Rohstoffsituation Bayern - keine Zukunft ohne Rohstoffe
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Rohstoffsituation Bayern – Rohstoffsituation Bayern – keine Zukunft ohne Rohstoffe keine Zukunft ohne Rohstoffe Strategien und Handlungsoptionen vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Max-Joseph-Straße 5 80333 München Telefon 089-551 78-100 Telefax 089-551 78-111 info @ vbw-bayern.de www.vbw-bayern.de
Rohstoffsituation Bayern – keine Zukunft ohne Rohstoffe Strategien und Handlungsoptionen Ein aktualisierter Bericht der IW Consult GmbH Köln unter Mitwirkung von Prof. Reller ( WZU Augsburg) im Auftrag der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Stand Juli 2011
5 Vorwort Der weltweit steigende Rohstoffbedarf, eine zunehmende Konzentration auf Anbieterseite sowie die Einschränkung der Exporte von Förderländern zum Schutz eigener Industrien stellen mittel- und langfristig eine ernsthafte Bedrohung für die bayerische Wirtschaft dar. Viele Erzeugnisse der Industriebetriebe in Bayern enthalten seltene, wenig bekannte Roh- stoffe wie zum Beispiel Seltene Erden. Sie sind für die Funktionalität vieler Produkte unver- zichtbar. Ein Engpass kann ganze Wertschöpfungsketten lahmlegen. Solche Rohstoffe kommen insbesondere in allen Zukunftstechnologien, beispielsweise für Energiespeicher, Beleuchtungssysteme oder in der Informationstechnologie zum Einsatz. Ziel unserer Studie ist die weitere Steigerung des Bewusstseins bei Unternehmen und Po- litik für die Bedeutung der Rohstoffsicherung als zentrales Element der Zukunftssicherung. Der in der Studie dargestellte Rohstoff-Risiko-Index dient dabei der Entwicklung wirksamer Strategien gegen drohende Rohstoffengpässe. Er gibt den Gefährdungsgrad für 45 wichti- ge Rohstoffe an. Wichtigste Aufgabe des Staates ist die Offenhaltung der Rohstoffmärkte. Die Grundlagen- forschung zum effizienten Rohstoffeinsatz und zu Rohstoffsubstituten ist zu fördern und zusammen mit der Wirtschaft sind zukunftsfeste Recyclingkonzepte zu entwickeln. Mit der Rohstoffstrategie hat die Bundesregierung einen wichtigen Schritt gemacht. Wir unterstützen dieses Vorhaben und halten die Ansätze bei der Bekämpfung von Handels- hemmnissen und Wettbewerbsverzerrungen für richtig. Jetzt müssen Länderpartnerschaf- ten aufgebaut werden und die Rohstoffsicherung in die Außenwirtschaft Eingang finden. München, Juli 2011 Bertram Brossardt Hauptgeschäftsführer
6 7 Rohstoffsituation Bayern – keine Zukunft ohne Rohstoffe Inhalt Abbildungsverzeichnis 01 Fragestellung 8 Abbildung 2-1: Rohstoffverknappung – Chancen und Risiken für Unternehmen 10 Abbildung 3-1: Zunehmende Materialvielfalt in der Halbleiterindustrie 13 Abbildung 4-1: Industriemetallpreis-Index (IMP-Index) 15 02 Die Rohstoffbasis der deutschen Wirtschaft 9 Abbildung 4-2: Gewichtung Rohstoff-Risiko-Index 17 Abbildung 4-3: Rohstoff-Risiko-Index I 19 Abbildung 4-4: Bedeutung der Rohstoffe Gefahrenklasse I für Bayern 20 03 Warum Rohstoffe strategisch wichtig sind 11 Abbildung 4-5: Rohstoff-Risiko-Index II 21 Abbildung 4-6: Bedeutung der Rohstoffe Gefahrenklasse II für Bayern 22 Abbildung 4-7: Rohstoff-Risiko-Index III 23 04 Rohstoff-Risiko-Index 14 Abbildung 4-8: Bedeutung der Rohstoffe Gefahrenklasse III für Bayern 24 Abbildung 4-9: Risiko-Bedeutungs-Matrix 25 04.1 Aufbau 15 Abbildung 5-1: Globale Verteilung der Lithiumlagerstätten und -produktion 27 04.2 Gewichtung 17 Abbildung 5-2: SE-Einsatz in Fahrzeugen mit Hybridantrieb 29 04.3 Ergebnis 18 Abbildung 5-3: Beleuchtungstechnologien und Einsparpotenziale 30 Abbildung 5-4: Globale Verteilung von SE-Oxiden und Produktion nach Ländern 32 Abbildung 6-1: Lösungspyramide 34 05 Fallstudien 26 Abbildung 6-2: Lösungspyramide II 36 05.1 Fallstudie 1 – Lithium und Energiespeichersysteme 26 05.2 Fallstudie 2 – Seltenerdmetalle und Beleuchtungssysteme 29 06 Die Lösungspyramide 33 07 Literatur 38 08 Anhang – Rohstoffsteckbriefe 40
8 Rohstoffsituation Bayern – 01 Fragestellung Rohstoffsituation Bayern – 02 Die Rohstoffbasis der deutschen Wirtschaft 9 keine Zukunft ohne Rohstoffe keine Zukunft ohne Rohstoffe Fragestellung 01 Die Rohstoffbasis 02 der deutschen Wirtschaft Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft möchte der Frage nachgehen, wie es um die Rohstoffsituation und -sicherstellung der bayerischen Unternehmen bestellt ist und wie die Politik Hilfestellungen leisten kann, um dieses eminent wichtige Thema in den Köpfen zu verankern. Derzeit deutet viel daraufhin, dass metallische und mineralische Rohstoffe nicht In den letzten Jahren hat insbesondere der wirtschaftliche Aufstieg Chinas zu einem deut- den Stellenwert beigemessen bekommen, den sie verdienen. Dies bedeutet, dass beste- lich erhöhten Rohstoffbedarf geführt. Dies ging einher mit langfristig stark steigenden Prei- hende Risiken systematisch unterschätzt und mögliche Strategien zum Umgang mit den sen für Energie- und Mineralrohstoffe, auch wenn im Zuge der Finanz- und Konjunkturkrise Risiken vernachlässigt werden. ein deutlicher Preisrückgang zu verzeichnen war. Gleichzeitig ist das Angebot nicht unbe- schränkt auszuweiten, schließlich sind die natürlichen Rohstoffe prinzipiell endlich. Den- In dieser Studie soll die Rohstoffsituation der bayerischen Wirtschaft analysiert werden. noch liegen die Probleme heute im Wesentlichen nicht im geologischen Mangel, sondern Die Studie beschäftigt sich somit mit der Wichtigkeit von metallischen und mineralischen eher an ökonomischen Schwierigkeiten der Gewinnung und vor allem des Handels mit Roh- Rohstoffen. Dabei geht es um eine Bestandsaufnahme des Rohstoffeinsatzes, die Identifi- stoffen (Bardt 2008). zierung von Verwundbarkeiten und Risiken bei der Rohstoffsicherheit und der Entwicklung möglicher Gegenstrategien. Diese Entwicklungen haben in Industrie und Politik zu einer Damit hat Deutschland einen wichtigen Teil seiner Roh- lebhaften Diskussion über Strategien zur Gewährleistung stoffversorgung selbst in der Hand. Der Bedarf dieser Res- der Rohstoffsicherheit geführt. Entscheidend ist dabei eine sourcen kann gesichert werden, ohne die Risiken der in- Die Studie gliedert sich wie folgt: Anpassung der Produktion an höhere Preise sowie eine Po- ternationalen Rohstoffpolitik in Kauf zu nehmen. Diese litik gegen den vorherrschenden Protektionismus auf den Versorgungssicherheit ist zugleich sehr wirtschaftlich. Die – K apitel 2 skizziert die wesentlichen Strukturen der Roh- – K apitel 5 beinhaltet zwei größere Fallstudien, in denen die internationalen