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Nr. 35/20.10.2017 Schaufenster Prachtstoff Pariser Noblesse: Haute Couture Globale Lebensart: Diego della Valle MoMA in Paris: Fondation Louis Vuitton Glitzernde Geometrie: Kim Thomé Luxus Kulinarische Ozean-Schätze: Azoren ab Seite 54 Kulturprogramm
EDITORIAL Bild der Woche L uxus ist, was du dir gönnst“, lautet das Zitat auf der Schlussseite dieser Ausgabe – wie immer mit leisem Humor von Nina Ober illustriert. Ein besonders zutref- Chronist Afrikas. Er war einer der Großen der afrikanischen Fotografie und Chronist des Lebens der 1960er: Malick Sidibé, 1936 in Mali geboren, 2016 ge- storben. Die Fondation Cartier zeigt die Solo-Schau „Mali Twist“ (bis 25.2.2018). fender knapper Satz. Luxus zu definieren, ist für viele Magazine, die sich den Schönwetterthemen (wie es „Presse“-redaktionsintern einmal jemand genannt hat) widmen, eine immer wiederkehrende Aufgabe. Oft sind dann vorgeblich konsumkritische Sätze wie „der wahre Luxus ist mehr Zeit“ das Ergebnis. Was aber, wenn man auch Dinge mögen dürfen will? Der erwähnte Satz „Luxus ist, was du dir gönnst“ lässt indes Spielraum offen: Luxus kann heißen, sich für eine Haute-Couture- Robe zu entscheiden – für diesen Fall liefern wir in die- sem Heft Vorschläge, die wir in Paris in Szene gesetzt haben. Luxus kann für jemand anderen bedeuten, sich einmal im Leben ein Flugti- cket auf die Azoren zu gön- nen. Luxus kann aber auch sein, sich für eine klitze- kleine Wunde ein unnötig großes, aber eben sehr beruhigend großes Stück Pflaster abzuschneiden. Gönnung ist relativ. s Anna Burghardt, Stellvertretende Chefredakteurin Ein Bild von Stein Im Netz Geometrie. Gold ist für ihn nicht nur Material, sondern auch Alter und Schönheit. Models ab 60 Farbe: Der Schmuckkünstler Michael Becker setzt es als solche für können mittlerweile genauso erfolg- seine geometrischen, rauen Miniatur-Steinlandschaften ein. Bis reich sein wie ihre jüngeren Kollegen. 19.11. in der Wiener Galerie Slavik, die sich auf zeitgenössische Oder sie sind Lauren Hutton: Cover: Elizaveta Porodina . Fotos: Reuters/Alessandro Garofalo, beigestellt internationale Schmuckkunst spezialisiert hat. Blaues Wunder Prozente gewinnen: Ein Gin Tonic wie ein Zaubertrick: Färbende Blüten geben dem Illusionist Dry Gin seine höchst ungewöhnliche blaue Farbe. Beim Kontakt mit Tonic entsteht ein Schaufenster.DiePresse.com Rosa. Wir verlosen eine Flasche auf: Facebook.com/diepresseschaufenster Facebook.com/diepresseschaufenster. Instagram: @diepresseschaufenster Snapchat: schaufenstermag Schaufenster 3
P. 4 0 0 0 P R Ä Z I S I O N, Z UVE R L Ä SS I G K E I T U N D K R A F T – DAS AU TO M AT I K K A L I B E R P.4 0 0 0, DAS N U R 3, 9 5 M M STA R K I ST, M IT D E ZE NTRALE M M I KR O M OTO R U N D E IN E R GAN G R ES E RVE VO N 72 ST U N D E N VE R S I E H T S E I N E N D I E N ST I N D E R N E U E N LU M I N O R D U E 3 DAYS AU TO M AT I C ACC I A I O. E I N FAC H H E R AU S R A G E N D E T EC H N O LO G I E .
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Trägerlose Robe mit perlenbesticktem Oberteil und Cape in bismarckrotem Seidenchiffon von Schiaparelli Haute Couture. KÖNIGS- DISZIPLIN Prunkvoller Rahmen für höchste Schneiderkunst: Wir haben Haute Couture im legendären Le Bristol Paris inszeniert. Fotos: Elizaveta Porodina Produktion: Barbara Zach 14 Schaufenster
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Kroko. Diego Della Valle inmitten seines luxuriösesten Materials. „Früher gab es mehr Großzügigkeit“ Er gehört zu den einflussreichsten Konzernchefs der globalen Luxusbranche. Ein Foto: Emanuele Scorcelletti Gespräch mit Diego Della Valle über seine Auffassung der gehobenen Lebensart. Interview: Daniel Kalt 22 Schaufenster
S ein Wort hat in Italien Gewicht: Als Neuerfinder des Studieren, damit ich Anwalt werde. Das habe ich auch getan, was von seinem Großvater gegründeten Unternehmens mich aber mehr interessiert hat, war, den Handwerkern in unseren hat Diego Della Valle in kaum vier Jahrzehnten die Schuh-Produktionsstätten bei der Arbeit zuzuschauen. Mit 21 bin Marke Tod’s zu einem Prestigeobjekt der italieni- ich dann zurückgekommen und in das Unternehmen eingestiegen. schen Luxusbranche gemacht. Gemeinsam mit Der Schlüssel zum internationalen Erfolg war die Präsentation seinem Bruder Andrea leitet er die Geschicke der in des heute weltberühmten Gommino-Mokassins. den Marche beheimateten Firma und macht immer In der Tat, mit dem „Gommino d’inverno“, wie wir ihn nennen, ist wieder im öffentlichen Leben Italiens von sich reden. Das Land uns etwas Außerordentliches gelungen, fast eine kleine Revolution: und seine Menschen, auch das kulturelle Erbe zu unterstützen, ist Wir haben das Leder, ein edles Material, mit dem bis dahin als Della Valle ein persönliches Anliegen. Dem „Schaufenster“ erzählt unedel angesehenen Gummi für die Sohle dieses Sportschuhs er, wieso Tod’s besonders gut nach Wien passt, wie Großzügigkeit vereint, und das mit einer handwerklich ausgezeichneten Verarbei- und Reichtum nicht unbedingt zusammenhängen und inwiefern tung. Diese Kombination war damals etwas Unerhörtes. Ich habe Luxus heute etwas anderes bedeutet als in gar nicht so ferner aber immer daran geglaubt, dass Gummi sehr positive Eigen- Vergangenheit. schaften hat und nichts dagegen spricht, ihn in eine höhere Sphäre des Lifestyle, wenn Sie so wollen, einzuführen. In diesem Jahr hat Tod’s seine erste Boutique in Wien eröffnet, Hat es etwas auf sich mit der festgesetzten Anzahl der 133 was vielen Freunden der Marke sehr gefallen hat. Wie erklären Gumminoppen, die dem Gommino seinen Namen geben? Sie sich diese positive Erwartungshaltung, und wie passt Tod’s Jedenfalls keine besondere Zahlenmystik. Die