Potential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz - Bericht zur aktuellen Lage im Ackerbau und den möglichen Entwicklungen
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Potential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz Bericht zur aktuellen Lage im Ackerbau und den möglichen Entwicklungen
Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung ...................................................................................................................................... 4 Vorwort und Problemstellung..................................................................................................................... 6 Fazit & Potential der einzelnen Ackerkulturen (Kurzfassung) .................................................................... 7 Gesamtübersicht «Anbaupotential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz» ...................................... 10 Anteile der Ackerkulturen und ihre wirtschaftliche Bedeutung ................................................................... 12 Die Inlandproduktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln ............................................................................. 14 Auszug aus der Nahrungsmittelbilanz....................................................................................................... 14 Brotgetreide .................................................................................................................................................. 15 Produktion im Inland................................................................................................................................. 15 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 17 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 20 Zuckerrüben .................................................................................................................................................. 22 Produktion im Inland................................................................................................................................. 22 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 24 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 25 Kartoffeln ...................................................................................................................................................... 26 Produktion im Inland................................................................................................................................. 26 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 28 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 29 Raps ............................................................................................................................................................... 30 Produktion im Inland................................................................................................................................. 30 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 32 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 34 Sonnenblumen .............................................................................................................................................. 35 Produktion im Inland................................................................................................................................. 35 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 37 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 39 Mais ............................................................................................................................................................... 40 Produktion im Inland................................................................................................................................. 40 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 41 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 42 Futtergetreide ............................................................................................................................................... 43 Produktion im Inland................................................................................................................................. 43 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 44 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 48 Kunstwiese .................................................................................................................................................... 49 Produktion im Inland................................................................................................................................. 49 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 50 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 51 2 | 78
Ackerbohnen ................................................................................................................................................. 52 Produktion im Inland................................................................................................................................. 52 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 53 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 54 Eiweisserbsen ................................................................................................................................................ 55 Produktion im Inland................................................................................................................................. 55 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 57 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 59 Soja ................................................................................................................................................................ 60 Produktion im Inland................................................................................................................................. 60 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 62 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 64 Nischenkulturen ............................................................................................................................................ 65 Produktion im Inland................................................................................................................................. 65 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 66 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 67 Beispiel Nischenkultur: Linsen .................................................................................................................. 