Potential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz - Bericht zur aktuellen Lage im Ackerbau und den möglichen Entwicklungen

 
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Potential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz - Bericht zur aktuellen Lage im Ackerbau und den möglichen Entwicklungen
Potential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz
Bericht zur aktuellen Lage im Ackerbau und den möglichen Entwicklungen
Potential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz - Bericht zur aktuellen Lage im Ackerbau und den möglichen Entwicklungen
Inhaltsverzeichnis
    Zusammenfassung ...................................................................................................................................... 4
    Vorwort und Problemstellung..................................................................................................................... 6
    Fazit & Potential der einzelnen Ackerkulturen (Kurzfassung) .................................................................... 7
Gesamtübersicht «Anbaupotential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz» ...................................... 10
Anteile der Ackerkulturen und ihre wirtschaftliche Bedeutung ................................................................... 12
Die Inlandproduktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln ............................................................................. 14
    Auszug aus der Nahrungsmittelbilanz....................................................................................................... 14
Brotgetreide .................................................................................................................................................. 15
    Produktion im Inland................................................................................................................................. 15
    Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 17
    Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 20
Zuckerrüben .................................................................................................................................................. 22
  Produktion im Inland................................................................................................................................. 22
  Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 24
    Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 25
Kartoffeln ...................................................................................................................................................... 26
  Produktion im Inland................................................................................................................................. 26
    Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 28
    Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 29
Raps ............................................................................................................................................................... 30
  Produktion im Inland................................................................................................................................. 30
    Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 32
    Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 34
Sonnenblumen .............................................................................................................................................. 35
  Produktion im Inland................................................................................................................................. 35
  Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 37
  Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 39
Mais ............................................................................................................................................................... 40
 Produktion im Inland................................................................................................................................. 40
 Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 41
 Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 42
Futtergetreide ............................................................................................................................................... 43
  Produktion im Inland................................................................................................................................. 43
  Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 44
  Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 48
Kunstwiese .................................................................................................................................................... 49
  Produktion im Inland................................................................................................................................. 49
  Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 50
  Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 51

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Ackerbohnen ................................................................................................................................................. 52
    Produktion im Inland................................................................................................................................. 52
    Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 53
    Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 54
Eiweisserbsen ................................................................................................................................................ 55
    Produktion im Inland................................................................................................................................. 55
    Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 57
    Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 59
Soja ................................................................................................................................................................ 60
  Produktion im Inland................................................................................................................................. 60
    Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 62
    Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 64
Nischenkulturen ............................................................................................................................................ 65
    Produktion im Inland................................................................................................................................. 65
    Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme ............................................................................................... 66
    Fazit & Potential ........................................................................................................................................ 67
    Beispiel Nischenkultur: Linsen .................................................................................................................. 67
    Beispiel Nischenkultur: Reis ...................................................................................................................... 70
Kommentar, Schlussfolgerungen & Empfehlungen ...................................................................................... 73
    Alternativen sind gefragt! ......................................................................................................................... 73
    Empfehlungen ........................................................................................................................................... 74
Anhang .......................................................................................................................................................... 75
    Bio-Marktübersicht Juli 2020 .................................................................................................................... 75
    Entwicklung der Produzenten- und Konsumentenpreise ......................................................................... 76
Impressum..................................................................................................................................................... 78

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Zusammenfassung
Die Ausrichtung der Schweizer Landwirtschaft und        Auch für Nischenkulturen wie eiweissreiche Pflan-
die Ernährung der Bevölkerung werden zurzeit in         zen für die menschliche Ernährung besteht ein un-
der Politik und in der Öffentlichkeit intensiv disku-   mittelbares Potential. Für viele dieser Kulturen feh-
tiert und kritisch hinterfragt. Mit 4,2 Milliarden      len aber zurzeit inländische Verarbeitungsmöglich-
Schweizer Franken und einem Anteil von knapp 40%        keiten und Wertschöpfungsketten. Bei Brotge-
machte der Pflanzenbau 2020 einen bedeutenden           treide, Kartoffeln, Sonnenblumen, Eiweisserbsen
Teil an der landwirtschaftlichen Gesamtrechnung         und Ackerbohnen werden die aktuellen Flächenan-
aus. Der Selbstversorgungsgrad der pflanzlichen         teile gemäss den heutigen Gegebenheiten als
Produktion ist mit 37% aber tief. Der Einfluss der      marktgerecht beurteilt. Ein Ausbau der Fläche ist
Landwirtschaft und der Ernährung auf das Klima,         zurzeit nicht angezeigt.
umstrittene Futtermittelimporte oder die Trends zu
vegetarischen und veganen Nahrungsmitteln spre-         Langfristig und vor allem strategisch wäre das Po-
chen eigentlich für eine Erhöhung der pflanzlichen      tential für viele Kulturen hoch. Unter bestimmten
Produktion. Die Nahrungsmittelbilanz der Schweiz        Voraussetzungen könnte die Anbaufläche und da-
zeigt seit 2014 jedoch, nach einer jahrzehntelangen     mit der Selbstversorgungsgrad von zahlreichen Kul-
stabilen Anstiegsphase, eine rückläufige Tendenz        turen erhöht werden. Beim Brotgetreidemarkt fällt
bei der Inlandproduktion von pflanzlichen Nah-          auf, dass die verarbeitete Menge von Schweizer Ge-
rungsmitteln.                                           treide während Jahren stabil blieb, über verschie-
                                                        dene Zollkontingente und Freizonen aber immer
Der vorliegende Bericht zeigt die Ausgangslage, die     mehr Brotgetreide in die Schweiz eingeführt wird.
Entwicklung und das Potential der wichtigsten           Hinzu kommt, dass sich der Import von Halb- und
Ackerkulturen in der Schweiz auf. Für jede Kultur       Fertigfabrikaten wie Teiglinge und Backwaren in
wurde die Produktion im Inland, ihre Wirtschaftlich-    den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt hat
keit für die Betriebe, die Markverhältnisse sowie die   und ungebremst weiterwächst. Im Gegenzug hat die
Warenströme beschrieben und abschliessend ein           inländische Brotweizenfläche in den letzten 20 Jah-
Fazit und eine Potentialabschätzung formuliert. Das     ren um rund 23'000 ha abgenommen. Die Schweizer
Potential aller Ackerkulturen wird in einer zusam-      Landwirtschaft hat demnach bei der bedeutendsten
menfassenden Tabelle dargestellt (Seite 10 und fol-     Ackerkultur stetig Marktanteile verloren. Bei einer
gende). Dabei wird zwischen einem aktuellen (kurz-      Bereitschaft der Verarbeitungsindustrie, vermehrt
fristigen) Anbaupotential und einem strategischen       importierten Rohstoff durch Schweizer Ware zu er-
Anbaupotential (mittel-langfristig) für die Schweizer   setzen und/oder bei einer gezielten Schliessung von
Landwirtschaft unterschieden. Das strategische Po-      Zollschlupflöchern, könnte die inländische Getrei-
tential orientiert sich an der realen, vorhandenen      deanbaufläche problemlos wieder auf ihre ur-
Nachfrage und zeigt auf, wo Importware mit einhei-      sprüngliche Grösse ausgedehnt werden und Deklas-
mischen Rohstoffen substituiert werden könnte.          sierungen von einwandfreiem Schweizer Brotge-
Vorausgesetzt – die inländische Wertschöpfung im        treide würden obsolet.
Pflanzenbau wird verbessert.
                                                        Das erklärte Ziel der Kartoffelbranche ist es, mit Pro-
Bei mehreren Kulturen wie Zuckerrüben, Raps, Mais       duktinnovationen den Absatz zu steigern. Eine Kon-
und Futtergetreide gibt es für die Schweizer Land-      sumsteigerung von 2 kg/Person könnte die Anbau-
wirtschaft ein grosses Potential. Die Flächen könn-     fläche um rund 400 Hektaren erhöhen. Bei der Her-
ten hier sofort ausgedehnt werden. Anbautechni-         stellung von Schweizer Zucker ist eine gute Auslas-
sche Herausforderungen, Einschränkungen bei den         tung der zwei Fabriken wichtig. Die Zuckerrübenflä-
Pflanzenschutzmitteln und/oder eine tiefe Wirt-         che sollte dazu um 4000 Hektaren steigen. Da der
schaftlichkeit sind hier die begrenzenden Faktoren.     Grenzschutz durch die bilateralen Abkommen be-
                                                        schränkt ist und der Schweizer Zuckerpreis vom

