Postbariatrische Chirurgie - Deutsche Gesellschaft der ...

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CME                                                                          REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE

             Postbariatrische Chirurgie
                                       SIMON THÖNNES, ADRIAN DRAGU
                                                DRESDEN

Angaben der WHO zufolge sind inzwischen knapp 40            Chirurgie vorstellen können. Der vorliegende CME-Bei-
Prozent der Weltbevölkerung übergewichtig, definiert        trag soll einen Überblick über das chirurgische und peri-
als Body Mass Index (BMI) größer 25 kg/m² beziehungs-       operative Management der häufigsten postbariatrischen
weise adipös (= BMI >30kg/m²), mit einer gleichmäßigen      Eingriffe vermitteln.
Verteilung auf die Geschlechter [1]. Insgesamt hat sich
die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas in den         Bei der Indikation zur Körperformung
letzten 40 Jahren nahezu verdreifacht, mit einem noch       ist besonders auf das längerfristig gehaltene
steileren Anstieg bei Kindern (4,5-fach). Übergewicht und   Zielgewicht zu achten
Adipositas sind damit weltweit mit mehr Todesfällen as-
soziiert als Untergewicht. Gleichzeitig versuchen immer     Bei den postbariatrischen Patientinnen und Patienten
mehr Menschen, aktiv ihr Übergewicht zu reduzieren.         gilt es zu evaluieren, in welchen Fällen eine medizini-
Laut einem repräsentativen Report zur Ernährung der         sche Indikation zur Körperformung besteht (r Tabelle
Deutschen haben 51 Prozent der Befragten schon einmal       1). Im Sinne einer konsequenten Patientenführung sowie
versucht, ihre Essgewohnheiten zu ändern [2]. Betroffene    zur Minimierung assoziierter Komplikationen sollte hier
suchen zunehmend medizinische – immer mehr auch chi-        besonderes auf das Zielgewicht des Patienten geachtet
rurgische – Hilfe, um eine Reduktion des Körpergewichts     werden: Dieses sollte mindestens sechs Monate – je nach
zu erreichen. Daher steigt die Anzahl adipositaschirurgi-   Literatur – sogar mindestens 12 Monate konstant sein [5].
scher Eingriffe in den letzten Jahren deutlich an – auch    Eine Abweichung ist in Einzelfällen begründet – etwa bei
bedingt durch die zunehmende Standardisierung, evidenz-     einer immobilisierenden Fettschürze oder Hautpatholo-
basierte Studien sowie verbesserte Operationstechniken      gien mit nicht zumutbarer konservativer Versorgung. Bei
[3]. Die bariatrische und metabolische Chirurgie erzielt    dieser morbiden Adipositas gilt dann jedoch das Prinzip
Meta-Analysen zufolge beachtliche Erfolge sowohl bei der    der Symptomkontrolle durch Dermolipektomie – was
Gewichtsreduktion als auch bei der Aufrechterhaltung des    von der elektiven, postbariatrischen Körperformung zu
reduzierten Körpergewichts [4]; Ergebnisse, die durch       differenzieren ist (r Abb. 1). Ab welchem Gewicht über-
Ernährungs-, Bewegungs- und Pharmakotherapie nicht          haupt eine elektive Körperformung durchgeführt werden
annähernd zu realisieren sind. Die meisten Patienten müs-   sollte, ist nicht abschließend geklärt. Batac findet in seiner
sen sich nach einem drastischen Gewichtsverlust indes       Falluntersuchung zu Abdominoplastiken bei einem BMI
ganz neuen medizinischen Herausforderungen stellen:         von durchschnittlich 35 kg/m² vs. durchschnittlich 25 kg/
Aufgrund der mit dem Gewichtsverlust vergesellschaf-        m² in kleinerer Fallzahl keine signifikant unterschiedli-
teten starken Veränderung des Haut-/Weichgewebsman-         che Komplikationsrate [6]. In älteren Publikationen mit
tels sieht auch die aktuelle S3-Leitlinie zum Umgang mit    größerer Fallzahl wird allerdings von eindeutig mehr
adipositaschirurgischen bzw. metabolisch-chirurgischen      Komplikationen bei höherem Ausgangs-BMI berichtet
Patienten nach Gewichtsabnahme vor, dass diese sich zur     [7]. Neuere Studien legen nahe, dass auch diese Patien-
Evaluation einer möglichen Rekonstruktion der Körper-       tinnen und Patienten, die trotz Gewichtsverlust nicht die
form bei einem Facharzt für Plastische und Ästhetische      Ziel-BMI-Kategorie erreichen, von einer Körperformung

                                                                                          Plastische Chirurgie | 1/2020 |    17
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REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE                                     FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE                           CME

      Tabelle 1 Standardvorgehen Körperformung, präoperative Evaluation nach [5].
      Leitfrage                                                               CAVE
      Art des Gewichtsverlusts (konservativ, bariatrische Chirurgie)?         Patienten nach bariatrischer Operation haben häufig ein
                                                                              ausgeprägtes Nebenerkrankungsprofil
      aktuelles Gewicht/BMI, maximales und minimales Gewicht/BMI,             hohe BMI-Differenz ist assoziiert mit höheren Risiken
      Gewichtsverlust / BMI-Differenz
      Zielgewicht, seit wann stabil?                                          Stabilität >6 bzw. 12 Monate
      Ernährungszustand? Proteinaufnahme?                                     Mangelernährungszustände nach bariatrischen Operationen
                                                                              sind häufig
      zeitliche Abfolge: Bariatrische OP, Kontakt plastische Chirurgie,
      Entscheidung zur Körperformung
      Vorstellungen von Körperformung/ästhetische Erwartungen?                Dysmorphophobie, unrealistische ästhetische Ansprüche

                                                                                                       Abbildung 1_Adipositas per magna mit
                                                                                                       massiver abdomineller Fettschürze trotz
                                                                                                       bereits erfolgter Gewichtsreduktion von
                                                                                                       zirka 30 Kilogramm. Massive Beeinträchti-
                                                                                                       gung im Alltag, v.a. durch die immobilisie-
                                                                                                       rende Fettschürze. a, b) Ausgangsbefund,
                                                                                                       c, d) nach Abdominoplastik