67 Beispiel Nischenkultur: Reis ...................................................................................................................... 70 Kommentar, Schlussfolgerungen & Empfehlungen ...................................................................................... 73 Alternativen sind gefragt! ......................................................................................................................... 73 Empfehlungen ........................................................................................................................................... 74 Anhang .......................................................................................................................................................... 75 Bio-Marktübersicht Juli 2020 .................................................................................................................... 75 Entwicklung der Produzenten- und Konsumentenpreise ......................................................................... 76 Impressum..................................................................................................................................................... 78 3 | 78
Zusammenfassung Die Ausrichtung der Schweizer Landwirtschaft und Auch für Nischenkulturen wie eiweissreiche Pflan- die Ernährung der Bevölkerung werden zurzeit in zen für die menschliche Ernährung besteht ein un- der Politik und in der Öffentlichkeit intensiv disku- mittelbares Potential. Für viele dieser Kulturen feh- tiert und kritisch hinterfragt. Mit 4,2 Milliarden len aber zurzeit inländische Verarbeitungsmöglich- Schweizer Franken und einem Anteil von knapp 40% keiten und Wertschöpfungsketten. Bei Brotge- machte der Pflanzenbau 2020 einen bedeutenden treide, Kartoffeln, Sonnenblumen, Eiweisserbsen Teil an der landwirtschaftlichen Gesamtrechnung und Ackerbohnen werden die aktuellen Flächenan- aus. Der Selbstversorgungsgrad der pflanzlichen teile gemäss den heutigen Gegebenheiten als Produktion ist mit 37% aber tief. Der Einfluss der marktgerecht beurteilt. Ein Ausbau der Fläche ist Landwirtschaft und der Ernährung auf das Klima, zurzeit nicht angezeigt. umstrittene Futtermittelimporte oder die Trends zu vegetarischen und veganen Nahrungsmitteln spre- Langfristig und vor allem strategisch wäre das Po- chen eigentlich für eine Erhöhung der pflanzlichen tential für viele Kulturen hoch. Unter bestimmten Produktion. Die Nahrungsmittelbilanz der Schweiz Voraussetzungen könnte die Anbaufläche und da- zeigt seit 2014 jedoch, nach einer jahrzehntelangen mit der Selbstversorgungsgrad von zahlreichen Kul- stabilen Anstiegsphase, eine rückläufige Tendenz turen erhöht werden. Beim Brotgetreidemarkt fällt bei der Inlandproduktion von pflanzlichen Nah- auf, dass die verarbeitete Menge von Schweizer Ge- rungsmitteln. treide während Jahren stabil blieb, über verschie- dene Zollkontingente und Freizonen aber immer Der vorliegende Bericht zeigt die Ausgangslage, die mehr Brotgetreide in die Schweiz eingeführt wird. Entwicklung und das Potential der wichtigsten Hinzu kommt, dass sich der Import von Halb- und Ackerkulturen in der Schweiz auf. Für jede Kultur Fertigfabrikaten wie Teiglinge und Backwaren in wurde die Produktion im Inland, ihre Wirtschaftlich- den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt hat keit für die Betriebe, die Markverhältnisse sowie die und ungebremst weiterwächst. Im Gegenzug hat die Warenströme beschrieben und abschliessend ein inländische Brotweizenfläche in den letzten 20 Jah- Fazit und eine Potentialabschätzung formuliert. Das ren um rund 23'000 ha abgenommen. Die Schweizer Potential aller Ackerkulturen wird in einer zusam- Landwirtschaft hat demnach bei der bedeutendsten menfassenden Tabelle dargestellt (Seite 10 und fol- Ackerkultur stetig Marktanteile verloren. Bei einer gende). Dabei wird zwischen einem aktuellen (kurz- Bereitschaft der Verarbeitungsindustrie, vermehrt fristigen) Anbaupotential und einem strategischen importierten Rohstoff durch Schweizer Ware zu er- Anbaupotential (mittel-langfristig) für die Schweizer setzen und/oder bei einer gezielten Schliessung von Landwirtschaft unterschieden. Das strategische Po- Zollschlupflöchern, könnte die inländische Getrei- tential orientiert sich an der realen, vorhandenen deanbaufläche problemlos wieder auf ihre ur- Nachfrage und zeigt auf, wo Importware mit einhei- sprüngliche Grösse ausgedehnt werden und Deklas- mischen Rohstoffen substituiert werden könnte. sierungen von einwandfreiem Schweizer Brotge- Vorausgesetzt – die inländische Wertschöpfung im treide würden obsolet. Pflanzenbau wird verbessert. Das erklärte Ziel der Kartoffelbranche ist es, mit Pro- Bei mehreren Kulturen wie Zuckerrüben, Raps, Mais duktinnovationen den Absatz zu steigern. Eine Kon- und Futtergetreide gibt es für die Schweizer Land- sumsteigerung von 2 kg/Person könnte die Anbau- wirtschaft ein grosses Potential. Die Flächen könn- fläche um rund 400 Hektaren erhöhen. Bei der Her- ten hier sofort ausgedehnt werden. Anbautechni- stellung von Schweizer Zucker ist eine gute Auslas- sche Herausforderungen, Einschränkungen bei den tung der zwei Fabriken wichtig. Die Zuckerrübenflä- Pflanzenschutzmitteln und/oder eine tiefe Wirt- che sollte dazu um 4000 Hektaren steigen. Da der schaftlichkeit sind hier die begrenzenden Faktoren. Grenzschutz durch die bilateralen Abkommen be- schränkt ist und der Schweizer Zuckerpreis vom 4 | 78
stark volatilen EU- und Weltmarktpreis abhängt, Den Autoren des vorliegenden Berichts ist absolut braucht es langfristige politische Lösungen, um den bewusst, dass die Ackerfläche der Schweiz be- Schweizer Markt vor Tiefstpreisphasen zu schützen. grenzt ist. Welche Kulturen am Ende «bestehen», Ebenfalls zusätzliches Potential haben die Ölpflan- «zulegen», sich «neu etablieren» oder «zurückge- zen Raps und Sonnenblumen. Um die inländische hen» und gar «verschwinden» bleibt offen und Nachfrage zu decken, wäre ein Ausbau nötig. Aus muss dem Markt sowie der Politik überlassen wer- fruchtfolge- und pflanzenschutztechnischen Grün- den. Längerfristig werden aber nur Kulturen Be- den sollten die Anbauflächen ausgewogen und nicht stand haben, welche aus Sicht der Betriebe wirt- nur einseitig bei Raps erhöht werden. Dazu ist von schaftlich produziert und gewinnbringend abgesetzt der Verarbeitungsindustrie eine gewisse Flexibilität werden können und deren Schutz gegen Schädlinge, gefragt. Um die umstrittenen Futtermittelimporte Krankheiten oder Unkräuter gewährleistet ist. teilweise zu