Prävention von Masern, Mumps und Röteln - Richtlinien und Empfehlungen
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Richtlinien und Empfehlungen Prävention von Masern, Mumps und Röteln Juni 2003 Bundesamt für Gesundheit (BAG), Schweizerische Kommission für Impffragen (SKIF) Das Wichtigste in Kürze Das Ziel des MMR-Präventionspro- hat Masern 1995 eliminiert, der und ein Jugendlicher sind gestor- gramms ist es, die Bevölkerung vor Mumps und Röteln 1996. Notwen- ben, 68 mussten hospitalisiert wer- Masern, Mumps und Röteln und dig dazu ist eine Durchimpfung von den (fünf wegen einer Enzephalitis). deren Komplikationen zu schützen. 95% mit zwei Dosen MMR im In Übereinstimmung mit den Län- Kleinkindesalter. dern Europas und der Weltgesund- Impfung heitsorganisation (WHO) sollen Ma- sern in der Schweiz eliminiert und Epidemiologie Empfohlen sind 2 MMR-Impfungen Mumps und Röteln weitgehendst im Alter von 12 und 15–24 Mona- eingedämmt werden (Mumps: In der Schweiz gab es im Jahr 2001 ten. Zwischen den beiden Dosen
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln Juni 2003 Herausgeber © Bundesamt für Gesundheit (BAG) Aktuelle Version im Internet www.bag.admin.ch/infinfo Weitere Informationen Bundesamt für Gesundheit Direktionsbereich Öffentliche Gesundheit und Empfehlungen Abteilung Übertragbare Krankheiten 3003 Bern Telefon 031 323 87 06 epi@bag.admin.ch Richtlinien Autoren Bundesamt für Gesundheit Direktionsbereich Öffentliche Gesundheit, Abteilung Übertragbare Krankheiten Schweizerische Kommission für Impffragen (SKIF) G. Bachmann, Zürich; H. Binz, Solothurn; C. Bourquin, Bern; D. Desgrandchamps, Baar; F. Gurtner, Bern; D. Koch, Bern; L. Matter, Basel; F. Méan, Lausanne; U. Schaad, Basel; J. Roffler, Genf; H-P. Roost, Bern; R. Seger, Zürich; C.-A. Siegrist, Genf; R. Stef- fen, Zürich; B. Vaudaux, Lausanne; H. Zimmermann, Bern. Unter der Mitarbeit von D. Stürchler (Stürchler Epidemiologics), Büren. Referenzierungsvorschlag Bundesamt für Gesundheit, Schweizerische Kommission für Impffragen. Prävention von Masern, Mumps und Röteln. Richtlinien und Empfehlungen (ehemals Supplementum XII). Bern: Bundesamt für Gesundheit, 2003 Diese Publikation erscheint auch in französischer Sprache. BAG-Publikationsnummer 2 BAG OeG 11.06 1500 d 1000 f 20EXT0609/20EXT06010 Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln manifeste Immunschwäche sind Erkrankungen, UIE in der Anam- Kontraindikationen. Eine irrtümliche nese (von Anaphylaxie abgesehen) Unerwünschte Impferscheinun- Impfung während der Schwanger- und durchgemachte Masern, gen (UIE) schaft ist aber kein Grund für einen Mumps und Röteln schränken die Schwangerschaftsabbruch. Bei an- Anwendung nicht ein. MMR-Imp- Etwa 2% der Geimpften entwickeln geborener Immunschwäche ist die fung verursacht keine Epilepsie, milde Masern, 0,1% eine Parotitis, MMR-Impfung im Allgemeinen präventive antiepileptische Behand- und 5–10% der geimpften Frauen kontraindiziert. Bei erworbener Im- lung ist nicht nötig und Antiepilep- (nicht Kinder) eine transitorische munschwäche (HIV-Infektion) ist die tika sind keine Kontraindikation. Kin- Röteln-Arthropathie. Der Impfung Impfung nur bei asymptomatischen dern mit Krampfleiden in der Anam- zuzuschreibende UIE treten bei Personen möglich, wenn die Zahl nese ist prophylaktisch Paracetamol 38,5 der CD4-Lymphozyten noch genü- zu verabreichen. °C) bei 3%. Viel seltener sind Fie- gend Immunkompetenz anzeigt. Da berkrämpfe (1:10 000), idiopathi- MMR-Impfviren nicht von Person zu sche thrombozytopenische Purpura Person übertragen werden, können Vorgehen bei (ITP) (1:30 000) und Impfenzephali- Haushaltmitglieder Immunge- Krankheitsausbrüchen tis (1:200 000, kausaler Zusammen- schwächter geimpft werden. hang nicht definitiv erwiesen). Als Ausbrüche gelten ≥2 laborbestä- Potenzierung von UIE durch simul- tigte Fälle am gleichen Ort. Ausbrü- tane Anwendung mehrerer Anti- Anwendungseinschränkungen che sind dem Kantonsarzt (durch gene ist nicht zu befürchten. Mor- (Impfen ist unter Auflagen mög- den Arzt und das Labor) und dem bus Crohn, Autismus und Guillain- lich) BAG (durch das Labor) zu melden. Barré-Syndrom sind nicht kausal mit Der behandelnde Arzt und der Kan- der MMR-Impfung verknüpft. UIE Bei Personen, die Kortikosteroide tonsarzt sprechen das Vorgehen ab. sind meldepflichtig. (Prednisonäquivalent 2 mg/kg/Tag Erkrankte Kinder sind während der oder ≥20 mg/Tag während >14 Ta- Dauer der Infektiosität vom Schul- gen), Blutprodukte oder Immunglo- besuch zu dispensieren. Ausbrüche Juni 2003 Kontraindikationen (Impfen ist buline erhalten, muss die Impfung bieten die Gelegenheit, den Impf- nicht erlaubt) aufgeschoben werden. Nach idiopa- status zu überprüfen und die Not- thischer thrombozytopenischer Pur- wendigkeit der MMR-Impfung in Bestehende Schwangerschaft, Ana- pura (ITP) sind Nutzen und Risiken Erinnerung zu rufen. Impfung der phylaxie nach Impfung, und klinisch individuell abzuwägen. Harmlose ungeschützten Kontaktpersonen und Empfehlungen Häufig verwendete Abkürzungen BAG Bundesamt für Gesundheit Richtlinien MMR Masern-Mumps-Röteln UIE Unerwünschte Impferscheinung WHO Weltgesundheitsorganisation 3
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln Inhaltsverzeichnis Das Wichtigste in Kürze 1 Impressum 2 Einleitung 5 Ziele 5 Methoden 5 Rationale 5 Epidemiologie 5 International 5 Tabelle 1: Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln in Westeuropa und der Schweiz 6 Schweiz 6 Tabelle 2: Geschätzte Häufigkeit klinischer Masern-, Mumps- und Röteln-Fälle in der Schweiz vor und nach Einführung des nationalen MMR-Impfprogramms 1987 6 Tabelle 3: Durchimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln, Schweiz 1991–98 7 Tabelle 4: Prävalenz von IgG-Antikörpern gegen Masern, Mumps und Röteln bei Schweizer Neugeborenen, 1994–99 7 Klinik 8 Masern 8 Mumps 8 Röteln 9 Impfung 9 Impfstoffe 9 Juni 2003 Tabelle 5: In der Schweiz zugelassene und im Rahmen des Nationalen Impfprogramms empfohlene Impfstoffe gegen Masern, Mumps und Röteln (Juni 2003) 9 Wirksamkeit 9 Immunogenität 10 Impfversager 10 Unerwünschte Impferscheinungen (UIE) 10 Tabelle 6: Übersicht über die Häufigkeit von Komplikationen nach natürlicher Infektion und von unerwünschten Impferscheinungen (UIE) nach Impfung 11 Tabelle 7: Meldungen von unerwünschten Impferscheinungen (UIE) in Zusammenhang mit der und Empfehlungen MMR-Impfung (BAG und SANZ),1991–2001 11 Tabelle 8: Arztbesuche 30 Tage vor und 30 Tage nach zweiter MMR-Dosis mit 4–6 oder 10–12 Jahren 12 Tabelle 9: Häufigkeit von UIE nach Impfung seronegativer Frauen in der Postpartalzeit mit Rötelnimpfviren Richtlinien (RA 27/3) oder Placebo (NaCl), Kanada 1989–92 13 Impfvisite 14 Impfempfehlungen 14 Indikationen 14 Kontraindikationen 15 Tabelle 10: Zahl der CD4-Zellen, die bei HIV-Infektion ein schweres Immundefizit anzeigt 15 Anwendungseinschränkungen 15 Impfpromotion 15 Krankheitsausbrüche 16 Masernausbrüche 16 Mumpsausbrüche 16 Rötelnausbrüche 16 Anhang: Internet- und Kontaktadressen 17 4 Literatur 18
