Polizei- und Ordnungsrecht Hessen-Rechtsanwalt Amer Issa

 
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Polizei- und Ordnungs-
     recht Hessen

  -Rechtsanwalt Amer Issa-
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           I. Grundlagen
1. Bedeutung

Etwa jede vierte Examensklausur in Hessen hat gefahrenabwehrrechtliche oder polizeirechtli-
che Probleme zum Prüfungsgegenstand. Setzen Sie hier also einen Schwerpunkt Ihrer Vorbe-
reitung, ähnlich wie im Verfassungsrecht.

2. Klausuren im Polizei-und Ordnungsrecht Hessen

Besonders häufig ist im prozessualen Teil der Fallgestaltungen die FFK nach §§ 113 I S. 4
(analog) VwGO im ersten Examen anzutreffen. Dabei werden häufig die einzelnen Standard-
maßnahmen und die Generalklausel abgefragt. Beliebt sind auch die Abgrenzung und Kombi-
nation zum Versammlungsrecht.

3. Anwendungsbereich

Das HSOG gilt für die Tätigkeit der (uniformierten) Polizei (§ 91ff HSOG) sowie für das
Handeln der Gefahrenabwehrbehörden (Ordnungsbehörden nach §§ 85 ff HSOG und Verwal-
tungsbehörden gemäß §§ 82 ff HSOG).

Regelungsinhalte der HSOG:

       Aufgaben der Gefahrenabwehr und Polizeibehörden, § 1 HSOG
       Ermächtigungsgrundlagen für gefahrenabwehrrechtliche und polizeiliche Maßnahmen,
       §§ 11 ff HSOG
       Verantwortlichkeit, §§ 6,7 und 9 HSOG
       Gefahrenabwehrrechtliche und polizeiliche Handlungsgrundsätze( §§ 4, 5 HSOG)
       Vollstreckungsmaßnahmen (§§ 47 ff HSOG)
       Schadensausgleichsansprüche im weiteren Sinne, §§ 64 ff HSOG

4. Abgrenzung präventiv/repressiv

Die Polizei kann präventiv zur Gefahrenabwehr aufgrund von Spezialgesetzen wie dem
VersG oder auch aber dem (subsidiären, vgl. § 3 I 2 HSOG) HSOG handeln. Ein weiterer
Aufgabenbereich der Polizei ist die repressive Tätigkeit zur Strafverfolgung (§ 163 StPO, § 53
OWiG).

Zur Abgrenzung ist auf den Zweck, den die Polizei mit der konkreten Maßnahme verfolgt,
abzustellen. Maßgeblich ist die verobjektivierte Zielrichtung polizeilichen Handelns im Zeit-
punkt des Einschreitens. Bei mehreren, doppelfunktionellen Maßnahmen ist auf den Schwer-
punkt der Tätigkeit abzustellen. Im Zweifel ist von Handeln zur Gefahrenabwehr auszugehen.
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Folgen für den Rechtsweg: Handelt die Polizei zum Zwecke der Gefahrenabwehr, ist gemäß §
40 I 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Wird die Polizei im Rahmen der Strafver-
folgung in Eil- und Notfällen anstelle des eigentlich zuständigen Richters oder im Vorgriff auf
dessen Entscheidung tätig, so ist gemäß § 98 II 2 StPO (nach der Rspr. analoge Anwendung
bei repressiven Maßnahmen, welche keine Beschlagnahme darstellen) der ordentliche
Rechtsweg eröffnet (zB 127 StPO), vgl. auch § 23 EGGVG.

5. Zuständigkeiten (vgl. gesonderte Übersicht)

Grundsätzlich sind in Hessen die (allgemeinen) Verwaltungsbehörden zur Gefahrenabwehr
zuständig. Dies ist § 2 Satz 1 HSOG zu entnehmen. Bemerkt zB der Polizeibeamte P auf ei-
nem Streifengang, dass G eine Gaststätte ohne Erlaubnis betreibt, genügt eine Unterrichtung
der zuständigen Verwaltungsbehörde (Gemeindevorstand gem. § 1 GastVO). Die Landkreise
(Kreisausschüsse) und Gemeinden(Gemeindevorstände) nehmen die verwaltungsbehördlichen
Aufgaben dann als Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr (§ 82 I HSOG). Die Wei-
sungsbefugnisse sind in § 84 HSOG geregelt, welche auch nach Satz 2 im Einzelfall ausgeübt
werden können.

Ordnungs- und Polizeibehörden nehmen die Aufgaben der Gefahrenabwehr gemäß § 2 Satz
1 HSOG nur wahr, wenn ein Einschreiten der Verwaltungsbehörden als nicht oder nicht
rechtzeitig möglich erscheint (VG Frankfurt a M, NVWZ 1990, 190). Entscheidend ist die
Sicht der Ordnungs-und Polizeibehörde, nicht aber die objektive Sachlage. Maßstab ist jedoch
eine verständige Beurteilung der Situation.

Im Verhältnis Ordnungsbehörden zu Polizeibehörden sind die Polizeibehörden dann zustän-
dig, wenn die Ordnungsbehörden nicht mehr erreichbar sind, so in der Regel nach Dienst-
schluss, sonst gilt der Grundsatz der Erstbefassung. Die Behörde welche zuerst tätig geworden
ist, nimmt die von ihr ergriffenen Maßnahmen wahr und führt sie dann fort. Beachten Sie
auch die Möglichkeit der Vollzugshilfe nach den §§ 44 ff HSOG.

Die Ordnungsbehörden sind immer dann exklusiv zuständig, wenn ihnen die Aufgaben be-
sonders zugewiesend sind (§ 1 HSOG-DVO).Ordnungsbehörden sind insbesondere die Regie-
rungspräsidien (Darmstadt, Gießen, Kassel), die Landräte und die Bürgermeister (Oberbür-
germeister), § 85 I HSOG. Polizeibehörden sind gemäß § 91 III Nr. 2 HSOG insbesondere die
Polizeipräsidien und das Landeskriminalamt.

6.Die Öffentliche Sicherheit

Der Begriff der öffentlichen Sicherheit ist bei der Anwendung der Generalklausel des § 11
HSOG und einiger examensrelevanter Spezialgesetze (zB. § 15 I,II VersG, § 3 I HBO) von
Bedeutung. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit wird in drei (sich überschneidende)
Teilschutzgüter unterteilt:
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a)Bestand des Staates und seiner Einrichtungen,

BVerfG NJW 2007, 2167, 2169: Vom Schutzgut der öffentlichen Sicherheit ist die Durchfüh-
rung der von der Bundesregierung einberufenen Konferenz als eine rechtmäßige Veranstal-
tung des Staates erfasst.

Einrichtungen des Staates sind zB: Hochschule, Rundfunkanstalten oder Museen; der große
Zapfenstreich ist ein Beispiel für eine staatliche Veranstaltung.

b) subjektive Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen,

Für den Schutz privater Rechte und Rechtsgüter durch die allgemeinen Ordnungsbehörden
und durch die Polizei ist jedoch die eingeschränkte Zuständigkeit aus § 1 III HSOG zu beach-
ten. Polizei und Ordnungsbehörde kompensieren hier nur die Unmöglichkeit des rechtzeitigen
gerichtlichen- einstweiligen- Rechtsschutzes (vgl. OVG Münster NJW 2006, 1450)
Private Rechte sind subjektive Rechte, die ausschließlich privatrechtlich begründet sind. Da-
bei handelt es sich im Wesentlichen um privatrechtliche Ansprüche. Von den privatrechtli-
chen Rechten sind diejenigen Individualrechtsgüter abzugrenzen, die nicht rein privatrechtli-
cher Natur sind, sondern auch durch öffentliches Recht- außerhalb der Grundrechte- das heißt
Strafgesetze, Ordnungswidrigkeitentatbestände, verwaltungsrechtliche Spezialgesetze be-
gründet bzw. geschützt sind. Voraussetzung ist dabei, dass an ihrem Schutz ein öffentliches
Interesse besteht bzw. ein gewissen Maß an sozialem Bezug des gefährdeten Rechtsguts ge-
geben ist.

c) die gesamte Rechtsordnung

Unter der gesamten Rechtsordnung werden Rechtsnormen jeder Art erfasst- vom Grundgesetz
bis zu Rechtsverordnungen und Satzungen. Im Hinblick auf die Privatrechtsordnung ist die
Einschränkung des § 1 III HSOG zu beachten.