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stark volatilen EU- und Weltmarktpreis abhängt,        Den Autoren des vorliegenden Berichts ist absolut
braucht es langfristige politische Lösungen, um den    bewusst, dass die Ackerfläche der Schweiz be-
Schweizer Markt vor Tiefstpreisphasen zu schützen.     grenzt ist. Welche Kulturen am Ende «bestehen»,
Ebenfalls zusätzliches Potential haben die Ölpflan-    «zulegen», sich «neu etablieren» oder «zurückge-
zen Raps und Sonnenblumen. Um die inländische          hen» und gar «verschwinden» bleibt offen und
Nachfrage zu decken, wäre ein Ausbau nötig. Aus        muss dem Markt sowie der Politik überlassen wer-
fruchtfolge- und pflanzenschutztechnischen Grün-       den. Längerfristig werden aber nur Kulturen Be-
den sollten die Anbauflächen ausgewogen und nicht      stand haben, welche aus Sicht der Betriebe wirt-
nur einseitig bei Raps erhöht werden. Dazu ist von     schaftlich produziert und gewinnbringend abgesetzt
der Verarbeitungsindustrie eine gewisse Flexibilität   werden können und deren Schutz gegen Schädlinge,
gefragt. Um die umstrittenen Futtermittelimporte       Krankheiten oder Unkräuter gewährleistet ist.
teilweise zu ersetzen, wäre auch ein Ausbau der Flä-
chen von Mais und Futtergetreide möglich. Der limi-    Auf Basis der in diesem Bericht gewonnen Erkennt-
tierende Faktor für die Landwirte hier ist die tiefe   nisse muss der Schweizer Bauernverband (SBV) eine
Wirtschaftlichkeit. Dies gilt auch für Ackerbohnen     Strategie für den Schweizer Ackerbau entwickeln.
und Eiweisserbsen, wo die Wirtschaftlichkeit mit       Dabei sind insbesondre die Fragen zu beantworten,
Abstand am schlechtesten ausfällt. Hier bräuchte es    ob und wie die pflanzliche Produktion zugunsten
den Willen und die Bereitschaft der Futtermittelin-    der direkten menschlichen Ernährung gefördert
dustrie, des Detailhandels und schlussendlich auch     werden soll und bei welchen Kulturen und Mass-
der Konsumenten, mit einem angemessenen Mehr-          nahmen die Prioritäten zu setzen sind. Mehr dazu
preis die Inlandproduktion zu halten und zu stärken.   im Kapitel «Kommentar, Schlussfolgerungen &
Falls diese Bereitschaft nicht vorhanden ist, muss     Empfehlungen».
man sich innerlandwirtschaftlich überlegen, ob
diese Flächen nicht besser zur Eiweiss- und Stärke-    Der Bericht ist ausdrücklich nicht gegen die ande-
produktion für die direkte menschliche Ernährung       ren, für die Landwirtschaft ebenso bedeutsamen
eingesetzt werden und zusammen mit der Verarbei-       Bereiche Spezialkulturen und Tierhaltung gerichtet.
tungsindustrie eine entsprechende Verarbeitungs-       Er fokussiert sich bewusst auf den Bereich Acker-
kette aufgebaut werden soll. Auch die Flächen für      bau, macht eine Standortbestimmung und zeigt
Nischenkulturen für den Direktverkauf und den De-      Chancen und Handlungsbedarf auf.
tailhandel könnten ausgedehnt werden. Dazu
braucht es die nötige Bereitschaft der Politik und
der Verarbeitungsindustrie, die Schweizer Produk-
tion zu fördern, angemessen zu schützen und die er-
zeugte Ware auch zu verarbeiten.

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Vorwort und Problemstellung
Die Gesellschaft in Bewegung
Wohin entwickelt sich der Pflanzenbau in der           dukten wie Soja-, Mandel- oder Reisgetränke über-
Schweiz? Diese Frage ist sehr aktuell, denn unsere     proportional zu. Bei Coop hat sich ihr Verkauf in den
Gesellschaft befindet sich im Umbruch: Neue Ernäh-     letzten zehn Jahren verdreifacht. Vor allem «Teil-
rungstrends gepaart mit Klimasorgen und tiefgrei-      zeitveganismus» ist in. Aus der Nische hat sich ein
fenden gesellschaftlichen Veränderungen führen zu      Trend entwickelt – rund 20% der Schweizer Konsu-
Entwicklungen und politischen Debatten, wie man        mentinnen und Konsumenten greifen vor allem aus
sie noch vor wenigen Jahren nicht für möglich ge-      Abwechslungsgründen immer häufiger zu pflanzli-
halten hätte. Das 2020 abgeschlossene nationale        chen Alternativen. Die Nachfrage nach pflanzlichen
Forschungsprogramm «Gesunde Ernährung und              Eiweissen für die direkte menschliche Ernährung
nachhaltige Lebensmittelproduktion» NFP 69 emp-        wird (noch) überwiegend mit Importprodukten be-
fiehlt, generell mehr pflanzliche Nahrung zu konsu-    friedigt. Sie lässt die Kassen von Handel und Verar-
mieren. Unabhängig davon hat der Markt das             beitung klingen, denn die Margen sind sehr gut. Der
Thema längst aufgegriffen. Während beispielsweise      150g-Becher Nature-Joghurt auf Haferbasis kostet
von der klassischen Trinkmilch jährlich zwei Prozent   stolze Fr. 1.85, sein natürliches Pendant aus Milch
weniger verkauft wird, nimmt der Absatz von Pro-       (200g) gibts in der Migros bereits ab 45 Rappen.

Essen ist politisch
Die Forderung nach einer noch umweltschonende-         sich zurück. Damit steigen die Risiken von grossen
ren Landwirtschaft ist bekannt. Das Belegen zahlrei-   Ertragsverlusten in der pflanzlichen Produktion.
che Initiativen, die in den nächsten Monaten und       Gleichzeitig geht in Folge von Überbauung ununter-
Jahren zur Abstimmung gelangen. Die Zulassung          brochen Landwirtschaftliche Nutzfläche verloren
von Pflanzenschutzmitteln ist wie in vielen anderen    und mögliche neue Freihandelsabkommen erhöhen
europäischen Staaten zu einem politischen Zankap-      den bereits spürbaren Druck. Auch einzelne Märkte,
fel verkommen. Während wichtige Wirkstoffe in          aktuell im Bereich Zucker, stehen unter kritischer
grosser Zahl ihre Zulassung verlieren (2019 waren es   Beobachtung. Über Steuern und zusätzliche Dekla-
über deren 30), werden kaum oder keine neuen           rationsvorschriften soll beispielsweise der Zucker-
Produkte bewilligt. Gleichzeitig drängen durch kli-    konsum weiter reguliert und letztendlich reduziert
matische Veränderungen begünstigt neue Schader-        werden. Unverändert hoch hingegen bleiben die
reger nach Europa und in die Schweiz. Alte Be-         Anforderungen, welche Handel, Verarbeiter und
kannte oder vergessene Schädlinge und Krankhei-        auch Konsumenten an die von der Landwirtschaft
ten (aktuell die Viröse Vergilbung, welche sich epi-   erzeugten Produkte und Rohstoffe stellen.
demienartig bei Zuckerrüben ausbreitet) melden

