Die Mafia in Marseille - Eine Untersuchung der Krimi - Trilogie Jean-Claude Izzos
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Universität Wien Institut für Politikwissenschaft SS 2003 Die Mafia in Marseille Eine Untersuchung der Krimi – Trilogie Jean–Claude Izzos Vo Mafia, Staat und Männlichkeit LV- Leiterin: Uni – Prof. E. Kreisky vorgelegt von: Ulrike Pavelka MatrNr 9804903, Stkz 300/378 email. rauvikel@hotmail.com
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis 3 Einleitung 4 1 Die leise Invasion 5 2 Schwarze Serie - die Trilogie einer wahren Geschichte? 9 2.1 Total Khéops 11 2.2 Chourmo 13 2.3 Solea 15 3 Eine Anleitung für den Alltag 18 3.1 Struktur 1: Bandenkrieg, Drogenhandel, Rechtsradikalismus 18 3.2 Struktur 2: Geldwäsche, Erpressung, Fundamentalismus 22 3.3 Struktur 3: Wirtschaftliche Kontrolle und Liquidierung 25 Schlusswort 28 Bibliographie 30 Anmerkungen 31 2
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Le Vieux Port. 5 Quelle: http://www.up.univ-mrs.fr/wjfjpc6/images/marseille.gif am 11.6.2004 Abbildung 2: Luftansicht von Marseille. Überarbeitet von Guillaume 10 Brabet, 9.6.2004 Abbildung 3: Quartiers Nord. 11 Quelle: http://www.jesuites.com/jemp/images/marseille.jpg am 11.6.2004 Abbildung 4: Straßenstrich in Marseille. Foto von Guillaume Brabet, 12 10.6.2004 Abbildung 5: Abbildung 5: Le Paniers. Foto von Guillaume Brabet, 13 10.6.2004 Abbildung 6: Corniche Kennedy. Foto von Guillaume Brabet, 10.6.2004 14 Abbildung 7: Plage de Catalans. Foto von Guillaume Brabet, 10.6.2004 15 Abbildung 8: Les Goudes. Foto von Guillaume Brabet, 10.6.2004 16 Abbildung 9: Die Grobstruktur von Total Khéops. 18 Abbildung 10: Die Feinstruktur von Total Khéops. 20 Abbildung11: Die Feinstruktur von Chourmo. 23 Abbildung 12: Die Feinstruktur von Solea. 26 Abbildung 13: Notre Dame de la Garde. Foto von Guillaume Brabet, 28 10.6.2004 3
Einleitung Für meinen Essay habe ich die Darstellung der Mafia in einem populärkulturellen Medium gewählt. Die zwischen 1995 und 1998 in Frankreich erschienene Krimi – Trilogie des erst kürzlich verstorbenen Jean-Claude Izzos behandelt das Zusammentreffen vom Helden der Geschichte, Fabio Montale, mit der Mafia Marseilles. Izzo legte sehr viel Wert auf eine detailgetreue Darstellung Marseilles, einer impulsiven Stadt, in der er selber zu hause war. Seine oft sehr sozialkritische Beschreibung und das Bemühen, reale Lebensumstände erlebbar zu machen ermöglichen einen Blickwinkel, der in vielen Untersuchungen über die Mafia außer Acht gelassen wird: Der Berührungspunkt zwischen Mitgliedern der Mafia und "ganz normalen" Menschen wird sichtbar. Im Folgenden werde ich die Ereignisse der Trilogie rekapitulieren. Anschließend möchte ich die Strukturen der drei Geschichten analysieren. In jedem seiner Romane hat Jean- Claude Izzo bestimmte Themen bearbeitet, die die Mafia direkt oder indirekt betreffen. Diese Strukturen machen auch die Besonderheit der Krimis aus, die ansonsten in ganz typischer Weise mithilfe einer Intrige, einem oder mehrerer Morde und der Aufdeckung durch die Hauptperson aufgebaut sind. Was das Treiben der Mafia in Frankreich betrifft, habe ich die Ausführungen Izzos durch eigene Recherchen ergänzt. Alle fremdsprachigen Zitate wurden von mir ins Deutsche übersetzt. Ich möchte ich mich an dieser Stelle bei Guillaume Brabet für seine Fotos von Marseille und die Graphik bedanken. 4
1 Die leise Invasion Der heiße Süden Frankreichs ist uns bekannt als die Côte d´Azur, Nizza, Cannes und Monaco. Doch erst etwas westlicher lernt man kennen, was die Franzosen midi nennen. Sein Herzstück ist unweigerlich Marseille, die Hafenstadt, die nicht mit Gärten und Villen protzt, aber Leben versprüht. Marseille ist bestimmt keine Touristenattraktion, Marseille ist vielmehr ein Treffpunkt der Kulturen, der Menschen wie du und ich und - des Verbrechens. Abbildung 1: Le Vieux Port. Das Zentrum von Marseille. Im Hintergrund sind das Château d´If und die Îles de Frioul zu sehen. Quelle: http://www.up.univ-mrs.fr/wjfjpc6/images/marseille.gif am 11.6.2004 Der Süden Frankreichs ist schon von jeher ein beliebter Ort für italienische MigrantInnen gewesen. Vor allem im Zweiten Weltkrieg meinten zahlreiche ItalienerInnen, der sozialen Misere im Heimatland in Frankreich entgehen zu können. Die Einwanderer wurden in ein Viertel nahe dem Hafen gesteckt und fristeten dort unter erbärmlichen Bedingungen ein als oft poetisches bezeichnetes Leben. Die italienischen Migrationsströme werden heute von den Arabern, den maghrebins abgelöst. 5
Es liegt nahe, dass die italienische Mafia das Potential der Diaspora nützen würde, und tatsächlich befanden Vertreter des organisiserten Verbrechens bei einem internationalen Treffen in Nizza Anfang der 90er Frankreich für würdig, als neues Territorium der mafiotischen Expansionspolitik zu dienen. Die "Kolonisierung" sollte in drei Etappen stattfinden. Die erste wurde durch die Errichtung einer cosca (ein Mafia-Klan, der denselben Ursprung, dieselben Aktivitäten, Interessen und Verhaltensregeln hat) vollbracht. An der Spitze der ersten cosca sollen PAOLO DI STEFANO und DOMENICO LIBRI gestanden haben, beide Spitzenleute der `Ndrangheta1 - der Mafia aus Calabrien. In Frankreich wollte man den Waffen- und Drogenhandel weiter ausbauen und sich der Geldwäsche bedienen. Zusätzlich zu einem natürlichen Bedürfnis einer erfolgreichen famiglia, sich immer weiter auszubreiten wurde auch die Verfolgung durch die Justiz im Heimatland Italien stärker. Und so wurden die bevorzugten Regionen in Frankreich der italienischen Migrationsströme auch zum Sammelbecken für Vertreter der italienischen Mafia.2 PAOLO DI STEFANO wurde 1982 in Antibes verhaftet. Besitzer einer stolzen Villa, wurde er zu diesem Zeitpunkt wegen Handels von Kokain, Diamanten und Waffen international gesucht. Nach seiner Auslieferung nach Italien wurde er 1986 in Reggio Calabria von den "Soldaten" einer gegnerischen "Familie" umgebracht. DOMENICO LIBRI, 1992 in dem Moment verhaftet, als er sich nach Rumänien aufmachen wollte, wird von offizieller Seite als abgebrühter Verbrecher bezeichnet. Bekannt ist er auch als Chef einer der Clans, die sich in Calabrien über sechs Jahre hinweg einen erbitterten Krieg geliefert haben. In Frankreich trat er eher unter dem Aspekt des umsichtigen Geschäftsmannes auf, sei es nun in der Verwaltung mehrerer Gesellschaften, die sich dem Kauf bzw. der Konstruktion von Häusern oder Hotels widmeten, der Konstruktion von Golfplätzen, Siedlungen, Straßen oder Vergnügungsparks. Auch wenn all diese Aktivitäten für sich genommen nicht gesetzeswidrig sind, so scheint es unmöglich, dass die Mittel für die geleisteten Investitionen nicht aus zweifelhafter Quelle stammen. LIBRI soll auch in Verbindung zu Polizei und Politik gestanden sein.3 1 Für nähere Informationen zur `Ndrangheta vgl. Anmerkungen. 2 vgl. BIANCHINI, Roger-Louis: La Côte d´Azur nouvelle aire de jeux.. 1981. http://www.historia.presse.fr/ , am 4.11.2003 3 vgl. BIANCHINI, Roger-Louis: La Côte d´Azur nouvelle aire de jeux. 6