7. Die Öffentliche Ordnung
BVerfG NVwZ 2004, 90,91: Unter öffentlicher Ordnung wird die Gesamtheit aller ungeschrie-
benen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wert-
gehalt des Grundgesetz zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerläss-
liche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines Gebie-
tes angesehen wird.

Sog. „Zwergenweitwürfe“ und Laserspiele in einem Laserdrom können im Hinblick auf die
öffentliche Ordnung verboten werden. BVerwG NVwZ 2002, 599: Laserspiele in einem „La-
serdrom“, bei denen Menschen zum Objekt simulierter Tötungshandlungen werden, wider-
sprechen grundgesetzlichen Wertungen und können nach § 11 HSOG untersagt werden, Die
maßgeblichen Wertungen sind die Menschenwürde (Art 1 I GG), das Recht auf Leben und
körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 II 1 GG) und das staatliche Gewaltmonopol (Art. 20 GG).
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Mit dem Menschenbild des Grundgesetzes, insbesondere mit der in Art 1 I GG normierten
Unantastbarkeit der Würde des Menschen, ist es unvereinbar, die simulierte Tötung von Men-
schen zum Gegenstand und Ziel eines Unterhaltungsspiels zu machen.

Diese Lösung ist auch europarechtlich unbedenklich. Die Beschränkung der Dienstleistungs-
freiheit erweist sich als durch Art 62 i.V.m. Art. 52 AEUV gerechtfertigt (EuGH DVBl 2004,
1476)

8. Die Gefahr
Eine Gefahr ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die bei ungehindertem Geschehensablauf
mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit zu einem nicht nur völlig belanglo-
sen Schaden (Abgrenzung zur bloßen Belästigung; Kriterien sind Intensität der Beeinträchti-
gung, sowie die allgemeine Üblichkeit des Risikos, vgl. OVG Münster NJW 2006, 1450,
1451) an einem Schutzgut der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung führen.

Kriterien für die Konkretisierung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit:
-Sicherheit des der Prognose zugrunde liegenden Erfahrungsschatzes
-zeitliche Nähe des möglichen Schadens
-Größe des Schadens
-Wertigkeit des zu schützenden Rechtsguts
-Wertigkeit des Rechtsguts, in das eingegriffen würde, um das andere Rechtsgut zu schützen

Beispiel: Ist das Schutzgut besonders bedeutsam und der möglicherweise eintretende Schaden
sehr groß (Bombenanschlag), so sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts geringe-
re Anforderungen zu stellen als bei geringerer Wertigkeit des Rechtsguts und kleinem Scha-
den. Bei besonders großen und schweren Schäden genügt schon die entfernte Möglichkeit ih-
res Eintritts.

Hinreichende Wahrscheinlichkeit verlangt also einerseits nicht die Gewissheit des Scha-
denseintritts. Andererseits genügt die bloße Möglichkeit nicht für die Annahme einer Gefahr.
Die Einschreitensschwelle liegt umso niedriger, je größer die Wahrscheinlichkeit der befürch-
teten Rechtsgutbedrohung und je höher die Bedeutung der bedrohten Rechtsgüter ist. Geboten
ist dabei eine ex-ante Betrachtung.

9. Einzelne Gefahrenbegriffe
Spricht das Gesetz in einer Ermächtigungsgrundlage von einer Gefahr, ist hiermit regelmäßig
die konkrete Gefahr gemeint (siehe Legaldefinition in § 11 HSOG). Für eine konkrete Ge-
fahr (bei § 11 HSOG) bedarf es des Nachweises der Gefahrenlage im Einzelsachverhalt.
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Abzugrenzen ist die konkrete Gefahr von der abstrakten Gefahr, welche eine Mehrzahl
gleichartiger, gedachter und konkret gefährlicher Sachverhalte darstellt, bei welchen mit hin-
reichender Wahrscheinlichkeit mit einem Schaden für ein Schutzgut zu rechnen ist. Ihr ist mit
abstrakt-generellen Mitteln, also mit dem Erlass von Gefahrenabwehrverordnungen, §§ 71 ff
HSOG, zu begegnen.

Denkbar sind auch Anscheinsgefahr(=kein pflichtwidriger Irrtum, d.h. nicht vorwerfbar,
Maßstab ist die Einschätzung ex ante aus Sicht eines fähigen, besonnen und sachkundigen
Amtswalters, Behandlung wie wirklich bestehende Gefahr!) und Putativgefahr (= vorwerfba-
rer Irrtum, Maßnahme rechtswidrig!), bei der der Handelnde von einer Gefahr ausgeht, die ob-
jektiv nicht vorliegt.

Der sog. Gefahrenverdacht ist eine Gefahr geringeren Wahrscheinlichkeitsgrades. Er recht-
fertigt nur sog. Gefahrenforschungseingriffe, d.h. Maßnahmen, die ergriffen werden, um den
Verdacht aufzuklären. Der Gefahrenverdacht bezeichnet also eine Schwierigkeit der Sachver-
haltsaufklärung.
Nach h.M, darf dem Verdachtsstörer nicht aufgegeben werden, die Gefahr zu erforschen, da
die Behörde von sich aus und auf ihre Kosten den Sachverhalt ermitteln muss, § 24 VwVfG.
Der Adressat der Maßnahme hat lediglich eine Duldungspflicht für Gefahrforschungseingriffe
(Beachten Sie aber § 9 II BBodSchG als Ausnahme. Hier darf dem Adressaten die Erfor-
schung des Sachverhalts auferlegt werden).

10. Die Pflichtigkeit
Die Eigenschaft Verantwortlicher zu sein, ist verschuldensunabhängig und setzt weder Ge-
schäfts- noch Deliktsfähigkeit voraus. Zu unterscheiden sind der Verhaltensstörer (§ 6
HSOG), der Zustandsstörer (§ 7 HSOG) und der Nichtstörer (§9 HSOG).
a) Verhaltensstörer nach § 6 HSOG
Die Verhaltenshaftung trifft denjenigen, welcher die Gefahr selbst unmittelbar verursacht hat.
Verhaltensstörer ist, wer durch sein hinzukommendes Verhalten die entscheidende Grenze
überschreitet und so die Gefahr unmittelbar begründet, so zB der Mieter eines Parkplatzes, der
mit seinem KFZ den widerrechtlich auf dem Platz Parkenden blockiert (vgl OVG Saarlouis
NJW 1994, 878).

Nach der im Polizeirecht ganz herrschenden Theorie von der unmittelbaren Verursachung
ist ein Verhalten somit dann ursächlich, wenn es selbst unmittelbar die konkrete Gefahr setzt
und damit die Gefahrengrenze überschreitet, entscheidend ist, wer „das letzte Glied in der
Kette darstellt“. Beruht die Gefahr auf kumulativen Verhaltensweisen, deren eine kausal
durch die andere ausgelöst wurde, so ist also grundsätzlich nur das spätere ausgelöste Verhal-
ten für die Verhaltenshaftung relevant.
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Beachten Sie aber auch, dass nicht notwendiger Weise derjenige zwingend heranzuziehen ist,
der zeitlich die letzte Bedingung gesetzt hat. Auch ein in einem früheren Stadium Beteiligter
kommt als Verantwortlicher in Betracht, wenn er durch sein Verhalten die Grenze zur konkre-
ten Gefahr überschritten hat (vgl. OVG Münster NWVBl 2001, 320).
Eine Durchbrechung der Theorie von der unmittelbaren Verursachung stellt die Figur des
Zweckveranlassers dar. Es handelt sich um eine Sachlage, bei der das Handeln des als
Zweckveranlasser zu bezeichnenden Hintermanns zwar nicht die polizeiliche Gefahren-
schwelle überschreitet aber mit der durch den Verursacher (Störer) unmittelbar herbeigeführ-
ten Gefahr eine natürlich Einheit bildet, die die Einbeziehung des Hintermanns in die Polizei-
pflichtigkeit rechtfertigt.

Beispiel: Händigt ein Lebensmittelhändler seinem Lieferanten Schlüssel zur Warenlieferungs-
schleuse seines Betriebs aus und kommt es entgegen einer Auflage der den Betrieb erfassen-
den Baugenehmigung zu nächtlichen Warenanlieferungen, kann der belieferte Händler als
Zweckveranlasser herangezogen werden (vgl. OVG Münster JA 2008, 238).

