Präventionsoffensive Mediensucht 2020 - Gaming und Social-Media-Nutzung in Corona-Zeiten - DAK-Gesundheit
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Präventionsoffensive Mediensucht 2020 G a m i n g u n d S o c i a l - M e d i a - N u t z u n g i n C o r o n a - Z e i t e n Andreas Storm, Vorstandschef DAK -Gesundheit
WARUM PRÄVENTIONSOFFENSIVE MEDIENSUCHT? Zunehmende Digitalisierung WHO- Anerkennung Gaming Disorder Lockdown in Corona- Zeiten Handlungs- bedarf Mediensucht 2020 3 2 6 . 0 5 . 2 0
PRÄVENTIONSOFFENSIVE MEDIENSUCHT 2020 • FORSCHUNG Neue DAK-Längsschnittstudie zur Mediensucht mit dem Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (UKE Hamburg): pathologische und riskante Nutzung Gaming und Social-Media UND Entwicklung im Corona-Lockdown. Erste Zwischenergebnisse von zwei Eltern-Kind-Befragungen (1.200 Familien). • VORSORGE DAK-Gesundheit bietet als erste Krankenkasse neues Mediensuchtscreening im Rahmen der Jugendvorsorgeuntersuchungen (J1 und J2) an. Am 1.Oktober 2020 startet Pilotprojekt mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). • HILFE DAK-Gesundheit finanziert neue Online-Anlaufstelle Mediensucht der Computersuchthilfe Hamburg am UKE. Das kostenlose Angebot für Betroffene und Eltern ist offen für Versicherte aller Krankenkassen. 4 2 9 . 0 7 . 2 0
BISHERIGE STUDIEN DER DAK-GESUNDHEIT November 2015: Dezember 2016: März 2018: März 2019: Befragung von 1.000 Müttern und Befragung von 1.531 Jugend- Befragung von 1.001 Kindern und Befragung von 1.000 Kindern und Vätern zum Internet- und lichen und jungen Erwachsenen Jugendlichen (12 bis 17 Jahre) Jugendlichen (12 bis 17 Jahre) zu Computergebrauch ihrer Kinder (12 bis 25 Jahre) zum eigenen zur Nutzung von Sozialen Medien Computerspielen in Verbindung mit (12 bis 17 Jahre) Computerspielverhalten Glücksspiel 6 2 9 . 0 7 . 2 0
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Gaming und Social-Media – Das Nutzungsverhalten 10- bis 17-Jähriger und ihrer Eltern vor und unter dem Corona-Lockdown Prof. Dr. Rainer Thomasius Pressekonferenz DAK/DZSKJ-Studie Haus der Bundespressekonferenz Berlin 29.07.2020
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Hintergrund und Fragestellungen der Studie
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Einleitung 1. Vorgestellt werden erste Zwischenergebnisse einer Längsschnittstudie, in der erstmalig die Häufigkeit der pathologischen und riskanten Nutzung für digitale Spiele und soziale Medien bei Kindern und Jugendlichen nach den neuen Kriterien der ICD-11 untersucht werden. Die Studie beinhaltet zudem, ob riskante und pathologische Nutzungsmuster unter den Bedingungen des Corona-Lockdowns und der Corona- Beschränkungen zunehmen. 2. Seit Einführung der WHO-Kriterien (ICD-11) zur Computerspielstörung sind keine aktuellen Prävalenzzahlen für betroffene Kinder und Jugendliche in Deutschland veröffentlicht worden. 3. Aktuell existieren keine validen Daten zur Veränderung von Mediennutzungsverhalten aufgrund des Lockdowns. 4. Unter Corona-Lockdown-Bedingungen zeigten sich weltweit höhere Download-, und Absatzraten von Apps. 5. Familien waren/sind in großem Ausmaß von den Maßnahmen des Corona-Lockdowns und der Corona- Beschränkungen betroffen (Schulschließungen, Home Office, Kontaktsperren, Aussetzen von Sport- und Freizeitangeboten) 9