Wie kann die Landwirtschaft von dieser Entwicklung profitieren?
Die zentrale Frage ist, ob der Schweizer Ackerbau weiter einen Beitrag leisten, die Strategie und Stoss-
von diesen Entwicklungen profitieren kann und falls richtung des SBV im Bereich Ackerbau zu schärfen
ja, wo das Potential der einzelnen Kulturen liegen und gegebenenfalls neu auszurichten. Dazu werden
könnte – immer vorausgesetzt, dass auch die Wert- im Kapitel «Kommentar, Schlussfolgerungen &
schöpfung auf Stufe Betrieb sich verbessert. Dazu Empfehlungen» konkrete Vorschläge formuliert.
soll dieser Bericht, welcher im Auftrag der Fachkom-
mission Pflanzenbau erstellt wurde, mögliche Ant-
worten und Denkanstösse liefern. Der Bericht soll

Aufbau Bericht
Die im Bericht beschriebenen Kulturen wurden auf-      Schweiz produziert und was importiert wird, darge-
grund ihrer Flächenrelevanz und wirtschaftlichen       stellt. Es folgen Angaben zu Grenzschutz und Zoll-
Bedeutung für die Landwirtschaftsbetriebe ausge-       kontingenten, wo diese eine Rolle spielen. Ab-
wählt. Jede Kultur wird gleich beschrieben: In einem   schliessend folgen ein Fazit und eine Einschätzung
ersten Kapitel wird auf den Anbau und die zeitlichen   zum möglichen künftigen Potential der beschriebe-
Entwicklungen eingegangen. Danach werden die           nen Kultur.
Wirtschaftliche Bedeutung für die Landwirtschafts-
betriebe und die Warenströme, also wieviel in der

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Potential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz - Bericht zur aktuellen Lage im Ackerbau und den möglichen Entwicklungen
Fazit & Potential der einzelnen Ackerkulturen (Kurzfassung)
Brotgetreide inkl. Hartweizen
Der Anbau von Brotgetreide ist für die Schweizer         Gleichzeitig wird regelmässig einwandfreies Schwei-
Landwirtschaft bedeutend. Der Anteil Extenso hat         zer Brotgetreide deklassiert, je nach Jahr zwischen 0
mit über 60% eine feste Grösse am Gesamtmarkt            und 53'000 Tonnen. Dies ist gemäss Branche nötig,
eingenommen. Der Anteil an ausländischem Brotge-         um den inländischen Produzentenpreis zu halten.
treide am Gesamtverbrauch in der Schweiz nimmt
kontinuierlich zu. Das bedeutet, dass die Schweizer      Mit Blick auf die hohen und stetig steigenden Im-
Getreideproduzenten Jahr für Jahr Marktanteile           portmengen gibt es für einheimisches Brotgetreide
verlieren. Wesentlich tragen dazu die stark steigen-     grundsätzlich ein grosses Potential, und zwar so-
den Importe von Halb- und Fertigprodukten bei. Sie       wohl bei Weich- wie auch Hartweizen. Damit dieses
wachsen jährlich um über 10%! Der hohe Preis- und        realisiert werden kann, muss der Grenzschutz ge-
Importdruck aus dem EU-Raum stellt die einheimi-         stärkt und an die jüngeren Entwicklungen und
sche Getreideproduktion und Verarbeitung vor             Trends angepasst werden. Ein weiterer wichtiger
grossen Herausforderungen. Der Zollsatz auf Ein-         Baustein ist die lückenlose Herkunftsdeklaration
fuhren innerhalb von Zollkapitel 19 ist sehr tief. Ein   und gezielte Auslobung am Verkaufspunkt, insbe-
weiteres Problem sind diverse «Zollschlupflöcher».       sondere im Offenverkauf. Zusammen mit diesen
Jährlich werden über verschiedene Kontingente,           Massnahmen könnte der Markt mittel- bis langfris-
Freizonen und weitere Wege zwischen 220'000 und          tig auf Kosten der Importe problemlos zusätzlich
300'000 Tonnen Brotgetreide und Hartweizen in die        50'000 Tonnen Schweizer Weichweizen und 20’000
Schweiz eingeführt, was rund der Hälfte bis zwei         Tonnen inländischen Hartweizen aufnehmen.
Drittel der Schweizer Getreideernte entspricht.

Zuckerrüben
Die Zuckerproduktion steht aufgrund der Doppel-          Der Bund unterstützt die Branche mit einem befris-
null-Lösung in direkter Konkurrenz zum EU- und da-       teten Hilfspaket bis 2021. Wie eine externe Studie
mit dem Weltmarkt. Durch die Quotenaufhebung             zeigt, bringt die Schliessung einer Fabrik keine be-
2017 in der EU ist das Preisniveau auch in der           triebswirtschaftlichen Vorteile. Zur Auslastung der
Schweiz stark gesunken und die Anbaufläche ist           zwei Zuckerwerke Aarberg und Frauenfeld strebt
rückläufig. Der Einfluss der agronomischen Heraus-       die Branche eine Zuckerrübenfläche von mindes-
forderungen (PSM-Verbote, Resistenzen, neue              tens 20'000 ha, besser 21'000 ha an. Das heisst, die
Krankheiten und Schädlinge, Klimawandel, Boden-          heutige Anbaufläche kann sofort um 3000 bis 4000
schutz) auf die Anbaubereitschaft ist sehr relevant.     ha erhöht werden.

Kartoffeln
Die Kartoffel ist nach wie vor eine der wichtigsten      der Schweiz konstant bei 45kg/Einwohner und Jahr.
Ackerkulturen der Schweiz. Ihr Deckungsbeitrag           Im europäischen Durchschnitt liegt die Schweiz da-
liegt deutlich über dem Durchschnitt der übrigen         mit im Mittelfeld. Eine Ausdehnung der Anbauflä-
Ackerkulturen. Sowohl die Produzentenpreise wie          chen unabhängig von der Nachfrage brächte die in-
auch die Anbaufläche konnten während den letzten         ländischen Produzentenpreise stark unter Druck.
Jahren auf einem stabilen Niveau gehalten werden.        Aus diesem Grund besteht kurz- bis mittelfristig kein
In den letzten Jahren ebenfalls stabil geblieben ist     Potential für eine Flächen- und Mengenausdeh-
die Nachfrage nach inländischen Kartoffeln, wobei        nung. Eine grosse Herausforderung für den Kartof-
sich die Nachfrage tendenziell von Speisekartoffeln      felbau stellen die aktuellen Diskussionen rund um
hin zu Industriekartoffeln verschiebt. Der durch-        die Reduktion von Pflanzenschutzmittel dar.
schnittliche pro Kopf Konsum von Kartoffeln liegt in
Potential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz - Bericht zur aktuellen Lage im Ackerbau und den möglichen Entwicklungen
Raps
Die Nachfrage nach Rapsöl in der Schweiz ist in den     PSM-Wirkstoffen erschweren den Rapsanbau je-
vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Nebst      doch zunehmend. Es ist daher wichtig, dass nebst
der Einführung der Swissness-Richtlinien hat die        dem Raps auch andere alternative Ölfrüchte gezielt
laufende Palmöl-Diskussion diese Entwicklung zu-        gefördert und vom Markt nachgefragt werden. Um
sätzlich begünstigt. Aktuell übersteigt die Nachfrage   die anvisierte Vertragsmenge und die aktuelle
(106'000 t) das Angebot (90'000 t) deutlich. Der        Nachfrage befriedigen zu können, wäre ein Ausbau
kontinuierlich steigenden Schädlingsdruck, die Bil-     der Rapsfläche von rund 4500 ha nötig.
dung von Resistenzen sowie der stetige Wegfall von