Streitig ist dabei ob,
der Zweckveranlasser die Herbeiführung der Gefahr durch andere zumindest billigend in Kauf
genommen haben muss (subjektive Theorie)
oder
ob aus Sicht eines unbeteiligten Dritten die eingetretene Folge typischerweise durch die Ver-
anlassung herbeigeführt worden sein muss (objektive Theorie).

Die objektive Theorie ist vorzuziehen, da das Abstellen auf subjektive innere Einstellungen
dem Störerbegriff fremd ist

VG Schleswig, NVwZ 2000, 464: Das bloße Erscheinen auf einem Volksfest in für Rechtsra-
dikale szenetypische Kleidung begründet noch nicht die Eigenschaft als Zweckveranlasser,
wenn Dritte sich dadurch provoziert fühlen.

Eine Haftung für Dritte ist nur in Ausnahmefällen vorgesehen (für Minderjährige nach § 6 II
HSOG, für den Verrichtungsgehilfen nach § 6 III HSOG). Zu beachten ist auch das Heranzie-
hen des Betreuers nach § 6 II 2 HSOG.

Für ein Unterlassen haftet man nur soweit eine Rechtspflicht zum gefahrenabwehrrechtlichen
Handeln besteht. Diese muss sich also aus öffentlich-rechtlichen Pflichten ergeben, kann sich
also nicht aus privatrechtlichen Verträgen ergeben. Beispiel: Kommt es zu einer Gefahr, weil
der Gebäudeeigentümer § 15 HBO missachtet hat, so handelt es sich um einen Verhaltensstö-
rer, obwohl eine Handlung des Störers gar nicht vorgelegen hat.

b) Der Zustandstörer nach § 7 HSOG

Beim Zustandsstörer sind Maßnahmen gegen diejenige Person zu richten, die Inhaber der
tatsächlichen Gewalt (insbesondere § 854 BGB) über die gefahrenverursachende Sache (bzw.
das Tier) ist (vgl. § 7 I HSOG).Die Maßnahmen können auch gegen den Eigentümer oder eine
andere berechtigte Person gerichtet werden (vgl. § 7 II HSOG). Bei herrenlosen Sachen kön-
nen Maßnahmen gegen die derelinquierende Person gerichtet werden (vgl. § 7 III HSOG).
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Bei der Zustandshaftung ist allein entscheidend, dass durch den Zustand der Sache (deren Be-
schaffenheit, Lage im Raum, Verhalten des Tieres) objektiv eine Gefahr entsteht. Anknüp-
fungspunkt für die Störereigenschaft ist allein der Einfluss des Zustandsstörers auf den Gefah-
rendherd; auf ein Verschulden oder die Verursachung kommt es folglich nicht an (OVG
Münster NJW 2000, 2124, 2126).

VG München NVwZ-RR 2002, 166: Das öffentliche Ordnungsrecht kann nicht zulassen, dass
eine durch natürlich, also nicht durch Menschen beeinflusste Einwirkungen entstandene Ge-
fahr unbehoben bleibt, sondern muss im öffentlichen Interesse für deren Abwehr sorgen. So-
weit sich aus der weit gefassten Definition der Zustandsverantwortlichkeit Unbilligkeiten er-
geben, lassen diese sich befriedigend auf der Rechtsfolgenseite bewältigen. Würde die Ver-
antwortlichkeit des Grundstückseigentümers als Zustandsverantwortlicher bei Gefahren, die
ausschließlich auf Naturereignissen beruhen, ausgeschlossen, so würde die Zustandsverant-
wortlichkeit insgesamt weitgehend gegenstandslos werden.

OVG Rheinland-Pfalz NJW 1998, 625: Das Verhältnis des Grundstückswerts zur Höhe des
Aufwands für die Gefahrenbeseitigung ist für die Frage, ob der Zustandsstörer überhaupt in
Anspruch genommen wird, ohne Bedeutung.

Fraglich ist allerdings wie in Fällen der atypischen Risiken, also Fällen in denen die Gefahr
nicht der Risikosphäre des Eigentümers zugerechnet werden kann, vorzugehen ist.
Beispiele: Tankwagenunfall, Hochwasseranschwemmungsfall, die Kampfmittelräumung oder
der Felssturzfall.

Die ganz h.M bejaht auch in diesen Fällen die Verantwortlichkeit des Eigentümers. Insbeson-
dere das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht haben sich für eine In-
anspruchnahme uneingeschränkter (also nicht bloß über § 9 HSOG) Art des Eigentümers
ausgesprochen.

BVerfG NJW 2000, 2573: Die Zustandsverantwortlichkeit findet in der rechtlichen und tat-
sächlichen Einwirkungsmöglichkeit auf die gefahrenverursachende Sache ihren legitimieren-
den Grund. Der Eigentümer kann überdies aus der Sache Nutzen ziehen. Daher begegnet es
keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, die Vorschriften über die Zustandsverantwortlich-
keit dahingehend auszulegen, dass der Eigentümer eines Grundstücks allein wegen dieser
Rechtsstellung verpflichtet werden kann, von dem Grundstück ausgehende Gefahren für die
Gesundheit von Menschen oder für das Grundwasser zu beseitigen, auch wenn er die Gefah-
renlage weder verursacht noch verschuldet hat.

BVerwG NJW 1999,231: Die ordnungsrechtlichen Vorschriften über die Zustandsverantwort-
lichkeit knüpfen an die aus der tatsächlichen und rechtlichen Sachherrschaft des Grundstücks-
eigentümers hergeleiteten Rechtspflicht an, dafür zu sorgen, dass von seinem Grundstück kei-
ne Störungen oder Gefahren ausgehen. Sie stellen Inhalts-und Schrankenbestimmungen im
Sinne des Art 14 I 2 GG dar, die verfassungsrechtlich schon deshalb unbedenklich sind, weil
sie Ausdruck der dem Sacheigentum nach Art 14 II GG immanenten Sozialbindung sind. We-
der die Eigentumsgarantie des Art. 14 I 1 GG noch der mit Verfassungsrang ausgestattete
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stehen einer Inanspruchnahme des Grundeigentümers entge-
gen. Es kommt allein auf die tatsächlich und rechtliche Sachherrschaft des Grundeigentümers
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an und die sich darauf ergebende Pflicht, für die Störungsfreiheit zu sorgen. Der Eigentümer
hat die lagebedingten Nachteile seines Grundstücks so zu tragen, wie sich aufgrund der jewei-
ligen Gegebenheiten tatsächlich darstellen. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Ei-
gentums setzt voraus, dass das Eigentum an einer Sache mit Risiken behaftet sein kann, die
sich aus der Sachqualität oder Sachherrschaft als solcher ergeben.

ACHTUNG: Differenzierend wird aber die Frage beantwortet, ob der Eigentümer auch die
Kosten der Maßnahme zu tragen hat:

BVerfG NJW 2000, 2573: Die Belastung des Eigentümers mit den gesamten Kosten der Sanie-
rungsmaßnahme ist allerdings nicht gerechtfertigt, soweit sie dem Eigentümer nicht zumutbar
ist. Indiz für die Zumutbarkeit ist der Verkehrswert des Grundstücks nach Durchführung der
Sanierung. Wird dieser Wert von den Kosten überschritten entfällt in der Regel das Interesse
des Eigentümers an einem künftigen privatnützigen Gebrauch des Grundstücks.
Auch kann die Belastung dann unzumutbar sein, wenn die Gefahr, die von dem Grundstück
ausgeht, aus Naturereignissen, aus der Allgemeinheit zurechenbarer Ursachen oder von nicht
nutzungsberechtigten Dritten herrührt.
Die Kostenbelastung ist zumutbar, wenn der Eigentümer das Risiko der entstandenen Gefahr
bewusst in Kauf genommen hat. Das freiwillig übernommene Risiko mindert seine Schutz-
würdigkeit.
Unzumutbar ist es, unbegrenzt für die Sanierung einstehen zu müssen, auch mit Vermögen,
welches keinen rechtlichen oder wirtschaftlichen Bezug zum sanierungsbedürftigen Grund-
stück hat. Unzumutbarkeit kann auch dann vorliegen, wenn das zu sanierende Grundstück den
wesentlichen Teil des Vermögens des Pflichtigen bildet und die Grundlage seiner privaten
Lebensführung darstellt.