ersetzen, wäre auch ein Ausbau der Flä- chen von Mais und Futtergetreide möglich. Der limi- Auf Basis der in diesem Bericht gewonnen Erkennt- tierende Faktor für die Landwirte hier ist die tiefe nisse muss der Schweizer Bauernverband (SBV) eine Wirtschaftlichkeit. Dies gilt auch für Ackerbohnen Strategie für den Schweizer Ackerbau entwickeln. und Eiweisserbsen, wo die Wirtschaftlichkeit mit Dabei sind insbesondre die Fragen zu beantworten, Abstand am schlechtesten ausfällt. Hier bräuchte es ob und wie die pflanzliche Produktion zugunsten den Willen und die Bereitschaft der Futtermittelin- der direkten menschlichen Ernährung gefördert dustrie, des Detailhandels und schlussendlich auch werden soll und bei welchen Kulturen und Mass- der Konsumenten, mit einem angemessenen Mehr- nahmen die Prioritäten zu setzen sind. Mehr dazu preis die Inlandproduktion zu halten und zu stärken. im Kapitel «Kommentar, Schlussfolgerungen & Falls diese Bereitschaft nicht vorhanden ist, muss Empfehlungen». man sich innerlandwirtschaftlich überlegen, ob diese Flächen nicht besser zur Eiweiss- und Stärke- Der Bericht ist ausdrücklich nicht gegen die ande- produktion für die direkte menschliche Ernährung ren, für die Landwirtschaft ebenso bedeutsamen eingesetzt werden und zusammen mit der Verarbei- Bereiche Spezialkulturen und Tierhaltung gerichtet. tungsindustrie eine entsprechende Verarbeitungs- Er fokussiert sich bewusst auf den Bereich Acker- kette aufgebaut werden soll. Auch die Flächen für bau, macht eine Standortbestimmung und zeigt Nischenkulturen für den Direktverkauf und den De- Chancen und Handlungsbedarf auf. tailhandel könnten ausgedehnt werden. Dazu braucht es die nötige Bereitschaft der Politik und der Verarbeitungsindustrie, die Schweizer Produk- tion zu fördern, angemessen zu schützen und die er- zeugte Ware auch zu verarbeiten. 5 | 78
Vorwort und Problemstellung Die Gesellschaft in Bewegung Wohin entwickelt sich der Pflanzenbau in der dukten wie Soja-, Mandel- oder Reisgetränke über- Schweiz? Diese Frage ist sehr aktuell, denn unsere proportional zu. Bei Coop hat sich ihr Verkauf in den Gesellschaft befindet sich im Umbruch: Neue Ernäh- letzten zehn Jahren verdreifacht. Vor allem «Teil- rungstrends gepaart mit Klimasorgen und tiefgrei- zeitveganismus» ist in. Aus der Nische hat sich ein fenden gesellschaftlichen Veränderungen führen zu Trend entwickelt – rund 20% der Schweizer Konsu- Entwicklungen und politischen Debatten, wie man mentinnen und Konsumenten greifen vor allem aus sie noch vor wenigen Jahren nicht für möglich ge- Abwechslungsgründen immer häufiger zu pflanzli- halten hätte. Das 2020 abgeschlossene nationale chen Alternativen. Die Nachfrage nach pflanzlichen Forschungsprogramm «Gesunde Ernährung und Eiweissen für die direkte menschliche Ernährung nachhaltige Lebensmittelproduktion» NFP 69 emp- wird (noch) überwiegend mit Importprodukten be- fiehlt, generell mehr pflanzliche Nahrung zu konsu- friedigt. Sie lässt die Kassen von Handel und Verar- mieren. Unabhängig davon hat der Markt das beitung klingen, denn die Margen sind sehr gut. Der Thema längst aufgegriffen. Während beispielsweise 150g-Becher Nature-Joghurt auf Haferbasis kostet von der klassischen Trinkmilch jährlich zwei Prozent stolze Fr. 1.85, sein natürliches Pendant aus Milch weniger verkauft wird, nimmt der Absatz von Pro- (200g) gibts in der Migros bereits ab 45 Rappen. Essen ist politisch Die Forderung nach einer noch umweltschonende- sich zurück. Damit steigen die Risiken von grossen ren Landwirtschaft ist bekannt. Das Belegen zahlrei- Ertragsverlusten in der pflanzlichen Produktion. che Initiativen, die in den nächsten Monaten und Gleichzeitig geht in Folge von Überbauung ununter- Jahren zur Abstimmung gelangen. Die Zulassung brochen Landwirtschaftliche Nutzfläche verloren von Pflanzenschutzmitteln ist wie in vielen anderen und mögliche neue Freihandelsabkommen erhöhen europäischen Staaten zu einem politischen Zankap- den bereits spürbaren Druck. Auch einzelne Märkte, fel verkommen. Während wichtige Wirkstoffe in aktuell im Bereich Zucker, stehen unter kritischer grosser Zahl ihre Zulassung verlieren (2019 waren es Beobachtung. Über Steuern und zusätzliche Dekla- über deren 30), werden kaum oder keine neuen rationsvorschriften soll beispielsweise der Zucker- Produkte bewilligt. Gleichzeitig drängen durch kli- konsum weiter reguliert und letztendlich reduziert matische Veränderungen begünstigt neue Schader- werden. Unverändert hoch hingegen bleiben die reger nach Europa und in die Schweiz. Alte Be- Anforderungen, welche Handel, Verarbeiter und kannte oder vergessene Schädlinge und Krankhei- auch Konsumenten an die von der Landwirtschaft ten (aktuell die Viröse Vergilbung, welche sich epi- erzeugten Produkte und Rohstoffe stellen. demienartig bei Zuckerrüben ausbreitet) melden Wie kann die Landwirtschaft von dieser Entwicklung profitieren? Die zentrale Frage ist, ob der Schweizer Ackerbau weiter einen Beitrag leisten, die Strategie und Stoss- von diesen Entwicklungen profitieren kann und falls richtung des SBV im Bereich Ackerbau zu schärfen ja, wo das Potential der einzelnen Kulturen liegen und gegebenenfalls neu auszurichten. Dazu werden könnte – immer vorausgesetzt, dass auch die Wert- im Kapitel «Kommentar, Schlussfolgerungen & schöpfung auf Stufe Betrieb sich verbessert. Dazu Empfehlungen» konkrete Vorschläge formuliert. soll dieser Bericht, welcher im Auftrag der Fachkom- mission Pflanzenbau erstellt wurde, mögliche Ant- worten und Denkanstösse liefern. Der Bericht soll Aufbau Bericht Die im Bericht beschriebenen Kulturen wurden auf- Schweiz produziert und was importiert wird, darge- grund ihrer Flächenrelevanz und wirtschaftlichen stellt. Es folgen Angaben zu Grenzschutz und Zoll- Bedeutung für die Landwirtschaftsbetriebe ausge- kontingenten, wo diese eine Rolle spielen. Ab- wählt. Jede Kultur wird gleich beschrieben: In einem schliessend folgen ein Fazit und eine Einschätzung ersten Kapitel wird auf den Anbau und die zeitlichen zum möglichen künftigen Potential der beschriebe- Entwicklungen eingegangen. Danach werden die nen Kultur. Wirtschaftliche Bedeutung für die Landwirtschafts- betriebe und die Warenströme, also wieviel in der 6 | 78