Anzahl der Gommini zu Wien? ist einfach das Ergebnis vieler technischer Studien, die zur best- Ich denke, wir sind ebenso elegant wie Wien mit seiner grandiosen möglichen Anordnung der Noppen entlang der Sohle geführt Vergangenheit. Darum haben wir auch seit vielen Jahren nach haben. Eine tiefere Bedeutung muss man nicht suchen. einem geeigneten Ort für unseren Store gesucht und am Graben Dieser Schuh war wegen seiner Mischung aus edlen und unedlen endlich auch gefunden. Für mich gehört Wien zu den Städten, in Codes etwas völlig Neues: Muss man, um erfolgreich zu sein, den denen die Bedeutung von Tod’s und der Begriff von Luxus, für den Mut haben, mit Regeln zu brechen? wir stehen, am besten zur Geltung kommt – ebenso wie etwa in Natürlich geht es auch darum, ja: Man muss innovativ sein und sich Mailand, Paris oder London. etwas trauen, in der Mode wie in allen anderen Branchen. Es reicht Ende der Siebzigerjahre haben Sie sich für die Neugründung der aber nicht aus, etwas Neues zu machen, wenn dafür kein Bedürfnis Firma, die aus dem von Ihrem Großvater gegründeten Unter- besteht. Das ist ebenfalls ganz essenziell. Nur eine neue Form zu nehmen hervorgegangen ist, die Eleganz der Italiener als Leit- finden für etwas eigentlich Unnotwendiges, das reicht nicht aus. motiv auserkoren. Was war Ihr Hintergedanke? Heute weniger denn je. Eher als um die italienische Eleganz habe ich auf unsere Lebensart In einem von der Tod’s-Kommunikationsabteilung ausge- gesetzt, den sogenannten Italian Lifestyle. Nehmen Sie nur das sandten Dokument über die Unternehmensphilosophie sind Beispiel eines einfachen Gerichts, nämlich eines Schlagworte wie Authentizität, Qualität, Hand- Tellers Spaghetti: Wenn sie gut gemacht sind, wie werkskunst oder Luxus zu finden. Erreicht man mit nur wir Italiener uns darauf verstehen, sind sie „Sportlichkeit solchen Begriffen auch die von der Luxusindustrie unvergleichlich köstlich, und dabei doch ganz so stark umworbene junge Generation? einfach. Ebenso wie ein kleines Landhaus in den auf einen Die Sprache ändert sich vielleicht, aber das, worum Hügeln der Toscana wunderschön sein kann, ohne es geht, ist im Kern noch immer dasselbe und wird besonders raffiniert ausgestattet zu sein. Das alles Nenner mit weiterhin geschätzt. Die Herausforderung besteht gehört für mich zu unserem Vermögen, uns das für Unternehmen wie das unsere darin, auf die Leben zu verschönern – ohne dabei unbedingt in urbaner Eleganz jeweils passende Weise zu vermitteln, wofür wir jeder Situation elegant zu sein. Es heißt, dass Ihnen dieser Einfall während eines bringen.“ stehen. Die jungen Leute suchen heute nach Orien- tierung und finden diese bei Marken, die sie mit Aufenthalts in den Vereinigten Staaten einer klaren Aussage, gestützt von einer langen gekommen sei. Tradition, abholen. Wir müssen es schaffen, sie mit Das hat sich so als Legende etabliert – ich würde eher sagen, was dem richtigen Storytelling zu erreichen. ich in den USA verstanden habe, ist die Bedeutung der Wochen- Also auch die jungen Leute, die zur Gänze im digitalen Zeitalter endkultur für das moderne Leben. In Italien war es lange Zeit groß geworden sind. üblich, sich am Wochenende besonders schön anzuziehen, weil Selbstverständlich. Gerade die digitale Welt bietet ja eine Vielzahl man sich da auf der Piazza der Städte zeigte und unter die Leute an Möglichkeiten, Geschichten zu erzählen, auf verschiedensten ging. In den USA war es genau anders herum, das Wochenende war Kanälen. Von YouTube bis Instagram finde ich ja nichts anderes, die Zeit für einen „casual look“, für das Bequeme und Entspannte. jedes einzelne Foto im Internet soll eine Geschichte erzählen. Um Darum habe ich versucht, das Sportliche auf einen Nenner mit uns Gehör zu verschaffen, müssen wir heute wie einst die einer urbanen Eleganz zu bringen und so etwas Neues zu schaffen. passenden Botschafter finden. Früher waren das Gianni Agnelli Wenn das Sportliche nämlich nicht elegant ist, wird es zur oder Lady Di, heute sind es eben andere Persönlichkeiten. Tragödie. Ist die heutige Bedeutung von Luxus noch dieselbe wie vor ein, Hat Ihr Vater von Anfang an verstanden, was Sie mit dem Unter- zwei, drei Jahrzehnten? nehmen vorhatten? Luxus ist heute viel weniger statisch als in der Vergangenheit. Eigentlich wollte mein Vater, dass ich einen anderen Beruf ausübe, Früher haben edle Materialien, gute Verarbeitung, stilvolle Anmu- etwas Ordentliches lerne. Darum hat er mich losgeschickt zum tung die Menschen länger zufriedengestellt und eindeutig etwas » Schaufenster 23
My Gommino. Das „My Gommino“-Pro- jekt erlaubt es Kunden, das bekannte Schuhmodell in einem Online-Tool nach eigenen Wünschen zu adaptieren. ein anderes das Prestige und die Geschichte von Italien repräsen- Kunstvoll. Im Hauptquartier von Tod’s tiert, ein persönliches Anliegen. sind vielerorts Kunstwerke aus Diego Ein politisches Amt in Italien streben Sie jedoch nicht an? Della Valles Sammlung zu sehen. Hier eine Installation von Jacob Hashimoto. Nicht im Rahmen der Parteipolitik. Wenn ich Politik als etwas begreife, das ich für andere tun kann, dann bin ich schon politisch aktiv, und das ist für mich ausreichend. » Luxuriöses bedeutet. Heute erwarten sich die Kunden auch im Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass der österreichische Luxussegment schnelleren Wechsel, mehr Abwechslung. Ein Designer Arthur Arbesser Kreativchef von Fay, einer weiteren weiterer Aspekt, den man nicht außer Acht lassen darf: Luxuspro- Marke der Tod’s-Gruppe, wird. Tod’s selbst hat aktuell keinen dukte sollen außerdem komfortabel sein, angenehm zu tragen Chefdesigner, dessen Name kommuniziert wird. Weil die Marke oder zu handhaben. Luxus ist heute nicht mehr steif und formell, nicht