Rohstoffmärkten, der letztlich preistreibend Bodenschätze können hierzulande günstig und ohne Sub- stoffbasis der deutschen Wirtschaft. Entwicklung der Situation von Lithium und Seltenen Erden und wohlstandsmindernd wirkt. ventionen abgebaut werden und müssen nicht auf interna- – K apitel 3 beschreibt die strategische Bedeutung und die beschrieben wird, die für zukünftige technische Entwick- tionalen Märkten teuer bezahlt werden. Vielfach macht ein vorhandenen Risiken, die mit Rohstoffen verbunden sind. lungen ebenso essentiell wie kritisch sind. Deutschland blickt auf eine lange Tradition als Rohstoffför- internationaler Transport keinen Sinn, da die Transportkos- – In Kapitel 4 wird ein Rohstoff-Risiko-Index entwickelt, der – In Kapitel 6 werden mögliche Strategien zur Sicherstel- derland zurück. Heute muss ein wichtiger Teil der genutzten ten hierfür viel zu hoch wären. als Indikator für die Risiken dienen soll, die mit den unter- lung der Rohstoffversorgung skizziert und systematisiert. Rohstoffe importiert werden. Während Eisenerz Anfang der suchten Rohstoffen verbunden sind. Steckbriefe mit De- sechziger Jahre noch zu gut einem Drittel aus heimischer Aber der ausreichende Abbau heimischer Rohstoffe ist tailinformationen zu den untersuchten Rohstoffen finden Förderung stammte, wird es heute vollständig aus ausländi- nicht ohne weiteres gesichert. Auch hier gibt es mittel- und sich im Anhang. schen Abbaugebieten bezogen. Generell liegt die Importquo- langfristige Versorgungsrisiken – und die sind hausgemacht. te für Metallrohstoffe in Deutschland bei 100 Prozent, eine Hier sind insbesondere die Länder und Kommunen gefor- nennenswerte inländische Förderung besteht nicht mehr. dert, um eine dauerhafte Förderung zu sichern. Besonders Die Untersuchung beschränkt sich auf Metalle, Edelmetalle und mineralische Rohstoffe. problematisch ist die Ausweisung von Flächen. Auch wenn Besondere Erwähnung finden dabei Spezialmetalle. Hierunter werden Metalle verstanden, Traditionell groß ist der Importanteil auch bei Energieroh- bekannt ist, wo welche wertvollen Vorkommen zu finden die teilweise nur im Mikrogrammbereich für einzelne Produkte, wie beispielsweise Handys, stoffen. Während Braunkohle praktisch vollständig aus hei- sind, bestehen damit noch lange keine Abbaurechte. In gebraucht werden. Ohne diese würden die Geräte jedoch nicht funktionieren. Nicht einbe- mischer Förderung stammt und nah an den Tagebauen zur Deutschland ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine zogen werden Öl, Gas und Kohle sowie daraus abgeleitete Produkte, weil es für diese Be- Stromgewinnung verfeuert wird, steigt der Importanteil immer größere Flächenkonkurrenz entstanden. Das Land reiche bereits sehr viele Studien gibt. der Steinkohle. Vor allem aber Öl und Gas sorgen für eine ist dicht besiedelt, Städte wachsen, viele Flächen werden hohe Importabhängigkeit, wobei Erdgas immerhin zu knapp für Industrieanlagen und Verkehrsinfrastruktur benötigt. 16 Prozent im Inland gefördert wird – mit leicht abnehmen- der Tendenz. Insgesamt ist der Importanteil aller Energie- In den letzten Jahrzehnten ist der Umweltschutz als immer rohstoffe seit Anfang der neunziger Jahre von 58,3 Prozent wichtigere Flächennutzung hinzugekommen. Vor allem im des Primärenergieverbrauchs auf zuletzt 70,9 Prozent deut- Rahmen der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie ( FFH) der Euro- lich angestiegen und liegt seit 1996 bei über 70 Prozent. päischen Union werden viele Flächen zum Schutz von Na- tur, Pflanzen und Tieren reserviert, die darunter liegenden Die größten Mengen an Rohstoffen stammen aus Deutsch- Rohstofflager sind damit für die Nutzung durch den Men- land selbst. Mit 236 Millionen Tonnen jährlicher Produktion schen verloren. machen Kies und Bausande den größten Anteil am heimi- schen Bergbau aus. Gebrochene Natursteine kommen auf Für die Unternehmen akut kritisch ist weniger die Verfüg- 217 Millionen Tonnen. Der drittgrößte heimische Rohstoff barkeit von Rohstoffen, sondern ein hohes Preisniveau und ist Braunkohle, die zu 170 Millionen Tonnen vor allem im zwischenzeitliche Preisausschläge. Nicht nur Öl hat sich in Rheinland und in der Lausitz gefördert wird. Aber auch an- den letzten Jahren massiv verteuert. Ähnliche Entwicklun- dere Stoffe wie Quarzsand, Kalk, Kali, Salze, Feld- und gen gab es auch im Bereich der Metallrohstoffe. Diese Flussspat werden in Deutschland an die Oberfläche ge- Preisentwicklungen sorgen für dramatische Veränderungen bracht. Viele dieser Rohstoffe sind für den Bau, aber auch in den betriebswirtschaftlichen Kalkulationen der Verwen- als Grundstoffe für die Industrie von Bedeutung. der entsprechender Erze oder Stoffe.
10 Rohstoffsituation Bayern – 02 Die Rohstoffbasis der deutschen Wirtschaft Rohstoffsituation Bayern – 03 Warum Rohstoffe strategisch wichtig sind 11 keine Zukunft ohne Rohstoffe keine Zukunft ohne Rohstoffe Insgesamt wurden im Jahr 2009 Rohstoffe im Wert von 86,2 Milliarden Euro importiert. 2004 waren es lediglich 61,9 Mil- bei vielen Metallrohstoffen ist dies vor allem die hohe Kon- zentration auf der Angebotsseite und ein damit zusammen- Warum Rohstoffe 03 liarden Euro, 2010 werden es nach der Wirtschaftskrise wieder rund 100 Milliarden Euro gewesen sein. In dem An- stieg der letzten Jahre spiegeln sich weniger Mengeneffek- hängendes Potenzial für Marktmacht. Solche Konzentrati- onstendenzen sind sowohl auf der Ebene der Förderländer als auch auf der Ebene der Erzeugungsunternehmen zu strategisch wichtig sind te, sondern vor allem die deutlich gestiegenen Preise wider. beobachten. So ist es keine Seltenheit, dass drei Viertel der jährlich produzierten Menge nur aus drei Ländern kommen Mit 72 Prozent des Importwertes haben die Energierohstof- oder 50 Prozent und mehr aus lediglich drei Unternehmen fe ein großes Übergewicht. Erdöl und Erdgas kommen da- stammen. Fusionen im Rohstoffsektor können den Konzen- Der Einsatz von Rohstoffen ist eine unabdingbare Voraussetzung für zahlreiche wirtschaft- bei auf 35 Prozent beziehungsweise 28 Prozent, der Wert trationsgrad noch weiter erhöhen. liche Tätigkeiten. Dies gilt primär für die Industrie, soweit hier direkt Rohstoffe verarbeitet der Kohleimporte ist mit 5 Prozent vergleichsweise niedrig. werden und nicht nur Vorprodukte, in denen die Rohstoffe bereits verwertet sind, genutzt Unter den nach Deutschland importierten Metallen nehmen Zudem herrschen in vielen Ländern Maßnahmen zum werden. Aber auch der