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CME    FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE                                        REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE

profitieren können, ohne einem massiv erhöhten Risiko                 I. Oberarme – Brachioplastik
an Komplikationen ausgesetzt zu sein [8]. Mehrheitlich
wird in der Fachliteratur ein stabiler BMI unter 30 kg/m²             Nach Erstbeschreibungen in den 1930er Jahren, wur-
zur Indikationsstellung gefordert [9, 10]. Grundsätzlich              den vor allem ab den 1950er Jahren – ausgehend von
müssen ausgeprägte Einschränkungen des alltäglichen                   Mittel- und Südamerika [12] – neue OP-Techniken zur
Lebens vorhanden sein. Zentral sind hier Auswirkungen                 Oberarmstraffung publiziert. José Guerrero-Santos, 1979:
der lokalisierten Adipositas:                                         „Die Brachioplastik ist mit dem Entfernen eines Haut-
 Pflegerische bzw. dermatologische Probleme wie Inter-               überschusses am Arm eine vermeintlich leichte Proze-
   trigo, Mazerationen, Diskoloration, Fötor                          dur für die Operierenden. Doch er fände sich schnell
 Funktionelle Behinderung bei alltäglichen Tätigkeiten               in Schwierigkeiten wieder, wenn er nicht sorgfältig bei
   wie Einkaufen und Körperhygiene, ggf. Auswirkung                   Indikationsstellung, Patientenselektion und insbesonde-
   auf die berufliche Tätigkeit                                       re Planung des genauen operativen Verfahrens vorginge
 Beeinträchtigung der körperlichen Aktivität, was oft-               [13].“ Diese grundlegende Aussage gilt auch heute noch,
   mals die weitere Gewichtsreduktion erschwert                       nachdem zwischenzeitlich eine Vielzahl von Techniken
                                                                      und Schnittführungen publiziert wurden.
Ein ausführliches Aufklärungsgespräch sollte die Be-                  Bei der Planung zur Brachioplastik gilt es gemäß der Ein-
weggründe für eine Straffungsoperation thematisieren                  teilung von Appelt [14] zu klären, inwiefern ein Hautüber-
und sicherstellen, dass keine Dysmorphophobien oder                   schuss (r Tabelle 2) und ob zusätzlich ein Überschuss an
unrealistische ästhetische Erwartungen bestehen [5]. Ins-             subkutanem Fettgewebe besteht. Den Überschuss an Fett-
besondere Letzteres stellt das Arzt-Patienten-Verhältnis              gewebe bestimmt man mit dem sogenannten Pinch-Test
gelegentlich vor Herausforderungen – hier gilt es, sich               (Zusammenkneifen des Weichgewebes im Überschuss-
auf den Krankheitsaspekt der lokalisierten Adipositas                 bereich). Ab einem Pinch-Test über 1,5 Zentimetern sollte
mit dem beschriebenen Symptomkomplex zu fokussie-                     additiv eine angleichende Liposuktion erwogen werden
ren. Außerdem sei an dieser Stelle auf die hierzulande                [15].
bestehenden juristischen Beschränkungen zur Nutzung                   Eine alleinige Liposuktion ist in der Regel nicht ziel-
von Vorher-/Nachher-Fotos bei plastisch-chirurgischen                 führend, da nach massiver Gewichtsreduktion meist
Eingriffen verwiesen [11]. Aus Sicht der Autoren sollte               sowohl ein Überschuss an Fettgewebe als auch an Haut
auf die Nutzung von Vorher-/Nachher-Fotos generell ver-               festzustellen ist. Daher ist das vordringliche Ziel eine
zichtet werden.                                                       Dermolipektomie mit möglichst unauffälligem post-
In den meisten Fällen sind nach massivem Gewichts-                    operativem Narbenbild, das beim Tragen kurzärmeliger
verlust mehrere Körperstellen von einem veränderten                   Kleidung kaschiert ist. Hierfür ist auf eine Platzierung
Haut-/Weichgewebsmantel betroffen. In der S3-Leitlinie                der Schnittführung leicht oberhalb des Sulcus bicipitalis
besteht starker Expertenkonsens, dass in diesen Fällen                am medialen Oberarm zu achten [16]. Die Länge ist da-
mehrzeitig vorgegangen werden sollte, um Komplikatio-                 bei individuell, umfasst meistens das Ausmaß von Axilla
nen und Operationsrisiken zu verringern [3]. Vor allem                (vordere bis mittlere Axillarlinie) bis zum Epicondylus
durch die kleinere Wundfläche soll die Rate an Wundhei-               humeri medialis. Dabei sind sehr variable Schnittführun-
lungsstörungen, Seromen und Nachblutungen so gering                   gen publiziert, am gängigsten ist die Variante mit leicht
wie möglich gehalten werden.                                          ventral konvexem Verlauf oder nach Pitanguy S-förmig
                                                                      [16]. Muss bis weit in die Axilla reseziert werden, sollten
                                                                      gerade Schnitte in diesem Bereich vermieden werden.
Tabelle 2 Diagnostische Indikatoren für einen Hautüberschuss          Durch Z-Plastiken können störende Narbenkontrakturen
an den Oberarmen nach [15].
                                                                      verhindert werden. Im klinischen Alltag hat sich zudem
verzerrte Kontur der Axilla                                           eine Fishtail-förmige Exzision bewährt, um den Haut-/
schlaffes Herabhängen der Haut von Axilla bis zum Ellenbogen          Weichgewebeüberschuss im Übergang zur Axilla nach
hintere Axillarfalte entlang der hinteren Axillarlinie abgesunken     massiver Gewichtsreduktion zu adressieren (r Abb. 2).
vordere Axillarfalte schlecht definiert und steht nicht in Relation
zur Brust

                                                                                                   Plastische Chirurgie | 1/2020 |   19
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                                                                               Abbildung 2_Schnittführung am medialen Oberarm
                                                                               nach [16, 38].
                   S-Form nach Pitanguy                   Fishtail-Form

     Zu empfehlen ist eine Kombinationstechnik                   dieses Anteils nach ventral auf Höhe der Inzisionslinie
     aus Liposuktion und Dermolipektomie                         das Ausmaß der Resektion bestimmt und markiert wer-
                                                                 den. Nach Komplettierung der Resektion und sorgfältiger
     Die Operation findet in Allgemeinanästhesie mit Aus-        Blutstillung erfolgt der mehrschichtige Wundverschluss.
     lagerung der Arme in 90-Grad-Abduktion auf separaten        Hierbei kommt monofiles, resorbierbares Nahtmaterial
     Armtischen statt. Zu empfehlen ist eine Kombinations-       zum Einsatz, sowohl für die adaptierenden Subkutannähte
     technik aus Liposuktion und Dermolipektomie. Nachdem        (2-0 Stärke) als auch für den intrakutanen Hautverschluss
     das zu resezierende Areal per Liposuktion ausgedünnt        (3-0 oder 4-0 Stärke) (r Abb. 3).
     und eine Angleichung der angrenzenden Zonen erreicht        Wie bei allen Straffungsoperationen ist eine Kompres-
     wurde, erfolgt die Inzision entsprechend der Markierung.    sionsbehandlung von mindestens sechs Wochen post-
     Nach der mittig liegenden Inzision erfolgt die Präpara-     operativ sowohl in der Fachliteratur als auch in unserem
     tion durch das Subkutangewebe, auf eine starke Unter-       klinischen Therapieregime verankert. Wegen des erhöhten
     minierung der Wundränder ventralseitig sollte verzichtet    Komforts für den Patienten ist der Einsatz angepasster
     werden. Die Mobilisation des zu resezierenden Haut-/        Kompressionswäsche zu empfehlen. Im Falle einer Bra-
     Weichgewebeüberschusses erfolgt vom posterioren (dor-       chioplastik beispielsweise eine Kompressionsweste mit
     salen) Bereich des Armes [16]. Nun kann durch Ziehen        Ärmeln bzw. eine Kompressionsbolerojacke. Hier ist eine

      a

                                                                                       Abbildung 3_Klinisches Beispiel einer
                                                                                       Oberarmstraffung: a) präoperativ;
                                                                                       b, c) nach beidseitiger Straffung mit
      b                                        c                                       medialer Schnittführung über dem Sulcus
                                                                                       des Oberarms.

