Postbariatrische Chirurgie - Deutsche Gesellschaft der ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
CME REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE Postbariatrische Chirurgie SIMON THÖNNES, ADRIAN DRAGU DRESDEN Angaben der WHO zufolge sind inzwischen knapp 40 Chirurgie vorstellen können. Der vorliegende CME-Bei- Prozent der Weltbevölkerung übergewichtig, definiert trag soll einen Überblick über das chirurgische und peri- als Body Mass Index (BMI) größer 25 kg/m² beziehungs- operative Management der häufigsten postbariatrischen weise adipös (= BMI >30kg/m²), mit einer gleichmäßigen Eingriffe vermitteln. Verteilung auf die Geschlechter [1]. Insgesamt hat sich die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas in den Bei der Indikation zur Körperformung letzten 40 Jahren nahezu verdreifacht, mit einem noch ist besonders auf das längerfristig gehaltene steileren Anstieg bei Kindern (4,5-fach). Übergewicht und Zielgewicht zu achten Adipositas sind damit weltweit mit mehr Todesfällen as- soziiert als Untergewicht. Gleichzeitig versuchen immer Bei den postbariatrischen Patientinnen und Patienten mehr Menschen, aktiv ihr Übergewicht zu reduzieren. gilt es zu evaluieren, in welchen Fällen eine medizini- Laut einem repräsentativen Report zur Ernährung der sche Indikation zur Körperformung besteht (r Tabelle Deutschen haben 51 Prozent der Befragten schon einmal 1). Im Sinne einer konsequenten Patientenführung sowie versucht, ihre Essgewohnheiten zu ändern [2]. Betroffene zur Minimierung assoziierter Komplikationen sollte hier suchen zunehmend medizinische – immer mehr auch chi- besonderes auf das Zielgewicht des Patienten geachtet rurgische – Hilfe, um eine Reduktion des Körpergewichts werden: Dieses sollte mindestens sechs Monate – je nach zu erreichen. Daher steigt die Anzahl adipositaschirurgi- Literatur – sogar mindestens 12 Monate konstant sein [5]. scher Eingriffe in den letzten Jahren deutlich an – auch Eine Abweichung ist in Einzelfällen begründet – etwa bei bedingt durch die zunehmende Standardisierung, evidenz- einer immobilisierenden Fettschürze oder Hautpatholo- basierte Studien sowie verbesserte Operationstechniken gien mit nicht zumutbarer konservativer Versorgung. Bei [3]. Die bariatrische und metabolische Chirurgie erzielt dieser morbiden Adipositas gilt dann jedoch das Prinzip Meta-Analysen zufolge beachtliche Erfolge sowohl bei der der Symptomkontrolle durch Dermolipektomie – was Gewichtsreduktion als auch bei der Aufrechterhaltung des von der elektiven, postbariatrischen Körperformung zu reduzierten Körpergewichts [4]; Ergebnisse, die durch differenzieren ist (r Abb. 1). Ab welchem Gewicht über- Ernährungs-, Bewegungs- und Pharmakotherapie nicht haupt eine elektive Körperformung durchgeführt werden annähernd zu realisieren sind. Die meisten Patienten müs- sollte, ist nicht abschließend geklärt. Batac findet in seiner sen sich nach einem drastischen Gewichtsverlust indes Falluntersuchung zu Abdominoplastiken bei einem BMI ganz neuen medizinischen Herausforderungen stellen: von durchschnittlich 35 kg/m² vs. durchschnittlich 25 kg/ Aufgrund der mit dem Gewichtsverlust vergesellschaf- m² in kleinerer Fallzahl keine signifikant unterschiedli- teten starken Veränderung des Haut-/Weichgewebsman- che Komplikationsrate [6]. In älteren Publikationen mit tels sieht auch die aktuelle S3-Leitlinie zum Umgang mit größerer Fallzahl wird allerdings von eindeutig mehr adipositaschirurgischen bzw. metabolisch-chirurgischen Komplikationen bei höherem Ausgangs-BMI berichtet Patienten nach Gewichtsabnahme vor, dass diese sich zur [7]. Neuere Studien legen nahe, dass auch diese Patien- Evaluation einer möglichen Rekonstruktion der Körper- tinnen und Patienten, die trotz Gewichtsverlust nicht die form bei einem Facharzt für Plastische und Ästhetische Ziel-BMI-Kategorie erreichen, von einer Körperformung Plastische Chirurgie | 1/2020 | 17
REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE CME Tabelle 1 Standardvorgehen Körperformung, präoperative Evaluation nach [5]. Leitfrage CAVE Art des Gewichtsverlusts (konservativ, bariatrische Chirurgie)? Patienten nach bariatrischer Operation haben häufig ein ausgeprägtes Nebenerkrankungsprofil aktuelles Gewicht/BMI, maximales und minimales Gewicht/BMI, hohe BMI-Differenz ist assoziiert mit höheren Risiken Gewichtsverlust / BMI-Differenz Zielgewicht, seit wann stabil? Stabilität >6 bzw. 12 Monate Ernährungszustand? Proteinaufnahme? Mangelernährungszustände nach bariatrischen Operationen sind häufig zeitliche Abfolge: Bariatrische OP, Kontakt plastische Chirurgie, Entscheidung zur Körperformung Vorstellungen von Körperformung/ästhetische Erwartungen? Dysmorphophobie, unrealistische ästhetische Ansprüche Abbildung 1_Adipositas per magna mit massiver abdomineller Fettschürze trotz bereits erfolgter Gewichtsreduktion von zirka 30 Kilogramm. Massive Beeinträchti- gung im Alltag, v.a. durch die immobilisie- rende Fettschürze. a, b) Ausgangsbefund, c, d) nach Abdominoplastik 18 | Plastische Chirurgie | 1/2020