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln Einleitung mination nur möglich ist, wenn ≥ 95% ungeimpften Minderheiten auftreten der Bevölkerung unempfänglich sind [20, 21], oder wenn Europa Erkrankun- und das Virus nicht übertragen. gen nach Übersee exportiert [22]. Um Ziele nicht zum Insel-Reservoir zu werden, Strategie muss die Schweiz die weltweiten An- Ziel des MMR-Präventionsprogramms Die Impfung adoleszenter Mädchen strengungen zur Elimination mittragen. in der Schweiz ist der Schutz der gegen Röteln in der Schweiz hat Bevölkerung vor Masern (M), Mumps gezeigt, dass eine auf Risikogruppen (M), und Röteln (R) und deren Kompli- ausgerichtete Strategie nicht aus- kationen, und die Umsetzung der reicht: zwar schützt sie die Betroffe- von der Weltgesundheitsorganisation nen, aber die Viruszirkulation unter- Epidemiologie (WHO)für Europa formulierten Ziele bricht sie nicht, und Erkrankungen [1]: nicht immuner und durch die Impfung – Elimination der einheimischen Ma- nicht geschützter Personen sind wei- International sern bis 2007 terhin möglich. Gleiche Erfahrungen – Reduktion der Mumpserkrankungen haben andere Länder mit der Röteln- Trotz aller Anstrengungen sind Ma- bis spätestens 2010 auf eine Inzi- und Masern-Impfung gemacht [5, 9, sern noch immer ein Gesundheitspro- denz von
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln Tabelle 1 Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln in Westeuropa und der Schweiz a SF S DK UK NL D F I CH Jahr Programmbeginn 1982 1982 1987 1988 1987 1980 1986 1982 1987 Zweidosenprogramm 1982 1982 1987 1996 1987 1991 1997 2000 1996 Alter 1. Dosis (Monate) 14–18 14–18 12–15 12–18 12–15 11–14 12–15 12–15 12 2. Dosis (Jahre) 6 11–12 11–12 3–7 9 1,5 3–7 5–6 1,5 Masern Vorkommen – – gering gering gering erhöht erhöht erhöht erhöht Durchimpfungb 98% 97% 88% 92% 94% ≤ 80% 83% 56% 80% Fälle/105 20% 25% ? >30% >30% >25% a Hauptsächlich nach [27] und [28]. CH=Schweiz, D=Deutschland, DK=Dänemark, F=Frankreich, I=Italien, NL=Niederlande, S=Schweden, SF=Finnland, UK = Vereinigtes Königreich. b Mit einer Dosis MMR im Zeitraum 1995–96 (Alter nicht angegeben). 1999 kam es zu einem Masernaus- Sentinellasystem mitmachen, melden 2000 sind hochgerechnet um 600 bruch mit 2961 Patienten [20]. Masern, Mumps und Röteln einmal Krankheitsfälle aufgetreten. Das me- Alle Länder der Europäischen Union pro Woche an das BAG. Ärzte in der diane Alter der Patienten beträgt rund haben mittlerweile Programme mit Swiss Paediatric Surveillance Unit 9 Jahre. Der Altersmedian hat von 1986 zwei MMR-Dosen implementiert (Ta- (SPSU) erfassen die im Spital beob- bis 1996 nicht zugenommen. In den belle 1). In Finnland, Schweden und achteten Fälle von kongenitalen Rö- 60er Jahren gab es in der Schweiz ge- Dänemark, die seit den 80er Jahren teln und melden sie an das BAG. Labo- mäss der Todesfallstatistik des Bundes- zwei Dosen einsetzen, sind die Ma- ratorien müssen Masernnachweise amtes für Statistik (nur Hauptdiagno- sern eliminiert oder die Inzidenz ist auf einmal pro Woche an den Kantonsarzt sen) im Durchschnitt sieben Masern- ein sehr tiefes Niveau abgesunken. und das BAG melden. todesfälle/Jahr, 1985–94 waren es Deutschland, Grossbritannien und 0,4/ Frankreich haben zwischen 1991 und Fallzahlen Jahr [35]. Die Zuverlässigkeit der Dia- Juni 2003 1997 ihre Programme mit einer zwei- Die Angaben in der Tabelle 2 sind ap- gnosen in der Todesfallstatistik ist ten Dosis ergänzt. Im 2001 hat proximativ und beruhen zum grossen nicht bekannt (zur Letalität bei Masern Deutschland die erste MMR-Dosis auf Teil auf Hochrechnungen der Senti- siehe Abschnitt Klinik). 11–14 Monate und die zweite Dosis nella-Meldungen von 1987–2000. auf 15–23 Monate vorverlegt [14]. Mumps Masern Die Mumpsimpfung wird seit 1981 für Die MMR-Impfung ist seit 1969 ver- Kleinkinder empfohlen. In den Jahren Schweiz fügbar. Die Masernimpfung wird seit 1994–95 hat die Schweiz eine ausge- 1976 für Kleinkinder empfohlen und dehnte Epidemie erlebt [35]. Eine er- Überwachung [29–31] ist seit 1987 Teil eines nationalen Pro- neute Epidemie trat 1999–2000 auf. Seit 1999 müssen Ärzte Masernfälle gramms [33]. Der seit 1980 rückläu- Schätzungsweise 16 000 Personen und Empfehlungen innerhalb einer Woche dem Kantons- fige Trend ist diesem Programm zuzu- sind 1999 erkrankt, im 2000 etwa arzt melden. Meldekriterium ist die kli- schreiben. In den Jahren 1987 (schät- 28 000. Neben der unzureichenden nische Trias Fieber, makulopapulöses zungsweise 11 000 Fälle) und 1997 Durchimpfung hat insbesondere die Exanthem, und Husten, Rhinitis oder (>6000 Fälle) traten Masern epide- ungenügende Wirksamkeit der Imp- Richtlinien Konjunktivitis. Ärzte müssen auch la- misch auf [34]. Bleibt die Durchimp- fung mit dem Impfstamm Rubini borbestätigte Rötelninfektionen bei fung gleich oder nimmt sie ab, sind in (siehe Abschnitt Wirksamkeit) zu die- Neugeborenen und Schwangeren der Zukunft weiterhin Epidemien ser Situation beigetragen. melden. Ärzte, die bei dem freiwilligen zu erwarten. Im nicht epidemischen Tabelle 2 Geschätzte Häufigkeit klinischer Masern-, Mumps- und Röteln-Fälle in der Schweiz vor und nach Einführung des nationalen MMR-Impfprogramms 1987 1980a 1990b 1995c 1996 1997 1998 1999 2000 2001 Masern 33 000 2500 1400 2000 6400 2000 800 600 700 Mumps 41 000 9000 50 800 12 800 5500 8000 17 100 28 100 10 000 Röteln 44 000 4500 1800 2900 3600 1800 1400 1200 1200 Konnatal 4–5 ? 2 1 0 0 1 0 0 a In den 80er Jahren wurde bereits geimpft, die Durchimpfung ist allerdings nicht bekannt. Die Fallzahlen wurden auf 73000 Geburten und anhand des ver- muteten Manifestationsindexes (Masern: 90%, Mumps: 70%, Röteln: 60%) und der geschätzten Durchimpfung (Masern: 50%, Mumps: 20%, Röteln: 0%) berechnet. 6 b c Ab 1990 auf die Schweiz hochgerechnete Sentinella-Meldungen [29]. Ab 1995 wurden konnatale Röteln durch die SPSU erfasst. 1995–2000 gab es in der Schweiz vier Fälle (zwei sichere Fälle, einen möglichen und einen frag- lichen Fall) [32]. Die Rötelnimpfung ist seit 1973 für Mädchen am Schulende empfohlen.