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                                                        Zusammenarbeit mit der durchführenden Orthopädie-
                                                        technik sinnvoll. Weiterhin empfehlen wir, im Bereich
      EXKURS: Grundsätzliches zur Nahttechnik
                                                        der operierten Körperregion auf übermäßige Belastung
      bei Straffungsoperationen
                                                        – beispielsweise durch Sport – für mindestens vier Wo-
       Dog-Ears an den Enden der Wunden: Hier          chen zu verzichten.
      gilt es primär auf eine sorgfältige Schnitt-
      planung zu achten. Sollte es trotzdem zu
      einem Dog-Ear kommen, so empfiehlt sich           II. Oberschenkel
      bei viel umliegender Haut und Weichgewebe
      eine elliptische bzw. spindelförmige Exzision.    Neben dem Abdomen werden von postbariatrischen Pa-
      Dadurch kann das Problem durch geringfügi-
      ge Erweiterung der Wunde gelöst werden. Je        tientinnen und Patienten oftmals die Oberschenkel als
      nach Lage des Dog-Ears kann auch eine aus-        Problemzone nach Gewichtsverlust genannt. Dies liegt
      gleichende Z-Plastik hilfreich sein – bei einer   zum einen an der Grundelastizität des Gewebes in diesem
      Brachioplastik zum Beispiel in der Axilla.        Bereich mit Erschlaffungstendenz bei Gewichtsverlust,
       Subkutane Adaptationsnähte: Hiermit wer-        zum anderen aber auch an der Belastung durch mecha-
      den die laxen Haut-/Weichgewebe postbaria-
      trisch verteilt und geformt. Durch die spätere
                                                        nischen Stress der reibenden Hautareale. Hautirritatio-
      intrakutane Hautnaht kann nur noch eine           nen bis hin zu -erosionen und damit eine Einschränkung
      geringe Umverteilung geschehen.                   des täglichen Lebens sowie der sportlichen Betätigung
       Vertikallinien: Hilfreich für die Verteilung    sind häufig. In den meisten Fällen ist die Oberschenkel-
      der Subkutannähte, Einzeichnung 90 Grad zur       straffung ein Kombinationseingriff aus Liposuktion und
      Inzisionslinie, um später die Verteilung der
                                                        Dermolipektomie. In bestimmten Fällen kann sogar ein
      Weichgewebe besser einschätzen zu können.
                                                        mehrzeitiges Vorgehen mit vorbereitender, stufenweiser
       Probeweise Adaptation: Vor Durchfüh-
      rung der Subkutannähte empfehlen wir              Liposuktion und anschließender Dermolipektomie indi-
      eine probeweise Adaptation der Wunde mit          ziert sein. Die Anzeichnung zu einer Oberschenkelstraf-
      dem Hautklammernahtgerät. Bei optimaler           fung erfolgt ausnahmslos im Stehen (r Abb. 4).
      Positionierung von zirka zwei bis drei Zenti-
      metern Abstand zwischen den Tackerklam-
      mern können die Subkutannähte dazwischen
      durchgeführt werden. Vor der Intrakutannaht
      können die Hautklammern problemlos ent-
      fernt werden.
       Narbenkonfluens: Im Bereich von sich
      treffenden Inzisionen ist es ratsam, so wenig
      Nahtmaterial wie möglich einzusetzen, um
      eine gute Perfusion der Wundränder zu erhal-
      ten. Hiervon betroffen ist insbesondere der                               mögliche Erweiterung des Schnitts
      Narbenkonfluens bei einer Abdominoplastik                                 proximal durch die Leiste
      in Fleur-de-Lis-Technik im medianen Unter-
      bauch.
       Barbed Sutures: Eine Neuerung ist selbst-                               klassische Schnittführung
      sicherndes, resorbierbares Nahtmaterial, das                              medialer Oberschenkel
      sich durch Widerhaken im Gewebe verankert
      [17,18]. Durch die nicht benötigten Knoten
      bei den Subkutannähten reduziert sich die
      Belastung durch das Nahtmaterial, zudem ist
      die Operationszeit kürzer [18,19]. Der Nach-
      teil liegt jedoch auf der Hand: Kommt es zum
      Materialversagen, ist eine Dehiszenz schnell
      langstreckig. Zudem lässt sich Fadenmaterial
      nicht lokal entfernen, beispielsweise zur Ent-                            Abbildung 4_Skizze zur Einzeichnung
      lastung eines Seroms oder Hämatoms.                                       der Schnittführung bei der Oberschen-
                                                                                kelstraffung, mögliche Erweiterung
                                                                                nach proximal.

                                                                                    Plastische Chirurgie | 1/2020 |     21
REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE                        FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE                        CME