Auch wenn seither zahlreiche Personen festgenommen werden konnten, ging die Kolonisation Frankreichs heimlich, still und leise voran, und sie trat in ihre zweite Phase ein: Die Organisation krimineller Akte von französischem Boden aus. Die wichtigste Person für diese Phase war wohl MICHELE ZAZA, genannt O´Pazzo (der Verrückte). ZAZA war ein Chef der napoletanischen Camorra4, und der einzige, der in der Cosa Nostra als uomo d´onore zugelassen wurde.5 Während des Booms des Zigarettenschmuggels in den 70ern arbeitete sich MICHELE ZAZA an die Spitze dieses Geschäfts, was ihm die Mitgliedschaft bei der Cosa Nostra einbrachte.6 Mit seiner Hilfe baute die Cosa Nostra einen Zigarettenhandel auf, der dann fließend in den Drogenhandel überging.7 Als sich die Nuova Famiglia ca. 1980 von der Camorra abspaltete, verlegte ZAZA den Sitz seines Clans von Süditalien nach Südfrankreich. Von nun an war ZAZA nur noch für sich selbst verantwortlich, gerade noch dem allerwichtigsten Mann der Camorra - CARMINE ALFIERI - musste er Rechenschaft ablegen. Und dieser war ohnehin angetan von den riesigen Summen, die ZAZA erbeutete.8 ZAZA wurde 1991 in Frankreich wegen Zigarettenhandels verhaftet. Die Zigaretten wurden in Anvers gekauft, in Marseille ausgeladen, und per LKW nach Italien oder Spanien transportiert. Dann wurden die leeren Container mit Schuhen oder Stoffen beladen und machten sich Richtung Martinique auf. Nicht sehr lukrativ, hätte nicht auf dem Rückweg über Venezuela, Panama und Spanien heimlich Kokain die wertlose Fracht ersetzt. Der Verdacht auf Betrug im Zusammenhang mit einer Zweigstelle der Banco di Napoli in Genua konnte jedoch nicht bewiesen werden.9 Als ZAZA 1991 eingesperrt wurde, lag er den Behörden und dem Gefängnis mit seinen ständigen, möglicherweise simulierten Herzanfällen in den Ohren. Seine häufigen Gesuche kosteten den Staat Frankreich aufgrund der erhöhten Sicherheits- und Reisekosten ein Vermögen. Schließlich wurde auch ZAZA nach Italien ausgewiesen, wo 4 Für nähere Informationen zur Camorra vgl. Anmerkungen 5 vgl. BIANCHINI, Roger-Louis: La Côte d´Azur nouvelle aire de jeux. 6 vgl. o.A.: I miliardi della droga. http://www.scuoladusmetnicolosi.it/didattica/noisiamo/antologia/a- imiliardidelladroga.htm , am 4.11.2003 7 vgl. o.A.: Zaza l´Heroine. http://www.zzz.it/zzz/z/ieri/zaza.htm am 4.11.2003 8 vgl. o.A.: Michele Zaza. http://glasgowcrew.tripod.com/zaza.html am 4.11.2003 9 vgl. BIANCHINI, Roger-Louis: La Côte d´Azur nouvelle aire de jeux 7
sich zeigte, dass sein Herzleiden nicht gespielt war. 1994 verstarb er in Rebiddia im Gefängnis an einem Herzstillstand. 10 Mittlerweile, so sagt man, ist in Frankreich bestimmt schon die dritte Phase der Kolonialisierung durch die Mafia angebrochen. Sie muss ganz besonders geheim und vor zudringlichen Blicken geschützt vor sich gehen, handelt es sich hierbei doch darum, die wirtschaftliche Macht an sich zu reißen. 10 vgl. BIANCHINI, Roger-Louis: La Côte d´Azur nouvelle aire de jeux. 8
2 Schwarze Serie - die Trilogie einer wahren Geschichte? "Die Geschichte, die man lesen wird, ist frei erfunden. Diese Formulierung ist bekannt. Aber es ist niemals unnütz, sie in Erinnerung zu rufen. Außer den öffentlich bekannten Ereignissen, von der Presse berichtet, haben weder die erzählten Fakten stattgefunden noch die Personen existiert. Nicht einmal der Erzähler, um es genau zu sagen. Nur die Stadt ist wirklich. Marseille. Und alle, die dort leben. Mit dieser Leidenschaft, die ihnen eigen ist. Diese Geschichte ist für sie. Echos und Erinnerungen."11 Jean-Claude Izzo hat zwar die Personen und die Handlungen seiner Geschichten erfunden, aber die Hintergründe zu seinen Geschichten sind wahr: Sein Ziel ist es, uns klarzumachen, dass es die Mafia in Frankreich gibt. Wir erfahren einiges über ihre Aktionen und Ziele und auch, in welchem Zusammenhang sie mit verschiedenen sozialen Phänomenen steht. Im Folgenden werde ich daher zunächst die Handlungen der drei Romane zusammenfassen und danach spezifische Themen, die jeweils dominieren, herausarbeiten. Für jeden Teil möchte ich außerdem die Strukturen der Mafia erfassen. Angelehnt an das Schema, das Henner Hess12 entwickelt hat, um die Beziehungen zwischen einzelnen Mafiosi zu beschreiben, möchte ich alle wichtigen Personen der Erzählung in eine Graphik einbinden. Die graphische Darstellung erleichtert meiner Meinung nach nicht nur das Verständnis der komplexen Geschichten, sondern ermöglicht auch eine Übersicht über die unterschiedlichen Relationen, die von Izzo erdacht wurden. Jean-Claude Izzo lässt seinen Helden Fabio Montale dreimal auf die Mafia treffen. Montale steht für die Gerechtigkeit (nicht für das Recht!), er findet den Täter und er bestraft ihn auch bzw. lässt ihm die Strafe zukommen. Montales Freundin Babette Bellini, die Journalistin, kommt immer dann ins Spiel, wenn es darum geht, allgemeine Informationen über die Mafia bekanntzumachen. Man kann davon ausgehen, dass alles, was Babette in den Romanen über die Mafia erzählt, den Medienberichten entnommen und somit mehr oder weniger "wahr" ist. Montale betätigt sich als Detektiv, weil er ganz 11 IZZO, Jean-Claude: Total Khéops. Paris: Gallimard. 1995. S.7 12 vgl. HESS, Henner: Mafia: zentrale Herrschaft und lokale Gegenmacht. Tübingen: Mohr. 1986 9
Abbildung 2: Luftansicht von Marseille. Überarbeitet von Guillaume Brabet, 9.6.2004 persönlich von den Morden betroffen ist. Zunächst sind es seine Freunde, die sterben, dann Mitglider seiner Familie und zu guter Letzt geht es um sein eigenes Leben. Neben dem Komplott beschreibt Izzo eindringlich soziale Probleme: Sei es die soziale Kluft zwischen Einwanderern und Franzosen, die stärker werdenden Kräfte des Rechtsradikalismus und des Fundamentalismus, der sich ausbreitende Drogen- und Waffenhandel und vieles mehr. 10