Fazit & Potential der einzelnen Ackerkulturen (Kurzfassung) Brotgetreide inkl. Hartweizen Der Anbau von Brotgetreide ist für die Schweizer Gleichzeitig wird regelmässig einwandfreies Schwei- Landwirtschaft bedeutend. Der Anteil Extenso hat zer Brotgetreide deklassiert, je nach Jahr zwischen 0 mit über 60% eine feste Grösse am Gesamtmarkt und 53'000 Tonnen. Dies ist gemäss Branche nötig, eingenommen. Der Anteil an ausländischem Brotge- um den inländischen Produzentenpreis zu halten. treide am Gesamtverbrauch in der Schweiz nimmt kontinuierlich zu. Das bedeutet, dass die Schweizer Mit Blick auf die hohen und stetig steigenden Im- Getreideproduzenten Jahr für Jahr Marktanteile portmengen gibt es für einheimisches Brotgetreide verlieren. Wesentlich tragen dazu die stark steigen- grundsätzlich ein grosses Potential, und zwar so- den Importe von Halb- und Fertigprodukten bei. Sie wohl bei Weich- wie auch Hartweizen. Damit dieses wachsen jährlich um über 10%! Der hohe Preis- und realisiert werden kann, muss der Grenzschutz ge- Importdruck aus dem EU-Raum stellt die einheimi- stärkt und an die jüngeren Entwicklungen und sche Getreideproduktion und Verarbeitung vor Trends angepasst werden. Ein weiterer wichtiger grossen Herausforderungen. Der Zollsatz auf Ein- Baustein ist die lückenlose Herkunftsdeklaration fuhren innerhalb von Zollkapitel 19 ist sehr tief. Ein und gezielte Auslobung am Verkaufspunkt, insbe- weiteres Problem sind diverse «Zollschlupflöcher». sondere im Offenverkauf. Zusammen mit diesen Jährlich werden über verschiedene Kontingente, Massnahmen könnte der Markt mittel- bis langfris- Freizonen und weitere Wege zwischen 220'000 und tig auf Kosten der Importe problemlos zusätzlich 300'000 Tonnen Brotgetreide und Hartweizen in die 50'000 Tonnen Schweizer Weichweizen und 20’000 Schweiz eingeführt, was rund der Hälfte bis zwei Tonnen inländischen Hartweizen aufnehmen. Drittel der Schweizer Getreideernte entspricht. Zuckerrüben Die Zuckerproduktion steht aufgrund der Doppel- Der Bund unterstützt die Branche mit einem befris- null-Lösung in direkter Konkurrenz zum EU- und da- teten Hilfspaket bis 2021. Wie eine externe Studie mit dem Weltmarkt. Durch die Quotenaufhebung zeigt, bringt die Schliessung einer Fabrik keine be- 2017 in der EU ist das Preisniveau auch in der triebswirtschaftlichen Vorteile. Zur Auslastung der Schweiz stark gesunken und die Anbaufläche ist zwei Zuckerwerke Aarberg und Frauenfeld strebt rückläufig. Der Einfluss der agronomischen Heraus- die Branche eine Zuckerrübenfläche von mindes- forderungen (PSM-Verbote, Resistenzen, neue tens 20'000 ha, besser 21'000 ha an. Das heisst, die Krankheiten und Schädlinge, Klimawandel, Boden- heutige Anbaufläche kann sofort um 3000 bis 4000 schutz) auf die Anbaubereitschaft ist sehr relevant. ha erhöht werden. Kartoffeln Die Kartoffel ist nach wie vor eine der wichtigsten der Schweiz konstant bei 45kg/Einwohner und Jahr. Ackerkulturen der Schweiz. Ihr Deckungsbeitrag Im europäischen Durchschnitt liegt die Schweiz da- liegt deutlich über dem Durchschnitt der übrigen mit im Mittelfeld. Eine Ausdehnung der Anbauflä- Ackerkulturen. Sowohl die Produzentenpreise wie chen unabhängig von der Nachfrage brächte die in- auch die Anbaufläche konnten während den letzten ländischen Produzentenpreise stark unter Druck. Jahren auf einem stabilen Niveau gehalten werden. Aus diesem Grund besteht kurz- bis mittelfristig kein In den letzten Jahren ebenfalls stabil geblieben ist Potential für eine Flächen- und Mengenausdeh- die Nachfrage nach inländischen Kartoffeln, wobei nung. Eine grosse Herausforderung für den Kartof- sich die Nachfrage tendenziell von Speisekartoffeln felbau stellen die aktuellen Diskussionen rund um hin zu Industriekartoffeln verschiebt. Der durch- die Reduktion von Pflanzenschutzmittel dar. schnittliche pro Kopf Konsum von Kartoffeln liegt in
Raps Die Nachfrage nach Rapsöl in der Schweiz ist in den PSM-Wirkstoffen erschweren den Rapsanbau je- vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Nebst doch zunehmend. Es ist daher wichtig, dass nebst der Einführung der Swissness-Richtlinien hat die dem Raps auch andere alternative Ölfrüchte gezielt laufende Palmöl-Diskussion diese Entwicklung zu- gefördert und vom Markt nachgefragt werden. Um sätzlich begünstigt. Aktuell übersteigt die Nachfrage die anvisierte Vertragsmenge und die aktuelle (106'000 t) das Angebot (90'000 t) deutlich. Der Nachfrage befriedigen zu können, wäre ein Ausbau kontinuierlich steigenden Schädlingsdruck, die Bil- der Rapsfläche von rund 4500 ha nötig. dung von Resistenzen sowie der stetige Wegfall von Sonnenblumen Sonnenblumen sind eine klassische Low Input Kul- Sonnenblumen mit dem Anbau von Raps vergleich- tur. Der Einsatz von Nährstoffen und Pflanzen- bar. Langfristig könnte die rückläufige Diversität der schutzmitteln ist gering und der Extenso-Anbau mit Ölsaaten in den Fruchtfolgen zu anbautechnischen über 80% dominiert. Ihre Kultivierung wir durch das Schwierigkeiten führen. Kurzfristig ist kein Ausbau sich verändernde Klima tendenziell begünstigt. Um der Vertragsmengen zu erwarten. Mittel- bis lang- die hohe Nachfrage nach Schweizer Rapsöl befriedi- fristig könnte der Markt problemlos deutlich mehr gen zu können, wurde aus logistischen Gründen in Menge (Verdoppelung der heutigen Vertragsmenge der Verarbeitung auf die Saison 2020 die Vertrags- bzw. + 8000 t oder 3000 ha) aufnehmen, insbeson- menge für Sonnenblumenöl von 18'000 Tonnen auf dere dann, wenn es nicht gelingt, die Rapsmenge 12'000 Tonnen gekürzt. Für inländische Sonnenblu- deutlich zu steigern. men liegen die Nachfrage und somit auch das Po- tential derzeit auf einem tiefen Niveau. Rein wirt- schaftlich gesehen (Stufe Betrieb) ist der Anbau von Mais Nach Raufutter, Soja und Futterweizen ist Mais mit Hälfte des eingeführten Mais zu Futterzwecken mit 125'000 Tonnen das viertmeiste in die Schweiz ein- Körnermais aus dem Inland ersetzt, würde dazu geführte Futtermittel. Angesichts der immer stärke- eine zusätzliche Anbaufläche von gut 6000 ha (= ren Forderung der Konsumenten nach Regionalität, 60'000 t Körnermais mit Durchschnittsertrag von Swissness und somit auch nach regionalen Futter- 100 dt/ha) benötigt. Der wirtschaftliche Anreiz zur mitteln ist aus der Sicht der Landwirtschaft eine hö- Produktion von Körnermais ist jedoch knapp. Der here Selbstversorgung auch bei Futtermais anzu- Wegfall des Beizmittels Mesurol (Krähenrepellent) streben. Die Glaubwürdigkeit der tierischen Produk- dürfte den Anbau künftig erheblich behindern. tion würde dadurch nachhaltig gestärkt. Würde die Futtergetreide Die Nachfrage nach Futtergetreide übersteigt das 10'000 ha vorhanden. Die tiefe Anbaubereitschaft inländische Angebot deutlich. Jährlich werden weit ist hauptsächlich auf die zu tiefen Produzenten- über 200'000 Tonnen Futterweizen importiert. preise zurückzuführen. Gleichzeitig hat der Bund in Währenddessen bewegt sich die Futterweizenflä- den vergangenen 20 Jahren systematisch Schwel- che