Dienstleistungsbereich basiert zu einem nennenswerten Anteil di- die Nicht-Eisen-Metalle (NE-Metalle) mit 11 Prozent den Schutz der eigenen Industrie und zur Verhinderung von rekt auf industrieller Produktion und wäre ohne diese nicht vorstellbar, so dass auch hier wichtigsten Anteil ein. Eisen und Stahl kommen immer noch Rohstoffexporten vor. Diese reichen von spezifischen Aus- eine zumindest mittelbare Abhängigkeit vom Rohstoffeinsatz festgestellt werden muss. Be- auf 4 Prozent. fuhrsteuern und der finanziellen Förderung heimischer Wei- trachtet man typische Wertschöpfungsketten einer industrialisierten Volkswirtschaft, steht terverarbeiter über die Vergabe von Exportlizenzen und die die Rohstoffgewinnung und -verwendung ganz am Anfang und legt damit die Grundlage für Aber nicht nur in der marktgetriebenen Preisentwicklung Aussprache von Exportverboten bis hin zur Einführung von alle nachgelagerten Sektoren in der Industrie sowie in verschiedenen mehr oder weniger liegt ein Risiko für die rohstoffverarbeitende Industrie. Exportmonopolen und der Verweigerung der Mehrwert- industrienahen Dienstleistungsbranchen. Letztlich geht es auch um die langfristige Verfügbarkeit der steuererstattung beim Export von Rohstoffen. Diese Maß- Stoffe. Für die Verfügbarkeit von Rohstoffen spielen neben nahmen stellen erhebliche Verzerrungen der internationa- Auch wenn bei einer globalen Betrachtung der Wertschöpfungsketten die Verwendung von den geologischen Bedingungen auch die Markt- und Regu- len Rohstoffmärkte dar, die letztendlich nur zu überhöhten Rohstoffen Voraussetzung für industrielle Produktion und davon abgeleite Dienstleistun- lierungsbedingungen eine wichtige Rolle. Problematisch Preisen führen. gen ist, gilt dies nicht für jede einzelne Volkswirtschaft. Auch hier gelten die Grundgedan- ken der internationalen Arbeitsteilung. Während in einzelnen Weltregionen die natürlichen Für die deutsche Wirtschaft stellt sich die zukünftige Sicherung der Rohstoffbasis zu wirt- und insbesondere geologischen Bedingungen für den Abbau von Rohstoffen besonders schaftlich vertretbaren Kosten als große Herausforderung dar. Über 80 Prozent der im Rah- gut sind und somit entsprechende Vorkommen technisch und wirtschaftlich abgebaut men des IW-Zukunftspanels befragten Unternehmen sahen sich durch die Veränderungen werden können, haben sich andere Länder auf die Verarbeitung der Rohstoffe oder auf an den Rohstoffmärkten betroffen (siehe Abbildung 2-1). Dabei wird deutlich, dass die Roh- spätere Stufen der Wertschöpfungskette spezialisiert. Hieraus ergeben sich Spezialisie- stoffversorgung weit überwiegend als Risikothema angesehen wird (Biebeler et al., 2008, rungsvorteile, die bei einem freien und verlässlichen Handel zwischen den Ländern reali- 21 ff.). Nur insgesamt 26,7 Prozent der Unternehmen sehen in dieser Hinsicht überhaupt siert werden können. wirtschaftliche Chancen. Und gerade einmal 18,6 Prozent der Unternehmen erwarten aus- schließlich neue geschäftliche Möglichkeiten. Zu denken ist hier beispielsweise an die Aus Sicht der Länder, die Rohstoffe direkt oder indirekt ver- Generell kann davon ausgegangen werden, dass bis zu Anbieter von Sekundär- und Alternativrohstoffen sowie an die Hersteller von Effizienztech- brauchen, um damit die Basis ihrer Volkswirtschaft zu er- einem bestimmten Wohlstandsniveau der Verbrauch von nologien, die bei steigenden Rohstoffpreisen mit einer erhöhten Nachfrage nach ihren Pro- halten, ergeben sich aus den natürlichen Bedingungen und Rohstoffen überdurchschnittlich steigt, während erst da- dukten und Dienstleistungen rechnen können. der spezifischen Arbeitsteilung jedoch einige Nachteile. Die nach eine höhere Materialeffizienz und damit ein tendenzi- Gefahr, dass einzelne Rohstoffe erhebliche Preissprünge ell geringerer Rohstoffbedarf durchschlägt. Die Länder, in Besonders kritisch wird die Rohstoffversorgung von der Chemischen Industrie, der Metall- erleben, nur noch unter bestimmten Bedingungen – wie bei- denen auch in der Zukunft die größten Wachstumsschübe und Elektroindustrie sowie dem Verkehrswesen eingeschätzt. Hier sehen jeweils rund spielsweise der Weiterverarbeitung im Förderland – verfüg- erwartet werden, gehören zu der ersten Gruppe. Daher ist 80 Prozent der Unternehmen Risiken für ihr Geschäft. Relativ große Chancen werden mit bar sind oder möglicherweise sogar komplett ausfallen, ist auch weiterhin mit einer hohen und steigenden Rohstoff- einem guten Drittel in den Branchen Datenverarbeitung, Forschung und Entwicklung sowie nicht mit Sicherheit auszuschließen. Dies hätte jedoch er- nachfrage zu rechnen, was sich in höheren Preisen und ei- Bau gesehen. Dennoch überwiegt auch in diesen Sektoren eine risikoorientierte Sichtweise hebliche Auswirkungen auf die Produktionsmöglichkeiten ner verstärkten Konkurrenz um die Rohstofflieferungen nie- bezüglich der zukünftigen Lage auf den Rohstoffmärkten. der jeweils betroffenen Industrien. derschlägt. Aus der Perspektive der deutschen und insbesondere bay- erischen Industrie gibt es eine Reihe von möglichen Verur- 2. Hohe Preisschwankungen sachern oder Verstärkern einer denkbaren Rohstoffkrise. Abbildung 2-1 Insbesondere lassen sich elf Gründe identifizieren, die zu Rohstoffe sind typischerweise sehr zyklische Produkte. Rohstoffverknappung – Chancen und Risiken für Unternehmen, Nennungen in Prozent einer Gefährdung der Rohstoffbasis der Industrie beitragen Dies schlägt sich auch in den Preisentwicklungen nieder, können. die insbesondere in den letzten Monaten seit der Krise Chancen 18,6 2009 von Preissteigerungen und im allgemeinen von Preis- schwankungen gekennzeichnet sind. Diese charakteristi- Chancen und Risiken 8,1 1. Wachstum ist rohstoffintensiv schen Schwankungen stehen zwar einer sicheren Rohstoff- Risiken 53,9 versorgung noch nicht im Weg, können aber für die ver- Das starke Wirtschaftswachstum, dass vornehmlich in den brauchenden Unternehmen ein erhebliches Problem sein. weder noch 19,4 aufstrebenden Schwellenländern China und Indien in den Soweit diese Preisveränderungen nicht kurzfristig an die letzten Jahren zu beobachten war, hat deutliche Spuren eigenen Kunden weitergegeben werden können, kann es zu 0 20 40 60 auf den Rohstoffmärkten hinterlassen. Das Wirtschafts- kritischen Liquiditätsabflüssen kommen, sofern hier keine Quelle : IW -Zukunftspanel; Biebeler / Mahammadzadeh / Selke 2008, 21 wachstum ist in diesen Ländern besonders rohstoffintensiv. entsprechenden Vorsorgemaßnahmen getroffen wurden.