Was das Bild aber erst abrundet, ist Izzos Darstellung Marseilles. Da ich diesen Aspekt in meine Arbeit nicht einbinden möchte, werde ich mich mit ein paar Bildern begnügen, die dem/ der geneigten LeserIn helfen sollen, sich in das Erzählte hineinzuversetzen. 2.1 Total Khéops13 Fabio Montale arbeitet als Polizist in den gefährlichen banlieus von Marseille, wo die Ausländerrate ebenso wie die der Arbeitslosigkeit besonders hoch ist und die Kriminalität dementsprechend um sich greift. Montale ist der Sohn italienischer Einwanderer und weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, sich die Zukunft zu verbauen. In seiner Jugend hatte er enge Freundschaft mit Manu, Ugo und Lole geschlossen, die genau wie er in ein unterprivilegiertes Leben geboren waren und einen Ausweg aus der Hoffnungslosigkeit suchten. Die drei Jungen konnten der Versuchung des einfachen Geldes nicht widerstehen und begannen, Raubüberfälle zu begehen. Als jedoch einer dieser Überfälle mit einem Schuss auf den Besitzer endete, setzte Fabio einen Schlussstrich, verpflichtete sich für die Fremdenlegion und wurde bei seiner Rückkehr Polizist. Den Kontakt zu seinen Freunden brach er ab. Die Geschichte von Total Khéops beginnt Abbildung 3 : Quartiers Nord . Quelle: mit dem Tod Ugos, der nach Marseille http://www.jesuites.com/jemp/images/marseille.jp g am 11.6.2004 zurückgekommen ist, um den ermordeten Manu zu rächen. Ugo erschießt den Mafiaboss Charles Zucca, der angeblich für den Tod Manus verantwortlich ist, und wird anschließend von der ihn verfolgenden Polizei umgebracht. 13 IZZO, Jean – Claude: Total Khéops. 11
Kurz danach wird die Leiche eines jungen maghrebinischen Mädchens gefunden, welches eine gute Freundin Montales war. Leila wurde mehrmals vergewaltigt, anschließend freigelassen und bei ihrer Flucht dreimal in den Rücken geschossen. Fabio Montale fühlt sich verpflichtet, die Morde in seinem Bekanntenkreis aufzuklären. So findet er heraus, dass Leila das Opfer einer Mutprobe geworden ist: Toni, ein Bekannter der jungen Frau, ist gerade dabei, bei der Mafia Karriere zu machen. Toni war verliebt in Leila, obwohl sie maghrebinischer Herkunft ist, was sich mit dem rassistischen Ehrenkodex der Mafia nicht vereinbaren lässt. Um also in der kriminellen Organisation aufsteigen zu können, wurde Toni gemeinsam mit zwei anderen Mafia - Neulingen die Aufgabe gestellt, Leila zu entführen, sie zu vergewaltigen und anschließend bei der Flucht auf ihr Herz zu zielen. Derjenige, der am besten traf - das war Toni - hat Abbildung 4 : Straßenstrich in Marseille. Auch Montale ist hier des öfteren Klient, bei Marie–Lou. Foto von überlebt, während die beiden Guillaume Brabet, 10.6.2004 anderen umgebracht wurden. Als die Freunde und Geschwister Leilas, die teilweise auch der Familie Tonis angehören, herausfinden, was wirklich passiert ist, üben sie Lynchjustiz an Toni. Es stellt sich außerdem heraus, dass auch Mitarbeiter der Polizei in Verbrechen der Mafia involviert waren. Morvan, einer der besten Schützen des departements ist in rechtsradikalen Kreisen und in jenen der Mafia tätig. Morvan und sein Freund Wepler sind jene Mitglieder der Mafia, die Toni die Mutprobe gestellt haben. Auch Ugos Tod ist in eine Intrige der Mafia verwoben. Als der Mafiachef Marseilles Gaëtan Zampa sich in seiner Zelle erhängt, bricht ein Nachfolgekrieg aus. Mehrere Anwärter streben den Posten des Mafiabosses an, unter ihnen Tino Batisti und Charles Zucca. Zucca lässt Batisti umbringen und kann den Platz Zampas einnehmen. Sein Posten ist aber nicht unangefochten, denn der Bruder Tino Batistis (dessen Vornamen nicht erwähnt wird) will dessen Tod rächen. Batisti hat gute Voraussetzungen, weil er offiziell schon lange nichts mehr mit der Mafia zu tun hatte und als unbescholten gilt. 12
Als Michele Zaza verhaftet wird, bedeutet das für die Nuova Famiglia in Italien, dass irgend jemand in Frankreich nicht dichtgehalten hat. Die Konsequenz: Die Schuldigen müssen entfernt und neue Männer an die Spitze gestellt werden. Batisti ist der ideale Kandidat für die Nuova Famiglia - und seinen Racheplänen kommt der Auftrag des Abbildung 5: Le Paniers. Hier wohnen seit jeher die Umsturzes gerade recht. Die MigrantInnen. Foto von Guillaume Brabet, 10.6.2004 Liquidierung Zuccas nimmt Batisti mithilfe seines Freundes Ugo vor. Er macht ihn glauben, Zucca hätte Manu umgebracht und verschafft ihm die Mittel, Zucca zu erschießen. In Wirklichkeit war es aber Batistis eigene Tochter, die Manu aus Eifersucht umgebracht hat. Die Intrige Batistis gipfelt in einem Massaker im Lokal seiner Tochter. Von der Camorra geschickt, bringen zwei professionelle Killer Batistis Schwiegersohn und dessen Bruder um und werden anschließend von zwei anderen Mafiosi erschossen. Montale, der dem Massaker entgeht, führt den letzten Überlebenden zu Batisti, der letzteren dann auch noch umbringt. Die Abteilung der Polizei, der Morvan angehörte, wusste von dessen Tätigkeiten und verhinderte sein Treiben nicht, um die Hintermänner fassen zu können. Mit dem Tod Batistis ist dies unmöglich geworden. Fabio Montale, der sich schon längere Zeit mit seiner Arbeit nicht mehr identifizieren kann, reicht seine Kündigung ein. 2.2 Chourmo14 Diesmal ist Fabio Montales Verwandtschaft in ein Verbrechen involviert. Der jüngste Sohn seiner Cousine wird Opfer von Auftragskillern, als er deren Mord an einem algerischen Archäologen beobachtet. Dieser Archäologe war außerdem Teil einer Bewegung namens FAIS (fédération des artistes, intellectuelles et scientifiques algériens) was ihm nicht die Sympathien militanter islamistischer Gruppierung bescherte. Sowohl 14 IZZO, Jean – Claude: Chourmo. Paris: Gallimard. 1996 13