im Inland auf einem tiefen Niveau von 6’000- lenpreise und Importrichtwerte nach unten ange- 8'000 ha. Gerade bei Futterweizen wäre folglich das passt und somit attraktive Voraussetzungen für bil- Potential für eine Flächenausdehnung um mehrere lige Futtermittelimporte geschaffen. Kunstwiesen Wegen ihrer Rolle in der Fruchtfolge und dem Wert wird die Kunstwiese auch in Zukunft eine gewisse als Viehfutter in Verbindung mit der hohen Wert- Pufferfunktion zwischen politischen Beschlüssen, schöpfung in der tierischen Produktion wird die Entwicklungen am Markt und dem jeweiligen wet- Kunstwiese auch in Zukunft von grosser Bedeutung terbedingten Ertragsniveau übernehmen. Aufgrund sein. Agrarpolitische Massnahmen wie GMF oder der kontinuierlich zunehmenden Raufutterimporte neue Vorschriften, welche sich auf die Anzahl und könnte die Fläche der Kunstwiesen problemlos um Art der Tiere der Betriebe auswirken, werden sich 10'000 ha oder 120'000 Tonnen TS (Trockensub- wie bisher massgeblich auf den Anteil der Kunstwie- stanz) ausgebaut werden. sen in den Fruchtfolgen auswirken. Schlussendlich 8 | 78
Ackerbohnen Ackerbohnen sind eine perfekte Low Input Kultur. Kultur vorwiegend auf die eigene Futtermittelpro- Die Herausforderung besteht darin, dass die relativ duktion und auf biologisch produzierende Betriebe tiefen Richtpreise (konventionell) vom Anbau abhal- beschränkt. Gerade aber im Bio-Markt zeichnet sich ten und verarbeitungs- sowie marktseitig wenig In- eine gewisse Sättigung ab. teresse vorhanden ist. Somit bleibt das Potential der Eiweisserbsen Eiweisserbsen haben gewisse agronomische Vor- Der Anbau von Erbsen oder anderen Leguminosen teile und sind eine gute Vorkultur für z. B. Getreide. als Grundstoff für Fleischersatzprodukte oder für Die Kultur verlangt eher wenig PSM- und Nährstoff- die direkte menschliche Ernährung könnte deutlich einsatz und kann daher gut extensiv geführt wer- gesteigert werden – hier liegt ein wachsendes Po- den. Die langen Fruchtfolgepausen setzen dem Flä- tential. Bedingung ist, dass die nötigen Verarbei- chenpotential gewisse Grenzen. Marktseitig wird tungskapazitäten geschaffen werden und die Pro- die Kultur verhalten nachgefragt, was zu einer tiefen dukte am Markt erfolgreich platziert werden kön- Wirtschaftlichkeit führt. Eiweisserbsen haben aktu- nen. Voraussetzung ist eine ansprechende Wirt- ell nur für den Bereich eigene Futtermittelproduk- schaftlichkeit für die Produzenten – der sehr tiefe tion und auf biologisch produzierenden Betrieben Grenzschutz stellt hier ein Problem dar. Stimmen eine Bedeutung. die Bedingungen, könnte der Anbau von Erbsen problemlos – unter Einhaltung der Fruchtfolgere- geln – um 10'000 bis 20'000 ha ausgebaut werden. Soja Die Nachfrage nach Schweizer Futtersoja besteht, ist das im Verarbeitungsprozess anfallende Öl, wel- wird aber aufgrund des tiefen Produzentenpreises ches stand heute nicht verwertet werden kann. Der nicht gedeckt. Die Nachfrage der inländischen Öl- Ausbau des Sojaanbaus zu Futterzwecken bedarf ei- mühlen nach Soja ist zudem verschwinden tief, wes- ner Steigerung des Produzentenpreises. Steigend ist halb der Nutztierfütterung kein Schweizer So- jedoch die Nachfrage nach Bio-Speisesoja. jaschrot zur Verfügung steht. Ein Hinderungsgrund Nischenkulturen Nischenkulturen sind für den Direktverkauf sehr at- den meisten Fällen die ausschlaggebende Ursache, traktiv. Gesamthaft gesehen über alle Nischenkultu- dass die Nische auf wenige Hektar beschränkt ren besteht ein grosses Potential. Ein Engpass für Ni- bleibt. Der Import zu unschlagbar tiefen Preisen ver- schenkulturen sind die teilweise fehlenden Verar- hindert oder erschwert den Aufbau einer notwendi- beitungskapazitäten oder die Beschränkung auf Bio- gen eigenen Wertschöpfungskette. Rohstoffe. Ein komplett fehlender Grenzschutz ist in
Gesamtübersicht «Anbaupotential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz» Kurzanleitung für Tabelle: Ergebnisse richtig einordnen Die folgende Tabelle hat zum Ziel, die Erkenntnisse zu den einzelnen Kulturen mit wenigen Zahlen und Worten verdichtet sowie grafisch vereinfacht darzustellen. Den Autoren ist bewusst, dass die Ackerfläche der Schweiz begrenzt ist. Welche Kulturen am Ende «bestehen», «zulegen», sich «neu etablieren» oder «zurückgehen» und gar «verschwinden» bleibt offen und muss dem Markt sowie der Politik überlassen werden. Längerfristig werden aber nur Kulturen Bestand haben, welche aus Sicht der Betriebe wirtschaftlich produziert und gewinnbringend abgesetzt werden können und deren Schutz gegen Schädlinge, Krankheiten oder Unkräuter jederzeit gewährleistet ist. Die Spalte «für Landwirt/in - Potential kurzfristig» zeigt, wo aktuell zusätzliche Anbauflächen gesucht sind. In diesen Teilmärkten haben Betriebsleitende die Möglichkeit, nach vorgängiger Absprache mit dem künftigen Abnehmer und in den meisten Fällen nach Abschluss eines Anbauvertrags ihre Flächen auszudehnen. Ob und wie weit die einzelne Kultur für einen Betrieb wirtschaftlich ist, muss individuell beurteilt werden. Für die Bewertung in der Spalte «Strategisches Potential für Stossrichtung SBV (mittel- bis langfristig) wurde der aktuelle Verbrauch in der Schweiz als Basis genommen mit dem Ziel, vermehrt Importe durch Ackerprodukte aus Schweizer Anbau ersetzen zu wollen – vorausgesetzt, dass dabei die Wertschöpfung auf Stufe Betrieb verbessert wird. für Landwirt/in Strategisches Potential (für Stossrichtung SBV) Kultur Aktuelle Herausforderungen Potential kurzfristig Potential mittel- bis langfristig Bemerkungen/Voraussetzungen - Zollschlupflöcher Brotgetreide - Sinkende Marktanteile im Inland (Stichwort Teiglinge) Fläche/Menge halten ➔ + 8'000 ha + 50'000 t Bereitschaft zur Substitution von Importware - Verarbeitungsindustrie gefordert - Sehr tiefer Zollansatz Hartweizen - Freie Einfuhrmenge - Keine angepassten CH-Sorten Fläche/Menge halten ➔ + 4'000 ha + 20'000 t Bereitschaft zur Substitution von Importware - Verarbeitungsindustrie gefordert Beschränkter Grenzschutz wegen 00- Zunehmend eine politische Frage. Ohne den Zuckerrüben Lösung, sinkende Preise und Anbaube- reitschaft, Verlust PSM-Wirkstoffe, stei- + 4'000 ha + 4'000 ha nötigen politischen Support kann der Anbau nicht aufrechterhalten werden gender Krankheits- und Schädlingsdruck Kartoffeln - Vergleichsmässig tiefer Pro-Kopf-Kon- sum gegenüber der EU Fläche/Menge halten ➔ + 400 ha + 16'000 t Steigerung Konsum 2kg pro CH-Bürger und Jahr Raps - Stark steigender Krankheits- und Schädlingsdruck + 4'500 ha + 4'500 ha Aktuelle Vertragsmenge von 106'000 t kann nicht befriedigt werden. Produktion gefordert 10 | 78