CME FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE profitieren können, ohne einem massiv erhöhten Risiko I. Oberarme – Brachioplastik an Komplikationen ausgesetzt zu sein [8]. Mehrheitlich wird in der Fachliteratur ein stabiler BMI unter 30 kg/m² Nach Erstbeschreibungen in den 1930er Jahren, wur- zur Indikationsstellung gefordert [9, 10]. Grundsätzlich den vor allem ab den 1950er Jahren – ausgehend von müssen ausgeprägte Einschränkungen des alltäglichen Mittel- und Südamerika [12] – neue OP-Techniken zur Lebens vorhanden sein. Zentral sind hier Auswirkungen Oberarmstraffung publiziert. José Guerrero-Santos, 1979: der lokalisierten Adipositas: „Die Brachioplastik ist mit dem Entfernen eines Haut- Pflegerische bzw. dermatologische Probleme wie Inter- überschusses am Arm eine vermeintlich leichte Proze- trigo, Mazerationen, Diskoloration, Fötor dur für die Operierenden. Doch er fände sich schnell Funktionelle Behinderung bei alltäglichen Tätigkeiten in Schwierigkeiten wieder, wenn er nicht sorgfältig bei wie Einkaufen und Körperhygiene, ggf. Auswirkung Indikationsstellung, Patientenselektion und insbesonde- auf die berufliche Tätigkeit re Planung des genauen operativen Verfahrens vorginge Beeinträchtigung der körperlichen Aktivität, was oft- [13].“ Diese grundlegende Aussage gilt auch heute noch, mals die weitere Gewichtsreduktion erschwert nachdem zwischenzeitlich eine Vielzahl von Techniken und Schnittführungen publiziert wurden. Ein ausführliches Aufklärungsgespräch sollte die Be- Bei der Planung zur Brachioplastik gilt es gemäß der Ein- weggründe für eine Straffungsoperation thematisieren teilung von Appelt [14] zu klären, inwiefern ein Hautüber- und sicherstellen, dass keine Dysmorphophobien oder schuss (r Tabelle 2) und ob zusätzlich ein Überschuss an unrealistische ästhetische Erwartungen bestehen [5]. Ins- subkutanem Fettgewebe besteht. Den Überschuss an Fett- besondere Letzteres stellt das Arzt-Patienten-Verhältnis gewebe bestimmt man mit dem sogenannten Pinch-Test gelegentlich vor Herausforderungen – hier gilt es, sich (Zusammenkneifen des Weichgewebes im Überschuss- auf den Krankheitsaspekt der lokalisierten Adipositas bereich). Ab einem Pinch-Test über 1,5 Zentimetern sollte mit dem beschriebenen Symptomkomplex zu fokussie- additiv eine angleichende Liposuktion erwogen werden ren. Außerdem sei an dieser Stelle auf die hierzulande [15]. bestehenden juristischen Beschränkungen zur Nutzung Eine alleinige Liposuktion ist in der Regel nicht ziel- von Vorher-/Nachher-Fotos bei plastisch-chirurgischen führend, da nach massiver Gewichtsreduktion meist Eingriffen verwiesen [11]. Aus Sicht der Autoren sollte sowohl ein Überschuss an Fettgewebe als auch an Haut auf die Nutzung von Vorher-/Nachher-Fotos generell ver- festzustellen ist. Daher ist das vordringliche Ziel eine zichtet werden. Dermolipektomie mit möglichst unauffälligem post- In den meisten Fällen sind nach massivem Gewichts- operativem Narbenbild, das beim Tragen kurzärmeliger verlust mehrere Körperstellen von einem veränderten Kleidung kaschiert ist. Hierfür ist auf eine Platzierung Haut-/Weichgewebsmantel betroffen. In der S3-Leitlinie der Schnittführung leicht oberhalb des Sulcus bicipitalis besteht starker Expertenkonsens, dass in diesen Fällen am medialen Oberarm zu achten [16]. Die Länge ist da- mehrzeitig vorgegangen werden sollte, um Komplikatio- bei individuell, umfasst meistens das Ausmaß von Axilla nen und Operationsrisiken zu verringern [3]. Vor allem (vordere bis mittlere Axillarlinie) bis zum Epicondylus durch die kleinere Wundfläche soll die Rate an Wundhei- humeri medialis. Dabei sind sehr variable Schnittführun- lungsstörungen, Seromen und Nachblutungen so gering gen publiziert, am gängigsten ist die Variante mit leicht wie möglich gehalten werden. ventral konvexem Verlauf oder nach Pitanguy S-förmig [16]. Muss bis weit in die Axilla reseziert werden, sollten gerade Schnitte in diesem Bereich vermieden werden. Tabelle 2 Diagnostische Indikatoren für einen Hautüberschuss Durch Z-Plastiken können störende Narbenkontrakturen an den Oberarmen nach [15]. verhindert werden. Im klinischen Alltag hat sich zudem verzerrte Kontur der Axilla eine Fishtail-förmige Exzision bewährt, um den Haut-/ schlaffes Herabhängen der Haut von Axilla bis zum Ellenbogen Weichgewebeüberschuss im Übergang zur Axilla nach hintere Axillarfalte entlang der hinteren Axillarlinie abgesunken massiver Gewichtsreduktion zu adressieren (r Abb. 2). vordere Axillarfalte schlecht definiert und steht nicht in Relation zur Brust Plastische Chirurgie | 1/2020 | 19
REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE CME Abbildung 2_Schnittführung am medialen Oberarm nach [16, 38]. S-Form nach Pitanguy Fishtail-Form Zu empfehlen ist eine Kombinationstechnik dieses Anteils nach ventral auf Höhe der Inzisionslinie aus Liposuktion und Dermolipektomie das Ausmaß der Resektion bestimmt und markiert wer- den. Nach Komplettierung der Resektion und sorgfältiger Die Operation findet in Allgemeinanästhesie mit Aus- Blutstillung erfolgt der mehrschichtige Wundverschluss. lagerung der Arme in 90-Grad-Abduktion auf separaten Hierbei kommt monofiles, resorbierbares Nahtmaterial Armtischen statt. Zu empfehlen ist eine Kombinations- zum Einsatz, sowohl für die adaptierenden Subkutannähte technik aus Liposuktion und Dermolipektomie. Nachdem (2-0 Stärke) als auch für den intrakutanen Hautverschluss das zu resezierende Areal per Liposuktion ausgedünnt (3-0 oder 4-0 Stärke) (r Abb. 3). und eine Angleichung der angrenzenden Zonen erreicht Wie bei allen Straffungsoperationen ist eine Kompres- wurde, erfolgt die Inzision entsprechend der Markierung. sionsbehandlung von mindestens sechs Wochen post- Nach der mittig liegenden Inzision erfolgt die Präpara- operativ sowohl in der Fachliteratur als auch in unserem tion durch das Subkutangewebe, auf eine starke Unter- klinischen Therapieregime verankert. Wegen des erhöhten minierung der Wundränder ventralseitig sollte verzichtet Komforts für den Patienten ist der Einsatz angepasster werden. Die Mobilisation des zu resezierenden Haut-/ Kompressionswäsche zu empfehlen. Im Falle einer Bra- Weichgewebeüberschusses erfolgt vom posterioren (dor- chioplastik beispielsweise eine Kompressionsweste mit salen) Bereich des Armes [16]. Nun kann durch Ziehen Ärmeln bzw. eine Kompressionsbolerojacke. Hier ist eine a Abbildung 3_Klinisches Beispiel einer Oberarmstraffung: a) präoperativ; b, c) nach beidseitiger Straffung mit b c medialer Schnittführung über dem Sulcus des Oberarms. 