- funk bis zum Podcast. Diplomarbeit, Universität Wien. Kleist, Heinrich von (1805): Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden. Verfügbar unter https://www.projekt- gutenberg.org/kleist/gedanken/Kapitel1.html. Mag. Martin Forster Hauptabteilung Benützung und Information, Informationsservices und Schulungsmanagement Österreichische Nationalbibliothek Josefsplatz 1 A-1015 Wien Österreich martin.forster@onb.ac.at Bibliotheks-und Archivwesen Universitätsbibliothek Wien Universitätsring 1 A-1015 Wien Österreich martin.forster@univie.ac.at
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