Pollozek / Behringer Die zeitlose Ayurveda-Küche - Leseprobe
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Pollozek / Behringer Die zeitlose Ayurveda-Küche Leseprobe Die zeitlose Ayurveda-Küche von Pollozek / Behringer Herausgeber: Narayana Verlag http://www.narayana-verlag.de/b8345 Im Narayana Webshop finden Sie alle deutschen und englischen Bücher zu Homöopathie, Alternativmedizin und gesunder Lebensweise. Copyright: Narayana Verlag GmbH, Blumenplatz 2, D-79400 Kandern Tel. +49 7626 9749 700 Email info@narayana-verlag.de http://www.narayana-verlag.de Narayana Verlag ist ein Verlag für Bücher zu Homöopathie, Alternativmedizin und gesunder Lebensweise. Wir publizieren Werke von hochkarätigen innovativen Autoren wie Rosina Sonnenschmidt, Rajan Sankaran, George Vithoulkas, Douglas M. Borland, Jan Scholten, Frans Kusse, Massimo Mangialavori, Kate Birch, Vaikunthanath Das Kaviraj, Sandra Perko, Ulrich Welte, Patricia Le Roux, Samuel Hahnemann, Mohinder Singh Jus, Dinesh Chauhan. Narayana Verlag veranstaltet Homöopathie Seminare. Weltweit bekannte Referenten wie Rosina Sonnenschmidt, Massimo Mangialavori, Jan Scholten, Rajan Sankaran & Louis Klein begeistern bis zu 300 Teilnehmer
Die Energetik der Nahrung Der Dosha-spezifische Einfluss der Jahreszeiten und ausgleichende Maßnahmen (Rtucharya) Dominantes Dosha VATA Kosmisches Prinzip Dynamik Funktion Kontrolle über alle Bewegungsabläufe Naturbezüge Golfströme, Erdrotation, Gravitation Jahreszeit (W-Europa) 1. Okt. - 1. Febr. (Herbst/Frühwinter) Witterungseinflüsse Wind (Herbststürme/Klimawechsel) Klimatische Orkane, Dürren, Klimaschwankungen Störungen Dominante leicht kalt Qualitäten trocken rau (Gunas) veränderlich mobil Dominante Elemente Luft + Äther Physisches Leitsymptom Schmerz Stammsitz Dickdarm Einfluss auf Dhatus Gewebe abbauend Saisonale Störungen & Obstipation, Blähungen, Unterkühlung, Gelenkschmerzen, Krankheitstendenzen Husten, Schnupfen, Nervosität, Schlafstörungen, Ängste Ausgleichende Rasas süß, sauer und salzig Ausgleichende schwer heiß ölig Qualitäten (Gunas) träge stabil schleimig nahrhafte, gekochte, warme, ölige, gut gewürzte Voll- Ernährung generell wertkost / Getränke, Suppen, Eintöpfe, Bohnen-, Reis- gerichte, Gratins Wurzelgemüse, gekocht; gelbe, rote, Gemüse orange Gemüsepfannen, Aufläufe Getreide Dinkel, Weizen, Hafer, Quinoa, Reis Hülsenfrüchte Mungdal, rote Linsen, Toor Dal, Tofu Obst süße & saure Früchte, gedämpft Kreuzkümmel, Ingwer, Muskat, Pfeffer, Gewürze & Kräuter Ajwan, Fenchel, Hing, Kardamom, Zimt Getränke Gewürztees/-milch, Yogitee, milde Weine Milchprodukte in Maßen, Sauermilchprodukte, Milch, Ghee Fleisch/Fisch Geflügel, Fisch, Rind, Ziege, Hammel, Eier Einschränken Rohkost, Hefeprodukte, trockene Speisen 124