der Archäologe Draoui als auch Guitou und seine Freundin Naïma befanden sich zur Zeit der Morde im selben Haus, das dem Architekt Adrien Fabre gehört. Außerdem muß Montale mitansehen, wie sein alter Freund namens Serge erschossen wird. Dieser hatte seinerzeit mit ihm zusammen die Kinder und Jugendlichen der banlieus betreut, wurde aber aufgrund Beschuldigungen der Pädophilie aus seiner Arbeit entlassen. Obwohl Fabio Montale nichts mehr mit der Polizei zu tun haben will, möchte er den Ereignissen auf den Grund gehen. Es stellt sich heraus, daß Serge von der R.G.15 mithilfe belastenden Materials über seine pädophilen Kontakte dazu angehalten wurde, über die militanten islamistischen Gruppierungen unter den maghrébins zu recherchieren. Zu diesen gehört auch Naïmas Bruder Redouane. Serge ging diesem Auftrag auch eine Zeitlang nach und konnte eine Akte voll belastender Materialien und Daten sammeln. Im Bewusstsein, dass die Verfolgung der Teilnehmer an der radikalen Bewegung ohnehin nur wieder die kleinen Fische treffen würde, niemals aber die Drahtzieher, beschloss er unterzutauchen und seine Arbeit auf eine andere Art und Weise fortzusetzen. Er nahm Gespräche mit den Betroffenen auf und versuchte sie so zu überzeugen - wie er es auch früher getan hatte. Die R.G. gab nach dem Verschwinden von Serge an die Marseiller Polizei die Weisung aus, Serge ausfindig zu machen und ihn verschwinden zu lassen. Dem Abteilungsleiter Pertin, an den die Weisung ging, konnte das nur recht sein, weil er selbst in engem Kontakt mir den islamistischen Extremisten stand und von ihrem Kampf gegen den Drogenhandel und für Moral profitierte. So sind es dann auch Pertins Leute, die Serge von einem Abbildung 6: Corniche Kennedy. Wer reich ist, kann sich Auto aus erschießen. hier eine Villa leisten. Foto von Guillaume Brabet, Nach langwierigen Recherchen und 10.6.2004 15 R.G. steht für Direction centrale des renseignements généraux. Die Abteilung der Nationalen Polizei ist für die Sammlung von bedeutenden Informationen, für die Sicherheit des Staates und die Wahrung seiner Interessen verantwortlich, vgl. http://www.interier.gouv.fr 14
ein bisschen Glück findet Fabio Montale heraus, dass der Architekt Adrien Fabre in Kontakt zur Mafia stand, die ihm regelmäßig Geld lieh. Der Architekt war auch anwesend, als Draoui und Guitou erschossen wurden. Daraufhin bekam er es mit der Angst zu tun und bereitete seine Flucht vor, wurde aber erschossen. Der wirkliche Grund für den Tod von Draoui wird nicht bekannt, er könnte aber mit den Resultaten aus der Untersuchung Serges zusammenhängen. Demnach war die FAIS, der Draoui angehörte, der Ansicht, auch in Algerien mache sich ein mafiotisches System in der Politik breit, der "heilige Krieg" des FIS16 sei nur ein Teil davon. Die Identität des professionellen Killers, der sowohl Draoui als auch Guitou und später Fabre umgebracht hat, ist jedoch bekannt: Er heißt Alexandre Narni, und untersteht der napoletaner Camorra. Und außerdem ist er seit zehn Jahren mit Gélou, der Abbildung 7: Plage de Catalans. Foto von Guillaume Mutter Guitous, verheiratet. Narni Brabet, 10.6.2004 hatte sich, als Gélou noch mit ihrem Mann ein Restaurant in Marseille betrieb, in die schöne Frau verliebt. Als Gino umgebracht wurde - entweder von Narni aus Gründen der Liebe oder weil er keine Gelder mehr an die Mafia zahlen wollte - hatte Gélou schon ein Kind von Narni, von dem dieser allerdings nichts wußte. Dieses Kind war Guitou, der dann von seinem eigenen Vater kaltblütig erschossen wurde. Fabio Montale verwickelt Narni in eine Verfolgungsjagd im Auto, die mit dem Tod Narnis endet. 2.3 Solea17 Im letzten Teil der Trilogie hat eine Freundin Montales zu tief in den Affären der Mafia gegraben. Babette Bellini, Journalistin, hat über Jahre Informationen gesammelt und ist dementsprechend über die Verwicklung der Mafia in die französische Wirtschaft und 16 FIS ist eine Abkürzung für Le Front Islamique du Salut und wurde 1989 in Algerien gegründet, konnte kurz darauf bei Wahlen den Sieg davon tragen, wurde aber 1991 verboten. Die Gründer des FIS sind im Gefängnis. vgl. http://www.lexpress.fr/info/monde/dossier/algerie/dossier.asp?id=215949 am 12.6.2004 17 IZZO, Jean – Claude: Solea. Paris: Gallimard. 1998 15
Politik informiert. Doch ihr Wissen ruft die kriminelle Organisation auf den Plan. Sie kann nicht dulden, dass Babette ihr Wissen publiziert. Die Journalistin, die sich in Italien aufgehalten hat, flieht nach Frankreich, nachdem sie ihren Freund und dessen Bruder ermordet auffindet. Sie versteckt sich in der Umgebung Marseilles, während zwei Killer nach ihr suchen. Die beiden Mafiosi finden in Babettes Wohnung einen Hinweis auf Fabio Montale. Fabio Montale hat sich in der Zwischenzeit immer mehr aus dem Leben in seine kleine Hütte zurückgezogen, lebt von den Resten seiner Ersparnisse und davon, dass er bei seinem alten Freund Fonfon im Café aushilft. Eines Morgens wird Montale von einem Anruf des Killers geweckt: Er soll der Mafia den Aufenthaltsort von Babette mitteilen, oder für sie herausfinden. Um ihre Forderungen zu unterstreichen, haben die Killer die Frau, die Montale den Abend zuvor kennengelernt hatte, umgebracht. Montale ist natürlich nicht bereit, der Mafia in die Hände zu spielen, im Gegenteil, nach dem Tod seiner Bekannten fühlt er den Wunsch, sie und ihren nun verwaisten Sohn zu rächen. Die folgenden Tage sind von einem Abbildung 8: Les Goudes. Hier wohnt Fabio Montale. Katz- und Maus - Spiel zwischen den Foto von Guillaume Brabet, 10.6.2004 Killern, der Polizei, Montale und Babette geprägt. Montale kann der Polizei kein Vertrauen mehr entgegenbringen, obwohl es zwischen ihm und der ermittelnden Kommissarin, Hélène Pessayre, sofort funkt. Während Montale also der Polizei nichts erzählt, versucht er den Aufenthaltsort von Babette zu finden, was ihm gelingt, als sie mit ihm Kontakt aufnimmt. Sie schickt ihm ihre gesamten Recherchen, gespeichert auf Disketten. Montale sieht das Material durch und bittet einen Bekannten, eine Internetseite zu kreieren und auf sein Veranlassen hin zu aktivieren. Die Killer bleiben ihm allerdings auf dem Fuß und töten seinen letzten ihm verbliebenen Freund Mavros. 16
Montale vereinbart mit Babette einen Treffpunkt auf Frioul18, um mit ihr in Ruhe sprechen zu können. Seine Unruhe steigt, als er bemerkt, dass sein Telefon abgehört wird. Viel zu spät erzählt er der Polizistin Hélène alles, was er weiß und gibt ihr die Disketten. Der Tag des Treffpunktes ist gekommen. Montale erfährt, dass die Familie, bei der sich Babette versteckt hielt, brutal umgekommen ist. Montale weiß jetzt, dass jemand von der Polizei alles verraten hat, aber dennoch gibt er die Erlaubnis zur Aktivierung der Internetseite und macht sich zu den Inseln von Frioul auf. Die letzten zwei Menschen, die ihm noch etwas bedeuten, seine Nachbarin Honorine und Fonfon, haben Marseille bereits verlassen. Als Fabio auf den Inseln ankommt, findet er den toten Félix, der Babette mit seinem Boot von Marseille hergebracht hat. Die Mörder sind schon da. So auch Béraud, der engste Mitarbeiter von Hélène. Als dieser auf Montale trifft, klärt er ihn über die letzten unklaren Punkte auf: Der Fall ist der Abteilung Hélènes entzogen worden und ihr eigener Chauffeur hat sich als Verräter herausgestellt. Die beiden versuchen, Babette, die sich auf der Insel versteckt hält, vor den Killern zu finden. Montale entdeckt sie dann auch, aber es ist zu spät, als sie auf ihn zuläuft, wird sie erschossen. Auch Béraud wird umgebracht. Montale feuert auf einen der beiden Killer und tötet ihn. Auf seiner Flucht von der Insel wird er von dem anderen erschossen. 18 Les Îles de Frioul liegen vor Marseille (vgl. Abbildung 2) und sind quasi unbewohnt. Die Bewohner von Marseille fahren gerne hin, um sich zu baden und zu sonnen. Mit dem Boot kann man sie in ca. einer halben Stunde erreichen. 17