20 | Plastische Chirurgie | 1/2020
CME FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE Zusammenarbeit mit der durchführenden Orthopädie- technik sinnvoll. Weiterhin empfehlen wir, im Bereich EXKURS: Grundsätzliches zur Nahttechnik der operierten Körperregion auf übermäßige Belastung bei Straffungsoperationen – beispielsweise durch Sport – für mindestens vier Wo- Dog-Ears an den Enden der Wunden: Hier chen zu verzichten. gilt es primär auf eine sorgfältige Schnitt- planung zu achten. Sollte es trotzdem zu einem Dog-Ear kommen, so empfiehlt sich II. Oberschenkel bei viel umliegender Haut und Weichgewebe eine elliptische bzw. spindelförmige Exzision. Neben dem Abdomen werden von postbariatrischen Pa- Dadurch kann das Problem durch geringfügi- ge Erweiterung der Wunde gelöst werden. Je tientinnen und Patienten oftmals die Oberschenkel als nach Lage des Dog-Ears kann auch eine aus- Problemzone nach Gewichtsverlust genannt. Dies liegt gleichende Z-Plastik hilfreich sein – bei einer zum einen an der Grundelastizität des Gewebes in diesem Brachioplastik zum Beispiel in der Axilla. Bereich mit Erschlaffungstendenz bei Gewichtsverlust, Subkutane Adaptationsnähte: Hiermit wer- zum anderen aber auch an der Belastung durch mecha- den die laxen Haut-/Weichgewebe postbaria- trisch verteilt und geformt. Durch die spätere nischen Stress der reibenden Hautareale. Hautirritatio- intrakutane Hautnaht kann nur noch eine nen bis hin zu -erosionen und damit eine Einschränkung geringe Umverteilung geschehen. des täglichen Lebens sowie der sportlichen Betätigung Vertikallinien: Hilfreich für die Verteilung sind häufig. In den meisten Fällen ist die Oberschenkel- der Subkutannähte, Einzeichnung 90 Grad zur straffung ein Kombinationseingriff aus Liposuktion und Inzisionslinie, um später die Verteilung der Dermolipektomie. In bestimmten Fällen kann sogar ein Weichgewebe besser einschätzen zu können. mehrzeitiges Vorgehen mit vorbereitender, stufenweiser Probeweise Adaptation: Vor Durchfüh- rung der Subkutannähte empfehlen wir Liposuktion und anschließender Dermolipektomie indi- eine probeweise Adaptation der Wunde mit ziert sein. Die Anzeichnung zu einer Oberschenkelstraf- dem Hautklammernahtgerät. Bei optimaler fung erfolgt ausnahmslos im Stehen (r Abb. 4). Positionierung von zirka zwei bis drei Zenti- metern Abstand zwischen den Tackerklam- mern können die Subkutannähte dazwischen durchgeführt werden. Vor der Intrakutannaht können die Hautklammern problemlos ent- fernt werden. Narbenkonfluens: Im Bereich von sich treffenden Inzisionen ist es ratsam, so wenig Nahtmaterial wie möglich einzusetzen, um eine gute Perfusion der Wundränder zu erhal- ten. Hiervon betroffen ist insbesondere der mögliche Erweiterung des Schnitts Narbenkonfluens bei einer Abdominoplastik proximal durch die Leiste in Fleur-de-Lis-Technik im medianen Unter- bauch. Barbed Sutures: Eine Neuerung ist selbst- klassische Schnittführung sicherndes, resorbierbares Nahtmaterial, das medialer Oberschenkel sich durch Widerhaken im Gewebe verankert [17,18]. Durch die nicht benötigten Knoten bei den Subkutannähten reduziert sich die Belastung durch das Nahtmaterial, zudem ist die Operationszeit kürzer [18,19]. Der Nach- teil liegt jedoch auf der Hand: Kommt es zum Materialversagen, ist eine Dehiszenz schnell langstreckig. Zudem lässt sich Fadenmaterial nicht lokal entfernen, beispielsweise zur Ent- Abbildung 4_Skizze zur Einzeichnung lastung eines Seroms oder Hämatoms. der Schnittführung bei der Oberschen- kelstraffung, mögliche Erweiterung nach proximal. Plastische Chirurgie | 1/2020 | 21
REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE CME Die Schnittführung der Dermolipektomie wird vom me- Mindestkarenz von sechs Monaten liegt, um der Haut dialen Knie entlang des medialen Oberschenkels ein- überhaupt erst eine anschließende Retraktion zu erlauben gezeichnet. Zur Verbesserung der Konturierung oder [16]. In Einzelfällen ist ein geringgradiges Abweichen hier- bei Reiterhosen-Fettverteilungsstörung kann auch eine von möglich. Vorteil der Liposuktion ist, dass die weniger Schnitterweiterung proximal durch die Leiste nach la- aggressive Exzision von Subkutangewebe ein Lymphödem teral-kranial notwendig sein. Hier ist jedoch wegen der weniger wahrscheinlich macht – eine der häufigsten und höheren Gefahr für Wundheilungsstörungen und Lymph- mit enormen Beschwerden einhergehende Komplikation. abflussprobleme bis hin zur Lymphfistel auf eine ent- Nach Dermolipektomie erfolgt der Wundverschluss ana- sprechende Patientenselektion zu achten. Wegen des log zur Brachioplastik