Nach der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts muss in der Anordnung der Sanierungsmaß-
nahme zugleich über die gegebenenfalls erforderliche Begrenzung der Kostenbelastung des
Zustandsstörers entschieden werden. Kann dies noch nicht abschließend geschehen, ist die
Sanierungsverfügung mit dem Vorbehalt einer gesonderten Kostenentscheidung zu verbinden.

Welche Folgen es hat, wenn die Behörde die Haftungsbegrenzung nicht ausspricht oder einen
zu hohen Betrag angibt ist umstritten:

Nach einer Ansicht ist Verfügung in vollem Umfang aufzuheben (VG Koblenz, Urt. V.
05.12.2002- 2 K 2328/01 KO)

Die Gegenauffassung spricht sich dafür aus, die Aufhebung auf den Teil zu beschränken, der
die Kostentragung regelt und der die Rechtsverletzung des Zustandsverantwortlichen darstellt.

Der ersten Ansicht ist aus klausurtaktischen Gründen (=insgesamt rechtswidrig) und Gründen
der Rechtssicherheit zu folgen.
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Beachten Sie auch die Fälle des § 7 II 2 HSOG im Hinblick auf einen möglichen Diebstahl
(Vorsicht: Gibt der Dieb die Sachherrschaft an der gestohlenen Sache wieder auf, entsteht er-
neut die Verantwortlichkeit des Eigentümers, vgl. VGH Kassel NJW 1999, 3793, 3794).

In Fällen der Dereliktion (Eigentumsaufgabe) ist an die andauernde Zustandshaftung aus § 7
III zu denken.

c) Der Nichtstörer nach § 9 HSOG

Die Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen regelt § 9 HSOG. Es müssen kumula-
tiv alle Voraussetzungen des § 9 I Nr. 1-4 HSOG erfüllt sein.

aa) § 9 I Nr. 1 HSOG

Es muss eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren sein. Gegenwärtig bedeutet, dass
das schädigende Ereignis bereits begonnen hat oder mit an Sicherheit grenzender Wahrschein-
lichkeit unmittelbar bevorsteht (in allernächster Zeit eintreten wird, vgl. OLG Frankfurt a.M.
NVwZ 2002 626,627). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere
Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der eintretende Schaden ist. Drohen
Leben-und schwerwiegende Gesundheitsschäden, genügt sogar die entfernte Wahrscheinlich-
keit des Schadenseintritts (BVerwGE 47,40, Kay NVwZ 2003, 521, 522).
Erheblichkeit liegt vor, wenn ein bedeutsames Rechtsgut gefährdet ist.

bb) § 9 I Nr. 2 HSOG

Nr. 2 enthält eine Subsidiaritätsregel. Hier ist zu beachten, dass ausnahmsweise die Inan-
spruchnahme des Nichtstörers auch dann in Betracht kommt, wenn ein Vorgehen gegen den
Verantwortlichen zwar tatsächlich möglich und Erfolg versprechend, aber unverhältnismäßig
wäre.

cc) § 9 I Nr. 3 HSOG

Nur wenn auch bei Hinzuziehung aller personellen, sachlichen und finanziellen Kräfte die Ge-
fahrenabwehr als nicht möglich oder unzureichend erscheint, ist die Voraussetzung der Nr. 3
gegeben.

dd) § 9 I Nr. 4 HSOG

Schließlich ist zu prüfen, ob nicht im Einzelfall die Opfergrenze des Nr. 4 überschritten wird.

d) Der Anscheinsstörer

Fraglich ist, ob die allgemeinen Störerregeln der §§ 6,7 HSOG auch in den Fällen der An-
scheinsgefahr gelten. Dies ist streitig.
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Nach einer Ansicht ist nur derjenige Störer, welcher zurechenbar den Anschein der Gefahr ge-
setzt hat. Alle übrigen Betroffenen werden als Nichtstörer nach § 9 HSOG in Anspruch ge-
nommen. Konsequenz: Es besteht für den letzteren Personenkreis ein unmittelbarer Entschä-
digungsanspruch aus § 64 I 1 HSOG.

Die Gegenauffassung wendet in den Fällen der Anscheinsgefahr die allgemeinen Störerregeln
unabhängig davon ab, ob der Adressat den Anschein in zumutbarer Weise gesetzt hat oder
nicht. Dieses Verständnis des Störerbegriffs entspricht der Auslegung des Gefahrenbegriffs
und ist daher vorzuziehen. Wenn man für die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme die Fälle der
Anscheinsgefahr ausreichen lässt, ist es nur konsequent, den in diesen Fällen in Anspruch Ge-
nommenen als Störer anzusehen(siehe bereits oben).

Konsequenz: Jeder Anscheinsstörer ist Störer. § 64 I 1 HSOG kommt unmittelbar nicht zur
Anwendung. Dies erscheint jedoch dann als unbillig, wenn der Anscheinsstörer den Anschein
nicht vorwerfbar verursacht hat, Deshalb wird in diesen Fällen eine analoge Anwendung des
§ 64 I 1 HSOG bejaht (siehe unten unter VII).

d) Störerauswahl

Entscheidend sind bei der Störerauswahl die Kriterien der Effektivität der Gefahrenab-
wehr und der Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme.

Aus der Gesetzesreihenfolge lässt sich kein Rangverhältnis ableiten, aus dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit kann sich jedoch ein Vorrang der Inanspruchnahme des Handlungsstö-
rers ergeben. Auf die zivilrechtliche Verantwortlichkeit bei der ausgleichspflicht der Störer
untereinander kommt es nicht an.
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II. Die wichtigsten Klagearten
   1. Die Anfechtungsklage, § 42 I Alt. 1 VwGO

A. Zulässigkeit
1)Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 I S. 1 VwGO
a) Öffentlich-rechtliche Streitigkeit
   Sonst üblicher Aufbau (insb. Normen aus HSOG oder sonst. spezialgesetzlichen Gefahren-
abwehrvorschriften)

b) Nichtverfassungsrechtlicher Art
  Fehlen der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit

c) (Keine )Abdrängende Sonderzuweisung
    zB § 23 I EGGVG, § 98 II S. 2)StPO (analog ), § 33 II S.1, 39 I S.2, 36 V HSOG

  Abgrenzung bei Polizeibehörden:
-Gefahrenabwehr (präventiv, dann 40 I S 1. VwGO) von Strafverfolgung (repressiv ,§ 163
StPO, § 53 OwiG, dann ordentlicher Rechtsweg)!
-Abzustellen ist auf den Zweck, den die Polizei mit der konkreten Maßnahme verfolgt. Maß-
geblich: Verobjektivierte Zielrichtung zZ des Einschreitens

2. Statthaftigkeit
   Feststellung des Klagebegehrens, §§ 88, 86 III VwGO
die Anfechtungsklage gem. § 42 I 1. Alt. VwGO kommt in Betracht, wenn die Aufhebung ei-
nes belastenden VA begehrt wird.
a)VA i.S.d. § 35 VwVfG (Problem meistens: Regelung oder Realakt?)
-Sicherstellung und Verwahrung als Dauer-VA, §§ 40, 41 HSOG
- Halten gefährlicher Tiere, § 43 a HSOG
-Kostenbescheide (vgl. § 1 I Nr. 2 HVwKostG)
- Androhung von Zwangsmitteln ( vgl. z.B. 47 I, 53 HSOG, Arg: Festlegung bestimmter
Zwangsmittel, Rückschluss aus § 16 HAGVwGO)
-Festsetzung eines Zwangsgeldes (Arg: Verbindlichkeit, Umkehrschluss aus § 16
HAGVwGO)
b) noch keine Erledigung (siehe auch FFK)
  Hauptbeispiel für Erledigung ist der Vollzug der Maßnahme, vgl. auch § 43 HVwVfG

3. Klagebefugnis, § 42 II VwGO
Möglichkeit einer Verletzung von Rechten des Klägers; der Adressat eines belastenden VA ist
immer möglicherweise zumindest in seinen Rechten aus Art. 2 I GG verletzt (Achtung: Spezi-
ellere GR nennen!)
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4. Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO
-Beachte: § 16 a HAGVwGO !