3 Eine Anleitung für den Alltag 3.1 Struktur 1: Bandenkrieg, Drogenhandel, Rechtsradikalismus Arabische Camorra Mafia Nuova Famiglia Polizei Front National Abbildung 9: Die Grobstruktur von Total Khéops Die grobe Struktur von Total Khéops zeigt, welche Kreise in die Ereignisse involviert sind, Privatpersonen ausgenommen. Die Anzeichen stehen dafür, dass die Mafia bei der "Kolonisierung" Frankreichs die Grenzen der Clans übersprungen hat und auf Zusammenarbeit setzt, was beim organisierten Verbrechen durchaus nicht unüblich ist.19 Dennoch ist das Thema des ersten Bandes ein blutiger Krieg zwischen zwei Mafiosi. Hess gibt in seiner Untersuchung über das organisisierte Verbrechen an, dass die Feindschaft zwischen verschiedenen Mafiosi ihren Ursprung darin hat, dass zuwenig Machtpositionen vorhanden sind. Der Anlass zu einer Auseinandersetzung ist aber eher privater Natur, Uneinigkeiten nehmen 19 vgl. Kapitel 1 und HESS, Henner: Mafia: zentrale Herrschaft und lokale Gegenmacht. Tübingen: Mohr. 1986. S 101 18
große Ausmaße an. In diese Auseinandersetzungen werden viele Menschen 20 hineingezogen, als Teil einer der beiden Fraktionen, aber auch als Zivilisten. Dieses Szenario übernimmt Izzo haargenau. Der Autor beschreibt die Situation in Marseille als einen Markt, um den sich seit 10 Jahren die neue Camorra, repräsentiert von RAFFAELE CUTOLO, CARMINE ALFIERI und LORENZO NUVOLETTA, und die Nuova Famiglia in den Händen der Clans VOLGRO und GIULIANO streiten21. CARMINE ALFIERI ist einer der mächtigsten capi der Camorra und wurde gemeinsam mit TOTO RIINA 1990 vom tribunal correctionnel von Nizza zu 15 Jahren Haft verurteilt. Er wurde beschuldigt, in Nizza und Antibes den Drogenmarkt mit Stoff in großen Mengen versorgt zu haben.22LORENZO NUVOLETTA arbeitete häufig mit MICHELE ZAZA.23 In Total Khéops steht die Mafia in enger Verbindung zum Front National. Die Mitglieder des einen gehören zum anderen und umgekehrt. Die Mafia hat ihre Mitglieder aber auch in die Polizei infiltriert, letztere wiederum schließt Händel ab und akzeptiert Morde an Unbehelligten um an die Hintermänner des organisierten Verbrechens zu kommen. In dem Roman spielt außerdem auch noch die arabische Mafia eine untergeordnete Rolle. Izzo plaziert seinen imaginären Mafiachef Zucca zwischen die Kreise der Nuova Famiglia und der Camorra. Er wird als ein Geschäftsmann beschrieben, der es verstanden hat, sich zwischen allen Fronten an die Spitze zu arbeiten.24 Zucca hat die Geschäfte vom verstorbenen Zampa übernommen und beschlossen, die Prostitution, Nachtclubs und das Glücksspiel aufzugeben. Er überlässt sie der arabischen Mafia und den Kleinganoven der Stadt. Statt dessen konzentriert sich Zucca in enger Zusammenarbeit mit ZAZA - der zur Camorra gehört - auf den Drogenhandel: Über Neapel, Marseille und Sint Marteens bis zu den Antillen laufen seine Geschäfte. Die Profite werden in Supermärkten, Restaurants und Immobilien angelegt. Auch nach der Verhaftung ZAZAs weiß Zucca sich zu helfen, denn er hat sich beizeiten um finanzielle Unterstützung aus der Schweiz und 20 vgl. HESS, Henner: Mafia. S 98 - 99 21 vgl. IZZO, Jean-Claude: Total Khéops. S 121 22 vgl. BIANCHINI, Roger-Louis: Mafia, argent et politique. Paris: Seuil. 1995. S 60 23 vgl. BIANCHINI, Roger-Louis: Mafia, argent et politique. S 33 24 vgl. IZZO, Jean-Claude: Total Khéops. S 231 19
Camorra Mafia arabe Nuova Zucca Famiglia Al Dakhil Maitre Éric Batisti Batistis Brunel Bruder Simone Manu Lole Marie - Lou Raoul Farge Emile Poli Joseph Poli Schwester Hugo Fabio Karine Toni Montale Luc Jasmine Wepler Nacer Auch + Polizei Mourrabed Morvan Gruppe Front Driss Kader Leila National Mouloud Laarbi Verwandtschaft Nuova Polizei Famiglia Camorra Freundschaft Front National Arabische Arbeits- oder Abhängigkeits Mafiat verhähltnis 20 Abbildung 10: Die Feinstruktur von Total Khéops
Deutschland gekümmert. Er ist sich des Rückhaltes durch die Camorra sicher.25 Seine Verbindung zu der Nuova Famiglia besteht durch die Heirat mit einer Cousine des Clans VOLGRO. Erst als er keine Familie mehr hat ist alles außer Ruder gelaufen.26 Batisti gibt sich den Anschein, mit Zucca gut zusammenzuarbeiten, in Wahrheit aber wartet er den Moment ab, in dem er seinen Bruder rächen kann. Er hat nicht nur gute Verbindungen zu Zucca, sondern auch zu den Brüdern Poli, da seine Tochter mit einem der beiden verheiratet ist. Die Brüder Poli wiederum sind den rechtsextremen Kreisen des Front National zugetan, gemeinsam mit dem Advokat Zuccas, einem Mitglied der Polizei namens Morvan und dessen Freund Wepler – auch ein Mitglied der Camorra. Batisti ist also ebenfalls nach allen Seiten hin abgesichert.27 Mit der Verhaftung MICHELE ZAZAs ist die Stellung Zuccas nicht mehr so sicher wie zuvor, denn die Nuova Famiglia vermutet einen Verräter in der Umgebung ZAZAs. Sie überträgt dem unauffälligen Batisti den Auftrag, Zucca zu eliminieren und sich selbst an die Spitze zu stellen. Zunächst scheint dies unmöglich, denn Zucca steht rund um die Uhr unter polizeilicher Überwachung. Doch Batisti bringt Manu, den alten Freund Fabio Montales, dazu, kompromittierende Papiere beim Advokaten Zuccas sicherzustellen, um mit der Polizei zu handeln. Manu, der mit der Tochter Batistis liiert war und sie verlassen hat, wird von ihr aus Eifersucht umgebracht. Dies ermöglicht Batisti, Ugo dahingehend zu manipulieren, dass dieser Zucca ermordet. Die Polizei interveniert nicht, erschießt aber den flüchtenden Ugo.28 Danach versucht Batisti alle ihn störenden Personen mittels eines Massakers aus dem Weg zu räumen, Montale inklusive, der nur deswegen überlebt, weil er zu spät zum Treffpunkt kommt. Die militante rechtsradikale Bewegung wird in Total Khéops von Wepler personifiziert. Er schaut auf eine eindrucksvolle Karriere beim Militär zurück und organisiert seit den 90ern militante Gruppierungen des Front National. Izzo teilt die Anhängerschaft des Front National in zwei Gruppen: Die einen, so meint er, seien jene, die sich als Opfer der schlechten Wirtschaft verständen, die Arbeitslosen, die vom Sozialismus und Kommunismus Enttäuschten. Die anderen wären jene, die sehr viel entschlossener seien, 25 vgl. IZZO, Jean-Claude: Total Khéops. S 121 - 122 26 vgl. IZZO, Jean-Claude: Total Khéops. S 191 27 vgl. IZZO, Jean-Claude: Total Khéops. S 267 28 vgl. IZZO, Jean-Claude: Total Khéops. S 268 21