mehrschichtig. Die Nachbehand- mit einer Abdominoplastik assoziierten Lifting-Effekts lung durch Kompressionswäsche und Belastungsverzicht im Bereich der ventrolateralen, proximalen Oberschenkel ist allen Straffungsoperationen gemeinsam. gibt es Empfehlungen, bei postbariatrischen Patienten erst nach durchgeführter Abdominoplastik und erneuter III. Abdomen Stabilisierung des Körpergewichts eine Oberschenkel- straffung durchzuführen. Dies wirkt sich positiv auf den Nach Erstbeschreibungen kurz vor Beginn des 20. Jahr- Konturierungseffekt aus [20]. r Abbildung 5 zeigt ein hunderts in der französischen Fachliteratur, hat sich die klinisches Beispiel. Abdominoplastik in den letzten Jahrzehnten zu einem der häufigsten plastisch-chirurgischen Eingriffe entwickelt. »Liposuktion als Schlüsselspieler Bei der Indikationsstellung spielen der Zustand nach bei der Behandlung der massivem Gewichtsverlust und die damit verbundene Oberschenkel-Lipodystrophie« lokale Adipositas mit zeitgleicher zunehmender Laxizi- tät der Bauchdecke eine zentrale Rolle. Es unterziehen Ziel ist es, durch die Liposuktion den Großteil der Ge- sich weiterhin deutlich mehr Frauen als Männer einer webereduktion zu erreichen, ggf. auch durch ein mehr- Abdominoplastik, obwohl der Anteil der Männer im post- zeitiges Vorgehen. Hierbei sollte darauf geachtet werden, bariatrischen Segment deutlich höher einzuschätzen ist dass zwischen den einzelnen Behandlungsepisoden eine als im Gesamt-Pool der ästhetischen Eingriffe [21, 22]. Abbildung 5_Oberschenkelstraffung nach massiver Gewichtsreduktion. a1–a3: Präoperativer Ausgangsbefund mit ausgeprägtem Haut-/Weichgewebeüber- schuss und lokalisierter Adipositas. b1–b3: Ergebnis sechs Wochen postope- rativ, Narbenbild durch Schnittführung am medialen Oberschenkel. c1, c2: Intraoperatives Korrekturergebnis: Schnittführung medial, eine Redon- Drainage pro Seite. 22 | Plastische Chirurgie | 1/2020
CME FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE Eingeteilt werden die Bauchdeckendeformitäten nach Tabelle 3 Einteilung der Bauchdeckendeformitäten nach [37]. Psillakis [37] (r Tabelle 3). Beschreibung Operationsempfehlung Inzisionslokalisation: Trotz neuer technischer Varianten Typ I Überschuss von Liposuktion in der Literatur – wie etwa die inverse Abdominoplastik subkutanem Fettgewebe infraumbilikal [23] – bleibt das Ziel der Narbenpositionierung bestehen: Möglichst nicht sichtbar beim Tragen von Unterwäsche. Typ II zusätzlich Hautüber- Mini-Abdominoplastik schuss infraumbilikal Daher empfiehlt sich eine tiefe untere Inzisionslinie zur Typ III zusätzlich Schwäche des Mini-Abdominoplastik + simultanen, mäßigen Mons-Anhebung, mindestens fünf muskuloaponeurotischen Fasziennaht bis sieben Zentimeter über der Labienkomissur, mit Systems Ausdehnung lateral zur jeweiligen Spina iliaca anterior Typ IV zusätzlich Haut-/Fett Abdominoplastik + ggf. superior. Die laterale Ausdehnung sollte dabei regelhaft gewebsüberschuss angleichende Liposuktion bis über die Umschlagsfalte des überschüssigen Haut-/ Typ V weiter ausgeprägter Abdominoplastik + ggf. Befund angleichende Liposuktion Weichgewebsmantels an den Hüften zu beiden Seiten Typ VI zusätzlich Mamma Abdominoplastik + hinausgehen, oft sogar bis über die Verlängerung der vor- deformität Mammareduktionsplastik deren Axillarlinie hinaus. Essenziell ist es, die Symmet- rie zu beachten. Zu bedenken ist, dass eine Asymmetrie durch einen Beckenschiefstand, eine Skoliose oder eine Hüftasymmetrie mit bedingt sein kann. Das präoperative Einzeichnen am stehenden Patienten ist somit obligat. Die obere Inzisionslinie, meist in Höhe des herabhängenden Umbilicus, wird dabei erst intraoperativ festgelegt – je nach Mobilisierbarkeit der Haut-Fettgewebslappen zur eine Faszienduplikatur mittels PDS-Schlingen möglich. Neuformung der Bauchdecke. Hier wird am Xiphoid bzw. maximal kranial an der Bauch- wand die Ankernaht gesetzt und anschließend fortlaufend Angleichende Liposuktion: mit wechselnden Einstichen rechts und links der Linea Inzwischen Standard, geringes Risiko, alba nach kaudal eine verstärkende Naht etabliert. enormer Nutzen für die Konturierung Zudem ist auf eventuelle Hernien zu achten, die ein gro- ßes Hindernis bei der Präparation bilden können und In den meisten Fällen profitieren postbariatrische Patien- zumeist auch versorgungspflichtig sind. Ist bereits der ten deutlich von einer angleichenden Liposuktion am Ab- präoperative klinische Palpationsbefund auffällig, ist domen. Konturunebenheiten wie im Bereich der Flanken, eine Sonografie zu empfehlen. In Einzelfällen kann auch des Oberbauchs oder des Mons pubis können somit effek- die Indikation zur präoperativen CT-Diagnostik gestellt tiver reduziert werden. Zudem kann so teilweise auf eine werden. Hier ist auch auf Narbenhernien in untypischer zusätzliche vertikale Schnittführung verzichtet werden. Lokalisation zu achten, die durch vorangegangene baria- Die heutzutage meistens durchgeführte Dermolipektomie trische Eingriffe und den massiven Gewichtsverlust mit mit horizontaler Schnittführung geht größtenteils auf Ivo Veränderungen der anatomischen Grenzen bedingt sein Pitanguy zurück. Er gilt als Wegbereiter dieser Form der können. Abdominoplastik ab den 1960er-Jahren mit horizonta- Bei der Bauchnabel-Reinsertion kommt es auf Positionie- ler Schnittführung in der Bikini-Zone, Präparation des rung und Formgebung an (r Abb. 