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln Röteln Für die Schweiz fehlen regelmässig Zeitpunkt der Impfungen zu einer Die Rötelnimpfung ist seit 1973 für erhobene repräsentative Angaben. Überlastung des noch unreifen Im- Mädchen am Schulende und seit 1981 Aufgrund verschiedener Studien ha- munsystems führen würden und die für alle Kleinkinder empfohlen. In der ben in der Schweiz um 80% der Klein- Annahme, dass eine natürliche Erkran- Periode 1977–1986, als die Impfung kinder, 85% der Erstklässler und 90% kung für die Entwicklung der Kinder bereits angewendet wurde, wurden der Schulabgänger eine Masern-, wichtig sei [42–44]. aufgrund der medizinischen Statistik Mumps- und Rötelnimpfung erhalten der Spitäler (VESKA, heute H+) und (Tabelle 3) [37–41 und BAG unveröf- Seroprävalenz einer ergänzenden Umfrage bei den fentliche Daten]. Bei Achtklässlern (Al- Die Impfung und die natürliche Infek- nicht an der Statistik teilnehmenden ter 13– tion hinterlassen Antikörper. Von 649 Spitälern 45 Fälle von kongenitalen 15 Jahre) in der Stadt Zürich erreichte Achtklässlern waren 1995–96 seropo- Röteln (4–5/Jahr) eruiert; 1995–2000 die Durchimpfung mit einer Dosis sitiv: 92% auf Masern (Geimpfte: waren es noch vier Fälle (0–1/Jahr). 1995–96 sogar 95% [39]. Gesamt- 94%, Ungeimpfte: 80%), 87% auf Der rückläufige Trend ist dem Impfpro- schweizerisch wird die für Masern-Eli- Mumps (Geimpfte: 89%, Ungeimpfte: gramm zuzuschreiben. Subklinisch in- mination erforderliche Schwelle von 81%) und 84% auf Röteln (Geimpfte: fizierte Erwachsene können Röteln in ≥ 95% jedoch meist nicht oder zu spät, 91%, Ungeimpfte: 70%) [39]. Die hohe die Familie tragen und ungeimpfte das heisst erst im Schulalter erreicht. Seroprävalenz bei Ungeimpften deu- Schwangere gefährden [36]. Im Jahr Neben der anhaltenden Viruszirkula- tet auf anhaltende Zirkulation von 2000 sind in der Schweiz etwa 1300 tion besteht dann das Risiko, dass Wildviren hin. In diagnostischen Ser- Personen an Röteln erkrankt. Die Zahl Erkrankungen in jüngere (
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln geht Neugeborenen in den ersten Pneumonie und 68 (2,2%) wurden Je nachdem, ob prospektiv, retrospek- 6–12 Lebensmonaten verloren [48,49] hospitalisiert [20]. Das mediane Alter tiv oder bei Ausbrüchen untersucht Nach 6 Monaten sind ≥90% der Neu- der Patienten betrug 6 Jahre. In einer wird, kann die mediane Letalität 2,5%, geborenen ungeschützt (Tabelle 4). Nachbefragung von 162 Patienten mit 0,1% oder 3,7% betragen [61]. Die Auch in einer Studie von 1991–92 bestätigten Masern oder Masernver- WHO bezifferte die globale Masern- waren 6–11 Monate alte Säuglinge nur dacht betrug die Komplikationsrate letalität 1998 auf 3% [8]. Etwa 60% noch in 6–16% seropositiv [45]. Auch insgesamt 25% [52]. Auch nach Ma- der Todesfälle gehen auf das Konto gestillte Säuglinge verlieren diesen sern kann eine idiopathische thrombo- bakterieller Pneumonien. Leihschutz. Bei Frühgeburten ist die zytopenische Purpura auftreten. Schutzdauer auf 2–4 Monate verkürzt. Kinder mit Immunschwäche und Diagnostik schwangere Frauen haben ein erhöh- Die klinische Diagnose des sporadi- tes Risiko von Komplikationen. Ma- schen Falls ist unzuverlässig [25, 62]. sern in der Schwangerschaft scheinen Neben Masern- und Rötelnviren das Risiko von Spontanaborten, vor- können Epstein-Barr-Viren (Mononu- Klinik zeitigen Wehen und niedrigem Ge- kleose), diverse Enteroviren, Herpes- burtsgewicht zu erhöhen [2,53]. viren (Exanthema subitum) und Parvo- Die genaue Häufigkeit der Masernen- viren (Erythema infectiosum), HIV, Die Klinik wird hier mit Blick auf die zephalitis ist umstritten. Diese Kompli- ß-hämolytische Streptokokken (Schar- MMR-Impfung zusammengefasst. kation ist in Ländern mit hoher lach) und Medikamente (Penicilline, Angaben zur Häufigkeit von Komplika- Impfakzeptanz mittlerweile selten und Cephalosporine, Sulfonamide) Exan- tionen weisen zum Teil erhebliche neue Angaben fehlen. Surveillance- theme verursachen [2, 3, 51]. Zur Bandbreiten auf (Tabelle 7). Diese Daten aus der Vorimpfära belegen Bestätigung der Diagnose sind Labor- Schwankungen erklären sich durch eine Häufigkeit von 0,05–0,3% [2,3,6]. untersuchungen nötig. Bei Masernver- unterschiedliche oder fehlende Defini- In Helsinki wurden die bei hospitalisier- dacht sind schon beim ersten Arztbe- tionen (z.B. betreffend Konvulsion ten, 1 Monat bis 16 Jahre alten Kindern such virologische oder serologische oder 1968–1987 diagnostizierten Enzephali- Tests angezeigt. Für den Virusnach- Seropositivität [50]), unvollständige Er- tiden ausgewertet [54]. Die Studie er- weis sind Urin oder ein Abstrich von fassung (z.B. Aborte, Hörschäden fasste in 15 Jahren 46 Masern-Enze- der Mundschleimhaut geeignet. Virus- oder Todesfälle nach Enzephalitis oder phalitiden auf 225 000 Masernfälle, isolation erlaubt falls notwendig durch Juni 2003 Pneumonie) und unterschiedliche was einer Häufigkeit von 1/5000 ent- Sequenzierung die Unterscheidung Denominatoren (Infizierte, ambulante spricht. Vor Beginn des nationalen von Wild- und Impfviren [63]. Patienten oder Hospitalisierte). Impfprogramms 1982 waren die häu- figsten Enzephalitiserreger Mumps-, Masern-, Varicella-Zoster-Virus (VZV) Mumps Masern und Mycoplasma pneumoniae, nach 1982 waren es VZV, Enteroviren und Manifestation Manifestation Mycoplasma pneumoniae. Im Masern- 15–30% aller Infektionen sind inappa- Fast alle (≥90%) Infektionen sind ap- ausbruch in den Niederlanden wurden rent. Die Inkubationszeit beträgt 14– parent. Die Inkubationszeit beträgt 7– fünf (0,2%) von 2961 Patienten wegen 21 Tage. Mumps ist charakterisiert 18 Tage. Masern sind charakterisiert Enzephalitis hospitalisiert [20]. In einer durch mono- oder bilaterale Schwel- und Empfehlungen durch Fieber (>38 °C), Husten, Rhinitis, älteren Studie waren ein Drittel der lung der Speicheldrüsen, meist der Pa- Konjunktivitis, ein makulopapulöses Kinder, die eine Masernenzephalitis rotis [3,51]. Exanthem und ein Enanthem [3,51]. überlebten, bleibend behindert [55]. Durchgemachte Masern hinterlassen Die subakute sklerosierende Panen- Komplikationen Richtlinien lebenslange Immunität. zephalitis (SSPE) ist eine seltene töd- Komplikationen kommen auch nach lich verlaufende Spätfolge von Masern inapparenter Infektion vor [64]. Komplikationen (ca. 1:100 000) [56–58]. Mumps-Orchitis kann 1⁄3 aller postpu- Im Jahr 1963 wurden in England bertär erkrankten Männer betreffen. 