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Fragestellungen der aktuellen Studie 1. Wie hoch war die Prävalenz riskanter und pathologischer Nutzung von digitalen Spielen bzw. sozialen Medien bei Kindern und Jugendlichen nach den neuen ICD-11-Kriterien vor Beginn der COVID-19-Pandemie? 2. In welchem Ausmaß haben sich Nutzungszeiten durch den Lockdown verändert? 3. Welche Nutzungsmotive werden von Kindern und Jugendlichen sowie ihren Eltern unter Lockdown-Bedingungen genannt? 4. Welche Medienregeln sind in deutschen Haushalten etabliert? Zeigt sich eine Veränderung durch den Lockdown? 10
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Grundlagen der Studie Pathologische Mediennutzung: Diagnostische Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 2019) Wiederkehrendes, kontinuierliches oder episodisches Nutzungsverhalten der i.d.R. letzten 12 Monate (durchgängig oder episodisch), das einhergeht mit ▪ Kontrollverlust (in Bezug auf Beginn, Frequenz, Intensität, Dauer, Beendigung, Kontext des Spielens), ▪ zunehmender Priorisierung gegenüber anderen Lebensinhalten und Alltagsaktivitäten ▪ einer Fortsetzung des Verhaltens trotz negativer Konsequenzen. Dieses Verhalten resultiert in einer signifikanten Störung persönlicher, familiärer, sozialer, die Bildung/Ausbildung/den Beruf betreffender bzw. anderer wichtiger Funktionsbereiche. 11
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Grundlagen der Studie Riskante Mediennutzung: Diagnostische Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 2019) Nutzungsmuster, das mit erhöhtem Risiko für schädliche Konsequenzen für die physische oder psychische Gesundheit der Betroffenen oder anderer Menschen in deren Umgebung einhergeht aufgrund der ▪ Nutzungsfrequenz ▪ Nutzungsdauer ▪ Vernachlässigung anderer Aktivitäten und Prioritäten ▪ nutzungsassoziierten riskanten Verhaltensweisen ▪ negativen Konsequenzen des Nutzungsverhaltens ▪ oder deren Kombination Dieses Verhaltensmuster persistiert häufig, obwohl sich die Betroffenen des erhöhten Schadensrisikos in Bezug auf sich oder andere bewusst sind. 12
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Grundlagen der Studie Erfasste Inhalte ▪ Riskante/pathologische Nutzung digitaler Spiele und sozialer Medien: ▪ Gaming Disorder Scale for Adolescents (GADIS-A, Paschke et al. 2020) ▪ ICD-11-Items der Social Media Disorder Scale (SMDS, Van Den Eijnden et al. 2016; vgl. Ko et al. 2019, Jo et al. 2019) ▪ Häufigkeit und Dauer der Nutzung digitaler Medien vor und unter COVID-19-Lockdown ▪ Häusliche Regeln zur Mediennutzung vor und unter Lockdown ▪ Motive der Mediennutzung unter Lockdown 13
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Methodik der Studie Berücksichtigt wurden Soziale Medien sowie digitale Online- und Offline-Spiele auf allen technischen Geräten: ▪ Spielekonsole ▪ Computer ▪ Smartphone ▪ Tablet Definition Soziale Medien: ▪ Messenger-Dienste (WhatsApp, Signal, Threema) ▪ Video- und Streaming-Dienste mit Kommentar- und/oder Like-Funktion (YouTube, Tik Tok) ▪ Digitale Fotoalben (Instagram, Snapchat) ▪ Mikroblogging-Dienste (Twitter, Facebook) ▪ Berufsplattformen (XING, LinkedIn) 14
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Hintergrund der Studie 2 Erhebungszeiträume: ▪ 13. - 27. September 2019 ▪ 20. - 30. April 2020 (4 Wochen nach Beginn des deutschen Corona-Lockdowns) Zahl der Befragten: ▪ Für Deutschland repräsentative Stichprobe von 1.221 Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren$ mit jeweils einem Elternteilǂ. Gesamt: 2.442 Kinder/Jugendliche und Erziehungsberechtigte ▪ Davon nahmen 824 Familien an der zweiten Erhebung teil. Gesamt: 1.648 Kinder/Jugendliche und Erziehungsberechtigte Datenerhebung: ▪ Forsa Politik- und Sozialforschung GmbH Online-Befragung via forsa.omninet $ M=13.04, SD=2.39 ǂ M=46,21, SD=8.15, range=28-75 15