12 Rohstoffsituation Bayern – 03 Warum Rohstoffe strategisch wichtig sind Rohstoffsituation Bayern – 03 Warum Rohstoffe strategisch wichtig sind 13 keine Zukunft ohne Rohstoffe keine Zukunft ohne Rohstoffe 3. Begrenzte Verfügbarkeit 7. R ohstoffe sind Instrument der strategischen Abbildung 3-1 Industriepolitik Zunehmende Materialvielfalt in der Halbleiterindustrie (nach Theis 2007) Die Verfügbarkeit von Rohstoffen ist prinzipiell begrenzt. Entweder sind die Vorkommen nicht erneuerbar und damit Die hohe Konzentration und die hohe Bedeutung macht vie- 1980er 1990er 2000er eine theoretische maximale Verbrauchsmenge definiert, le Rohstoffe zum Instrument strategischer Handelspolitik. oder Flächen für den Anbau nachwachsender Rohstoffe Die Maßnahmen sind vielfältig und reichen von Ausfuhr- stellen die Begrenzung dar. In der Regel sind diese Grenzen steuern auf Erze, Exportlizenzen und Exportverbote über aber noch nicht erreicht, die wahrscheinliche Reichweite eine Verweigerung der Mehrwertsteuererstattung beim Ex- 1 H 2 He 1 H 2 He 1 H 2 He der meisten Rohstoffe ist noch lang genug. Vielfach sind port und Exportmonopole bis hin zur gezielten Förderung 3 11 Li 4 12 Be 5 13 B 6 14 C 7 15 N 8 16 O 9 17 F 10 18 Ne 3 11 Li 4 12 Be 5 13 B 6 14 C 7 15 N 8 16 O 9 17 F 10 18 Ne 3 11 Li 4 12 Be 5 13 B 6 14 C 7 15 N 8 16 O 9 17 F 10 18 Ne Na Mg Al Si P S Cl Ar Na Mg Al Si P S Cl Ar Na Mg Al Si P S Cl Ar schon die heute bekannten und wirtschaftlich nutzbaren der inländischen Weiterverarbeitung. So wird versucht, Zu- 19 K 20 Ca 21 Sc 22 Ti 23 V 24 Cr Mn Fe 25 26 27 Co 28 Ni 29 Cu 30 Zn 31 Ga Ge 32 33 As 34 Se 35 Br 36 Kr 19 K 20 Ca 21 Sc 22 Ti 23 V 24 Cr Mn Fe 25 26 27 Co 28 Ni 29 Cu 30 Zn 31 Ga Ge 32 33 As 34 Se 35 Br 36 Kr 19 K 20 Ca 21 Sc 22 Ti 23 V 24 Cr Mn Fe 25 26 27 Co 28 Ni 29 Cu 30 Zn 31 Ga Ge 32 33 As 34 Se 35 Br 36 Kr Ressourcen für Jahrhunderte ausreichend. Neue geologi- griff auf die verschiedenen Stufen der Weiterverarbeitung 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 Rb Sr Y Zr Nb Mo Tc Ru Rh Pd Ag Cd In Sn Sb Te I Xe Rb Sr Y Zr Nb Mo Tc Ru Rh Pd Ag Cd In Sn Sb Te I Xe Rb Sr Y Zr Nb Mo Tc Ru Rh Pd Ag Cd In Sn Sb Te I Xe 55 56 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 55 56 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 55 56 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 Cs Ba La-Lu Hf Ta W Re Os Ir Pt Au Hg Tl Pb Bi Po At Rn Cs Ba La-Lu Hf Ta W Re Os Ir Pt Au Hg Tl Pb Bi Po At Rn Cs Ba La-Lu Hf Ta W Re Os Ir Pt Au Hg Tl Pb Bi Po At Rn sche Erkenntnisse und veränderte Preisstrukturen erhöhen zu erhalten. Gerade China versucht, sich die notwendigen 87 Fr 88 Ra Ac-Lr 104 Rf 105 Db Sg 106 107 Bh 108 Hs 109 Mt 110 Ds Rg 111 87 Fr 88 Ra Ac-Lr 104 Rf 105 Db Sg 106 107 Bh 108 Hs 109 Mt 110 Ds Rg 111 87 Fr 88 Ra Ac-Lr 104 Rf 105 Db Sg 106 107 Bh 108 Hs 109 Mt 110 Ds Rg 111 diese Zeitspanne weiter. Bei einzelnen Rohstoffen ist je- Rohstoffe durch Exklusivverträge zu sichern und gleichzei- 57 La 58 Ce 59 Pr 60 61 62 Nd Pm Sm Eu Gd Tb 63 64 65 66 Dy Ho 67 68 Er 69 Tm Yb 70 71 Lu 57 La 58 Ce 59 Pr 60 61 62 Nd Pm Sm Eu Gd Tb 63 64 65 66 Dy Ho 67 68 Er 69 Tm Yb 70 71 Lu 57 La 58 Ce 59 Pr 60 61 62 Nd Pm Sm Eu Gd Tb 63 64 65 66 Dy Ho 67 68 Er 69 Tm Yb 70 71 Lu doch auch die physische Verfügbarkeit schon in absehba- tig die heimischen Vorkommen gezielt zur künstlichen Be- 89 Ac 90 Th 91 Pa 92 U 93 94 95 Np Pu Am Cm Bk 96 97 98 Cf 99 100 Es Fm Md No 101 102 103 Lr 89 Ac 90 Th 91 Pa 92 U 93 94 95 Np Pu Am Cm Bk 96 97 98 Cf 99 100 Es Fm Md No 101 102 103 Lr 89 Ac 90 Th 91 Pa 92 U 93 94 95 Np Pu Am Cm Bk 96 97 98 Cf 99 100 Es Fm Md No 101 102 103 Lr rer Zeit kritisch zu bewerten. vorteilung einer inländischen Produktion zu verwenden. 12 Elemente 16 Elemente 60 Elemente 4. Hohe Bedeutung für Zukunftstechnologien 8. Hohe Marktmacht einzelner Unternehmen Quelle : WZU Augsburg (2009) Wichtige Technologien mit großem Potenzial für die Zukunft Eine große Marktmacht stellt nicht nur dann ein Problem sind auf eine Vielzahl von Rohstoffen angewiesen. Ein Bei- dar, wenn die notwendigen natürlichen Rohstoffe nur in we- spiel ist der Fahrzeugbau. Brennstoffzellen für den elektri- nigen einzelnen Ländern verfügbar sind. Die generell hohe 10. Zunehmende Materialdiversität schen Antrieb mit Wasserstoff benötigen Platin. Hybridmo- Konzentration der Förderunternehmen ist ein weiteres wett- tore kommen nicht ohne Lithium und verschiedene Seltene bewerbliches Risiko für eine sichere und marktgerechte Der technische Fortschritt sorgt für eine zunehmende Aus- Dieser Entwicklungsprozess vollzog sich in einem Zeitraum Erden aus. Selbst für moderne Energiesparlampen sind Versorgung. Hohe Marktmacht verbunden mit langfristigen differenzierung von Produkten und technischen Anwendun- von nur 30 Jahren und wird sich in der gesamten Halbleiter- solche Stoffe notwendig. Damit ist das Schadenspotenzial Lieferverträgen kann zu einer Abhängigkeit von einem oder gen. Dabei werden immer mehr unterschiedliche Materiali- industrie voraussichtlich fortsetzen. für die wirtschaftliche Entwicklung, welches durch Proble- wenigen Anbietern und zu entsprechend verschlechterten en eingesetzt, um neuen Anforderungen stetig besser me bei der Rohstoffversorgung entstehen könnte, verhält- Preis- oder Lieferkonditionen führen. Die Zunahme der Un- genügen zu können. Insbesondere in der stark wachsenden nismäßig hoch. ternehmenskonzentration in den letzten Jahren ist daher Halbleiterindustrie wuchs der Bedarf an verschiedensten 11. Eingeschränkte Substituierbarkeit besonders kritisch zu beobachten, eine weitere Vermach- Funktionsmaterialien und damit die Notwendigkeit einer tung der relevanten Rohstoffmärkte kann nicht im Interesse aufwendigeren Bearbeitung bereits im Abbau begriffener Eine mangelnde Verfügbarkeit einzelner Stoffe ist dann 5. Vorkommen sind regional konzentriert der rohstoffverarbeitenden Unternehmen und der rohstoff- Erze bzw. von bisher industriell nicht förderungswürdigen unproblematisch, wenn man sie leicht durch andere Alter- armen Industrieländer sein. Erzen in großen Mengen. Während in den 1980er Jahren nativen ersetzen kann. Verschiedene Anwendungen schei- Die meisten Rohstoffe fallen in eine von zwei Kategorien: noch 12 Metalle bzw. Elemente (beige markiert) ausreich- tern jedoch, wenn bestimmte Inhaltsstoffe nicht verfügbar Vielfach sind die Vorkommen an bestimmte geologische ten, um die damals aktuelle Generation von Rechenprozes- sind und keine Substitutionsmöglichkeiten zur Aufrechter- Strukturen gebunden und daher regional stark konzentriert. 9. Steigende Grenzkosten der Exploration soren zu entwickeln, so wurden in den 1990er bereits 16 haltung einer qualitativ vergleichbaren Produktion vorlie- Verschiedene andere Rohstoffe sind weltweit vorhanden, verschiedene Elemente (neue Elemente braun markiert) be- gen. Aber selbst wenn eine Substituierbarkeit bestimmter aber so großflächig und dünn verteilt, dass sich ein Abbau Die Erkundung neuer Rohstoffquellen und die Erschließung nötigt. Mit fortschreitender Miniaturisierung kommen in der Rohstoffe möglich ist, können diese Substitute wiederum nur an wenigen Stellen lohnt. Beides führt dazu, dass zahl- der Vorräte wird tendenziell teurer. Die einfachsten und am heutigen Generation von Platinen und Rechnerprozessoren kritische Rohstoffe sein. Eine Substituierbarkeit ist dann reiche Rohstoffe nur an wenigen Stellen gefördert werden günstigsten zu erreichenden Lagerstätten sind in der Regel bis zu 60 verschiedene Elemente (neue Elemente blau mar- zwar technisch, aber kaum faktisch möglich. und daher eine hohe Konzentration auf wenige Lieferanten- seit langem erschlossen, so dass auf aufwändigere und da- kiert), vornehmlich Metalle, zum Einsatz (vgl. Theis 2007). länder vorliegt. mit teurere Ansätze zurückgegriffen werden muss. Dieses Phänomen der steigenden Grenzkosten wird sich in ten- Für die Unternehmen der deutschen und bayerischen Industrie führt dies dazu, dass die denziell steigenden Rohstoffpreisen niederschlagen. Hinzu Bedeutung einzelner Rohstoffe, auch wenn sie nur in kleinen Quantitäten benötigt werden, 6. Rohstoffländer sind oft Risikoländer kommt das Problem des so genannten Beifangs: Die meis- richtig eingeschätzt werden müssen. Für die jeweils potenziell kritischen Rohstoffe ist eine ten Rohstoffe kommen nicht isoliert sondern in Vergesell- Analyse der tatsächlichen Gefährdung notwendig, auf die dann mit angemessenen Maß- Ein besonderes Risiko liegt darin, dass sich Rohstoffe oft- schaftung mit anderen vor. Für eine Reihe von Rohstoffen nahmen reagiert werden kann. mals in unsicheren Weltregionen befinden und die Länder würde sich der Abbau nicht lohnen, wenn sie nicht als „po- mit großen natürlichen Vorräten selbst ein Risiko darstellen. sitiver Beifang“ beim Abbau anderer Stoffe mit anfallen. Viele Rohstoffe befinden sich vor allem in afrikanischen Falls sich aber der Abbau des Hauptproduktes (Bsp. Nickel) Ländern, in denen es an Rechtssicherheit, Infrastruktur und nicht mehr lohnt, wird auch vom Nebenprodukt (Bsp. Platin) Investitionen fehlt, um eine sichere und dauerhafte Versor- zu wenig gefördert. Andere Rohstoffe (Bsp. Phosphat) sind gung zu gewährleisten. Daher bestehen hier Sorgen, dass durch „negativen Beifang“ (Schwermetalle, Bsp. Cadmium) Steuern erhöht, bestehende Verträge nicht eingehalten und belastet. Auch dies sorgt für weiter erhöhte Preise der ge- Investitionen nicht gesichert werden können. Rohstoffe aus wünschten Rohstoffe. Risikoländern sind daher einer höheren Gefahr für die Ver- sorgungssicherheit ausgesetzt.