zu stark im Modesegment positioniert werden soll? und gerade wir haben das schon sehr früh erkannt und zu propa- Was Fay und Arthur Arbesser betrifft, so freue ich mich, dass er für gieren begonnen. Es geht bei der gehobenen Lebensart darum, sich die Tod’s-Gruppe arbeitet, weil ihm ein sehr guter Ruf vorauseilt ein schönes Leben, eine „vita leggera“ zu machen. und ich mich freue, ihn kennenzulernen. Wenn Sie so wollen, ist Tod’s eröffnet Ende des Jahres eine neue Produktionsstätte in das nach der Eröffnung unserer Boutique in Wien eine weitere Arquata del Tronto in der vom schweren Erdbeben in Mittelita- Facette der österreichisch-italienischen Freundschaft. Bei Tod’s lien 2016 schwer getroffenen Region: Begreifen Sie Ihre Rolle als sind wir sehr zufrieden mit der aktuellen Situation und mit der Unternehmer auch als eine Verantwortung, die Gesellschaft Arbeit des vorhandenen Teams, die zu ausgezeichneten Ergeb- Ihres Landes zu unterstützen? nissen führt und die DNA der Marke respektiert. Auch künftig Ich bin in einer Familie groß geworden, in der einige wenige Werte werden wir jedoch vereinzelt Kapselkollektionen mit Gastdesig- besonders hochgehalten wurden. Dazu gehörte auch nern umsetzen. So stellen wir jene Kunden die Selbstverständlichkeit, den Menschen, die uns zufrieden, die Produkte mit limitiertem Charakter umgeben, wann und wie immer möglich zur Hand zu „Luxus ist sammeln. gehen. Es handelt sich dabei mitnichten um etwas Reizt Sie der Gedanke, eines Tages das Archiv von Heroisches, sondern derjenige, der geben kann, heute nicht Tod’s in einem eigenen Museum der Öffentlichkeit profitiert von einem Akt der Großzügigkeit ebenso zugänglich zu machen? wie jener, der ihn empfängt. Je mehr wir sind, die so mehr steif Das Wesentliche ist, dass wir ein umfassendes Archiv denken und handeln, desto eher gelingt es uns, dem besitzen und in unserem Hauptquartier verwahren. Land und seinen Menschen weiterzuhelfen – in prak- und Außerdem zeigen wir zahlreiche Kunstwerke, die im tischer Hinsicht ebenso wie als ein Signal der Ermun- Lauf der Jahre entstanden sind, in den Gängen terung für die Jugend ebenso wie für die ältere Gene- formell.“ dieses Gebäudes. Für Schülergruppen und ausge- ration. Das gehört für mich zur Kultur eines Unter- wählte Besucher sind diese Exponate auch zugäng- nehmens, und ich erinnere mich noch gut daran, dass in der lich, in einem tatsächlichen Museum sehe ich mir bis auf Weiteres Vergangenheit diese Art zu handeln eine Selbstverständlichkeit lieber Werke von Picasso oder Michelangelo an. war. Früher gab es vielleicht weniger Reichtum im Land, aber mehr Wird die Geschichte des Unternehmens weiterhin mit der Großzügigkeit. Abgesehen davon gibt es immer noch viele Unter- Geschichte der Familie Della Valle verknüpft bleiben? nehmer, die so denken wie ich und ihr Möglichstes tun. Ich hoffe doch, ja. Früher oder später werden die Jungen, die Dasselbe betrifft Ihr Engagement für das kulturelle Erbe von nächste Generation, mit Hand anlegen. Für meinen Bruder Andrea Italien, etwa die Restaurierung des Kolosseums in Rom. und mich bedeutet das unglücklicherweise, dass wir uns noch Fotos: Beigestellt Das ist ein weiterer Aspekt derselben Auffassung, ja. Ebenso wie gedulden müssen, ehe wir uns zurückziehen können. Ich scherze die Unterstützung von Menschen in einer vom Erdbeben zerstörten natürlich, aber ich bin zuversichtlich, dass das Unternehmen auch Gegend ist mir die Instandsetzung eines Monuments, das wie kaum künftig in der Hand unserer Familie bleiben wird. s 24 Schaufenster
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Catwalk. Die Tostmann-Dirndl auf großer Modebühne in Paris. Pariser aufdirndln Vivienne Westwood und die Trachtenmanufaktur Tostmann machen gemeinsame Sache und setzen damit auch ein Statement gegen Fast Fashion. Text: Christina Lechner U ganda, Fleur, Music, Naomi, Donatella, Fünf Dirndl wurden für die Show, die während der Pari- Riana. So heißen die Kleider der neuen ser Modewoche präsentiert wurde, in der Schneiderei im Kollektion von Andreas Kronthaler for oberösterreichischen Seewalchen angefertigt. 60 Vivienne Westwood. Hinter dem, was Arbeitsstunden flossen in jedes der Einzelstücke, neben wie eine spontane Zusammenwürfelung dem Westwood-Label findet sich auch jenes aus dem von Ländern und Namen klingt, verber- Hause Tostmann eingenäht. Die Tostmann x Westwood- gen sich tatsächlich Kühe. Denn das Designer-Ehepaar Kollektion kommt auch in die Läden, allerdings nur in Andreas Kronthaler und „Queen of Punk“ Vivienne West- ganz kleiner Stückzahl, denn auch diese werden direkt wood hat sich von Österreich, der Heimat Kronthalers, bei Tostmann hergestellt. inspirieren lassen. Bei einem Urlaub kamen die beiden auch in den Genuss, Kälber auf die Welt bringen zu dür- Impuls und Statement. Anna Tostmann-Grosser selbst fen. Nicht von ungefähr heißt eines davon jetzt Vivienne. konnte die Früchte der Arbeit in Paris bei der Show begut- achten: „Es war sehr aufregend und alles ging unglaublich Heimatverbunden. Der Österreich-Bezug ist jedoch vor schnell. Und dann backstage unsere Dirndl in den West- allem in textiler Hinsicht erkennbar. Das Designer-Duo wood-Kleidersäcken zu sehen, war zusätzlich ein Erleb- hat mit der Traditionstrachtenmanufaktur Tostmann nis.“ Sie selbst erschien natürlich im Dirndl und fiel damit zusammengearbeitet. Mit Gexi Tostmann und deren wohl mehr auf als in der neuen Vetements-Kollektion. „Im Tochter Anna, die mittlerweile die Geschäfte übernom- Dirndl fühle ich mich sicher und trotzdem habe ich Kom- men hat, verbindet sie seit 2010, als Westwood und plimente bekommen“, so Tostmann-Grosser. Auf die fünf Kronthaler mit dem Emilie Flöge Preis als „Botschafter Modelle ist sie besonders stolz: „Es geht ja nicht um eine der Tracht“ ausgezeichnet wurden, eine Freundschaft. Ausstattung eines Trachtenvereins. Aber es ist auch nicht Nun trug diese auch erstmals auf dem Laufsteg Früchte. zu extrem, wenn man die Dirndl ohne die Accessoires „Die beiden waren bei uns im Stofflager und im Archiv anschaut, dann sind sie eigentlich sehr klassisch.