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Ergebnisse der Studie
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Nutzung digitaler Medien [in %] vor Corona-Lockdown Kinder und Jugendliche: Prävalenzen der Nutzungsmuster nach ICD-11 Erhebung September 2019 90 79,2 80 71,5 70 60 50 40 30 20 15,8 9,4 10 # 8,2 + 10 2,7 *3,2 § 0 keine unauffällige riskante pathologische regelmäßige Nutzung Nutzung Nutzung Nutzung Gaming Social Media GAMING SOCIAL MEDIA # Entspricht ca. 535.000 der 10- bis 17-Jährigen in Deutschland * Entspricht ca. 144.500 der 10- bis 17-Jährigen in Deutschland + Entspricht ca. 438.700 der 10- bis 17-Jährigen in Deutschland §Entspricht ca. 171.200 der 10- bis 17-Jährigen in Deutschland 17
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Riskante Nutzung digitaler Medien [in %] vor Corona-Lockdown Mädchen- und Jungen-Prävalenzen nach ICD-11 Erhebung September 2019 16 14,3 14 12 *** 9,9 10 * 8 6,3 6 5,1 4 2 0 GAMING SOCIAL MEDIA * p < 0.05 *** p < 0.001 18
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Pathologische Nutzung digitaler Medien [in %] vor Corona-Lockdown Mädchen- und Jungen-Prävalenzen nach ICD-11 Erhebung September 2019 5 4 4 * 3,7 3 2,2 2 1,6 1 0 GAMING SOCIAL MEDIA * p < 0.05 19
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Nutzung digitaler Medien [in Minuten] vor Corona-Lockdown Mittlere tägliche Nutzungszeiten in Abhängigkeit vom Nutzungsverhalten 250 229 230 197 200 178 148 150 116 109 114 120 115 90 87 100 63 57 50 16 4 0 keine unauffällige riskante pathologische regelmäßige Nutzung Nutzung Nutzung Nutzung Gaming Kinder soziale Medien Kinder Gaming Eltern soziale Medien Eltern Über die Nutzungszeiten kann die Ausprägung pathologischer Nutzung bei Kindern und Jugendlichen statistisch bedeutsam im Modell vorhergesagt werden. Den größten Anteil haben hier die kindlichen Gaming- Zeiten gefolgt von den kindlichen Soziale-Medien-Zeiten. Die elterlichen Nutzungszeiten haben einen signifikanten, jedoch geringen Einfluss. 20
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Nutzungshäufigkeiten [%] der Kinder und Jugendlichen vor und unter Corona-Lockdown +14,86% GAMING SOCIAL MEDIA 90,1 93,0 +13,79 % 100 ** 96,6 100 84,1 80 80 *** 75,1 +36,43% 66,0 60 54,3 60 *** 39,8 40 40 20 20 0 0 regelmäßige tägliche Nutzung regelmäßige tägliche Nutzung Nutzung Nutzung vor Corona unter Corona vor Corona unter Corona Regelmäßige Nutzung = Nutzung mindestens 1x die Woche Signifikanzen: ** p < 0.01, *** p < 0.001 21
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Nutzungszeiten [in Minuten] der regelmäßigen Nutzer (Kinder und Jugendliche) vor und unter Corona-Lockdown GAMING SOCIAL MEDIA 250 250 241 +29,28% +66,38% +30,52% 193,14 192,93 *** 200 +75,01% *** 200 184,65 138,59 149,4 *** 150 150 115,96 *** 100 79,19 100 50 50 0 0 Werktags Wochenende Werktags Wochenende vor Corona unter Corona vor Corona unter Corona Regelmäßige Nutzung = Nutzung mindestens 1x die Woche Signifikanzen: *** p < 0.001 22
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Nutzungshäufigkeit [in %] der Eltern vor und unter Corona-Lockdown GAMING SOCIAL MEDIA +9,45% 100 +18,77% 100,0 91,0 92,8 +36,21% ** 80 *** 65,8 80,0 71,8 65,6 55,4 60 ** 60,0 40 * 33,1 24,3 40,0 20 20,0 0 0,0 regelmäßige tägliche Nutzung regelmäßige tägliche Nutzung Nutzung Nutzung vor Corona unter Corona vor Corona unter Corona Regelmäßige Nutzung = Nutzung mindestens 1x die Woche Signifikanzen: ** p < 0.01, *** p < 0.001 23