14 Rohstoffsituation Bayern – 04 Rohstoff-Risiko-Index Rohstoffsituation Bayern – 04 Rohstoff-Risiko-Index 15 keine Zukunft ohne Rohstoffe keine Zukunft ohne Rohstoffe Rohstoff-Risiko-Index 04 Abbildung 4-1 Industriemetallpreis-Index ( IMP -Index) Monatswerte des Industriemetallpreis-Indexes, Januar 1999 = 100 450 Grundlage für den Rohstoff-Risiko-Index ist die Auflistung der wichtigsten Gründe für eine mögliche Gefährdung der Rohstoffbasis der Industrieunternehmen. Für diesen Index wur- 400 den sieben Indikatoren entwickelt, die zu einem Index zusammengefasst worden sind. Ins- 350 gesamt sind in den Index 45 Rohstoffe aufgenommen worden, die aus den „Rohstoffwirt- schaftlichen Steckbriefen“ der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) 300 abgeleitet sind. In dem Index wurden auch die drei Seltenen Erdmetalle Scandium, Yttrium und Neodym1 sowie die ausgewählten „Spezialmetalle“ Selen, Indium, Germanium und 250 Gallium mit aufgenommen. 200 Die 45 Metalle und Minerale sind mithilfe des Index in drei verschiedene „Gefahrenklassen“ 150 eingeteilt. In der roten Gruppe, die sehr risikobehaftet ist, befinden sich 15 Rohstoffe. In der orangefarbenen Gruppe, in der Rohstoffe mit mittlerem Risiko zu finden sind, sind 15 Roh- 100 stoffe aufgelistet. 15 Rohstoffe in der grünen Gruppe sind bei der Frage der Versorgung 50 bzw. Gefährdung in der Zukunft von eher geringerer Bedeutung. Wie bei allen anderen Rohstoffen auch, spielt bei letztgenannter Gruppe vor allem die Preisentwicklung eine Rol- 0 le (siehe Abbildung 4-1). Jan. 99 Jan. 00 Jan. 01 Jan. 02 Jan. 03 Jan. 04 Jan. 05 Jan. 06 Jan. 07 Jan. 08 Jan. 09 Jan. 10 Jan. 11 Rohstoffpreise kannten in der Vergangenheit nur zwei Richtungen: Entweder sie blieben Quelle : Institut der deutschen Wirtschaft Köln lange stabil oder aber sie schossen in die Höhe, wie der neue Industriemetallpreis-Index (IMP-Index) des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln ( IW ) zeigt. 2 Er erfasst die Preise der mengen- und kostenmäßig wichtigsten Industriemetalle, die nach Deutschland importiert werden. Von 1999 bis Anfang 2008 verteuerten sich demnach die nach Deutschland gelie- 04.1 Aufbau ferten Industriemetalle um mehr als 250 Prozent. Nach einer kurzen Entspannung erreichte der IMP-Index im Februar 2011 einen neuen Höchststand. Verantwortlich dafür sind die Der Rohstoff-Risiko-Index besteht aus insgesamt acht Kriterien, die eingeteilt sind in hohen Preise für Kupfer, ebenso die Verteuerung von Eisenerz sowie der Anstieg des Gold- preises. Nur der stabile Aluminiumpreis hat einen noch größeren Höhenflug des IMP-Inde- Quantitative Indikatoren und qualitative Indikatoren xes verhindert. Sollte der langfristige Trend sich fortsetzen, würden die Ausgaben der deut- – Statische Reichweite – Bedeutung für Zukunftstechnologien schen Wirtschaft für die notwendigen Importe von zuletzt knapp 22,6 Milliarden Euro auf – Länderrisiko – Gefahr des strategischen Einsatzes und 38,6 Milliarden Euro im Jahr 2015 ansteigen. – 3-Länder-Konzentration – Substituierbarkeit – 3-Unternehmen-Konzentration Aufbau und Gewichtung des Rohstoff-Risiko-Index sind in den folgenden beiden Unterka- – Preisrisiko piteln näher dargestellt; Kapitel 04.3 zeigt die Ergebnisse. Somit sind im Index sowohl harte Fakten in Form von Kennzahlen als auch nicht direkt messbare Einflüsse auf die Rohstoffversorgung mittels Experteneinschätzung abgebildet. Jeder Indikator ist in eine vergleichbare Größenskalierung transformiert und mit einem in- dividuellen Gewicht belegt worden. Der Index ist so konstruiert, dass ein Rohstoff (bei maximaler Gefährdung) 25 Punkte erreichen kann. Je mehr Punkte ein Rohstoff aufweist, umso gefährdeter ist er in der Summe aller sieben bewerteten Kriterien. Im Vergleich zum ersten Gutachten von 2009 erfolgte eine Insgesamt ist bei der Indexeinteilung in hohes Risiko, mitt- Umstellung des Indexes. Der Rohstoff-Risiko-Indexwurde leres Risiko und niedriges Risiko zu berücksichtigen, dass 1: Die Gruppe der Seltenerdmetalle besteht aus 17 Mitgliedern, zu denen Yttrium und Scandium gehören um den Indikator Preisrisiko erweitert, der mit einem Ge- die einzelnen Punktunterschiede eher in qualitativer Hin- und weitere 15 aus der Lanthanfamilie stammen. Aufgrund ihrer chemischen Ähnlichkeit wird in dem wicht von zehn Prozent in den Index einfließt. Darüber hin- sicht gedeutet werden sollten. Den Eingruppierungen un- vorliegenden Gutachten ein Seltenerdmetall als pars pro toto für die Gruppe der Lathanoide aus- aus ist zu beachten, dass die offiziellen Angaben zu den terliegen Experten-schätzungen, die je nach weiteren Fun- gewählt. Als einer der prominentesten Vertreter fiel die Wahl auf Neodym wegen seiner vielfältigen Nutzung. Indikatoren statische Reichweite und Länderrisiko auch den oder neuen Substitutionsmöglichkeiten aktualisiert kurzfristig relativ stark schwanken können. werden müssen. 2: Vgl. Bardt (2011): Rohstoffpreise – Entwicklung und Bedeutung für die deutsche Wirtschaft, IW Trends, 2/2011
16 Rohstoffsituation Bayern – 04 Rohstoff-Risiko-Index Rohstoffsituation Bayern – 04 Rohstoff-Risiko-Index 17 keine Zukunft ohne Rohstoffe keine Zukunft ohne Rohstoffe Im Einzelnen sind die Indikatoren wie folgt im Index aufge- Die Werte wurden in einer 6er-Skala von 0 – 25 Punkten ein- Die Beurteilungen wurden in eine 3er-Skala von 0 – 25 Punk- Die Beurteilungen wurden in eine 3er-Skala von 0 – 25 Punk- nommen worden: geordnet. ten eingeordnet. ten eingeordnet. Statische Reichweite 3-Länder-Konzentration Gefahr des strategischen Einsatzes Substituierbarkeit Dieser quantitative Indikator gibt den theoretischen Zeit- Die 3-Länder-Konzentration gibt den Anteil an der Welt- Auch die Einordnung der einzelnen Rohstoffe nach der Einige Rohstoffe können in ihrer Funktion durch andere raum in Jahren an, für den noch ausreichend Vorkommen produktion des jeweiligen Rohstoffes wieder, den die drei Gefahr ihrer Verwendung als politisches und strategisches Rohstoffe ersetzt werden, bei einigen ist dies aufgrund der des jeweiligen Rohstoffes bekannt (und ökonomisch nutz- größten Produzentenländer auf sich vereinen. Instrument ist per Expertenschätzung durchgeführt wor- chemischen Eigenschaften nur bedingt oder auch gar nicht bar bzw. förderbar) sind, um