     Die Schnittführung der Dermolipektomie wird vom me-         Mindestkarenz von sechs Monaten liegt, um der Haut
     dialen Knie entlang des medialen Oberschenkels ein-         überhaupt erst eine anschließende Retraktion zu erlauben
     gezeichnet. Zur Verbesserung der Konturierung oder          [16]. In Einzelfällen ist ein geringgradiges Abweichen hier-
     bei Reiterhosen-Fettverteilungsstörung kann auch eine       von möglich. Vorteil der Liposuktion ist, dass die weniger
     Schnitterweiterung proximal durch die Leiste nach la-       aggressive Exzision von Subkutangewebe ein Lymphödem
     teral-kranial notwendig sein. Hier ist jedoch wegen der     weniger wahrscheinlich macht – eine der häufigsten und
     höheren Gefahr für Wundheilungsstörungen und Lymph-         mit enormen Beschwerden einhergehende Komplikation.
     abflussprobleme bis hin zur Lymphfistel auf eine ent-       Nach Dermolipektomie erfolgt der Wundverschluss ana-
     sprechende Patientenselektion zu achten. Wegen des          log zur Brachioplastik mehrschichtig. Die Nachbehand-
     mit einer Abdominoplastik assoziierten Lifting-Effekts      lung durch Kompressionswäsche und Belastungsverzicht
     im Bereich der ventrolateralen, proximalen Oberschenkel     ist allen Straffungsoperationen gemeinsam.
     gibt es Empfehlungen, bei postbariatrischen Patienten
     erst nach durchgeführter Abdominoplastik und erneuter       III. Abdomen
     Stabilisierung des Körpergewichts eine Oberschenkel-
     straffung durchzuführen. Dies wirkt sich positiv auf den    Nach Erstbeschreibungen kurz vor Beginn des 20. Jahr-
     Konturierungseffekt aus [20]. r Abbildung 5 zeigt ein       hunderts in der französischen Fachliteratur, hat sich die
     klinisches Beispiel.                                        Abdominoplastik in den letzten Jahrzehnten zu einem der
                                                                 häufigsten plastisch-chirurgischen Eingriffe entwickelt.
     »Liposuktion als Schlüsselspieler                           Bei der Indikationsstellung spielen der Zustand nach
     bei der Behandlung der                                      massivem Gewichtsverlust und die damit verbundene
     Oberschenkel-Lipodystrophie«                                lokale Adipositas mit zeitgleicher zunehmender Laxizi-
                                                                 tät der Bauchdecke eine zentrale Rolle. Es unterziehen
     Ziel ist es, durch die Liposuktion den Großteil der Ge-     sich weiterhin deutlich mehr Frauen als Männer einer
     webereduktion zu erreichen, ggf. auch durch ein mehr-       Abdominoplastik, obwohl der Anteil der Männer im post-
     zeitiges Vorgehen. Hierbei sollte darauf geachtet werden,   bariatrischen Segment deutlich höher einzuschätzen ist
     dass zwischen den einzelnen Behandlungsepisoden eine        als im Gesamt-Pool der ästhetischen Eingriffe [21, 22].

                                                                                        Abbildung 5_Oberschenkelstraffung nach
                                                                                        massiver Gewichtsreduktion.
                                                                                        a1–a3: Präoperativer Ausgangsbefund mit
                                                                                        ausgeprägtem Haut-/Weichgewebeüber-
                                                                                        schuss und lokalisierter Adipositas.
                                                                                        b1–b3: Ergebnis sechs Wochen postope-
                                                                                        rativ, Narbenbild durch Schnittführung
                                                                                        am medialen Oberschenkel.
                                                                                        c1, c2: Intraoperatives Korrekturergebnis:
                                                                                        Schnittführung medial, eine Redon-
                                                                                        Drainage pro Seite.

22   | Plastische Chirurgie | 1/2020
CME    FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE                                  REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE

Eingeteilt werden die Bauchdeckendeformitäten nach           Tabelle 3 Einteilung der Bauchdeckendeformitäten nach [37].
Psillakis [37] (r Tabelle 3).                                          Beschreibung                  Operationsempfehlung
Inzisionslokalisation: Trotz neuer technischer Varianten     Typ I     Überschuss von                Liposuktion
in der Literatur – wie etwa die inverse Abdominoplastik                subkutanem Fettgewebe
                                                                       infraumbilikal
[23] – bleibt das Ziel der Narbenpositionierung bestehen:
Möglichst nicht sichtbar beim Tragen von Unterwäsche.        Typ II    zusätzlich Hautüber-          Mini-Abdominoplastik
                                                                       schuss infraumbilikal
Daher empfiehlt sich eine tiefe untere Inzisionslinie zur
                                                             Typ III   zusätzlich Schwäche des       Mini-Abdominoplastik +
simultanen, mäßigen Mons-Anhebung, mindestens fünf                     muskuloaponeurotischen        Fasziennaht
bis sieben Zentimeter über der Labienkomissur, mit                     Systems
Ausdehnung lateral zur jeweiligen Spina iliaca anterior      Typ IV    zusätzlich Haut-/Fett­        Abdominoplastik + ggf.
superior. Die laterale Ausdehnung sollte dabei regelhaft               gewebsüberschuss              angleichende Liposuktion

bis über die Umschlagsfalte des überschüssigen Haut-/        Typ V     weiter ausgeprägter           Abdominoplastik + ggf.
                                                                       Befund                        angleichende Liposuktion
Weichgewebsmantels an den Hüften zu beiden Seiten
                                                             Typ VI    zusätzlich Mamma­             Abdominoplastik +
hinausgehen, oft sogar bis über die Verlängerung der vor-              deformität                    Mammareduktionsplastik
deren Axillarlinie hinaus. Essenziell ist es, die Symmet-
rie zu beachten. Zu bedenken ist, dass eine Asymmetrie
durch einen Beckenschiefstand, eine Skoliose oder eine
Hüftasymmetrie mit bedingt sein kann. Das präoperative
Einzeichnen am stehenden Patienten ist somit obligat. Die
obere Inzisionslinie, meist in Höhe des herabhängenden
Umbilicus, wird dabei erst intraoperativ festgelegt – je
nach Mobilisierbarkeit der Haut-Fettgewebslappen zur         eine Faszienduplikatur mittels PDS-Schlingen möglich.
Neuformung der Bauchdecke.                                   Hier wird am Xiphoid bzw. maximal kranial an der Bauch-
                                                             wand die Ankernaht gesetzt und anschließend fortlaufend
Angleichende Liposuktion:                                    mit wechselnden Einstichen rechts und links der Linea
Inzwischen Standard, geringes Risiko,                        alba nach kaudal eine verstärkende Naht etabliert.
enormer Nutzen für die Konturierung                          Zudem ist auf eventuelle Hernien zu achten, die ein gro-
                                                             ßes Hindernis bei der Präparation bilden können und
In den meisten Fällen profitieren postbariatrische Patien-   zumeist auch versorgungspflichtig sind. Ist bereits der
ten deutlich von einer angleichenden Liposuktion am Ab-      präoperative klinische Palpationsbefund auffällig, ist
domen. Konturunebenheiten wie im Bereich der Flanken,        eine Sonografie zu empfehlen. In Einzelfällen kann auch
des Oberbauchs oder des Mons pubis können somit effek-       die Indikation zur präoperativen CT-Diagnostik gestellt
tiver reduziert werden. Zudem kann so teilweise auf eine     werden. Hier ist auch auf Narbenhernien in untypischer
zusätzliche vertikale Schnittführung verzichtet werden.      Lokalisation zu achten, die durch vorangegangene baria-
Die heutzutage meistens durchgeführte Dermolipektomie        trische Eingriffe und den massiven Gewichtsverlust mit
mit horizontaler Schnittführung geht größtenteils auf Ivo    Veränderungen der anatomischen Grenzen bedingt sein
Pitanguy zurück. Er gilt als Wegbereiter dieser Form der     können.
Abdominoplastik ab den 1960er-Jahren mit horizonta-          Bei der Bauchnabel-Reinsertion kommt es auf Positionie-
ler Schnittführung in der Bikini-Zone, Präparation des       rung und Formgebung an (r Abb. 6). Eine optimale Posi-
Haut-Fettgewebslappen bis nach xiphoidal, anschließen-       tionierung erfolgt auf Mitte der Verbindungslinie beider
der Straffung durch Resektion des überschüssigen Anteils     Spinae iliacae anteriores superiores auf der Linea alba.
sowie Reinsertion des Bauchnabels [24].                      Falls diese nicht tastbar ist, kann auch die Hälfte des
Besonderes Augenmerk ist, beispielsweise nach Schwan-        Abstands zwischen Xiphoid und Symphyse ausgemessen
gerschaft, auf eine mögliche Rektusdiastase zu legen, die    werden, hilfreich ist hier gegenenfalls eine Fadenmar-
teilweise deutlich ausgeprägt sein kann. In diesem Fall      kierung. Im Zweifel gilt es, die Position für die Umbili-
kann auch eine verstärkende Rekonstruktion in diesem         koplastik geringfügig tiefer zu wählen, da dies als eher
Bereich notwendig werden. Dies ist beispielsweise durch      natürlich eingeschätzt wird [25] (r Abb. 7).