Sonnenblumen
Sonnenblumen sind eine klassische Low Input Kul-        Sonnenblumen mit dem Anbau von Raps vergleich-
tur. Der Einsatz von Nährstoffen und Pflanzen-          bar. Langfristig könnte die rückläufige Diversität der
schutzmitteln ist gering und der Extenso-Anbau mit      Ölsaaten in den Fruchtfolgen zu anbautechnischen
über 80% dominiert. Ihre Kultivierung wir durch das     Schwierigkeiten führen. Kurzfristig ist kein Ausbau
sich verändernde Klima tendenziell begünstigt. Um       der Vertragsmengen zu erwarten. Mittel- bis lang-
die hohe Nachfrage nach Schweizer Rapsöl befriedi-      fristig könnte der Markt problemlos deutlich mehr
gen zu können, wurde aus logistischen Gründen in        Menge (Verdoppelung der heutigen Vertragsmenge
der Verarbeitung auf die Saison 2020 die Vertrags-      bzw. + 8000 t oder 3000 ha) aufnehmen, insbeson-
menge für Sonnenblumenöl von 18'000 Tonnen auf          dere dann, wenn es nicht gelingt, die Rapsmenge
12'000 Tonnen gekürzt. Für inländische Sonnenblu-       deutlich zu steigern.
men liegen die Nachfrage und somit auch das Po-
tential derzeit auf einem tiefen Niveau. Rein wirt-
schaftlich gesehen (Stufe Betrieb) ist der Anbau von

Mais
Nach Raufutter, Soja und Futterweizen ist Mais mit      Hälfte des eingeführten Mais zu Futterzwecken mit
125'000 Tonnen das viertmeiste in die Schweiz ein-      Körnermais aus dem Inland ersetzt, würde dazu
geführte Futtermittel. Angesichts der immer stärke-     eine zusätzliche Anbaufläche von gut 6000 ha (=
ren Forderung der Konsumenten nach Regionalität,        60'000 t Körnermais mit Durchschnittsertrag von
Swissness und somit auch nach regionalen Futter-        100 dt/ha) benötigt. Der wirtschaftliche Anreiz zur
mitteln ist aus der Sicht der Landwirtschaft eine hö-   Produktion von Körnermais ist jedoch knapp. Der
here Selbstversorgung auch bei Futtermais anzu-         Wegfall des Beizmittels Mesurol (Krähenrepellent)
streben. Die Glaubwürdigkeit der tierischen Produk-     dürfte den Anbau künftig erheblich behindern.
tion würde dadurch nachhaltig gestärkt. Würde die

Futtergetreide
Die Nachfrage nach Futtergetreide übersteigt das        10'000 ha vorhanden. Die tiefe Anbaubereitschaft
inländische Angebot deutlich. Jährlich werden weit      ist hauptsächlich auf die zu tiefen Produzenten-
über 200'000 Tonnen Futterweizen importiert.            preise zurückzuführen. Gleichzeitig hat der Bund in
Währenddessen bewegt sich die Futterweizenflä-          den vergangenen 20 Jahren systematisch Schwel-
che im Inland auf einem tiefen Niveau von 6’000-        lenpreise und Importrichtwerte nach unten ange-
8'000 ha. Gerade bei Futterweizen wäre folglich das     passt und somit attraktive Voraussetzungen für bil-
Potential für eine Flächenausdehnung um mehrere         lige Futtermittelimporte geschaffen.

Kunstwiesen
Wegen ihrer Rolle in der Fruchtfolge und dem Wert       wird die Kunstwiese auch in Zukunft eine gewisse
als Viehfutter in Verbindung mit der hohen Wert-        Pufferfunktion zwischen politischen Beschlüssen,
schöpfung in der tierischen Produktion wird die         Entwicklungen am Markt und dem jeweiligen wet-
Kunstwiese auch in Zukunft von grosser Bedeutung        terbedingten Ertragsniveau übernehmen. Aufgrund
sein. Agrarpolitische Massnahmen wie GMF oder           der kontinuierlich zunehmenden Raufutterimporte
neue Vorschriften, welche sich auf die Anzahl und       könnte die Fläche der Kunstwiesen problemlos um
Art der Tiere der Betriebe auswirken, werden sich       10'000 ha oder 120'000 Tonnen TS (Trockensub-
wie bisher massgeblich auf den Anteil der Kunstwie-     stanz) ausgebaut werden.
sen in den Fruchtfolgen auswirken. Schlussendlich

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Potential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz - Bericht zur aktuellen Lage im Ackerbau und den möglichen Entwicklungen
Ackerbohnen
Ackerbohnen sind eine perfekte Low Input Kultur.         Kultur vorwiegend auf die eigene Futtermittelpro-
Die Herausforderung besteht darin, dass die relativ      duktion und auf biologisch produzierende Betriebe
tiefen Richtpreise (konventionell) vom Anbau abhal-      beschränkt. Gerade aber im Bio-Markt zeichnet sich
ten und verarbeitungs- sowie marktseitig wenig In-       eine gewisse Sättigung ab.
teresse vorhanden ist. Somit bleibt das Potential der

Eiweisserbsen
Eiweisserbsen haben gewisse agronomische Vor-            Der Anbau von Erbsen oder anderen Leguminosen
teile und sind eine gute Vorkultur für z. B. Getreide.   als Grundstoff für Fleischersatzprodukte oder für
Die Kultur verlangt eher wenig PSM- und Nährstoff-       die direkte menschliche Ernährung könnte deutlich
einsatz und kann daher gut extensiv geführt wer-         gesteigert werden – hier liegt ein wachsendes Po-
den. Die langen Fruchtfolgepausen setzen dem Flä-        tential. Bedingung ist, dass die nötigen Verarbei-
chenpotential gewisse Grenzen. Marktseitig wird          tungskapazitäten geschaffen werden und die Pro-
die Kultur verhalten nachgefragt, was zu einer tiefen    dukte am Markt erfolgreich platziert werden kön-
Wirtschaftlichkeit führt. Eiweisserbsen haben aktu-      nen. Voraussetzung ist eine ansprechende Wirt-
ell nur für den Bereich eigene Futtermittelproduk-       schaftlichkeit für die Produzenten – der sehr tiefe
tion und auf biologisch produzierenden Betrieben         Grenzschutz stellt hier ein Problem dar. Stimmen
eine Bedeutung.                                          die Bedingungen, könnte der Anbau von Erbsen
                                                         problemlos – unter Einhaltung der Fruchtfolgere-
                                                         geln – um 10'000 bis 20'000 ha ausgebaut werden.

Soja
Die Nachfrage nach Schweizer Futtersoja besteht,         ist das im Verarbeitungsprozess anfallende Öl, wel-
wird aber aufgrund des tiefen Produzentenpreises         ches stand heute nicht verwertet werden kann. Der
nicht gedeckt. Die Nachfrage der inländischen Öl-        Ausbau des Sojaanbaus zu Futterzwecken bedarf ei-
mühlen nach Soja ist zudem verschwinden tief, wes-       ner Steigerung des Produzentenpreises. Steigend ist
halb der Nutztierfütterung kein Schweizer So-            jedoch die Nachfrage nach Bio-Speisesoja.
jaschrot zur Verfügung steht. Ein Hinderungsgrund

Nischenkulturen
Nischenkulturen sind für den Direktverkauf sehr at-      den meisten Fällen die ausschlaggebende Ursache,
traktiv. Gesamthaft gesehen über alle Nischenkultu-      dass die Nische auf wenige Hektar beschränkt
ren besteht ein grosses Potential. Ein Engpass für Ni-   bleibt. Der Import zu unschlagbar tiefen Preisen ver-
schenkulturen sind die teilweise fehlenden Verar-        hindert oder erschwert den Aufbau einer notwendi-
beitungskapazitäten oder die Beschränkung auf Bio-       gen eigenen Wertschöpfungskette.
Rohstoffe. Ein komplett fehlender Grenzschutz ist in
Potential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz - Bericht zur aktuellen Lage im Ackerbau und den möglichen Entwicklungen
Gesamtübersicht «Anbaupotential ausgewählter Ackerkulturen in der Schweiz»