Die ayurvedische Ernährungslehre Essen & Leben im Einklang mit den Jahreszeiten die reinigend und dynamisierend auf Leber, Darm, Blut und Lymphsystem wirken. Wenn jede Tageszeit ihre spezifischen Qualitä- Ideale Speisen im Frühling (Kapha reduzierend): ten birgt, gilt das einmal mehr für die Jahreszei- Erbsen, rote Linsen, Bohnen, Sojaprodukte, Ge- ten. Den Wandel und den massiven Einfluss einer müsesuppen, Rohkost, Staudensellerie, Rettich, alle Jahreszeit spürt jeder am eigenen Leib. Nach dem Kohlsorten, alle grünen Blattgemüse, Salate und Gesetz „Gleiches verstärkt Gleiches“ leiden die käl- besonders die drei goldenen Wurzeln Ingwer, Zwie- teempfindlichen Vata-Typen besonders im Spät- bel, Knoblauch (Details siehe Nahrungstabelle). herbst oder Frühwinter – dem Höhepunkt des kos- mischen Vata-Einflusses auf die Erdatmosphäre. Ideale Gewürze: Bockshornkleeblätter und -sa- men, Ingwer(-pulver), Kardamom, Gewürznelke, 3 Galgantwurzel, Knoblauch, Cumin, Safran, rote Später Winter/Frühling (1.2.–1.6.): Senfsaat, grüne und rote Chilischoten, schwarzer Kapha-Zeit – Entgiftungszeit Pfeffer, Zimt. Das Wasser- und Erdelement bewirken in die- Meiden: süße, saure und salzige Speisen, schwe- ser Jahreszeit eine feuchte Kälte, Regen, Graupel, re, frittierte, fette Nahrungsmittel, Milchprodukte, Schnee(schmelze), bewölkten Himmel und trübes, tierisches Eiweiß, Weizen-, Dinkel- oder Weiß- nass-kaltes Wetter. Im Januar/Februar sitzt der an- mehlprodukte und Süßigkeiten. gesammelte Schleim noch sehr fest. Es ist die Zeit von Erkältung, Schnupfen und Nebenhöhlenka- Sommer/Frühherbst (1.6.–1.10.): tarrh. Wer dazu neigt und zudem eine Kapha-Na- Pitta-Zeit – aktive Zeit tur besitzt, sollte Milchprodukte bereits ab Mitte Januar stark einschränken, weniger Fleisch essen Wenn das Feuerelement dominiert, gibt es sehr und seinen Süßigkeitsvorrat verschenken. Starten heiße, schwüle, tropische Sommer mit Wärmege- Sie mit einer Kapha reduzierenden Diät. In der wittern und Wetterleuchten. Herrscht das Wasser- christlichen Tradition fastet man genau in dieser element vor, wird der Sommer verregnet bis hin zu Zeit. Überschwemmungen. Mit dem Einfluss von Pitta Die Monate März bis Mai entsprechen der „in- im Sommer werden die natürlichen Kalorien- und neren Schlackenschmelze“ des Körpers. Es ist die Energiedepots des Körpers automatisch verbrannt. beste Zeit für Fastenkuren oder mildere Monodi- Dadurch entsteht im Körper Hitze, zusätzlich zur äten zur Entlastung des Organismus (siehe S. 329 äußeren Wärme. Das Agni wird deshalb zum Aus- ff.). Auch Fitness-Programme und Schlafreduktion gleich zurückgefahren, weil der Körper nur wenig wirken Kapha reduzierend und vorbeugend ge- Wärmekalorien über die Nahrung erzeugen muss. gen die Frühjahrsmüdigkeit. Das Agni ist in dieser Essen Sie deshalb weniger und achten Sie auf Ihr Periode relativ schwach. Die Schleimhäute – Sitz Sättigungsgefühl. Sorgen Sie jetzt für Kühlung und von Kapha – beginnen sich zu erneuern. Sie sto- Entspannung. Schränken Sie deshalb auf jeden ßen dabei viel überschüssigen Schleim ab. In die- Fall Salz, Gewürze und Alkohol ein. An heißen ser Phase sollte man folglich keine verschleimen- Tagen sollte genügend Wasser getrunken werden den, also Kapha vermehrende, Nahrungsmittel wie und körperliche Anstrengung gemieden werden – Milchprodukte, Süßigkeiten oder zu viel tierisches insbesondere mittags zur Pitta-Tageszeit. Eiweiß, Weizenprodukte und Brot zu sich neh- Halten Sie sich öfter an schattigen luftigen Plätzen, men. Unterstützend wirken alle austrocknenden im und am Wasser sowie in Blumengärten auf. Vata-Nahrungsmittel und alle wärmenden, Pitta Das besänftigt erhitzte Gemüter, besonders die der anregenden Gewürze. Alle grünen Gemüse sind Pitta-Typen! chlorophyllhaltig und enthalten damit Bitterstoffe, 125