                                                                                                Plastische Chirurgie | 1/2020 |   23
REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE                                  FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE                            CME

                                                                           IV. Brust

                                                                           Das komplexe Thema der Brustformung und Mammare-
                                                                           duktionsplastik ist durch die enorme Vielzahl heutzutage
                                                                           möglicher OP- Varianten zu umfangreich, um dem in einer
                                                                           Übersichtsarbeit gerecht zu werden. Die Idee der moder-
                                   Neue Position des Bauchnabels           nen Mammareduktionsplastik mit meist offener Trans-
                                   bei der Umbilikoplastik
                                                                           position des an der Drüse gestielten Mamillenkomplexes
                                                                           geht auf Erich Lexer zurück, der diese Technik bereits
                                   Verbindungslinie der Spinae             1921 in Deutschland publiziert hat. Charakterisierend für
                                   iliacae ant. sup.                       die Deformität der Brust nach massivem Gewichtsverlust
                                                                           ist zumeist die Ptosis, die nach Regnault klassifiziert wird
                                                                           (r Tabelle 4).
                                                                           Insbesondere bei Patientinnen nach massivem Gewichts-
                                                                           verlust besteht zudem häufig eine ausgeprägte Makromas-
     Abbildung 6_Positionierung des Bauchnabels bei der Umbilikoplastik.
                                                                           tie, so dass teilweise extreme Mamillen-Jugulum-Abstände
                                                                           entstehen. Dies kann als Kennzahl für die Ausprägung
                                                                           der Brustdeformität, aber auch für den operativen An-
                                                                           spruch betrachtet werden. Ergänzend wird in der Pitts-
                                                                           burgh-Klassifizierung der Volumenverlust bei gleichzeitig
        EXKURS: Additive Liposuktion                                       herabhängendem Hautmantel sowie die Ausbildung einer
        In der postbariatrischen Körperformung ist bei                     lateralen Fältelung mit einbezogen [39].
        jeder Körperpartie eine angleichende Liposuktion                   Bei der präoperativen Planung von Brustformungen nach
        möglich. Momentan wird die Liposuktion häufig als                  massivem Gewichtsverlust können die häufig publizier-
        zusätzlich korrigierendes oder die Dermolipektomie
        erleichterndes Verfahren eingesetzt. Insbesondere
        bei Patienten mit massivem Gewichtsverlust ist                      Tabelle 4 Klassifikation der Mamma-Ptosis nach [27].
        so häufig eine bessere Konturierung der neuen                       Grad I         Projektion der Mamille auf/bis ein Zentimeter
        Körperform und Gestaltung der Übergangszonen                                       unterhalb der Submammärfalte
        möglich. Hierzu liegen nun auch neuere Unter-                       Grad II        Projektion der Mamille ein bis drei Zentimeter
        suchungen vor, die zeigen, dass bei additiv durch-                                 unterhalb der Submammärfalte
        geführter Liposuktion die Morbidität der Eingriffe
                                                                            Grad III       Mamille ist der tiefste Punkt der Brustform
        genauso hoch wie ohne zusätzliche Liposuktion ist,
                                                                            Pseudoptosis   unter die Submammärfalte durchhängendes
        oder sogar geringer sein kann [26].
                                                                                           Drüsengewebe, jedoch Mamille oberhalb der
                                                                                           Submammärfalte

                                                                                                        Abbildung 7_Präparation einer
                                                                                                        horizontalen Abdominoplastik.
                                                                                                        Intraoperatives Vorgehen:
                                                                                                        a) Große Wundfläche,
                                                                                                        b) Schnittführung inkl. ein­
                                                                                                        gezeichneter vertikaler Hilfslinien
                                                                                                        zur Positionierung,
                                                                                                        c) Straffungsergebnis am Ende
                                                                                                        der OP.

24   | Plastische Chirurgie | 1/2020
CME    FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE                               REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE

ten Normwerte zur weiblichen Brust nur eingeschränkt         ten (r Abb. 8). Bei Extrembefunden – beispielsweise mit
angewendet werden; vielmehr müssen die jeweils indi-         einem Mamillen-Jugulum-Abstand von mehr als 50 Zen-
viduellen Gegebenheiten ausschlaggebend sein. Wichtig        timetern – kann ein freier Mamillentransfer notwendig
ist die Formung eines adäquaten, nicht zu langen Stegs:      werden, wenn keine Stielbildung über den Drüsenkörper
Der Bereich zwischen Mamillen-Areola-Komplex und             möglich ist (r Abb. 9).
Submammärfalte sollte zirka sieben bis acht Zentimeter
betragen. Im Durchschnitt wird eine deutliche Reduktion      Weitere Straffungsoperationen
des Mamillen-Jugulum-Abstands angestrebt, ohne dass
ein zu starker Nipple-Tilt – ein „Reiten“ der Mamille auf    Bei den postbariatrischen Patienten besteht aufgrund von
der neu-formierten Brust – entsteht [28].                    Nebenerkrankungen und den meist sehr ausgeprägten
                                                             Befunden eine erhöhte Gefahr für Komplikationen. Daher
Bei Extrembefunden kann ein                                  ist es Konsens unter Experten, dass eine Kombination von
freier Mamillentransfer notwendig werden                     Straffungsoperationen, wie beispielsweise bei zirkulären
                                                             Bodylifts, aufgrund des Risikoanstiegs für diese Patienten
Grundsätzlich zu unterscheiden ist bei der Vielzahl der      nicht empfehlenswert ist [3].
Techniken zum einen der Zugangsweg und damit die             Auch nach den beschriebenen Eingriffen zur postbar-
spätere Narbenform (vertikal vs. inverses T) und zum         iatrischen Körperformung bestehen oftmals weiterhin
Anderen die Formung des Stiels, der den Mamillen-Areo-       lokale Folgeprobleme der Adipositas, beispielsweise im
la-Komplex perfundiert – meist von superior oder inferior.   Gesäß- oder Flankenbereich. Hier können in Einzelfällen
Ein wegen seines narbensparenden Erscheinungsbildes          weitere Konturierungsoperationen notwendig sein, etwa
häufig gewählter Zugang ist die vertikale Schnittführung     ein Gesäßlift oder ein Lateral-Chest-Lift. Häufig werden
und anschließende Präparationstechnik – beispielsweise       die Kosten für diese Eingriffe jedoch nicht mehr von den
nach Lejour. Dabei entsteht lediglich eine strichförmige     Krankenkassen abgedeckt.
Narbe von der Areola zur Submammärfalte. Meist wird
bei dieser Variante ein superiorer Stiel für den Mamil-      Die Komplikationsrate in der
lenkomplex gewählt. Der Vorteil ist die gut zu steuernde     postbariatrischen körperformenden Chirurgie
Autoaugmentation, ganz ohne Implantat. Der Nachteil          beträgt etwa 20 bis 25 Prozent
dieses Verfahrens ist das begrenzte Resektionsvolumen
– das bei den ausgeprägten Befunden postbariatrischer        Die Analyse der publizierten Datenlage sowie Zusammen-
Patientinnen jedoch in aller Regel zentral ist. Daher kom-   fassung der Erfahrungsberichte zeigen, dass die Kom-
men in der postbariatrischen Mammachirurgie vermehrt         plikationsrate in der postbariatrischen körperformenden
Techniken mit späterer Entstehung einer Narbe in in-         Chirurgie zirka 20 bis 25 Prozent beträgt [9,10]. Dies
verser T-Form zum Einsatz. Bereits in den 1970er-Jahren      übertrifft die Komplikationsrate von Körperformungen
beschrieb Ribeiro [29] eine Technik mit Anzeichenform,       bei nicht-postbariatrischen Patienten deutlich [5]. Der
dreieckförmig um den Mamillen-Areola-Komplex, mit            massive Gewichtsverlust korreliert dabei insbesonde-
breitem inferiorem Stiel. Nach Resektion erfolgt hier die    re als Risikofaktor mit dem häufigeren Auftreten von
Neuformung der Brust durch Herabziehen des kranialen         Wundkomplikationen [31]. Laut Pajula [32] sind dabei
Haut-Weichgewebsmantels der neu geformten Brust über         das Auftreten und die Häufigkeit der bekannten Kom-
die Mamille hinweg, mit anschließendem Ausschneiden          plikationen im Gegensatz zu früheren Untersuchungen
des herübergezogenen Anteils zur Einnaht des Mamillen-       [33] unabhängig von der Methode des Gewichtsverlusts.
Areola-Komplexes sowie Fixierung des Haut-Weichge-           In diversen Studien konnten zudem folgende Variablen
websmantels in der Submammärfalte. Diese Technik wird        bestimmt werden, die mit einem signifikant erhöhten
noch heute häufig zur postbariatrischen Körperformung        postoperativen Komplikationsrisiko assoziiert sind [9]:
verwendet [30]. Modifizierungen dieses Verfahrens er-        Extremer Gewichtsverlust (BMI-Unterschied >20 kg/m²),
möglichen auch die Durchführung mit superior (kranial)       hohes Resektatgewicht (bspw. abdominell >2000 g) sowie
gestieltem Mamillen-Komplex, unter anderem zur besse-        höheres Alter. Mögliche Komplikationen umfassen unter
ren Adressierung und Formung der oberen Brustquadran-        anderem:

                                                                                         Plastische Chirurgie | 1/2020 |   25
REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE                                     FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE                               CME

     Intraoperative Risiken                                                    Perioperative Risiken
      Kreislaufdepression                                                      Große Wundfläche
      Blutverlust                                                              Flüssigkeitsverschiebung
     Hierbei kann auch eine Autotransfusion aus dem Resek-                      Systemic inflammatory response syndrome (SIRS)
     tat vor endgültiger Exzision – insbesondere bei großem                     Infektion bis hin zur Sepsis
     Resektatgewicht – notwendig sein.
                                                                               Weitere Risiken im Verlauf
                                                                                Wundheilungsstörungen
                                                                                Serome
                                                                                Unzufriedenheit mit ästhetischem Ergebnis, etwa Dog-
                                                                               Ears, Über- oder Unterkorrektur, Asymmetrien

     Abbildung 8_Angleichende Mastopexie bei Ptosis Grad 2–3 und deutlicher Anisomastie nach Gewichtsreduktion. a) Einzeichnung des präope-
     rativen Befundes: Mamillen-Jugulum-Abstand rechts 28, links 26 Zentimeter. b) Intraoperative Präparation: kranialer Stiel (Technik nach Ribeiro).
     c) Intraoperatives Endergebnis nach angleichender Reduktionsplastik: Resektion rechts 100 Gramm, links 58 Gramm. d) Ergebnis vier Wochen
     postop.: Behebung der Anisomastie, deutliche Formverbesserung, gute Adressierung und Proportionierung der oberen Brust-Quadranten.

     Abbildung 9_Mammareduktion bei Gigantomastie: a) Einzeichnung des präoperativen Befundes mit einem Mamillen-Jugulum-Abstand beidseits
     von über 50 Zentimeter, Ptosis Grad 3. b) Intraoperative Präparation: Darstellung des zu formenden Gewebes nach Resektion. c) Resektate der
     Mammae beidseits – rechts 3190 Gramm, links 3278 Gramm. d) Intraoperatives Endergebnis nach Reduktionsplastik mit freiem Mamillentrans-
     fer. e) Ergebnis drei Wochen postoperativ: Die korrigierte Form ist adäquat erhalten bei regredienter Wundheilungsstörung – einer typischen
     Komplikation bei der Körperstraffung von Extrembefunden.