Kurzanleitung für Tabelle: Ergebnisse richtig einordnen
Die folgende Tabelle hat zum Ziel, die Erkenntnisse zu den einzelnen Kulturen mit wenigen Zahlen und Worten verdichtet sowie grafisch vereinfacht darzustellen. Den
Autoren ist bewusst, dass die Ackerfläche der Schweiz begrenzt ist. Welche Kulturen am Ende «bestehen», «zulegen», sich «neu etablieren» oder «zurückgehen» und
gar «verschwinden» bleibt offen und muss dem Markt sowie der Politik überlassen werden. Längerfristig werden aber nur Kulturen Bestand haben, welche aus Sicht der
Betriebe wirtschaftlich produziert und gewinnbringend abgesetzt werden können und deren Schutz gegen Schädlinge, Krankheiten oder Unkräuter jederzeit gewährleistet ist.
Die Spalte «für Landwirt/in - Potential kurzfristig» zeigt, wo aktuell zusätzliche Anbauflächen gesucht sind. In diesen Teilmärkten haben Betriebsleitende die Möglichkeit,
nach vorgängiger Absprache mit dem künftigen Abnehmer und in den meisten Fällen nach Abschluss eines Anbauvertrags ihre Flächen auszudehnen. Ob und wie weit die
einzelne Kultur für einen Betrieb wirtschaftlich ist, muss individuell beurteilt werden.

Für die Bewertung in der Spalte «Strategisches Potential für Stossrichtung SBV (mittel- bis langfristig) wurde der aktuelle Verbrauch in der Schweiz als Basis genommen mit
dem Ziel, vermehrt Importe durch Ackerprodukte aus Schweizer Anbau ersetzen zu wollen – vorausgesetzt, dass dabei die Wertschöpfung auf Stufe Betrieb verbessert
wird.

                                                                      für Landwirt/in                             Strategisches Potential (für Stossrichtung SBV)

   Kultur            Aktuelle Herausforderungen                     Potential kurzfristig        Potential mittel- bis langfristig         Bemerkungen/Voraussetzungen

                - Zollschlupflöcher
Brotgetreide    - Sinkende Marktanteile im Inland
                (Stichwort Teiglinge)
                                                            Fläche/Menge halten         ➔            + 8'000 ha
                                                                                                     + 50'000 t                     Bereitschaft zur Substitution von Importware -
                                                                                                                                            Verarbeitungsindustrie gefordert
                - Sehr tiefer Zollansatz
Hartweizen      - Freie Einfuhrmenge
                - Keine angepassten CH-Sorten
                                                            Fläche/Menge halten         ➔            + 4'000 ha
                                                                                                     + 20'000 t                     Bereitschaft zur Substitution von Importware -
                                                                                                                                            Verarbeitungsindustrie gefordert
                Beschränkter Grenzschutz wegen 00-
                                                                                                                                      Zunehmend eine politische Frage. Ohne den
Zuckerrüben
                Lösung, sinkende Preise und Anbaube-
                reitschaft, Verlust PSM-Wirkstoffe, stei-
                                                                + 4'000 ha                          + 4'000 ha                      nötigen politischen Support kann der Anbau
                                                                                                                                            nicht aufrechterhalten werden
                gender Krankheits- und Schädlingsdruck

 Kartoffeln
                - Vergleichsmässig tiefer Pro-Kopf-Kon-
                sum gegenüber der EU
                                                            Fläche/Menge halten         ➔             + 400 ha
                                                                                                     + 16'000 t                              Steigerung Konsum 2kg pro
                                                                                                                                                  CH-Bürger und Jahr

    Raps
                - Stark steigender Krankheits- und
                Schädlingsdruck
                                                                + 4'500 ha                          + 4'500 ha                      Aktuelle Vertragsmenge von 106'000 t kann
                                                                                                                                     nicht befriedigt werden. Produktion gefordert

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für Landwirt/in                            Strategisches Potential (für Stossrichtung SBV)

  Kultur          Aktuelle Herausforderungen                     Potential kurzfristig       Potential mittel- bis langfristig          Bemerkungen/Voraussetzungen

             - Verarbeitungskapazitäten Ölwerke                                                                                     Wiederherstellung Produktionsniveau vor
 Sonnen-
 blumen
             (Substitution durch Raps)
             - Fruchtfolge «begrenzt» Anbau
                                                        Fläche/Menge halten          ➔           + 3000 ha
                                                                                                 + 8'000 t                      2020 (Klumpenrisiko Raps reduzieren, Diversi-
                                                                                                                                  fizierung Ölfrüchte, Fruchtfolgen ausweiten)
                                                                                                                                   Importe von 45'000 t Maiskleber aus China
   Mais      - Mässige Wirtschaftlichkeit (Produzent)
                                                             + 6'000 ha
                                                             + 60'000 t                         + 6000 ha
                                                                                                 + 60'000 t                      kritisch hinterfragen. Keine Maisstärkeverar-
                                                                                                                                        beitung in der Schweiz angesiedelt.

  Futter-
 getreide
             - Tiefe Wirtschaftlichkeit (Produzent)
                                                             + 20'000 ha
                                                             + 132'000 t                       + 20'000 ha
                                                                                                + 132'000 t                     Bereitschaft zur Substitution von Importware
                                                                                                                                  vorausgesetzt. Wer trägt die Mehrkosten?

             - Hohe Bedeutung für Betriebe mit Rau-                                                                                       Raufutterimporte reduzieren.
Kunstwiese futterverzehrern
             - Wichtige Stellung in der FF
                                                             + 10'000 ha
                                                             + 120'000 t                       + 10'000 ha
                                                                                                + 120'000 t                           Verbesserung der betriebseigenen
                                                                                                                                                  Raufutterbasis.
                                                                                                                                 Rohstoffangebot für Milch- und Fleischersatz-
             - Sehr tiefe Wirtschaftlichkeit (Produ-
                                                                                                                                 produkte aufbauen (z.B. Erbsen anstelle Acker-
             zent)
 Acker-
 bohnen
             - Krankheits- und Schädlingsdruck steigt
             - Tiefe Nachfrage da Einsatz in Misch-
                                                        Fläche/Menge halten          ➔         Zu diskutieren
                                                                                                                      ?          bohnen anbauen). Verarbeitungsindustrie ge-
                                                                                                                                  fordert (Bereitschaft zur Substitution von Im-
                                                                                                                                 portware / Aufbau von eigenen Verarbeitungs-
             futtern beschränkt
                                                                                                                                                   kapazitäten)
             - Sehr tiefe Wirtschaftlichkeit (Produ-                                                                             Rohstoffangebot für Milch- und Fleischersatz-
             zent)                                                                                                               produkte aufbauen (z. B. Basis Erbsenprotein).
 Eiweiss-
  erbsen
             - Krankheits- und Schädlingsdruck steigt
             - Reduzierte Mittelwahl (PSM)
                                                        Fläche/Menge halten          ➔         Zu diskutieren
                                                                                                                      ?          Verarbeitungsindustrie gefordert (Bereitschaft
                                                                                                                                 zur Substitution von Importware / Aufbau von
             - Tiefe Nachfrage (Mischfutter)                                                                                           eigenen Verarbeitungskapazitäten)
                                                        Bio-Speisesoja: Menge
             - Sehr Tiefe Produzentenpreise
   Soja       (Futtersoja)
             - Kleine Anbauflächen
                                                              ausbauen
                                                          Futtersoja: Menge        ➔        + 4'000 ha Futter-
                                                                                                    soja                        Bereitschaft zur Substitution von Importware
                                                                                                                                  vorausgesetzt. Wer trägt die Mehrkosten?
                                                                halten
             - Eingeschränkte Absatzmöglichkeiten
             für grössere Flächen (fehlender Grenz-                                          Ausbau Flächen für                    Lösung Grenzschutzproblematik. Verarbei-
 Nischen-
 kulturen
             schutz)
             - Häufig auf Direktverkauf beschränkt
                                                           Ausbau Flächen
                                                          für Direktverkauf                 Direktverkauf und
                                                                                                Detailhandel
                                                                                                                                   tungsindustrie gefordert (Bereitschaft zur
                                                                                                                                          Substitution von Importware)
             - Oft Bio als Voraussetzung