5. Klagefrist, § 74 I VwGO, § 58 VwGO

6. Klagegegner, § 78 VwGO
    Rechtsträgerprinzip
•   allgemeine Verwaltungsbehörde : Gemeindevorstand , Magistrat , Kreisausschuss ⇒ Klagegeg-
    ner (§ 78 VwGO) : Gemeinde , Stadt, Landkreis
•   allgemeine Ordnungsbehörde : Bürgermeister / Oberbürgermeister , Landrat ⇒ Klagegegner (§
    78 VwGO) : a) Bürgermeister / Oberbürgermeister ⇒ Gemeinde/ Stadt b) Landrat ⇒
    Landkreis
•   Polizeibehörde: Polizeipräsidium / LKA ... ⇒ Klagegegner (§ 78 VwGO) : Land Hessen ver-
    treten durch das jew. Polizeipräsidium

7. Sonstige Sachurteilsvoraussetzungen
    Keine Besonderheiten im Polizei- und OrdnungsR

Also insbesondere:
a) Zuständigkeit des Gerichts
aa) sachlich, §§ 45 ff. VwGO
bb) örtlich, § 52 VwGO
b) Partei- oder Beteiligtenfähigkeit, § 61 VwGO
c) Prozessfähigkeit, § 62 VwGO
d) Ordnungsgemäße Vertretung, § 62 III VwGO
e) Ordnungsgemäße Klageerhebung, §§ 81 f. VwGO
f) Keine entgegenstehende Rechtskraft, §§ 121, 173 VwGO i.V.m. 705 ZPO
g) Keine anderweitige Rechtshängigkeit, §§ 90, 173 VwGO i.V.m. 17 I S. 2 GVG
e) Allgemeines Rechtschutzbedürfnis

B. Begründetheit
Die Klage ist begründet, soweit der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der
Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird (vgl. § 113 I Satz 1 VwGO).
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1. Ermächtigungs- bzw. Rechtsgrundlage des VA
Der VA ist rechtmäßig, wenn er auf einer gültigen Rechtsgrundlage beruht und deren formelle
und materielle Voraussetzungen erfüllt sind.

Bei Eindeutigkeit die in Betracht kommende Rechtsgrundlage nennen. Falls einschlägige
Rechtsgrundlage fraglich, verschiedene Möglichkeiten bzw. mindestens einschlägiges
Rechtsgebiet/Gesetz nennen, denn dies kann bereits für die formellen RM-Voraussetzungen
maßgebend sein.

    Hier uU Überprüfung von Verletzung höherrangigen Recht (insbes. Grundrech-
te/Europarecht)
  Prüfen ob Spezialgesetz einschlägig, z.B.:§§ 17, 24,25 BImSchG, §§ 13, 15 VersG, § 5
GastG, § 4 HGastG
   Dann: Standardmaßnahmen der §§ 12- 43 HSOG
  Zuletzt: Generalklausel, § 11 HSOG

2. Formelle Rechtmäßigkeit des VA
a) Zuständigkeit der handelnden Behörde?
(Vgl. Übersicht zur Zuständigkeit!!!)
aa)sachliche Zuständigkeit ergibt sich i.d.R. aus
-spezialgesetzlichen Regelungen
-der Durchführungsverordnung (DVO)
-§§ 1, 2 HSOG
bb) Instanzielle Zuständigkeit
zB 85,89 HSOG iVm DVO
cc)Örtliche Zuständigkeit
§§ 100 ff HSOG

b) Verfahren
-Insbesondere Anhörung nach § 28 I HVwVfG, beachte II; Nachholung noch möglich, § 45
Abs. 1 HVwVfg
- Bei mündlichen VA´s keine Begründung erforderlich nach § 39 HVwVfG, da dieser nur
schriftliche VA´s betrifft.

3. Materielle Rechtmäßigkeit des VA (Schwerpunkt in der Klausur!)
a) Tatbestandliche Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
14

aa)Spezialgesetz außerhalb des HSOG (selten)
bb) Spezielle Normen aus dem HSOG, z.B. § 43 a HSOG
cc) § 11 HSOG

  Öffentliche Sicherheit oder Öffentliche Ordnung
  Gefahr (beachte auch Anscheins-und Putativgefahr)
b) Richtiger Adressat der Verfügung
-aus dem Spezialgesetz
-sonst aus §§ 6,7, 9 HSOG
c) Bestimmtheit der Verfügung, § 37 HVwVfG

d)Verhältnismäßigkeit, § 4 HSOG
-insbesondere Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit
e) Ermessen, § 5 HSOG
-Entschließungsermessen („ob“)
-Gestaltungsermessen(„wie“)
-Auswahlermessen („wer“)

Wenn VA sich als rechtmäßig erwiesen hat, ist der Kläger durch ihn nicht in seinen Rechten
verletzt (GR-Eingriff gerechtfertigt); falls VA rechtswidrig ist, ist hier noch einmal konkret zu
erwähnen, welche Rechte des Klägers verletzt sind (siehe Klagebefugnis!)

2.Fortsetzungsfeststellungsklage, § 113 I S. 4 VwGO analog/direkt

A. Zulässigkeit
1)Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 I S. 1 VwGO
a) Öffentlich-rechtliche Streitigkeit
   Sonst üblicher Aufbau (insb. Normen aus HSOG oder sonst. spezialgesetzlichen Gefahren-
abwehrvorschriften, s.o.)

b) Nichtverfassungsrechtlicher Art
  Fehlen der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit

c)Abdrängende Sonderzuweisung
   zB § 23 I EGGVG, § 98 II S. 2)StPO (analog ), § 33 II S.1, 39 I S.2, 36 V HSOG
15

  Abgrenzung bei Polizeibehörden:
-Gefahrenabwehr (präventiv, dann 40 I S 1. VwGO) von Strafverfolgung (repressiv ,§ 163
StPO, § 53 OwiG, dann ordentlicher Rechtsweg)!
-Abzustellen ist auf den Zweck, den die Polizei mit der konkreten Maßnahme verfolgt. Maß-
geblich: Verobjektivierte Zielrichtung zZ des Einschreitens (Schwerpunkt!)

2. Statthaftigkeit
   Feststellung des Klagebegehrens, §§ 88, 86 III VwGO
    FFK (+), wenn sich Klagebegehren auf die Feststellung des Rechtswidrigkeit von Gefah-
renabwehr- oder Polizeimaßnahmen mit VA-Qualität richtet, die sich bereits erledigt haben
-a) VA- Qualität der Maßnahme bei Anfechtungsklage bzw. Verpflichtungsklage (analog),
siehe oben zu den Problemen der Regelungswirkung
-b)Erledigung des VA
=Nachträglicher Wegfall der tatsächlichen oder rechtlichen Beschwer, Aufhebung des VA
muss als sinnlos erscheinen
c) nach Klageerhebung bzw. vor Klageerhebung (analog)
d) Fälle: Regelmäßig Maßnahmen aufgrund der Eingriffsbefugnisse §§ 11 Hs 2, 12- 43 a
HSOG (Standardmaßnahmen), weil diese sich regelmäßig sofort erledigt haben

3. Klagebefugnis, § 42 II VwGO analog
   Klagebefugnis für jew. Klageart

4. Widerspruchsverfahren, § 68 ff VwGO
HIER unterscheiden, ob sich VA vor oder nach Ablauf der Widerspruchsfrist erledigt
hat.
a)Erledigung nach Ablauf der Widerspruchsfrist
Vorverfahren muss ordnungsgemäß durchgeführt worden sein: Eine unzulässige Anfechtungs-
oder Verpflichtungsklage, kann nicht im Gewand der FFK zulässig werden!
b)Erledigung vor Ablauf der Widerspruchsfrist
1.Mm: Vorverfahren durchführen
2. Mm: Vorverfahren nicht zwingend erforderlich, aber statthaft
hM: Kein Vorverfahren bzw. formlose Einstellung, Funktion des Vorverfahrens (Selbstkon-
trolle der Verwaltung, Rechtsschutz des Bürgers, Entlastung der Gerichte) aufgehoben.

5. Klagefrist, § 74 I VwGO
Umstritten: Jahresfrist oder keine Frist (nur prozessuale Verwirkung)

6. Berechtigtes Feststellungsinteresse
a) Wiederholungsgefahr
b) Rehabilitationsinteresse
c) Präjudizielle Wirkung
d) Tief greifende Grundrechtseingriffe

B: Begründetheit
OS: Die FFK gemäß § 113 I S. 4 VwGO ( analog) ist begründet, soweit der VA bzw. die Ab-
lehnung des VA vor seiner Erledigung rechtswidrig war und der Kläger dadurch tatsächlich
in seinen Rechten verletzt wurde.
16

Zuständigkeiten nach dem HSOG
                                                  §§ 1 Abs. 1, 2 S. 1 HSOG

                  Gefahrenabwehrbehörden                  Polizeibehörden, §§ 91 ff.
                                                                 ⇒ Eilzuständigkeit, § 2 S. 1
                                                                 ⇒   Hilfeleistung, § 1 I 2
                                                         ⇒   Vollzugshilfe, §§ 44 ff.