53 008 Masernpatienten nach Kompli- Letalität Bei einem Ausbruch auf St. Lawrence kationen befragt: 1% wurde hospitali- Von den 1963 in England durch eine Island hatten 25% der männlichen siert, die Häufigkeit schwerer Bron- Umfrage erfassten Masernpatienten Personen aller Altersgruppen (52/205) chitis oder Pneumonie betrug starben 12 von 53 008 (22/100 000) eine Orchitis; bei >15 Jahre alten 38/1000, die der Enzephalitis 1/1000. [59]. Beim Ausbruch in den Niederlan- Männern stieg der Prozentsatz auf Häufige Masern-Komplikationen sind den starben drei von 2961 Patienten: 38% [64]. Aseptische Meningitis be- Otitis media (bei 7–9%) und bakte- zwei Kleinkinder und ein Jugendlicher trifft 5–15% der Mumpspatienten und rielle Pneumonie (bei 1–6%), in Ent- [20]. Beim Ausbruch in Rumänien ist häufiger bei Männern als bei wicklungsländern auch Diarrhöe. In 1996–98 mit 32 915 Fällen war die Le- Frauen [65,66]. Oft tritt sie auch ohne der Schweiz erleiden etwa 15% der talität bei Ungeimpften knapp 0,1%, Parotitis auf. Meningeale Zeichen sind Masernpatienten eine Komplikation, bei Einmalgeimpften 0,05%, bei Zwei- noch häufiger: bei einem Mumpsaus- ca. 2% werden hospitalisiert und bei malgeimpften 0% [60]. Die Masernle- bruch unter Teenagern in Südengland 0,1% tritt eine Enzephalitis auf. Beim talität ist bei Kleinkindern und Erwach- 1996 gaben vier von 30 (13%) Erkrank- 8 Ausbruch in den Niederlanden 1999 senen höher als bei Schulkindern und ten starke Kopfschmerzen oder Na- hatten von 2961 Patienten 196 (6,6%) Adoleszenten, und in Entwicklungs- ckensteifigkeit an [67]. In Kanada in eine Otitis media, 156 (5,3%) eine ländern höher als in Industrieländern. den 80er Jahren wurde bei 4% der
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln Mumpspatienten eine Pankreatitis di- kontrolliert; 4% hatten Spontanaborte, aviären Zelllinien gezüchtet. In auf agnostiziert [68]. Für transitorische 54% hatten therapeutische Aborte, Hühnerzellen gezüchteten Impfstof- Hörstörungen wird eine Häufigkeit 2% hatten Totgeburten und 43% von fen sind durch hochsensitive Metho- von 4–6% angegeben. Viel seltener ist 269 Neugeborenen hatten einen kon- den defekte aviäre, endogene Retrovi- die Mumps-Enzephalitis. Die Bedeu- genitalen Rötelninfekt [69]. In England ren und das aviäre Leukosevirus nach- tung permanenter wurde die Häufigkeit kongenitaler gewiesen worden. Nach heutigem Hörschäden nach Mumps und die Röteln vor Einführung der Impfung auf Wissensstand sind solche Viren nicht Stellung der Mumps-Pankreatitis bei 200–300 Fälle pro Jahr geschätzt. auf Impflinge übertragbar [74–76]. Diabetes sind noch unklar. Infertilität Zusätzlich waren jährlich etwa 740 Trivalente (MMR) Produkte sind die nach Mumps wird häufig gefürchtet; Schwangerschaftsabbrüche auf Rö- Impfstoffe der ersten Wahl. Die Im- das Risiko ist allerdings nicht überzeu- telninfektionen zurückzuführen [167]. munogenität der beiden in der Tabelle gend nachgewiesen. Auf die Schweiz bezogen ergäbe dies aufgeführten MMR-Impfstoffe ist ver- jährlich etwa 25–35 Fälle kongenitaler gleichbar [77]. Diagnostik Röteln und 90 Schwangerschaftsab- Die klinische Diagnose kann im Einzel- brüche. Die idiopathische thrombozy- Kühlkette fall schwierig sein [25], besonders bei topenische Purpura (ITP) nach Röteln Alle Produkte sind thermolabil und isolierter Pankreatitis, Orchitis oder hat eine Häufigkeit von 1:3000 [2, müssen bei +2 bis +8°C transportiert Oophoritis. Neben serologischen Tests 137, 138]. und gelagert werden. Zu Lagerung ist der Virusnachweis aus Speichel, und Haltbarkeit sind die Angaben der Blut oder Liquor möglich [67]. Diagnostik Hersteller zu beachten. Rötelninfektionen müssen laborbestä- tigt werden, besonders Röteln in der Kosten Röteln Schwangerschaft und bei Neugebore- Der Publikumspreis der Kombinations- nen. präparate liegt bei 45–47 Franken. Manifestation Die Krankenversicherer übernehmen 25–50% aller Infektionen sind inappa- nach Krankenpflege-Leistungsverord- rent. Die Inkubationszeit beträgt 14– nung (KLV, Artikel 12 Buchstabe f) die 23 Tage. Röteln beim Erwachsenen Kosten für zwei MMR-Impfdosen [78]. sind eine meist milde, fieberhafte Impfung Juni 2003 Krankheit mit oder ohne Exanthem [51]. Kongenitale Röteln sind charakte- Wirksamkeit risiert durch sensorische, kardiale, Impfstoffe neurologische und andere Defekte [3]. Masernimpfung Durchgemachte Röteln hinterlassen Produkte Bei Immunkompetenten ist die meist eine lebenslange Immunität. In der Schweiz sind Mitte 2003 sechs Schutzwirkung einer Impfdosis Einzelfälle von kongenitalen Röteln empfohlene Produkte zugelassen: vier >90%. Neuere Angaben zur Wirksam- sind sowohl nach früherer natürlicher monovalente und zwei trivalente [72, keit wurden bei Ausbrüchen gewon- Rötelninfektion wie auch bei Geimpf- 73]. Die Verfügbarkeit der monovalen- nen: in ten beschrieben. ten Impfstoffe ist stark eingeschränkt. Luxemburg betrug die Schutzwirkung Alle Produkte enthalten attenuierte 95% [79]; in Rumänien betrug sie und Empfehlungen Komplikationen Lebendviren (Tabelle 5). Sechs Pro- nach einer Dosis 89%, nach zwei Do- Um 30% der Frauen mit Röteln haben dukte enthalten Neomycin, fünf Gela- sen 96% [60]; in Colorado (USA) war akute Arthralgie oder Arthritis. Viel sel- tine. Die verwendeten Masern-Impfvi- sie nach einer Dosis 92%, nach zwei tener sind Spontanabort, fetale Em- ren (Edmonston-Enders, Edmonston- Dosen 100% [80]. In Kanada können Richtlinien bryopathie und kongenitale Röteln. In Zagreb und Schwarz) sind miteinander zwei MMR-Dosen wahlweise mit 12 England wurden 1976–78 966 Frauen verwandt und von Wildviren unter- und mit in der Schwangerschaft erworbe- scheidbar [63]. Die verwendeten Impf- 18 Monaten oder mit 12–15 Monaten ner, bestätigter Rötelninfektion nach- viren werden auf humanen oder und 4–6 Jahren verabreicht werden. In Tabelle 5 In der Schweiz zugelassene und im Rahmen des Nationalen Impfprogramms empfohlene Impfstoffe gegen Masern, Mumps und Röteln (Juni 2003) Virus Produkt Impfstamm Zellkultur Begleitstoffe a auf SLb Masern Attenuvax® c Edmonston-Enders (EE) aviär N G HA ja Moraten® c Edmonston-Zagreb (EZ) human G LA nein Mumps Mumpsvax® c Jeryl-Lynn (JL) aviär N G HA ja Röteln Meruvax II® c Wistar-RA 27/3 (RA) human N G HA ja MMR M-M-R II® EE + JL + RA aviär-human N G HA ja Priorix® Schwarz + RIT-4385 + RA aviär-human N HA ja a G = Gelatine (unverändert oder modifiziert), HA = Human-Albumin, LA = Lact-Albumin, N = Neomycin. b c Spezialitätenliste des Bundesamtes für Sozialversicherungen. 9 Zurzeit nicht verfügbar (Zukunft?).