Die Energetik der Nahrung Ideale Speisen im Sommer (Pitta reduzierend) Ideale Speisen in der kalten Jahreszeit (Vata Frisches regionales Obst, alle wässrigen Gemüse reduzierend): Warme Mais-, Gersten- und Reis- wie Gurken, Zucchini, grüne Blattgemüse, Salate gerichte, Nüsse, Kürbis, Auberginen, Knollenge- (Details siehe Nahrungstabelle). müse, Kartoffeln, Eintöpfe und Suppen, warme Ideale Gewürze: Anis, Fenchel, Koriander, Peter- Milchprodukte in Maßen, Mungbohnen, Fleisch, silie, Minze u. a. frische Gartenkräuter. Fisch (Details siehe Nahrungstabelle). Meiden: saure, salzige und scharfe Speisen, Nacht- Ideale Gewürze: Ingwer, Muskat, Galgantwurzel, schattengewächse, Frittiertes, rotes Fleisch, Sau- Zimt, Kreuzkümmel, Ajwan, Nelke, Asant, Lor- ermilchprodukte, konzentrierte alkoholische Ge- beerblätter, Herbes de Provence. tränke. Meiden: Bittere, herbe und scharfe Speisen, zu viel Rohkost, Kohlsorten, rohes Obst, zu schwere Spei- Spätherbst/Frühwinter (1.10.–1.2.): sen wie Weizengerichte, kalte Speisen und Geträn- Vata-Zeit – turbulente Zeit ke, Aufgewärmtes, Fast Food, Fasten. Raum- und Luftelement dominieren im Herbst Alle konstitutionellen Schwächen werden stark mit ihren kalten, trockenen Winden und ihrer durch den Faktor Zeit beeinflusst Wechselhaftigkeit. Der Frühherbst ist noch Pitta- Vata verursachte Krankheiten werden meist durch Jahreszeit, in der die Galle verstärkt arbeitet. Mit Wetter-, LuftdrucK– oder Temperaturstürze, Föhn der zunehmenden Kühle und dem Einsetzen der oder Bewölkung ausgelöst. So spüren beispiels- Herbststürme gewinnt Vata langsam die Ober- weise Rheumatiker (Rheuma heißt Amavata) kurz hand. Der Oktober ist oft noch recht warm. Ist die vor einem Sturmtief eine Verschlimmerung ihrer Sonne weg, spürt man, wie der Boden die Wärme Symptomatik. schluckt und wie sich die Kälte mit dem Wind aus- breitet. Viele Sonnenanbeter sind in dieser Zeit oft Achten Sie von nun an auf die natürlichen Rhyth- leichtsinnig und zu leicht bekleidet, besonders die men der Doshas in Ihrem Körper und in Ihrer wärmebedürftigen Vata-Naturen. Umgebung. Stellen Sie bei Wetterwechsel Ihre Er- Mit den ersten Nachtfrösten steigt das Vata in der nährung um. Passen Sie sie entgegengesetzt den Natur drastisch an. Verspannungen, GelenK– und Qualitäten der Witterung an. Herrscht beispiels- Knochenschmerzen, unregelmäßige Verdauung weise feucht-kalt-schweres Wetter vor, essen Sie und Schlafstörungen können sich einstellen. Ein trockene, heiße, leichte Speisen. Essen Sie auch bis maximal zwei Fastentage mit Ingwertee und stets das, was momentan zu wenig in Ihrem Kör- anschließend gut gewürzten Mungbohnen-Gemü- per vorherrscht oder was einen Dosha-Überschuss