                                                                                                                                                                         11 | 78
Anteile der Ackerkulturen und ihre wirtschaftliche Bedeutung

Prozentuale Anteile der wichtigsten Ackerkulturen an der Ackerfläche

Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), landwirtschaftliche Strukturerhebung 2018

In absoluten Zahlen ergeben sich für die Aufteilung der Ackerfläche nach Kultur in Hektaren folgende
Werte:

Aufteilung der Ackerfläche nach Kultur
 Kultur                                         Fläche in ha
 Kunstwiese                                         122'222
 Brotgetreide                                        83'383
 Futtergetreide                                      60'253
 Silomais                                            47'003
 Raps                                                22'811
 Zuckerrüben                                         18'578
 Freilandgemüse                                      12'127
 Kartoffeln                                          11'107
 Sonnenblumen                                         5'386
 Eiweisserbsen                                        3'891
 Bunt-/Rotationsbrache                                3'169
 Soja                                                 1'801
 übrige Ackerfläche                                   6'410
 Total Ackerfläche                                  398'141
Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), landwirtschaftliche Strukturerhebung 2018

12 | 78
Die wirtschaftliche Bedeutung der wichtigsten Ackerkulturen (ÖLN und Bio)
Nachfolgend ist der Deckungsbeitrag (inkl. Beiträge) der wichtigsten Ackerkulturen für den konventionel-
len sowie den biologischen Anbau ersichtlich..
Deckungsbeitrag der wichtigsten Ackerkulturen je Hektare in CHF

Quelle: Agridea DB-Katalog 2019

Währenddem der Deckungsbeitrag für den Einzel-                 turen ist nachfolgend abgebildet. Ebenfalls aufge-
betrieb von Relevanz ist, gibt der Produktionswert             führt ist der Produktionswert von Futterpflanzen.
einer Kultur (Menge x Marktpreis Stufe Landwirt-               Dieser umfasst die gesamte Futterpflanzenproduk-
schaft), bzw. einer Kulturgruppe, eine Tendenz zur             tion und berücksichtigt daher nicht nur Kulturen in-
wirtschaftlichen Bedeutung für den ganzen Sektor               nerhalb der Ackerfläche.
vor. Der Produktionswert der wichtigsten Ackerkul-

Produktionswert der Ackerkulturen 2018
 Kultur                      Produktionswert in Mio. CHF
 Getreide                                        316'894
 Ölsaaten                                         90'397
 Eiweisspflanzen                                  11'572
 Zuckerrüben                                     109'604
 Futterpflanzen                                  982'745
 Kartoffeln                                      169'809
 Total                                         1'681'021
Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), landwirtschaftliche Strukturerhebung 2018

                                                                                                           13 | 78
Die Inlandproduktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln

Auszug aus der Nahrungsmittelbilanz
Gemäss der Nahrungsmittelbilanz stieg die Inland-       Rapsfläche steigt zwar tendenziell wieder an, dafür
produktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln ge-         musste jedoch die Sonnenblumenfläche aufgrund
messen in verwertbarer Energie bis ca. ins Jahr 2014    fehlender Verarbeitungskapazitäten reduziert wer-
beinahe kontinuierlich an. Die Zunahme war v.a. der     den. Ob es sich nun um Stagnation oder Abnahme
Ausdehnung der Produktion bei Zuckerrüben und           handelt, kann u.a. aufgrund des schlechten Jahres
Ölsaaten (insbesondere Raps) zu verdanken. Seither      2016 nicht mit Sicherheit bestimmt werden (zuvor
zeigt sich eine rückläufige Tendenz. Verantwortlich     gab es mit 2011 und 2014 zwei sehr produktive
dafür sind vor allem die anbautechnischen und teils     Jahre). Die Inlandproduktion von pflanzlichen Nah-
auch marktseitigen Herausforderungen bei den Zu-        rungsmitteln scheint jedoch an einem Wende-
ckerrüben und den Ölsaaten. Die Zuckerrübenfläche       punkt angelangt zu sein.
war in den letzten Jahren deutlich rückläufig. Die

Inlandproduktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln

Quelle: Agristat, Nahrungsmittelbilanz

Würde der Einkaufstourismus in der Nahrungsmit-         schritte. Dafür ist auch die Ausdehnung der Ex-
telbilanz erfasst, so wäre die Inlandproduktion rela-   tenso- und Bio-Produktion mitverantwortlich. Die
tiv zum Verbrauch wohl noch stärker zurückgegan-        Ackerfläche kann kaum ausgedehnt werden. Die Be-
gen. Ausser bei Zuckerrüben und Raps (beide keine       völkerung in der Schweiz nimmt jedoch weiter zu.
typischen Extenso- bzw. Bio-Kulturen) gibt es in den    Mittelfristig ist eine Abnahme des Selbstversor-
meisten Kulturen kaum mehr Produktivitätsfort-          gungsgrades im Pflanzenbau zu erwarten.

14 | 78
Brotgetreide

Produktion im Inland
Fläche, Menge und deren Entwicklung
Entwicklung der Getreideproduktion

Quelle: SBV

In der Schweiz wurden im Jahr 2018 auf gut 83'000   rund 23'000 ha abgenommen. In der nachfolgenden
ha Brotgetreide angebaut. Davon waren knapp         Grafik ist die Flächenentwicklung von Brotweizen,
76'000 ha Brotweizen. Im Jahr 2002 lag die Anbau-   Dinkel und Roggen während der letzten 20 Jahren
fläche von Brotweizen noch bei gut 91'000 ha. Die   ersichtlich.
Brotweizenfläche hat in den letzten 20 Jahren um

                                                                                              15 | 78
Anbaufläche von Brotgetreide in Hektaren
 100000

  90000
               94109
  80000
                               83744
  70000                                        77853          75654
                                                                               70800
  60000

  50000

  40000

  30000

  20000
                               2428            4136                            5900
                 1467                  1677                      3985
  10000                                                2248             2004
                        3643
                                                                                       1800
       0
                2000           2005            2010           2015             2020*

                                  Brotweizen            Roggen           Dinkel

Quelle: SGPV 2020, eigene Darstellung; *provisorisch

Die gesamte Erntemenge für Brotgetreide lag 2018                  Von der gesamten Brotgetreide-Anbaufläche wer-
bei 418'873 Tonnen. Seit ein paar Jahren wird unter               den rund 7.8% nach den Richtlinien von Bio-Suisse
dem Label IPS auch etwas Hartweizen (2019 rund                    angebaut. Rund 53.5% der Brotgetreide-Anbauflä-
460 ha) produziert. Gemäss der Nahrungsmittelbi-                  che erfüllt heute den Extenso-Standard (Swissgra-
lanz von Agristat (gemessen an der Energie) lag der               num 2019). In der nachfolgenden Tabelle sind die
Selbstversorgungsgrad 2018 für Weichweizen bei                    Durchschnittserträge der vergangenen Brotgetrei-
77%, für Dinkel bei 64% und für Roggen bei 70%.                   deernten ersichtlich.