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln Ontario (Kanada) wurden 1990–96 die Impfung je nach Falldefinition eine Nach Impfung mit den Impfstämmen 5542 Masernfälle und 16 587 Kontrol- Schutzwirkung von 95–100% [103]. Jeryl-Lynn und Urabe serokonvertie- len verglichen. Die beste Schutzwir- ren 83–100% der Geimpften [86, 107, kung konnte durch zwei nach dem 12. 108, 116]. Rubiniviren sind weniger Lebensmonat verabreichte Dosen er- Immunogenität immunogen als Jeryl-Lynn-Viren [66, reicht werden [81]. Einen noch besse- 77, ren Schutz erzielen drei Dosen [82]. Nicht alle Antikörper korrelieren mit 117]. Die Antikörpertiter fallen mit Zur Elimination der Masern ist eine Schutz, und ihre Bedeutung ist nicht der Zeit ab. In Finnland fiel der Anteil hohe Durchimpfung mit zwei Dosen immer klar (zum Beispiel postexposi- Personen mit nachweisbaren Antikör- notwendig [10, 23, 25]. tioneller Titeranstieg bei Personen, die pern in 4 Jahren auf 76%; nach einer vor Krankheit geschützt sind [104]). zweiten Dosis und weiteren 5 Jahren Der Schutz ist ab der 2. Woche nach Vermutlich reaktivieren Exposition betrug der Anteil 86% [116]. In Impfung voll wirksam [83]. Nach einer oder Boosterimpfungen B-Lymphozy- Schweden wiesen 12 Jahre nach do- Studie aus den 70er Jahren hält die ten, die Antikörper produzieren, und T- kumentierter Impfung noch 73% von Schutzwirkung über viele Jahre an: Lymphozyten, die virusinfizierte Zellen 229 nach 0–4, 5–9 und 10–14 Jahren eliminieren. Immunogenitätsstudien Kindern neutralisierende Antikörper machten 1% (2/187), 2% (11/661) be- sind auch wegen unterschiedlicher se- auf [118]. ziehungsweise 3% (8/308) der rologischer Methoden und Cutoffs mit Geimpften Masern durch (Ungeimpfte Vorsicht zu interpretieren. Inwieweit Rötelnimpfung wurden nicht untersucht) [84]. Bei ei- eine Exposition durch MMR-Wildviren Der Anteil der Serokonversionen nach nem Ausbruch in Arkansas (USA) von zur Reaktivierung der Immunität, res- Impfung ist 95–100% [107, 108, 119]. 1986 war die Wirksamkeit einer Ma- pektive zum Aufrechterhalten von Die Beurteilung des Schutzes vor sernimpfung im Alter von ≥12 Mona- nachweisbaren Antikörpern beiträgt, Röteln anhand von Antikörpern ist ten 92%; 0–4, 5-9, 10–14 und 15–19 ist noch nicht bekannt. schwierig, besonders wenn niedrige Jahre nach Impfung war die Masern- Titer vorliegen [120–124]. Immerhin Attackrate 0%, 1%, 5% und 10% [85]. Masernimpfung scheinen Titer von ≥15 IU/ml im ELISA Neutralisierende Antikörper korrelie- oder EIA Schutz anzuzeigen. In Finn- Mumpsimpfung ren mit Schutz [104–106]. Bei einer land wurde die Antikörperkinetik nach Eine Dosis des Jeryl-Lynn Impfstoffs Epidemie in Taiwan wurde festge- Impfung mit RA27/3-Impfviren (Ta- Juni 2003 ergab in den 60er Jahren eine Schutz- stellt, dass neutralisierende Antikörper belle 5) mittels EIA verfolgt. Fünfzehn wirkung von 95% (bei Nachkontrollen sowohl vor Erkrankung (>500 mIU/ml) Jahre nach Erstimpfung (im Alter von bis 20 Monate nach Impfung) [86]. Der als auch vor Re-Infektion (>1000 mIU/ 14–18 Monaten) und 11 Jahre nach gleiche Impfstoff erreichte bei Ausbrü- ml) schützen [105]. Wiederholungsimpfung (mit 6 Jahren) chen in den USA Schutzwirkungen Die Serokonversionsrate beträgt nach hatten noch 69% Titer ≥15 IU/ml von 75–91% [66]. Ausbrüche unter re- Erstimpfung im Alter von 9 Monaten [119]. Auch andere Studien weisen da- ligiösen Gemeinschaften in London, um 85%, mit 12 Monaten um 95% rauf hin, dass die Immunantwort viele New York, Israel und Russland zeigen, und mit 15–18 Monaten um 98–100% Jahre lang anhält [120, 125, 126]. dass Einmaldosen keinen lebenslan- [106–108]. Die Impfung mit attenuier- gen Schutz verleihen [87]. Zum nach- ten Viren erzeugt niedrigere Antikör- haltigen Schutz vor Mumps sind zwei per-Titer als eine natürliche Infektion. Impfversager und Empfehlungen Impfdosen empfohlen [25]. Zahlreiche Antikörper sind in der 2. Woche nach in den letzten Jahren durchgeführte Impfung nachweisbar, früher als nach Primäre Impfversager entwickeln Studien zur Wirksamkeit der Mumps- natürlicher Infektion. Maximale Titer nach Anwendung eines wirksamen impfung ergaben ohne Ausnahme werden nach 1 Monat erreicht [6]. Ohne Produkts keine messbare Immunant- Richtlinien eine ungenügende Wirksamkeit des Re-Exposition fallen die Titer im Lauf wort. Sekundäre Impfversager erkran- Rubini-Impfstammes [88–99]. Die der Zeit allmählich ab [109,110]. Die ken trotz messbarer initialer Immun- WHO hat denn auch im Jahr 2001 die Halbwertszeit der Antikörpertiter be- antwort. Fehlen Angaben über die Empfehlung herausgegeben, den Ru- trägt 2–12 Jahre [111, 112]. Vier bis Kühlkette und die verwendete Charge, bini-stamm in nationalen Impfpro- 11 Jahre nach Impfung waren noch bleibt bei Primärversagern unklar, ob grammen nicht mehr zu verwenden 81% von 1490 Kindern seropositiv eine Immunantwort ausbleibt, weil [65]. Die SKIF und das BAG schlossen [113], 12 Jahre nach Impfung in einer der Geimpfte nicht auf das Impfanti- sich andern Studie noch 99% von 193 Kin- gen reagierte, oder die verwendete dieser Empfehlung an [73]. dern [109]. Sechs Jahre nach Zweit- Charge überaltert oder temperaturge- impfung hatten alle 40 Teilnehmer schädigt war. Rötelnimpfung messbare neutralisierende Antikörper, Nach einer Impfdosis ab Alter 12 Mo- Die experimentelle Infektion von 28 aber teilweise niedrige Titer [110]. nate ist der Anteil der Primärversager Freiwilligen 12 Monate nach Impfung auf 1% bis maximal 10% zu veran- ergab eine Schutzwirkung von 93% Mumpsimpfung schlagen [3,127]. Viele Primärversager [100]. Bei einer Epidemie in Taiwan Zelluläre Immunität scheint von Be- (Hyporesponder) reagieren auf eine wurde eine Wirksamkeit von 94–97% deutung. Auch neutralisierende Anti- zweite, nach einem Mindestabstand ermittelt [101], bei einer Epidemie in körper korrelieren nicht regelmässig von 4 Wochen verabreichte Dosis, mit 10 Maine (USA) 8 Jahre nach Impfung mit Schutz [115]. Ein Schwellenwert einer adäquaten Immunantwort. Nach eine solche von 90% [102]. In einer für protektive Immunität ist nicht Wiederholungsimpfung ist der Anteil Primarschule in Frankreich erreichte bekannt. der Primärversager
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln Tabelle 6 Übersicht über die Häufigkeit von Komplikationen nach natürlicher Infektion und von unerwünschten Impferscheinungen (UIE) nach Impfunga Erscheinung Nach Infektion Quelle Nach Impfung Quelle (pro 106 Erkrankteb) (pro 106 Geimpftec) MMR Anaphylaxie * 1–10 [131, 132] Konvulsionen 5000–7000 3–385 [133–136] Thrombopenie/ITP 330 31–34 [137, 138] Masern Otitis media 70 000–90 000 * Pneumonie 10 000–60 000 * Enzephalitis 200–2000 [20, 54, 59] 0,6–1,6 (4,7e) [131, 135, 139] Tod 220–1000 [20, 59, 60] Einzelfälle [132] Mumps Aseptische Meningitis 50 000–100 000 8–100 (Urabe) [136, 140] 0–1 (Jeryl-Lynn) [141, 174, 175] Sensorische Hörstörung 50–50 000 * Mumpsorchitis (씹) 25 0000 [64] * Pankreatitis 40 000 [68] * Enzephalitis 250 0,3 [135] Röteln Arthralgie/Arthritis (씸) 300 000–520 000 [135] 150 000 [135] Kongenitale Rötelnd 76–3200–10 200 [7, 70, 71] 0 [7] Abort 1800 [7] * Taubheit 880 [7] * Enzephalitis 40–160 [7] * a Nach [2, 3, 6, 132], sofern keine Referenzen angegeben sind. b Denominator ist die (geschätzte) Zahl der Erkrankten in der Allgemeinbevölkerung. c Denominator ist die geschätzte Zahl der Geimpften. Bei Eindosis-Programmen entspricht die Zahl der Geimpften in etwa der Zahl der verwendeten Impf- dosen. d Bei kongenitalen Röteln ist der Denominator Neugeborene. Juni 2003 e Leningrad-Stamm. * = keine Daten. Tabelle 7 Meldungen von unerwünschten Impferscheinungen (UIE)* in Zusammenhang mit der MMR-Impfung (BAG und SANZ), 1991–2001 MMR-Impfung Erscheinung allein kombiniert mit Total und Empfehlungen anderen Impf. Neurologische 12 4 16 Meningitis 3 0 3 Richtlinien Enzephalitis 1 1 2 Guillain-Barré-Syndrom 2 1 3 Andere 6 2 8 Allergische 10 9 19 Urtikaria 7 6 13 Anaphylaktische Reaktion 0 2 2 Bronchospasmus 2 1 3 Quincke-Ödem 1 0 1 Entzündliche/infektiöse 18 16 34 Fieber +/- Exanthem 12 10 22 Parotitis 4 1 5 Idiopathische Thrombozytopenie 1 1 2 Haarverlust 1 0 1 Andere 0 4 4 Ausgeprägte Lokalreaktionen 4 4 8 Total 44 33 77 11 * unabhängig, ob ein kausaler Zusammenhang besteht oder nicht.