se-Eintöpfen oder Kichari können erfolgreich über ausgleicht. diese Umstellungsphase hinweg helfen (siehe S. 342). Besonders wichtig ist jetzt ein regelmäßiger Tagesablauf, was die Mahlzeiten und die Ruhe-/ Aktivitätsphasen anbelangt. Der Körper braucht Unterstützung durch warme, würzige Speisen und Getränke und vor allem nahrhafte, kalorienreiche Kost. Nur so kann Agni genügend innere Wärme produzieren. Im Lauf des Novembers entwickelt sich das Verdauungssystem zu einem Hochofen mit erhöhtem Kalorienbedarf. Es ist keine Zeit für Fastenkuren oder nachlässige Mahlzeiten, will man nicht wie ein Hungerhaken aussehen. 126
Die ayurvedische Ernährungslehre Harmonie ist nur möglich durch Rhythmus Rhythmus bedeutet Routine. Routine ist Regelmä- WICHTIG! ßigkeit – die ewige Wiederkehr des Gleichen. Dem menschlichen Geist widerstrebt Routine zutiefst. Reduzieren Sie Vata durch eine Vata ausglei- Der Körper hingegen reagiert äußerst empfindlich chende Diät (V–), wenn auf permanente Änderungen. Er liebt Ankerpunk- • Ihr Vata-Anteil erhöht ist oder Sie ein domi- te – feste Zeiten und Rhythmen, auf die er sich ein- nanter Vata-Typ sind. stellen kann. Der Körper hat ein inneres Uhrwerk. • Sie sich in der Vata-Lebensphase (ab 50 Jah- Wenn wir wie ein Surfer auf diesen Zeitwellen ren aufwärts) befinden. reiten, wird der Körper störungsfrei wie ein regel- • die Witterung gerade kalt, trocken, wechsel- haft oder windig ist. 3 mäßig gewartetes Auto funktionieren. Gewöhnen Sie sich deshalb eine tägliche Gesundheitspflege • Sie sich in einer Steppen-, Küsten- oder an (Dinacharya), um Ihre drei Doshas in Harmo- Hochgebirgsregion aufhalten. nie zu halten. Der Körper liebt regelmäßige Dinge wie Gewohnheiten und Routine – also auch feste Reduzieren Sie Pitta durch eine Pitta aus- Schlafzeiten, Essenszeiten und regelmäßige Akti- gleichende Diät (P–), wenn vitäts- und Ruhephasen. • Ihr Pitta-Anteil erhöht ist oder Sie ein domi- nanter Pitta-Typ sind. • Sie sich in der Pitta-Lebensphase (zwischen 18-55 Jahren) befinden. • die Witterung gerade heiß, schwül, feucht- warm oder drückend ist. • Sie sich in einer Tropenwald-, Wüsten- oder Südseeregion aufhalten. Reduzieren Sie Kapha durch eine Kapha ausgleichende Diät (K–), wenn • Ihr Kapha-Anteil erhöht ist oder Sie ein do- minanter Kapha-Typ sind. • Sie sich in der Kapha-Lebensphase (Kind- heit oder Jugend) befinden. • die Witterung gerade nass, kalt, bewölkt oder regnerisch ist. • Sie sich in einer regenreichen Region, im ewigen Eis, in Seengebieten oder in den Wäldern des Nordens aufhalten. 127
Die Energetik der Nahrung Das Essritual „Trinken vor der Mahlzeit wirkt wie Medizin, während des Essens wie Nektar, nach dem Essen wie Gift.“ (Upanishaden) 128