die derzeitige Jahresproduk- den. Übersichten über bestehende Handels- und Wettbe- möglich. Dieser wichtige Aspekt bei der Beurteilung von tion aufrecht erhalten zu können. Beispielsweise wurden Die Werte wurden in einer 6er-Skala von 0 – 25 Punkten ein- werbsbeschränkungen auf Rohstoffmärkten sind dabei Ori- Rohstoffen ist ebenfalls nicht quantifizierbar und daher im Jahr 2009 etwa 200 Mio. Tonnen (Aluminium-) Bauxit geordnet. entierungshilfen für ausgewählte Metalle und Mineralien. auch von Expertenhand auf einer dreistufigen Skala ge- produziert, bei einem bekannten Vorkommen weltweit von Hier liegen für diejenigen Länder, die mittels Steuern, Aus- schätzt. rund 27 Mrd. Tonnen. Somit würde dieser Rohstoff rechne- fuhr- oder auch Veredelungsverboten den Wettbewerb be- risch noch 130 Jahre auf aktuellem Niveau gefördert wer- 3-Unternehmen-Konzentration hindern, detaillierte Informationen vor. Für den Rohstoff- Die Beurteilungen wurden in eine 3er-Skala von 0 – 25 Punk- den können. Risiko-Index ist für jeden einzelnen Rohstoff auf einer drei- ten eingeordnet. Die 3-Unternehmen-Konzentration gibt den Anteil an der stufigen Skala eingeordnet worden, ob die Gefahr durch die Hierbei muss beachtet werden, dass dieser Wert nur cete- Weltproduktion des jeweiligen Rohstoffes wieder, den die produzierenden Länder eines strategischen Einsatzes hoch, ris paribus gilt, denn die Reichweite kann etwa durch tech- drei größten Unternehmen auf sich vereinen. mittel oder eher gering ist. nologischen Fortschritt, Substitutionen, verstärktes Recyc- ling, durch die Entdeckung neuer Vorkommen oder auch Die Werte wurden in einer 6er-Skala von 0 – 25 Punkten ein- Veränderungen auf der Nachfrageseite erheblich verlängert geordnet. 04.2 Gewichtung werden. Gerade der letzte Punkt impliziert umgekehrt na- türlich auch eine mögliche Verkürzung der Reichweite. Die quantitativen Faktoren gehen mit einem Gewicht von 60 Prozent in den Rohstoff-Risi- Preisrisiko ko-Index ein, die qualitativen Faktoren werden mit 40 Prozent gewichtet. Innerhalb der bei- Die Werte wurden in einer 6er-Skala von 0 – 25 Punkten ein- den Gruppen sind die Indikatoren anteilsmäßig unterschiedlich vertreten. Abbildung 4-2 geordnet. Das Preisrisiko wird errechnet aus dem Preisanstieg des zeigt den kompletten Index. Zeitraums von 2006 bis 2011 und der in dem Zeitraum gemessenen Volatilität. Bei einigen wenigen Rohstoffen Länderrisiko mussten Expertenschätzungen die konkreten Preisberech- nungen ersetzen, da die Datenlage zu intransparent ist. Aus Dieser Wert entspricht einer anteilsgewichteten „Schulno- diesen beiden Indikatoren wird ein Index gebildet, in den Abbildung 4-2 te“, die aussagt, wie hoch die politische Stabilität in den der Preisanstieg mit einem Gewicht von 75 Prozent und die Gewichtung Rohstoff-Risiko-Index Ländern ist, in denen der jeweilige Rohstoff produziert wird. Volatilität mit einem Gewicht von 25 Prozent eingehen. Liegt die Bewertung also eher im Bereich um 1 oder 2 be- deutet dies, dass dieser Rohstoff vorwiegend in Staaten Die Indexwerte wurden in einer 6er-Skala von 0 – 25 Punk- Quantitative Quantitative Kriterien Kriterien (Teilgewicht (Teilgewicht 60 %) 60 %) hergestellt wird, in denen eher nicht mit einer politischen ten eingeordnet. Rohstoff-Risiko-Index Instabilität zu rechnen ist, wie sie beispielsweise durch Um- (Max. 25 Punkte) stürze, Revolutionen o. ä hervorgerufen werden könnte. Ist Länderrisiko 12,5 % der Rohstoff jedoch mit 5 oder 6 „benotet“, ist das Risiko, Bedeutung für Zukunftstechnologien Statische Reichweite 12,5 % dass die politischen Verhältnisse den Rohstoffzugang bzw. die -versorgung gefährden, als eher hoch einzustufen. Zukunftstechnologien sind ein wichtiger Treiber für die Länderkonzentration 15 % Nachfrage nach Rohstoffen, allerdings lässt sich das „Aus- Die Grundlage für die Einordnung der Länder liefert die Eu- maß“ nicht genau quantifizieren. Daher wird für den Roh- Unternehmenskonzentration 10 % rasia Group (http://www.eurasiagroup.net/), eine Unterneh- stoff-Risiko-Index eine Expertenschätzung auf einer drei- mensberatung mit Sitz in New York, deren bekanntestes stufigen Skala für jeden der 40 untersuchten Rohstoffe Preisrisiko 10 % Projekt der Global Political Risk Index (GPRI) ist. Dieser In- vorgenommen. dex untersucht vorwiegend die Emerging Markets im Hin- Als Unterstützung für die Einordnung der einzelnen Roh- blick auf ihre politische und wirtschaftliche Stabilität. Für stoffe dient unter anderem das Gutachten des Fraunhofer- Qualitative Kriterien Qualitative (Teilgewicht Kriterien 40 %)(Teilgewicht 40 %) etwa 90 Prozent aller Staaten bietet das Unternehmen zu- Instituts (Rohstoffe für Zukunftstechnologien, Seite XIII), in dem eine Einordnung der politischen Stabilität auf der ge- der 19 Rohstoffe im Hinblick auf ihre Bedeutung für Zu- Nicht-Substituierbarkeit 10 % nannten Skala von 1 – 6 für das Jahr 2010 an. kunftstechnologien über ihren Bedarf im Jahr 2030 im Ver- Zukunftstechnologien 15 % hältnis zur Produktionsmenge 2006 abgeschätzt wurden. Für den Rohstoff-Risiko-Index wurden diese Bewertungen Die Rohstoffe können demnach für Technologien wie La- Strategische Industriepolitik 15 % nun den entsprechen Ländern zugeordnet und mit dem An- sertechnik, Medizintechnik oder Photovoltaik entweder teil an der Weltproduktion des jeweiligen Rohstoff gewichtet. eine hohe, mittlere, oder geringe Rolle spielen. Quelle : IW Consult