kommend vom Œvre française29, vom GUD(Groupe Union et Défense)30 oder vom Front de lutte anticommuniste. Die militanten Gruppen, die Wepler ausbildet, kommen aus letzterem Milieu, und sie sind jederzeit für den Kampf einsetzbar.31 Wepler möchte aber mehr als nur im Dunkeln Männer ausbilden. Er möchte Marseille von seinen ausländischen Anteilen säubern! Sein Plan ist es, über den Drogendealer Nacer Mourrabed einen Waffenhandel aufzuziehen und den Druck auf die unzufriedene Jugend der quartiers Nord zu erhöhen, um anschließend Unruhen zu erzeugen, die von eben diesen quartiers ausgehen. Diese Unruhen würden die Angst und den Rassismus nähren und einen Aufstieg der politischen Rechten erleichtern. 32 Wepler und sein ebenso nationalistisch eingestellter Freund Morvan sind auch verantwortlich für Leilas Tod. Sie haben Toni mit dem arabischen Mädchen gesehen und ihn daraufhin auf die Probe gestellt. Leila wird im Zuge eines Rituals von drei Männern (darunter Toni) mehrmals vergewaltigt und anschließend umgebracht. 3.2 Struktur 2: Geldwäsche, Erpressung, Fundamentalismus "...dass wir, ohne es zu merken, von einer politischen Gesellschaft, die mafiotischen Types war, in ein mafiotisches System geglitten sind."33 Erpressung ist das Thema des zweiten Teils der Izzo - Trilogie, die die Mafia als Mittel zur ökonomischen Machtergreifung benötigt. Der Gewinn aus dem Drogenhandel wird zu günstigen Bedingungen an Unternehmen mit Geldproblemen weiterverliehen. So wird einerseits die dubiose Herkunft der Finanzen verdeckt und andererseits ein Netz der Kontrolle ausgelegt.34 Übrigens: Die Einnahmen aus dem Drogenhandel sollte man nicht unterschätzen. Babette, die Journalistin, die alles über die Mafia weiß, ist der Ansicht, dass man die Gewinne auf 1650 Milliarden Francs (das sind ca. 60 Milliarden Euro) pro 29 Nähere Informationen zur "nationalistischten Komponente der nationalistischen Bewegung Frankreichs" zB. auf http://www.oeuvre-francaise.com/. Vom Inhalt dieser Seite möchte ich mich ausdrücklich distanzieren. 30 Hierzu empfehle ich die Seite http://francepolitique.free.fr/PUR2.htm , die eine Chronologie und Verbindungen zu anderen rechtsradikalen Bewegungen verzeichnet. 31 vgl. IZZO, Jean-Claude: Total Khéops. S 189 32 vgl. IZZO, Jean-Claude: Total Khéops. S 231 33 vgl. IZZO, Jean-Claude: Chourmo. S 261 34 vgl. IZZO, Jean-Claude: Chourmo. S 273 22
Abbildung 11: Die Feinstruktur von Chourmo Camorra Polizei Gino Fabio Sèrge Montale Pertin Alex Gélou Narni Guitou Islamistischer Extremismus Hocine Draoui Naima Mourad Redouane Hamoudi Hamoudi Hamoudi Adrien Fabre Cûc Polizei Mathias Von der Mafia getötet Farid Mère Hamoudi Hamoudi Liebe Islamistischer Extremismus Arbeits- oder Camorra Avhängigkeitsverhältnis Grandpère Hamoudi Freundschaft Verwandtschaft o.Heirat Jahr schätzen kann. Diese Summe entspräche mehr als dem doppelten Umsatz der globalen Erdölindustrie.35 Alex Narni ist ein professioneller Killer der Mafia und er ist ein Untergebener von JEAN- LOUIS FARGETTE. FARGETTE, genannt le caïd (Gangsterboss), war der Besitzer eines stattlichen Empiriums von Limonaden und Discos und besonders umtriebig, wenn es sich darum handelte, Geld reinzuwaschen. Er wurde 1993 an der Riveria umgebracht.36 – Die Vermutungen in Chourmo gehen dahin, dass eventuell sogar Narni für dessen Tod 37 verantwortlich sein könnte. Neben seinem Job als professioneller Killer ist Narni aber auch Finanzberater bei einer internationalen Wirtschaftsmarketingfirma, zufällig jene Firma, die unter anderem für die Unternehmen der Familie Fabre tätig ist: Sowohl für 35 vgl. IZZO, Jean-Claude: Chourmo. S 361 36 vgl. JEROME, Philippe: Le Var: un département gouverné au milieu. 13.5.1998. http://www.humanite.fr am 11.6.2004 37 vgl. IZZO, Jean-Claude: Chourmo. S 272 23
das Architekturbüro Adrien Fabres als auch für die Modefirmen von Cûc. Die Beratung dieser und ähnlicher Firmen sieht folgendermaßen aus: Die napoletanische Camorra leiht Geld an Personen, Unternehmen und Firmen zu relativ günstigen Bedingungen. Solange es nicht zu Schwierigkeiten bei den Rückzahlungen kommt, verhält die Mafia sich kooperativ. Adrien Fabre benötigte dringend Geld, um seine Projekte und auch jene seiner Frau Cûc realisieren zu können. Als Cûc hinter das Finanzierungsgeheimnis kam, versuchte sie ihren Mann davon zu überzeugen, daß es besser wäre zu fliehen. Fabre aber meinte, er könne seine Kontakte unter Kontrolle halten, und sie dafür nützen, seine Karriere zu forcieren. Sollte er dann oben an der Spitze stehen - wo er hinwollte - so würde er sowieso ausreichend Macht haben, um diese Kontakte wieder loszuwerden. Erst als er mit seinen Zahlungen etwas säumig wird, lässt ihn die Mafia ihre Macht spüren - indem sie ihn zwingt an der Exekution Draouis zuzusehen. Da erst wird ihm bewußt, worauf er sich eingelassen hat und bereitet alles zu einer Flucht vor. Entkommen kann er allerdings nicht. Eine weitere Person, die von der Erpressung durch die Mafia betroffen war, hieß Gino und war mit Montales Cousine Gélou verheiratet. Die beiden führten ein gutgehendes Restaurant in Marseille. Bald nach der Eröffnung wurde ein gewisser Alex Narni ein Stammkunde von Nino und brachte häufig illustre Gäste mit. Manchmal waren es aber auch Mafiosi. Trotz des ständig ausgebuchten Lokals verdiente die Familie nicht allzuviel, schließlich sprach Gino sogar davon, zu verkaufen und woanders hinzugehen. Eines Abends stritt er sich mit Narni, der sich in die schöne Gélou verliebt hatte. Einen Monat später war Gino tot und Narni half Gélou, sich eine neue Existenz aufzubauen...38 Der islamistische Extremismus macht die zweite Struktur in Chourmo aus. Im ersten Teil wird uns der junge Toni vorgestellt, der keine Aussichten auf Arbeit oder Geld hat, glaubt, mithilfe der Mafia seine Karriere beschleunigen zu können und daran zugrunde geht. In Chourmo nimmt diesen Platz Redouane ein, aus der maghrebinischen Unterschicht, der zunächst ständig im Konflikt mit der Legalität steht, bis er im Gefängnis auf einen Prediger trifft, der ihn zum Glauben bekehrt. Redouane wird zum militanten Vertreter des islamistischen Glaubens, macht bei Überlebenstrainings mit, nimmt am 38 vgl. IZZO, Jean-Claude: Chourmo. S283 - 288 24