Die ayurvedische Ernährungslehre Der Geschmackssinn gilt als Hüter der ist eine Opfergabe an unser inneres Verdauungs- Schwelle zu unserem Verdauungssystem feuer, ähnlich den Opferungen bei Feuerritualen. Essen ist – wie das Kochen selbst – eine Kunst. Über die Nahrung empfangen wir das Bewusst- sein des Kochs und die Schwingungsebene der Jeder Bissen Nahrung muss seine ei- Nahrung (siehe S. 110 ff. „Das Triguna-Konzept“). gene individuelle Existenz aufgeben Beispiel: Die Angst und die Ohnmacht des Tieres, Er wird durch die Kraft von Agni verwandelt, das getötet wird, oder die Wut des Kochs regist- um in einem größeren Kosmos in Menschen- riert der Esser unterschwellig und nimmt diese form weiterzuleben. Etwas, das „nicht ich“ ist, Schwingungen in sich auf. Da die Nahrung glei- wird durch den Ich-Macher (Ahamkara) zu 3 chermaßen Körper, Geist und Bewusstsein nährt, einem Teil von mir selbst umgewandelt. Jede sollten wir Speisen und Koch mit Bedacht aus- Substanz fungiert entweder als „Nahrung“, wählen und mehr Liebe in unsere täglichen Ver- „Medizin“ oder „Gift“. Da jede Nahrung ne- richtungen bringen. Die Rishis sahen in Nahrung ben Prana Träger von Bewusstsein ist, liegt die eine Offenbarung Gottes. Ein kleines Gebet vor Entscheidung bei uns, welches Bewusstsein dem Verzehr, in Stille gesprochen, macht aus blo- am ehesten unserem Lebensziel und Lebens- ßer Nahrung eine „gesegnete“ Mahlzeit. Sie neu- gefühl entspricht. tralisiert das Bewusstsein anderer Menschen, die Nahrung (Sattva) ist das, was unseren Körper, mit der Nahrung in Verbindung standen. So wird unsere Sinne und unser Bewusstsein aufbaut aus dem elementaren „Töten des Hungers“ mittels und nährt. Es ist das, was unser Körper be- Füllmaterial ein Nektar, der für uns wie geschaffen herrscht und verarbeiten kann. ist und Geist, Seele und Sinne nährt. Als Medizin (Rajas) bezeichnen wir in der Der Ayurveda lehrt uns, dass Nahrung Prana ist – Ayurveda-Heilküche die Gewürze und die der Kraftstoff aller Lebewesen achtsame Auswahl und Zubereitungsweise der Leben ist folglich eine permanente Suche nach Nahrung. All das verbessert die Assimilation, Nahrung. Das Sanskrit-Sprichwort „Leben lebt die Absorption sowie die Ausscheidung von von Leben“ sagt im Grunde alles. Wir erhalten Unverdaulichem. Medizin ist all das, was uns unser Leben, indem wir das Leben anderer kon- bei der Verdauung (Beherrschung) der Nah- sumieren. Aus Sicht der Natur haben alle Wesen rungsmittel unterstützt. ein gleiches Anrecht auf Leben. Wenn wir in Har- Gift (Tamas), also toxisch wirkende Nahrungs- monie mit der Natur zu leben wünschen, sollten mittel, blockieren die Verdauung. Sie stören wir sie und „ihre Kinder“ nicht achtlos zerstören den Aufbau unserer Gewebe und Organe und oder töten. Sir J. Chandra Bose14, Indiens be- stumpfen Sinne und Bewusstsein ab. Als „Gift“ rühmter Physiker, fand vor mehr als einem halben wird all das bezeichnet, was die Verdauungs- Jahrhundert heraus, dass Pflanzen Sinnesorgane kraft und damit die „Beherrschung“ durch un- haben. Sie leben selbst nach der Ernte noch. Be- seren Körper herausfordert (Details s. S. 138 ff.). reits die Rishis stimmen dem zu, dass die Karotte, Ein Grund, weshalb in Indien der Akt des Es- die wir versaften, oder der Kohl, den wir für den sens ritualisiert wurde, ist sein Opferungsaspekt. Kochtopf klein schneiden, wie ein Tier Schmerz Diese Art der Demutsbezeugung verhindert, und Schrecken empfinden. Pflanzen können uns dass wir den Essensakt als Ersatzbefriedigung ihre Empfindungen nicht mitteilen. Deshalb glau- oder demonstrative Unterwerfung der Tier- und ben wir, sie hätten keine. Aber auch Gemüse und Pflanzenwelt missbrauchen. Das Essritual redu- Früchte haben sie. Essen ist ein geheiligter Akt. Es ziert auch die negativen Qualitäten von Nah- rung und verstärkt seine positiven Wirkungen. 14 www.famousscientists.org/jagadish-chandra-bose 129