Quelle: Swissgranum 2019, *provisorisch

Wichtige Faktoren für den Anbau in der Schweiz
In der Schweiz wird schon seit Jahrtausenden Brotge-              von Insektiziden, Fungiziden und Halmverkürzer im
treide angebaut. Brotgetreide gedeiht bis in hohe La-             Extenso-Programm). Brotweizen weist im konventio-
gen und auf den verschiedensten Böden. Der Anbau                  nellen Anbau eine Düngungsnorm auf von: 140kg N,
von Brotgetreide zieht sich daher vom Engadin bis                 60kg P, 100kg K, 15 kg Mg. Im Extenso- und Bioanbau
nach Genf und vom Tessin bis in die Ajoie, quer durch             wird die Düngungsnorm etwas nach unten ange-
die Schweiz. Der Schweizer Brotgetreideanbau zeich-               passt. Die wichtigsten Krankheiten im Brotgetreide-
net sich durch seine Vielfalt an Sorten, die fokussiert           anbau sind Fusarien, Mehltau, Rost- und Brandpilze.
auf Krankheitsresistenz und qualitative Eigenschaf-               Der wichtigste Schädling im Getreidebau ist das Ge-
ten in der Schweiz gezüchtet und geprüft werden,                  treidehähnchen, wobei der wirtschaftliche Schaden
aus. Dementsprechend wird über die Hälfte der Brot-               des Getreidehähnchens eine Behandlung mit Insekti-
getreidefläche nach Extenso- oder Biorichtlinien be-              ziden in den wenigsten Fällen rechtfertigt.
wirtschaftet. Das heisst konkret ein kompletter oder
ein Teilverzicht von Pflanzenschutzmitteln (Verzicht

16 | 78
Brotweizen spielt für die Landesversorgung mit             turen stammt aus dem Getreidebau. Für Weichwei-
Nahrungsmitteln nach wie vor eine bedeutende               zen unterhält die Réservesuisse Pflichtlager in der
Rolle. Getreide ist vor Zucker die grösste inländische     Höhe von 160'000 Tonnen, was den Inlandbedarf
pflanzliche Energiequelle. Etwa ein Drittel (ca. 4'000     für 4 Monate zu decken vermag.
-5'000 TJ/Jahr) der Energieproduktion der Ackerkul-

Wirtschaftlichkeit / Markt / Warenströme
Produzentenpreise und deren Entwicklung

Quelle: Swissgranum 2019

Die Produzentenpreise für Brotweizen/Brotgetreide          wurde als Nachfolgelösung für das Schoggigesetz,
sind in der Tabelle oben ersichtlich. Von 2014 bis         also zur Unterstützung der exportierenden Indust-
2019 waren die Produzentenpreise für Brotweizen            rie, eingeführt. Kompensiert wird der Abzug teil-
stabil. Auf dem Produzentenpreis für Brotgetreide          weise durch die Auszahlung einer Getreidezulage
wird nebst den üblichen Abzügen Seit 2019 zusätz-          des Bundes in der Höhe von 120.-/ha.
lich ein Abzug von CHF 4.63/dt gemacht. Der Beitrag
Wirtschaftliche Bedeutung von Brotweizen
In der Tabelle unten aufgeführt sind die Deckungs-         Davon fallen gut 200 Mio. CHF der Brotgetreidepro-
beiträge von Brotweizen der Top-Qualitätsklasse            duktion, also hauptsächlich der Brotweizenproduk-
nach verschiedenen Produktionsrichtlinien. Gemäss          tion, zu. Der Brotgetreideanbau ist daher gemessen
der Landwirtschaftlichen Gesamtrechnung gene-              am Produktionswert nebst den Spezialkulturen und
riert die Getreideproduktion für die Schweizer Land-       der Produktion von Futterpflanzen die bedeu-
wirtschaft jährlich einen Umsatz von 317 Mio. CHF.         tendste Schweizer Ackerkultur.

                            Winterweizen Top     Winterweizen Top       Winterweizen Top
                              ÖLN intensiv       Extenso, IP-Suisse           Bio
Richtpreis/dt                      Fr. 50                Fr. 55              Fr. 106
Leistung (Ertrag)                  3’926                 3’785                5’376
Vergleichbarer DB                  2’511                 2’747                4’305
DB Betriebsplanung                 2’071                 2’307                3’865
DB                                 1’767                 1’990                3’493
DB inkl. Beiträge                  3’067                 3’290                5’993
Quelle: DB-Katalog Agridea, 2019

                                                                                                      17 | 78
Einfuhren/Ausfuhren in und aus der Schweiz
Einfuhren von unverarbeitetem Brotgetreide erfol-          an der Grenze vergeben. Die jährlichen Einfuhren
gen teilweise innerhalb des Zollkontingents 27.            innerhalb des Zollkontingentes 27 sind in der nach-
Diese wird in Tranchen und gestaffelt freigegeben.         folgenden Tabelle ersichtlich.
Total beläuft sich die Kontingentsmenge auf 70'000
Tonnen (kann auch erhöht werden). Die Kontin-
gentsanteile werden nach dem Windhundverfahren

Quelle: Swissgranum, Eidgenössische Zollverwaltung, 2020

Wichtig festzuhalten ist, dass ein grosser Teil an un-     kontingentes, Zonenware (Einfuhren aus den Frei-
verarbeitetem Getreide ausserhalb des Zollkontin-          zonen Gex und Hochsavoyen) sowie Weizen zur
gentes eingeführt wird. Die Einfuhren von Weich-           Stärkeherstellung und zu technischen Zwecken. Zu-
weizen ausserhalb des Zollkontingentes sind in der         dem werden in die Schweiz jährlich zwischen 60'000
nachfolgenden Tabelle ersichtlich. Die Einfuhren           und 70'000 Tonnen Hartweizen (Zolltarif Nr.
ausserhalb des Zollkontingentes setzen sich zusam-         1001.1921) eingeführt.
men aus generellen Einfuhren ausserhalb des Zoll-

Quelle: Swissgranum, Eidgenössische Zollverwaltung, 2020

Jährlich werden so über verschiedene Kontingente, Freizonen und Wege zwischen 220'000 und 300'000
Tonnen Brotgetreide und Hartweizen in die Schweiz eingeführt, was rund der Hälfte bis zwei Drittel der
Schweizer Getreideernte entspricht. Gleichzeitig wird regelmässig qualitativ einwandfreies Schweizer
Brotgetreide deklassiert (zwischen 0 bis 53'000 t).

18 | 78
Nebst den Einfuhren von unverarbeitetem Getreide                  Zollkapitels 19 in die Schweiz eingeführt wurden,
wird Getreide auch in verarbeiteter Form, als Mehl                stark zugenommen. Im Jahr 2002 lag die einge-
oder bereits in vorgefertigten Produkten, in die                  führte Menge bei total 111‘475 Tonnen. Ende des
Schweiz importiert. Bei der Einfuhr von verarbeite-               Jahres 2018 wurde innerhalb des Zollkapitels 19 die
tem Getreide kommt dem Zollkapitel 19 eine grosse                 Menge von 245‘889 Tonnen eingeführt. Der Wert
Bedeutung zu. Innerhalb des Zollkapitels 19 werden                der eingeführten Waren betrug im Jahr 2017 knapp
sämtliche Zubereitungen aus Getreide, Mehl oder                   800 Mio. CHF. Die Zunahme der Importe verläuft
Stärke ein- und ausgeführt, sprich Back- und Teig-                seit Jahren linear, wie die untenstehende Grafik
waren sowie deren Grundlagen. Während den letz-                   zeigt. 2017 stagnierten die Importe. 2018 nahmen
ten Jahren haben die Mengen, die innerhalb des                    diese aber wieder zu (Quelle: Agristat, AHS, 2019).
Importe innerhalb des Zollkapitels 19 pro Jahr
Halb- und Fertigprodukte wie Teiglinge und Backwaren
           300000