für Landwirt/in Strategisches Potential (für Stossrichtung SBV) Kultur Aktuelle Herausforderungen Potential kurzfristig Potential mittel- bis langfristig Bemerkungen/Voraussetzungen - Verarbeitungskapazitäten Ölwerke Wiederherstellung Produktionsniveau vor Sonnen- blumen (Substitution durch Raps) - Fruchtfolge «begrenzt» Anbau Fläche/Menge halten ➔ + 3000 ha + 8'000 t 2020 (Klumpenrisiko Raps reduzieren, Diversi- fizierung Ölfrüchte, Fruchtfolgen ausweiten) Importe von 45'000 t Maiskleber aus China Mais - Mässige Wirtschaftlichkeit (Produzent) + 6'000 ha + 60'000 t + 6000 ha + 60'000 t kritisch hinterfragen. Keine Maisstärkeverar- beitung in der Schweiz angesiedelt. Futter- getreide - Tiefe Wirtschaftlichkeit (Produzent) + 20'000 ha + 132'000 t + 20'000 ha + 132'000 t Bereitschaft zur Substitution von Importware vorausgesetzt. Wer trägt die Mehrkosten? - Hohe Bedeutung für Betriebe mit Rau- Raufutterimporte reduzieren. Kunstwiese futterverzehrern - Wichtige Stellung in der FF + 10'000 ha + 120'000 t + 10'000 ha + 120'000 t Verbesserung der betriebseigenen Raufutterbasis. Rohstoffangebot für Milch- und Fleischersatz- - Sehr tiefe Wirtschaftlichkeit (Produ- produkte aufbauen (z.B. Erbsen anstelle Acker- zent) Acker- bohnen - Krankheits- und Schädlingsdruck steigt - Tiefe Nachfrage da Einsatz in Misch- Fläche/Menge halten ➔ Zu diskutieren ? bohnen anbauen). Verarbeitungsindustrie ge- fordert (Bereitschaft zur Substitution von Im- portware / Aufbau von eigenen Verarbeitungs- futtern beschränkt kapazitäten) - Sehr tiefe Wirtschaftlichkeit (Produ- Rohstoffangebot für Milch- und Fleischersatz- zent) produkte aufbauen (z. B. Basis Erbsenprotein). Eiweiss- erbsen - Krankheits- und Schädlingsdruck steigt - Reduzierte Mittelwahl (PSM) Fläche/Menge halten ➔ Zu diskutieren ? Verarbeitungsindustrie gefordert (Bereitschaft zur Substitution von Importware / Aufbau von - Tiefe Nachfrage (Mischfutter) eigenen Verarbeitungskapazitäten) Bio-Speisesoja: Menge - Sehr Tiefe Produzentenpreise Soja (Futtersoja) - Kleine Anbauflächen ausbauen Futtersoja: Menge ➔ + 4'000 ha Futter- soja Bereitschaft zur Substitution von Importware vorausgesetzt. Wer trägt die Mehrkosten? halten - Eingeschränkte Absatzmöglichkeiten für grössere Flächen (fehlender Grenz- Ausbau Flächen für Lösung Grenzschutzproblematik. Verarbei- Nischen- kulturen schutz) - Häufig auf Direktverkauf beschränkt Ausbau Flächen für Direktverkauf Direktverkauf und Detailhandel tungsindustrie gefordert (Bereitschaft zur Substitution von Importware) - Oft Bio als Voraussetzung 11 | 78
Anteile der Ackerkulturen und ihre wirtschaftliche Bedeutung Prozentuale Anteile der wichtigsten Ackerkulturen an der Ackerfläche Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), landwirtschaftliche Strukturerhebung 2018 In absoluten Zahlen ergeben sich für die Aufteilung der Ackerfläche nach Kultur in Hektaren folgende Werte: Aufteilung der Ackerfläche nach Kultur Kultur Fläche in ha Kunstwiese 122'222 Brotgetreide 83'383 Futtergetreide 60'253 Silomais 47'003 Raps 22'811 Zuckerrüben 18'578 Freilandgemüse 12'127 Kartoffeln 11'107 Sonnenblumen 5'386 Eiweisserbsen 3'891 Bunt-/Rotationsbrache 3'169 Soja 1'801 übrige Ackerfläche 6'410 Total Ackerfläche 398'141 Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), landwirtschaftliche Strukturerhebung 2018 12 | 78
Die wirtschaftliche Bedeutung der wichtigsten Ackerkulturen (ÖLN und Bio) Nachfolgend ist der Deckungsbeitrag (inkl. Beiträge) der wichtigsten Ackerkulturen für den konventionel- len sowie den biologischen Anbau ersichtlich.. Deckungsbeitrag der wichtigsten Ackerkulturen je Hektare in CHF Quelle: Agridea DB-Katalog 2019 Währenddem der Deckungsbeitrag für den Einzel- turen ist nachfolgend abgebildet. Ebenfalls aufge- betrieb von Relevanz ist, gibt der Produktionswert führt ist der Produktionswert von Futterpflanzen. einer Kultur (Menge x Marktpreis Stufe Landwirt- Dieser umfasst die gesamte Futterpflanzenproduk- schaft), bzw. einer Kulturgruppe, eine Tendenz zur tion und berücksichtigt daher nicht nur Kulturen in- wirtschaftlichen Bedeutung für den ganzen Sektor nerhalb der Ackerfläche. vor. Der Produktionswert der wichtigsten Ackerkul- Produktionswert der Ackerkulturen 2018 Kultur Produktionswert in Mio. CHF Getreide 316'894 Ölsaaten 90'397 Eiweisspflanzen 11'572 Zuckerrüben 109'604 Futterpflanzen 982'745 Kartoffeln 169'809 Total 1'681'021 Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), landwirtschaftliche Strukturerhebung 2018 13 | 78
Die Inlandproduktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln Auszug aus der Nahrungsmittelbilanz Gemäss der Nahrungsmittelbilanz stieg die Inland- Rapsfläche steigt zwar tendenziell wieder an, dafür produktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln ge- musste jedoch die Sonnenblumenfläche aufgrund messen in verwertbarer Energie bis ca. ins Jahr 2014 fehlender Verarbeitungskapazitäten reduziert wer- beinahe kontinuierlich an. Die Zunahme war v.a. der den. Ob es sich nun um Stagnation oder Abnahme Ausdehnung der Produktion bei Zuckerrüben und handelt, kann u.a. aufgrund des schlechten Jahres Ölsaaten (insbesondere Raps) zu verdanken. Seither 2016 nicht mit Sicherheit bestimmt werden (zuvor zeigt sich eine rückläufige Tendenz. Verantwortlich gab es mit 2011 und 2014 zwei sehr produktive dafür sind vor allem die anbautechnischen und teils Jahre). Die Inlandproduktion von pflanzlichen Nah- auch marktseitigen Herausforderungen bei den Zu- rungsmitteln scheint jedoch an einem Wende- ckerrüben und den Ölsaaten. Die Zuckerrübenfläche punkt angelangt zu sein. war in den letzten Jahren deutlich rückläufig. Die Inlandproduktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln Quelle: Agristat, Nahrungsmittelbilanz Würde der Einkaufstourismus in der Nahrungsmit- schritte. Dafür ist auch die Ausdehnung der Ex- telbilanz erfasst, so wäre die Inlandproduktion rela- tenso- und Bio-Produktion mitverantwortlich. Die tiv zum Verbrauch wohl noch stärker zurückgegan- Ackerfläche kann kaum ausgedehnt werden. Die Be- gen. Ausser bei Zuckerrüben und Raps (beide keine völkerung in der Schweiz nimmt jedoch weiter zu. typischen Extenso- bzw. Bio-Kulturen) gibt es in den Mittelfristig ist eine Abnahme des Selbstversor- meisten Kulturen kaum mehr Produktivitätsfort- gungsgrades im Pflanzenbau zu erwarten. 14 | 78