18 Rohstoffsituation Bayern – 04 Rohstoff-Risiko-Index Rohstoffsituation Bayern – 04 Rohstoff-Risiko-Index 19 keine Zukunft ohne Rohstoffe keine Zukunft ohne Rohstoffe 04.3 Ergebnis Abbildung 4-3 Rohstoff-Risiko-Index I Gefahrenklasse 1 – Rote Gruppe Rote Gruppe Die Liste der Rohstoffe, deren Versorgung zukünftig stark gefährdet sein dürfte, führt Yttrium 22,3 Yttrium mit 22,3 von maximal 25 Punkten an. Dieses Seltenerdmetall hat eine hohe Bedeu- Niob 20,9 tung für Zukunftstechnologien (z. B. Laser oder Permanentmagnete) und ist in einigen che- Neodym 20,4 mischen Eigenschaften praktisch nicht substituierbar. Zudem wird es derzeit fast aus- 20,4 Scandium schließlich in China produziert (circa 99 Prozent), das einen hohen Bedarf an Seltenerd- Germanium 19,5 metallen hat. Auch sind nach Angaben der USGS die bekannten und förderbaren Reserven Wolfram 18,5 von Yttrium im Verhältnis zum aktuellen Verbrauch niedriger als bei anderen Metallen die- ser Gruppe. Seltenerdmetalle sind grundsätzlich zwar nicht seltener als etwa Molybdän Kobalt 18,4 oder Silber, aber sie kommen fast ausschließlich in Vergesellschaftung mit Erzen wie Mon- Palladium 17,3 azit oder Bastnäsit vor. Ein wirtschaftlicher Abbau dieser Metalle ist daher äußerst schwie- 16,1 Platin rig (Fraunhofer 2009). Daher sind auch die beiden anderen in der Studie aufgeführten Sel- Magnesium 16 tenerdmetalle Neodym (als prominentester Vertreter der Lathanoide) und Scandium mit Lithium 15,8 hohem Risiko behaftet und finden sich im Rohstoff-Risiko-Index auf den Plätzen 3 und 4 wieder. Zinn 15,5 Indium 15,3 Auf dem zweiten Platz liegt mit 20,9 Punkten Niob, das von Das große Risiko von Niob ist vor allem der hohen Kon- Molybdän 15,3 Germanium (19,5 Punkte) und Wolfram (18,5 Punkte) auf zentration der Produktion geschuldet. Deutlich mehr als 15,1 Graphit den Plätzen 5 und 6 gefolgt wird. Alle drei zählen zu den 90 Prozent der weltweiten Gewinnung dieses Metalls, das metallischen Rohstoffen. Niob und Wolfram sind für Legie- vorwiegend in Spezialstählen Verwendung findet, erfolgt 0 5 10 15 20 25 rungen nahezu unersetzbar, während Germanium als so in nur drei Ländern (Schwerpunkt: Brasilien) bzw. nur drei genanntes Spezialmetall für die Herstellung von Solarzellen Unternehmen (Schwerpunkt: Morreira Salles, Brasilien). Quelle: IW Consult (2011) oder Halbleitern gebraucht wird. Der Name Spezialmetalle Zwar kann Niob, das in der Natur meist mit Tantal vergesell- stammt daher, dass diese Metalle, zu denen auch Selen, schaftet ist, in einigen Anwendungen durch andere Metalle Indium oder Gallium gehören, nur in Kleinstmengen Anwen- wie eben Tantal, Molybdän oder auch Wolfram ersetzt dung in Produkten wie Handys finden, ohne diese die Pro- werden. Meist erzielen diese Ersatzstoffe jedoch nicht die dukte aber dennoch nicht funktionieren würden. Indium gleiche Wirkung und sind häufig teurer (Fraunhofer 2009). Die Platinmetalle Palladium und Platin sind auch mit ho- Komplettiert wird die rote Gruppe mit Magnesium auf (15,3 Punkte) ist auf dem dreizehnten Rang positioniert. hem Risiko behaftet, Rhodium wurde in der Gruppe mit Rang 10, Zinn auf Rang 12, Molybdän auf Rang 14 und Diese Metalle zeichnen sich zudem dadurch aus, dass sie Das in Verbindung mit Kohlenstoff hergestellte Wolframcar- mittleren Risiken aufgrund seiner etwas weniger dramati- Graphit auf Rang 15. Graphit wird für Brennstoffzellen und sehr selten vorkommen und ausschließlich als Nebenpro- bid zählt zu den härtesten Materialen und wird daher bei- schen Preisentwicklungen eingestuft. Palladium ist mit 17,3 Beläge verwendet, ist in verschiedenen Anwendungen nicht dukt gewonnen werden können. So gab es laut USGS im spielsweise für Schneidwerkzeuge oder im militärischen Punkten auf Rang 8 im Rohstoff-Risiko-Index eingeordnet, substituierbar und wird zu zwei Dritteln in China produziert. Jahr 2007 beispielsweise weltweit etwa 11.000 Tonnen Re- Bereich benötigt. Daneben findet Wolfram vorwiegend in Platin mit 16,1 Punkten auf Rang 9. Da Südafrika und Russ- Beim bspw. für LCD -Displays wichtigen Zinn liegt die sta- serven (bekannte und wirtschaftlich nutzbare) an Indium, Glühlampen Verwendung. Zwar gibt es sogar in Deutsch- land über 80 Prozent der Weltproduktion dieser Edelme- tische Reichweite unter 25 Jahren. Magnesium ist für eini- das vorwiegend zusammen mit Zinkerzen abgebaut wer- land und Österreich Vorkommen dieses Schwermetalls, talle innehaben, ist der Konzentrationsgrad enorm hoch. ge Zukunftstechnologien von großer Bedeutung, z. B. als den kann. Spezialmetalle sind also „Beifänge“; wird das doch Hauptförderland ist derzeit mit Abstand China, das Hauptverwendungszweck von Platinmetallen ist der Ein- Leichtbauwerkstoff im Fahrzeugbau und wird zu über Hauptprodukt wie Zink oder Kupfer nicht abgebaut, fällt etwa 80 Prozent der weltweiten Produktion stellt. In der satz in Autokatalysatoren, aber auch in der Elektroindustrie 80 Prozent in China produziert. Molybdän besitzt eine eher dementsprechend auch kein Indium oder Germanium ab. Volksrepublik gibt es sowohl für die Erze als auch für wei- oder auch im Schmucksektor ist die Nachfrage hoch. Gera- geringe statische Reichweite und ist ebenfalls kaum substi- terverarbeitete Wolframprodukte ein Veredelungsverbot, de durch die Verwendung in Katalysatoren gehen jährlich tuierbar. Es wird vorwiegend als Legierungszusatz benötigt, Unter den 15 am meisten gefährdeten Rohstoffen befinden Einfuhr- und Ausfuhrsteuern sowie zum Teil Exportverbote. hohe Bestände an Edelmetallen verloren. Aber auch das um Stähle im Flugzeug- und Raketenbau oder auch im sich demnach zwei von vier ausgesuchten „Spezialmetal- Begründet wird diese Industriepolitik unter anderem damit, Recyclingpotenzial ist hier noch nicht optimal ausge- Werkzeugbau herzustellen. Molybdän findet aber auch in len“ und drei von drei ausgesuchten Seltenerdmetallen. dass durch den forcierten Abbau von Wolfram die Umwelt schöpft. Zudem sind die Platinmetalle hohen Preisschwan- Zukunftstechnologien wie TFT-Bildschirmen oder Solarzel- Diesen beiden Metallgruppen sollte demnach besonders vor Ort zu stark zu Schaden kommt. kungen unterworfen, da sie auch für Finanzinvestoren von len zunehmend Verwendung. große Aufmerksamkeit geschenkt werden. Interesse sind. Auch bei Kobalt (Rang 7) sind Länderrisiken zu berücksich- tigen. So liefert die Demokratische Republik Kongo derzeit Das Leichtmetall Lithium (Rang 11) wird in der Fallstudie in etwa 40 Prozent der weltweiten Produktion, so dass hier Kapitel 5.1 näher vorgestellt. Entscheidend für den hohen von politischer Seite ein Engpass droht. Kobalt kommt in Gefährdungsgrad dieses Metalls ist zum einen die Bedeu- der Natur praktisch nicht in reiner Form vor, sondern ist in tung für die Akkumulatorentechnologie und zum zweiten der Regel mit Nickel-, Kupfer- oder anderen Erzen verge- das Problem der Lage der größten Reserven, die in Form sellschaftet. Neben der Verwendung für Superlegierungen von Lithiumsole vor allem in Südamerika zu finden sind (Bo- wird Kobalt vor allem auch für Akkumulatoren benötigt. livien, Chile und Argentinien).