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Nutzungszeiten [in Minuten] der regelmäßigen elterlichen Nutzer vor und unter Corona-Lockdown GAMING SOCIAL MEDIA 131,55 141,11 140 +29,22% 140 +57,47% 126,45 +39,93% 120 +49,32% *** 120 *** 101,8 *** 100,84 100 ** 88,07 100 80,3 80 * 58,98 80 60 60 40 40 20 20 0 0 Werktags Wochenende Werktags Wochenende vor Corona unter Corona vor Corona unter Corona Regelmäßige Nutzung = Nutzung mindestens 1x die Woche Signifikanzen: *** p < 0.001 24
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Nutzungsmotive der Kinder und Jugendlichen [in %] unter Corona-Lockdown GAMING SOCIAL MEDIA 100 89 86 89 90 80 70 60 55 50 37 38 36 38 40 35 36 30 30 20 12 12 13 10 0 25
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Nutzungsmotive der Eltern [in %] unter Corona-Lockdown GAMING SOCIAL MEDIA 100 88 90 80 75 67 70 58 60 47 50 40 33 29 27 27 24 30 20 12 16 10 6 6 0 26
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Medienregeln und deren Umsetzung [%] vor und unter Corona- Lockdown aus Sicht der Eltern 80 67 64 70 Relative Häufigkeit in % 70 64 60 53 51 53 48 50 40 36,2 % 30 31,4 20 % 10 0 Art der zeitliche inhaltliche konsequente 20,2 Nutzung 19,3 Nutzung Nutzung Umsetzung % 18,1 % % Medienregeln 15,2 % vor Corona 27
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Zusammenfassung, Ausblick und Implikationen 36,2 % 31,4 % 20,2 19,3 % 18,1 % % 15,2 % 29
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Zusammenfassung der Ergebnisse ▪ Erstmalig werden in einer Längsschnittstudie die Häufigkeiten pathologischer und riskanter Internetnutzung für digitale Spiele und soziale Medien bei Kindern und Jugendlichen nach den neuen Kriterien der ICD-11 (WHO) untersucht. 10% der 10- bis 17-Jährigen zeigten riskantes Nutzungsverhalten für digitale Spiele und 8,2% für soziale Medien im September 2019. Pathologisches Gaming zeigten 2,7% der Kinder und Jugendlichen insgesamt bzw. 3,7% der Jungen und 1,6% der Mädchen. Bei einer Abhängigkeit von sozialen Medien (3,2%) unterscheiden sich Jungen (4%) und Mädchen (2,2%) nicht signifikant von einander. ▪ Die größte Vorhersagekraft für problematisches und pathologisches Verhalten ergab sich für die Nutzungszeiten der Kinder und Jugendlichen. Elterliche Nutzungszeiten hatten eine statistisch bedeutsame, jedoch geringe Vorhersagekraft. ▪ Kinder und Jugendliche sowie ihre Eltern zeigten eine signifikante Zunahme in der zeitlichen Nutzung von digitalen Spielen und sozialen Medien unter dem Corona-Lockdown. Die Nutzung von digitalen Spielen und sozialen Medien erfolgte vorrangig zur Bekämpfung von Langeweile sowie zur Aufrechterhaltung sozialer Kontakte. ▪ Medienregeln unter dem Corona-Lockdown waren mit denen vor dem Lockdown vergleichbar. 30
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Ausblick ▪ Die nächste längsschnittliche Untersuchung der beschriebenen Stichprobe ist ein Jahr nach der Ersterhebung geplant. ▪ Entsprechend des Zeitkriteriums der ICD-11 können dann neue Prävalenzschätzungen von riskantem und pathologischem Nutzungsverhalten digitaler Spiele und sozialer Medien vorgenommen werden. ▪ Die Vorhersagekraft von Nutzungszeiten, Stresserleben und Nutzungsmotiven kann dann im längsschnittlichen Setting überprüft werden. 31