Krieg in Bosnien teil, bewahrt Pamphlets des FIS bei sich zu hause auf, verprügelt gemeinsam mit seinen Freunden Drogendealer.39 Die Drahtzieher der militanten Bewegung bedienen sich sozialer Einrichtungen, um zu rekrutieren, wie zB. Freizeiteinrichtungen, Unterstützung bei der Schule oder Arabischkurse. Das Ziel der Bewegung ist aber, urbane Guerillaeinheiten aufzubauen.40 Der FIS hat in ihrer Radikalität sogar Gemeinsamkeiten mit dem Front National entdeckt. So lautet der Text einer Deklaration des F.N.: "Dank des FIS werden die Algerier mehr und mehr den Arabern ähnlich und immer weniger den Franzosen. Der FIS spricht sich für das Recht des Blutes aus. Auch wir! Der FIS ist gegen die Integration der Einwanderer in die französische Gesellschaft. AUCH WIR! [...] Der Sieg des FIS ist eine unerhoffte Chance, ein Iran vor unserer Haustüre zu haben. "41 Pertin, Polizist, sympathisiert ebenso wie der F.N. mit den strengen Regeln des Islam. Er geht sogar so weit, Delinquenten unbehelligt zu lassen, solange diese in den berüchtigten Vierteln der Stadt für Ruhe sorgen. 3.3 Struktur 3: Wirtschaftliche Kontrolle und Liquidierung "Eine Gesellschaft ohne Moral ist nicht mehr die Gesellschaft."42 Der letzte Teil der Trilogie ist vom Aufbau her einfacher als die anderen beiden. Hier geht es nicht mehr in erster Linie um eine komplizierte Intrige, hier wird die Allmacht der Mafia demonstriert. Einerseits liefert Babette noch einmal beunruhigende Informationen bezüglich der Infiltration des organisierten Verbrechens in Frankreich. Andererseits stellt sich die Mafia in ihrer grausamsten und unerbittlichsten Form dar, denn es geht darum, InformationsträgerInnen unschädlich zu machen. Und da wird vor keinem Mord zurückgeschreckt. Babette beschreibt, wie sich die Mafia in die weltweite Ökonomie einschleicht: Die Öffnung der Marktwirtschaft, die Privatisierung und Liberalisierung begünstigen die Internationalisierung der kriminellen Ökonomie. Die Einnahmen aus dem Drogen- und 39 vgl. IZZO, Jean-Claude: Chourmo. S 204 40 vgl. IZZO, Jean-Claude: Chourmo. S 237 41 IZZO, Jean-Claude: Chourmo. S 194. Übersetzung von der Verfasserin. 42 IZZO, Jean-Claude: Solea. S 150. Übersetzung von der Verfasserin. 25
Attilio Bruno Georges De Luca + famille Mavros Gianni Sonia De Luca Mafia Enzo De Luca Babette Ricordo Bellini Bruscati 2. Killer Honorine Fabio Montale Fonfon Père Pessayre Félix Hélène Pessayre Chauffeur Béraud Verwandtschaft Von der Mafia getötet Freundschaft Liebe Arbeits- oder Abhängigkeitisverhältnis Abbildung 12: Die Feinstruktur von Solea Waffenhandel, nuklearer Materialien und den klassischen, von der Mafia betriebenen Geschäfte wie Prostitution, Glücksspiel und Devisenhandel bringen laut einem Bericht der UNO Tausende Millionen Dollars. Darüber hinaus ist die Mafia aber auch legal in die Wirtschaft eingebunden, indem sie in rechtlich einwandfreie Geschäfte investiert oder sie kontrolliert. Diese Vorgehensweise dient der Geldwäscherei, ist aber auch eine willkommene zweite Einnahmequelle. Die üblichen Bereiche, in denen die Mafia tätig ist, sind Luxusmöbel, die Vergnügungsindustrie, Editionen, Medien und Banken, aber es beschränkt sich nicht auf diese.43 Izzo lässt seine Journalistin Babette spekulieren, dass die Verstrickung von illegalen und legalen Geschäften noch gravierende Auswirkungen auf unseren Kapitalismus der Nachkriegszeit haben werden. Die Abwicklung legaler Geschäfte dient den kriminellen Organisationen dazu, schmutziges Geld reinzuwaschen, 26
während die legalen Institutionen das Geld in Richtung Mafia schieben. Dies alles ist möglich, weil das organisierte Verbrechen Banken und Handelsfirmen kontrolliert, die entweder in die Geldwäsche oder in andere Geschäfte der Mafia verwickelt sind. Die Banken täuschen vor, nichts vom Ursprung des Geldes zu wissen, das durch ihre Filialen geht, während sie die nicht unbeträchtlichen Kommissionen einstecken. Aber darüber hinaus gewähren sie mafiotischen Organisationen auch noch Kredite zu hohen Prozentsätzen, zum Schaden von produktiven Investitionen, wie jenen der Industrie oder der Landwirtschaft. Außerdem besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Verschuldung, dem Schwarzmarkt und der Geldwäscherei. Denn die staatliche Wirtschaft, so Izzo, ist in eine Krise gestürzt: Nach der Schuldenkrise in den 80ern sind die Preise für Rohstoffe stark zurückgegangen, was die Entwicklung der betroffenen Exportländer gehemmt hat. Die Einsparungspolitik verhindert Investitionen, die Arbeitslosigkeit steigt, die Löhne sinken.44 Die Mafia profitiert vor allem von den Steuerparadiesen, wo sie sich sicher sein kann, dass ihr Geld von den größten Banken der Welt diskret und gewinnorientiert angelegt wird. Der heutige Stand der Technik ermöglicht es darüber hinaus, kompromittierende Profite aus illegalen Transaktionen auf schnellstem Wege verschwinden zu lassen. Durch elektronische Übertragung lassen sich Geldsummen einfach zwischen der Mutterorganisation und verschiedenen Filialen verschieben, was die Umgehung von Steuerzahlungen ermöglicht. Die Anhäufung von großen Kapitalreserven in den Steuerparadiesen ist gleichzeitig für die Defizite der meisten westlichen Länder mitverantwortlich. 45 Die Mafia, dargestellt von zwei Killern, geht in Solea buchstäblich über Leichen, um an Babette Bellini zu gelangen. Die professionellen Mörder töten ihren Freund Gianni und dessen Bruder. Nach der Flucht Babettes nach Frankreich ermorden sie eine flüchtige Bekannte von Fabio, Sonia De Luca, anschließend seinen Freund Mavros. Der Showdown auf den Îles de Frioul endet mit dem Tod von Félix, Babette, dem Polizisten Béraud, einem der Killer und Montales. Damit endet auch die Trilogie. 43 vgl. IZZO, Jean-Claude: Solea. S 129 44 vgl. IZZO, Jean-Claude: Solea. S 149 45 vgl. IZZO, Jean-Claude: Solea. S 233 27