                                                                                                   245889
           250000

           200000
  Tonnen

           150000

                    111475

           100000

           50000

               0
                     2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung 2019, eigene Darstellung

Da Waren auf der Basis von Getreide auch in ande-                 duktion von Getreide schwankt über den beobachte-
ren Zollkapiteln eingeführt werden können (Bsp.                   ten Zeitraum beträchtlich, bleibt aber annähernd
Zollkapitel 10 = Getreide oder Zollkapitel 11 = Mül-              konstant. Erst ab 2014 kam eine schwächere Phase,
lereierzeugnisse) und auch verarbeitetes Getreide                 welche jedoch durch die sehr gute Ernte 2017 unter-
aus der Schweiz ausgeführt wird, gibt die obenste-                brochen wurde. Die Importe nahmen in absoluten
hende Grafik nur bedingt Aufschluss über die effek-               Zahlen deutlich zu. Stark angestiegen ist der Impor-
tive Menge an verarbeitetem Getreide das in die                   tüberschuss von Getreidezubereitungen (Kapitel
Schweiz eingeführt und im Inland konsumiert wird.                 19), in den letzten Jahren jährlich um über 10%.
Eine gesamtheitliche Mengenbilanz zu Ein- und Aus-                D.h. die Leute essen wohl anteilsmässig weniger
fuhren existiert offenbar nicht. Gemäss der Nah-                  Brot und kaufen Getreideprodukte vermehrt in an-
rungsmittelbilanz 2007-2017 macht Agristat zu den                 derer Form. Wenn die Entwicklung wie bis anhin
Getreide-Ein- und Ausfuhren aber folgende Bemer-                  weitergeht, d.h. der Importüberschuss von Getrei-
kung:                                                             dezubereitungen stärker ansteigt als der Ver-
                                                                  brauch von Getreide und von Getreideprodukten,
Der Nahrungsmittelverbrauch nahm von 2007 bis                     dann dürfte es in Zukunft schwieriger werden, die
2017 pro Jahr ca. um 0,6 % zu. Der Anteil des Getrei-             Brotgetreideproduktion auf dem aktuellen Niveau
des blieb dabei annähernd konstant. Die Inlandpro-                zu halten (Quelle: Agristat 2019).

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Grenzschutz und Zollkontingente
Einfuhren innerhalb des Zollkontingentes 27 wer-          mit einem Zollsatz von 1.30.- CHF/dt eingeführt. Ge-
den an der Grenze mit einem Betrag von 23.- CHF/dt        wichtet man die Zollsätze ausserhalb des Zollkontin-
belastet. Der Betrag setzt sich dabei aus dem Grenz-      gentes nach den eingeführten Mengen wird ersicht-
schutz von 18.- CHF/dt und dem Garantiefondsbei-          lich, dass der durchschnittliche Ausserkontingents-
trag von 5.- CHF/dt zusammen.                             Zollsatz im Verhältnis zum Kontingentszollsatz tief ist.
                                                          Für die im Jahr 2018 getätigten Einfuhren ausserhalb
Der Ausserkontingents-Zollsatz für die Einfuhr von        des Zollkontingentes ergibt sich so ein durchschnittli-
Brotweizen liegt bei CHF 40.-/dt. Weichweizen aus         cher Zollsatz von 25.60 CHF/dt, was nur leicht über
den Zollfreizonen wird wortgemäss zollfrei einge-         dem Kontingentszollsatz liegt.
führt. Weichweizen zu technischen Zwecken der aus-
serhalb des Zollkontingentes eingeführt wird, wird

Der Zollsatz für die Einfuhr von Weizenmehl errechnet sich wie folgt:
Grenzbelastung von Getreide x Ausbeute + Industrieschutz
23.-CHF/dt x 1.33 + 20.- CHF/dt = 50.60 CHF/dt
für die Einfuhr von Mehl gibt es keine Zollkontingente.

Der Normalzollsatz für die Einfuhr von Hartweizen         legt. Der Zollsatz setzt sich dabei aus dem bewegli-
liegt im Verhältnis zu Brotweizen mit 1.- CHF/dt und      chen Teilbetrag und dem Industrieschutzelement zu-
einem Garantiefondsbeitrag von 1.20 CHF/dt sehr           sammen. Genaue Erläuterungen dazu sind dem Be-
tief. Zollkontingente gibt es für die Einfuhr von Hart-   richt des SBV zum Zollkapitel 19 zu entnehmen. Die
weizen keine.                                             Zollsätze bewegen sich je nach Zolltarifnummer zwi-
                                                          schen 70.- CHF/dt und über 400.-CHF/dt. Auch bei
Da Einfuhren von Getreide in zubereiteter Form (Zoll-     der Einfuhr von Getreide in verarbeiteter Form gibt
kapitel 19) meist aus der EU erfolgen wird der Grenz-     es keine Zollkontingente.
schutz gemäss den Bilateralen Abkommen festge-

Fazit & Potential
Der Anbau von Brotgetreide ist für die Schweizer          Fertigprodukten, welche innerhalb des Zollkapitels
Landwirtschaft ein bedeutendes Standbein. Auf-            19 eingeführt werden. Andererseits stellt der hohe
grund des heute verhältnismässig extensiven An-           Preis- und Import-Druck aus dem EU-Raum für die
baus kann ein reduzierter Einsatz von Pflanzen-           einheimische Getreideproduktion und -verarbei-
schutzmitteln bei Brotgetreide, verglichen mit alter-     tung eine grosse Herausforderung dar. So liegt der
nativen Ackerkulturen, bereits heute auf breiter          erhobene Zollsatz auf Einfuhren innerhalb des Zoll-
Front umgesetzt werden. Der Brotgetreideanbau er-         kapitels 19, verglichen mit dem Wert der eingeführ-
füllt daher gegenüber anderen Ackerkulturen wie           ten Ware, sehr tief. Ebenfalls problematisch sind die
Zuckerrüben oder Kartoffeln bereits heute die For-        «Zollschlupflöcher» bei der Einfuhr von Brotge-
derungen der Gesellschaft nach weniger chemi-             treide, was zu hohen Importmengen zu durch-
schem Pflanzenschutz in der Produktion.                   schnittlich tiefen Zollsätzen ausserhalb des Zollkon-
                                                          tingentes 27 führt.
Gemäss Agristat nimmt der Nahrungsmittelver-
brauch im Inland jährlich um 0.6% zu. Der Anteil Ge-      Aus Sicht der Produktion problematisch erscheint
treide am Nahrungsmittelverbrauch bleibt kon-             die Tatsache, dass trotz guter Erträge und guter
stant. Die Brotgetreidefläche hat in den letzten 20       Qualität der inländischen Ernten während der letz-
Jahren um mehr als 20'000 ha abgenommen. Dar-             ten Jahre, die Importe nur leicht oder gar nicht re-
aus kann gefolgert werden, dass der Anteil an aus-        duziert wurden. Die hohen Importmengen, in Kom-
ländischem Brotgetreide am Gesamtverbrauch in             bination mit guten Erträgen in den vergangenen
der Schweiz immer mehr zunimmt. Folglich verlie-          Jahren, haben folglich vermehrt zu Deklassierungen
ren die Schweizer Getreideproduzenten kontinuier-         von Brot- zu Futterweizen geführt. So wurden bei-
lich an Marktanteilen im Inland. Zu erklären ist die-     spielsweise in den Jahren 2017-2019 jährlich über
ser Trend einerseits mit einem sich verändernden          22'000 Tonnen Brot- zu Futterweizen deklassiert,
Konsumverhalten - weg vom klassischen Brot hin zu         was folglich einen Wertschöpfungsverlust auf Stufe

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