Positionierung und Navigation mit Galileo - Systembeschreibung und Anwendungen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Positionierung und Navigation mit Galileo - Systembeschreibung und Anwendungen Helmut BLOMENHOFER und Michael SINGER 1 Einleitung So wie es heute selbstverständlich ist das Internet oder das Mobil-Telefon zu benutzen, so wird man in Zukunft auf präzise und sichere Positionierungsdaten angewiesen sein. Die Satellitennavigation mit GPS und Galileo wird viele Anwendungsbereiche und Märkte nachhaltig verändern und unsere Gesellschaft in Zukunft grundlegend prägen. Bereits heute zeichnen sich auf GPS basierend, zahlreiche Vorteile für Transportsysteme in verschiede- nen Bereichen u.a. der Luftfahrt, Schifffahrt, im Straßen- und Bahnbetrieb ab. Dadurch kann z.B. die Reiseplanung den aktuellen Verkehrsbedingungen angepasst werden. Durch die Bestimmung alternativer Routen kann die Reisezeit günstiger gestaltet werden, so dass Verkehrsstaus effektiv verringert werden und sich insgesamt wesentliche Ersparnisse bei den Betriebskosten und der Umweltbelastung einstellen können. Weiterhin ist die Satelli- tennavigation in der Wissenschaft und bei Kommerziellen Anwendungen, wie z.B. in der Landwirtschaft, der Erdölindustrie, und bei Zivilen- und Militärischen Überwachungs- und Schutzmassnahmen (SAR, E-911, E-112, etc.) von wachsender Bedeutung. In Kombination mit neuen Technologien der mobilen Telekommunikation wie GSM, GPRS, UMTS werden neue Dienstleistungen möglich, welche Positionierungs- und Navigationsinformationen mit Zusatzinformationen kombinieren. Nach einer kurzen Einführung in das Galileo Satelliten- navigationsprogramm und einer anschließenden Systembeschreibung erfährt der Leser am Beispiel von einigen Anwendungen, wie sich die Satellitennavigation auf unser zukünftiges Leben auswirken wird. 2 Das Satellitennavigationssystem Galileo 2.1 Das Galileo Programm Beim Satellitennavigationsprogramm GALILEO handelt es sich um die Entwicklung einer Spitzentechnologie, die es dem Nutzer eines Empfangsgerätes ermöglicht, die von mehre- ren Satelliten ausgestrahlten Signale zu empfangen, um seinen Standort und die Uhrzeit mit großer Genauigkeit zu ermitteln, überall und zu jeder Zeit. GALILEO beruht auf einer Konstellation von 30 Satelliten, die sich auf einer Umlaufbahn in mittlerer Höhe befinden und ständig die gesamte Erdkugel abdecken. Bodenstationen gewährleisten die technische Kontrolle des Systems. Zu diesem Zweck haben die Europäische Kommission und die Europäische Weltraumbe- hörde ESA ein gemeinsames Unternehmen, das Galileo Joint Undertaking, gegründet.
2 H. BLOMENHOFER und M. SINGER Das gemeinsame Unternehmen GALILEO hat das Ziel, die Entwicklungsphase des Pro- gramms zu realisieren. Ein Konsortium unter Führung von Galileo Industries soll mit dem Bau von Galileo beauftragt werden. Anschließend soll das Programm angesichts der zahl- reichen kommerziellen Möglichkeiten, die die wachsenden Märkte für Satellitennavigati- onsdienste in vielen Bereichen mit sich bringen, während der Errichtungsphase und der Betriebsphase von einem privaten Betreiber getragen werden. Zu diesem Zweck wird vom gemeinsamen Unternehmen GALILEO eine Ausschreibung für die Auswahl des privaten Konsortiums durchgeführt, das die Konzession zur Errichtung und zum kommerziellen Betrieb des Systems erhält. 