Brotgetreide Produktion im Inland Fläche, Menge und deren Entwicklung Entwicklung der Getreideproduktion Quelle: SBV In der Schweiz wurden im Jahr 2018 auf gut 83'000 rund 23'000 ha abgenommen. In der nachfolgenden ha Brotgetreide angebaut. Davon waren knapp Grafik ist die Flächenentwicklung von Brotweizen, 76'000 ha Brotweizen. Im Jahr 2002 lag die Anbau- Dinkel und Roggen während der letzten 20 Jahren fläche von Brotweizen noch bei gut 91'000 ha. Die ersichtlich. Brotweizenfläche hat in den letzten 20 Jahren um 15 | 78
Anbaufläche von Brotgetreide in Hektaren 100000 90000 94109 80000 83744 70000 77853 75654 70800 60000 50000 40000 30000 20000 2428 4136 5900 1467 1677 3985 10000 2248 2004 3643 1800 0 2000 2005 2010 2015 2020* Brotweizen Roggen Dinkel Quelle: SGPV 2020, eigene Darstellung; *provisorisch Die gesamte Erntemenge für Brotgetreide lag 2018 Von der gesamten Brotgetreide-Anbaufläche wer- bei 418'873 Tonnen. Seit ein paar Jahren wird unter den rund 7.8% nach den Richtlinien von Bio-Suisse dem Label IPS auch etwas Hartweizen (2019 rund angebaut. Rund 53.5% der Brotgetreide-Anbauflä- 460 ha) produziert. Gemäss der Nahrungsmittelbi- che erfüllt heute den Extenso-Standard (Swissgra- lanz von Agristat (gemessen an der Energie) lag der num 2019). In der nachfolgenden Tabelle sind die Selbstversorgungsgrad 2018 für Weichweizen bei Durchschnittserträge der vergangenen Brotgetrei- 77%, für Dinkel bei 64% und für Roggen bei 70%. deernten ersichtlich. Quelle: Swissgranum 2019, *provisorisch Wichtige Faktoren für den Anbau in der Schweiz In der Schweiz wird schon seit Jahrtausenden Brotge- von Insektiziden, Fungiziden und Halmverkürzer im treide angebaut. Brotgetreide gedeiht bis in hohe La- Extenso-Programm). Brotweizen weist im konventio- gen und auf den verschiedensten Böden. Der Anbau nellen Anbau eine Düngungsnorm auf von: 140kg N, von Brotgetreide zieht sich daher vom Engadin bis 60kg P, 100kg K, 15 kg Mg. Im Extenso- und Bioanbau nach Genf und vom Tessin bis in die Ajoie, quer durch wird die Düngungsnorm etwas nach unten ange- die Schweiz. Der Schweizer Brotgetreideanbau zeich- passt. Die wichtigsten Krankheiten im Brotgetreide- net sich durch seine Vielfalt an Sorten, die fokussiert anbau sind Fusarien, Mehltau, Rost- und Brandpilze. auf Krankheitsresistenz und qualitative Eigenschaf- Der wichtigste Schädling im Getreidebau ist das Ge- ten in der Schweiz gezüchtet und geprüft werden, treidehähnchen, wobei der wirtschaftliche Schaden aus. Dementsprechend wird über die Hälfte der Brot- des Getreidehähnchens eine Behandlung mit Insekti- getreidefläche nach Extenso- oder Biorichtlinien be- ziden in den wenigsten Fällen rechtfertigt. wirtschaftet. Das heisst konkret ein kompletter oder ein Teilverzicht von Pflanzenschutzmitteln (Verzicht 16 | 78
Brotweizen spielt für die Landesversorgung mit turen stammt aus dem Getreidebau. Für Weichwei- Nahrungsmitteln nach wie vor eine bedeutende zen unterhält die Réservesuisse Pflichtlager in der Rolle. Getreide ist vor Zucker die grösste inländische Höhe von 160'000 Tonnen, was den Inlandbedarf pflanzliche Energiequelle. Etwa ein Drittel (ca. 4'000 für 4 Monate zu decken vermag. -5'000 TJ/Jahr) der Energieproduktion der Ackerkul- Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme Produzentenpreise und deren Entwicklung Quelle: Swissgranum 2019 Die Produzentenpreise für Brotweizen/Brotgetreide wurde als Nachfolgelösung für das Schoggigesetz, sind in der Tabelle oben ersichtlich. Von 2014 bis also zur Unterstützung der exportierenden Indust- 2019 waren die Produzentenpreise für Brotweizen rie, eingeführt. Kompensiert wird der Abzug teil- stabil. Auf dem Produzentenpreis für Brotgetreide weise durch die Auszahlung einer Getreidezulage wird nebst den üblichen Abzügen Seit 2019 zusätz- des Bundes in der Höhe von 120.-/ha. lich ein Abzug von CHF 4.63/dt gemacht. Der Beitrag Wirtschaftliche Bedeutung von Brotweizen In der Tabelle unten aufgeführt sind die Deckungs- Davon fallen gut 200 Mio. CHF der Brotgetreidepro- beiträge von Brotweizen der Top-Qualitätsklasse duktion, also hauptsächlich der Brotweizenproduk- nach verschiedenen Produktionsrichtlinien. Gemäss tion, zu. Der Brotgetreideanbau ist daher gemessen der Landwirtschaftlichen Gesamtrechnung gene- am Produktionswert nebst den Spezialkulturen und riert die Getreideproduktion für die Schweizer Land- der Produktion von Futterpflanzen die bedeu- wirtschaft jährlich einen Umsatz von 317 Mio. CHF. tendste Schweizer Ackerkultur. Winterweizen Top Winterweizen Top Winterweizen Top ÖLN intensiv Extenso, IP-Suisse Bio Richtpreis/dt Fr. 50 Fr. 55 Fr. 106 Leistung (Ertrag) 3’926 3’785 5’376 Vergleichbarer DB 2’511 2’747 4’305 DB Betriebsplanung 2’071 2’307 3’865 DB 1’767 1’990 3’493 DB inkl. Beiträge 3’067 3’290 5’993 Quelle: DB-Katalog Agridea, 2019 17 | 78
Einfuhren/Ausfuhren in und aus der Schweiz Einfuhren von unverarbeitetem Brotgetreide erfol- an der Grenze vergeben. Die jährlichen Einfuhren gen teilweise innerhalb des Zollkontingents 27. innerhalb des Zollkontingentes 27 sind in der nach- Diese wird in Tranchen und gestaffelt freigegeben. folgenden Tabelle ersichtlich. Total beläuft sich die Kontingentsmenge auf 70'000 Tonnen (kann auch erhöht werden). Die Kontin- gentsanteile werden nach dem Windhundverfahren Quelle: Swissgranum, Eidgenössische Zollverwaltung, 2020 Wichtig festzuhalten ist, dass ein grosser Teil an un- kontingentes, Zonenware (Einfuhren aus den Frei- verarbeitetem Getreide ausserhalb des Zollkontin- zonen Gex und Hochsavoyen) sowie Weizen zur gentes eingeführt wird. Die Einfuhren von Weich- Stärkeherstellung und zu technischen Zwecken. Zu- weizen ausserhalb des Zollkontingentes sind in der dem werden in die Schweiz jährlich zwischen 60'000 nachfolgenden Tabelle ersichtlich. Die Einfuhren und 70'000 Tonnen Hartweizen (Zolltarif Nr. ausserhalb des Zollkontingentes setzen sich zusam- 1001.1921) eingeführt. men aus generellen Einfuhren ausserhalb des Zoll- Quelle: Swissgranum, Eidgenössische Zollverwaltung, 2020 Jährlich werden so über verschiedene Kontingente, Freizonen und Wege zwischen 220'000 und 300'000 Tonnen Brotgetreide und Hartweizen in die Schweiz eingeführt, was rund der Hälfte bis zwei Drittel der Schweizer Getreideernte entspricht. Gleichzeitig wird regelmässig qualitativ einwandfreies Schweizer Brotgetreide deklassiert (zwischen 0 bis 53'000 t). 18 | 78