“ Bei und haben sich davon und von den Erfahrungen meiner einer einmaligen Zusammenarbeit soll es nicht bleiben, Mutter inspirieren lassen“, so Anna Tostmann-Grosser. Handarbeit. Auch vielmehr soll es sich um eine fortlaufende Kooperation Die Chemie stimmte bei der Zusammenarbeit, alles das Tostmann- handeln. „Es ist sicher ein Impuls für die Tracht, aber Fotos: Beigestellt wurde gemeinsam erarbeitet. „Sie sind sehr detailver- Label findet man mehr noch ein Statement. ‚Kaufen Sie weniger, kaufen Sie liebt im positiven Sinne, aber haben uns freie Hand in den handgefer- mit Bedacht‘ hat Westwood selbst gesagt. Und das ist auch gelassen.“ tigten Dirndln. die Philosophie, die wir verfolgen.“ s 26 Schaufenster
WIR SEHEN UNS BEI DER DESIGN 2017 Im MAK Wien erwartet die Besucher auf 2700 m2 Ausstellungsfläche eine inspirierende Designschau. Neuartige Einrichtungsideen animieren zum Angreifen, Spüren und Ausprobieren. DIEPRESSE .COM/DESIGN17
Rem Koolhaas – M. Vriesen- Bruce Nauman. Yayoi Kusama. dorp. Welfare Palace Hotel Human/Need/ Accumulation Project, New York, 1976. Desire, 1983. No. 1, 1962. Cindy Sherman. Untitled Film Still #21, 1978 D ie Wartenden in der Schlange im „Bois de Boulogne“-Park in Paris haben es eindeutig netter als die, die sich 2004 um die Neue Nationalgalerie in Berlin wanden. Dort sorgte die Ausstel- Paul Signac. Porträt des M. lung „MoMA in Berlin“ für einen Rekord: 1,2 Félix Féneon, 1890, gestiftet Millionen Besucher machten sie auf zu 1991 von den Rockefellers. einer der bestbesuchten Ausstellungen in Deutschland überhaupt. Über zehn Jahre später jetzt also Paris: „Being Modern: MoMA in Paris“ wurde die Ausstellung getauft, die über 200 Hauptwerke des legendären Moderne-Museums teils erst- mals hierher bringt. Hierher heißt nicht ins Grand Palais oder ein anderes gewichtiges MoMA in Paris: staatliches Museum – sondern in die im Grünen liegende Juwelen-Box eines der Labor der Moderne größten privaten Kunstsammler der Welt: Bernard Arnault, dem Vorstandsvorsit- zenden des französischen Luxusartikel- konzerns Moët Hennessy Louis Vuitton Fotos: Fondation Louis Vuitton In der Fondation Louis Vuitton stellt das New Yorker (LVHM). Daher auch der Name, Fondation Louis Vuitton, Beiname: das Glasschiff. Moderne-Museum seine Sammlung neu auf. Ein Testbericht. Denn die Signature-Architektur stammt, leicht erkennbar, von US-Architekt Frank Text: Almuth Spiegler Gehry, berühmt für den Bau des Museums 28 Schaufenster
eines anderen US-Kunst-Giganten – des retten, wie Malewitschs „Weiß auf Weiß“, Guggenheim Bilbao. das er 1935 als abgespannte Leinwand um Jetzt kommt also auch einmal die Samm- seinen Regenschirm wickelte und durch lung des MoMA in den Genuss dieser den Zoll brachte. Jetzt hängt es hier, in verspielten postmodernen Verschachte- Paris. In der Nähe das erste Gemälde, das lung, die ganz im Gegensatz steht zum vom MoMA, das heute 150.000 Werke in schlichten 1930er-Jahre-Bau in Midtown der Sammlung hat, angekauft wurde: Manhattan, dem ersten „modernen“ Edward Hoppers „House by the Railroad“ Museumsbau von Stone/Goodwin, der (1925), ein einsames, vergessen wirkendes immer wieder erweitert und umgebaut Geisterhaus. Sehr amerikanisch. Das sollte wurde, u. a. von Philip Johnson. Jetzt diese Sammlung auch sein, auch wenn Barr wieder, von Diller/Scoffidio, Eröffnung der die europäischen Wurzeln betonte, schon neuen Galerien soll erst 2019 sein. Was in der ersten Ausstellung, die Cezanne, auch als äußerer Anlass dieses Pariser Gauguin, Seurat, Van Gogh gewidmet war. Gastspiels angegeben wird. Nicht, dass in „Being modern“ heißt aber nicht nur, über New York gerade kein Platz für die Werke den nationalen Tellerrand zu schauen, wäre, wegen Umbau geschlossen gar, das sondern beinhaltete im Fall des MoMA kann man sich hier nicht leisten. „Being auch vieles, was die Kunstwelt heute modern“ ist eher als Versuchsballon für ausmacht: Sie ist flexibel, örtlich und finan- den neuen Geist gedacht, mit dem das ziell und personell. Schon kurz nach der MoMA seine Sammlungen in Zukunft MoMA-Gründung etwa wurde ein Freun- präsentieren will, erklärt Kurator Quentin desverein für junge Sammler gegründet. Bajac, Fotografiespezialist des Museums. Immer war man abhängig und beschenkt Es ist aber auch Zeichen für die mediale von Mäzenen, vom US-Philanthropentum. und kulturelle Öffnung des MoMA: Man Fast logisch, dass das Gastspiel im Haus will, so Bajac, in den neuen Galerien nicht eines europäischen Pendants stattfindet, nicht in einer staatlichen Einrichtung. Herrlich, wie hier vor allem im Unterge- Das MoMA sammelte, schoss das Konzept aufgeht, zu zeigen, wie die verschiedenen Medien miteinander was modern ist: Vom funktionieren: Hier läuft der erste Mickey- Mickey-Mouse-Film bis Mouse-Streifen. Dort hängt eine Fotoserie von Walker Evans. Da der erste Klimt, der Jackson Pollock. in eine US-Museumssammlung kam, gestiftet von Ronald Lauder und Serge Sabarsky, „Die Hoffnung“. Da der Abstrakte mehr nur nach Gattungen präsentieren, Expressionismus mit Mark Rothko und also unterteilt nach Gemälden, Design, Jackson Pollock. Hier eine Schiffsschraube. Fotografie, Architektur etc., sondern Und ein Abriss der Geschichte aus Archiv mischen. Nicht immer, nicht zwanghaft, und Bibliothek. Das Konzept verschwimmt, aber doch. In der Fondation Louis Vuitton je näher man sich Richtung Gegenwart funktioniert das