2.2 Die Galileo Dienste GALILEO bietet mehrere Dienstleistungsebenen mit offenem oder mehr oder weniger eingeschränktem Zugang an: • ein offener und kostenloser Basisdienst, welcher für Anwendungen für die breite Öf- fentlichkeit und für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse bestimmt ist. Dieser Dienst ist vergleichbar mit dem zivilen GPS, der für solche Anwendungen kostenlos ist, allerdings mit einer verbesserten Qualität und Zuverlässigkeit; • ein kommerzieller Dienst, der die Entwicklung von Anwendungen für den kommerziel- len Systembetrieb gestattet und der somit gegenüber dem Basisdienst – insbesondere was die Funktionsgarantie angeht – ein höheres Leistungspotential bietet; • einen „Safety-of-Life“-Dienst sehr hoher Qualität und Integrität für sicherheitskritische Anwendungen, wie er z. B. in der Luftfahrt oder bei der Seeschifffahrt benötigt wird; • einen „Search-and-Rescue“-Dienst, der die Rettungsmaßnahmen in auftretenden Notsi- tuationen deutlich verbessern soll; • einen öffentlichen regulierten Dienst (als „Public Regulated Service“ - PRS bezeichnet), der verschlüsselt ist und resistent gegenüber Störungen und Interferenzen und in erster Linie für die Erfordernisse der öffentlichen Einrichtungen im Bereich des Zivilschutzes, der nationalen Sicherheit und der Wahrung des Rechts bestimmt ist, die einen hohen Grad an Dienste-Kontinuität benötigen. 2.4 Galileo Systembeschreibung Das GALILEO System wird bei einer unterbrechungsfreien, globalen Bedeckung herausra- gende Positionierungs- und Zeitbestimmungsdienste bieten. Ein Überblick zur Galileo Architektur wird in Abbildung 1 gezeigt. Das voll ausgebaute operationelle Galileo System wird aus 30 Satelliten in mittleren Erd- umlaufbahnen (MEO) bestehen. Beim Bodensystem unterscheidet man das Bodenkontroll- segment und das Bodenmissionssegment. - Das Bodenkontrollsegment mit seinen fünf Telemetrie und Telecommand Statio- nen dient zur Überwachung der Satelliten. - Die Navigationsdienste von Galileo werden im Bodenmissionssegment generiert und kontrolliert. - Es sollen 2 Galileo Kontrollzentren gebaut werden.
Positionierung und Navigation mit Galileo - Systembeschreibung und Anwendungen 3 - Des weiteren werden voraussichtlich 30 weltweit verteilte und vernetzte Sensor- stationen aufgebaut, welche die Satellitensignale permanent empfangen und an die Kontrollzentren weiterleiten. Abb. 1: Die Galileo Architektur 3 Die Märkte von Galileo und deren Nutzeranforderungen Die Satellitennavigation dient einer Vielzahl von Anwendungen. Dabei hat jede dieser An- wendungen Ihre eigenen Anforderungen. In Abbildung 2 ist der Versuch unternommen, zu- mindest für einen Teil der Anwendungen die Anforderungen zu gruppieren. Die Einstufung erfolgte nach den Kriterien Genauigkeit und Integrität der Anwendung. Stellvertretend für die Integritätsanforderung wurde die Alarmzeit in Sekunden gewählt. Man erkennt die Breite der Anforderungen bei den verschiedenen Anwendungen, welche sich auch inner- halb eines Anwendungsbereichs noch mal unterscheiden. Beispielsweise sind die Genauig- keits- und Integritätsanforderung bei Luftfahrtanwendungen gestaffelt nach deren jeweili- gen Flugphasen. Andere Anwendungen haben höchste Ansprüche nach Genauigkeit, wäh- rend keine Integritätsforderung besteht. Die Integritätsforderung sei hier im Sinne von „Safety-of-Life“ Anwendungen verstanden. Abbildung 2 zeigt die Leistungsfähigkeit des heutigen GPS, bzw. des regional verbesserten GPS mit EGNOS im Vergleich zu Galileo. Lokale Verbesserungssysteme sind in der Lage Genauigkeit und Integrität deutlich zu verbessern.