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CME      FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE                                                 REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE

Perioperatives Management: Eine stringente                                     Entscheidend bei der Patientenbetreuung postbariatri-
Patientenführung ist essentiell                                                scher Patientinnen und Patienten ist eine stringente Füh-
                                                                               rung – insbesondere, da sich der Rekonstruktionsprozess
Intensive und realitätsnahe Aufklärungsgespräche inklu-                        meist über mehrere Operationen und damit einen langen
sive einer Erläuterung der hohen Komplikationsrate sind                        Zeitraum erstreckt. Der Weg beginnt in den meisten Fäl-
beim präoperativen Patientenkontakt notwendig. Wichtig                         len mit der Beantragung der Kostenübernahme seitens
sind zudem prä- und postoperative Laborkontrollen. Da-                         der Krankenkasse. Hierbei gilt es zu beachten, dass die
bei gilt es präoperative Anämien oder Gerinnungsstörun-                        lokalisierte Adipositas bzw. die Lipomatose die führende
gen herauszufiltern. Postoperativ sollte zudem auf Elek­                       Diagnose bilden müssen. Patienten sollten zudem darauf
trolytverschiebungen geachtet werden. Die Einzeichnung                         vorbereitet werden, dass der Beantragungsprozess bis zur
vor der OP sollte in ruhiger und geschützter Umgebung                          Genehmigung teilweise sehr zeitintensiv sein kann und
erfolgen. Die präoperative und postoperative Fotodoku-                         entsprechendes Eigenengagement der Patienten gefor-
mentation vor neutralem Hintergrund ist zu empfehlen.                          dert ist.
Postoperativ ist zwingend auf die notwendige Kompres-
sionstherapie mit angepasster Wäsche – in der Regel für                        Die plastisch-chirurgische Ergänzung
mindestens sechs Wochen – zu achten. Eine entsprechen-                         des bariatrischen Behandlungskonzepts hat
de Versorgung sollte bereits präoperativ in die Wege ge-                       nachhaltig positive Aspekte
leitet werden. Hierbei gilt es auf Wechselversorgung zu
achten, um die Adhärenz zum Behandlungskonzept zu                              Mittlerweile wurde in einer Reihe von Studien nachgewie-
erhöhen. Die postoperative Thromboseprophylaxe erfolgt                         sen, dass die Ergänzung im bariatrischen Behandlungs-
bis zur vollständigen Mobilisierung, insbesondere nach                         konzept um die Körperformung durch die plastische Chi-
Abdominoplastik und Oberschenkelstraffung.                                     rurgie von großer Wirkung und Nachhaltigkeit ist. Denn
Zumeist sind moralisch-supportive Gespräche auf dem                            neben der objektiv-medizinischen Verbesserung, wie bei-
Weg der Abheilung einer Körperformungsoperation not-                           spielsweise des Hautzustands oder der mechanischen Be-
wendig. Hierbei kommt es neben der Betrachtung des                             lastung, spielen auch soziale und psychologische Faktoren
ästhetischen Korrekturergebnisses insbesondere auf die                         eine wichtige Rolle. Trotz der ausgeprägten und oft auch
funktionelle Verbesserung an.                                                  sichtbaren Narben nach den Körperformungseingriffen
                                                                               kommt es im Verlauf nicht nur zu einer besseren Lebens-
                                                                               qualität [3, 9, 34], einem höheren Selbstbewusstsein [34],
                                                                               stärkerer körperlicher Aktivität [35], einer besseren so-
                                                                               zialen Integration [34] – sondern interessanterweise auch
                                                                               zu einer positiven Beeinflussung der Gewichtskonstanz
                                                                               [36]. Daher sollte das Ziel sein, diese Komplettierung
                                                                               eines ganzheitlichen Therapieansatzes für Patienten nach
Interessenkonflikt: Autoren/Wissenschaftliche Leitung werden im Rahmen         massivem Gewichtsverlust möglichst vielen Betroffenen
der Manuskripterstellung und Manuskriptfreigabe aufgefordert, eine voll-
ständige Erklärung zu ihren finanziellen und nicht finanziellen Interessen
                                                                               zugänglich zu machen.                                  
abzugeben.
Autoren: Simon Thönnes: 1. Finanzielle Interessen: keine. 2. Nicht finan-      Literatur
zielle Interessen: DGCH-Mitglied. Adrian Dragu: 1. Finanzielle Interessen:     Das Literaturverzeichnis zum Beitrag finden Sie unter
keine. 2. Nicht finanzielle Interessen: Mitglied erweiteter Vorstand DGPRÄC    www.kaden-verlag.de q Publikationen q Zeitschriften
Wissenschaftliche Leitung                                                      q Chirurgie q Plastische Chirurgie
Die Wissenschaftliche Leitung der zertifizierten Fortbildung erfolgt durch
Prof. Dr. med. Marcus Lehnhardt, Bochum 1. Finanzielle Interessen: keine       Dr. med. Simon Thönnes
2. Nicht finanzielle Interessen: Präsident DGV, Sekretär DGPRÄC, Sekretär      Abteilung für Plastische und Handchirurgie
DAM, erweiterter Vorstand DGH, Beauftragter Handtraumaregister                 (Leiter Prof. Dr. med. Adrian Dragu)
Der Verlag erklärt, dass für die Publikation dieser CME-Fortbildung keine      Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Sponsorengelder an den Verlag fließen.                                         an der Technischen Universität Dresden
Für aufgeführte Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen          Fetscherstraße 74, 01307 Dresden
Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des          adrian.dragu@uniklinikum-dresden.de
Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/
                                                                               simon.thoennes@uniklinikum-dresden.de
oder ihren gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.

                                                                                                               Plastische Chirurgie | 1/2020 |   27
REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE

     Fragen zum Beitrag                                   Postbariatrische Chirurgie
     1_Welche Aussage ist korrekt?                                                        6_Für die Oberarmstraffung trifft nicht zu:
     I.   Adipositas ist ein Problem, das nahezu ausschließlich die                      I.   Erstveröffentlichungen stammen bereits aus den 1930er Jahren.       
          Industriestaaten betrifft.                                                      II.  Wie bei allen Straffungsoperationen besteht besondere Sorg-         
     II.  Weltweit ist ein Anteil der Weltbevölkerung kleiner zehn Prozent                    faltspflicht bei Planung und Anzeichnung.
          übergewichtig bzw. adipös.                                                      III. In der Axilla empfiehlt sich zur Vermeidung langer Narben­          
     III. Übergewicht ist per Definition ein Body Mass Index von über                         strecken eine besonders gerade Schnittführung.
          35 kg/m².                                                                       IV. Die Schnittführung über dem medialen Oberarm kann nicht nur          
     IV. Insbesondere bei Kindern verzeichnet die WHO zuletzt einen                           gerade entlang des Sulcus bicipitalis, sondern leicht abgewan-
          rapiden Anstieg der Übergewichtigkeit.                                               delt auch S-förmig erfolgen.
     V.   In den letzten Jahrzehnten kam es tendenziell zu einem                         V.   Zur Verbesserung des Ergebnisses kann additiv eine Liposuktion      
          Rückgang der Adipositas.                                                             durchgeführt werden.