ziemlich gut. Das ganze bewegt, weil auch die Gattungen an sich Gebäude durfte er ausfüllen mit seiner nicht mehr trennbar sind heute. Wir Ausstellungs-Idee, die erkennbar macht, enden, nach dem Abschreiten der Warhol- dass gerade in der Geschichte dieses schen Suppendosen, dem Filzanzug von US-Flaggschiffs der Moderne das Konzept Joseph Beuys, einer Fender-Gitarre, der Überschreitung von Kulturgrenzen Gerhard Richters Bild des Anschlags von und Genregrenzen schon von Beginn an 9/11 in einem Raum voll großer Lichte und angelegt war. „Being Modern“ eben. Höhe, ganz oben: Hier stehen die 40 Laut- sprecher, mit denen Janet Cardiff ein Großartig: Alfred Barr. An so einem Beginn Renaissance-Chorstück „begehbar“ macht. konnten nur drei Frauen stehen: Lillie P. Schon ein Gipfeltreffen der modernen Bliss, Abby Aldrich Rockefeller und Mary Kunst und ihrer Mächte hier. Im Bois de Quinn Sullivan. Was folgte, nachdem 1929 Boulogne, wo sich einst die Impressio- in gemieteten Räumen, ohne Sammlung, nisten trafen, um die hier flanierende, dafür mit einem großartigen Direktor, picknickende, sich vergnügende Freizeit- Alfred Barr, das „Museum of Modern Art“ gesellschaft zu malen. Um damit zu eröffnet wurde, ist legendär und bestimmt beginnen, modern zu sein. s den Kanon von dem, was wir heute als „modern“ wahrnehmen: Erst einmal natür- Tipp lich die Kunst, die Barr zu sammeln Being Modern: Das MoMA in Paris, in der Fondati- begann, der sogar selbst Bilder aus Nazi- on Louis Vuitton, bis 5. März. Deutschland herausschmuggelte, um sie zu www.fondationlouisvuitton.fr SPIEGELGASSE 5, 1010 WIEN TEL. 01 513 22 84 SKREIN.AT
Mehrschichtig. Tänzer, Jongleur, Performer: Arne Mannott und der „Neue Zirkus“. Hochfliegende Ideen Der „Neue Zirkus“ balanciert zwischen den Künsten: Performer wie Arne Mannott bewegen dabei nicht nur Bälle und sich selbst, sondern auch das Publikum. Text: Norbert Philipp Porträt: Carolina Frank 30 Schaufenster
D ie Oper? Die steht selbstbewusst am Euro aus. Doch eine der dringendsten Ressourcen Ring. Die Bildende Kunst, die hat bleiben die Räume: Jene, in denen, die Künstler nicht nur gleich mehrere Häuser. Sogar der ihren Visionen und Ideen genügend Luftraum geben, Tanz hat ein Quartier in Wien. Der sondern auch ihren Keulen, Jonglierbälle und Trainings- Zirkus jedoch, den vermutet man partnern. In der künstlerischen Ausbildung genauso wie bestenfalls temporär in Zelten. Raum, in der Performance. Länder wie Frankreich oder Finn- an dem er sich langfristig verorten land, erzählt Mannott, hätten da ganz andere Förder- könnte, gönnt ihm der Kunst- und Kulturbetrieb noch und Ausbildungstraditionen. kaum. Seine Heimat sind eher die Menschen, die ihn leidenschaftlich pflegen. Vor allem auch als Kunstform: Tänzerisch. Und auch die Wahrnehmung hat eine Tradi- als „Neuer Zirkus“ oder „Zeitgenössischer Zirkus“. Unter tion – der Zirkus, da war doch was: effektvolle Unterhal- der Wahrnehmungsschwelle des konventionellen tung, die Staunen machen wollte. Simple Dramaturgien, Kulturbetriebs hat sich längst eine Szene in Österreich die auf Netzhaut-Rezeptoren und alle anderen Sinne formiert, vernetzt und selbstbewusst aufgestellt. Eine gleichzeitig eintrommeln. Helden- oder Versager-Ge- Community, die sich austauscht, gegenseitig stützt, die schichten, die man emotional aufgeladen aus der Manege improvisiert, weil es an Ressourcen und Infra- mitnehmen konnte. Der „Neue Zirkus“ schürft struktur mangelt, an Räumen und Geldern. So Der Neue Zirkus da künstlerisch deutlich tiefer. Er spannt seine suchen sich die Künstler ihre Ventile und Drahtseilakte auch ganz anders auf: als teils Nischen im Kulturbetrieb selbst, aus denen sie lässt die Künstler experimentelle Verknüpfungen unterschied- oft unvermutet in die Aufmerksamkeit des lichster Kunstrichtungen. Videoprojektionen, Publikums und oft tief in ihr Herz platzen zwischen den Singer-Songwriting, Tanz, Theater – neu konno- dürfen. Vor allem, weil die breite Öffentlichkeit tiert per zirzensischer Ausdrucksform. „Es sind ihr Bild vom Zirkus gerne aus der Klischee- Genres balancieren. Leute, die klassische artistische Formen, wie Lade herauskramt, zwischen gezwirbelten Akrobatik, Jonglage oder Clownerie mit Dingen Bärten, geschmückten Ponys, stereotypen Geschlechter- aus anderen Kunstsparten verbinden“, sagt Mannott. So rollen, Trommeln, die uniformierte Trommler wirbeln wie er selbst die Jonglage mit dem Tanz. Am 26. Oktober lassen. hat sein neues Stück Premiere, das er gemeinsam mit Auf konkrete Orte, an denen der „Neue Zirkus“ seine Elina Lautamäki performt, im Tanzhotel in der Wiener Kunst zeigen darf, hofft die Kunstform genauso wie auf Zirkusgasse, im zweiten Bezirk. „Fallhöhe“ heißt es, ein einen der vorderen Plätze im Bewusstsein der Kultur-Re- Zirkusstück, das absurd und poetisch zugleich ist. s zipienten. Auf unterschiedlichsten Off-Bühnen, in unerwarteten Kontexten und auch großen Festivals, zeigen die zirzensischen Ausdrucksformen, wie man sie zeitgenössisch auch mit tiefgängigen Inhalten füllt. Arrangiert zu Dramaturgien, die inzwischen auch gerne mal einen Abend lang dauern dürfen. Da tragen Artisten in Balanceakten ganze Geschichte mit, stolpern Clowns absichtlich in poetischen Subtext, wirbeln Jongleure Botschaften herum und halten Tänzer gleichzeitig künst- lerische Inhalte in Bewegung. Überzeugungsarbeit. Arne Mannott tanzt und jongliert. Gerne auch gleichzeitig. Das eine mit dem anderen zu verbinden, das ist er auch in der Community bemüht: zu vernetzen, zu beraten. Und vor allem auch den „Neuen Zirkus“ sichtbar zu machen: Auch wenn es erst mal nur Salzburg, Zirkusstadt ein Fahnderl ist auf der virtuellen Landkarte Österreichs, auf der Plattform www.zirkusinfo.at. Auch inhaltlich verortet