Verwaltungsbehörden, §§ 82 ff.                                  ⇒ Zwangsanwendung,§§ 52,54 ff.
⇒ grundsätzlich zuständig zur Gefahrenabwehr,
§ 2 S. 1 HSOG!
(Landkreis, Kreisausschuss, § 41 HKO; Gemeinde,
Gemeindevorstand, § 66 HGO)

                                                   Ordnungsbehörden, § 85 ff

         allgemeine Ordnungsbehörden, § 85                       Sonderordnungsbehörden, § 90
         ⇒ Eilzuständigkeit, § 2 S. 1
         ⇒   Hilfeleistung, § 1 I 2
         ⇒ Zuständigkeit    kraft besonderer Zuwei-
             sung, § 89 I i.V.m. DVO
           z.B.:
          • Versammlungswesen (VersG)
          • Waffenwesen (WaffG)
          • Straßenverkehr (StVO, FeV)
        ⇒ Aufgabenabgrenzung zu Polizeibeh.:
             •   entweder exklusive Zuweisung (z.B. DVO)
             •   ansonsten Grundsatz der Erstbefassung
17

          III.„Klausurklassiker“ im POR

1.Anfechtungsklage, §42 I, Alt. 1 VwGO:
-Sicherstellung und Verwahrung als Dauer-VA, §§ 40, 41 HSOG
- Halten gefährlicher Tiere, § 43 a HSOG
-Kostenbescheide (vgl. § 1 I Nr. 2 HVwKostG)
- Androhung von Zwangsmitteln ( vgl. z.B. 47 I, 53 HSOG, Arg: Festlegung bestimmter
Zwangsmittel und Umkehrschluss aus § 16 HAGVwGO)
-Festsetzung eines Zwangsgeldes (Arg: Verbindlichkeit und Umkehrschluss aus § 16
HAGVwGO)

2. FFK, §§ 113 I S. 4 (analog) VwGO
- Regelmäßig Maßnahmen aufgrund der Eingriffsbefugnisse §§ 11 HS 2, 12- 43 a HSOG
(Standardmaßnahmen), weil diese sich regelmäßig sofort durch Vollzug erledigt haben

3. Allgemeine Feststellungsklage, § 43 VwGO
- Gefährderanschreiben /-ansprache (RGL: § 11 HSOG)

4. Verpflichtungsklage, § 42 I Alt. 2 VwGO
-Anspruch auf Einschreiten ( Ermessensreduktion auf null!!!)
- Auskünfte und Aktenauskünfte bzw. Vernichtung von Akten/Unterlagen (     Regelung hier
in der Entscheidung über den Anspruch, umstr.)

5. Allgemeine Leistungsklage /Unterlassungsklage
- behördliche Warnungen vor Sekten, Lebensmitteln etc. (Unterlassung)
- § 14, 14 a HSOG (Unterlassung)
-Herausgabe von sichergestellten Sachen nach § 43 I S. 1 HSOG (Leistung)

6. Normenkontrolle, 47 VwGO
Überprüfung von Gefahrenabwehrverordnungen, §§ 71 ff HSOG,vgl. § 47 I Nr. 2 VwGO iVm
§ 15 HAGVwGO
In Hessen Gefahrenabwehrverordnungen regelmäßig bei: Hundehaltung, Taubenfütterungs-
verbote, Sperrbezirksregelung, Skateboard fahren, Bettelverbote
18

IV. Verwaltungszwang im POR

 Sofortvollzug                                     Unmittelbare
 § 47 II HSOG                                      Ausführung,
                                                   § 8 HSOG

Literatur: Sofortvollzug als Maßnahme des Zwangs
setzt voraus, dass ein entgegenstehender
Wille des (anwesenden) Adressaten
gebrochen werden soll.
Ein VA vor Anwendung des Zwangs wird
aber nicht erlassen, weil er nicht rechtzeitig
möglich ist oder keinen Erfolg verspricht.

                                           Literatur: Unmittelbare Ausführung
                                           setzt voraus, dass Zwangsmaßnah-
                                           men nicht ergriffen werden
                                           können, weil ein entgegenstehender
                                           Wille des Adressaten nicht feststell-
                                           bar ist (Hauptanwendungsfälle: Ab-
                                           wesenheit od. nicht
                                           willensfähiger Adressat)

Achtung: Rechtsprechung (VGH): § 8 HSOG hat immer Vorrang, wenn beide
Normen einschlägig sind (vgl. unten)
19

                   Verwaltungszwang gem. §§ 47 ff HSOG1

                   Grund-VA ⊕                                    Grund-VA (-)

Gestrecktes Verfahren, § 47 I                                   Sofortvollzug, § 47 II2         Unmittelb. Ausführung,§ 8
   EGL: § 47 I 1.Alt.             EGL § 47 I 2.Alt.             EGL: § 47 II                       EGL: § 8 I
„unanfechtbar“                    „keine aufsch. Wirkung“       Kein VA                         Kein VA
1. VA unanfechtbar                                              1.formelle Rechtmäßigkeit
2. RM des GrundVA, wel-                                                                         1. Formelle Rechtmäßigkeit
                                  1. VA sofort vollziehbar,     a)Zuständigkeit § 47 II S.1
    cher auf H/D/U gerichtet
                                     § 80 II VwGO               , §§100 ff HSOG                 Zuständig sind die Gefahren-
    ist, ist nicht Vorauss. der
                                  2. str., ob RM des Grund- b) Verfahren § 28 II Nr. 5          abwehr- oder Polizeibehörden,
    RM des Verwaltungs-
    zwangs, Grund-VA aber            VA = Vorauss. d. RM des HVwVfG                             § 8 I S. 1 HSOG iVm
    zumindest wirksam (§43           Verwaltungs-zwangs         2. Materielle Rechtmäßigkeit    § 2 S.1 HSOG („Eilfall“), be-
    HVwVfG) nicht nichtig (§         e.A.: (+), Vgl. mit           a)Überprüfen der Recht-      sondere Verfahrensbestimmung
    44 HVwVfG)                             § 47 II, effektiver  mäßigkeit des fingierten        des § 8 I S. 2 HSOG
3. Nichtbefolgen des                       Rechttschutz         Grund-VA( vgl. 47 II HSOG:      2. Materielle Rechtmäßigkeit
    Grund-VA´s                       h.M.: (-), arg. effek- ti- „innerhalb ihrer Befugnisse“)   a)Rechtmäßigkeit der hypothe-
4. Besondere Voll-                                                                              tischen Primärmaßnahme
                                     ve Gefahren-               b) Besondere Voraussetzun-
    streckungsvoraus-
                                           abwehr, aber         gen des Sofortvollzugs, § 47    aa)EGL (zumeist § 11 Hs
    setzungen (§48)
                                           Berücksichtigung     II HSOG („Notwendigkeit         1HSOG)
5. Art u Weise der Zwangs-
    vollstreckung                          auf Kostenebene      zur Abwendung einer gegen-      bb) Form. Rm
    a) Androhung, §53 oder §                                    wärtigen Gefahr“)               cc)Mat. Rm
    58;                           3. ...                        3. Voraussetzung des konkret       Subsumtion unter EGL und
    b)Festsetzung nur bei         4. ...                        angewendeten Zwangsmittels      Prüfung der gefahrenabwehr-
    Zwangsgeld,       §     50;                                 4. Ordnungsgemäße Anwen-        rechtlichen Handlungsgrund-
    c)Ordnungsgemäße An-          5. ...                        dung     bei    unmittelbarem   sätze
    wendung des unmittelba-                                                                     3. Vertretbare Handlung (zB
                                  6. ...                        Zwang
    ren Zwangs, §§ 52, 54 ff
                                  7. …                          5. Ermessen und Verhältnis-     Abschleppen, Abriss)
    HSOG
                                                                mäßigkeit, §§ 4 5HSOG           4. Notwendigkeit der unmittel-
6. Keine Einwände nach Er-
lass des VAs (zB Erfüllung,                                                                     baren Ausführung (Vorrang
Unmöglichkeit)                                                                                  von Maßnahmenadressat nach
                                                                                                §§ 6,7 HSOG)
7.Ermessen und Verhältnis-                                                                      5. Ermessen und Verhältnismä-
mäßigkeit,§§ 4, 5 HSOG                                                                          ßigkeit, §§ 4,5 HSIOG