6). Eine optimale Posi- Haut-Fettgewebslappen bis nach xiphoidal, anschließen- tionierung erfolgt auf Mitte der Verbindungslinie beider der Straffung durch Resektion des überschüssigen Anteils Spinae iliacae anteriores superiores auf der Linea alba. sowie Reinsertion des Bauchnabels [24]. Falls diese nicht tastbar ist, kann auch die Hälfte des Besonderes Augenmerk ist, beispielsweise nach Schwan- Abstands zwischen Xiphoid und Symphyse ausgemessen gerschaft, auf eine mögliche Rektusdiastase zu legen, die werden, hilfreich ist hier gegenenfalls eine Fadenmar- teilweise deutlich ausgeprägt sein kann. In diesem Fall kierung. Im Zweifel gilt es, die Position für die Umbili- kann auch eine verstärkende Rekonstruktion in diesem koplastik geringfügig tiefer zu wählen, da dies als eher Bereich notwendig werden. Dies ist beispielsweise durch natürlich eingeschätzt wird [25] (r Abb. 7). Plastische Chirurgie | 1/2020 | 23
REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE CME IV. Brust Das komplexe Thema der Brustformung und Mammare- duktionsplastik ist durch die enorme Vielzahl heutzutage möglicher OP- Varianten zu umfangreich, um dem in einer Übersichtsarbeit gerecht zu werden. Die Idee der moder- Neue Position des Bauchnabels nen Mammareduktionsplastik mit meist offener Trans- bei der Umbilikoplastik position des an der Drüse gestielten Mamillenkomplexes geht auf Erich Lexer zurück, der diese Technik bereits Verbindungslinie der Spinae 1921 in Deutschland publiziert hat. Charakterisierend für iliacae ant. sup. die Deformität der Brust nach massivem Gewichtsverlust ist zumeist die Ptosis, die nach Regnault klassifiziert wird (r Tabelle 4). Insbesondere bei Patientinnen nach massivem Gewichts- verlust besteht zudem häufig eine ausgeprägte Makromas- Abbildung 6_Positionierung des Bauchnabels bei der Umbilikoplastik. tie, so dass teilweise extreme Mamillen-Jugulum-Abstände entstehen. Dies kann als Kennzahl für die Ausprägung der Brustdeformität, aber auch für den operativen An- spruch betrachtet werden. Ergänzend wird in der Pitts- burgh-Klassifizierung der Volumenverlust bei gleichzeitig EXKURS: Additive Liposuktion herabhängendem Hautmantel sowie die Ausbildung einer In der postbariatrischen Körperformung ist bei lateralen Fältelung mit einbezogen [39]. jeder Körperpartie eine angleichende Liposuktion Bei der präoperativen Planung von Brustformungen nach möglich. Momentan wird die Liposuktion häufig als massivem Gewichtsverlust können die häufig publizier- zusätzlich korrigierendes oder die Dermolipektomie erleichterndes Verfahren eingesetzt. Insbesondere bei Patienten mit massivem Gewichtsverlust ist Tabelle 4 Klassifikation der Mamma-Ptosis nach [27]. so häufig eine bessere Konturierung der neuen Grad I Projektion der Mamille auf/bis ein Zentimeter Körperform und Gestaltung der Übergangszonen unterhalb der Submammärfalte möglich. Hierzu liegen nun auch neuere Unter- Grad II Projektion der Mamille ein bis drei Zentimeter suchungen vor, die zeigen, dass bei additiv durch- unterhalb der Submammärfalte geführter Liposuktion die Morbidität der Eingriffe Grad III Mamille ist der tiefste Punkt der Brustform genauso hoch wie ohne zusätzliche Liposuktion ist, Pseudoptosis unter die Submammärfalte durchhängendes oder sogar geringer sein kann [26]. Drüsengewebe, jedoch Mamille oberhalb der Submammärfalte Abbildung 7_Präparation einer horizontalen Abdominoplastik. Intraoperatives Vorgehen: a) Große Wundfläche, b) Schnittführung inkl. ein gezeichneter vertikaler Hilfslinien zur Positionierung, c) Straffungsergebnis am Ende der OP. 24 | Plastische Chirurgie | 1/2020
CME FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE ten Normwerte zur weiblichen Brust nur eingeschränkt ten (r Abb. 8). Bei Extrembefunden – beispielsweise mit angewendet werden; vielmehr müssen die jeweils indi- einem Mamillen-Jugulum-Abstand von mehr als 50 Zen- viduellen Gegebenheiten ausschlaggebend sein. Wichtig timetern – kann ein freier Mamillentransfer notwendig ist die Formung eines adäquaten, nicht zu langen Stegs: werden, wenn keine Stielbildung über den Drüsenkörper Der Bereich zwischen Mamillen-Areola-Komplex und möglich ist (r Abb. 9). Submammärfalte sollte zirka sieben bis acht Zentimeter betragen. Im Durchschnitt wird eine deutliche Reduktion Weitere Straffungsoperationen des Mamillen-Jugulum-Abstands angestrebt, ohne dass ein zu starker Nipple-Tilt – ein „Reiten“ der Mamille auf Bei den postbariatrischen Patienten besteht aufgrund von der neu-formierten Brust – entsteht [28]. Nebenerkrankungen und den meist sehr ausgeprägten Befunden eine erhöhte Gefahr für Komplikationen. Daher Bei Extrembefunden kann ein ist es Konsens unter Experten, dass eine Kombination von freier Mamillentransfer notwendig werden Straffungsoperationen, wie beispielsweise bei zirkulären Bodylifts, aufgrund des Risikoanstiegs für diese Patienten Grundsätzlich zu unterscheiden ist bei der Vielzahl der nicht empfehlenswert ist [3]. Techniken zum einen der Zugangsweg und damit die Auch nach den beschriebenen Eingriffen zur postbar- spätere Narbenform (vertikal vs. inverses T) und zum iatrischen Körperformung bestehen oftmals weiterhin Anderen die Formung des Stiels, der den Mamillen-Areo- lokale Folgeprobleme der Adipositas, beispielsweise im la-Komplex perfundiert – meist von superior oder inferior. Gesäß- oder Flankenbereich. Hier können in Einzelfällen Ein wegen