     2_Welche Aussage ist korrekt?                                                        7_Welche Aussage trifft nicht zu?
     I.   Bei stark adipösen Menschen gelingt durch konservative                         I.   Nach der OP empfiehlt sich generell das mehrwöchige Tragen          
          Therapien oftmals keine adäquate Gewichtsabnahme.                                    angepasster Kompressionswäsche.
     II.  Die OP-Methoden der bariatrischen Chirurgie sind noch zu neu,                  II.  Um Dog-Eas zu vermeiden, ist auf eine sorgfältige Positionierung    
          um belastbare Daten zu ihrem Erfolg liefern zu können.                               der Subkutannähte zu achten.
     III. In Metaanalysen wurde bisher der Erfolg der Gewichtsreduktion                  III. Die Einzeichnung vertikaler Hilfslinien, 90 Grad zur Schnittfüh-    
          durch einen bariatrischen Eingriff, nicht jedoch bei der Aufrecht-                   rung, kann von Vorteil für die Positionierung der beiden Wund-
          erhaltung des Körpergewichts bewiesen.                                               ränder zueinander sein.
     IV. Selten ist mit dem Gewichtsverlust auch eine veränderte                         IV. Bei ausgeprägter, lokalisierter Adipositas an den Oberschenkeln      
          Körperform festzustellen.                                                            ist manchmal die Erweiterung der Dermolipektomie bis in die
     V.   Die Behandlung beim plastischen Chirurgen sollte den                                Leisten notwendig.
          besonders gravierenden Befunden vorbehalten bleiben.                            V.   Bei der Behandlung der Lipodystrophie an den Oberschenkeln          
                                                                                               spielt die Liposuktion nur eine untergeordnete Rolle.
     3_ Welche Aussage ist falsch?
     I.   Durch steigende Fallzahlen in der bariatrischen Chirurgie ent-                 8_Welche Aussage ist korrekt?
          steht auch zunehmender Bedarf an körperformenden Eingriffen.                    I.   Je ausgeprägter das Subkutangewebe bei der Oberschenkel-            
     II.  Hohe Priorität hat dabei ein definiertes Zielgewicht, das mindes-                   straffung exzidiert wird, desto mehr Lymphbahnen werden
          tens sechs Monaten konstant gehalten wurde.                                          geschont.
     III. In Einzelfällen kann bei extrem hoher Symptomlast und Krank-                   II.  Auf die Einlage von Redon-Drainagen kann bei Straffungsope-         
          heitswert der Haut-Fettschürze eine Ausnahme bezüglich des                           rationen wegen des geringen Blutverlustes meist verzichtet
          Zielgewichts bei der Indikationsstellung gemacht werden.                             werden.
     IV. Die Fachliteratur sieht präoperativ eindeutig ein Zielgewicht mit               III. Ziel bei der Abdominoplastik ist es, durch die Schnittpositionie-   
          einem BMI von mindestens kleiner 20 kg/m² für körperformende                         rung ein Narbenbild zu schaffen, das komplett durch die Unter-
          Eingriffe vor.                                                                       wäsche verdeckt werden kann.
     V.   Zur Symptomkontrolle bei maligner Adipositas kann in Einzel-                   IV. Zur sicheren Schonung der weiblichen Genitalregion sollte bei        
          fällen auch eine Dermolipektomie durchgeführt werden.                                der Abdominplastik die untere Inzisionslinie mindestens 20
                                                                                               Zentimeter über der Labienkomissur liegen.
     4_Hinsichtlich der Indikationsstellung lässt sich feststellen, dass …                V.   Bei der Umbilikoplastik wird der Bauchnabel meist etwa zehn         
     I.   durch lokalisierte Adipositas und Cutis laxa selten Beeinträchti-                   Zentimeter unterhalb der Verbindungslinie der Spinae iliacae
          gungen der körperlichen Aktivität entstehen.                                         anteriores superiores positioniert.
     II.  im präoperativen Patientengespräch Dysmorphophobien                        
          ausgeschlossen werden sollten.                                                  9_Zur Mammarekonstruktion nach massivem Gewichtsverlust trifft
     III. ein häufiges dermatologisches Problem bei adipösen Patienten                   nicht zu, ….
          eine durch die Hautfalten getriggerte Psoriasis ist.                            I.   dass eine Einteilung der Brustdeformitäten nach Regnault            
     IV. es sich empfiehlt, zur besseren Veranschaulichung Vorher-                            existiert.
          Nachher-Bilder anderer Patienten zu zeigen.                                     II.  dass bei der OP-Planung und Einzeichnung der Schnittfüh-            
     V.   die Art des Gewichtsverlusts für die Indikationsstellung und                        rung die veränderte Brustarchitektur individuell berücksichtigt
          OP-Planung irrelevant ist.                                                           werden sollte.
                                                                                          III. dass es verschiedene Zugangswege wie die vertikale Schnittfüh-      
     5_ Welche Aussage ist falsch?                                                             rung oder die inverse T-Form gibt.
     I.   Ein standardisiertes präoperatives Assessment zur Patienten-                   IV. Dass stets eine kraniale Stielung der Mamille vorgenommen            
          Evaluation vereinfacht die Indikationsstellung.                                      wird.
     II.  Eine hohe Differenz zwischen Ausgangs-BMI und BMI zum OP-                      V.   Dass in besonderen Fällen auch ein freier Mamillentransfer          
          Zeitpunkt ist mit einer niedrigeren Komplikationsrate assoziiert.                    durchgeführt werden kann.
     III. Trotz Übergewicht können Mangelernährungszustände auf-                     
          treten.                                                                         10_Welche Aussage zu Komplikationen in der postbariatrischen Chirur-
     IV. Nach bariatrisch-chirurgischer OP mit starkem Gewichtsverlust                   gie trifft zu?
          sind häufig mehrere Körperstellen von Umwandlungsprozessen                      I.    Durch die modernen OP-Techniken wurde die Gesamtkomplika- 
          und Cutis laxa betroffen.                                                             tionsrate studienübergreifend auf unter zehn Prozent gesenkt.
     V.   Ziel ist es, nach massivem Gewichtsverlust durch eine Multi-                   II.   Der durch die Abtrennung des Exzidats entstehende Blutverlust 
          Stage-Strategie die Rate typischer postoperativer Komplika­                           hat intraoperativ keine systemischen Auswirkungen.
          tionen gering zu halten.                                                        III. Die durch die OP entstehenden großen Wundflächen können in 
                                                                                                schwerwiegenden Fällen mit einer systemischen Inflammations-
                                                                                                reaktion (SIRS) einhergehen.
     Pro Frage ist jeweils nur eine Antwort möglich. Die Antworten auf die aufgeführten
                                                                                          IV. Da die Patienten nach Straffungsoperationen oft schnell wieder  
     Fragen können aus­­schließlich von Mitgliedern der DGPRÄC und VDÄPC
     und nur online über unsere Internetseite http://cme.kaden-verlag.de abgegeben              zu mobilisieren sind, kann auf eine Thromboseprophylaxe ver-
     werden. Der Teilnahmeschluss ist der 30.9.2020.                                            zichtet werden.
     Beachten Sie bitte, dass per Fax, Brief oder E-Mail eingesandte Antworten nicht      V.    In der Nachbehandlung sind eine Fotodokumentation und enge 
     berücksichtigt werden können.                                                              Führung durch moralisch-supportive Gespräche von geringer
                                                                                                Bedeutung.

28   | Plastische Chirurgie | 1/2020
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