1
 Beachte : §§ 47 ff. HSOG gelten nur für die Vollstreckung ordnungsbehördlicher oder polizeilicher VA auf
H/D/U, vgl. Wortlaut § 47 I HSOG. VA‘e der Verwaltungsbehörden (zur Zuständigkeit vgl. § 1 I 1 HSOG), die
auf H/D/U gerichtet sind, werden nach §§ 68 ff. HVwVG vollstreckt,
 Dagegen werden ö-r Geldforderungen der Ordnungs- und Polizeibehörden (z.B. Kosten der unmittelbaren
 Ausführung / der Ersatzvornahme / der Sicherstellung oder Zwangsgeld) nach dem HVwVG vollstreckt,
 vgl. § 1 II 2 HVwVG.
20

Ergänzende Hinweise zur Vollstreckung

Grundsatz: Bei 47 I HSOG ist eine Grundverfügung vorhanden, bei §§ 47 II, 8 HSOG nicht.

  §§ 47 II oder 8 HSOG?

Rspr.: Der VGH geht von einer vorrangigen Anwendbarkeit des§ 8 HSOG aus, unabhängig
vom Willen eines Pflichtigen.

Argumente: Sofortvollzug nur einschlägig, wenn „Maßnahmen gegen Personen nach §§ 6-9
HSOG nicht möglich sind“, also geht auch § 8 HSOG vor, Willenskriterium (nach Lit., siehe
sogleich) steht nicht in der Norm.

Zudem nach VGH Kassel (vgl. NVwZ-RR 1999,23) § 8 HSOG wenn:
-keine Grundverfügung
- nur Verstoß gegen eine Rechtsnorm (zB § 12 StVO)
- Verkehrszeichen nach ursprünglich rechtmäßigem Abstellen aufgestellt, insb. mobile Ver-
kehrszeichen
- Kostenbescheid gegen Halter, der nicht gefahren ist, da der VA gegenüber dem Pflichtigen
nicht bekannt gemacht worden ist.
- andere als für Grundverfügung zuständige Behörde schleppt ab

Literatur: § 47 II setzt Handeln gegen den (mutmaßlichen) Willen voraus, in den übrigen
Fällen greift § 8 HSOG. Die unmittelbare Ausführung findet ohne oder ggf. sogar mit dem
Willen des Betroffenen statt, es soll kein entgegenstehender Will gebrochen werden.

Argumente: Zielrichtung des Vorgehens.
Verwaltungsvollstreckung erfolgt, jedenfalls dem Grundgedanken nach, gegen den Willen des
Verpflichteten. Das sieht man plastisch an den allgemeinen Vollstreckungsmitteln Zwangs-
geld und Zwangshaft, durch die der Betroffene motiviert werden soll, in der von ihm gefor-
derten Weise zu handeln, und es zeigt sich besonders deutlich an den spezifischen polizei-
rechtlichen Vollstreckungsmitteln des unmittelbaren Zwangs.

 Die unmittelbare Ausführung knüpft demgegenüber gerade daran an, dass der Polizeipflichti-
ge nicht in Anspruch genommen wird, eine Konfrontation mit einem entgegenstehenden Wil-
len also nicht vorhanden ist.

Beispiele für 8 I HSOG nach der Literatur: Ein Kfz wird verkehrsbehindernd abgestellt,
der Fahrer ist nicht erreichbar und deswegen wird das Fahrzeug zum nächsten Parkplatz abge-
schleppt. Oder: Ohnmächtiger Fahrer sitzt am Steuer eines verkehrsbehindernden Wagens.

Beispiele für 47 II HSOG nach der Literatur: Polizeibeamte drängen einen gewalttätigen
Demonstranten zurück. Auf dem verkehrsbehindernd parkenden Fahrzeug klebt ein Aufkle-
ber: „Polizeistaat Hessen-Ich parke wo ich will“.
21

                  Abgrenzung unmittelbare Ausführung – Sofortvollzug: Ergänzung

unmittelbare Ausführung, § 8 I 1 HSOG                Sofortvollzug, § 47 II HSOG

I. Rechtsnatur:
bes. Form d. Inanspruchnahme Verantwortl.            Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung
e.A.: VA, arg.: „andere hoheitl. Maßnahme“           e.A.: VA, arg.: § 18 II VwVG
           iSd § 35 S. 1 HVwVfG                      a.A.: Realakt, arg.: VA nach der VwGO
a.A.: Realakt, arg.: fehlende Bekanntgabe                 nicht mehr rechtschutzeröffnend

II. Voraussetzungen:
1. konkrete Gefahr                                   1. konkrete (idR gegenw.) Gefahr
2. RM eines hypothet. VA                             2. RM eines hypothet. Grund-VA
   insb. Verantwortl. gem. §§ 6 oder 7                  insb. Verantwortl. (§§ 6, 7) oder § 9
3. unverzügl. Unterrichtung (§ 8 I 2) keine          3. sonstige Vorauss. der Verw.vollstreckung
   RM-Vorauss., nur auf Kostenebene relev.
4. Ermessen                                          4. Ermessen

III. Durchführung:
de facto „Ersatzvornahme“                            Ersatzvornahme oder unmittelbarer Zwang

IV. Unterschiede:
1. nur bei vertretbaren Handlungen                   1. auch bei unvertretbarer Handlung
2. nur gegen Verantwortliche (§§ 6, 7)               2. auch gegen Nichtverantwortliche (§ 9)
3. Anwendung. auch d. allg. Verw.behörden            3. Anw. nur durch Polizei- + Ordn.behörden
4. vorrangig vor § 47 II                             4. subsidiär ggü Vorgehen nach § 8 I 1

V. Prüfungsreihenfolge:
    1. Wer handelt ? ⇒ allg. Verw.behörden ?              ⇒        stets nur § 8 möglich
    2. Betroffener Nichtverantwortlicher (§ 9) ?          ⇒        stets nur § 47 II möglich
    3. unvertretbare Handlung ? ⇒ stets nur § 47 II möglich
    4. erst jetzt
        a)          nach Lit. Abgrenzung vorzunehmen;
            Kriterium: Liegt Maßnahme gegen oder ohne den Willen des Betroffenen vor ?
        b)          nach Rspr. ist § 47 II stets subsidiär zu § 8;
          arg.: Wortlaut § 47 II: „6 bis 9“ ⇒ nur wenn § 8 scheitert, ist § 47 II zu prüfen
22

V. Prüfungsschema für eine
Gefahrenabwehrverordnung gem. §§ 71 ff HSOG
1.              Definition
                Legaldefinition in § 71 HSOG

2.           Ermächtigungsgrundlage
a) § 71 i.V.m. §§ 72 – 74 HSOG (vgl. Art. 118, 107 HV)
b) für HundeVO: § 71a HSOG (lex spezialis)34

3.              Formelle Rechtmäßigkeit
                a.    Zuständigkeit
                      aa. sachliche Zuständigkeit: §§ 72 - 74 HSOG
          bb. Verbandskompetenz:
              (1) Ministerien => Land Hessen, § 72 I HSOG
              (2) Reg.präs. => Reg.bezirk, § 72 II HSOG
              (3) Landkreise => Landkreis, § 73 HSOG
              (4) Gemeinden => Gemeindegebiet, § 74 HSOG
                      cc. Organkompetenz:
                      Landkreise: Kreistag, § 73 S. 2 HSOG
                      Gemeinden: Gemeindevertretung, § 74 S. 2 HSOG
                b.    Verfahren
                      aa. ggf. Verfahrensprobleme aus HGO, HKO
                      bb. ggf. Einvernehmen, § 72 HSOG, bzw. Anhörung, § 73 S. 3 HSOG
                      cc. Verkündung:
                               Ministerium / Reg.präs.: Staatsanzeiger, § 1 VerkündG
                               Landkreis / Gemeinde: Amtsblatt, § 2 I VerkündG
                c.    Form
                      aa. Formerfordernisse, § 78 HSOG
                      bb. Angabe Geltungsdauer, § 79 HSOG