20 Rohstoffsituation Bayern – 04 Rohstoff-Risiko-Index Rohstoffsituation Bayern – 04 Rohstoff-Risiko-Index 21 keine Zukunft ohne Rohstoffe keine Zukunft ohne Rohstoffe Abbildung 4-4 Abbildung 4-5 Bedeutung der Rohstoffe Gefahrenklasse I für Bayern Rohstoff-Risiko-Index II 15 Rohstoffe und deren Bedeutung für die bayerische Wirtschaft Gefahrenklasse 2 – Orangefarbene Gruppe Rhodium 14,9 Rohstoff Verwendung Bedeutung für Bayern Fluorit 14,5 Gallium 14,4 Chrom 14,3 Yttrium Reaktortechnik, Magnete, Metallurgie, Röhrentechnik, Leuchtstoffe hoch Phosphate 14,1 Niob Stahlindustrie (Superlegierungen, Edelstahl), Elektronik, Turbinen mittel Selen 13,8 Neodym Magnete, Lasertechnik, Glas- und Porzellanfärbung hoch Tantal 12,8 Silber 12,3 Scandium Flugzeugbau, Quecksilberdampflampen mittel Zirkon 11,8 Germanium Glasfaser, Halbleiter, Infrarotoptik, Polymer-Katalysation mittel Gold 11 Wolfram Leuchtmittelindustrie, Metallurgie, Militär hoch Kadmium 10,6 Kobalt Batterien, Superlegierungen, Katalysatoren, Hartmetalle hoch Mangan 9,8 Zink 8,8 Platingruppe (Pd, Pt) Katalysatoren, Schmuckindustrie, Elektronik, Chemie, Dentaltechnik hoch Eisen 8,1 Magnesium Metallurgie, Chemische Industrie, Flugzeug- und Fahrzeugbau hoch 8,1 Aluminium Lithium Akkumulatoren und Batterien, Metallurgie, Reaktortechnik, Chemie, Glas hoch 0 5 10 15 Zinn Elektronik, Weißblech, LCD, Chemie, Legierungen hoch Indium Displays, Dünnschicht-Photovoltaik hoch Quelle: IW Consult (2011) Molybdän Edelstahl, Elektronik, Katalysatoren, Flugzeug- und Raketenbau hoch Graphit Feuerfestindustrie, Brennstoffzelle, Kunststoff, Bleistifte, Beläge mittel Orangefarbene Gruppe Quelle: IW Consult Die mittlere Gefahrengruppe ist sehr vielfältig besetzt. Hier finden sich Edelmetalle (Gold und Silber), Metalle (Mangan, Graphit, Zink, Zinn, Tantal und Kupfer) und Industrieminerale wie Fluorit oder Phosphat wieder. In der Summe aller untersuchten Kriterien weisen diese Rohstoffe insgesamt zwar nur ein mittleres Risiko bezüglich Versorgung in der Zukunft auf, Abbildung 4-4 zeigt die Verwendungsarten der Rohstoffe und ihre Bedeutung für Bayern. in einzelnen Bereichen wird aber schnell deutlich, dass auch dieser Gruppe Beachtung 10 der 15 Rohstoffe, die in die Gefahrenklasse I eingestuft wurden, haben für Bayern eine geschenkt werden sollte: hohe Bedeutung. Die Einstufung der Bedeutung erfolgte aufgrund der unterschiedlich ho- hen Anteile der jeweiligen Branche an Wertschöpfung und Beschäftigung. In Bayern sind – G old, Silber und Zink haben rechnerisch nur noch stati- M angan ist ein Rohstoff, die in ihren speziellen Eigen- – insbesondere überdurchschnittlich viele Unternehmen aus hochtechnologischen Berei- sche Reichweite von 25 Jahren oder weniger. schaften und ihren jeweiligen Verwendungen kaum oder chen beheimatet. Die Unternehmen im Freistaat sind demnach abhängiger von dafür not- gar nicht substituierbar sind. wendigen Rohstoffen als andere Bundesländer. – G allium und Selen gehören zu den so genannten Spezial- metallen, die zwar nur in Kleinstmengen benötigt werden, – Tantal ist vor allem für die bayerische Industrie von hoher aber ohne diese viele hochtechnisierte Elektronikproduk- Bedeutung, da das Metall Grundwerkstoffe in der Metall- te nicht funktionieren würden. Aufgrund der zu erwarten- und Elektroindustrie sowie der Medizintechnik sind. den Nachfragesteigerung bei solchen Produkten können Engpässe sehr schnell entstehen.
22 Rohstoffsituation Bayern – 04 Rohstoff-Risiko-Index Rohstoffsituation Bayern – 04 Rohstoff-Risiko-Index 23 keine Zukunft ohne Rohstoffe keine Zukunft ohne Rohstoffe Abbildung 4-6 Abbildung 4-7 Bedeutung der Rohstoffe Gefahrenklasse II für Bayern Rohstoff-Risiko-Index III 15 Rohstoffe und deren Bedeutung für die bayerische Wirtschaft Gefahrenklasse 3 – Grüne Gruppe Nickel 7,9 Rohstoff Verwendung Bedeutung für Bayern Baryt 7,8 Blei 7,6 Titan 6,9 Platingruppe (Rh) Katalysatoren, Schmuckindustrie, Elektronik, Chemie, Dentaltechnik hoch Kalisalz 6,6 Fluorid Stahlindustrie, Gießereien, Chemie niedrig Kupfer 6,1 Gallium Dünnschicht-Photovoltaik, Elektronik, WLED hoch Betonit 5,1 Zement 4 Chrom Edelstahl, Feuerfestindustrie, Chemie, Farben mittel Gips und Anhydrit 3,9 Phosphate Landwirtschaft niedrig Schwefel 3,3 Selen Chemikalien und Pigmente, Elektronik, Metallurgie hoch Glimmer 2,8 Tantal Medizintechnik, Apparatebau hoch Feldspat 2,6 Steinsalz 2,1 Silber Schmuck, Legierungen, Elektronik niedrig Kaolin 2 Zirkon Schmelztiegel, Zahnbrücken mittel 1,9 Quarzsand Gold Schmuck, Zahntechnik, Elektroindustrie niedrig 0 2 4 6 8 Kadmium Solarzellen, Halbleiter mittel Mangan Eisen- und Stahlindustrie, Batterien niedrig Quelle: IW Consult (2011) Zink Galvanik, NE-Legierungen, Pharmazie, Batterie, Pigmente hoch Eisen Metall- und Elektroindustrie, Bauwirtschaft hoch Aluminium Fahrzeugbau, Luft- und Raumfahrt, Bau, Elektro, Verpackung hoch Grüne Gruppe Quelle: IW Consult Die letzte Gruppe enthält diejenigen Rohstoffe, die als am wenigsten gefährdet identifiziert worden sind. Sie ist zweigeteilt: In der oberen Hälfte finden sich die Metalle (Nickel, Titan und Eisen) mit den geringsten Gefährdungsmerkmalen wieder und in der unteren Hälfte die Industrieminerale (Kaolin, Steinsalz und Quarzsand), die als eher unproblematisch einge- Wird auch noch die Bedeutung für Bayern berücksichtigt, dann zeigt sich, dass Tantal, Zink stuft worden sind. Lediglich Baryt und Kalisalz (obere Hälfte) fallen als Industrieminerale und Aluminium einen hohen Stellenwert haben (siehe Abbildung 4-6). Auch diese Rohstoffe aus der Reihe. Dies liegt daran, dass Baryt nur noch eine sehr geringe statische Reichwei- sollten also besonders im Auge behalten werden, um Versorgungsrisiken möglichst zu mi- te von weniger als 40 Jahren hat und Kalisalz als Düngemittel nicht substituierbar ist. nimieren. Bei Fluorit, Mangan, Silber, Gold oder Phosphat, die alle eher eine niedrige Be- deutung für die bayerische Wirtschaft aufweisen, ist dementsprechend der Handlungs- druck geringer.
Sie können auch lesen