Die Energetik der Nahrung Pfade zur Gesundheit – Pfade zur Krankheit Die Unterdrückung der 13 körperlichen Trie- be (Vegasamdharana) Laut Caraka gibt es verhaltenspsychologische und mentale Ursachen für die Zerstörung der Harmo- Der Rishi Atreya Muni beschreibt in der Caraka nie der Doshas. Alle Gründe haben mehr oder we- Samhita die körperlichen Triebe oder Reflexe, niger mit dem Thema Ernährung zu tun. die man nicht unterdrücken sollte. Adharaniya Vegas sind natürliche Bedürfnisse, die von Vayu Gesundheitsgefährdende Nahrung oder Vata kontrolliert werden. Jede regelmäßige (Viruddhahara) Unterdrückung eines Vegas (Drang oder Trieb) oder eines Körperreflexes hat eine Störung der 1. Toxische Nahrungskombinationen; Vata-Funktion und somit langfristig eine ernste Erkrankung zur Folge. Die Vegas spielen eine zen- 2. Falsche Essenszeiten; trale Rolle bei der Erhaltung der Gesundheit sowie 3. Falsches Essverhalten; der Verhütung von Krankheiten. Benannt werden im Folgenden die Störungen, die 4. VPK störende, d. h., erhöhende Nahrungs- durch die Unterdrückung dieser Reflexe hervorge- mittel und Geschmacksrichtungen (Rasa). rufen werden. Zuletzt werden Anweisungen gege- ben, wie man diese Störungen beseitigt. Die Vegas Gesundheitsgefährdendes Verhalten sind in das vorliegende Kochbuch integriert wor- (Viruddhacesta) den, weil sie teilweise auch die Verdauungsorgane betreffen. Außerdem stellen sie – neben falscher 5. Dosha-spezifische Anleitungen zum Ernährung – eine der Hauptursachen für die Ent- Krankwerden; stehung von Krankheiten dar. 6. Falsche Zeiten, Schlaf, Sex in Verbindung mit Nahrungsaufnahme etc. Die Ursachen psychosomatischer Krankheiten gemäß Caraka Die folgenden Ursachen werden als unheilvolle, Mangelnde Stimulation der Sinne (Ayoga): ungesunde Verbindung der Sinne mit den Sinnes- Zu wenig Berührung, zu wenig Geschmack, zu objekten angesehen. Der richtige und maßvolle wenig Sonne, zu wenig Flüssigkeit etc. Gebrauch wird als gesund erachtet. Dies lässt sich Fehlerhafte Stimulation der Sinne (Mithyayoga): auf das Thema „Ernährung“ übertragen. (Weite- Pervertierter Gebrauch der Sinnesorgane, die star- re Ursachen gemäß Caraka siehe unter „Toxische ke Emotionen auslösen wie Angst, Panik, Phobi- Nahrungskombinationen“). Das Fehlverhalten en, Hass, Ekel, Aversion, Psychotrauma. Beispiel: bezieht sich auf den Faktor Zeit, die Sinnesorga- Folterung, Furcht einflößende beleidigende Wor- ne und -objekte sowie die geistigen Fähigkeiten te, Völlerei, Zwangsernährung, Hungerstreik etc. (Asatmendriyata Samyoga). Diese sind dreifach unterteilt: Exzessive Stimulation der Sinne (Atiyoga): Zu grell, zu laut, zu scharf, zu sauer, zu flüssig, zu trocken, zu schwer, zu laut, zu rau etc. 130