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Implikationen Warnsignale für pathologische Mediennutzung ▪ Kontaktverhalten. Der Jugendliche geht jeglicher Begegnung aus dem Weg, Gespräche verlaufen eher flüchtig und oberflächlich. ▪ Nutzungszeiten. Die Zeit, in der der Jugendliche das Internet oder das Smartphone oder den Computer nicht nutzt wird immer kürzer, sonstige Freizeitaktivitäten werden vernachlässigt oder ganz aufgegeben. ▪ Tagesstruktur. Der Jugendliche ist bis in die Nacht hinein im Internet, er schläft deutlich weniger oder in einem anderen Rhythmus als früher, er ist oft müde. ▪ Affekt. Der Jugendliche reagiert launisch, wütend, depressiv verstimmt, wenn er/sie keinen Internet-/ Computer-Zugang hat. ▪ Nachlässigkeit. Es kommt zu Versäumnissen bei der Erfüllung von Aufgaben und Verpflichtungen. ▪ Selbstreflexion. Betroffene selbst haben oft große Schwierigkeiten ihren Internetgebrauch realistisch einzuschätzen und sind deshalb dazu auf Hilfe von außen angewiesen. 32
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Implikationen Mediennutzung in Zeiten des Corona-Lockdowns Eltern sollten ihre Kinder zum einem sicheren und verantwortungsbewussten Umgang mit Internet, Sozialen Medien und Computerspielen anleiten: ▪ Eltern sollten informiert sein – hilfreich ist, Inhalte der Domänen, deren Suchtpotenzial und Alterskennzeichnungen zu kennen ▪ Eltern sollten Interesse zeigen – hilfreich ist, Spielmotive, Vorlieben und Spielverhalten zu ergründen ▪ Eltern sollten Grenzen setzen – hilfreich ist, eine Antwort auf das „Wann“, „Wo“ und „Was“ zu geben ▪ Eltern sollten Alternativen anbieten – hilfreich ist, Vorschläge für eine analoge Freizeitgestaltung mit positiven Erlebnissen und Möglichkeiten der aktiven Stressbewältigung aufzuzeigen 33
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Implikationen Empfehlung der Gemeinsamen Suchtkommission der kinder- und jugendpsychiatrischen Fachverbände ▪ Bis zum Schulbeginn sollen Kinder nur analog und nicht mit Hilfe digitaler Medien lernen und spielen. ▪ Vor Besuch der 5. Klasse sollten Kinder kein eigenes Smartphone besitzen. Danach sollte die Nutzung unter elterlicher Steuerung, Aufsicht und Medienkompetenzvermittlung erfolgen. ▪ Kinder im Alter von 7 bis 10 Jahren sollten digitale Medien maximal 45 Minuten am Tag nutzen; Kinder von 11 bis 13 Jahren maximal eine Stunde; Jugendliche ab 14 Jahren maximal 1,5 Stunden am Tag ▪ Ein PC im eigenen Zimmer ist frühestens ab 12 Jahren sinnvoll, Regeln müssen vereinbart und kontrolliert werden. ▪ Kein Internetzugang für Kinder unter 8 Jahren, danach nur für Kinder geeignete Seiten unter Aufsicht beziehungsweise ab 12 Jahren auch alleine ▪ Chatten nicht unter 8 Jahren, danach nicht ohne Kontrolle und nur für Kinder geeignete Angebote, ab 11 Jahren Regeln vereinbaren und kontrollieren 34
Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) Informationen www.computersuchthilfe.info 35
DAK-FAZIT STUDIE MEDIENSUCHT 2020 Die Ergebnisse der Studie Mediensucht 2020 sind alarmierend. Nach dem neuen ICD-11 Schlüssel der Weltgesundheitsorganisation WHO ist das Gaming bundesweit bei fast 700.000 Kindern und Jugendlichen (knapp 13 Prozent) riskant oder pathologisch. Ähnlich problematisch ist die Nutzung von Social-Media. Die Corona-Krise kann die Situation zusätzlich verschärfen. Im Lockdown sind beim Gaming die Nutzungszeiten werktags nochmals um 75 Prozent angestiegen. Viele Spieler wollen so der Realität entfliehen oder Stress abbauen. Das sind erste Warnsignale, dass sich die Computerspielsucht durch Corona ausweiten könnte. Die DAK-Gesundheit reagiert darauf frühzeitig mit einer breit angelegten Präventionsoffensive Mediensucht 2020. 3 6 2 6 . 0 5 . 2 0