4 H. BLOMENHOFER und M. SINGER LOCAL GLOBAL REGIONAL GLOBAL GPS / GALILEO GPS + EGNOS GPS Ohne integrität GALILEO Oceanic Geodesy Fleet Mangt Precise Maritime Terminal En Route Rescue 30 s positioning Rescue Sicherheit und Zuverlässigkeit (Integrität) Inland waterways Time to Alarm, Response Time Rail Surveillance 10 s Precise Farming Individual Leisure Hrabour approach Rural Tracking NPA Transport Utilisation Urban Urbaine 5s CAT I 2s Rail Guidance Maritime Ânti-Collision Terminal Docking CAT 2/3 Space 1s < 10 cm #1m #5m # 10 m # 50 m # 100 m # 200 m Genauigkeit Abb. 2: Übersicht zu Nutzeranforderungen in der Satellitennavigation Üblicherweise unterscheidet man bei Galileo zwischen (siehe Abbildung 3) - Massenmarkt - Safety of Life - Professionellen Anwendungen - Einsatz im öffentlichen bzw. hoheitlichen Interesse Mass market Safety of life Professional Government applications üAutomobile üAviation üFleet üPersonal üRail Management üCivil security Positioning and üMaritime üMarine and land üDefence Communications survey ü…. ü... üOutdoor üAgriculture Recreation üOil & Gas ü... üFisheries üTiming ü…. Abb. 3: Gruppierung der Märkte in der Satellitennavigation
Positionierung und Navigation mit Galileo - Systembeschreibung und Anwendungen 5 Hierzu gibt es eine Reihe von Satellitennavigationsempfängern, welche an die Anforderun- gen der jeweiligen Anwendungen angepasst sind. Abbildung 4 zeigt eine kleine Auswahl von GPS Empfängern aus unterschiedlichen Anwendungsgebieten. Man erkennt Handheld – Empfänger, Autonavigationssysteme, maritime Navigationssysteme bis hin zu professio- nellen Geräten zum Einsatz bei der Ingenieurvermessung. Die typische Leistungsfähigkeit des GPS Standardpositionierungsdienstes ist in Abbildung 5 dargestellt. Ein herkömmlicher GPS Empfänger erreicht bei guter Satellitensichtbarkeit zwischen 10 und 15m Horizontal- genauigkeit (95%). Die Genauigkeit im Vertikalkanal liegt bei etwa 20 - 25m (95%). Diese Positionierungsqualität wird durch Abbildung 5 bestätigt, wobei es jedoch zu kurzzeitigen Peaks an den Footprinträndern kommen kann. Abb. 4: Auswahl von einigen GPS basierten Satellitennavigationsempfängern
6 H. BLOMENHOFER und M. SINGER Abb. 5: Die heutige GPS Navigationsleistung mit den Standard-Positionierungsdienst (s. auch Farbtafel ##, S. ###). Abbildung 6 zeigt die mögliche Verteilung von GPS und Galileo Satelliten auf den ver- schiedenen Bahnebenen. Abb. 6: Die gemeinsame Nutzung von GPS und Galileo (s. auch Farbtafel ##, S. ###). 4 Einige Vorteile der Satellitennavigation am Beispiel Luftfahrt In Abbildung 6 wird auf die gemeinsam Nutzung von GPS und Galileo hingewiesen. Der komplementäre Einsatz von GPS und Galileo erhöht die Leistungsfähigkeit von Satelliten- navigationssystemen auch bei sicherheits-kritischen Anwendungen deutlich.
Positionierung und Navigation mit Galileo - Systembeschreibung und Anwendungen 7 GPS und GALILEO, integriert in ein CNS/ATM Konzept, bietet sicherheitskritische Ortungsdienste mit folgenden Eigenschaften - Kontinuierliche Bedeckung auch unter nierdrigen Flughöhen (VOR/DME nur ent- lang Sichtlinie) - All-Wetter Landefähigkeit - Führung bei Anflug und Landung an regionalen Flugplätzen ohne Instrumenten- landesysteme - Homogener und kontinuierlicher globaler Dienst Satellitennavigation bietet die Möglichkeit zur “Gate -to- Gate” Navigation, da sie inter- operabel ist und eine globale Bedeckung bietet. Man kann damit die Navigationsausrüstung an Bord reduzieren Mit Satellitennavigation erreicht man unter anderem folgende Vorteile - Verbesserte Effizienz durch Einsparung von Flugzeit und Flugbenzin bei “direk- ten” Routen - Lärmschutz durch parallele und gekurvte Anflüge werden möglich 5 Entwicklung der Satellitennavigation am Beispiel mobile Personen-bezogene Anwendungen und Fahrzeug-Telematik Bei