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln Tabelle 8 Arztbesuche 30 Tage vor und 30 Tage nach zweiter MMR-Dosis mit 4–6 oder 10–12 Jahrena Alter 4–6 Jahre Alter 10–12 Jahre vor MMR nach MMR vor MMR nach MMR Besuche/1000 Personen-Monate 5,6 3,6 2,1 3,8 Odds ratio vorher/nachher (95%-Konfidenzintervall) 0,64 (0,40–1,01) 1,45 (1,00–2,10) a In vier Modell-HMOs der USA mit sechs Millionen Versicherten. Besuche wegen Exanthem, Gelenkschmerz, Konvulsionen, Fieber, Lymphadenopathie, Malaise, Ödem, neurologischen und muskuloskeletalen Beschwerden. Nach [141]. lingspaaren in Finnland wurden angeb- stelle. In dieser Art äussert sich 48– lich mit der MMR-Impfung assoziierte 96 Stunden postvakzinal die lokale Unerwünschte Impferscheinungen UIE genau untersucht [129,130]. Kau- Neomycinallergie (die nicht als Kontra- (UIE) sal assoziierte UIE hatten eine Häufig- indikation gilt) [2]. Systemische Aller- keit von nur 6%. Am deutlichsten imp- gien sind selten (Tabelle 6) und rei- Tabelle 6 gibt eine Übersicht über die fassoziiert war Fieber >38.5° C. UIE chen von generalisierter Urtikaria bis Häufigkeit von Komplikationen nach wie Diarrhöe kamen mit MMR-Imp- zum anaphylaktischen Schock. natürlicher Infektion und von uner- fung und Plazebo gleich oft vor, Nau- wünschten Impferscheinungen (UIE) sea Fieber nach MMR-Impfung. war nach Plazebo häufiger als nach In der finnischen Zwillingsstudie er- MMR-Impfung. reichte Fieber > 38,5 °C nach MMR- In der Schweiz wurden von 1991 bis Impfung an den Tagen 7–12 eine Inzi- 2001 77 Meldungen von UIE erfasst: Risikofaktoren denz von 3,5/100/Tag, nach Placebo 44 nach MMR allein, 33 nach MMR in UIE begünstigende Faktoren sind Al- eine solche von 1,1/100/Tag [130]. Am Kombination mit andern Impfungen. ter und Geschlecht. deutlichsten war die Differenz zwi- Die in Zusammenhang mit der MMR- schen MMR und Placebo (3,9%) an Impfung ans BAG und die Schweizeri- Alter den Tagen 9–10 nach Impfung. Hin- Juni 2003 sche Arzneimittel-Nebenwirkungszen- In den USA wurden bei 4–6-Jährigen gegen bestand keine Differenz an den trale (SANZ) gemeldeten UIE sind, und 10–12-Jährigen die Arztbesuche Tagen 1–6 und 13–21. Die meisten ohne Beurteilung der Kausalität, in 30 Tage vor bis 30 Tage nach einer Fieber waren mild und von kurzer Tabelle 7 zusammengestellt. Im glei- zweiten MMR-Dosis verglichen (Ta- Dauer. chen Zeitraum wurden drei UIE nach belle 8). Schon vor der Impfung fan- Rötelnimpfung registriert. Es handelte den Besuche wegen Beschwerden Fieberkrämpfe nach MMR-Impfung sich um zwei Fälle von Arthritis und wie Fieber und Exanthemen statt. Be- kommen vor. In einer grossen Health um eine allergische Reaktion. Es sind suche nach der Impfung waren in bei- Maintenance Organisation in den USA keine Meldungen über psychische den Gruppen etwa gleich häufig, aber hatten mit MMR Geimpfte ein knapp Störungen (z.B. Autismus) eingegan- wegen der höheren Häufigkeit vor der dreifach höheres Risiko von Fieber- gen. Im genannten Zeitraum wurden Impfung bei den 4–6-Jährigen schlos- krämpfen als Nichtgeimpfte. Die Fie- und Empfehlungen in der Schweiz etwa 1,1 Millionen sen die Autoren auf bessere Verträg- berkrämpfe traten meist 8–14 Tage Dosen MMR-Impfstoff vertrieben. lichkeit in dieser Altersgruppe. nach Impfung auf, hatten eine Häufig- keit von 25–34/100 000 geimpfte Kin- Kausalität Geschlecht der, blieben jedoch folgenlos; das Richtlinien Nicht jede postvakzinale Erscheinung Nach Röteln und Rötelnimpfung sind Risiko und die Häufigkeit der nicht fe- ist kausal mit einer Impfung verknüpft; besonders Frauen (aber nicht Klein- brilen Krampfanfälle waren bei Ereignisse können zufällig aufeinander kinder) von Arthralgie und Arthritis be- Geimpften und Ungeimpften gleich treffen. Kausalität wird anhand von troffen. [133]. In Australien wurden im nationa- fünf Kriterien bewertet [128]: len Kontrollprogramm auf 1,7 Millio- – Konsistenz, d.h. Replizierbarkeit Lokalreaktionen nen verabreichte MMR-Impfdosen durch verschiedene Beobachter an Schmerz, Rötung, Schwellung und re- 21 Krämpfe mit Synkope (14/106) re- verschiedenen Orten; gionale Lymphadenopathie kommen gistriert [134]. Fieberkrämpfe erhöhen – Ausmass des Zusammenhangs vor. Diese Lokalreaktionen heilen meist das Risiko späterer epileptischer oder und, nach Möglichkeit, auch Dosis- in anderer neurologischer Leiden somit Abhängigkeit; Tagen spontan ab. nicht [2]. Antipyretica können Fieber- – Spezifität, d.h. es wird möglichst nur krämpfe verhindern, wenn sie prophy- ein Produkt verdächtigt; Allergien laktisch verabreicht werden [2]. Fieber – zeitlicher Zusammenhang Auslöser können die Impfantigene, kann plötzlich auftreten, und Krämpfe – biologische Plausibilität, d.h. zellbio- (modifizierte) Gelatine [143,144] oder können schon bei geringgradig erhöh- logische, tierexperimentelle oder Neomycin sein (Tabelle 5). Hühnerei- ten Temperaturen beginnen. Bei andere Erklärbarkeit. weiss ist dagegen von geringer Be- Kindern mit Krampfleiden in der Vorge- 12 In einer überkreuzten, plazebokontrol- deutung [144,145]. Lokale Allergien schichte ist Prophylaxe mit Paraceta- lierten Doppelblindstudie an 581 Zwil- manifestieren sich als Pruritus, Fle- mol empfohlen. cken oder Urtikaria um die Injektions-
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln Tabelle 9 Häufigkeit von UIE nach Impfung seronegativer Frauen in der Postpartalzeit mit Rötelnimpfviren (RA 27/3) oder Placebo (NaCl), Kanada 1989-92a Beschwerden RA 27/3 NaCl Relatives Risiko (n=268) (n=275) (95% Vertrauensintervall) Exanthem 25% 11% 2,6 (1,6–4,2) Zervikale Lymphadenopathie 19% 10% 2,2 (1,3–3,8) Myalgien 21% 16% 1,4 (0,9–2,1) Parästhesien 7% 7% 1,1 (0,6–2,1) Arthralgie oder Arthritis akutb 30% 20% 1,7 (1,2–2,6) persistierend 22% 15% 1,6 (1,0–2,5) a Nach [157]. Beschwerden erfasst durch Hausbesuch im Monat 1, telefonische Nachfrage in den Monaten 3, 6 und 9, Schlussuntersuchung im Monat 12. b Akute Arthralgie bei 21% (RA 27/3) bzw. 16% (NaCl), definiert durch Schmerz. Akute Arthritis bei 9% bzw. 4%, definiert durch Schmerz plus Schwellung, Rötung, Hitze, eingeschränkte Bewegung oder Erguss. UIE nach Masernimpfung Arthralgien an und bis zu 15% haben Für Schäden, die durch empfohlene Impfmasern treten bei etwa 2% der Zeichen einer Arthritis [7,135,156]. In Impfungen entstanden und anderwei- Geimpften auf [135]. Fälle von Enze- einer randomisierten, kontrollierten tig nicht gedeckt sind, leisten die Kan- phalitis wurden beschrieben. Sie tritt Doppelblindstudie erhielten seronega- tone Entschädigung (Epidemiengesetz 5–15 Tage nach Impfung in Erschei- tive Frauen postpartal Röteln-Impfvirus Artikel 23, lit 3) [159]. nung und beginnt in erster Linie mit oder Placebo. Akute Arthropathien Bewusstseinstrübung. In der Literatur waren bei Geimpften um 5–10% häu- Meldepflicht wird die Häufigkeit mit ca. 1–5/106 figer als bei Placebo (Tabelle 9) [157]. Gesundheitliche Störungen gelten als angegeben [131,135,139,146]. Ein Bei Kindern sind dagegen Gelenkbe- UIE, wenn kausaler Zusammenhang konnte aller- schwerden selten. – ein zeitlicher Zusammenhang mit dings nie nachgewiesen werden, ob- Die Gelenkbeschwerden klingen in einer Impfung besteht (im allgemei- wohl eine biologische Plausibilität der Regel in 2 Wochen ab. Chronifizie- nen 4 bis 8 Wochen), Juni 2003 gegeben ist (erhöhtes Enzephalitisri- rung ist nicht zu befürchten [7]. – die Erscheinung hauptsächlicher An- siko nach Masern durch Wildviren) Thrombozytopenie nach natürlichen lass für den Arztbesuch ist, [174,175]. Morbus Crohn, Autismus Röteln hat eine Häufigkeit von 330/Mil- – die Erscheinung keine eindeutige oder Guillain-Barré-Syndrom sind mit lion Erkrankte [156]. Idiopathische andere Ursache hat. Masern und Masernimpfung in Verbin- thrombozytopenische Purpura (ITP) Ärzte müssen vermutete schwerwie- dung gebracht worden. Aufwändige tritt meist 7–30 Tage nach Impfung gende oder bisher nicht bekannte UIE Untersuchungen haben diese Berichte auf. Sie hat eine Häufigkeit von 34– und vermutete Produktemängel mel- nicht bestätigt [144, 147–152, 176]. 