Winterfest. Während viele Städte den deutschsprachigen Raum, lädt internatio- hat Mannott die Szene, zumindest über den Verein Krea- Zauber des Dezembers vorwiegend dem nale Compagnien nach Österreich. So tivkultur, den er gemeinsam mit Elena Kreusch Advent zuschreiben, hält sich Salzburg erschließen sich dem Publikum ganz neue gegründet hat. Bei Mannott gehören nicht nur Tanz- und auch an die Kunstform des „Neuen Facetten einer traditionellen Darstel- Jonglage-Training zum Alltag, sondern auch die Erledi- Zirkus“. Seit über einem Jahrzehnt versu- lungsform: artistisch-poetische Darbie- gung der Basisarbeit: „Menschen davon zu überzeugen, chen auch Zirkuszelte eine besondere tungen, die diesmal Flip Fabrique aus dass ‚Neuer Zirkus‘ eine Kunstform ist“. Magie zu fassen, im Salzburger Volks- Kanada, Cie XY aus Frankreich, Claudio Die kleine österreichische Szene verfestigt eine im garten: Das „Winterfest“, diesmal von 28. Stellato aus Belgien und Baccalà Clown Kunstbetrieb außergewöhnliche innere Solidarität. „Es 11. 2017 bis 7. 1. 2018 als erstes und größtes aus der Schweiz inszenieren. Mehr Infor- gibt einen regen Austausch. Die Leute sind ja gewohnt, Festival für den „Nouveau Cirque“ im mationen unter: www.winterfest.at improvisieren zu müssen, sie helfen sich gegenseitig, lernen voneinander“, erzählt Mannott. Auch die IG Tipp Kultur setzt sich seit längerem dafür ein, dass der „Neue „Fallhöhe“. Ein Zirkusstück von Elina Lautamäki und Arne Mannott, von 26. bis 28. 10. im Foto: Beigestellt Zirkus“, auch von der öffentlichen Hand finanziell ernst Tanz*Hotel, Zirkusgasse 25, 1020 Wien. Mehr „Neuer Zirkus“: Companie Nie von 30. 11. bis genommen wird. Inzwischen schüttete das Bundeskanz- 2. 12. im Theater Olé, 10. 12. im Schubert Theater; Fenfire am 21. 10. in der VHS Großjed- leramt zumindest eine Förderung in Höhe von 200.000 lersdorf, von 2. bis 4. 11. im Kristallwerk Graz. Schaufenster 31
DESIGN Stilfigur von Norbert Philipp V or lauter schön: Man weiß ja gar nicht mehr richtig, wie man „schirch“ schreibt. Oder „schiach“. Das Gläsernes Zeitalter. Die Liebe zum Glas, sie ist vererbbar. Lob- meyr pflegt sie schon in der sechsten Generation. Und teilt die Zuneigung auch gerne mit zeitgenössischen Gestaltern. Von Ste- passiert, wenn man sich hauptsächlich fan Sagmeister bis Formafantasma. Diese wiederum referieren mit den schönen Dingen beschäftigt zum Teil mit ihren Entwürfen zurück in die Gestaltungsvergangen- (siehe rechts). Dabei ist die gestalteri- heit eines Adolf Loos oder Oswald Haerdtl. „Lobmeyr Contempora- sche Ausgangslage des Menschen ry – Entwürfe seit 2000“: ein Buch, das zusammenfasst, wie man manchmal doch recht schiach. Zumin- mit Glas gestalterisch, kreativ und zeitgenössisch umgehen kann. dest wenn es die Menschen selbst ver- antworten (Siehe Stadtperipherie. Siehe Wohnhausanlage). Wenn es nicht gerade der „Universal Designer“ à la Schöpfung erledigt hat, indem er Bäume, Wasser, Berge anmutig verteilt Im Blickfeld hat auf dem Planeten. „Schiach“ ist scheinbar für alle gut genug. „Schön“ dagegen ist exklusiv. Für alle, die sich’s leisten können. Wie gemein. Fand auch schon der Architekt Josef Frank. Der sagte: „Schönheit ist für alle.“ Und Reste dieser Ansicht zeigen sich sogar noch in Wien. Unter der Stadtbahn- Brücke Otto Wagners durchgehen. Kos- tet nix. Am Lüftungsrohr im grandio- sen Kassensaal in der Postsparkasse stehen, das ist bald zu schön, um für alle wahr zu sein. Diese Schönheit muss man sich erkaufen, so will es der Besitzer. Wenn er nicht doch dort ein Architekturmuseum einrichten lässt. Wien. „Future Undone. Über die Zukunft des Schnittpunkte und Konflikte zwischen Mu- So wie es der Eigentümer eines Josef- Museums und das Museum der Zukunft.“ Eine seen und Gesellschaft an. Das Museum als Frank Juwels in Hietzing vorzuhaben Ausstellung, die über das Ausstellen nach- Wissensspeicher, Erinnerungsort, Utopie, Pro- scheint. Die Villa Beer soll zum denkt. Noch dazu in einer Stadt voller Museen. test, Vision – all diese Wesenszüge greifen Fotos: Beigestellt Museum werden, hört man. Für alle. Das Projekt des ecm-Masterlehrgangs für rund 50 Objekte in der Ausstellung auf. Bis So wie es Josef Frank wohl gewollt Ausstellungstheorie und -praxis an der Uni- 29. 10. im Angewandte Innovation Laboratory, hätte. s versität für angewandte Kunst nimmt sich der Franz-Josefs-Kai 3, 1010 Wien. 32 Schaufenster
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Grafisch. Kim Thomé stammt aus F Norwegen, arbeitet in East-London. estlegen? Schon gar nicht sich selbst. Mal ein Unikat für eine Designgalerie, mal eine grafisch-skulpturale Installation an einer Hauswand, die als urbaner Katalysator ein Londoner Stadtviertel aufwerten soll. Oder auch mal Wohn-Accessoires, die auch – zumindest in kleinere – Serie gehen. Kim Thomé hält sich gern sein Designuniversum offen – das Festlegen, das machen die anderen ganz von selbst, die Designblog-Leser, die Schauraum-Schauer, die Katalog- Blätterer. Schließlich will man doch Verbindungen herstellen zwischen den Dingen, Ähnlichkeiten erkennen, Analogien ziehen. Auch für Kim Thomé ließe sich so eine typische gestalte- rische Merkmalshäufung feststellen. Obwohl er es selbst gar nicht darauf anlegt, für irgendwas typisch zu sein. Der Norweger, gestalterisch sozialisiert in England, Räumliche bedient, ohne es zu wollen, die Rubrik „Skandinavisch“. Denn wo sich bunte Dreiecke und andere geometrische Figuren zu Mustern aneinander reihen, da vermutet man Tiefe gern Urheber aus dem Norden. Bei Kim Thomé liegt die Ursache vielleicht eher darin, dass Grafikdesign fast auch seine Disziplin geworden wäre, wie er im Gespräch mit dem „Schaufenster“ erzählt. Doch irgendwie war ihm das Licht, Farbe und Reflexion: Kim Thomé formt Zweidimensionale dann doch zu flach. Er suchte die körperhaften Geometrien, dreidimensio- Swarovski-Kristall zu Wohn-Accessoires. nale Dinge, Produkte oder Volumina, die gerne auch mal Fotos: Beigestellt 18 Meter hoch ragen dürfen – wie die imposante Installa- Text: Norbert Philipp tion, die er für Swarowski im Jahr 2015 beim London Design Festival verwirklichen durfte. „Zotem“ heißt das 34 Schaufenster