3
  Die Vorschrift des § 71a I HSOG wurde infolge des Urteils des BVerwG vom 03.07.02 (L&L 2003,
  S. 116) eingefügt, nach dem die Generalklausel zum Erlass von Gefahrenabwehr-VO (§ 71 HSOG)
  kein Einschreiten der Sicherheitsbehörden in Form einer Rechtsverordnung bei bloßem Gefahr-
  verdacht / zur Vorsorge gegen drohende Schäden rechtfertige, sondern es vielmehr einer
  spezialgesetzlichen Ermächtigung bedürfe.
4
  Die Vorschrift des § 71a II HSOG wurde infolge des Urteils des VGH Kassel vom 29.08.01 eingeführt,
  das die Regelung über die Haftpflichtversicherung in der HundeVO vom 15.08.00 für nichtig erklärt
  hatte.
23

3.                Materielle Rechtmäßigkeit
                  a. Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
                         „zur Gefahrenabwehr erforderlich“, § 71 HSOG
                         => abstrakte Gefahr muss vorliegen5
                  b. Verpflichtung von Verantwortlichen gem. § 6 und 7 HSOG
                         durch die RVO dürfen nur Personen gem. § 6 und 7 belastet werden,
                  nicht hingegen Nichtverantwortliche nach § 9 HSOG
                  c. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, vgl. § 75 HSOG
                         hier ggf. Prüfung von GRen / Rückwirkung / etc.
                  d. Bestimmtheit, vgl. § 76 HSOG
                  e. Verhältnismäßigkeit
                  f. Ermessen - keine Ermessensfehler

Zu beachten:

In der Regel ist die RVO inzident zu überprüfen. Klausurrelevant ist insbesondere der Fall,
dass per RVO dem Bürger ein bestimmtes Verhalten aufgegeben wird (z.B. Anleinen von
Hunden), er sich an diese Pflicht nicht hält und er jetzt daraufhin einen belastenden VA etwa
auf Grundlage der Generalklausel des § 11 HSOG enthält.
Dann ist zu erkennen, dass iRd Prüfungspunktes Voraussetzungen der RGL des § 11 HSOG
zur öffentlichen Sicherheit auch die Rechtsordnung gehört und damit auch eine - wenn wirk-
same - Gefahrenabwehrverordnung, die dann an dieser Stelle inzident zu prüfen ist.

5
    Bloße Belästigungen können dagegen nicht durch VO geregelt werden (Hornmann, HSOG, 1997, § 71
    Rn. 6).
24

VI. Staatshaftung und Polizei- und Ordnungsrecht

Ansprüche bei rechtmäßigem Handeln             Ansprüche bei rechtswidrigem Handeln
                                               Verschuldensunabhängig:
 § 64 I 1 HSOG
                                               § 64 I 2 HSOG
 Voraussetzungen:
                                               Voraussetzungen:
 •   Maßnahme einer Gefahrenabwehr- oder
                                               •    Maßnahme einer Gefahrenabwehr- oder
     Polizeibehörde
                                                    Polizeibehörde
 •   RM der Inanspruchnahme des Nichtstö-
                                               •    RW der Maßnahme
     rers ( Unbeteiligter Dritter)
                                               •    Kausaler Schaden (P) Unmittelbarkeit,
 •   Kausaler Schaden
                                                    vgl. Fall 3 StaatshaftungsR
 •   Kein Anspruchsausschluss, § 64 II
                                               •    Kein Anspruchsausschluss, § 64 II
Rechtsfolge                                    Rechtsfolge:
Entschädigung für Vermögensschäden, § 65       Entschädigung für Vermögensschäden, § 65
      HSOG – Nichtvermögensschäden nur              HSOG – Nichtvermögensschäden nur
      § 65 II HSOG                                  § 65 II HSOG
ggf. zu berücksichtigen:
                                               ggf. zu berücksichtigen:
 • Abtretung von Anspr. gg. Dritte, § 65 IV
      HSOG                                      • Abtretung von Anspr. gg. Dritte, § 65 IV
                                                     HSOG
 •   Vorteilsanrechnung,§ 65 V 1 HSOG (h.M.:
     obj. und ex post zu beurteilen)            •   Vorteilsanrechnung,§ 65 V 1 HSOG (h.M.:
                                                    obj. und ex post zu beurteilen)
 •   Mitverschulden, § 65 V 2, 3 HSOG
                                               •    Mitverschulden, § 65 V 2, 3 HSOG
 § 64 I 1 HSOG analog für den
 •   Unbeteiligten Dritten (h.M.; a.A.: allg.
     Staatshaftungsrecht)                      Aufopferungsanspruch
 •   Anscheinsstörer, falls ex-post nicht ver-      für Nichtvermögensschäden
     antwortlich, (h.M.; a.A.: (-))            Anspruch        aus     enteignungsgleichem
 •   Verdachtsstörer, falls ex-post nicht ver- Eingriff
     antwortlich, (h.M.; a.A.: (-))
 •   (-) beim Freiwilligen Nothelfer => in           subsidiär zu § 64 HSOG
     Hessen bes. geregelt: § 64 III HSOG

Anspruch aus enteignendem Eingriff
       subsidiär zu § 64 HSOG

                                               Verschuldensabhängig:
                                               Amtshaftungsanspruch, § 839 BGB, Art. 34
                                               GG
                                               neben § 64 HSOG, vgl. § 64 IV
25

VII. Versammlungsrecht und Polizeirecht
Beachten Sie die enorme Bedeutung des Versammlungsrechts, Ermächtigungsgrundlagen
finden sich in §§§ 5, 9II, 12 a, 13 I VersG für öffentliche Versammlungen in geschlossenen
Räumen, in §§§ 15 (versammlungsrechtliche Generalklausel), 17a IV, 18 III, 19 IV,19 a iVm
12 a VersG für Versammlungen unter freiem Himmel.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Versammlungsgesetzes ist, dass es sich um eine öf-
fentliche Versammlung (=wenn die Teilnahme jedermann offensteht, dies insbesondere un-
abhängig von einer persönlichen Einladung) im Sinne von § 1 I VersG handelt. Lediglich § 3,
21,23,28,30 VersG betreffen auch nicht öffentliche Versammlungen.

Eine Versammlung erfordert nach h.M.

-eine Zusammenkunft mehrerer Personen (mind. 2)
-die in innerer Verbundenheit stehe (Abgrenzung zur bloßen Ansammlung)
- zur kollektiven Meinungskundgabe nach außen (hM öffentliche Belange)

             Versammlungen          öffentlich           nicht öffentlich
             in geschlossenen       §§ 5- 13 VersG       HSOG(grs.)
             Räumen
                                 Art. 8 I GG             Art. 8 I GG
             unter freiem Himmel §§ 14 ff VersG          HSOG(grs.)

                                    Art. 8 II GG         Art. 8 II GG

a)Grundsätzlich müssen Sie sich das VersG bei öffentlichen Versammlungen wie ein Zelt
vorstellen, dass die Versammlungsteilnehmer vor den speziellen, weitreichenden Befugnissen
des HSOG schützen. Die Anwendbarkeit des HSOG ist grs. ausgeschlossen (lex specialis des
VersG). Ab dem Zeitpunkt des Beginns der Versammlung ist eine Versammlung grs. „polizei-
fest“, d.h. die Behörde darf nur noch auf Grund des VersG handeln.

b)Grundsätzlich sind also Maßnahmen nach Auflösung oder sonstiger Beendigung bzw. im
Vorfeld von Versammlungen nach dem HSOG zu behandeln.

c)Sehr umstritten ist insbesondere die Frage, ob bei dem Weg der Teilnehmer zur Versamm-
lung auch bereits das VersG greift. Während nach einer Ansicht wegen des starken Schutzcha-
rakters von Art. 8 I GG auch hier das VersG greifen müsse, ist nach h.M auch hier das HSOG
abschließend die Ermächtigungsgrundlage. Allerdings müssen die Vorschriften des HSOG
hier restriktiv im Lichte des Art. 8 GG ausgelegt werden.

d)Auch bei nichtversammlungsspezifischen Gefahren ist das HSOG anwendbar.( Bsp: Ein aus
dem Zoo ausgebrochener Elefant, welcher auf die Versammlung zuläuft).
e) Das HSOG ist auch dann anwendbar, wenn das VersG für bestimmte Bereiche keine Rege-
lung enthält (zB: Zwangsmittel, §§ 47 ff HSOG).
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