45/Million Geimpfte [136, 137]. ITP den. Todesfälle und lebensbedrohliche Nach jetzigem Stand des Wissens sind kann monatelang dauern und Behand- UIE sind unverzüglich zu melden [30, die genannten Krankheiten nicht kausal lung mit Kortikosteroiden und Immun- 31, 160]. Meldepflichtig sind u.a. mit der MMR-Impfung verknüpft. Die globulinen erfordern [138]. ausgeprägte Lokalreaktionen, hohes und Empfehlungen grossen Anwenderzahlen (>300 Mil- Fieber, allergische Erscheinungen, Or- lionen Impfdosen in den USA [65]) Abklärung von UIE ganerkrankungen wie Arthritis, Labor- weisen auf die Sicherheit der MMR- UIE sind differentialdiagnostisch abzu- befunde wie Thrombopenie, Hospitali- Impfung hin und machen die Entde- klären. Bei schwereren Komplikatio- sationen und bleibende Schäden. Richtlinien ckung neuer UIE wenig wahrschein- nen (z.B. Meningitis, Arthritis) muss Meldungen nehmen die Abteilungen lich. die Virusisolation versucht werden. für klinische Pharmakologie und Toxi- Bei allgemeinentzündlichen Reaktio- kologie der fünf Universitätsspitäler UIE nach Mumpsimpfung nen sind die entsprechenden Immun- Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zü- Impfparotitis tritt bei 0,1% der Ge- parameter (z.B. Rheumafaktoren) zu rich und das regionale Pharmacovigi- impften auf. Aseptische Meningitis bestimmen. Allergien sind fachärztlich lance-Zentrum Lugano entgegen, dring- nach Urabevirus hatte eine Häufigkeit abklären zu lassen. liche Meldungen auch die Swissmedic um 100/106 [136]. Dank guter Surveil- (Schweizerisches Heilmittelinstitut1) lance wurde diese UIE rasch entdeckt Therapie von UIE (Adressen im Anhang) [161]. und das Produkt aus dem Handel Jeder Impfling soll auf Sofortreaktio- gezogen [154, 155]. Nach Impfung mit nen beobachtet werden. Der Impfarzt Risikovergleiche dem Jeryl-Lynn-Impfstamm ist eine muss die Notausrüstung griffbereit Wahrscheinlichkeiten sind bevölke- Meningitis äusserst selten [141, 174, haben [158]. Anaphylaxie ist dem rungsbezogen. Einem Impfwilligen kann 175]. Patienten klar mitzuteilen und in den nicht vorhergesagt werden, ob ein Impfdokumenten festzuhalten. Die Ereignis für ihn zutrifft oder nicht. Ver- UIE nach Rötelnimpfung Therapie der UIE richtet sich nach der Impfröteln treten 7–42 Tage nach Imp- Pathophysiologie. Die meisten UIE 1 Aus dem Zusammenschluss der Interkantona- fung bei bis 15% der Geimpften im heilen spontan und vollständig aus. len Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) und der 13 Erwachsenenalter auf. Bis zu 25% der Facheinheit Heilmittel des BAG im Januar 2002 jungen Frauen geben postvakzinale Schadenersatz entstanden.
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln gleiche erleichtern die Risikowahrneh- werden. Voraussetzung ist, dass nicht tritt in den Kindergarten, spätestens in mung. Das Risiko einer UIE kann mit durch den gleichen Stichkanal injiziert der Schule, zwei MMR-Dosen erhalten dem Risiko einer Komplikation nach wird. Auch verbietet die Galenik, diese haben. Fehlende Impfungen können je- natürlicher Infektion (Tabelle 6) oder Produkte zu mischen. Ist simultane derzeit nachgeholt werden. Diese Emp- mit einem alltäglichen Risiko vergli- Verabreichung nicht möglich, wird zwi- fehlungen entsprechen bezüglich dem chen werden. schen zwei Lebendimpfstoffen ein Alter denjenigen in Deutschland [14] Bei Impfung aller Kinder und unter der Mindestabstand von 4 Wochen emp- und entsprechen bezüglich dem 2- Annahme durchschnittlicher Manifes- fohlen. Die MMR-Impfung kann hinge- Dosen-Schema denjenigen in Westeu- tationsindices (Masern: 90%, Mumps: gen jederzeit (Stunden, Tage, Wo- ropa, den USA und Kanada [4, 28]. Eine 70%, Röteln: 60%) könnten in der chen) vor oder nach einer Impfung mit Masern- oder MMR-Impfung im Alter Schweiz pro Neugeborenenkohorte Totimpfstoffen verabreicht werden. 9–11 Monate kommt für Säuglinge mit (80 000) und Jahr 72 000 Fälle von Kombinationen erzeugen in der Regel hohem Risiko in Betracht. Dies sind Masern, 56 000 Fälle von Mumps und eine Frühgeburten, Säuglinge in Tages- 48 000 Fälle von Röteln vermieden Immunantwort, die derjenigen der Ein- pflege, bei Ausbrüchen exponierte werden, dazu Orchitiden, kongenitale zelkomponenten entspricht. Säuglinge und solche, die in Gebiete rei- Röteln, 14–140 Masernenzephalitiden Dokumentation sen, wo Masern noch sehr häufig sind. sowie mehrere Dutzend Maserntote. Die Einwilligung ist mit einem Eintrag Auch in Entwicklungsländern werden Als «Preis» würden im gleichen Kol- in die Krankengeschichte zu dokumen- Säuglinge vielfach schon mit 9 Monaten lektiv pro Jahr mit 0–30 Fälle von tieren. Datum, Produkt, Dosis, Appli- geimpft. Konvulsionen und drei Fälle von ITP kationsweg, Lot-Nummer und Impf- als Folge der Impfungen auftreten; mit arzt sind im Impfbüchlein einzutragen. Erwachsene einer Impfenzephalitis wäre alle 2– Alle jungen nicht-immunen Erwachse- 10 Jahre zu rechnen. Im Zustand der nen sollen ebenfalls zwei MMR-Do- Elimination bleiben lediglich Impfrisi- sen (im Abstand von ≥1 Monat) erhal- ken, nach der Eradikation und Einstel- ten. Diese Empfehlung gilt besonders lung der Impfungen weder Infektions- Impfempfehlungen für Medizinal- und Pflegepersonal, noch Impfrisiken. zum eigenen Schutz und zum Schutz der Patienten. Im Spital besteht zu- Indikationen dem das Risiko nosokomialer Übertra- Juni 2003 Impfvisite gung [163,164]. Kinder Vorbereitung 1. MMR-Impfung mit 12 Monaten Als immun gelten und von der MMR- Impfwillige Personen sind über die 2. MMR-Impfung mit 15–24 Monaten Impfung ausgenommen sind Erwach- Impfung, UIE und das Verhalten nach Zwischen den beiden Dosen muss ein sene, die: der Impfung zu informieren. Ihre Ein- Mindestabstand von 4 Wochen einge- – mit grosser Wahrscheinlichkeit willigung ist einzuholen. Impfwillige halten werden. schon als Kind infiziert worden sind; müssen anamnestische Angaben ma- Zu den empfohlenen Produkten siehe in der Schweiz sind dies aufgrund der chen über frühere Impfungen, deren Abschnitt Impfungen. Der Mumps- damaligen epidemiologischen Situa- Verträglichkeit, den aktuellen Gesund- impfstamm Rubini ist im Rahmen des tion Personen, die vor 1964 geboren heitszustand, Allergien, Medikamente nationalen Impfprogramms nicht emp- sind, und Empfehlungen (Antikoagulantien, Antiepileptika, Blut- fohlen [73]. – zwei MMR-Dosen im Abstand von produkte) und eine bestehende mindestens 1 Monat erhalten haben. Schwangerschaft. Die Durchimpfung der Kleinkinder ge- Aus den vorgelegten Dokumenten gen Masern ist in der Schweiz ungenü- sollen Impfarzt, Datum, Produkt und Richtlinien Verabreichung gend. Um die Wildviruszirkulation unter Dosis hervorgehen, Alle Impfstoffe der