Nebst den Einfuhren von unverarbeitetem Getreide Zollkapitels 19 in die Schweiz eingeführt wurden, wird Getreide auch in verarbeiteter Form, als Mehl stark zugenommen. Im Jahr 2002 lag die einge- oder bereits in vorgefertigten Produkten, in die führte Menge bei total 111‘475 Tonnen. Ende des Schweiz importiert. Bei der Einfuhr von verarbeite- Jahres 2018 wurde innerhalb des Zollkapitels 19 die tem Getreide kommt dem Zollkapitel 19 eine grosse Menge von 245‘889 Tonnen eingeführt. Der Wert Bedeutung zu. Innerhalb des Zollkapitels 19 werden der eingeführten Waren betrug im Jahr 2017 knapp sämtliche Zubereitungen aus Getreide, Mehl oder 800 Mio. CHF. Die Zunahme der Importe verläuft Stärke ein- und ausgeführt, sprich Back- und Teig- seit Jahren linear, wie die untenstehende Grafik waren sowie deren Grundlagen. Während den letz- zeigt. 2017 stagnierten die Importe. 2018 nahmen ten Jahren haben die Mengen, die innerhalb des diese aber wieder zu (Quelle: Agristat, AHS, 2019). Importe innerhalb des Zollkapitels 19 pro Jahr Halb- und Fertigprodukte wie Teiglinge und Backwaren 300000 245889 250000 200000 Tonnen 150000 111475 100000 50000 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung 2019, eigene Darstellung Da Waren auf der Basis von Getreide auch in ande- duktion von Getreide schwankt über den beobachte- ren Zollkapiteln eingeführt werden können (Bsp. ten Zeitraum beträchtlich, bleibt aber annähernd Zollkapitel 10 = Getreide oder Zollkapitel 11 = Mül- konstant. Erst ab 2014 kam eine schwächere Phase, lereierzeugnisse) und auch verarbeitetes Getreide welche jedoch durch die sehr gute Ernte 2017 unter- aus der Schweiz ausgeführt wird, gibt die obenste- brochen wurde. Die Importe nahmen in absoluten hende Grafik nur bedingt Aufschluss über die effek- Zahlen deutlich zu. Stark angestiegen ist der Impor- tive Menge an verarbeitetem Getreide das in die tüberschuss von Getreidezubereitungen (Kapitel Schweiz eingeführt und im Inland konsumiert wird. 19), in den letzten Jahren jährlich um über 10%. Eine gesamtheitliche Mengenbilanz zu Ein- und Aus- D.h. die Leute essen wohl anteilsmässig weniger fuhren existiert offenbar nicht. Gemäss der Nah- Brot und kaufen Getreideprodukte vermehrt in an- rungsmittelbilanz 2007-2017 macht Agristat zu den derer Form. Wenn die Entwicklung wie bis anhin Getreide-Ein- und Ausfuhren aber folgende Bemer- weitergeht, d.h. der Importüberschuss von Getrei- kung: dezubereitungen stärker ansteigt als der Ver- brauch von Getreide und von Getreideprodukten, Der Nahrungsmittelverbrauch nahm von 2007 bis dann dürfte es in Zukunft schwieriger werden, die 2017 pro Jahr ca. um 0,6 % zu. Der Anteil des Getrei- Brotgetreideproduktion auf dem aktuellen Niveau des blieb dabei annähernd konstant. Die Inlandpro- zu halten (Quelle: Agristat 2019). 19 | 78
Grenzschutz und Zollkontingente Einfuhren innerhalb des Zollkontingentes 27 wer- mit einem Zollsatz von 1.30.- CHF/dt eingeführt. Ge- den an der Grenze mit einem Betrag von 23.- CHF/dt wichtet man die Zollsätze ausserhalb des Zollkontin- belastet. Der Betrag setzt sich dabei aus dem Grenz- gentes nach den eingeführten Mengen wird ersicht- schutz von 18.- CHF/dt und dem Garantiefondsbei- lich, dass der durchschnittliche Ausserkontingents- trag von 5.- CHF/dt zusammen. Zollsatz im Verhältnis zum Kontingentszollsatz tief ist. Für die im Jahr 2018 getätigten Einfuhren ausserhalb Der Ausserkontingents-Zollsatz für die Einfuhr von des Zollkontingentes ergibt sich so ein durchschnittli- Brotweizen liegt bei CHF 40.-/dt. Weichweizen aus cher Zollsatz von 25.60 CHF/dt, was nur leicht über den Zollfreizonen wird wortgemäss zollfrei einge- dem Kontingentszollsatz liegt. führt. Weichweizen zu technischen Zwecken der aus- serhalb des Zollkontingentes eingeführt wird, wird Der Zollsatz für die Einfuhr von Weizenmehl errechnet sich wie folgt: Grenzbelastung von Getreide x Ausbeute + Industrieschutz 23.-CHF/dt x 1.33 + 20.- CHF/dt = 50.60 CHF/dt für die Einfuhr von Mehl gibt es keine Zollkontingente. Der Normalzollsatz für die Einfuhr von Hartweizen legt. Der Zollsatz setzt sich dabei aus dem bewegli- liegt im Verhältnis zu Brotweizen mit 1.- CHF/dt und chen Teilbetrag und dem Industrieschutzelement zu- einem Garantiefondsbeitrag von 1.20 CHF/dt sehr sammen. Genaue Erläuterungen dazu sind dem Be- tief. Zollkontingente gibt es für die Einfuhr von Hart- richt des SBV zum Zollkapitel 19 zu entnehmen. Die weizen keine. Zollsätze bewegen sich je nach Zolltarifnummer zwi- schen 70.- CHF/dt und über 400.-CHF/dt. Auch bei Da Einfuhren von Getreide in zubereiteter Form (Zoll- der Einfuhr von Getreide in verarbeiteter Form gibt kapitel 19) meist aus der EU erfolgen wird der Grenz- es keine Zollkontingente. schutz gemäss den Bilateralen Abkommen festge- Fazit & Potential Der Anbau von Brotgetreide ist für die Schweizer Fertigprodukten, welche innerhalb des Zollkapitels Landwirtschaft ein bedeutendes Standbein. Auf- 19 eingeführt werden. Andererseits stellt der hohe grund des heute verhältnismässig extensiven An- Preis- und Import-Druck aus dem EU-Raum für die baus kann ein reduzierter Einsatz von Pflanzen- einheimische Getreideproduktion und -verarbei- schutzmitteln bei Brotgetreide, verglichen mit alter- tung eine grosse Herausforderung dar. So liegt der nativen Ackerkulturen, bereits heute auf breiter erhobene Zollsatz auf Einfuhren innerhalb des Zoll- Front umgesetzt werden. Der Brotgetreideanbau er- kapitels 19, verglichen mit dem Wert der eingeführ- füllt daher gegenüber anderen Ackerkulturen wie ten Ware, sehr tief. Ebenfalls problematisch sind die Zuckerrüben oder Kartoffeln bereits heute die For- «Zollschlupflöcher» bei der Einfuhr von Brotge- derungen der Gesellschaft nach weniger chemi- treide, was zu hohen Importmengen zu durch- schem Pflanzenschutz in der Produktion. schnittlich tiefen Zollsätzen ausserhalb des Zollkon- tingentes 27 führt. Gemäss Agristat nimmt der Nahrungsmittelver- brauch im Inland jährlich um 0.6% zu. Der Anteil Ge- Aus Sicht der Produktion problematisch erscheint treide am Nahrungsmittelverbrauch bleibt kon- die Tatsache, dass trotz guter Erträge und guter stant. Die Brotgetreidefläche hat in den letzten 20 Qualität der inländischen Ernten während der letz- Jahren um mehr als 20'000 ha abgenommen. Dar- ten Jahre, die Importe nur leicht oder gar nicht re- aus kann gefolgert werden, dass der Anteil an aus- duziert wurden. Die hohen Importmengen, in Kom- ländischem Brotgetreide am Gesamtverbrauch in bination mit guten Erträgen in den vergangenen der Schweiz immer mehr zunimmt. Folglich verlie- Jahren, haben folglich vermehrt zu Deklassierungen ren die Schweizer Getreideproduzenten kontinuier- von Brot- zu Futterweizen geführt. So wurden bei- lich an Marktanteilen im Inland. Zu erklären ist die- spielsweise in den Jahren 2017-2019 jährlich über ser Trend einerseits mit einem sich verändernden 22'000 Tonnen Brot- zu Futterweizen deklassiert, Konsumverhalten - weg vom klassischen Brot hin zu was folglich einen Wertschöpfungsverlust auf Stufe 20 | 78
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