Massenmarktanwendungen wird sich nach heutigen Schätzungen eine deutliche und schnelle Entwicklung des Marktes vollziehen. Die Einsatzmöglichkeiten können nur bei- spielhaft angesprochen werden, da ständig neue Ideen dazukommen. Beispiele sind - Notdienst-Rufe mit zusätzlicher Positionsinformation - Mobiles & Persönliches Navigations System zur Orientierung - Dienstleistungen für die Ortung - Suchen und finden von historischen Bauwerken, Gaststätten, oder anderen Kategorien - Parkplatzlokalisierung und Verfügbarkeitsinformation - Flottenmanagement - Dynamische Information zu Bus- & Zugfahrzeiten - u.v.a. 6 Die Marktentwicklung von Satellitennavigationssystemen Die bemerkenswerten Entwicklungsaussichten der Märkte für Satellitennavigation wurden u.a. in verschiedenen Studien unterstrichen, die von der europäischen Kommission seit 1999 in Auftrag gegeben wurden. In Abbildung 7 wird die geschätzte Entwicklung der
8 H. BLOMENHOFER und M. SINGER Nutzerzahlen pro Region dargestellt. In Abbildung 8 findet man die entsprechenden Um- satzzahlen pro Anwendungsbereich. Abb. 7: Geschätzte Nutzerzahlen nach Regionen (Ursprung: Galilei Studie) Abb. 8: Geschätzte Umsatzzahlen nach Anwendungen (Ursprung: Galilei Studie) Zudem bestätigt die im Laufe der letzten Jahre beobachtete Entwicklung die Explosion der Märkte für Produkte und Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Satellitennavigation. Selbst die optimistischsten Schätzungen wurden übertroffen. So verdoppelte sich der Weltmarkt für Produkte und Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Satellitennaviga- tion zwischen 2002 und 2003 von 10 Mrd. auf 20 Mrd. Euro. Bis zum Jahr 2020 dürfte er
Positionierung und Navigation mit Galileo - Systembeschreibung und Anwendungen 9 ein Volumen von 200 - 300 Mrd. Euro mit etwa 2 – 3 Mrd. in Betrieb befindlichen Emp- fangsgeräten erreichen. Diese Empfänger werden die angebotenen Dienste von GALILEO, EGNOS und GPS miteinander kombinieren, so dass die Nutzeranforderungen der jeweili- gen Anwendungen zum bestmöglichen Preis/Leistungsverhältnis umgesetzt werden. 7 Schlussbemerkungen Ähnlich wie in den 80ern die Computertechnologie und in den 90ern der Mobilfunk unser Leben nachhaltig verändert hat, so wird die Satellitennavigation mit GPS und Galileo Be- standteil des täglichen Lebens werden. Der Preis der Empfangsgeräte sinkt ständig. Sie sind inzwischen bereits für unter 150 Euro erhältlich. Dieser Preisverfall führt zu einer raschen Verbreitung der Satellitennavigations- dienste in allen Bereichen und macht ihre Nutzung alltäglich wie die von gängigen Produk- ten der Verbraucherelektronik, z.B. Armbanduhr, Fotoapparat, Mobiltelefon usw. Diese neue Technologie und der damit verbundene Fortschritt schafft neue Arbeitsplätze, da ein langfristiger Wachstumsmarkt bei SATNAV Produkten und Dienstleistungen erwar- tet werden kann. Der komplementäre Einsatz von GPS und Galileo eröffnet zudem neue Anwendungsbereiche, insbesondere, wenn der Innovationsschub durch den Aufbau von Technologie-Knowhow bei der Galileo Entwicklung genutzt wird. Damit könnte Galileo die US Monopolstellung in der Satellitennavigation in einen gleichwertigen Wettbewerb umwandeln Literatur Blomenhofer H., W. Ehret, A. Leonard, E. Blomenhofer (2004): GNSS/Galileo Global and Regional Integrity Performance Analysis, Presented at ION-GNSS-2004, Long Beach, CA. Mitteilung der Kommission an das europäische Parlament und den Rat zum Stand des Gali- leo – Programms, KOM(2002) 518, Brüssel, 24.09.2002. Mitteilung der Kommission an das europäische Parlament und den Rat zu Beginn der Er- richtungs- und der Betriebsphase des europäischen Satellitennavigationsprogramms, KOM(2004)636, Brüssel, 06.10.2004. Galilei Studie im 5. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Kommission.
Sie können auch lesen