Projekt, das später auch nach Shanghai weiter Installation. Die Skulptur „Zotem“ tingelte. Eine lichtdynamische Installation, angefer- ragte 18 Meter tigt aus 206 Kristallen. Doch aller Anfang ist flach: „Natür- hoch in den Raum. lich beginnt auch im Design alles im flachen Zustand. Mit einer Zeichnung. Aber eigentlich bin ich auch ein recht schlechter Zeichner. Bei mir entstehen die Entwürfe mit den Händen in ‚real-time‘ quasi“, erzählt Thomé. Auf dem Royal College of Art in London, dort wollte er auch lernen, den künstlerischen Maßstabssprung zu beherr- schen, inspiriert von Kunst-Kapazundern wie Olafur Eliassion oder James Turell. Inzwischen hüpft Thomé hochprofessionell zwischen kleineren, selbstauferlegten Projekten und großen Herausforderungen für große Hersteller hin und her. Nadja Swarovski stolperte über die Design-Ästhetik des Norwegers in London, fädelte erste Projekte ein. Das Swarovski-Material, Kristall, wie gemacht für Thomés Zugang. Schließlich ist Kristall ein Alle geometrischen Körper beginnen auch mal flach: als Zeichnung. eigener Mikrokosmos der Lichtbrechung, Illusion und Kerzenhalter. beigetragen. Für die Kristall-Wohnaccessoires legte Reflexion. Themen, mit denen sich der Norweger seit „Plinth“ aus der Thomé wieder einen verdächtig skandinavischen jeher gerne in seinen Entwürfen beschäftigte. Atelier Swarovski Zugang: Schließlich gehört Licht zur Standarddisziplin Nur ein paar Zentimeter über der Oberfläche, egal ob Home Collection. nordischer Designer. Vor allem auch jene Objekte, die Coffee-Table oder Konsolen-Tisch, erheben sich die klei- Licht fassen, das in bereits dunkle Winternachmittage neren Objekte, die Thomé für Swarovski gestaltet hat. flackern darf, das Kerzenlicht. „Plinth“ heißen die Für die Atelier Swarovski Home Kollektion, die Nadja Kerzenhalter, die rostfreien Stahl als Basis, mit buntem Swarovski erstmals 2016 in Mailand präsentierte. Thomé Kristallring verbinden. Um nicht dem Licht allein den ist dabei in prominenter Gestalter-Gesellschaft. Auch atmosphärischen Beitrag zur Wohnästhetik zu über- Daniel Libeskind und Ron Arad etwa haben Entwürfe lassen. s S O FA BAND JETZT IN A K T IO N Wien: Rudolfsplatz 13a, Tiefe: 95 cm, Armlehnen schmal, Beine schwarz, Stoff: Grace oder Melange, Heinrichsgasse 4, 01-533 23 62 Bezug abnehmbar Graz: Stubenberggasse 2, 0316-837 956 Breite: 215 cm, statt 2.838 EUR jetzt 2.290 EUR scandinavian-design-house.at Breite: 175/95 cm + Recamiere 89/155 cm*, statt 4.344 EUR jetzt 3.490 EUR Nur bis 31.10.2017. *Auch spiegelverkehrt möglich!
TECHNO Wenn es draußen kalt und düster wird, ist die ideale Zeit, sich den Luxus eines Kinos daheim zu gönnen Text: Andreas Tanzer Lautstark. Die Lautsprecher-Serie Platinum+ von Quadral punktet mit weitem Frequenzhang und großer Dy- namik. Die größte Standbox Platinum + nine kostet 5000 Euro (Paarpreis). Wandbild. Der ultraflache LG OLED W (für Wallpaper) sorgte zu Jahresbeginn für Aufsehen. Seit Sommer ist auch die 77 Zoll-Variante verfügbar. Preis: 20.000 Euro (65 Zoll für 8000 Euro) Kraftpaket. Das neue AV-Flaggschiff von Marantz, der SR812 ist der erste Heimkino-Receiver der Japaner mit 11.2-Kanälen und mit 205 Watt pro Ka- nal der kraftvollste. Preis: 3000 Euro Lichtblick. Der BenQ LK970 vereint Aufgabenteilung. Der Universalplay- alles, was gut und teuer ist: langlebi- er CXUHD 4K UHD von Cambridge ge Lasertechnik, 5000 Ansi-Lumen Audio verzichtet auf eigene D/A-Wand- und ein Kontrastverhältnis von ler und verlässt sich auf angeschlosse- 100.000 zu 1. Der Preis: 11.300 Euro. ne TVs und AV-Receiver. 800 Euro. Was kann … . . . der Hisense Laser TV? Bereits im Vorjahr unter den Namen „Laser Cast“ angekündigt, nimmt der Kurzdistanz-Laserbeamer von Hisense nun Gestalt an. Wichtigste Neuerung und vorerst exklusive Innovation ist die Nutzung von zwei Lasern (rot und blau). Dadurch soll ein breites Farbspektrum (95 Prozent von BT. 2020) und ein natürliches Bild gewährleistet werden, das durch HDR noch verbessert wird. Der Laserbeamer wirft aus knapp 20 Zentimetern ein UHD-Bild mit 100 Zoll Diagonale und einer Helligkeit von 3000 Ansi-Lumen. Ein Vorteil der Lasertechnik ist die Langlebigkeit: Er soll 20.000 Stunden hal- ten. Der Hisense Laser TV ist mit TV-Tuner und Smart-TV-Funktionen inklusi- Fotos: Beigestellt ve Streaming-Apps sowie integrierten Lautsprechern ausgestattet und wird mit mattem 100 Projektionsscreen geliefert. Verkaufsstart und Preis sind noch of- fen. Man rechnet mit Anfang 2018 und etwa 10.000 Euro. www.hisense.com 36 Schaufenster