Tabelle 5 sind Kleinkindern, dem zurzeit grössten – eine laborbestätigte Infektion oder Lyophilisate, die kurz vor Anwendung empfänglichen Bevölkerungssegment Immunität nachweisen. nach Vorschrift der Hersteller in Lö- in der Schweiz, zu unterbrechen wurde sung gebracht werden müssen. Die die erste MMR-Impfung vom Alter 15 Teilimmune Injektion erfolgt subcutan; eine intra- Monate auf das Alter 12 Monate vorver- Kinder, die anamnestisch eine natürli- muskuläre Injektion ist ebenfalls mög- legt [13]. Daraus erwachsen den Kin- che Erkrankung durchgemacht haben, lich. Das Volumen ist 0,5 ml. Die dern hinsichtlich der langfristigen Im- sollen trotzdem mit MMR geimpft MMR-Impfung kann simultan mit munität und der Wirksamkeit der zwei- werden. Die anamnestischen Anga- anderen Routineimpfungen verab- ten MMR-Impfung keine Nachteile. Die ben erlauben keinen sicheren Schluss reicht werden, ohne dass eine Über- Serokonversionsrate ist mit 12 Mona- auf Schutz. Antikörperbestimmungen lastung des Immunsystems oder ten gleich gut wie mit 15 Monaten [4– vor MMR-Impfung sind unnötig. Potenzierung unerwünschter Impfer- 6]. Die zweite Dosis soll Kindern, die auf scheinungen zu befürchten ist [162]. die erste Dosis nicht reagiert haben, er- Stillende Mütter Auch andere Lebendimpfstoffe (Gelb- möglichen, eine schützende Immunant- Die dem Säugling mit der Brustmilch fieber) oder inaktivierte Impfstoffe wort zu entwickeln. Die zweite Dosis mitgegebenen sekretorischen Antikör- (Hepatitis A und B, Meningokokken) gegen MMR wird im Alter von 15 bis 24 per beeinträchtigen die MMR-Impfung 14 können mit MMR simultan verabreicht Monaten empfohlen. Sie kann bereits 4 nicht. Die einer stillenden Mutter ver- Wochen nach der Erstdosis verabreicht abreichten Impfviren beeinträchtigen werden. Alle Kinder sollten vor dem Ein- den Säugling nicht. Das gestillte Kind
Bundesamt für Gesundheit Prävention von Masern, Mumps und Röteln und die stillende Mutter dürfen keine Fälle von kongenitalen Röteln Nach Absetzen der Kortikosteroid- geimpft werden. registriert worden [7]. Therapie ist eine Karenzzeit von ≥1 Monat geboten. Akut Erkrankte Anaphylaxie Schnupfen, Halsweh, leichtes Fieber, Anaphylaxie auf Neomycin, Gelatine Immunglobuline (Ig) Durchfall oder andere harmlose Er- oder frühere Impfung mit Masern-, Nach Gabe von Standard-Ig oder IgG zur krankungen sind kein Grund, die Imp- Mumps- oder Röteln-Antigen ist eine Prophylaxe oder Behandlung spezifi- fung zu verschieben oder auszulassen Kontraindikation. Urtikaria und lokale scher Krankheiten muss die Impfung [107, 108]. Dies gilt besonders, wenn allergische Reaktionen sind keine ebenfalls solange hinausgeschoben nicht gewährleistet ist, dass die Imp- Kontraindikationen. werden, bis die Ig abgebaut sind. Die fung nach Abklingen der Erkrankung Wartefrist schwankt zwischen 3 Mona- durchgeführt werden kann. Immunschwäche ten (Ig gegen Tetanus oder Varizella- Bei den meisten Formen von angebo- Zoster) und 11 Monaten (intravenöse Bei Kindern mit Krampfleiden in der rener Immunschwäche ist die MMR- Ig-Therapie bei Kawasaki-Syndrom); bei Vorgeschichte ist Prophylaxe mit Para- Impfung wegen der Gefahr einer Ig nach Masern-Exposition beträgt sie cetamol empfohlen. massiven Infektion kontraindiziert. Ge- 5 Monate [2]. HIV-Infizierte sunde Geschwister und andere Perso- Bei HIV-Infektion ohne schweres nen im Haushalt von Immunge- Blutprodukte Immundefizit ist die MMR-Impfung schwächten dürfen geimpft werden, Blutprodukte können mit der Antikör- angezeigt und gut verträglich [2]. Ob- da die MMR-Impfviren nicht übertra- perbildung interferieren. Personen, die wohl die Immunkompetenz mit fort- gen werden [3]. Auch schwere erwor- Blutprodukte erhalten haben, sollen schreitender Krankheit abnimmt, sol- bene Immunschwächen sind eine eine Karenzzeit von 3 Monaten (Ery- len HIV-infizierte Kinder in der Schweiz Kontraindikation. Die Schwere des er- throzyten) bis 7 Monaten (Thrombozy- wie andere Kinder mit 12 Monaten mit worbenen Defizits wird bei HIV-Infek- ten) einhalten. Nach Möglichkeit sol- MMR geimpft werden. HIV-Infektion tionen klinisch und anhand der Zahl len Blutprodukte in den ersten 2 Wo- mit schwerem Immundefizit (siehe der CD4+ Lymphozyten beurteilt chen nach Impfung vermieden wer- unten) ist dagegen eine Kontraindika- (Tabelle 10). Kürzlich wurde über ein den. tion. HIV-infiziertes 1-jähriges Kind mit Impfmasern bei 570 CD4-Zellen/µL Krampfleiden Juni 2003 und 254 000 RNA Kopien/µL berichtet Diese Situation erfordert eine Bespre- Kontraindikationen: [165]. Was schweres Defizit bei Korti- chung mit den Eltern. Kinder mit schliessen eine Impfung aus kosteroidtherapie bedeutet, wird un- Krampfleiden in der Vorgeschichte ten erklärt. Kinder mit Malignomen oder familiärer Belastung haben ein Bestehende Schwangerschaft können 6 Monate nach Abklingen der erhöhtes Risiko postvakzinaler Konvul- Bei Schwangeren ist wegen des Immunsuppression geimpft werden sionen. Fast immer sind dies Fieber- theoretischen Risikos einer Embryo- [7]. Nach Knochenmarktransplantation krämpfe, und es gibt keine Hinweise, pathie die Impfung kontraindiziert. ist eine Karenzzeit von 12–24 Mona- dass solche Konvulsionen perma- Frauen sollen vor der Impfung auf ten zu wahren. Nach einer Transplan- nente Hirnschäden oder Epilepsie ver- bestehende Schwangerschaft befragt tat-gegen-Wirt-Reaktion bleibt die ursachen, oder neurologische oder an- werden, besonders auf die Möglich- Impfung kontraindiziert. Nach Organ- dere vorbestehende Leiden verschlim- und Empfehlungen keit einer frühen Schwangerschaft. transplantation sind Lebendimpfstoffe mern [2]. Familiäre Belastung und an- Schwangerschaftsteste sind hingegen zeitlebends kontraindiziert. tiepileptische Dauerbehandlung sind nicht nötig [7]. Frauen, die eine keine Kontraindikation. Ein Gespräch Schwangerschaft möchten, verhüten mit dem Neuropädiater ist für solche Richtlinien nach MMR-Impfung, wenn möglich Anwendungseinschränkungen: Kinder zu empfehlen, deren antiepilep- 1 Monat lang; das ursprüngliche Inter- gestatten die Impfung unter Auflagen tische Dauerbehandlung schlecht ein- vall von 3 Monaten konnte aufgrund stellbar ist. Prävention mit Anti- des Nachweises der Unschädlichkeit Kortikosteroide epileptika ist nicht empfohlen. Zur auf 1 Monat verkürzt werden [7]. Wird Bei Behandlung mit Prednison oder Prävention mit Antipyretika siehe Ab- eine schwangere Frau versehentlich einem Äquivalent mit einer Dosis schnitt UIE. geimpft, oder wird eine Frau in den von 2 mg/kg KG/Tag oder ≥20 mg/Tag ersten Monaten nach der Impfung während >14 Tagen muss die Imp- schwanger, kann die Schwangerschaft fung aufgeschoben und die Erholung Impfpromotion trotzdem ausgetragen werden. Bei der Immunkompetenz abgewartet mehr als 1000 rötelnempfänglichen werden, bis geimpft werden kann. Ärzte, Eltern und Erwachsene sollen schwangeren Frauen, die in der Früh- sich bietende Gelegenheiten zur Über- schwangerschaft unabsichtlich eine prüfung des Impfstatus wahrnehmen, Rötelnimpfung erhalten haben, sind und den Impfschutz ergänzen oder aufbauen. Tabelle 10 Zahl der CD4-Zellen, die bei HIV-Infektion einschweres Immundefizit anzeigt, nach [3] Gelegenheiten für die Impfpromotion Alter 12 Jahre bei Kindern und Jugendlichen sind: 15 – Routineuntersuchungen des Klein- CD4-Zellen/µL
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