seines narbensparenden Erscheinungsbildes weitere Konturierungsoperationen notwendig sein, etwa häufig gewählter Zugang ist die vertikale Schnittführung ein Gesäßlift oder ein Lateral-Chest-Lift. Häufig werden und anschließende Präparationstechnik – beispielsweise die Kosten für diese Eingriffe jedoch nicht mehr von den nach Lejour. Dabei entsteht lediglich eine strichförmige Krankenkassen abgedeckt. Narbe von der Areola zur Submammärfalte. Meist wird bei dieser Variante ein superiorer Stiel für den Mamil- Die Komplikationsrate in der lenkomplex gewählt. Der Vorteil ist die gut zu steuernde postbariatrischen körperformenden Chirurgie Autoaugmentation, ganz ohne Implantat. Der Nachteil beträgt etwa 20 bis 25 Prozent dieses Verfahrens ist das begrenzte Resektionsvolumen – das bei den ausgeprägten Befunden postbariatrischer Die Analyse der publizierten Datenlage sowie Zusammen- Patientinnen jedoch in aller Regel zentral ist. Daher kom- fassung der Erfahrungsberichte zeigen, dass die Kom- men in der postbariatrischen Mammachirurgie vermehrt plikationsrate in der postbariatrischen körperformenden Techniken mit späterer Entstehung einer Narbe in in- Chirurgie zirka 20 bis 25 Prozent beträgt [9,10]. Dies verser T-Form zum Einsatz. Bereits in den 1970er-Jahren übertrifft die Komplikationsrate von Körperformungen beschrieb Ribeiro [29] eine Technik mit Anzeichenform, bei nicht-postbariatrischen Patienten deutlich [5]. Der dreieckförmig um den Mamillen-Areola-Komplex, mit massive Gewichtsverlust korreliert dabei insbesonde- breitem inferiorem Stiel. Nach Resektion erfolgt hier die re als Risikofaktor mit dem häufigeren Auftreten von Neuformung der Brust durch Herabziehen des kranialen Wundkomplikationen [31]. Laut Pajula [32] sind dabei Haut-Weichgewebsmantels der neu geformten Brust über das Auftreten und die Häufigkeit der bekannten Kom- die Mamille hinweg, mit anschließendem Ausschneiden plikationen im Gegensatz zu früheren Untersuchungen des herübergezogenen Anteils zur Einnaht des Mamillen- [33] unabhängig von der Methode des Gewichtsverlusts. Areola-Komplexes sowie Fixierung des Haut-Weichge- In diversen Studien konnten zudem folgende Variablen websmantels in der Submammärfalte. Diese Technik wird bestimmt werden, die mit einem signifikant erhöhten noch heute häufig zur postbariatrischen Körperformung postoperativen Komplikationsrisiko assoziiert sind [9]: verwendet [30]. Modifizierungen dieses Verfahrens er- Extremer Gewichtsverlust (BMI-Unterschied >20 kg/m²), möglichen auch die Durchführung mit superior (kranial) hohes Resektatgewicht (bspw. abdominell >2000 g) sowie gestieltem Mamillen-Komplex, unter anderem zur besse- höheres Alter. Mögliche Komplikationen umfassen unter ren Adressierung und Formung der oberen Brustquadran- anderem: Plastische Chirurgie | 1/2020 | 25
REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE CME Intraoperative Risiken Perioperative Risiken Kreislaufdepression Große Wundfläche Blutverlust Flüssigkeitsverschiebung Hierbei kann auch eine Autotransfusion aus dem Resek- Systemic inflammatory response syndrome (SIRS) tat vor endgültiger Exzision – insbesondere bei großem Infektion bis hin zur Sepsis Resektatgewicht – notwendig sein. Weitere Risiken im Verlauf Wundheilungsstörungen Serome Unzufriedenheit mit ästhetischem Ergebnis, etwa Dog- Ears, Über- oder Unterkorrektur, Asymmetrien Abbildung 8_Angleichende Mastopexie bei Ptosis Grad 2–3 und deutlicher Anisomastie nach Gewichtsreduktion. a) Einzeichnung des präope- rativen Befundes: Mamillen-Jugulum-Abstand rechts 28, links 26 Zentimeter. b) Intraoperative Präparation: kranialer Stiel (Technik nach Ribeiro). c) Intraoperatives Endergebnis nach angleichender Reduktionsplastik: Resektion rechts 100 Gramm, links 58 Gramm. d) Ergebnis vier Wochen postop.: Behebung der Anisomastie, deutliche Formverbesserung, gute Adressierung und Proportionierung der oberen Brust-Quadranten. Abbildung 9_Mammareduktion bei Gigantomastie: a) Einzeichnung des präoperativen Befundes mit einem Mamillen-Jugulum-Abstand beidseits von über 50 Zentimeter, Ptosis Grad 3. b) Intraoperative Präparation: Darstellung des zu formenden Gewebes nach Resektion. c) Resektate der Mammae beidseits – rechts 3190 Gramm, links 3278 Gramm. d) Intraoperatives Endergebnis nach Reduktionsplastik mit freiem Mamillentrans- fer. e) Ergebnis drei Wochen postoperativ: Die korrigierte Form ist adäquat erhalten bei regredienter Wundheilungsstörung – einer typischen Komplikation bei der Körperstraffung von Extrembefunden. 26 | Plastische Chirurgie | 1/2020
CME FORTBILDUNG: POSTBARIATRISCHE CHIRURGIE REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE Perioperatives Management: Eine stringente Entscheidend bei der Patientenbetreuung postbariatri- Patientenführung ist essentiell scher Patientinnen und Patienten ist eine stringente Füh- rung – insbesondere, da sich der Rekonstruktionsprozess Intensive und realitätsnahe Aufklärungsgespräche inklu- meist über mehrere Operationen und damit einen langen sive einer Erläuterung der hohen Komplikationsrate sind Zeitraum erstreckt. Der Weg beginnt in den meisten Fäl- beim präoperativen Patientenkontakt notwendig. Wichtig len mit der Beantragung der Kostenübernahme seitens sind zudem prä- und postoperative Laborkontrollen. Da- der Krankenkasse. Hierbei gilt es zu beachten, dass die bei gilt es präoperative Anämien oder Gerinnungsstörun- lokalisierte