Schlusswort Diese Arbeit soll ein Versuch sein, einen Einblick in das Wesen der südfranzösischen Mafia zu geben. Mein Zugang erfolgte über ein literarisches Werk aus den 90er Jahren. Mir war es ein Anliegen, mithilfe der Trilogie von Jean-Claude Izzo die Strukturen und die Tätigkeitsbereiche der Mafia in Marseille auszuarbeiten. Die Informationen aus den Abbildung 13: Notre Dame de la Garde. Foto von Guillaume Brabet, 10.6.2004 Romanen habe ich durch zusätzliche Recherchen ergänzt. Es hat sich herausgestellt, dass die Kolonisiserung Frankreichs bereits weit fortgeschritten ist. Das organisiserte Verbrechen hat sich in Marseille vor allem auf den gut gehenden Drogenmarkt gestürzt, aber auch andere Sparten wie die Prostitution, Spiel und Geldwäsche nicht vernachlässigt. Diese Beschäftigungen werden von Erpressung begleitet. Das übergeordnete Ziel ist die Übernahme der wirtschaftlichen und politischen Macht. Um den nicht unbegrenzten Markt brechen auch Streitigkeiten aus, die in blutigen Bandenkriegen ausgetragen werden können. Vor Allianzen mit rechtsradikalen und nationalen Bewegungen wird nicht zurückgeschreckt. Izzo stellt das so dar: Das organisierte Verbrechen profitiert von jeglicher Radikalisierung der Gesellschaft, von Intoleranz und Hass. Er sieht einen engen Zusammenhang zwischen sozialer Misere und dem Zulauf zu radikalen oder verbrecherischen Organisationen. Jugendliche, denen man 28
das schöne Leben zeigt, aber nicht ermöglichen will, werden zu leichten Opfern dieser Bewegungen. Der Staat also, der sich der Verantwortung entzieht, sich um die Zukunft seiner Jugend zu kümmern, muss damit rechnen, mafiotischen und radikalen Bewegungen den Weg geebnet zu haben. Jean-Claude Izzo hat mit seiner Trilogie ein Werk vorgelegt, dass einen ganz besonderen Blickwinkel auf die Mafia ermöglicht. Das leise Unbehagen, das sich während der Lektüre einschleicht, soll uns folgendes zeigen: Die Mafia kann man zwar gewissermaßen unter der Lupe in sterilem Zustand betrachten. In Wirklichkeit aber steht sie mit dem Menschen neben uns oder vielleicht sogar mit uns selbst in Kontakt. 29
Bibliographie Primärliteratur IZZO, Jean – Claude (1995) Total Khéops. Paris: Gallimard. IZZO, Jean – Claude (1996) Chourmo. Paris: Gallimard. IZZO, Jean – Claude (1998) Solea. Paris: Gallimard. Sekundärliteratur BIANCHINI, Roger - Louis (1995) Mafia, argent et politique, enquête sur les liaisons dangereuses dans le Midi. Paris: Seuil. 1995 HESS, Henner: Mafia: zentrale Herrschaft und lokale Gegenmacht. Tübingen: Mohr. 1986 Internetseiten BIANCHINI, Roger-Louis: La Côte d´Azur nouvelle aire de jeux. 1981. http://www.historia.presse.fr/, am 4.11.2003 JEROME, Philippe: Le Var: un département gouverné au milieu. 13.5.1998. http://www.humanite.fr am 11.6.2004 QUADERNI GIURIDICI IMPERIESI (Hg.): Mafia ou Mafie? 23.5.2003, http://digilander.libero.it/ am 4.11.2003 I miliardi della droga. http://www.scuoladusmetnicolosi.it/didattica/noisiamo/antologia/a- imiliardidelladroga.htm , am 4.11.2003 Michele Zaza. http://glasgowcrew.tripod.com/zaza.html am 4.11.2003 Zaza l´Heroine. http://www.zzz.it/zzz/z/ieri/zaza.htm am 4.11.2003 http://authologies.free.fr/izzo.htm abgerufen am 6.5.2003 http://francepolitique.free.fr/PUR2.htm am 11.6.2004 http://perso.club-internet.fr/ciappile/ abgerufen am 6.5.2003 http://www.interieur.gouv.fr am 12.6.2004 http://www.jcizzo.com/ abgerufen am 6.5.2003 http://www.jeanclaude-izzo.com abgerufen am 6.5.2003 http://www.lexpress.fr/info/monde/dossier/algerie/dossier.asp?id=215949 am 12.6.2004 http://www.nicaso.com/pages/doc_page87.html am 4.11.2003 http://www.oeuvre-francaise.com/ am 11.6.2004 30
Anmerkungen Die `Ndrangheta hat ihren Ursprung in Calabrien, aber heute ihre Mitglieder sowohl in Ligurien, der Emilia Romagna, Piemonte, Lombardia, Veneto, Valle d´Aosta als auch in Frankreich, Deutschland, Russland, Ex - Jugoslawien, Schweiz, Bulgarien, Bolivien, den USA, Canada und Australien - kurz auf der ganzen Welt.. Eine Zeit lang war man sogar im Zweifel darüber, ob die `Ndrangheta überhaupt existiert, doch konnte von der Direzione Invetigatrice Antimafia der Beweis erbracht werden, dass die Organisation aus 155 cosche (Mz. von cosca: Mafia - Klan) und 6000 Mitgliedern besteht und Verbindungen zu Politik und Geheimagenten hielt, was ihr staatliche Repressionen ersparte und eine Konsolidierung auf italienischem Boden ermöglichte. `Ndrangheta ist horizontal nach Familien (des Blutes) organisiert - die Blutsbande werden durch verkreuzte Heiraten verstärkt - und jede Familie hat ihr Territorium, auf dem sie nach eigenem Gutdünken agieren kann. Das Reglement der `Ndrangheta sieht bei falschem Verhalten eine Sanktionierung innerhalb der Organisation vor. Die Geschäfte laufen hauptsächlich über den internationalen Waffenhandel, den Verkauf und Handel von Drogen und Erpressung. Nach dem Krieg der cosche 1985 wurde von den calabresischen Familien ein Organismus kreiert, der aus den mächtigsten Chefs besteht und die Kontrolle über die anderen Familien übernommen hat.46 Die Camorra ist die einzige, die ihren Ursprung in der städtischen Umgebung hat. Diese mafiotische Organisation übt eine extrem starke Kontrolle über ihr Gebiet aus und integriert besonders die ärmeren Schichten. Sie verfügt über solide Verbindungen zur Politik. Die Camorra besteht aus ca. 111 Familien und 6 700 Mitgliedern in Kampanien, sie ist weiters in Holland, Deutschland, Rumänien, Frankreich, Schottland, Spanien und Portugal und Santa Domingo vertreten. Entstanden gegen Beginn des 19. Jahrhunderts in Neapel, wurde die Camorra mehrmals von der Politik benutzt und sogar eine Zeitlang in die Polizei integriert. Flexibel und in die Gesellschaft integriert konnte die Camorra lange Perioden der Illegalität und Verfolgung überleben. Die Struktur der Gruppe ist eher lose: Sie besteht aus Banden, die sich zusammenschließen und wieder lösen können. Nur zweimal hat es Versuche gegeben, 46 vgl.: QUADERNI GIURIDICI IMPERIESI (Hg.): Mafia ou Mafie? 23.5.2003, http://digilander.libero.it/quadernigiuridici/mafia_ou_mafie.htm? am 4.11.2003 31
diese lockere Struktur durch eine strengere Hierarchie abzulösen: Einmal in der zweiten Hälfte der 70er, als von CUTOLO die Nuova Camorra Organizzata und Ende der 70er von BARDELINO, NUVOLETTO und ALFIERI die Nuova Famiglia gegründet wurden, letztere in Absprache mit der Cosa Nostra. Das zweite Mal wollte ALFIERI eine einheitliche Reform vornehmen und die Nuova Mafia Campana gründen, doch kann man diesen Versuch zur Neuerung als gescheitert bezeichnen. Die Camorra verfügt anders als die `Ndrangheta und die Cosa Nostra weder über Selektionsverfahren, noch über feste Strukturen oder ein Initiierungsritual. Die Tätigkeiten der Camorra sind breit gefächert. Sie gehen vom Zigarettenschmuggel über Handel und Verkauf von Drogen, Betrug, Raub, Erpressung bis hin zu illegalem Import von Fleisch, illegalem Waffenhandel und Glücksspiel und dem Monopol auf Beton. 47 47 vgl. http://www.nicaso.com/pages/doc_page87.html am 4.11.2003 32
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