DAK-ANTWORTEN AUF MEDIENSUCHT 2020 1. Wir setzen unsere Forschung fort. Im Frühjahr 2021 untersucht die Längsschnittstudie des Deutschen Zentrums für Suchtfragen, ob und wie sich die Mediensucht durch Corona und den Lockdown verändert hat. Schulschließungen und eingeschränkte Freizeitaktivitäten haben die Nutzung von Gaming und Social-Media deutlich verstärkt. Wir wollen herausfinden, ob dies auch mehr Jungen und Mädchen krank und abhängig macht. 2. Wir brauchen ein verlässliches und umfassendes Frühwarnsystem gegen Mediensucht. Es darf nicht länger Zufall sein, Risiko-Gamer zu erkennen und ihnen Hilfsangebote zu machen. Als Vorreiter bei der Vorsorge bietet die DAK-Gesundheit als bundesweit erste Krankenkasse ein neues Mediensucht-screening an. Wir führen eine zusätzliche Früherkennungsuntersuchung für Jungen und Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren ein. Zum 1. Oktober startet in fünf Bundesländern ein Pilotprojekt mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), das rund 70.000 Kinder und Jugendliche nutzen können. 3. Wir bieten mit einer neuen Online-Anlaufstelle konkrete Hilfe bei Mediensucht. Partnerin ist die Computersuchthilfe Hamburg am UKE. Unser kostenloses Angebot für Betroffene und Eltern ist offen für Versicherte aller Krankenkassen. Kinder bekommen Hilfe beim Umgang mit Online-Medien - Eltern Orientierung. 3 7 2 6 . 0 5 . 2 0
DAK-STUDIEN IM DROGEN- UND SUCHTBERICHT 3 8 0 5 . 1 1 . 1 9
MEDIENSUCHTSCREENING 3 9 2 9 . 0 7 . 2 0
FRÜHWARNSYSTEM MEDIENSUCHTSCREENING • VORREITER: DAK-Gesundheit bietet als bundesweit erste Krankenkasse ein Mediensuchtscreening für ihre Versicherten an. Partner ist der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) • INHALT Screening im Rahmen der Jugendvorsorgeuntersuchungen J1 und J2. Jungen und Mädchen (12 – 17 J.) beantworten standardisierten Fragebogen zu ihrem Spiel- und Onlineverhalten. Nach auffälligem Screening erfolgt: + Beratung durch den Kinder- oder Jugendarzt, + Verweis auf neue Online-Anlaufstelle, die Medienkompetenz stärken soll, + gegebenenfalls Überweisung an einen Facharzt. • VERTRAG Screening ab 1. Oktober 2020 in fünf Pilotregionen (Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen- Anhalt und Thüringen und Bremen) für rund 70.000 DAK-versicherte Kinder und Jugendliche 4 0 2 9 . 0 7 . 2 0
MEDIENSUCHTSCREENING- GADIS-A-SKALA • GADIS-A-Skala Fragebogen liegt sogenannte GADIS-A-Skala zugrunde: Das international erste validierte Screening- Instrument für Kinder und Jugendliche. Veröffentlicht am 2. April 2020: Journal of Clinical Medicine (JCM) + Ergebnis der gemeinsamen Studien von DAK-Gesundheit und Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am UKE Hamburg + erstmals in der breiten Praxis im Einsatz. Jungen und Mädchen geben an, wie stark sie bestimmten Aussagen zustimmen, wenn sie an die vergangenen 12 Monate denken. Je stärker die Zustimmung, desto mehr Punkte. Hohe Gesamtpunktezahl + Verhalten über längere Phasen oder nahezu täglich = Störung 4 1 2 9 . 0 7 . 2 0
MEDIENSUCHTSCREENING 4 2 2 9 . 0 7 . 2 0
ONLINE-ANLAUFSTELLE MEDIENSUCHT 4 3 2 9 . 0 7 . 2 0
H I L F S A N G E B O T: O N L I N E - A N L A U F S T E L L E 4 4 2 9 . 0 7 . 2 0
H I L F S A N G E B O T: O N L I N E - A N L A U F S T E L L E 4 5 2 9 . 0 7 . 2 0
H I L F S A N G E B O T: O N L I N E - A N L A U F S T E L L E 4 6 2 9 . 0 7 . 2 0
H I L F S A N G E B O T: O N L I N E - A N L A U F S T E L L E 4 7 2 9 . 0 7 . 2 0
H I L F S A N G E B O T: O N L I N E - A N L A U F S T E L L E 4 8 2 9 . 0 7 . 2 0
H I L F S A N G E B O T: O N L I N E - A N L A U F S T E L L E 4 9 2 9 . 0 7 . 2 0
VIELEN DANK. 5 0 2 9 . 0 7 . 2 0
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