Adipositas bzw. die Lipomatose die führende gen herauszufiltern. Postoperativ sollte zudem auf Elek Diagnose bilden müssen. Patienten sollten zudem darauf trolytverschiebungen geachtet werden. Die Einzeichnung vorbereitet werden, dass der Beantragungsprozess bis zur vor der OP sollte in ruhiger und geschützter Umgebung Genehmigung teilweise sehr zeitintensiv sein kann und erfolgen. Die präoperative und postoperative Fotodoku- entsprechendes Eigenengagement der Patienten gefor- mentation vor neutralem Hintergrund ist zu empfehlen. dert ist. Postoperativ ist zwingend auf die notwendige Kompres- sionstherapie mit angepasster Wäsche – in der Regel für Die plastisch-chirurgische Ergänzung mindestens sechs Wochen – zu achten. Eine entsprechen- des bariatrischen Behandlungskonzepts hat de Versorgung sollte bereits präoperativ in die Wege ge- nachhaltig positive Aspekte leitet werden. Hierbei gilt es auf Wechselversorgung zu achten, um die Adhärenz zum Behandlungskonzept zu Mittlerweile wurde in einer Reihe von Studien nachgewie- erhöhen. Die postoperative Thromboseprophylaxe erfolgt sen, dass die Ergänzung im bariatrischen Behandlungs- bis zur vollständigen Mobilisierung, insbesondere nach konzept um die Körperformung durch die plastische Chi- Abdominoplastik und Oberschenkelstraffung. rurgie von großer Wirkung und Nachhaltigkeit ist. Denn Zumeist sind moralisch-supportive Gespräche auf dem neben der objektiv-medizinischen Verbesserung, wie bei- Weg der Abheilung einer Körperformungsoperation not- spielsweise des Hautzustands oder der mechanischen Be- wendig. Hierbei kommt es neben der Betrachtung des lastung, spielen auch soziale und psychologische Faktoren ästhetischen Korrekturergebnisses insbesondere auf die eine wichtige Rolle. Trotz der ausgeprägten und oft auch funktionelle Verbesserung an. sichtbaren Narben nach den Körperformungseingriffen kommt es im Verlauf nicht nur zu einer besseren Lebens- qualität [3, 9, 34], einem höheren Selbstbewusstsein [34], stärkerer körperlicher Aktivität [35], einer besseren so- zialen Integration [34] – sondern interessanterweise auch zu einer positiven Beeinflussung der Gewichtskonstanz [36]. Daher sollte das Ziel sein, diese Komplettierung eines ganzheitlichen Therapieansatzes für Patienten nach Interessenkonflikt: Autoren/Wissenschaftliche Leitung werden im Rahmen massivem Gewichtsverlust möglichst vielen Betroffenen der Manuskripterstellung und Manuskriptfreigabe aufgefordert, eine voll- ständige Erklärung zu ihren finanziellen und nicht finanziellen Interessen zugänglich zu machen. abzugeben. Autoren: Simon Thönnes: 1. Finanzielle Interessen: keine. 2. Nicht finan- Literatur zielle Interessen: DGCH-Mitglied. Adrian Dragu: 1. Finanzielle Interessen: Das Literaturverzeichnis zum Beitrag finden Sie unter keine. 2. Nicht finanzielle Interessen: Mitglied erweiteter Vorstand DGPRÄC www.kaden-verlag.de q Publikationen q Zeitschriften Wissenschaftliche Leitung q Chirurgie q Plastische Chirurgie Die Wissenschaftliche Leitung der zertifizierten Fortbildung erfolgt durch Prof. Dr. med. Marcus Lehnhardt, Bochum 1. Finanzielle Interessen: keine Dr. med. Simon Thönnes 2. Nicht finanzielle Interessen: Präsident DGV, Sekretär DGPRÄC, Sekretär Abteilung für Plastische und Handchirurgie DAM, erweiterter Vorstand DGH, Beauftragter Handtraumaregister (Leiter Prof. Dr. med. Adrian Dragu) Der Verlag erklärt, dass für die Publikation dieser CME-Fortbildung keine Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Sponsorengelder an den Verlag fließen. an der Technischen Universität Dresden Für aufgeführte Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Fetscherstraße 74, 01307 Dresden Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des adrian.dragu@uniklinikum-dresden.de Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/ simon.thoennes@uniklinikum-dresden.de oder ihren gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor. Plastische Chirurgie | 1/2020 | 27
REKONSTRUKTIVE CHIRURGIE Fragen zum Beitrag Postbariatrische Chirurgie 1_Welche Aussage ist korrekt? 6_Für die Oberarmstraffung trifft nicht zu: I. Adipositas ist ein Problem, das nahezu ausschließlich die I. Erstveröffentlichungen stammen bereits aus den 1930er Jahren. Industriestaaten betrifft. II. Wie bei allen Straffungsoperationen besteht besondere Sorg- II. Weltweit ist ein Anteil der Weltbevölkerung kleiner zehn Prozent faltspflicht bei Planung und Anzeichnung. übergewichtig bzw. adipös. III. In der Axilla empfiehlt sich zur Vermeidung langer Narben III. Übergewicht ist per Definition ein Body Mass Index von über strecken eine besonders gerade Schnittführung. 35 kg/m². IV. Die Schnittführung über dem medialen Oberarm kann nicht nur IV. Insbesondere bei Kindern verzeichnet die WHO zuletzt einen gerade entlang des Sulcus bicipitalis, sondern leicht abgewan- rapiden Anstieg der Übergewichtigkeit. delt auch S-förmig erfolgen. V. In den letzten Jahrzehnten kam es tendenziell zu einem V. Zur Verbesserung des Ergebnisses kann additiv eine Liposuktion Rückgang der Adipositas. durchgeführt werden. 2_Welche Aussage ist korrekt? 