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UHREN Der Tourbillon ist eine der faszinierendsten Komplikationen in der ohnehin schon komplizierten Welt der mechanischen Uhren. Worin besteht sein Geheimnis? Text: Alexander Pfeffer 4. W irbelwind“ heißt Tourbillon übersetzt. Tatsächlich gehört er zu den Mechanis- men, die sich unentwegt bewegen, und von deren Anblick man sich kaum losreißen kann, weil die gemäch- liche Rotation des Ganzen und das Pulsieren der Spiral- feder den Betrachter hypnotisch in den Bann schlägt. Erfunden wurde er 1795 von dem Schweizer Abraham- Louis Breguet in Paris. Die Idee dahinter: Den Gang von Taschenuhren verbessern. Diese wurden senkrecht im Wams getragen, was durch die Schwerkraft eine nega- 1. tive Auswirkung auf deren Unruh und Hemmung hatte; Dieser Fehler könnte vermieden werden, wenn man die gesamte Uhr in der Tasche kontinuierlich drehen würde, so der Gedanke Breguets. Da dies niemandem zuzumu- ten war, überlegte er sich ein System, bei dem ledig- lich die betroffenen Bauteile sich in der Uhr selbst um die eigene Achse drehen. Tatsächlich bringt der Tourbillon bei senkrecht getragenen Uhren eine Verbesserung des Gangs. Breguet selbst war sich der optischen Reize seiner Erfindung bewusst, 2. weshalb er sie bald auch in Uhren einbaute, in denen sie weniger der Zweckmäßigkeit als der Schön- heit dienlich war. Und so ist es bis heute geblieben: in einer Armbanduhr, 5. deren Position sich mit den Bewegungen des Handge- lenks dauernd ändert, ergibt der Tourbillon wenig funktionalen Sinn. Doch die Faszination, die von ihm ausgeht, ist bis heute ungebrochen. s 3. 6. 1. Bell & Ross BR-X2: 2. Montblanc Heritage 3. Breguet Marine 4. A. Lange & Söhne 5. Greubel Forsey Gran- 6. Girard-Perregaux Extrem hartes Saphir- Chronométrie ExoTour- Equation Marchante: Tourbograph Perpetu- de Sonnerie: In dieser Planetarium Tri-Axial: glas und moderne Be- billon Rattrapante: Beinahe immer wird al „Pour le Mérite“: hoch komplizierten Uhr, Was für ein Spektakel; arbeitungsmethoden Dieser Tourbillon besitzt der Tourbillon in einem Dieser Zeitmesser ver- die die Zeit auch akus- eine Weltkugel, die sich machen’s möglich: bei keinen Käfig. Die Unruh kreisrunden Fenster im eint so ziemlich alles, tisch verkündet, bewegt in realer Geschwindig- dieser Uhr scheint das schwingt nicht nur hin Zifferblatt zur Schau ge- was die Manufaktur an sich ein Doppeltourbil- keit dreht, eine handbe- Werk mit seinem flie- und her, sondern voll- stellt. Hier gemeinsam Komplikationen hervor- lon auf zwei gegeneinan- malte Mondphase und Fotos: Beigestellt genden Tourbillon mit führt in einer Minute mit der Kurvenscheibe gebracht hat. Mittig der der geneigten Achsen in ein Tourbillon, das sich dem Gehäusemittelteil auch eine Drehung um für die Zeitgleichungs- mit konstanter Kraft an- unterschiedlichen Ge- in drei Dimensionen be- aus einem Guss zu sein. die eigene Achse. funktion. getriebene Tourbillon. schwindigkeiten. wegt. 38 Schaufenster
Meissl & Schadn. Der Name steht für alles, was die Wiener Küche einst groß und berühmt gemacht hat. Heute ist das nicht anders. Im neuen Meissl & Schadn erfährt daher vor allem die Lieblingsspeise der Österreicher, das echte Wiener Schnitzel, seine Perfektion. Und so ertönt das charakteristische Klopfen, das beim fachgerechten Plattieren entsteht, ab sofort in aller Regelmäßigkeit durch unsere offene Salonküche. Der Österreicher liebste Musik. RESERVIERUNGEN Mo – So 12 – 01, Schuber tring 10 –12, 1010 Vienna +43 1 90 212, www.meisslundschadn.at
GOURMET Rezept Kostnotiz P inke Schokolade, Beete in Res- taurants oder „Zero Waste“-Eis: Nina Mohimi und Dani Terbu, als Zutaten, ergänzt: In immer mehr Restaurants soll man sich als Gast Sprossen oder Kräuter aus Indoor- The Coolinary Society spezialisiert Beeten selbst pflücken. Ein Beispiel auf Beratung für „Business of Food“, für die pinke Phase ist der natürlich haben für uns einen Überblick über rosafarbene Kakao, mit dem Schoko- kulinarische Trends im Social Web ladehersteller Callebaut seit kurzem 2018 zusammengestellt. Wie man für Furore sorgt. Und ein Trend, der sieht: Ohne englische Wörter geht es in Österreich geboren sein könnte, nicht. Auf schaufenster.diepresse.com ist das „Charcuterie Board“, hierzu- erzählen Mohimi und Terbu, was lande besser bekannt als Brettl- etwa auf Instagram demnächst ver- jaus’n. „Das Brett ist Nebensache, stärkt zu sehen sein wird. Da ist von denn man darf es kaum noch Kyoto-Tiramisù „Sprouting“ die Rede, welches das sehen“, notiert The Coolinary ( für 8–10 Portionen) „Foraging“, das Sammeln von wilden Society zu diesem Trend. • 4 Eier, getrennt • 150 g Feinkristallzucker • 300 g Mascarpone • 1 EL Matchapulver, 1 TL zum Bestäuben Trends. Pink Food • 200 ml warmes Wasser und andere kulinari- sche Trends im Soci- • 36 Biskotten al Web 2018: auf • 300 g süße grobe Adzukibohnenpaste schaufenster.diepresse. (tsubu-an, in japanischen Supermärkten) com/home/gourmet • 3 EL Sake Eiweiß schlagen, bis sich weiche Spitzen bil- den. In einer zweiten großen Schüssel Dotter mit Zucker hell aufschlagen. Mascarpone hinzufügen, glatt rühren. Eischnee unterhe- ben. Teepulver in eine mittelgroße Schüssel sieben, nach und nach warmes Wasser unter- Redaktion und Text: Anna Burghardt, Fotos: callebaut, Emma Lee aus „Washoku“, Hädecke Verlag, beigestellt rühren. Hälfte der Biskotten hineintauchen, eine rechteckige Schale (25 cm lang, ca. 2 l Fassungsvermögen) damit auslegen. Die Aufgedeckt Biskotten sollten gut mit Tee vollgesogen sein, aber nicht brechen. Bohnenpaste mit Sake glatt rühren. Die Hälfte davon gleich- mäßig über den Biskotten verteilen. Die Hälfte der Mascarponecreme darauf verstrei- chen. Alles wiederholen. Matcha in ein klei- nes Sieb geben, Tiramisu damit bestäuben. Mit 11 cm Länge ist dieses denn auf rustikalen Tafeln. Messer- Geweih eine wahre Miniatur- bänkchen sind mittlerweile eine fast Alltag. Um japanische ausgabe seines Originals. Es wird in verschwundene Tischkultur-Rarität Alltagsküche geht es hier: der Porzellanmanufaktur Nymphen- und gehören gleichsam unter Natur- Rezepte wie Herzhafter burg gefertigt, aus weißem, naturge- schutz. Eiertofu, Reisbrei mit mäß zart-rauem Biskuitporzellan. Messerbänkchen „Geweih“ aus Krebs und Stängelkohl, Zum Einsatz kommt es als Messer- Biskuitporzellan, von Nymphenburg, je Makrele in Miso. Kimiko bänkchen, wohl eher auf eleganten 115 Euro, www.nymphenburg.com/de Barber: „Washoku“, Hädecke, 32,90 Euro. 40 Schaufenster
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