Die ayurvedische Ernährungslehre Tabelle: Die Unterdrückung der 13 körperlichen Reflexe (Vegasamdha- rana) und ihre Behandlung Die Unterdrückung von... Störung als Folge Beseitigung der Störung guten Schlaf, Wein, angenehme 1) Tränen des Kummers Augen-, Herzkrankheiten, Anore- Gespräche, Anhören angeneh- (Asru) xie, Schwindel, laufende Nase mer Geschichten Nackensteifheit, Kopfschmer- Nackenmassage, Dampfbäder, 2) Niesreiz zen, Migräne, Gesichtslähmung, Nasentropfen, Inhalieren v. Kräu- (Kshavadhu) Schwächung der Sinnesorgane terrauch, Vata besänftigende Diät Erbrechen Auslösen nach dem 3 Schwellungen, Fieber, Schwindel, 3) Brechreiz Essen, Inhalieren von Kräuter- Übelkeit, Hautkrankheiten, Juck- (Vamadhu) rauch, Fasten oder leichte Diät; reiz, Anämie Körperübungen, Abführen schmerzhafter Harndrang, Kopf-/ Vollbäder, Massagen, Nasentrop- 4) Harndrang Blasen-/ Genitalschmerz, Steifheit fen mit Ghee, Einlauf auf Kräuter- (Moothra) in den Leisten, Dysurie, aufgetrie- und Ölbasis, Kathetereinlauf mit benes Abdomen abführender Wirkung Kopfschmerzen, Kolik, Kotstau, Zäpfchen, abführende Speisen & 5) Stuhldrang Blähsucht, Wadenkrämpfe, aufge- Getränke, Massagen, Dampfbä- (Sakrit) triebenes Abdomen der, Vollbäder, Einläufe Schwellung/Schmerzen in den 6) Samendrang/Coitus interrup- Massagen, Bäder, Wein, Reis, Genitalien, Körperschmerzen, tus / Sexualtrieb generell Milch, Hühnchen; Kräutereinläu- Harnstau, Impotenz, Fieber, Herz- (Shukla) fe, Sitzbad, Geschlechtsverkehr schmerzen, Hernien, Urinsteine Kot-, Harnstau, Blähsucht, Bauch- Ölmassage (Snehana), Schwitz- 7) Windabgang krämpfe, Schmerzen, Erschöpfung, bad (Svedana), Zäpfchen, Einläu- (Adhovata) Verlust der Sehkraft, Verdauungs- fe; warme Nahrung und Getränke störungen, Herzleiden mit karminativer Wirkung Blockade in Brust & Herz, Zittern, langsamer essen, nicht sprechen 8) Aufstoßen Verlust des Geschmacksinns, Dys- beim Essen, Tabukombinationen (Udgara) pnö, Husten, Anorexie, Blähungen, meiden Tremor, Schluckauf 9) Gähnen/Husten Zittern, Krämpfe, Taubheitsgefühl, Vata beseitigende Maßnahmen, (Kasa) gekrümmter Körper, Verspannungen Schlaf Schwäche, Appetitlosigkeit, 10) Hungergefühl Abmagerung, Körperschmerzen, fettige, leicht ölige, warme & (Kshudha) Schwindel, Verlust von Ausstrah- leichte Kost lung und Farbe Trockenheit in Kehle & Mund, 11) Durstgefühl Depression, Taubheit, Müdigkeit, kühle und Durst lindernde Ge- (Thrit) Herzschmerzen, Erschöpfung, tränke allgemeine Schwäche schwere Augen, Körperschmerzen, 12) Schlafdrang Ruhe, Ausschlafen, vor 0 Uhr zu Gähnen, Schwindel, Kopfschmerz, (Nidra) Bett gehen Schläfrigkeit 13) Keuchen (bei körperlicher Anstrengung) Ohnmacht, Herzkrankheiten Ruhe, Vata besänftigende Mittel (Srama Swasa) 131
Pollozek / Behringer Die zeitlose Ayurveda-Küche Heilkraft unserer Nahrung 400 Seiten, geb. erschienen 2013 Mehr Bücher zu Homöopathie, Alternativmedizin und gesunder Lebensweise www.narayana-verlag.de
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