7_Welche Aussage trifft nicht zu? I. Bei stark adipösen Menschen gelingt durch konservative I. Nach der OP empfiehlt sich generell das mehrwöchige Tragen Therapien oftmals keine adäquate Gewichtsabnahme. angepasster Kompressionswäsche. II. Die OP-Methoden der bariatrischen Chirurgie sind noch zu neu, II. Um Dog-Eas zu vermeiden, ist auf eine sorgfältige Positionierung um belastbare Daten zu ihrem Erfolg liefern zu können. der Subkutannähte zu achten. III. In Metaanalysen wurde bisher der Erfolg der Gewichtsreduktion III. Die Einzeichnung vertikaler Hilfslinien, 90 Grad zur Schnittfüh- durch einen bariatrischen Eingriff, nicht jedoch bei der Aufrecht- rung, kann von Vorteil für die Positionierung der beiden Wund- erhaltung des Körpergewichts bewiesen. ränder zueinander sein. IV. Selten ist mit dem Gewichtsverlust auch eine veränderte IV. Bei ausgeprägter, lokalisierter Adipositas an den Oberschenkeln Körperform festzustellen. ist manchmal die Erweiterung der Dermolipektomie bis in die V. Die Behandlung beim plastischen Chirurgen sollte den Leisten notwendig. besonders gravierenden Befunden vorbehalten bleiben. V. Bei der Behandlung der Lipodystrophie an den Oberschenkeln spielt die Liposuktion nur eine untergeordnete Rolle. 3_ Welche Aussage ist falsch? I. Durch steigende Fallzahlen in der bariatrischen Chirurgie ent- 8_Welche Aussage ist korrekt? steht auch zunehmender Bedarf an körperformenden Eingriffen. I. Je ausgeprägter das Subkutangewebe bei der Oberschenkel- II. Hohe Priorität hat dabei ein definiertes Zielgewicht, das mindes- straffung exzidiert wird, desto mehr Lymphbahnen werden tens sechs Monaten konstant gehalten wurde. geschont. III. In Einzelfällen kann bei extrem hoher Symptomlast und Krank- II. Auf die Einlage von Redon-Drainagen kann bei Straffungsope- heitswert der Haut-Fettschürze eine Ausnahme bezüglich des rationen wegen des geringen Blutverlustes meist verzichtet Zielgewichts bei der Indikationsstellung gemacht werden. werden. IV. Die Fachliteratur sieht präoperativ eindeutig ein Zielgewicht mit III. Ziel bei der Abdominoplastik ist es, durch die Schnittpositionie- einem BMI von mindestens kleiner 20 kg/m² für körperformende rung ein Narbenbild zu schaffen, das komplett durch die Unter- Eingriffe vor. wäsche verdeckt werden kann. V. Zur Symptomkontrolle bei maligner Adipositas kann in Einzel- IV. Zur sicheren Schonung der weiblichen Genitalregion sollte bei fällen auch eine Dermolipektomie durchgeführt werden. der Abdominplastik die untere Inzisionslinie mindestens 20 Zentimeter über der Labienkomissur liegen. 4_Hinsichtlich der Indikationsstellung lässt sich feststellen, dass … V. Bei der Umbilikoplastik wird der Bauchnabel meist etwa zehn I. durch lokalisierte Adipositas und Cutis laxa selten Beeinträchti- Zentimeter unterhalb der Verbindungslinie der Spinae iliacae gungen der körperlichen Aktivität entstehen. anteriores superiores positioniert. II. im präoperativen Patientengespräch Dysmorphophobien ausgeschlossen werden sollten. 9_Zur Mammarekonstruktion nach massivem Gewichtsverlust trifft III. ein häufiges dermatologisches Problem bei adipösen Patienten nicht zu, …. eine durch die Hautfalten getriggerte Psoriasis ist. I. dass eine Einteilung der Brustdeformitäten nach Regnault IV. es sich empfiehlt, zur besseren Veranschaulichung Vorher- existiert. Nachher-Bilder anderer Patienten zu zeigen. II. dass bei der OP-Planung und Einzeichnung der Schnittfüh- V. die Art des Gewichtsverlusts für die Indikationsstellung und rung die veränderte Brustarchitektur individuell berücksichtigt OP-Planung irrelevant ist. werden sollte. III. dass es verschiedene Zugangswege wie die vertikale Schnittfüh- 5_ Welche Aussage ist falsch? rung oder die inverse T-Form gibt. I. Ein standardisiertes präoperatives Assessment zur Patienten- IV. Dass stets eine kraniale Stielung der Mamille vorgenommen Evaluation vereinfacht die Indikationsstellung. wird. II. Eine hohe Differenz zwischen Ausgangs-BMI und BMI zum OP- V. Dass in besonderen Fällen auch ein freier Mamillentransfer Zeitpunkt ist mit einer niedrigeren Komplikationsrate assoziiert. durchgeführt werden kann. III. Trotz Übergewicht können Mangelernährungszustände auf- treten. 10_Welche Aussage zu Komplikationen in der postbariatrischen Chirur- IV. Nach bariatrisch-chirurgischer OP mit starkem Gewichtsverlust gie trifft zu? sind häufig mehrere Körperstellen von Umwandlungsprozessen I. Durch die modernen OP-Techniken wurde die Gesamtkomplika- und Cutis laxa betroffen. tionsrate studienübergreifend auf unter zehn Prozent gesenkt. V. Ziel ist es, nach massivem Gewichtsverlust durch eine Multi- II. Der durch die Abtrennung des Exzidats entstehende Blutverlust Stage-Strategie die Rate typischer postoperativer Komplika hat intraoperativ keine systemischen Auswirkungen. tionen gering zu halten. III. Die durch die OP entstehenden großen Wundflächen können in schwerwiegenden Fällen mit einer systemischen Inflammations- reaktion (SIRS) einhergehen. Pro Frage ist jeweils nur eine Antwort möglich. Die Antworten auf die aufgeführten IV. Da die Patienten nach Straffungsoperationen oft schnell wieder Fragen können ausschließlich von Mitgliedern der DGPRÄC und VDÄPC und nur online über unsere Internetseite http://cme.kaden-verlag.de abgegeben zu mobilisieren sind, kann auf eine Thromboseprophylaxe ver- werden. Der Teilnahmeschluss ist der 30.9.2020. zichtet werden. Beachten Sie bitte, dass per Fax, Brief oder E-Mail eingesandte Antworten nicht V. In der Nachbehandlung sind eine Fotodokumentation und enge berücksichtigt werden können. Führung durch moralisch-supportive Gespräche von geringer Bedeutung. 28 | Plastische Chirurgie | 1/2020
Sie können auch lesen